Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.07.2022, Az.: 1 MN 165/21
Campingplatz; Campingplatzgebiet; Dauerwohnen; Durchführungsvertrag; Ferienwohnen; Vorhabenbezogener Bebauungsplan; Wohnpark
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 14.07.2022
- Aktenzeichen
- 1 MN 165/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59897
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 12 BauGB
- § 12 Abs 7 BauGB
- § 9 BauGB
- § 11 Abs 2 BauNVO
Fundstellen
- BauR 2022, 1469-1475
- DVBl 2023, 34-41
- DÖV 2022, 874-875
- NVwZ-RR 2022, 750-755
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Ein bauliches Vorhaben im Sinne des § 12 Abs. 1 BauGB kann auch dann vorliegen, wenn der Vorhabenträger durch ihn erschlossene Flächen Dritten im Wege eines Mietverhältnisses zur Bebauung überlässt, sofern er dem Gebiet durch Bereitstellung einer geeigneten Infrastruktur und Gestaltungs- und Nutzungsvorgaben ein spezifisches Gepräge (hier: in die Campingplatznutzung eingebetteter Wohnpark) gibt.
Ein Vorhabenträger ist auch dann zur Durchführung des Vorhabens und der Erschließungsmaßnahmen bereit und in der Lage, wenn bauliche Anlagen auf den in seinem Eigentum stehenden Plangrundstücken durch Dritte errichtet werden, die sich dem Vorhabenträger gegenüber verpflichten, bestimmte Gestaltungsvorschriften einzuhalten.
Ein Vorhaben- und Erschließungsplan kann auch dann aufgestellt werden, wenn das geplante Vorhaben bereits weitgehend verwirklicht worden ist.
Eine Nutzungsmischung bestehend aus Dauer- und Erholungswohnen ist nach Maßgabe von § 12 Abs. 7 BauGB, § 11 Abs. 2 BauNVO zulässig.
Tenor:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird auf 12.500 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren die Außervollzugsetzung der vorhabenbezogenen Änderung eines Bebauungsplans, die eine Dauerwohnnutzung auf einem Campingplatz legalisiert.
Die Plangebiete 4A und 4B sind Teilflächen des an der Elbe beidseits des Hauptdeichs gelegenen, im Eigentum der Beigeladenen stehenden „Campingplatzes A-Stadt/Stove“. Sie liegen nördlich des alten Deiches mit der Bebauung der Ortsteile Elbstorf und Stove sowie der I. und der Elbstorfer Straße. Im Norden grenzen sie an den heutigen Elbdeich.
Die Festsetzungen des bisherigen Bebauungsplans Nr. 1 in der Fassung der 2. Änderung setzten die Plangebiete teils als Sondergebiet „Dauercamping und Wochenendnutzung“, teils als Sondergebiet „Wochenendhäuser und Mobilheime“ fest. Zulässig waren darin im Wesentlichen Wochenendhäuser und Mobilheime bis 60 bzw. 65 m² Grundfläche, Zelte und Wohnwagen sowie Wohnmobile, ferner bestimmte ergänzende Anlagen. Tatsächlich sind diese Flächen überwiegend mit als Ferienhäuser genehmigten Holzhäusern und mit Mobilheimen belegt, von denen ein Teil ohne entsprechende Baugenehmigung zum Dauerwohnen genutzt wird.
Mit einer im Jahre 2015 beschlossenen 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 1 verfolgte die Antragsgegnerin bereits das Ziel, durch die Festsetzung eines Sondergebiets „Integriertes Wohnen in der touristischen Gemeinschaft“ diese Nutzung von Teilen des Campingplatzes zum Dauerwohnen zu legalisieren. Mit Urteil vom 25. Januar 2017 erklärte der Senat diese 3. Änderung für unwirksam (Senatsurt. v. zum 20.1.2017 - 1 KN 151/15 -, ZfBR 2017, 357 = BauR 2017, 983 = juris). Er begründete diese Entscheidung damit, dass sich die Festsetzung eines solchen Sondergebiets nicht auf § 11 Abs. 1, 2 BauNVO stützen lasse. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei zwar ein „Nutzungsmix“ außerhalb der Möglichkeiten der §§ 2 bis 10 BauNVO möglich, setze aber die Verträglichkeit der Nutzungen voraus. Diese sei bei der Mischung aus Wochenendhausgebiet und Wohngebiet nicht gegeben (juris Rn. 97 ff). Eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen dieses Urteil wies das Bundesverwaltungsgericht zurück (Beschl. v. 12.6.2018 - 4 BN 28.17 -, BauR 2018, 1724 = BRS 86 Nr. 197 = juris).
Mit den zwei vorhabenbezogenen Änderungs- und Ergänzungsplänen des Bebauungsplanes Nr. 1 „Campingplatz A-Stadt/Stove“ (in Folgenden: Änderungspläne), nämlich den Änderungsplänen Nr. 4A und Nr. 4B, die Gegenstände dieses Verfahrens sind, verfolgt die Antragsgegnerin erneut das Ziel, die Nutzung von bereits bestehenden Gebäuden und von wenigen noch unbebauten Flächen zum Dauerwohnen rechtlich abzusichern. Das Gebiet des Änderungsplans Nr. 4A erstreckt sich über einen 70 m tiefen Streifen über die gesamte südliche Breite des Campingplatzes und über das gesamte westlich von einem zentralen Restaurant, SB-Markt und einem Kinderspielplatz gelegene Areal. Das Plangebiet des Planes Nr. 4B besteht aus einem ca. 65 m breiten Streifen, der sich von der südlich des Campingplatzes gelegenen Stover Straße am Ostrand des Campingplatzes nach Norden bis zur Straße J. hinzieht. Vorhabenträgerin ist jeweils die Beigeladene, die den Campingplatz betreibt. Die erwähnten zentralen Einrichtungen und eine davon östlich gelegene große Fläche, die dem (Dauer-)Camping dient, werden nicht von den Änderungsplänen erfasst, ebenso wenig jenseits des Deiches direkt am Elbufer gelegene weitere Flächen des Campingplatzes.
Im Plangebiet des Änderungsplans Nr. 4A sind laut Nr. 1.1 Abs. 1 Satz 1 der textlichen Festsetzungen (TF) bauliche Anlagen, die dem Dauerwohnen und der Ferienhaus- und Wochenendnutzung dienen, mit den entsprechenden Haupt- und Nebenanlagen sowie Stellplätzen und überdachten Stellplätzen (Carports) einschließlich Zufahrten zulässig. Laut TF 1.2 müssen die Anteile der baulichen Anlagen unterschiedlicher Nutzungen in keinem bestimmten Mischungsverhältnis zueinander stehen. Es darf jeweils eine Nutzung überwiegen oder ausschließlich vorhanden sein.
Laut dem in der Planurkunde enthaltenen Vorhaben- und Erschließungsplan, bestehend aus Lageplan und Vorhabenbeschreibung (TF Nr. 4), ist das Plangebiet in 200 Parzellen unterteilt. Die Parzellengröße der dauerhaft bzw. zu Ferien- und Wochenendnutzung bewohnten Häuser muss nach den Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung mindestens 200 m² betragen (TF 2.1). Diese Parzellen dürfen zu bis zu 50 % der jeweiligen Grundfläche vollständig versiegelt werden (TF 2.2). Innerhalb jeder Parzelle ist die Errichtung einer baulichen Anlage zu Wohnzwecken sowie zur Ferien- und Wochenendnutzung mit einer Grundfläche bis maximal 65 m² zuzüglich einer überdachten Terrasse oder Loggia von maximal 10 m² zulässig (TF 2.3). Die baulichen Anlagen sind mit einem Vollgeschoss auszuführen, wobei eine Firsthöhe von 6 m über dem vorhandenen Gelände nicht überschritten werden darf (TF 2.4).
Die Festsetzungen des Änderungsplans Nr. 4B, durch den weitere 52 bauliche Anlagen zu Wohnzwecken in ihrem Bestand rechtlich abgesichert werden sollen, entsprechen im Wesentlichen den Festsetzungen des Änderungsplans Nr. 4A. Weitere, hier nicht relevante textliche Festsetzungen sehen jeweils Flächen für die Errichtung von Gemeinschaftsanlagen (Müllablagerung, Stellplatzflächen, etc.) vor.
Verkehrlich erschlossen wird das Gebiet des gesamten Campingplatzes inklusive der Plangebiete allein über die hinter dem Hauptdeich verlaufende Straße J..
Das Planaufstellungsverfahren verlief wie folgt: Am 10. September 2020 fasste der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin die Planaufstellungsbeschlüsse. In der Zeit vom 11. Januar 2021 bis zum 11. Februar 2021 wurden die Pläne sowohl im Gemeindebüro der Antragsgegnerin öffentlich ausgelegt als auch auf der Internetseite der Antragsgegnerin veröffentlicht. Daraufhin gingen verschiedene Einwendungen von Privatpersonen ein, darunter auch mit Schreiben vom 9. Februar 2021 die der Antragsteller. Mit Beschluss vom 10. Juni 2021 beschloss der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin die Planentwürfe und die Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange. Die Antragsteller erhoben wiederum Einwendungen mit Schriftsatz vom 29. Juli 2021.
Am 7. Oktober 2021 schloss die Antragsgegnerin mit der Beigeladenen Durchführungsverträge zu den Änderungsplänen. In § 3 des jeweiligen Vertrags werden die Festsetzungen zur zulässigen Nutzung und zum Maß der baulichen Nutzung im Wesentlichen entsprechend den Festsetzungen im Bebauungsplan übernommen. § 4 der jeweiligen Verträge beschreibt Erschließungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Ver- und Entsorgung. Gemäß § 5 verpflichtet sich die Beigeladene als Vorhabenträgerin gegenüber der Antragsgegnerin, die unter § 3 beschriebenen Vorhaben und die unter § 4 beschriebenen Erschließungsmaßnahmen mit den dafür erforderlichen städtebaulichen Planungen einschließlich Fachplanungen und Maßnahmen auf ihre Kosten durchzuführen. Ferner verpflichtet sich die Beigeladene gegenüber der Antragsgegnerin, dass sämtliche baulichen und sonstigen Maßnahmen, auch solche, die durch Dritte vorgenommen werden, den Regelungen des Durchführungsvertrags und den Festsetzungen im jeweiligen Änderungsplan entsprechen. Eine Verpflichtung der Beigeladenen zur Anpassung bereits bestehender Gebäude an die Gestaltungsvorgaben wird für das Plangebiet des Änderungsplans Nr. 4A abbedungen. Gemäß § 6 des Vertrages verpflichtet sich die Beigeladene, innerhalb dort genannter Fristen einzeln aufgeführte Bau- und sonstige Maßnahmen abzuschließen.
Der Rat der Antragsgegnerin beschloss in seiner Sitzung am 19. Oktober 2021 die Durchführungsverträge und die Änderungspläne mit den darin enthaltenen Vorhaben- und Erschließungsplänen. Im Amtsblatt für den Landkreis Harburg wurden die Pläne am 18. November 2021 bekannt gemacht (Nr. 47, Seite 1323).
Die Antragsteller sind Eigentümer des im Aktivrubrum genannten, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks östlich des Campingplatzes der Beigeladenen. Ihr Wohnhaus steht ca. 40 m südlich von der Straße J. entfernt. Ihr Grundstück liegt in einem als allgemeines Wohngebiet beplanten Gebiet.
Sie leiten ihre Antragsbefugnis daraus her, dass sie als Anwohner der Erschließungsstraße den Einwirkungen des gesamten Zu- und Abfahrtsverkehrs, der durch die Planvorhaben verursacht werde, ausgesetzt seien. Durch die Zulassung von Dauerwohnen sei in verstärktem Maß mit Kraftfahrzeugverkehr schon in der Zeit von 5:00 Uhr bis 6:00 Uhr morgens zu rechnen. Beide vorhabenbezogenen Bebauungspläne seien auch materiell rechtswidrig. In den Durchführungsverträgen sei keine konkrete Verpflichtung der Beigeladenen festgelegt worden. Sie beinhalteten in § 3 nur einige Gestaltungsvorschriften für zu errichtende Gebäude. Eine Durchführungspflicht enthalte auch der jeweilige § 5 trotz seiner anderslautenden Überschrift nicht. Es gebe keine konkrete Festlegung eines Vorhabens. De facto handele es sich nicht um vorhabenbezogene Bebauungspläne, sondern um (normale) „Angebots“-Bebauungspläne. Die rechtliche Konstruktion sei nur gewählt worden, um von der Möglichkeit des § 12 Abs. 7 BauGB Gebrauch machen zu können, wonach in bisher als Erholungssondergebiete festgesetzten Gebieten im Wege eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Wohnnutzungen zugelassen werden könnten. Die Beigeladene sei auch nicht dazu in der Lage, auf den Parzellen die Verpflichtungen aus dem Durchführungsvertrag und die Gestaltungsvorschriften umzusetzen. Diese Parzellen seien vermietet. Die auf ihnen errichteten baulichen Anlagen stünden im Eigentum der Mieter. Nur diese könnten die Planung umsetzen. Die Festsetzungen bezüglich des Maßes der Nutzung seien nicht umsetzbar, weil sie auf Parzellen Bezug nähmen, die weder rechtlich noch tatsächlich existierten. Soweit sie durch schuldrechtliche Mietverträge und möglicherweise durch Einfriedungen abgegrenzt würden, könnten sie beliebig verändert werden und nicht Gegenstand von planungsrechtlichen Festsetzungen oder von von der Baugenehmigungsbehörde zu prüfenden Zulässigkeitsvoraussetzungen sein. Unter dem Deckmantel eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans werde ein Wohngebiet geplant. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO sei dringend geboten, damit verhindert werde, dass die Bebauungspläne durch Erteilung von Baugenehmigungen vollzogen würden.
Die Antragsteller beantragen,
die vorhabenbezogenen Änderungen des Bebauungsplans Nr. 1 „Campingplatz A-Stadt/Stove“ 4A und 4B vorläufig außer Vollzug zu setzen.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,
den Antrag abzulehnen.
Sie halten den Normenkontrolleilantrag bereits für unzulässig. Die Antragsteller seien nicht antragsbefugt. Ihre Befürchtung, die Umsetzung der Planung führe zu einer erhöhten Verkehrsbelastung und verursache erhöhte Immissionen auf ihrem Grundstück, sei im Rahmen der Planaufstellung berücksichtigt und durch eine schalltechnische Untersuchung widerlegt worden. Insbesondere hinsichtlich des Antrags betreffend den Änderungsplan Nr. 4B fehle zudem ein Rechtsschutzbedürfnis, da in diesem Plangebiet für nahezu alle Parzellen auf der Grundlage des später durch den Senat für unwirksam erklärten Bebauungsplans bereits entsprechende Baugenehmigungen für die baulichen Anlagen und die Dauernutzung erteilt worden seien. Entgegen der Darstellung der Antragsteller liege kein Fall eines „Etikettenschwindels“ vor. Die Antragsgegnerin mache lediglich von der Möglichkeit Gebrauch, gemäß § 12 Abs. 7 BauGB in bisherigen Erholungsgebieten das Dauerwohnen zuzulassen. Dass die Plangebiete bereits überwiegend bebaut worden seien, stehe nicht entgegen. Für eine derart bestandssichernde Planung im Wege eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes gelte die Besonderheit, dass es keiner Fristbestimmung für die Errichtung der bereits vorhandenen baulichen Anlagen bedürfe. Zudem ergäben sich aus § 6 der Durchführungsverträge Fristen zur Erfüllung im einzelnen genannter Pflichten der Beigeladenen als Vorhabenträgerin. Die Beigeladene sei als Vermieterin auch in der Lage, eine vertragswidrige oder baurechtswidrige Nutzung durch die Mieter zu unterbinden und somit den Durchführungsvertrag umzusetzen. Die Bezugnahme auf Parzellen bei der Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung sei zulässig, da die Antragsgegnerin nicht an die Festsetzungsmöglichkeiten der §§ 9 und 9a BauGB gebunden sei. Ein eventuelles Überwiegen der Wohnnutzung sei unbedenklich, weil sich aus der Gesetzesbegründung nicht ergebe, dass ein gewisser Nutzungsmix erhalten bleiben müsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen.
II.
Der Normenkontrolleilantrag hat keinen Erfolg. Er ist zwar zulässig (dazu unter 1.), jedoch unbegründet (dazu unter 2.).
1.
Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren und ebenso im Normenkontrolleilverfahren eine Person nur antragsbefugt, wenn sie geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Ist ein Antragsteller Eigentümer oder Nutzer von Grundstücken außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans, kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange aus § 1 Abs. 7 BauGB folgen. Das dort normierte bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot gewährt ein subjektives Recht. Der Betroffene kann verlangen, dass seine eigenen Belange in der Abwägung entsprechend ihrem Gewicht „abgearbeitet“ werden. Ein Antragsteller kann sich daher im Normenkontrollverfahren darauf berufen, dass seine abwägungserheblichen privaten Belange möglicherweise fehlerhaft abgewogen wurden. In diesem Fall obliegt es ihm, einen eigenen Belang als verletzt zu bezeichnen, der für die Abwägung beachtlich war (vgl. Senatsbeschl. v. 22.6.2022 - 1 MN 28/22 -, juris Rn. 15 m.w.N.).
Das Interesse des Eigentümers eines Grundstücks außerhalb des Plangebiets, von einer Lärmzunahme aufgrund des Zu- und Abfahrtsverkehrs zum Plangebiet verschont zu bleiben, kann nach den Umständen des Einzelfalls einen abwägungserheblichen Belang darstellen, wenn sich der durch die Planung ausgelöste Verkehr innerhalb eines räumlich überschaubaren Bereichs bewegt und vom übrigen Straßenverkehr unterscheidbar ist. In diesem Fall gehört eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms auch unterhalb der Grenzwerte zum Abwägungsmaterial. Ist der Lärmzuwachs allerdings nur geringfügig, geht er mithin über die Bagatellgrenze nicht hinaus oder wirkt er sich nur unwesentlich auf das Nachbargrundstück aus, so muss er nicht in die Abwägung eingestellt werden (vgl. Senatsbeschl. v. 21.2.2022 - 1 MN 160/21 -, BauR 2022, 111 = juris Rn. 14; vgl. zusammenfassend BVerwG, Beschl. v. 1.7.2020 - 4 BN 49.19 -, BRS 88 Nr. 170 = juris Rn. 8 m.w.N.).
Gemessen daran ist nicht von vornherein auszuschließen, dass der Belang der Antragsteller, von einer Lärmzunahme aufgrund des von den Plangebieten ausgehenden Zu- und Abfahrtsverkehrs verschont zu bleiben, möglicherweise fehlerhaft abgewogen worden ist. Die Einhaltung der Grenzwerte der 16. BImSchV ist dabei nach den zitierten Ausführungen und entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen nicht allein maßgeblich. Das Grundstück der Antragsteller liegt in geringer Entfernung von der Straße J.. Nach übereinstimmender Darstellung aller Beteiligten fließt der gesamte Zu- und Abfahrtsverkehr zum Campingplatz der Beigeladenen und damit auch zu den Plangebieten notwendig über diese Straße (sog. Torwärtersituation, dazu bereits zum Vorgängerplan Senatsurt. v. 25.1.2017 - 1 KN 151/15 -, ZfBR 2017, 357 = BauR 2017, 983 = NdsVBl 2017, 214 = juris Rn. 90). Dass die durch die Zulassung der Nutzung von Teilen des Campingplatzes zum Dauerwohnen bedingte Verkehrszunahme geringfügig ist und über die Bagatellgrenze nicht hinausgeht, lässt sich für die hier zu entscheidende Frage der Zulässigkeit des Normenkontrolleilantrags nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen. Es ist zumindest nachvollziehbar, dass die Zulassung der Nutzung der Plangebiete zum Dauerwohnen zusätzliche Verkehrslärmimmissionen in dem von den Antragstellern besonders hervorgehobenen Zeitraum von 5:00 Uhr bis 6:00 Uhr morgens auch unter der Woche nach sich ziehen kann. Bereits bestehende Belastungen durch den Straßenverkehr müssen sich die Antragsteller dabei nicht entgegenhalten lassen, weil nicht auszuschließen ist, dass ein Teil dieser Lärmbelastungen auf die bislang rechtswidrige Nutzung zurückzuführen ist und somit bei einem Erfolg des Normenkontrollantrags (zumindest langfristig) entfiele. Soweit die Antragsgegnerin und die Beigeladene Verkehrszählungen vorlegen und hierzu erläutern, dass nur ein geringer Teil des erfassten Verkehrs im Zusammenhang mit der bereits praktizierten Nutzung der Plangebiete zum Dauerwohnen stehe, vermag auch dies die Antragsbefugnis nicht entscheidend in Zweifel zu ziehen. Eine solche Betrachtung lässt nämlich außer Acht, dass auch der nicht erfasste Verkehr von Mitarbeitern des Campingplatzes möglicherweise nur daher rührt, dass diese bereits am frühen Morgen den Campingplatz anfahren, um den Dauerbewohnern Serviceleistungen des Platzes zur Verfügung zu stellen. Dass - wie behauptet - ein Großteil der Dauerbewohner nicht mehr im Berufsleben steht und deswegen nichts mehr zum Berufsverkehr in den frühen Morgenstunden beiträgt, ist insofern nicht ausschlaggebend, als sich die Zusammensetzung der Bewohnerschaft auf Dauer ändern kann und Bauleitplanung typischerweise langfristig angelegt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 - 4 CN 6.99 -, BVerwGE 112, 41 = BRS 63, Nr. 1 = juris Rn. 25).
Den Antragstellern fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die planerischen Festsetzungen wurden noch nicht vollständig ausgenutzt (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 11.9.2019 - 1 MN 94/19 -, NordÖR 2019, 527 = juris Leitsatz 2 und Rn. 17; v. 4.10.2004 - 1 MN 225/04 -, BauR 2005, 532 = BRS 67 Nr. 56 = juris Rn. 14 ff.). Zwischen dem Beteiligten ist unstreitig, dass in beiden Plangebieten noch Plangrundstücke verblieben sind, die entweder unbebaut sind oder deren Bebauung noch nicht genehmigt ist. Mit einem erfolgreichen Normenkontrollantrag können die Antragsteller die Erteilung von noch ausstehenden Genehmigungen verhindern.
2.
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab sind danach jedenfalls bei Bebauungsplänen zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (Senatsbeschl. v. 4.4.2022 - 1 MN 156/20 -, NVwZ-RR 2022, 472 = juris Rn. 19 m.w.N.).
Daran gemessen ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht geboten, weil die Änderungspläne nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung rechtmäßig sind.
a)
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan ist hinreichend bestimmt. § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB sieht vor, dass die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen kann, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die erforderliche Konkretisierung des Vorhabens leistet neben der Planzeichnung und den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans der Vorhaben- und Erschließungsplan, der gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist. Der Durchführungsvertrag ist hingegen nicht Bestandteil der Bauleitplanung; auf ihn kann zur notwendigen Konkretisierung des Vorhabens - vom Sonderfall des § 12 Abs. 3a BauGB abgesehen - nicht zurückgegriffen werden.
Da der vorhabenbezogene Bebauungsplan selbst die Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt, entspricht sein Regelungsumfang mindestens dem eines qualifizierten Bebauungsplans gemäß § 30 Abs. 2 BauGB. Da sich zudem die Verpflichtung aus dem Durchführungsvertrag auf die Errichtung eines konkreten Vorhabens im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB bezieht, muss es im Vorhaben- und Erschließungsplan mit seinen wesentlichen städtebaulich relevanten Parametern textlich und zeichnerisch so konkret gefasst werden, dass der Vertrag vollziehbar wird (vgl. Senatsbeschl. v. 22. 12. 2014 - 1 MN 118/14 -, BauR 2015, 620 = ZfBR 2015, 274 = BRS 82 Nr. 40 = juris Rn. 20 m.w.N.). Zu konkretisieren ist nicht nur die Art der baulichen Nutzung, wobei das festgelegte Vorhaben von vornherein eine gewisse Bandbreite an Nutzungsmöglichkeiten umfasst, sondern, ebenfalls mit (begrenzten) Spielräumen, auch das Maß der baulichen Nutzung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.5.2018 - 4 BN 7.18 -, BauR 2018, 1243 = ZfBR 2018, 584 = NVwZ 2018, 1235 = BRS 86 Nr. 25 = juris Rn. 7). Daran gemessen liegt kein Bestimmtheitsmangel vor.
Das Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB besteht darin, dass die Beigeladene durch sie erschlossene Flächen ihres Campingplatzes Dritten im Wege eines Mietverhältnisses überlässt, damit diese darauf in eigener Verantwortung und auf eigene Kosten unter Beachtung einheitlich vorgegebener Gestaltungsvorschriften bauliche Anlagen errichten, die dem Dauerwohnen oder der Ferienhaus- und Wochenendnutzung dienen. Bereits bestehende Gebäude sollen in ihrem Bestand rechtlich abgesichert werden. Die Flächen, die die Beigeladene zur Verfügung stellt, scheiden dabei nicht aus dem Verbund des Campingplatzes aus. Sie bleiben vielmehr Teil der touristischen Gesamtanlage und bilden in ihrer Gesamtheit im jeweiligen Plangebiet ein zusammenhängendes Wohngebiet eigener Art, das am ehesten als „Wohnpark“ umschrieben werden kann. Der fortbestehende Zusammenhang mit dem Campingplatz ergibt sich bereits aus der Vorhabenbeschreibung, wonach die Beigeladene als Vorhabenträgerin und Eigentümerin des Campingplatzes plant, „innerhalb eines Teilbereichs des Campingplatzes […] bauliche Anlagen zu Wohnzwecken in ihrem Bestand rechtlich abzusichern und das Dauerwohnen innerhalb der im Bebauungsplan ausgewiesenen Zone zuzulassen.“ Aus dem gleichen Grund ist es auch Teil des mithilfe der vorhabenbezogenen Pläne verwirklichten Konzepts, das die Nutzer der ausgewiesenen Flächen die Gemeinschaftseinrichtungen des Campingplatzes nutzen können. Die Beigeladene behält als Vorhabenträgerin auf diesen Flächen den bestimmenden Einfluss. Dies ist dadurch sichergestellt, dass ihr Eigentum an den Flächen fortbesteht und diese nur schuldrechtlich und im Grundsatz vorübergehend den Nutzern zur Verfügung gestellt werden. Insofern unterscheidet sich die Errichtung eines derartigen „Wohnparks“ auch wesentlich von der Ausweisung eines Plangebiets im Sinne der BauNVO.
Das so definierte bauliche Vorhaben ist nach Art und Maß der baulichen Nutzung sowie der Erschließung hinreichend konkretisiert. In der jeweiligen Planzeichnung werden die Plangebiete Nr. 4A und 4B in 200 bzw. 52 einzelne „Parzellen“, also Teilflächen des Plangebiets unterteilt, auf denen jeweils eine bauliche Anlage errichtet werden darf, die dem Dauerwohnen oder dem Ferienwohnen dient. Die Lage und die Anzahl dieser Parzellen sind festgelegt. Die Parzellen sind im Plan einzeln ausgewiesen. Sie liegen jeweils an teils namentlich bezeichneten, jedenfalls aber mit einer eindeutigen Kombination aus Buchstaben und Ziffern benannten Wegen, die auch der Erschließung dienen, und sind mit einer eigenen „Hausnummer“ versehen. Laut Vorhabenbeschreibung sind die Parzellen entsprechend gekennzeichnet, „um eine Verortung sowie die jeweilige Erschließung sicherzustellen.“
Innerhalb dieser Parzellen können die einzelnen Mieter grundsätzlich zwar selbst über die Errichtung und Gestaltung einer zum Ferien- bzw. Dauerwohnen geeigneten baulichen Anlage entscheiden, sind dabei aber an die bereits eingangs zitierten Vorgaben der Festsetzungen des Plans zum Maß der baulichen Nutzung gebunden. Dadurch wird das Bauvolumen für die zum (Ferien-/Dauer-)Wohnen errichteten baulichen Anlagen begrenzt. Zusätzlich ergibt sich aus der Vorhabenbeschreibung, dass sich die Beigeladene gegenüber der Antragsgegnerin dazu verpflichtet hat, weitere Gestaltungsvorschriften für die Gebäude der Mieter umzusetzen. Beispielsweise sind die Fassaden der baulichen Anlagen in Holz auszuführen. Die Dächer müssen eine Dachneigung bis maximal 35° einhalten. Einfriedungen dürfen eine Höhe von 0,80 m nicht überschreiten.
Die Identität dieses „Wohnparks“ hängt somit gerade nicht davon ab, welche bauliche Anlage im Einzelnen auf den Parzellen errichtet werden. Es ist vielmehr Teil des Konzepts, dass die Mieter der einzelnen Parzellen über Errichtung und Gestaltung in eigener Verantwortung - in den durch den Vorhaben- und Erschließungsplan und durch die Beigeladene vorgegebenen Grenzen - selbst entscheiden. Die Durchführungspflicht der Beigeladenen erstreckt sich dementsprechend nicht auf die Errichtung dieser baulichen Anlagen. Daher müssen und können diese baulichen Anlagen auch nicht im Plan dargestellt werden. Der so definierte „Wohnpark“ ist mit einer Kleingartenanlage vergleichbar, in denen die einzelnen Pächter typischerweise ebenfalls bauliche Anlagen errichten dürfen. Deren Gestaltung und Ausmaße werden ebenfalls nicht im Detail vorgegeben, aber - wie hier auch - begrenzt.
Die festgesetzten Parzellen sind zwar veränderbar, ohne dass dies aber die Identität des Vorhabens beeinflusst. Eine Veränderung des Zuschnitts einer Parzelle ist nur in einem gewissen Rahmen möglich. Einer Verkleinerung der Parzellen wird bereits dadurch eine Untergrenze gesetzt, dass für die einzelnen Parzellen eine Mindestgröße von 200 m² festgesetzt wird (TF 2.1). Eine Vergrößerung der Parzellen ist ebenfalls nicht einschränkungslos möglich. Laut Vorhabenbeschreibung sollen im Plangebiet des Änderungsplans Nr. 4A 200 bauliche Anlagen (= Parzellen) in ihrem Bestand rechtlich abgesichert werden (Plangebiet 4B: 52 Parzellen). Die Parzellen sind im Plan wie ausgeführt jeweils adressiert, um eine Verortung sicherzustellen. Daraus ergibt sich zum einen die Garantie einer Fortexistenz jeder Parzelle. Zum anderen folgt daraus, dass die Vergrößerung einer Parzelle, die notwendigerweise mit einer Verkleinerung einer oder mehrerer Nachbarparzellen einhergehen würde, an ihre Grenzen stieße, wenn diese Nachbarparzellen nach Veränderung ihrer Größe die Mindestgröße von 200 m² unterschreiten würden. Konsequenterweise ist laut der jeweiligen Vorhabenbeschreibung der Parzellenzuschnitt veränderbar, nicht aber der Parzellenbestand.
Auch durch die Gewährung eines umfangreichen Bestandsschutzes wird die Identität des Vorhabens nicht verändert. Die Legalisierung bereits bestehender baulicher Anlagen ist - wie ausgeführt - Teil des Vorhabens im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Laut der Vorhabenbeschreibung sind vorhandene Abweichungen in der Gestaltung weiterhin zulässig. Für zukünftige Neubauten ist jedoch vorgesehen, dass die baulichen Anlagen zu Wohn-/Erholungszwecken entsprechend der allgemeinen Gestaltungsvorschriften errichtet werden sollen. Vom Bestandsschutz werden dabei nur bauliche Anlagen erfasst, die gegebenenfalls die Variationsbreite im Maß der baulichen Nutzung überschreiten. Im Übrigen, insbesondere betreffend die Art der baulichen Nutzung, stehen sie aber jetzt schon im Einklang mit den Festsetzungen des Plans. Auch für diese baulichen Anlagen gilt, dass sie auf Flächen errichtet worden sind, die dauerhaft im Eigentum der Beigeladenen als Vorhabenträgerin stehen. Soweit Abweichungen geduldet werden, gilt dies nur bis zur Neuerrichtung einer baulichen Anlage. Das Vorhabenziel, die baulichen Anlagen langfristig einer einheitlichen Gestaltung als „Wohnpark“ zu unterwerfen, wird dadurch nicht infrage gestellt.
b)
Die Beigeladene ist als Vorhabenträgerin auch zur Durchführung des Vorhabens und der Erschließungsmaßnahmen bereit und in der Lage. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt ein vorhabenbezogener Bebauungsplan voraus, dass der Vorhabenträger zur Durchführung des Vorhabens und der Erschließungsmaßnahmen bereit und in der Lage ist. Gefordert ist eine Prognoseentscheidung. Sie soll der Gemeinde eine gewisse Sicherheit verschaffen, dass der Vorhabenträger die im Durchführungsvertrag übernommenen Verpflichtungen erfüllen und das geplante Vorhaben zu Ende führen kann. Die Prognose betrifft zum einen die finanziellen Mittel, die erforderlich sind, damit der Vorhabenträger die übernommenen Verpflichtungen umsetzen kann. Zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit grundsätzlich geeignet sind wirtschaftlich belastbare Finanzierungs- und Fördermittelzusagen, die aber durch gewichtige andere Indizien ersetzt werden können. Zum anderen muss der Vorhabenträger Zugriff auf die zur Verwirklichung des Vorhabens erforderlichen Grundstücke haben. Das setzt nicht notwendigerweise voraus, dass der Vorhabenträger die betreffenden Grundstücke bereits im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses zu Eigentum hat, wohl aber, dass er sie alsbald erwirbt oder sich eine aus dem Eigentum (§ 903 Satz 1 BGB) abgeleitete sonstige private Rechtsmacht verschafft (BVerwG, Beschl. v. 6.3.2018 - 4 BN 13/17 -, ZfBR 2018, 376 = BauR 2018, 1086 = juris Rn. 22). Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Die Beigeladene ist Eigentümerin der überlassenen Flächen, die sie nur im Rahmen eines Mietverhältnisses zur Bebauung und Nutzung zur Verfügung stellt. Ihre finanzielle Leistungsfähigkeit steht schon deshalb außer Zweifel, weil sie das Vorhaben bereits größtenteils verwirklicht hat. Die Wege innerhalb des Plangebiets bestehen bereits. Die daran anliegenden Parzellen werden über diese Wege auch erschlossen.
Sie ist auch in der Lage, ihre Durchführungspflicht gemäß § 5 Abs. 2 des (jeweiligen) Durchführungsvertrags zu erfüllen. Danach verpflichtet sich der Vorhabenträger [gemeint: die Beigeladene] gegenüber der Gemeinde, dass sämtliche baulichen und sonstigen Maßnahmen, mithin auch solche, die durch Dritte (Mieter, Pächter etc.) vorgenommen werden, den Regelungen dieses Vertrages und den Festsetzungen der vorhabenbezogenen Änderung des Bebauungsplans Nr. 1 „Campingplatz A-Stadt/Stove“ 4A [bzw. 4B] entsprechen.
Die Beigeladene hat die rechtlichen Möglichkeiten dazu, ihre Mieter zur Einhaltung dieser Festsetzungen und der Gestaltungsvorschriften zu zwingen. Sie kann nämlich die Mietverhältnisse ohne Angabe von Gründen kündigen bzw. auslaufen lassen. Die von ihr mit den Mietern abgeschlossenen Mietverträge sind nach den insofern nicht infrage gestellten Ausführungen der Beigeladenen (Schriftsatz vom 10.2.2022, Seite 4 ff.) jeweils auf ein Jahr befristet, verlängern sich jedoch um ein weiteres Jahr, wenn zuvor keine der Vertragsparteien mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende der Saison eine Kündigung ausspricht. Die Beigeladene hat zwar angekündigt, an dieser kurzen Kündigungsfrist im Falle einer Erteilung einer Baugenehmigung zum Dauerwohnen nicht festhalten zu wollen, um den Änderungen des Planungsrechts Rechnung zu tragen. Die grundsätzliche Konzeption eines befristeten Nutzungsverhältnisses, dass sich mangels Kündigung verlängert, stellt die Beigeladene aber nicht in Frage.
Als ein Grund zur außerordentlichen Kündigung wird eine wiederholte Zuwiderhandlung gegen die Campingplatzverordnung des Campingplatzes angeführt. Diese berechtigt sogar zur fristlosen Kündigung. Nach § 3 des (jeweiligen) Durchführungsvertrags und insbesondere nach Nr. 1.4 der darin wiedergegebenen Vorschriften für die baulichen Anlagen auf dem Gebiet des Campingplatzes hat die Beigeladene die Mieter zum Eintritt in die Gemeinschaft des Campingplatzes zu verpflichten, womit deren Anerkennung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Platzordnung verbunden ist.
c)
Zu Unrecht rügen die Antragsteller, dass in dem Durchführungsvertrag keine Fristen für Vorhaben- und Erschließungsmaßnahmen bestimmt werden. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB muss sich der Vorhabenträger zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen innerhalb einer bestimmten Frist verpflichten. Derartige Fristen sind hier aber bestimmt.
Gemäß § 6 der Durchführungsverträge sind jeweils für die Plangebiete verschiedene Tätigkeiten binnen dort genannter Fristen durchzuführen, beispielsweise im Plangebiet Nr. 4A Asphaltierungsarbeiten (§ 6 Nr. 1 des Durchführungsvertrags, DV), das Einholen behördlicher Genehmigungen (§ 6 Nr. 5 DV) und verschiedene, das im Plangebiet vorgesehene Gebäude für die Lagerung von Müll betreffende Pflichten (§ 6 Nr. 2-4 DV). Im Plangebiet Nr. 4B sind binnen einzeln vorgegebener Fristen ebenfalls Asphaltierungsarbeiten (§ 6 Nr. 1 DV), die Anpflanzung von Laubbäumen (§ 6 Nr. 2 DV), und die Einholung verschiedener Genehmigungen (§ 6 Nr. 6-9 DV) von der Beigeladenen geschuldet.
Im Übrigen weisen die Antragsgegnerin und die Beigeladene zutreffend darauf hin, dass ein Vorhaben- und Erschließungsplan auch dann aufgestellt werden kann, wenn das geplante Vorhaben bereits weitgehend verwirklicht worden ist. Da die Plangebiete bereits in Parzellen aufgeteilt und vollständig erschlossen sind und die - wie ausgeführt ohnehin nicht von der Beigeladenen geschuldete - Errichtung von Ferien- und Dauerwohnhäusern in großen Teilen erfolgt ist, bedarf es keiner weiteren Fristsetzung, wie sie § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB grundsätzlich verlangt. Eine solche Fristsetzung würde ins Leere gehen und einen sinnlosen Formalakt bedeuten. Dass für einen bereits bebauten Bereich ein Bebauungsplan nachträglich aufgestellt oder ein schon vorhandener Bebauungsplan geändert oder durch einen neuen Plan ersetzt wird, ist nichts Außergewöhnliches. Dabei kann grundsätzlich auch von dem Mittel des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Gebrauch gemacht werden (vgl. OVG RP, Urt. v. 30.8.2001 - 1 C 11768/00 - ZfBR 2001, 560 = BauR 2001, 1874 = BRS 64 Nr. 229 = juris Rn. 21).
d)
Die weiteren Festsetzungen der angefochtenen Pläne stehen mit den Vorschriften des Bauplanungs- oder Bauordnungsrecht im Einklang.
Die Antragsteller rügen insofern, dass die Festsetzungen bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung nicht umsetzbar seien, weil diese Festsetzungen auf Parzellen Bezug nähmen, die weder rechtlich noch tatsächlich existierten und somit auch nicht Gegenstand von bauplanungsrechtlichen oder bauordnungsrechtlichen Normen sein könnten. Damit greifen sie eine entsprechende Anmerkung des Senats in der früheren Entscheidung betreffend das ursprünglich vorgesehene Sondergebiet „Integriertes Wohnen in der touristischen Gemeinschaft“ auf, wonach das Grundstück im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nr. 3 BauGB grundsätzlich mit dem Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne gleichzusetzen ist (Senatsbeschl. v. 25.1.2017 - 1 KN 151/15 -, ZfBR 2017, 357 = BauR 2017, 983 = NdsVBl 2017, 214 = juris Rn. 108). Diese Kritik ist hier aber unberechtigt, weil die Antragsgegnerin bei Erlass eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nicht an die Festsetzungen nach § 9 BauGB und der nach § 9a BauGB erlassenen Baunutzungsverordnung gebunden ist (BVerwG, Beschl. v. 27.3.2019 - 4 BN 28.18 -, juris Rn. 14).
e)
Die Antragsteller halten die Planung auch zu Unrecht für einen unzulässigen „Etikettenschwindel“, weil unter dem Deckmantel eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 Abs. 7 BauGB de facto ein Wohngebiet geplant werde, welches die Anforderungen an die äußere und innere Erschließung und die weiteren städtebaulichen Anforderungen, die an ein Wohngebiet zu stellen sind, nicht erfüllt. Der Sache nach rügen die Antragsteller mit diesem Vorbringen, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene die Zulassung einer Wohnbebauung anstreben, ohne der Erschließung und der städtebaulichen Verträglichkeit der Wohnnutzung in dem bisherigen Erholungsgebiet in der Abwägung das ihnen gebührende Gewicht beizumessen. Die vorhabenbezogenen Bebauungspläne sind aber frei von nach § 214, § 215 BauGB beachtlichen Abwägungsfehlern.
Das in § 1 Abs. 7 BauGB verankerte Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = juris Rn. 29). Zur Unwirksamkeit des Plans führen Mängel im Abwägungsvorgang nur, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB). Solche Mängel liegen hier nicht vor.
Die Erschließung der Plangebiete ist durch die Beigeladene bereits sichergestellt worden.
Die grundsätzliche Verträglichkeit des Dauerwohnens in einem bisher als Erholungssondergebiet gemäß § 10 BauNVO festgesetzten Gebiet ergibt sich aus der Neuregelung des § 12 Abs. 7 BauGB. Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 BauNVO auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach dieser Vorschrift nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 bis 6 BauGB einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.
Es ist gerade Ziel der Neuregelung des § 12 Abs. 7 BauGB, auf die sich die Antragsgegnerin ausdrücklich stützt, Raum dafür zu schaffen, in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 BauNVO auch Wohnnutzung zuzulassen. Diese Neuregelung wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt vom 4. Mai 2017 (BGBl. 2017 I S. 1057) eingefügt. Sie beruht auf einer Empfehlung des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, die wie folgt begründet wurde:
„Erholungssondergebiete nach § 10 BauNVO sind konzeptionell für das Erholungswohnen vorgesehen. Durch § 12 Abs. 7 BauGB soll eine klarstellende Regelung geschaffen werden, um sich mit der Thematik des Dauerwohnens in bisherigen Erholung Sondergebieten planerisch auf diesem Wege auseinandersetzen zu können. Die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 BauGB kann eine Möglichkeit sein, um in einem bisherigen Erholungssondergebiet oder einem Teil davon Wohnnutzung zuzulassen. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit von Vorhaben nicht an den Festsetzungskatalog nach § 9 BauGB und nach der auf Grund von § 9a BauGB erlassenen Verordnung gebunden (§ 12 Absatz 3 Satz 2 BauGB).“ (BT-Drs. 18/11439, S. 20).
Damit hat der Gesetzgeber eine Abkehr von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bewirkt, nach der Wohnhäuser als in einem Erholungssondergebiet gemäß § 10 BauNVO gebietsfremde Bauvorhaben als bestandssichernde Festsetzungen nur dann zugelassen werden können, wenn sie quantitativ und qualitativ so in den Hintergrund treten, dass die Bebauung zu Erholungszwecken das Erscheinungsbild des Plangebiets prägt. Ein aus Wochenend- und Wohnhäusern zusammengesetztes Mischgebiet besonderer Art war unter Geltung der früheren Rechtslage ausgeschlossen (BVerwG, Urt. v. 11.7.2013 - 4 CN 7.12 -, BVerwGE 147, 138 = BauR 2013, 1992 = NVwZ 2014, 72 = juris Rn. 19). Das gilt nach Einfügung bzw. Neufassung des § 12 Abs. 7 BauGB und des § 11 Abs. 2 BauNVO heute nicht mehr (vgl. bereits Senatsurt. v. 7.10.2021 - 1 KN 92/19 -, BauR 2022, 205 = NordÖR 2022, 73 = juris Rn. 121 f.).
Das Interesse der Antragsteller, von Verkehrslärm verschont zu werden, hat die Antragsgegnerin gesehen und in die Abwägung eingestellt. Sie hat explizit nicht ausgeschlossen, dass ein großer Teil des frühmorgendlichen Verkehrs den Dauerbewohnern zuzuordnen sein könnte. Sie hat auch anerkannt, dass sich durch das Dauerwohnen eine gewisse Verschiebung von Fahrten in die Ruhezeit hinein ergeben können. Diese verkehrliche Mehrbelastung hat sie aber auch für Bewohner eines allgemeinen Wohngebiets als zumutbar angesehen. Ferner hat sie ihr eine Verringerung des Verkehrs gegenübergestellt, die daraus resultieren soll, dass im Gegenzug für die Schaffung von Flächen zum Dauerwohnen die Zahl der mit einer hohen Fluktuation und Tagesverkehr verbundenen kleineren Zelt-, Wohnmobil- und Wohnwagenstellplätze abnehme. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden, zumal das im Planaufstellungsverfahren eingeholte Schallgutachten zeigt, dass die Grenzwerte der 16. BImSchV auch unter Zugrundelegung außerordentlich konservativer Annahmen weit unterschritten werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat veranschlagt den Hauptsachestreitwert auf 25.000 EUR und halbiert diesen im Eilverfahren (vgl. Nr. 8 c), 7 a), 17 b) der Streitwertannahmen des Senats, NdsVBl. 2021, 247).