Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.07.2022, Az.: 13 ME 141/22
Amtswalter; Bescheidung; Beschwerde; Dienstaufsichtsbeschwerde; Dienstaufsichtsbeschwerdeführer; einstweilige Anordnung; Rücknahme
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 11.07.2022
- Aktenzeichen
- 13 ME 141/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59630
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 20.04.2022 - AZ: 3 B 437/22
Rechtsgrundlagen
- Art 17 GG
- Art 26 Verf ND
- § 123 VwGO
- § 146 Abs 4 VwGO
Fundstellen
- DRiZ 2023, 34-35
- DÖD 2022, 205-208
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stade - 3. Kammer - vom 20. April 2022 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung, die den Antragsgegner zur Bescheidung einer gegen ihn gerichteten Dienstaufsichtsbeschwerde verpflichtet.
1. Der Antragsteller ist Richter am Amtsgericht. Antragsgegner ist der Präsident des dem Amtsgericht übergeordneten Landgerichts, der auch die Dienstaufsicht über den Antragsteller ausübt.
Mit Schreiben vom 4. Mai 2021 (Blatt 1 ff. der Beiakte 1) erhob Herr Prof. Dr. med. D. E., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Neurologie und Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im F. G., bei dem Antragsgegner Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Antragsteller. Die Dienstaufsichtsbeschwerde beanstandete anhand zahlreicher konkret bezeichneter Einzelfälle, dass der Antragsteller, der als Richter am Amtsgericht in betreuungsrechtlichen Verfahren und in Verfahren nach dem Niedersächsischen Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke für Entscheidungen über die Unterbringung von Patienten und über Behandlungen gegen deren Willen zuständig sei, sich nicht auf juristische Fragestellungen beschränke, sondern diagnostische und medizinisch-therapeutische Anordnungen hinterfrage. Dies stehe ihm nicht zu und führe zu einer schweren Störung der Zusammenarbeit zwischen dem F. G. und dem Amtsgericht.
Der Antragsgegner gab dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme zur Dienstaufsichtsbeschwerde (Blatt 9 der Beiakte 1) und sah die Gerichtsakten betreffend die vom Dienstaufsichtsbeschwerde konkret bezeichneten Einzelfälle ein (Blatt 10 ff. der Beiakte 1).
Mit Schreiben vom 1. April 2022 (Blatt 32 der Beiakte 1) fragte der Antragsgegner bei dem Dienstaufsichtsbeschwerdeführer an, ob angesichts der derzeit nicht mehr gegebenen Zusammenarbeit zwischen dem Antragsteller und dem F. G. noch Interesse an der Bescheidung der Dienstaufsichtsbeschwerde bestehe. Der Dienstaufsichtsbeschwerdeführer teilte hierauf dem Antragsgegner mit Schreiben vom 1. April 2022 (Blatt 92 der Gerichtsakte) mit, dass er "kein Interesse mehr an der Bescheidung der Dienstaufsichtsbeschwerde" habe.
2. Der Antragsteller hat am 28. März 2022 bei dem Verwaltungsgericht Stade ein Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes eingeleitet und beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, unverzüglich über die gegen ihn erhobene Dienstaufsichtsbeschwerde des Professor Dr. E. vom 4. Mai 2021 zu entscheiden und ihm diesen begründeten Bescheid zuzustellen. Er habe ein erhebliches Interesse an der Bescheidung der Dienstaufsichtsbeschwerde, da diese Auslöser und Ursache für verschiedene dienstgerichtliche Verfahren unter den Aktenzeichen H., I. und J. sowie K. betreffend die Verletzung seiner richterlichen Unabhängigkeit, die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit infolge einer "permanenten Wahnerkrankung" und die vorläufige Dienstenthebung sowie für ein Verfahren zur Bestellung eines Betreuers für ihn bei dem Amtsgericht L. unter dem Aktenzeichen M. sei.
Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht Stade - 3. Kammer - mit Beschluss vom 20. April 2022 abgelehnt. Zur Begründung das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass für das Begehren des Antragstellers zwar der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei und er nicht auf den Rechtsweg zum Richterdienstgericht verwiesen werden dürfe. Denn er wolle den Dienstherrn zu einer Maßnahme verpflichten, deren Unterlassen ihn jedenfalls auch in seiner individuellen Rechtssphäre beeinträchtige. Der Antrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses aber unzulässig, nachdem der Dienstaufsichtsbeschwerdeführer mit Schriftsatz vom 1. April 2022 seine Dienstaufsichtsbeschwerde zurückgenommen habe und daher der Antrag auf Bescheidung eben dieser ins Leere gehe. Sein Antrag sei aber auch unbegründet. Er habe den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch und -grund nicht glaubhaft gemacht. Dem Antragsteller als demjenigen, dessen richterliche Dienstausübung Gegenstand der Dienstaufsichtsbeschwerde gewesen sei, stünden im Vorfeld einer zu treffenden Entscheidung des Antragsgegners über eine anhängige Dienstaufsichtsbeschwerde subjektive Rechte im Sinne eines Bescheidungsanspruchs nicht zu, denn die Dienstaufsicht obliege dem Dienstaufsichtführenden nicht gegenüber dem betroffenen Richter. Vielmehr erfolge die Dienstaufsicht allein im öffentlichen Interesse. Mithin sei auch das Ergebnis oder die Durchführung einer dienstaufsichtlichen Prüfung grundsätzlich einer gerichtlichen Nachprüfung entzogen. Die Dienstaufsicht diene gerade nicht der Wahrung der individuellen Rechte eines Richters. Der Antragsteller habe deshalb auch keinen Anspruch darauf, dass bestimmte Maßnahmen im Wege der Dienstaufsicht intensiviert und eine dienstaufsichtliche Prüfung auf eine Dienstaufsichtsbeschwerde zum Abschluss gebracht werde. Dies gelte erst recht, wenn die Dienstaufsichtsbeschwerde - wie hier - durch Rücknahme gegenstandslos geworden sei und sich damit die dienstaufsichtliche Prüfung erledigt habe. Der Antragsteller habe auch keine eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden schwerwiegenden Nachteile aufgezeigt. Es sei ihm zuzumuten, den Ausgang des Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens abzuwarten und erst dann den für erforderlich erachteten gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (Beiakte 1) verwiesen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stade - 3. Kammer - vom 20. April 2022 bleibt ohne Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
a. Das Vorbringen des Antragstellers, wie es sich für den Senat aus der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners ergibt, und auch die Bemerkungen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 23. Juni 2022 (Blatt 174 f. der Gerichtsakte) bieten keine hinreichenden Anhaltspunkte, die Prozessfähigkeit des Antragstellers vernünftigerweise in Zweifel zu ziehen und von Amts wegen eine ärztliche Untersuchung des Antragstellers zu veranlassen (vgl. zu den insoweit bestehenden gerichtlichen Verpflichtungen: BVerwG, Beschl. v. 15.2.2012 - BVerwG 2 B 137.11 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 17.9.1997 - BVerwG 1 B 152.97 -, juris Rn. 4 jeweils m.w.N.).
b. Auch die nach § 67 Abs. 4 VwGO erforderliche Postulationsfähigkeit des Antragstellers ist gegeben. Besondere Umstände, die den Senat abweichend von § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 88 Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 16.4.1987 - BVerwG 5 B 43.87 -, juris Rn. 2 m.w.N.) veranlassen könnten, die Wirksamkeit der vom Antragsteller seinem Prozessbevollmächtigten unter dem 28. April 2022 (Blatt 118 der Gerichtsakte) erteilten Vollmacht in Zweifel zu ziehen, sind nicht ersichtlich.
2. Die Beschwerde ist aber unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht - und vom Antragsteller mit der Beschwerde nicht angegriffen - den Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO als eröffnet angesehen (Beschl. v. 20.4.2022, Umdruck S. 2) und den Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, unverzüglich über die gegen ihn erhobene Dienstaufsichtsbeschwerde des Professor Dr. E. vom 4. Mai 2021 zu entscheiden und ihm diesen begründeten Bescheid zuzustellen, zutreffend als unzulässig (Beschl. v. 20.4.2022, Umdruck S. 3), jedenfalls aber als unbegründet (Beschl. v. 20.4.2022, Umdruck S. 3 ff.) abgelehnt. Die hiergegen mit der Beschwerde geltend gemachten Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, gebieten eine Änderung der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung nicht.
a. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist bereits unzulässig. Dem Antragsteller fehlt das für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: Senatsurt. v. 20.12.2017 - 13 KN 67/14 -, juris Rn. 68 m.w.N.).
Zum einen hat der Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass die Dienstaufsichtsbeschwerde vom Dienstaufsichtsbeschwerdeführer zurückgenommen worden ist und dass deshalb das Substrat für den vom Antragsteller geltend gemachten Bescheidungsanspruch entfallen ist (Beschl. v. 20.4.2022, Umdruck S. 3). Das hiergegen mit der Beschwerde gerichtete Monitum, die Feststellung des Verwaltungsgerichts beruhe auf einer "nicht ganz überzeugenden Auslegung" (Schriftsatz des Antragstellers v. 3.5.2022, S. 3 = Blatt 122 der Gerichtsakte), da der Dienstaufsichtsbeschwerde nur gegenwärtig auf eine Bescheidung verzichte, greift nicht durch. Anlassgebend für die Rücknahme der Dienstaufsichtsbeschwerde mag der Umstand gewesen sein, dass der Antragsteller derzeit nicht in Betreuungs- und anderen Sachen mit Bezug zu Patienten des F. G. tätig ist. Die hierdurch veranlasste Erklärung des Dienstaufsichtsbeschwerdeführers vom 1. April 2022, dass er "kein Interesse mehr an der Bescheidung der Dienstaufsichtsbeschwerde" habe, ist aber eindeutig und bedingungslos formuliert und durfte daher vom Antragsgegner als Rücknahmeerklärung angesehen werden.
Unabhängig davon kann der Antragsteller zum anderen sein tatsächliches (Rechtsschutz-)Ziel mit dem begehrten Erlass der einstweiligen Anordnung nicht erreichen. Ausgehend vom Vorbringen des Antragstellers im erstinstanzlichen Verfahren und auch im Beschwerdeverfahren soll offenbar die mit der einstweiligen Anordnung erstrebte Bescheidung der Dienstaufsichtsbeschwerde, die der Antragsteller als Auslöser und Ursache der verschiedenen gegen ihn gerichteten dienstgerichtlichen Verfahren und auch des Betreuungsverfahrens ansieht, eben diesen Verfahren die Grundlage entziehen (vgl. dahingehend insbesondere den Schriftsatz des Antragstellers v. 3.5.2022, S. 3 ff. = Blatt 122 ff. der Gerichtsakte). Der Antragsteller hat aber weder nachvollziehbar aufzuzeigen vermocht noch ist es für den Senat offensichtlich, dass eine - für den Antragsteller günstige, also die in der Dienstaufsichtsbeschwerde vom 4. Mai 2021 gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückweisende - Bescheidung der Dienstaufsichtsbeschwerde durch den Antragsgegner einen unmittelbaren oder auch nur mittelbaren Einfluss auf den Fortgang der dienstgerichtlichen Verfahren und auch des Betreuungsverfahrens hätte. Angesichts der in diesen Verfahren gebotenen amtswegigen Sachaufklärung (vgl. § 102 Satz 1 NRiG i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO; §§ 26, 278 ff. FamFG) ist dies fernliegend.
b. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jedenfalls aber unbegründet. Der Antragsteller hat weder den hierfür erforderlichen Anordnungsgrund noch den Anordnungsanspruch in einer den Anforderungen des § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO genügenden Weise glaubhaft gemacht.
(1) Ein Anordnungsgrund ist gleichzusetzen mit einem spezifischen Interesse gerade an der begehrten vorläufigen Regelung. Dieses Interesse ergibt sich regelmäßig aus einer besonderen Eilbedürftigkeit der Rechtsschutzgewährung (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 19.10.2010 - 8 ME 221/10 -, juris Rn. 4; Schoch/Schneider, VwGO, § 123 Rn. 81 (Stand: März 2014)). Dabei ist einem - wie hier - die Hauptsache vorwegnehmenden Antrag im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise (vgl. zum grundsätzlichen Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes: BVerwG, Beschl. v. 27.5.2004 - BVerwG 1 WDS-VR 2.04 -, juris Rn. 3; OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.7.1962 - I B 57/62 -, OVGE MüLü 18, 387, 388 f.) dann stattzugeben, wenn durch das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Der besonderen Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes ist Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.4.2008 - 2 BvR 338/08 -, juris Rn. 3; Beschl. v. 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69, 74 - juris Rn. 27; BVerwG, Beschl. v. 10.2.2011 - BVerwG 7 VR 6.11 -, juris Rn. 6; Beschl. v. 29.4.2010 - BVerwG 1 WDS VR 2.10 -, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 28 - juris Rn. 18 ff.; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 12.5.2010 - 8 ME 109/10 -, juris Rn. 14; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 193 ff. jeweils m.w.N.).
Solche durch das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller entstehenden schweren und unzumutbaren, anders als durch den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht abwendbaren Nachteile ergeben sich weder aus dem Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren. Das Zuwarten auf die Bescheidung einer Dienstaufsichtsbeschwerde als solches ist - unbesehen des Umstands, dass die hier zu beurteilende Dienstaufsichtsbeschwerde vom Dienstaufsichtsbeschwerdeführer bereits zurückgenommen worden ist (siehe oben II.2.a.) - für den die Beschwerde Führenden und auch für den von der Beschwerde Betroffenen regelmäßig nicht mit solchen unmittelbaren Nachteilen verbunden, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung geboten sein könnte (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 9.4.2019 - 4 B 1740/18 -, juris Rn. 9). Aber auch die mit der Bescheidung der Dienstaufsichtsbeschwerde vom Antragsteller erstrebten mittelbaren Folgen für die gegen ihn geführten dienstgerichtlichen und Betreuungsverfahren sind nicht so gewichtig, dass sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung erfordern könnten. Vielmehr liegt es fern, dass selbst eine für den Antragsteller günstige Bescheidung der Dienstaufsichtsbeschwerde den Ausgang der gegen ihn geführten dienstgerichtlichen und Betreuungsverfahren zu beeinflussen vermag (siehe hierzu bereits oben II.2.a.). Vielmehr hat schon das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Antragsteller durch die Dienstaufsichtsbeschwerde veranlasste Dienstaufsichtsmaßnahmen selbständig, effektiv und unbeeinflusst vom förmlichen Ausgang des Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens im Wege gerichtlichen Rechtsschutzes überprüfen lassen kann. Auf diese Ausführungen (Beschl. v. 20.4.2022, Umdruck S. 5 f.) nimmt der Senat Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
(2) Im Übrigen hat der Antragsteller auch das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht. Eine hohe, mithin weit überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit in einem Hauptsacheverfahren (vgl. zu diesem strengen Maßstab bei einer vorläufigen Vorwegnahme der Hauptsache im einstweiligen Anordnungsverfahren: BVerwG, Beschl. v. 14.12.1989 - BVerwG 2 ER 301.89 -, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 15 - juris Rn. 3; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.3.2008 - 13 S 418/08 -, juris Rn. 7; Senatsbeschl. v. 2.2.2007 - 13 ME 362/06 -, juris Rn. 9; Hessischer VGH, Beschl. v. 29.8.2000 - 5 TG 2641/00 -, NVwZ-RR 2001, 366 - juris Rn. 6; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 191) besteht auch nach seinem Beschwerdevorbringen nicht.
(a) In der Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Dienstaufsichtsbeschwerdeführer beanspruchen kann, dass seine Dienstaufsichtsbeschwerde von der angegangenen Stelle entgegengenommen, sachlich behandelt, beschieden und dem Dienstaufsichtsbeschwerdeführer anhand der Bescheidung kenntlich gemacht wird, dass und welcher Art über seine Dienstaufsichtsbeschwerde entschieden wurde. Einer darüberhinausgehenden inhaltlichen Begründung und Auseinandersetzung mit dem Begehren des Dienstaufsichtsbeschwerdeführers bedarf es hingegen grundsätzlich nicht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.4.1953 - 1 BvR 162/51 -, BVerfGE 2, 225, 230 - juris Rn. 24 ff.; BVerwG, Beschl. v. 13.11.1990 - BVerwG 7 B 85.90 -, NJW 1991, 936 - juris Rn. 5; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 6.11.2014 - 8 PA 146/14 -, NordÖR 2015, 140 [OVG Niedersachsen 06.11.2014 - 8 PA 146/14] - juris Rn. 3 (allgemein zu Petitionen im Sinne des Art. 17 GG und des Art. 26 NV) und BVerwG, Beschl. v. 1.9.1976 - BVerwG VII B 101.75 –, NJW 1977, 118 - juris Rn. 12; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 8.1.2003 - 11 LA 394/02 -, juris Rn. 8 (insbesondere zu Dienstaufsichtsbeschwerden)).
(b) Ob der von der Dienstaufsichtsbeschwerde betroffene Amtswalter, sei er nun Beamter oder Richter, in gleicher Weise den Umgang mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde beanspruchen kann, ist hingegen bisher nicht geklärt.
Zur Begründung hierfür könnte die allgemeine Fürsorgepflicht des Dienstherrn (vgl. § 45 Satz 2 BeamtStG (i.V.m. § 71 DRiG, § 2 Abs. 1 NRiG)) herangezogen werden. Sie verpflichtet den Dienstherrn auch, den Beamten und Richter bei seiner amtlichen Tätigkeit und in seiner Stellung als Beamter und Richter zu schützen und gegen unberechtigte Vorwürfe in Schutz zu nehmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.12.1976
- 2 BvR 841/73 -, BVerfGE 43, 154, 165 f. [BVerfG 14.12.1976 - 2 BvR 99/76] - juris Rn. 30; BVerwG, Urt. v. 27.2.2003
- BVerwG 2 C 10.02 -, BVerwGE 118, 10, 13 - juris Rn. 19; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 13.2.2007 - 5 ME 62/07 -, juris Rn. 14). Dieser Schutz könnte es umfassen, dass von einem Dienstaufsichtsbeschwerdeführer gegen einen Amtswalter erhobene Vorwürfe pflichtwidriger Amtsführung durch den Dienstherrn nicht unbeantwortet gelassen werden dürfen, sondern der Dienstherr zunächst im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren den Sachverhalt aufzuklären und bei mangelnder Bestätigung des Vorwurfs auch die mit dem Vorwurf verbundene Ansehensbeeinträchtigung durch eine entsprechende Erklärung im Rahmen der Bescheidung der Dienstaufsichtsbeschwerde gegenüber dem Dienstaufsichtsbeschwerdeführer auszuräumen hat. Gegen eine solche Heranziehung der Fürsorgepflicht spricht allerdings, dass dem Beamten und Richter - anders als dem Dienstaufsichtsbeschwerdeführer - unabhängig vom Ausgang des Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens hinreichend effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht. Werden infolge des Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens Disziplinarmaßnahmen ergriffen, können diese ohne Weiteres einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden (siehe oben II.2.b.(1)). Wird der im Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren gegen den Beamten oder Richter erhobene Vorwurf pflichtwidriger Amtsführung weder durch den Dienstherrn zurückgewiesen noch hierauf ein Disziplinarverfahren eingeleitet, kann der Beamte oder Richter selbst die Einleitung eines Disziplinarverfahrens beantragen, um sich von dem Verdacht eines Dienstvergehens zu entlasten (sog. "Selbstreinigung", vgl. § 19 Abs. 1 NDisZG (i.V.m. § 94 NRiG)).
Letztlich bedarf es im hier zu entscheidenden Verfahren aber keiner Klärung der Frage, ob der von der Dienstaufsichtsbeschwerde betroffene Amtswalter in gleicher Weise wie ein Dienstaufsichtsbeschwerdeführer die Bescheidung einer Dienstaufsichtsbeschwerde beanspruchen kann. Denn selbst bejahendenfalls könnte der Antragsteller eine Bescheidung der gegen ihn gerichteten Dienstaufsichtsbeschwerde hier schon deshalb nicht mehr erfolgreich durchsetzen, weil diese vom Dienstaufsichtsbeschwerdeführer zurückgenommen worden ist und deshalb kein Substrat für eine Bescheidung mehr besteht (siehe oben II.2.a.). Im Übrigen liegt es nahe, dass die gebotene Befassung mit der Dienstaufsichtsbeschwerde bereits erfolgt ist, geht doch selbst der Antragsteller davon aus, dass die Dienstaufsichtsbeschwerde vom Antragsgegner entgegengenommen wurde, sachlich behandelt worden ist und infolgedessen gegen ihn die dienstgerichtlichen und Betreuungsverfahren eingeleitet worden sind. Die begehrte (förmliche) Bescheidung könnte sich daher auf eine bloße Zusammenfassung dieser - dem Antragsteller zudem längst bekannten - Umstände und Abläufe beschränken, ohne dass für den Senat derzeit ein nachvollziehbares schutzwürdiges Interesse des Antragstellers hieran ersichtlich wäre. Für die darüber hinaus vom Antragsteller begehrte Begründung (vgl. den dahingehend im Antragsschriftsatz v. 23.3.2022, S. 1 = Blatt 1 der Gerichtsakte: "Der Antragsgegner hat unverzüglich über die … Dienstaufsichtsbeschwerde … zu entscheiden und diesen begründeten Bescheid dem Antragsteller zuzustellen.", und im Beschwerdeschriftsatz v. 1.5.2022, S. 1 = Blatt 107 der Gerichtsakte: "…beantrage …, über die Dienstaufsichtsbeschwerde … zu bescheiden und ihm den begründeten Bescheid zuzustellen.") bieten Art. 17 GG und Art. 26 NV hingegen von vorneherein keine Grundlage. Sie verlangen insoweit nur eine Mitteilung über die Art der Erledigung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.4.1953 - 1 BvR 162/51 -, BVerfGE 2, 225, 230 - juris Rn. 24 ff.; BVerwG, Beschl. v. 13.11.1990 - BVerwG 7 B 85.90 -, NJW 1991, 936 - juris Rn. 5). Eine weitergehende Begründungspflicht in dem vom Antragsteller offenbar erstrebten Sinne, dass der Bescheid die für die Entscheidung des Antragsgegners inhaltlich maßgeblichen Entscheidungsgründe enthalten muss, lässt sich hingegen weder aus Art. 17 GG und Art. 26 NV noch aus dem systematischen Zusammenhang zwischen diesen Bestimmungen und Art. 19 Abs. 4, 103 Abs. 1 GG und dem Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes herleiten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.5.1992 - 1 BvR 1553/90 -, NJW 1992, 3033 - juris Rn. 18 m.w.N.).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG und Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).