Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.07.2022, Az.: 5 ME 128/21

Ankreuzverfahren; Arithmetisierung; dienstliche Beurteilung; Gesamtbetrachtung; Gesamturteil; Plausibilisierung Begründung der Gesamtnote

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
21.07.2022
Aktenzeichen
5 ME 128/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 59909
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 13.09.2021 - AZ: 3 B 151/21

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der Umstand, dass die Gesamtnote einer im Ankreuzverfahren erstellten dienstlichen Beurteilung nicht verbal begründet worden ist, lässt noch nicht den Schluss zu, dass sie rein arithmetisch ermittelt worden ist.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen - 3. Kammer - vom 13. September 2021 geändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 22.795,92 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem es ihm vorläufig untersagt hat, den bei der Beigeladenen zu 2. ausgeschriebenen Dienstposten „Signalmechaniker F.“ (Ausschreibungsnummer 38050-2021.2) mit dem Beigeladenen zu 1. zu besetzen.

Auf den vorstehend genannten, nach der Besoldungsgruppe A 9 bewerteten Dienstposten, bewarben sich der Antragsteller und der Beigeladene zu 1. Beide haben derzeit das Amt eines Hauptwerkmeisters (Besoldungsgruppe A 8) inne.

Der Antragsteller wurde am 4. Juni 2020 beurteilt (genannt „Mitarbeiterdialog ohne Zielvereinbarung“). Dieser Beurteilung lag der Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 4. Juni 2020 zugrunde. Die Gesamtbewertung der Beurteilung („Einschätzung Leistungsverhalten gesamt“) lautet auf Note 4 („Erwartungen wurden übertroffen“ = zweithöchste von fünf Notenstufen). Die Einzelleistungsmerkmale („Effizient handeln“, „Qualitätsbewusst agieren“, „Erfolgreich zusammenarbeiten“, „Verantwortungsvoll handeln“ und „Veränderungen mitgestalten“) wurden jeweils mit der Note 4 bewertet.

Der Beigeladene zu 1. wurde am 12. Dezember 2019 beurteilt und erhielt dabei in Bezug auf vier von fünf Einzelleistungsmerkmalen die Note 4. In dem Einzelleistungsmerkmal „Verantwortungsvoll handeln“ erhielt er die Note 5 (= höchste von fünf Notenstufen). In der Gesamtbewertung der Beurteilung erhielt er ebenfalls die Note 4.

Mit Schreiben vom . März 2021 teilte die Beigeladene zu 2. dem Antragsgegner mit, dass der ausgeschriebene Dienstposten dem Beigeladenen zu 1. übertragen werden solle. Beide Bewerber seien mit der Gesamtnote 4 beurteilt worden, weshalb der weitere Vergleich durch Ausschärfung der Teilmerkmale erfolgt sei. Diese seien jeweils gleich gewichtet worden. Da der Beigeladene zu 1. in vier von fünf Teilmerkmalen mit der Note 4 und in einem Teilmerkmal mit der Note 5, der Antragsteller hingegen in allen fünf Teilmerkmalen mit der Note 4 bewertet worden sei, sei der Beigeladene zu 1. der am besten beurteilte Bewerber. Der Antragsgegner erteilte mit Schreiben vom 16. März 2021 zu der Übertragung der höher zu bewertenden Tätigkeit an den Beigeladenen zu 1. sein Einvernehmen.

Unter dem . Juni 2021 informierte der Beigeladene zu 2. den Antragsteller über das Ergebnis der Auswahlentscheidung und die hierfür maßgeblichen Kriterien. Dagegen hat der Antragsteller am 25. Juni 2021 Widerspruch erhoben und zugleich beim Verwaltungsgericht Göttingen um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, dass die getroffene Auswahlentscheidung auf einer fehlerhaften Beurteilung beruhe. Seine letzte Beurteilung habe sich an eine längere Krankheitsphase angeschlossen. Dass er in keinem der Einzelleistungsmerkmale mit der Note 5 bewertet worden sei, sei allein darauf zurückzuführen, dass er aufgrund seiner Erkrankung keinen Bereitschaftsdienst habe leisten können. Auch sei die Eignungsbewertung nicht schlüssig aus der Leistungsbewertung abgeleitet worden. Zudem seien die der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Beurteilungen nicht mehr aktuell gewesen. Wegen des Umstands, dass sich sein Leistungs- und Befähigungsbild seit der letzten Regelbeurteilung merklich zum Positiven verändert habe, sei eine aktuelle Beurteilung erforderlich gewesen, die ihm Anfang März 2021 auch in Aussicht gestellt worden sei. Seine Aussichten, im Rahmen eines erneuten Auswahlverfahrens ausgewählt zu werden, seien - insbesondere unter Berücksichtigung der bereits angekündigten Anlassbeurteilung - jedenfalls offen.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner mit Beschluss vom 13. September 2021 vorläufig - bis zum Ablauf einer Frist von 2 Wochen nach einer erneuten Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - untersagt, die streitgegenständliche Stelle mit dem Beigeladenen zu 1. zu besetzen, ihn hierin einzuweisen oder in sonstiger Art und Weise hierauf dienstlich zu verwenden. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Auswahlentscheidung rechtswidrig sei, weil bei der Erstellung der herangezogenen Regelbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen zu 1. die maßgebliche Beurteilungsrichtlinie („Konzernbetriebsvereinbarung ‚Mitarbeiterführung‘ bei der Deutschen Bahn“) nicht beachtet worden sei. Nach dieser Richtlinie stelle die Gesamteinschätzung der Mitarbeiterleistung eine zusammenfassende, ganzheitliche Einschätzung der Aufgabenerledigung, der erreichten Ergebnisse und des Arbeitsverhaltens des Mitarbeiters aus der Sicht der Führungskraft dar; dabei seien ggf. veränderte Rahmenbedingungen, organisatorische sowie persönliche Hinderungsgründe für Nichterreichung von Ergebnissen zu berücksichtigen. Eine solche Gesamteinschätzung habe es nicht ergeben. Vielmehr hätten sich die Beurteilungen in der arithmetischen Auszählung der Einzelnoten erschöpft.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde, welcher der Antragsteller entgegentritt.

Der Beigeladene zu 1. hat weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt oder Stellung genommen. Die Beigeladene zu 2. hat sich in beiden Verfahren jeweils zum Vorbringen des Antragstellers geäußert, aber keinen eigenen Antrag gestellt.

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen die Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Sinne.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die zugunsten des Beigeladenen zu 1. getroffene Auswahlentscheidung erweist sich als rechtmäßig und vermag daher den Antragsteller nicht in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch zu verletzen.

1. Auswahlentscheidungen unterliegen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 30.1.2003 - BVerwG 2 A 1.02 -, juris Rn. ; Nds. OVG, Beschluss vom 15..2010 - 5 ME 244/10 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 6.10.2011 - 5 ME 296/ -, juris Rn. 3). Erweist sich die Auswahlentscheidung anhand dieses Maßstabs als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass der jeweilige Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zuge kommt, erscheint eine Auswahl des jeweiligen Antragstellers also jedenfalls möglich (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -, juris Rn. ff.; BVerwG, Urteil vom 4..2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 8.9.2011 - 5 ME 234/ -, juris Rn. 27), hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg. Dabei darf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben (BVerwG, Urteil vom 4..2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 32). Das bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen, sondern eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl vornehmen müssen.

Der im Streitfall zu beachtende rechtliche Rahmen ergibt sich aus Art. 33 Abs. 2 GG, wonach öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden dürfen, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen des Amtes genügen wird. Der Dienstherr darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 19). Dementsprechend darf die Bewerbung des Konkurrenten nur aus Gründen zurückgewiesen werden, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (BVerwG, Urteil vom 4..2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 21; Urteil vom 29..2012 - BVerwG 2 C 6. -, juris Rn. 10).

Dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen (BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - BVerwG 2 C 16.02 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 20.6.2013 - 2 VR 1.13 -, juris Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 10.10.2012 - 5 ME 235/12 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 14..2013 - 5 ME 228/13 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 23.5.2014 - 5 ME 61/14 -), weil für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung auf den aktuellen Stand abzustellen ist.

Die Verwaltungsgerichte haben im Streit über die Auswahl für ein Beförderungsamt auch die der Auswahl zugrunde liegenden dienstlichen Beurteilungen zu überprüfen. Einwendungen gegen eine dienstliche Beurteilung, die als solche kein Verwaltungsakt und deshalb auch nicht der Bestandskraft fähig ist, können unmittelbar in einem Bewerbungsverfahren wie auch in einem gegebenenfalls anschließenden verwaltungsgerichtlichen „Konkurrentenstreit“ geltend gemacht werden. Der Beamte braucht also nicht den Ausgang des isolierten Streites um die Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung abzuwarten. Andererseits ist der Dienstherr nicht verpflichtet, Beförderungsverfahren nur deshalb „auszusetzen“, weil einer der Bewerber eine für die Auswahlentscheidung bedeutsame dienstliche Beurteilung angreift (BVerwG, Urteil vom 18.4.2002 - BVerwG 2 C 19.01 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 10.8.2020 - 5 ME 99/20 -, juris Rn. 20). Erweist sich eine dienstliche Beurteilung, welche Grundlage eines Vergleichs zwischen den Bewerbern um ein Beförderungsamt ist, als fehlerhaft, so hat das Gericht den Dienstherrn in einem etwaigen Hauptsacheverfahren zur Ernennung, jedenfalls aber zur Neubescheidung zu verpflichten, wenn das Ergebnis des Auswahlverfahrens auf der fehlerhaften Grundlage beruhen kann. Dementsprechend ist die Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung bereits im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu beachten, wenn sie Einfluss auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens haben kann (BVerwG, Urteil vom 18.4.2002 - BVerwG 2 C 19.01 -, juris Rn. 16; Beschluss vom 20.1.2004 - BVerwG 2 VR 3.03 -, juris Rn. 10 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 7.1.2020 - 5 ME 153/19 -, juris Rn. 33; Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 10.8.2020 - 5 ME 99/20 -, juris Rn. 20). Aus der gegenseitigen Abhängigkeit der Bewerbungen folgt, dass jeder Bewerber im Stande sein muss, sowohl eigene Benachteiligungen als auch Bevorzugungen eines anderen zu verhindern, die nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Daher kann sich eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs insbesondere aus der Beurteilung eines Mitbewerbers oder aus dem Leistungsvergleich zwischen ihnen ergeben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 -, juris Rn. 13). Der Antragsteller eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Stellenbesetzung kann im Rahmen dieses Verfahrens also auch die dienstliche Beurteilung des ausgewählten Bewerbers angreifen (BVerwG, Urteil vom 4..2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 24). Voraussetzung ist aber, dass sich ein derartiger Verstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken kann. Deren Erfolg muss bei rechtsfehlerfreiem Verlauf zumindest ernsthaft möglich sein (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 -, juris Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 4..2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 24).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen zu 1., auf deren Grundlage die streitgegenständliche Auswahlentscheidung getroffen worden ist, rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des beschließenden Senats, dass dienstliche Beurteilungen nur eingeschränkt überprüfbar sind mit der Folge, dass sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf beschränken muss, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 - BVerwG 2 C 8.78 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 18.6.2009 - BVerwG 2 B 64.08 -, juris Rn. 6; Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 9; Nds. OVG, Beschluss vom 28..2012 - 5 ME 240/12 -, juris Rn. 26). Wenn der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, so sind die Beurteiler aufgrund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzuwendenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden (BVerwG, Beschluss vom 18.6.2009 - BVerwG 2 B 64.08 -, Rn. 6). Das Gericht hat dann auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen - speziell denen der maßgeblichen Laufbahnverordnung - sowie mit sonstigen gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17.12.2003 - BVerwG 2 A 2.03 -, juris Rn. ; Nds. OVG, Beschluss vom 19.10.2009 - 5 ME 175/09 -, juris Rn. 8). Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche und persönliche Beurteilung des Beamten oder Richters durch seinen Dienstvorgesetzten in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 - BVerwG 2 C 8.78 -, juris Rn. 18; Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 9).

b) Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Antragsgegner habe bei der Beurteilung des Antragstellers und des Beigeladenen zu 1. gegen seine eigene Beurteilungsrichtlinie verstoßen (Beschlussabdruck S. 8), hält der beschwerdegerichtlichen Überprüfung nicht stand.

Vorauszuschicken ist zunächst, dass dem Verwaltungsgericht nicht die im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beurteilungen geltende, sondern lediglich eine frühere Fassung der Beurteilungsrichtlinie vorlag, nämlich die „Rahmen-Konzernbetriebsvereinbarung ‚Mitarbeiterführung‘ der G.“ vom 24. August 2011. Maßgeblich ist vielmehr die Beurteilungsrichtlinie in der Fassung vom 27. September 2017. Auch wenn der Wortlaut der Richtlinie in dieser Fassung von dem der früheren Fassung abweicht, wirkt sich dieser Unterschied nicht auf das Ergebnis der beschwerdegerichtlichen Überprüfung aus.

Die Beurteilungen des Antragstellers sowie auch des Beigeladenen zu 1. sind auf der Grundlage des Anhangs 1a (Leitfaden „Mitarbeiterdialog ohne Zielvereinbarung“) der Anlage 1 zur „Konzernbetriebsvereinbarung ‚Mitarbeiterführung‘ der G.“ vom 27. September 2017 (im Folgenden: Beurteilungsrichtlinie) erstellt worden. Ziffer 3.1.2 („Einschätzung Leistungsverhalten“) sieht vor:

„Die Einschätzung des Leistungsverhaltens durch die Führungskraft erfolgt
systematisch auf Basis einheitlicher Leistungskriterien unter Berücksichtigung der Leistungen im Tages- bzw. Regelgeschäft sowie ggf. bei Sonderaufgaben und Projekten.

[…]

Zunächst wird jedes Kriterium einzeln betrachtet und anhand der für die jeweilige Tätigkeit relevanten Verhaltensindikatoren bewertet. Die Einschätzungen sind dem Mitarbeiter anhand von konkreten Beispielen aus dem Arbeitsalltag zu erläutern. Der Mitarbeiter kann seine Sichtweise darstellen und auch mit Beispielen belegen.

Anschließend wird aus den fünf bewerteten Kriterien das Leistungsverhalten gesamt abgeleitet. Diese Einschätzung ist kein mathematischer Wert, sondern wird nach Ermessen der Führungskraft bewertet.

Maßstab für die Bewertung ist wiederum eine fünfstufige Skala.“

Die Skala reicht von 1 („Die Erwartungen hinsichtlich des Verhaltens wurden nicht erfüllt“) bis 5 („Die Erwartungen hinsichtlich des Verhaltens wurden deutlich übertroffen“).

Einen Verstoß gegen diese Vorgaben, insbesondere die nach Ermessen der Führungskraft vorzunehmende Einschätzung des „Leistungsverhaltens gesamt“, vermag der Senat nicht festzustellen.

aa) Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Beigeladene zu 2. habe in ihrem an den Antragsgegner gerichteten Schreiben vom . März 2021 (Stellenbesetzungsvorschlag mit der Bitte um Erteilung des Einvernehmens - BA 001 -) mit den Worten, es lägen „keine mPM-Gesamteinschätzungen“ zu den Bewerbern vor, letztlich selbst eingeräumt, im Rahmen der dienstlichen Beurteilungen keine Gesamteinschätzung vorgenommen zu haben (Beschlussabdruck S. 8 f.), beruht offensichtlich auf einer Fehlannahme. Der Antragsgegner hat diesbezüglich im Zuge des Beschwerdeverfahrens klargestellt, dass sich diese Aussage der Beigeladenen zu 2. lediglich auf das zum 1. Januar 2021 neu eingeführte Personalbeurteilungssystem „mein Performance Management“ bezog. Die Beigeladene zu 2. habe gegenüber dem Antragsgegner zum Ausdruck bringen wollen, dass Beurteilungen nach dem neuen Personalbeurteilungssystem noch nicht zur Verfügung stünden. Der Senat hat an der Richtigkeit dieser Darstellung keine Zweifel.

bb) Auch sonst fehlt es an tragfähigen Anhaltpunkten dafür, dass der Beurteiler die nach Ziffer 3.1.2 der Beurteilungsrichtlinie vorgesehene Gesamteinschätzung des Leistungsverhaltens bei der Bildung des Gesamturteils nicht vorgenommen, sondern stattdessen das jeweilige Gesamturteil rein arithmetisch ermittelt hätte. Das Verwaltungsgericht hat - abgesehen von seiner Bezugnahme auf die vermeintliche Einräumung der fehlenden Gesamteinschätzung durch die Beigeladene zu 2. - keine weiteren Gründe für seine Annahme dargelegt, bei den Beurteilungen wäre es nicht zu einer Gesamteinschätzung des Beurteilers gekommen, sondern dessen Gesamteinschätzung hätte sich in einer „Auszählung der angekreuzten Kästchen“ erschöpft (Beschlussabdruck S. 8). Die Zusammenschau der vorinstanzlichen Entscheidung mit der Hinweisverfügung des Berichterstatters vom 5. August 2021 (Bl. 74 f./GA) deutet darauf hin, dass das Verwaltungsgericht aus dem Fehlen einer gesonderten textlichen/verbalen Begründung auf eine arithmetische Bildung des Gesamturteils geschlossen hat. Weder das Fehlen textlicher Begründungen (aaa)), noch die Gleichgewichtung der Einzelleistungsmerkmale (bbb)) oder der Umstand, dass die beiden Gesamturteile hier zugleich jeweils dem (gerundeten) Mittelwert der Noten für die Einzelleistungsmerkmale entsprechen (ccc)), lassen indes einen solchen Rückschluss zu.

aaa) Der Beurteilungsrichtlinie sind keine näheren Vorgaben dazu zu entnehmen, wie die geforderte Gesamteinschätzung des Leistungsverhaltens darzustellen ist. Insoweit sieht die Beurteilungsrichtlinie eine textliche Begründung nicht vor. Eine solche war auch nicht zur Plausibilisierung erforderlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedarf es bei dienstlichen Beurteilungen, die - wie hier - im sog. Ankreuzverfahren erstellt werden, zwar regelmäßig einer gesonderten Begründung des Gesamturteils, um erkennbar zu machen, wie es aus den Einzelbegründungen hergeleitet worden ist (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 13.14 -, juris Rn. 31; Urteil vom 2.3.2017 - BVerwG 2 C 21.16 -, juris Rn. 58 ff.). Die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil sind jedoch umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note - vergleichbar einer „Ermessensreduzierung auf Null“ - geradezu aufdrängt (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 13.14 -, juris Rn. 31; Urteil vom 2.3.2017 - BVerwG 2 C 21.16 -, juris Rn. 64). Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner jüngeren Rechtsprechung auch eine rein rechnerische Ermittlung des Gesamturteils jedenfalls dann für möglich und zulässig erachtet, wenn nur eine geringe Zahl von Einzelmerkmalen vorliegt und die Vorgabe der Gleichgewichtung dieser Einzelmerkmale besteht (BVerwG, Urteil vom 17.9.2020 - BVerwG 2 C 2.20 -, juris Rn. 24 ff.). In diesen Fällen bedarf es einer weiteren Begründung nicht. Dieser Vorteil der Gleichgewichtung der Einzelmerkmale geht allerdings dann wieder verloren, wenn der Dienstherr trotz dieser Vorgabe ausdrücklich die Möglichkeit einer Abweichung des Gesamturteils vom rechnerischen Ergebnis eröffnet (BVerwG, Urteil vom 17.9.2020 - BVerwG 2 C 2.20 -, juris Rn. 27). Sofern eine Begründung des Gesamturteils erforderlich ist, kann diese im gerichtlichen Verfahren nicht mehr nachgeholt werden (BVerwG, Urteil vom 2.3.2017 - BVerwG 2 C 21.16 -, juris Rn. 73 ff.).

Gemessen an diesen Vorgaben liegt ein Begründungs- oder Plausibilisierungsmangel des Gesamturteils der Beurteilungen nicht vor. Eine textliche Begründung der Gesamturteile der streitgegenständlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen zu 1. war entbehrlich. Zwar kam eine rein arithmetische Bildung des Gesamturteils wegen der in der Beurteilungsrichtlinie enthaltenen Vorgabe, dass die Gesamteinschätzung kein mathematischer Wert, sondern nach Ermessen der Führungskraft zu bewerten ist, nicht in Betracht. Es lag jedoch ein Fall vor, in welchem sich jeweils das Gesamturteil 4 („übertrifft insgesamt die Erwartungen“) vergleichbar einer „Ermessensreduzierung auf Null“ geradezu aufdrängte. Beide Beurteilungen boten ein in diese Richtung weisendes Leistungsbild, denn der Antragsteller war in Bezug auf alle fünf Einzelleistungsmerkmale und der Beigeladene zu 1. in Bezug auf vier von fünf Einzelleistungsmerkmalen mit der Note 4 bewertet worden.

bbb) Eine Gleichgewichtung der Einzelleistungsmerkmale, die zwar nicht durch die Beurteilungsrichtlinie vorgegeben war, aber - was in Anbetracht der geringen Anzahl von nur fünf Einzelmerkmalen und deren Bedeutungsgehalt auch plausibel ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.9.2020 - BVerwG 2 C 2.20 -, juris Rn. 26) - nach Darlegung der Beigeladenen zu 2. der ständigen Beurteilungspraxis im Rahmen des alten Beurteilungssystems entsprach (vgl. E-Mail vom . Oktober 2021 [Anlage zur Beschwerdebegründung, Bl. 149/GA]), steht nicht im Widerspruch zu einer Gesamteinschätzung der Mitarbeiterleistung, wie sie hier nach der Beurteilungsrichtlinie vorgeschrieben war. Dem Erfordernis einer nach Ermessen der Führungskraft vorzunehmenden Bewertung steht eine gleiche Gewichtung der Einzelleistungsmerkmale nicht notwendigerweise entgegen. Der insoweit gegenteiligen Auffassung des Verwaltungsgerichts und des von ihm in Bezug genommenen Verwaltungsgerichts Bremen (Beschluss vom 18.7.2019 - 6 V 784/19 -, juris Rn. 12) vermag der Senat nicht zu folgen. Entscheidend ist allein, dass noch Raum für eine Gesamtwürdigung verbleibt, die es der oder dem Beurteilenden ermöglicht, im Einzelfall ein vom rechnerischen Ergebnis der Einzelbewertungen abweichendes Gesamturteil zu vergeben. Dies ist bei der Vorgabe einer gleichen Gewichtung der Einzelleistungsmerkmale ebenso denkbar wie bei einer unterschiedlichen Gewichtung (OVG NRW, Beschluss vom 05.09.2019 - 6 B 852/19 -, juris Rn. 89 ff.; Beschluss vom 29.10.2019 - 6 A 3974/18 -, juris Rn. 52 ff.). Auch dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. September 2020 (- BVerwG 2 C 2.20 -, juris) lag ein Fall zugrunde, in dem die Beurteilungsrichtlinie (Ziff. 8.1 Abs. 2 und Abs. 3 der Neufassung der Richtlinie für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Bereich der Polizei vom 14. Mai 2020 [BRL POL NRW 2020]) einerseits eine Gleichgewichtung der Einzelmerkmale vorgab, andererseits aber im Rahmen der vorzunehmenden wertenden Gesamtbetrachtung ein vom rechnerischen Ergebnis abweichendes Gesamturteil zuließ.

ccc) Dass die Gesamturteile in den Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen zu 1. jeweils auch dem (gerundeten) arithmetischen Mittel der Noten der Einzelleistungsmerkmale entsprechen, rechtfertigt für sich nicht die Annahme, dass die Gesamturteile entgegen der Beurteilungsrichtlinie rein rechnerisch hergeleitet worden seien. Der Senat teilt die diesbezügliche Auffassung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (Beschluss vom 21.12.2018 - 2 EO 547/17 -, juris Rn. 60), dass in Fällen, in denen die Bewertungen in allen Bereichen in einem bestimmten Notenbereich liegen, bereits eine gewisse Tendenz zu einer Gesamtbewertung mit einer bestimmten Note vorgezeichnet ist und aus diesem Grund die Vergabe einer Gesamtnote, die dem arithmetischen Mittel der Einzelnoten entspricht, noch nicht darauf schließen lässt, dass die Gesamtnote rein arithmetisch ermittelt worden sei.

c) Da der Senat nach dem Vorstehenden nicht von einer rein arithmetischen Bildung der Gesamturteile der streitgegenständlichen Beurteilungen ausgeht, greift der Einwand des Antragstellers nicht durch, es fehle hierfür an einer erforderlichen Rechtsgrundlage. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die grundlegenden Vorgaben für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen - darunter diejenigen zur Bildung des Gesamturteils unter Würdigung aller Einzelmerkmale - nicht allein Verwaltungsvorschriften überlassen bleiben können, sondern derart wesentlich sind, dass sie generell in Rechtsnormen zu regeln sind (BVerwG, Urteil vom 9.9.2021 - BVerwG 2 A 3.20 -, juris Rn. 14; Urteil vom 7.7.2021 - BVerwG 2 C 2.21 -, juris Rn. 32 ff.). Für die hier zu überprüfende Auswahlentscheidung und die ihr zugrunde liegenden Beurteilungen hat dies jedoch keine Konsequenzen, da das Bundesverwaltungsgericht zugleich entschieden hat, dass der bisherige Zustand für einen Übergangszeitraum hinzunehmen ist (BVerwG, Urteil vom 9.9.2021 - BVerwG 2 C 2.21 -, juris Rn. 15; Urteil vom 7.7.2021 - BVerwG 2 C 2.21 -, juris Rn. 24).

d) Der Beigeladene zu 2. konnte die Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen zu 1. mit Blick auf ihre Aktualität seiner Auswahlentscheidung zugrunde legen.

Unter welchen Voraussetzungen zurückliegende Beurteilungen noch eine hinreichend verlässliche Grundlage für eine Auswahlentscheidung darstellen, lässt sich nicht generell, sondern nur unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten (Nds. OVG, Beschluss vom 18.12.2008 - 5 ME 353/08 -, juris Rn. 15; Beschluss vom 21.9.2011 - 5 ME 241/ -, juris Rn. 10). Dabei können diese Umstände eine Anlassbeurteilung sogar dann gebieten, wenn die einschlägigen Beurteilungsrichtlinien eine solche Beurteilung grundsätzlich nicht vorsehen (Nds. OVG, Beschluss vom 21.9.2011 - 5 ME 241/ -, juris Rn. 10). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Beamte nach dem Beurteilungsstichtag der letzten Regelbeurteilung während eines erheblichen Zeitraums wesentlich andere Aufgaben wahrgenommen hat (BVerwG, Urteil vom 9.5.2019 - 2 C 1.18 -, juris Rn. 37 ff.) oder wenn in Bezug auf seine dienstliche Verwendung seitdem einschneidende Veränderungen aufgetreten sind (Nds. OVG, Beschluss vom 21.9.2011 - 5 ME 241/ -, juris Rn. 10; Beschluss vom 16.10.2020 - 5 ME 117/20 -). Liegen keine besonderen Umstände vor, so ist eine Regelbeurteilung grundsätzlich noch hinreichend aktuell, wenn der Beurteilungsstichtag höchstens drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Auswahlentscheidung liegt (BVerwG, Urteil vom 9.5.2019 - 2 C 1.18 -, juris Rn. 34).

Danach war im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung im März 2021 ein Leistungsvergleich auf der Basis der letzten Regelbeurteilungen des Antragstellers vom 4. Juni 2020 sowie des Beigeladenen zu 1. vom 12. Dezember 2019 möglich. Beide Beurteilungen waren hinreichend aktuell. Insbesondere bedurfte es keiner Anlassbeurteilung des Antragstellers aufgrund einer von ihm geltend gemachten positiven Entwicklung seines Leistungs- und Befähigungsbildes seit seiner letzten Beurteilung (Antragsschrift, S. 4 [Bl. 10/GA]). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Regelbeurteilung vom 4. Juni 2020 das Leistungsbild des Antragstellers im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung - d. h. etwa ein dreiviertel Jahr später - aufgrund besonderer Umstände wie etwa der Übernahme höherwertiger Aufgaben nicht mehr verlässlich widergespiegelt hätte. In diesem Zusammenhang ist das Vorbringen des Antragstellers widersprüchlich. So hat er im Beschwerdeverfahren nunmehr vorgetragen, die (ihm nicht eröffnete) Beurteilung vom 16. April 2021 (Beurteilungszeitraum vom 1.1. - 31.12.2020) sei aufgrund seiner Erkrankung nicht verwertbar, weil er im Jahr 2020 ganz überwiegend keinen Dienst geleistet habe und seit dem 10. Juni 2020 nach einer Wirbelsäulenoperation dienstunfähig gewesen sei (Schriftsatz vom 9. Mai 2022, S. 2 [Bl. 187/GA]). Weiter macht er geltend, dass für den Beurteilungszeitraum des Jahres 2020 ausreichende Erkenntnisse über sein Leistungs- und Befähigungsbild fehlten. Inwiefern es in Anbetracht dessen bei ihm zu der behaupteten merklichen Leistungssteigerung gekommen sein soll, ist weder dargelegt noch ersichtlich.

e) Der Einwand des Antragstellers, das Gesamturteil oder die Noten der Einzelleistungsmerkmale in seiner dienstlichen Beurteilung vom 4. Juni 2020 beruhten auf sachfremden Erwägungen, greift nicht durch. Für die seitens des Antragsgegners bestrittene Behauptung des Antragstellers, dass er im Rahmen der Regelbeurteilung vom 4. Juni 2020 nur deshalb nicht ebenfalls in einem Einzelleistungsmerkmal - insbesondere dem der erfolgreichen Zusammenarbeit - mit der Bestnote 5 bewertet worden sei, weil er zuvor aus gesundheitlichen Gründen keinen Bereitschaftsdienst habe leisten können (Antragsschrift, S. 2 und 4 [Bl. 8 u. 10/GA]), gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

f) Schließlich teilt der Senat auch nicht die Auffassung des Antragstellers, dass es den dienstlichen Beurteilungen an der erforderlichen Aussagekraft fehle, weil die Einzellei-
stungsmerkmale zu vage und zu allgemein gehalten seien (Schriftsatz vom 6.9.2021, S. 2 f. [Bl. 91 f./GA]). Der Antragsteller bezieht sich zur Begründung auf eine Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts, wonach eine dienstliche Beurteilung die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen müsse, um als Vergleichsgrundlage geeignet zu sein (Schl.-H. OVG, Beschluss vom 30.8.2017 - B 32/17 -, juris Rn. 21). Indes hat weder der Antragsteller dargelegt noch ist anderweitig für den Senat ersichtlich, inwiefern die dienstliche Beurteilung des Antragstellers diesen Vorgaben nicht genügen soll. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen zu 1. deren Leistungen im innegehabten - technisch geprägten - Amt nicht differenziert genug abbildet, um als Vergleichsgrundlage dienen zu können. Neben den fünf bewerteten Einzelleistungsmerkmalen werden in der Beurteilung auch die wesentlichen Arbeitsergebnisse bzw. Aufgaben im Beurteilungszeitraum benannt. Den Beurteilungen liegt auch der gleiche Bewertungsmaßstab zugrunde. Dem abschließenden Gesamturteil ist als Ausdruck des Laufbahnprinzips zudem die Prognose immanent, dass der jeweils Beurteilte auch den Anforderungen des nächsthöheren Statusamtes gewachsen sein wird. Denn ein Beamter wird aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind (BVerwG, Beschluss vom 25.10.2011 - BVerwG 2 VR 4. -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschluss vom 25.2.2016 - 5 ME 217/15 -, juris Rn. 12).

3. Die Beigeladene zu 2. durfte den Beigeladenen zu 1. im Rahmen des Leistungsvergleichs mit dem Antragsteller als den besser geeigneten Bewerber auswählen.

a) Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 21). Ist aufgrund der aktuellen Beurteilungen von einer im Wesentlichen gleichen Beurteilung auszugehen, ist für die Auswahlentscheidung (zunächst) auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.8.2003 - BVerwG 2 C 14.02 -, juris Rn. 22 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 27.5.2005 - 5 ME 57/05 -, juris Rn. 20), ehe die Heranziehung nicht leistungsbezogener Hilfskriterien in Betracht kommt. Sofern Bewerber in der aktuellen dienstlichen Beurteilung mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden sind, hat der Dienstherr (als weiteres unmittelbar leistungsbezogenes Kriterium) zunächst die aktuellen Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (BVerwG, Beschluss vom 19.12.2014 - BVerwG 2 VR 1.14 -, juris Rn. 35; Nds. OVG, Beschluss vom 21.12.2016 - 5 ME 151/16 -, juris Rn. 19). Sind die Bewerber auch nach der umfassenden inhaltlichen Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen („ausschärfende Betrachtung“) als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann die zuständige Behörde auf andere leistungsbezogene Gesichtspunkte - wie etwa die Vorbeurteilung - abstellen (Nds. OVG, Beschluss vom 28.5.2018 - 5 ME 46/18 -, juris Rn. 13; Beschluss vom 27..2019 - 5 ME 158/19 -; Beschluss vom 19.7.2022 - 5 ME 55/22 -).

b) Gemessen an diesen Vorgaben ist die Auswahl des Beigeladenen zu 1. nicht zu beanstanden. Der Antragsteller und der Beigeladene zu 1. waren, da ihre dienstlichen Beurteilungen das gleiche Gesamturteil aufwiesen, im Wesentlichen gleich beurteilt. Aufgrund bedurfte es einer ausschärfenden Betrachtung der Beurteilungen. Diese ergab bei gleicher Gewichtung der Einzelleistungsmerkmale einen Leistungsvorsprung des Beigeladenen zu 1.. Dieser hatte in einem der fünf Einzelleistungsmerkmale die Note 5 (und damit die höchstmögliche Notenstufe) und in allen Übrigen die Note 4 erhalten, während der Antragsteller in allen fünf Einzelleistungsmerkmalen mit der Note 4 bewertet wurde. Auf dieser Grundlage durfte die Beigeladene zu 2. den Beigeladenen zu 1. als den besser geeigneten Bewerber auswählen, weil der Bewertung der Einzelnoten, die jeweils aufgrund wertender Einschätzung der Beurteiler zustande gekommen sind, für die Differenzierung nach dem Leistungsgrundsatz im Rahmen der ausschärfenden Betrachtung gerade Aussagekraft zukommt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 21.12.2016 - 5 ME 151/16 -, juris Rn. 21).

c) Eine darüber hinausgehende, weitere Ausschärfung durch Feststellung des jeweiligen Ausprägungsgrads der Noten der einzelnen Leistungsmerkmale beim Antragsteller einerseits und beim Beigeladenen zu 1. andererseits, wie sie das Verwaltungsgericht für geboten gehalten hat (Beschlussabdruck S. 10), war weder erforderlich noch möglich. Eine solche weitere Ausschärfung ist nach den betreffenden Beurteilungen (und der zugrunde liegenden Beurteilungsrichtlinie) schon nicht möglich, denn die Vergabe von Zwischennoten oder die Angabe von Leistungstendenzen wie in anderen Fällen (etwa mit der Umschreibung „oberer“, „mittlerer“ oder „unterer“ Bereich einer bestimmten Notenstufe) sieht die Beurteilungsrichtlinie und dementsprechend der Beurteilungsbogen nicht vor. Infolgedessen enthalten die betreffenden Beurteilungen keine Aussagen hierzu. Ebenso wenig enthalten die dienstlichen Beurteilungen verbale Begründungen, die im Rahmen einer ausschärfenden Betrachtung hätten ausgewertet werden können. Nach Darstellung des Antragsgegners entspricht es seiner Praxis, im Falle eines - hier nicht gegebenen - Leistungsgleichstands auch hinsichtlich der Noten aller fünf Einzelmerkmale als nächstes auf die Vorbeurteilungen zurückzugreifen (BB, S. 7 [Bl. 147/GA]). Dies ist nach dem oben Gesagten nicht zu beanstanden.

d) Einer (dokumentierten) Bewertung im Rahmen des Auswahlverfahrens, dass aufgrund der Umstände des Einzelfalls von einer Gleichwertigkeit der Einzelnoten auszugehen sei, bedurfte es nicht (entgegen VG Bremen, Beschluss vom 18.7.2019 - 6 V 784/19 -, juris Rn. 12) . Die ausschärfende Betrachtung der Beurteilungen ist hier hinreichend plausibel. Zum Aspekt der Gewichtung von Einzelmerkmalen im Rahmen der ausschärfenden Betrachtung hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 25. Februar 2016 (- 5 ME 217/15 -, juris Rn. 15 f.) ausgeführt:

„Die Antragsgegnerin war auch nicht gehalten, die Einzelmerkmale zu gewichten. Wie die einzelnen Auswahlkriterien zu gewichten sind, gibt Art. 33 Abs. 2 GG nicht unmittelbar vor. Im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens ist es daher Sache des Dienstherrn, festzulegen, welches Gewicht er den einzelnen Merkmalen beimessen will (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.9.2015, a. a. O., Rn. 26). Das dem Dienstherrn zustehende Organisations- und Auswahlermessen beim Rückgriff auf Einzelmerkmale einer dienstlichen Beurteilung ist nur daraufhin überprüfbar, ob die Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (OVG NRW, Beschluss vom 8..2004 - 1 B 1387/04 -, juris Rn. 28). Es liegt im Auswahlermessen des Dienstherrn, welche Einzelmerkmale einer dienstlichen Beurteilung er überhaupt oder in besonderem Maße zur Bewertung der Eignung der Bewerber für das Beförderungsamt heranzieht (OVG NRW, Beschluss vom 8..2004, a. a. O., Rn. 26). Eine Pflicht, alle Einzelmerkmale gleich zu gewichten und sie dann im Wege des Notenstufenvergleichs gegeneinander aufzusummieren, besteht für den Dienstherrn ebenso wenig wie die Verpflichtung zu einer bestimmten Gewichtung einzelner Merkmale, wenn dies die gleichmäßig anzuwendenden Beurteilungsrichtlinien nicht vorsehen (OVG NRW, Beschluss vom 8..2004, a. a. O., Rn. 28; vgl. auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 10.9.2013 - 2 B 10781/13 -, juris Rn. 23).

Hieraus folgt, dass der Dienstherr nicht gehindert ist, alle Einzelmerkmale gleich zu gewichten. Gemäß Nr. 4 a) 3. Spiegelstrich der hier maßgeblichen Beförderungsrichtlinien für die bei der H. beschäftigten Beamtinnen und Beamten vom 1. September 2014 (BA 001) sind bei einem Qualifikationsgleichstand die Bewertungen der einzelnen Beurteilungsmerkmale der Beurteilung heranzuziehen. Demnach steht die Vorgehensweise der Antragsgegnerin, alle Einzelmerkmale gleich zu gewichten und bei Vorliegen bereits eines um eine Stufe besser bewerteten Einzelmerkmals einen Leistungsvorsprung anzunehmen, auch im Einklang mit den Beförderungsrichtlinien. Zu keiner anderen Einschätzung führt der vom Verwaltungsgericht zitierte Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. November 2013 (- OVG 4 S 39.13 -, juris). Nach dieser Entscheidung muss nachvollziehbar sein, weshalb der Dienstherr bei einem Gleichstand der Gesamturteile der dienstlichen Beurteilungen einzelne Merkmale als ausschlaggebend herangezogen hat (a. a. O., Rn. ). Hier hat die Antragsgegnerin aber nicht bestimmten Einzelmerkmalen ein besonderes Gewicht beigemessen, so dass auch kein Bedürfnis besteht, eine Gewichtung transparent zu machen.“

Hieran hält der Senat fest.

Einer Begründung der seitens der Beigeladenen zu 2. vorgenommenen Gleichgewichtung der Einzelmerkmale bedurfte es demnach gerade nicht. Im Gegenteil hätte es einer gesonderten Begründung dann bedurft, wenn die Beigeladene zu 2. bestimmten Einzelleistungsmerkmalen im Rahmen der Ausschärfung ein besonderes Gewicht beigemessen hätte, was hier aber nicht der Fall war.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der beiden Beigeladenen beruht die Entscheidung auf § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil sie keinen eigenen Antrag gestellt und sich insofern keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG. Der Streitwert für den zweiten Rechtszug beträgt demnach die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen. Auszugehen ist insoweit von den im Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszuges (hier: 22.9.2021) maßgeblichen Bezügen für Bahnbeamte in der höchsten Stufe der Besoldungsgruppe A 9 in Höhe von 3.799,32 EUR monatlich. Dementsprechend errechnet sich ein Streitwert in Höhe von 22.795,92 EUR. Eine Halbierung für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes findet nicht statt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16.5.2013 - 5 ME 92/13 -, juris Rn. 28; Beschluss vom 20.4.2022 - 5 ME 152/21 -, juris Rn. 14).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).