Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.07.2022, Az.: 1 LB 36/21
Adressat; Baufreiheit; Baugenehmigung; Einvernehmen; Erhaltungssatzung; Passivlegitimation; Prozessstandschaft; Rückbau
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 07.07.2022
- Aktenzeichen
- 1 LB 36/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 59908
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 30.06.2020 - AZ: 4 A 4739/16
Rechtsgrundlagen
- § 172 Abs 1 Nr 2 BauGB
- § 172 Abs 3 S 2 BauGB
- § 173 Abs 1 S 2 BauGB
- § 52 Abs 1 BauO ND
- § 52 Abs 2 S 7 BauO ND
- § 70 Abs 6 BauO ND
- § 42 Abs 2 VwGO
- § 265 Abs 2 ZPO
Fundstellen
- BauR 2022, 1484-1487
- DÖV 2022, 874
- NVwZ-RR 2022, 980-984
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Nach Fertigstellung des Vorhabens ist die Baugenehmigung demjenigen zu erteilen, bei dem die Verfügungsgewalt über den Genehmigungsgegenstand liegt.
Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist im Verpflichtungsklageprozess ausgeschlossen.
Ein Parteibeitritt im Berufungsverfahren ist zulässig, wenn dieser sachdienlich ist.
Die Erteilung einer Baugenehmigung bedarf nicht mehr eines nach § 173 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB erforderlichen Einvernehmens der Gemeinde hinsichtlich des Rückbaus eines Vorgängerbebauung, wenn diese zum Genehmigungszeitpunkt bereits entfallen ist. Dies gilt auch dann, wenn der Bauherr sie rechtswidrig beseitigt hat.
Tenor:
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 30. Juni 2020 wird geändert:
Die Klage der Klägerin zu 1. wird abgewiesen.
Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern zu 2. und 3. eine Baugenehmigung entsprechend dem Bauantrag vom 28. August 2012 und 8. Oktober 2015 für das Grundstück M-Straße, M-Stadt zu erteilen.
Die Klägerin zu 1. trägt die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 10. in erster Instanz sind erstattungsfähig, die außergerichtlichen Kosten der übrigen Beigeladenen nicht.
Von den Kosten im zweiten Rechtszug tragen die Beigeladene zu 10. und die Klägerin zu 1. die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Beklagten je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 2. und 3. trägt die Beigeladene zu 10. Die Klägerin zu 1. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3. bis 10. sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Erteilung einer Baugenehmigung zur Herstellung von Ferienwohnungen. Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Klage, die Vereinbarkeit des Vorhabens mit einem Bebauungsplan der Beigeladenen zu 10. - der Berufungsklägerin - und die Auswirkungen einer Erhaltungssatzung.
Die Klägerin zu 1. war ursprünglich Eigentümerin des zunächst mit einem Beherbergungsbetrieb bebauten Vorhabengrundstücks M-Straße, M-Stadt (Flurstück S., Flur 14, Gemarkung M-Stadt). Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. 36; zum Zeitpunkt des Bauantrags galt die Fassung von dessen 2. Änderung. Diese sah für das Vorhabengrundstück ein sonstiges Sondergebiet SO1 „Kurgebiet/Gebiet für Fremdenbeherbergung“ vor, in dem allgemein zulässig u.a. Betriebe des Beherbergungsgewerbes waren, ausnahmsweise zulässig u.a. sonstige Wohnungen „entsprechend der festgesetzten Anzahl der Wohneinheiten“. Die Zahl der Wohnungen je Gebäude war auf 2 begrenzt. Ferner liegt das Grundstück im Geltungsbereich der Erhaltungssatzung Nr. 10 der Beigeladenen zu 10. i.d.F. der 1. Änderung vom 21. September 1987 mit den Zielen des Erhalts ortsbildprägender Anlagen und der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung. Die Erhaltungssatzung stellt den Abbruch, den Umbau und die Änderung sowie Nutzungsänderungen und die Neuerrichtung baulicher Anlagen unter Genehmigungsvorbehalt.
Unter dem 28. August 2012 beantragte die Klägerin zu 1. die Erteilung einer Baugenehmigung für ein als „Umbau eines Beherbergungsbetriebes mit Nebengebäude“ bezeichnetes Vorhaben. Tatsächlich stellt sich das Vorhaben als Ersetzung eines Teils des auf dem Grundstück vorhandenen Baubestands durch einen Neubau mit vier selbständig nutzbaren, mit Küchen bzw. Kochgelegenheiten versehenen Ferienwohnungen dar. Am 5. Dezember 2012 erteilte der Beklagte die Baugenehmigung unter Hinweis darauf, dass der Abbruch keiner Baugenehmigung, aber einer Genehmigung der Beigeladenen zu 10. nach § 172 BauGB bedürfe. Die dann zunächst ohne eine solche Genehmigung begonnenen Abbrucharbeiten unterband der Beklagte am 11. Dezember 2012 durch Stilllegungsverfügung, hob diese aber am 15. Mai 2013 wieder auf, nachdem die Beigeladene zu 10. über einen bei ihr am 24. Januar 2013 isoliert gestellten Antrag auf Erteilung einer „Abbruchgenehmigung“ nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 22 Abs. 5 Sätze 3, 4 BauGB entschieden hatte. Auf eine Klage der Beigeladenen zu 10. hob das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 7. Mai 2015 (4 A 5371/13) die Baugenehmigung vom 5. Dezember 2012 unter Verweis darauf auf, dass bei Erteilung das erforderliche gemeindliche Einvernehmen nach § 173 Abs. 1 Satz 2 BauGB nicht vorgelegen habe. Im Zuge des - erfolglosen - Rechtsmittelverfahrens (1 LA 90/15) versagte die Beigeladene zu 10. ausdrücklich das Einvernehmen unter Berufung auf ihr Interesse am Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (Erhalt von Dauerwohnraum).
Bereits zuvor, zwischen dem 28. Mai 2014 und dem 18. Juni 2015, hatte die Klägerin zu 1. das Baugrundstück an die Kläger zu 2. und 3. sowie die Beigeladenen zu 3. bis 9. veräußert und spätestens Anfang 2015 die Bauarbeiten am Vorhaben abgeschlossen. Die Vermietung der Wohnungen wurde unmittelbar nach der Veräußerung aufgenommen. Im Oktober 2015 beantragte die Klägerin zu 1. die Fortsetzung des 2012 eingeleiteten Baugenehmigungsverfahrens.
Am 11. August 2016 trat die 5. Änderung des Bebauungsplans Nr. 36 in Kraft. Für den streitgegenständlichen Bereich südlich der Hindenburgstraße sind (unverändert) das Sondergebiet SO1 mit der Zweckbestimmung „Kurgebiet/Gebiet für Fremdenbeherbergung“ sowie die Begrenzung auf zwei Vollgeschosse, Einzelhäuser in offener Bauweise, eine Grundflächenzahl von 0,2, eine Geschossflächenzahl von 0,5 und eine Mindestgrundstücksgröße von 600 m² festgesetzt. Hierzu heißt es in der textlichen Festsetzung Nr. 2 (Hervorhebung durch den Senat):
„In den sonstigen Sondergebieten SO1, SO2 und SO3 gemäß § 11 BauNVO mit der Zweckbestimmung „Kurgebiet/Gebiet für Fremdenbeherbergung“
-sind zulässig:
- Kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes in der Form des Vermietens von Zimmern, Appartements, Suiten jeweils ohne Küchen oder Kochgelegenheiten. Abstellräume jedweder Art sind unzulässig. Alle Unterkünfte müssen ganzjährig einem wechselnden Personenkreis zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung stehen.
- Je festgesetzter Mindestgröße der Baugrundstücke nur ein kleiner Betrieb des Beherbergungsgewerbes. Nur bei doppelter und mehrfacher Mindestgröße der Baugrundstücke ist auch dementsprechend eine doppelte und mehrfache Anzahl von kleinen Betrieben zulässig. Zwischenlösungen sind unzulässig.
- zwei Dauerwohnungen (Wohnungen für Personen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Insel haben), in einem Wohngebäude und einem gemischt genutzten Gebäude je festgesetzter Mindestgröße des Baugrundstücks. Nur bei doppelter oder mehrfacher Mindestgröße der Baugrundstücke ist auch dementsprechend eine doppelte und mehrfache Anzahl von Dauerwohnungen zulässig. Zwischenlösungen sind unzulässig.
- Ferienwohnungen in Dauerwohnungen umzuwandeln.
- Neubauten, wenn Gebäude durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse, die nicht durch menschliches Eingreifen entstanden sind, vollständig zerstört worden sind. Nur dann darf in dem Neubau wieder die bestandene Anzahl an Wohnungen des zerstörten Gebäudes neu errichtet werden. Den Nachweis der Anzahl dieser Wohnungen vor dem Totalschaden hat der Eigentümer (Bauherr) zu führen.
- der am Stichtag 21.06.2016 nachweislich vorhandene Bestand an Ferienwohnungen, soweit die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen erfüllt sind.
- die Erweiterung und Änderung der vorgenannten vorhandenen Ferienwohnungen.
- Ferienwohnungen in Dauerwohnungen umzuwandeln.
- im SO1, SO2 und SO3 sind ausnahmsweise zulässig:
- Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke
- Räume für freie Berufe (…)
-Im SO1, SO2 und SO3 sind unzulässig:
- Kleine Beherbergungsbetriebe in Form des Vermietens von Apartments und Ferienwohnungen, die eine, wenn auch nur vorübergehende, unabhängige Gestaltung eines häuslichen Wirkungskreises erlauben
- Ferienwohnungen und Zweitwohnungen
- Dauerwohnungen in Ferienwohnungen und Zweitwohnungen umzuwandeln,
- Windenergieanlagen (§ 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB)
Einen gegen die Änderung gerichteten Normenkontrollantrag (1 KN 158/16) der Klägerin zu 1. verwarf der Senat, da die Klägerin zu 1. sich nach Übertragung ihres Eigentums nicht mehr auf abwägungserhebliche Belange berufen könne.
Auf die am 15. September 2016 erhobene Untätigkeitsklage der Klägerin zu 1. mit den Anträgen,
[ihr] die Baugenehmigung gemäß Antrag vom 28. August 2012 und 8. Oktober 2015 für das Grundstück M-Straße, M-Stadt zu erteilen,
hilfsweise,
die begehrte Baugenehmigung an die Beigeladenen zu 2. bis 7 [nunmehr Kläger zu 2. und 3. sowie Beigeladene zu 3. bis 9.] zu erteilen,
hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, dieser die begehrte Baugenehmigung zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig. Einem Anspruch der Klägerin zu 1. auf Erteilung der Baugenehmigung stehe der Verlust des Eigentums am Baugrundstück nicht entgegen. Die Ausführungen des Senats zur Antragsbefugnis im Normenkontrollverfahren seien auf das Baugenehmigungs- bzw. Verpflichtungsklageverfahren nicht übertragbar. Einen Bauantrag könne auch der Nichteigentümer stellen; der Anspruch auf dessen gesetzeskonforme Bescheidung ergebe sich aus der allgemeinen Handlungsfreiheit. Der Anspruch auf Legalisierung eines Vorhabens gehe auch nicht durch die Fertigstellung des Bauvorhabens unter. Auch das Sachbescheidungsinteresse fehle nicht, da auch die neuen Eigentümer des Vorhabens dessen Legalisierung wünschten. Ein Bauherrenwechsel sei hier nicht angezeigt worden und habe nicht stattgefunden. Welche zivilrechtlichen Vertragsverhältnisse zwischen der Klägerin zu 1. und den neuen Eigentümern anzunehmen seien, könne daher dahinstehen.
Die Klage sei auch begründet. Die Klägerin zu 1. habe einen Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung. Das Vorhaben sei insbesondere mit dem Bebauungsplan Nr. 36 der Beigeladenen zu 10. in der Fassung seiner 5. Änderung vereinbar. Es falle unter die Stichtagsregelung, da es am 21. Juni 2016 fertiggestellt gewesen sei und die zur Genehmigung gestellten vier Ferienwohnungen - zwei weitere Ferienwohnungen im Bestandsgebäude auf dem Grundstück seien nicht Genehmigungsgegenstand - in Nutzung genommen worden seien. Dass das Vorhaben zum Stichtag nicht über eine bestandskräftige Baugenehmigung verfügt habe, stehe der Anwendung der Stichtagsregelung nicht entgegen, denn die Bedingung „soweit die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen erfüllt sind“ betreffe nicht das in der NBauO enthaltene Genehmigungserfordernis; vielmehr solle die Regelung gerade Vorhaben erfassen, die keinen Bestandsschutz genössen. Eine von der Beigeladenen zu 10. geltend gemachte Absicht, nur Vorhaben zu privilegieren, die auf eine genehmigte Bausubstanz verweisen könnten und in denen lediglich die Umnutzung zu Ferienwohnungen ungenehmigt sei, finde weder in der Regelung selbst noch in der Begründung eine Stütze. Zudem werde die aktuelle Nutzung in der Bestandserfassung der Beigeladenen zu 10. aufgeführt.
Die Erhaltungssatzung stehe der Genehmigungserteilung ebenfalls nicht entgegen. Zwar sei die Erhaltungssatzung wirksam und die Genehmigung des Neubaus setze das gemeindliche Einvernehmen voraus; dieses werde aber durch die gerichtliche Entscheidung ersetzt, da Versagungsgründe nicht erkennbar seien. Die Errichtung baulicher Anlagen könne nur nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, d.h. zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets auf Grund seiner städtebaulichen Gestalt unter Genehmigungs- bzw. Einvernehmensvorbehalt gestellt werden, nicht dagegen zum Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung i.S.d. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB. Dass das Vorhaben die städtebauliche Eigenart des Gebiets in Frage stellen könnte, sei nicht ersichtlich. Die Ziele der Erhaltungssatzung könnten dem Neubau auch deshalb nicht entgegengehalten werden, weil diese im Lichte des deutlich jüngeren Bebauungsplans ausgelegt werden müssten, der das Vorhaben zulasse. Die Beseitigung des Altbestands, dessen Ablehnung ggf. auch auf das Ziel des Erhalts der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung hätte gestützt werden können, sei nicht Gegenstand der begehrten Baugenehmigung; das sei schon in der 2012 erteilten Genehmigung klargestellt worden. Der Abriss habe auch deshalb nicht Gegenstand des Bauantrags - jedenfalls in Gestalt des Antrags auf Wiederaufnahme des Genehmigungsverfahrens vom 8. Oktober 2015 - sein können, weil er bereits vollzogen sei. Eine nachträgliche Sanktion eines etwaig rechtswidrigen Abrisses in Gestalt eines „Durchschlagens“ auf das vorliegende Verfahren verbiete sich. Zudem sei hinsichtlich des Abrisses die Genehmigungsfiktion eingetreten. Abbruch und Neuerrichtung seien auch nicht als „Nutzungsänderung“ zusammenzufassen.
Der Senat hat die Berufung gegen dieses Urteil auf Antrag der Beigeladenen zu 10. mit folgender Begründung wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassen:
„Mit plausiblen Gegenargumenten in Frage gestellt hat die Beigeladene den Rechtssatz des Verwaltungsgerichts, ein Bauantragsteller sei auch dann noch möglicher Adressat einer Baugenehmigung, wenn das zur Genehmigung gestellte Bauvorhaben fertiggestellt und der Antragsteller weder Eigentümer noch Verfügungsberechtigter über das Baugrundstück mehr sei. Zwar ist der rechtliche Ansatzpunkt des Verwaltungsgerichts zutreffend, dass bei Bestehen eines Sachbescheidungsinteresses auch der Nichteigentümer eine Baugenehmigung beanspruchen kann (vgl. das vom Verwaltungsgericht zu Recht zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.3.1973 - IV C 49.71 -, BVerwGE 42, 115 = juris Rn. 13). Offen ist allerdings, ob die ursprüngliche Bauherrschaft oder etwaige Vertragsbeziehungen zu den Erwerbern des Vorhabens ein fortbestehendes Sachbescheidungsinteresse an der Erteilung der Baugenehmigung begründen können. Der Verweis des Verwaltungsgerichts auf die (berechtigte) Einleitung des Verfahrens durch die Klägerin und darauf, dass sie dieses nicht zu Ende führen konnte, genügt insoweit nicht; denn das Sachbescheidungsinteresse kann auch im Laufe eines Genehmigungsverfahrens entfallen. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Klägerin könne die Genehmigung beanspruchen, da ihre Verantwortlichkeit als Bauherrin für die Baurechtmäßigkeit des Vorhabens nicht mit dessen Fertigstellung ende (vgl. dazu Wiechert/Sander, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl. 2020, § 52 Rn. 12 m.w.N.), bedarf näherer Prüfung. Liegen oder lagen nämlich die Voraussetzungen für die Erteilung einer Baugenehmigung vor, kann die Klägerin dies auch direkt einem Abrissverlangen entgegenhalten; die durch die Aufhebung der ersten Genehmigung bedingte formelle Baurechtswidrigkeit - die im Übrigen mangels Rückwirkung der Baugenehmigung auch bei deren nachträglicher Erteilung nicht entfiele - rechtfertigt es für sich genommen nicht, gegen die Klägerin als frühere Bauherrin noch bauaufsichtlich einzuschreiten. Auch insoweit ist mithin fraglich, wofür die Klägerin selbst noch eine Baugenehmigung benötigt. Ob die Auffassung des VGH Kassel (Urt. v. 25.6.1982 - IV OE 43/81 -, ESVGH 33, 20), zutrifft, die Erteilung einer Baugenehmigung nur mit Wirkung für und gegen den ehemaligen Bauherrn sei eine im Gesetz nicht vorgesehene Genehmigung sui generis, könnte daher ggf. dahinstehen.
Auf ein aus dem Nutzen der Genehmigung für die Erwerber (die Beigeladenen zu 2. bis 7.) und damit - nach Maßgabe der Vertragsbeziehungen der Klägerin zu diesen - ggf. mittelbar für sie selbst abgeleitetes Sachbescheidungsinteresse hat sich das Verwaltungsgericht explizit nicht tragend berufen. Es wäre auch im Zulassungsverfahren nicht auszuräumenden Zweifeln ausgesetzt. Denn es bedarf näherer Betrachtung, ob eine der Klägerin nach Eigentumsübergang erteilte Baugenehmigung für und gegen die Beigeladenen zu 2. bis 7. wirkte. Aus § 70 Abs. 6 NBauO, nach dem die Baugenehmigung auch für und gegen den Rechtsnachfolger des Bauherrn wirkt, lässt sich diese Rechtsfolge möglicherweise nicht ableiten. Die Vorschrift könnte - gerade weil bei entsprechendem Bauwunsch grundsätzlich auch Nichteigentümer eine Baugenehmigung für sich statt für den Eigentümer erwirken können (vgl. BayVGH Beschl. v. 2.7.1996 - 26 CS 96.1371 - juris Rn. 17-19) - nur auf Fälle der Rechtsnachfolge nach Erteilung der Baugenehmigung anwendbar sein. Der Eintritt der Rechtsnachfolge während des laufenden Baugenehmigungsverfahrens wäre dann gegebenenfalls nach den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsnachfolge im Verwaltungsverfahren durch einen Wechsel des Bauantragstellers zu bewältigen. Eine Anwendung auf Fälle des Eigentumswechsels vor Erteilung der Genehmigung könnte auch problematisch sein, wenn die Genehmigung etwa mit Auflagen verbunden ist (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 25.6.1982 - IV OE 43/81 -, ESVGH 33, 20). Ob die Baugenehmigung durch entsprechende Erklärung des Genehmigungsadressaten übertragbar ist (so offenbar VGH Mannheim, Urt. v. 30.3.1995 - 3 S 1106/94 -, NVwZ-RR 1995, 562 = juris Rn. 23) und ob diese Möglichkeit ein Sachbescheidungsinteresse begründen kann, muss ebenfalls im Berufungsverfahren geklärt werden; die Regelung des § 70 Abs. 6 NBauO spricht nicht unbedingt dafür, dass dies der Rechtslage in Niedersachsen entspricht.“
Zur Begründung ihrer Berufung greift die Beigeladene zu 10. die vorstehenden Erwägungen auf und meint, die Klägerin zu 1. habe weder mit Blick auf eigene Interessen noch mittelbar mit Blick auf Interessen der Grundstückserwerber ein Sachbescheidungsinteresse. Im Übrigen bestehe ein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung auch deshalb nicht, weil diesem sowohl der Bebauungsplan Nr. 36 i.d.F. der 5. Änderung, als auch die Erhaltungssatzung Nr. 10 entgegenstünden. Die Stichtagsregelung im Bebauungsplan sei auf das Vorhaben nicht anwendbar, da sie lediglich Fälle erfassen sollte, in denen im Laufe der Zeit innerhalb bestehender und bauordnungsrechtlich genehmigter Bausubstanz eine Umnutzung beispielsweise von Fremdenzimmern zu Ferienwohnungen vorgenommen worden sei. Das ergebe sich auch aus S. 27 der Planbegründung, wo ein Bestandsschutz gefordert werde; zudem sei das Vorhaben zunächst als Beherbergungsbetrieb beantragt worden, was der tatsächlichen Nutzung widerspreche. Auch die Erhaltungssatzung Nr. 10 stehe dem Vorhaben entgegen. Das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 7. Mai 2015 - 4 A 5371/13 - und der Senat im Beschluss vom 10. September 2015 - 1 LA 90/15 - hätten bereits bestätigt, dass die Erteilung der Baugenehmigung ohne vorheriges Einvernehmen der Beigeladenen zu 10. rechtswidrig gewesen sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts beinhalte die beantragte Baumaßnahme ausdrücklich auch den Teilabriss des Ursprungsgebäudes. Wenn das Verwaltungsgericht ein „Durchschlagen“ des rechtswidrigen Abrisses auf das vorliegende Verfahren verneine, werde ein rechtswidriges Verhalten der Klägerin noch belohnt.
Die Beigeladene zu 10. beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Oldenburg (4 A 4739/16) vom 30. Juni 2020 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin zu 1. beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts. Die Antragsbefugnis könne ihr nicht mit dem Argument abgesprochen werden, sie sei nicht Eigentümerin des Vorhabengrundstücks. Sie habe einen Anspruch darauf, das seinerzeit formal legal errichtete Vorhaben nach Aufhebung der Baugenehmigung aus rein formalen Gründen nunmehr zu legitimieren. Dass diese Entscheidung auch zugunsten der neuen Eigentümer wirke, sei durch deren Beiladung sichergestellt. Ob ihr gegenüber tatsächlich Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden könnten, sei im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nicht abschließend zu klären. Anwendbar sei hier auch der Rechtsgedanke des § 265 Abs. 2 ZPO. Ob bei Fehlen einer Baugenehmigung gegen sie, die Klägerin, bauaufsichtlich eingeschritten werden könne, sei unerheblich; fehle es an der Legalisierung, so bestünde diesbezüglich jedenfalls dauerhafte Rechtsunsicherheit. Im Übrigen werde auf den bereits erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag verwiesen; jedenfalls eine gewillkürte Prozessstandschaft zugunsten der heutigen Eigentümer müsse zulässig sein. Die Klage sei auch begründet. Das Vorhaben sei, worauf auch der Senat in seinem Urteil vom 10. Juni 2018 - 1 KN 158/16 - hingewiesen habe, mit dem Bebauungsplan Nr. 36, 5. Änderung, vereinbar. Hinsichtlich der Erhaltungssatzung Nr. 10 trage der Hinweis der Beigeladenen zu 10. auf das Urteil des VG Oldenburg vom 7. Mai 2015 - 4 A 5371/13 - nicht, da diese Entscheidung allein darauf abgestellt habe, dass der Beklagte das Einvernehmen aus formalen Gründen nicht habe ersetzen dürfen. Das erkennende Gericht dürfe dies jedoch und müsse es auch, da das Einvernehmen rechtswidrig verweigert werde; vorliegend gehe es nur um die erhaltungsrechtliche Erheblichkeit der Neuerrichtung eines Bauwerkes; für den Abbruch sei bereits im Jahre 2013 die Genehmigungsfiktion nach § 173 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. i.V.m. § 22 Abs. 5 Satz 4 BauGB eingetreten.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 3. bis 9. haben - wie auch erstinstanzlich - keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.
Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2022 haben die Kläger zu 2. und 3. - vormals Beigeladene zu 1. und 2. des Berufungsverfahrens bzw. Beigeladene zu 1. des erstinstanzlichen Verfahrens - ihren Beitritt zum Verfahren erklärt. Sie beantragen,
den Beklagten zu verpflichten, ihnen eine Baugenehmigung entsprechend dem Bauantrag vom 28. August 2012 und 8. Oktober 2015 für das Grundstück M-Straße, M-Stadt zu erteilen.
Die Beigeladene zu 10. hat dem Verfahrensbeitritt widersprochen und hält diesen nicht für sachdienlich. Hilfsweise beantragt sie,
auch die geänderte Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Berufung der Beigeladenen zu 10. ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage der Klägerin zu 1. zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin zu 1. ist nach Fertigstellung des Vorhabens und Aufgabe des Eigentums am Baugrundstück nicht mehr Berechtigte eines Anspruchs auf Erteilung einer Baugenehmigung für das beantragte Vorhaben, weder - wie mit dem Hauptantrag begehrt - an sich selbst (dazu unten 1.), noch - wie mit dem Hilfsantrag begehrt - an die Kläger zu 2. und 3. sowie die Beigeladenen zu 3. bis 9. (dazu unten 2.).
1.
Niedersächsisches Landesrecht regelt nicht ausdrücklich, wem nach Fertigstellung des Vorhabens eine Baugenehmigung zu erteilen ist. Zwar kommt verschiedentlich die implizite Annahme zum Ausdruck, Bauantragsteller sei (stets) der Bauherr (vgl. etwa § 52 Abs. 2 Satz 2, § 64 Satz 2, § 67 Abs. 1 NBauO in der seit dem 1. Januar 2022 geltenden Fassung, vgl. zuvor § 67 Abs. 3 NBauO). Diese Vorschriften haben indes den Regelfall einer Genehmigungserteilung vor Baubeginn im Blick. Mit Fertigstellung des Vorhabens erlischt die Bauherreneigenschaft, da Bauherr derjenige ist, auf dessen Veranlassung und mit dessen Willen eine Baumaßnahme durchgeführt wird (Senatsurt. v. 8.12.1978 - I A 24/78 -, BRS 35 Nr. 158 - in juris nur Ls.). Die Bedeutung der Bauherreneigenschaft liegt gemäß § 52 Abs. 1 NBauO in der öffentlich-rechtlichen Verantwortlichkeit für die rechtmäßige Durchführung der Baumaßnahme. Dem entspricht, dass § 52 Abs. 2 Satz 7 NBauO die Übernahme der Bauverantwortung durch einen Dritten als Bauherrnwechsel, nicht als Hinzutreten eines weiteren Bauherrn einstuft. Da die Baugenehmigung nach Fertigstellung des Vorhabens nicht mehr die Bautätigkeit, sondern den Bestand der baulichen Anlage und deren Nutzung absichert, ist es sachgerecht, an die Stelle des Bauherrn denjenigen treten zu lassen, bei dem die Verfügungsgewalt über den Genehmigungsgegenstand liegt - sei es der ehemalige Bauherr, sei es derjenige, der sie von ihm übernommen hat (Senatsurt. v. 8.12.1978 - I A 24/78 -, BRS 35 Nr. 158; ähnlich für das hessische Landesrecht HessVGH, Urt. v. 25.6.1982 - IV OE 43/81 -, ESVGH 33, 20). Ebenso wie dieser in die Rechte und Pflichten aus einer erteilten Baugenehmigung eintritt (§ 70 Abs. 6 NBauO), tritt er - ist die Genehmigung noch nicht erteilt - im Regelfall auch in die Position des Bauantragstellers und - zur Erteilung der Baugenehmigung - Passivlegitimierten ein.
Aus Bundesrecht, insbesondere dem Grundgesetz, ergibt sich nichts Abweichendes. Im Ansatz zutreffend verweist das Verwaltungsgericht zwar darauf, dass ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für ein objektiv genehmigungsfähiges Vorhaben nicht allein dem Eigentümer zusteht, da die Baufreiheit, deren Wiederherstellung die Baugenehmigung dient, ihre Grundlage nicht (allein) im Schutz des Eigentums, sondern auch in der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) findet (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.3.1973 - IV C 49.71 -, BVerwGE 42, 115 = NJW 1973, 1518 = juris Rn. 13 ff.). Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung jedermann zukäme, der nur irgendein - mittelbares, zivilrechtlich begründetes oder gar nur ideelles - Interesse an der Legalität des Vorhabens hat. Gerade aus der dienenden Funktion der Baugenehmigung für die Verwirklichung der Baufreiheit ergibt sich, dass die Genehmigung nur demjenigen erteilt werden muss, der die Baufreiheit durch Verwirklichung eines Vorhabens entweder noch ausüben oder sich selbst deren Früchte in Gestalt eines fertiggestellten Vorhabens erhalten möchte. Anlass, demjenigen ein „Recht zum Bauen und Nutzen“ zu bestätigen, der selbst nicht mehr bauen und auch nicht nutzen möchte, besteht von Bundesrechts wegen nicht.
Mit dem Argument, er bedürfe der Baugenehmigung zur nachträglichen Legalisierung seines Handelns, kann der ehemalige Bauherr, der vor Erteilung der Genehmigung gebaut hat oder dessen im Zeitraum seiner Bautätigkeit vorhandene Baugenehmigung später durch gerichtliche Aufhebung, Rücknahme oder Widerruf wieder entfallen ist, die Genehmigung ebenfalls nicht beanspruchen. Seine Verantwortlichkeit nach § 52 Abs. 1 NBauO für das Vorhaben ist mit dem Entfallen der Baugenehmigung erloschen; verantwortlich ist der ausgeschiedene Bauherr allenfalls noch für sein Verhalten, soweit dieses mangels Baugenehmigung rechtswidrig war - sei es über den Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 80 Abs. 1 Nr. 12 NBauO, sei es über die allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätze der Handlungsstörerverantwortung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.6.2012 - 10 S 3.12 -, juris Rn. 11; Wiechert/Sander, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl. 2020, § 52 Rn. 12). Insofern ist Anknüpfungspunkt der Heranziehung aber nicht die Legalität des Vorhabens zum Genehmigungszeitpunkt, die Gegenstand der Genehmigungsentscheidung ist, sondern die Baurechtskonformität in der dem Bauherrn zuzurechnenden Phase der Bautätigkeit. Soll dem ehemaligen Bauherrn die Möglichkeit eröffnet werden, sich vorbeugend gegen Versuche, ihn nachträglich für seine Bautätigkeit zur Rechenschaft zu ziehen, abzusichern, wäre hierfür ein Anspruch auf gerichtliche oder administrative Feststellung der Rechtmäßigkeit seines Handelns systemgerechter als ein Anspruch auf eine ex nunc wirkende Baugenehmigung.
Die vom Senat vertretene Rechtsauffassung dürfte - ohne dass es rechtlich darauf ankäme - auch nicht zu Handhabungsschwierigkeiten vor dem Hintergrund führen, dass Bauaufsichtsbehörden in der Vergangenheit gelegentlich abweichend von den vorstehenden Grundsätzen Baugenehmigungen an bereits aus der Verantwortung ausgeschiedene Bauherren erteilt haben könnten. Zwar ist fraglich, ob in diesen Fällen § 70 Abs. 6 NBauO greift, da die Vorschrift den Übergang im Falle eines erst nach Genehmigungserteilung eintretenden Berechtigungswechsels regelt. Allerdings neigt der Senat zu der Auffassung, dass die Feststellungswirkung der Baugenehmigung unabhängig von deren Adressaten mit Wirkung für jeden eintritt, der von dieser profitiert (a.A. BayVGH, Beschl. v. 2.7.1996 - 26 CS 96.1371 -, juris Rn. 17 und wohl auch VGH BW, Urt. v. 30.3.1995 - 3 S 1106/94 -, juris Rn. 23, der die Möglichkeit eines früheren Eigentümers oder Bauherrn sieht, sich die Inhaberschaft an der Baugenehmigung - offenbar unter Ausschluss des Erwerbers - unabhängig von der Übertragung des Grundstückseigentums vorzubehalten).
2.
Die Klägerin zu 1. kann auch nicht im eigenen Namen, also prozessstandschaftlich, die mit dem Hilfsantrag begehrte Erteilung der Baugenehmigung an die Beigeladenen zu 3. bis 9. sowie die Kläger zu 2. und 3. geltend machen.
Für eine gesetzliche Prozessstandschaft gibt es keine Rechtsgrundlage. § 265 Abs. 2 ZPO ist - auch über § 173 Satz 1 VwGO - hier nicht anwendbar, weil die Klägerin das streitbefangene Grundstück bereits vor Klageerhebung veräußert hatte. Eine analoge Anwendung auf das Genehmigungsverfahren kommt nicht in Betracht, weil die Regelung dem Schutz des Prozessgegners dient (Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 265 Rn. 1), im Genehmigungsverfahren aber ein „Gegner“ nicht existiert. Vielmehr impliziert § 52 Abs. 2 Satz 6 NBauO gerade, dass das Genehmigungsverfahren im Regelfall durch den Rechtsnachfolger übernommen wird.
Auch eine gewillkürte Prozessstandschaft kommt nicht in Betracht. Jedenfalls die Beigeladenen zu 1., 2. (jetzt Kläger zu 2. und 3.) sowie 5. bis 9. haben zwar zwischen dem 26. Mai 2018 und 4. Juli 2018 Erklärungen dahingehend abgegeben, sie seien einverstanden, dass die Antragstellerin das Verfahren 4 A 4739/16 „in eigenem Namen und auf eigene Rechnung fortführt“. Allerdings steht einer gewillkürten Prozessstandschaft § 42 Abs. 2 VwGO, der für die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage die Möglichkeit der Verletzung gerade des Klägers in eigenen Rechten voraussetzt, entgegen (BVerwG, Urt. v. 26.10.1995 - 3 C 27.94 -, NVwZ-RR 1996, 537 = juris Rn. 19; weitere Nachw. bei Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, Vorb. § 40 Rn. 25; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019 § 42 Rn. 82 m.w.N.).
II.
Demgegenüber hat die Klage der Kläger zu 2. und 3. Erfolg.
1.
Die Kläger zu 2. und 3. sind dem Verfahren wirksam auf Klägerseite beigetreten. Der als Klageänderung zu bewertende Parteibeitritt ist gemäß § 91 Abs. 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch im Berufungsverfahren noch möglich, wenn die Beteiligten einwilligen oder das Gericht diesen für sachdienlich hält (vgl. OVG Berl-Bbg, Urt. v. 27.11.2013 - OVG 6 B 3.12 -, juris Rn. 40; die Zulässigkeit nur für den konkreten Fall verneinend auch BVerwG, Urt. v. 24.10.2013 - 7 C 13.12 -, juris Rn. 25, und die Vorinstanz BayVGH, Urt. v. 27.3.2012 - 22 BV 11.2175 -, juris Rn. 78 ff.). Hier fehlt es zwar jedenfalls an der Einwilligung der Beigeladenen zu 10. - die übrigen Beigeladenen sowie der Beklagte haben sich zum Parteibeitritt nicht geäußert -, die Klageänderung ist aber sachdienlich.
a)
Die Kläger zu 2. und 3. sind im Gegensatz zur Klägerin zu 1. als gegenwärtige Miteigentümer des Vorhabens anspruchsberechtigt hinsichtlich der Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Die Miteigentümerstellung der Beigeladenen zu 3. bis 9. steht dieser Berechtigung nicht entgegen. Die ohne die Baugenehmigung bestehende formelle Illegalität des Vorhabens schränkt unmittelbar die Miteigentumsposition jedes Eigentümers ein, betrifft also nicht nur kollektive Belange der Gemeinschaft; angesichts dessen muss auch jedem Eigentümer die Berechtigung zustehen, diese Beschränkung unabhängig von einer etwaigen Untätigkeit anderer Miteigentümer zu überwinden. Eine auf die Legalisierung des eigenen Miteigentumsanteils begrenzte Baugenehmigung kommt aufgrund der Unteilbarkeit des Vorhabens nicht in Betracht.
Ein fehlender Bauantrag steht dem Genehmigungsanspruch nicht entgegen. Mit dem der Bauaufsichtsbehörde angezeigten Eigentumsübergang geht regelmäßig auch die Stellung als Bauantragsteller auf die Erwerber über. Eine Klagefrist müssen die Kläger zu 2. und 3. nicht einhalten, da der Beklagte den Bauantrag bislang nicht abgelehnt hat und die Klage demzufolge als nicht fristgebundene Untätigkeitsklage erhoben wurde.
b)
Angesichts dessen kann der Parteibeitritt der Kläger zu 2. und 3. verhindern, dass die bereits in zwei Rechtszügen umfassend diskutierte Frage der sachlichen Genehmigungsfähigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens allein mangels subjektiver Anspruchsberechtigung der Klägerin zu 1. unentschieden bleibt und in einem Bauantragsverfahren der anspruchsberechtigten Eigentümer oder aber in einem Streit über ein ohne Baugenehmigung ggf. gebotenes bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten erneut vor Gericht getragen werden könnte. Wesentlich neuer Prozessstoff wird durch den Parteibeitritt demgegenüber nicht in das Verfahren eingeführt, zumal die Anspruchsberechtigung der Kläger zu 2. und 3. über den Hilfsantrag der Klägerin zu 1. bereits bisher Verfahrensgegenstand war. Die Sachdienlichkeit steht vor diesem Hintergrund außer Zweifel.
2.
Die zulässige Klage der Kläger zu 2. und 3. ist begründet. Neben der Anspruchsberechtigung (s.o.) liegen auch die sachlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 70 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 NBauO) vor. Das Vorhaben ist mit dem städtebaulichen Planungsrecht, den in § 63 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NBauO genannten bauordnungsrechtlichen Vorschriften sowie den sonstigen Vorschriften des öffentlichen Rechts (§ 2 Abs. 17 NBauO) vereinbar. Strittig ist zwischen den Beteiligten allein die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem städtebaulichen Planungsrecht. Diese ist zu bejahen.
a)
Das Vorhaben genügt den Vorgaben des § 30 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des in der Fassung seiner 5. Änderung maßgeblichen Bebauungsplans Nr. 36 der Beigeladenen zu 10.
aa) Die von der Klägerin zu 1. erstinstanzlich gegen die Wirksamkeit dieser Änderung vorgebrachten Bedenken greifen nicht durch.
Die Planänderung ist erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Wenn die Klägerin zu 1. geltend macht, an der Erforderlichkeit fehle es, weil das Ziel der Beigeladenen zu 10., Zweitwohnungen auszuschließen, bereits mit dem Vorgängerplan gesichert gewesen sei - die dort festgesetzte Zulassung von Ferienwohnungen schließe nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats Zweitwohnungen nicht ein -, verkennt sie, dass die Antragsgegnerin weitergehende Planungsziele, namentlich die Begrenzung der bislang bestehenden Ferienwohnnutzung und die Ausweitung der Möglichkeit zur Schaffung von Dauerwohnungen, verfolgte. Diese rechtfertigen die Planung. Ob die Festsetzungen des Plans, die Zweitwohnungen ausdrücklich verbieten (z.B. TF2 Pkt. 2, 2. und 3. Spiegelstrich) erforderlich sind, kann dahinstehen, da der Plan - deren Überflüssigkeit unterstellt - insoweit offenkundig teilbar wäre.
Die Erforderlichkeit wird auch nicht durch die Rüge der Klägerin zu 1. in Frage gestellt, ein Plan sei „funktionslos“, wenn er Ferienwohnungen verbiete, tatsächlich aber über 50% der im Plangebiet vorhandenen Wohnungen als Ferienwohnungen genutzt würden und nicht erkennbar sei, wie dieser Bestand abgebaut werden könne. Die Klägerin zu 1. verkennt dabei, dass der Plan eben nicht Ferienwohnungen schlechthin, sondern nur neue Ferienwohnungen verbietet und seine Zielsetzung eben nicht die vollständige Beseitigung der Ferienwohnnutzung, sondern nur die Beibehaltung eines Mischungsverhältnisses dieser mit der Dauerwohnnutzung ist.
Die Rüge der Klägerin zu 1., die Festsetzung eines Nebeneinanders von Dauer- und Ferienwohnungen in einem sonstigen Sondergebiet widerspreche der Systematik der §§ 10, 11 BauNVO, wie sie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 11.7.2013 - 4 CN 7.12 -, BVerwGE 147, 138, sehe, greift ebenfalls nicht durch; Dauerwohnen und Ferienwohnungen dürfen in einem Baugebiet nebeneinander zugelassen werden (BVerwG, Urt. v. 18.10.2017 - 4 C 5.16 -, NVwZ 2018, 824 = juris Rn. 24 ff.).
Die Rüge der Klägerin zu 1., der Plan sei abwägungsfehlerhaft, weil es widersprüchlich sei, einerseits ein Gebiet für Fremdenbeherbergung festzusetzen, andererseits Ferienwohnungen für unzulässig, Dauerwohnungen dagegen im Normalfall für zulässig zu erklären, geht am Inhalt des Plans vorbei. Der Plan sichert gerade den erheblichen Bestand an vorhandenen Ferienwohnungen ab und lässt auch deren Erweiterung und Änderung sowie unter bestimmten Voraussetzungen deren Ersatz zu. Ferner wird dem Fremdenbeherbergungscharakter des Sondergebiets durch die Zulassung kleiner Beherbergungsbetriebe Rechnung getragen. Dauerwohnungen werden auch nicht unbegrenzt, sondern weiterhin nur im Umfang von 2 Wohnungen je Mindestgrundstücksfläche zugelassen. Ob die Bezeichnung der Zweckbestimmung des Sondergebietes „Kurgebiet/Gebiet für die Fremdenbeherbergung“ noch sonderlich glücklich gewählt ist, wenn ein nicht unerheblicher Teil des Gebietes der Wohnnutzung offensteht und dies auch beabsichtigt ist, mag zweifelhaft sein. Allerdings ist die Zweckbestimmung eines Sondergebietes nicht allein dessen Bezeichnung, sondern - sofern sie nicht nach Art der Absätze 1 der §§ 2-9 BauNVO in den textlichen Festsetzungen ausgeführt ist - durch Auslegung unter Berücksichtigung auch der Festsetzungen einzelner zulässiger und unzulässiger Nutzungen zu ermitteln. Danach dienen die Sondergebiete 1-3 nur überwiegend der Fremdenbeherbergung, (leicht) untergeordnet, beinahe gleichwertig auch dem Dauerwohnen. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Senat ein Sondergebiet mit gleicher Bezeichnung und ähnlichem Nutzungskatalog in seinem Urteil vom 18.9.2014 - 1 KN 123/12 -, BauR 2015, 452 = juris Rn. 20 in diesem Sinne ausgelegt und hinsichtlich seines Gebietscharakters als hinreichend bestimmt angesehen hatte.
Die Rüge, es sei abwägungsfehlerhaft, dass nicht ermittelt worden sei, welcher Anteil der vorhandenen Ferienwohnungen genehmigt sei, ist unbegründet. Diese Ermittlung ist zwar tatsächlich unterblieben. Die Beigeladene zu 10. hat aber in der Planbegründung klargestellt, es komme ihr auf die Genehmigungslage nicht an; das Maß an Vertrauensschutz, das auch durch die ungenehmigte Nutzung einer Ferienwohnung bestehe, genüge ihr für deren Legalisierung, zumal so ein aus ihrer Sicht sinnvolles Verhältnis von Ferien- zu Dauerwohnungen sichergestellt werden könne. Das ist abwägungsfehlerfrei. Entgegen der Rüge der Klägerin zu 1. ist es nicht gleichheitswidrig, den vorhandenen Bestand an (ungenehmigt genutzten) Ferienwohnungen zu legalisieren, ohne gleichzeitig neue Ferienwohnungen zuzulassen.
Ob schließlich sämtliche weiteren Detailregelungen des Bebauungsplans auf die Ermächtigungsgrundlage des § 11 BauNVO gestützt werden können und ihrerseits abwägungsfehlerfrei sind, lässt der Senat offen. Möglicherweise kritisch zu betrachtende Regelungen - beispielshaft zu nennen ist der Ausschluss von Abstellräumen bei Beherbergungsbetrieben - nehmen im Gesamtzusammenhang eine derart untergeordnete Stellung ein, dass ihre Nichtigkeit nicht die Gesamtnichtigkeit des Plans zur Folge hätte.
Ob das Vorhaben - wofür einiges spricht - mit den Festsetzungen des Bebauungsplans in der Fassung seiner zweiten Änderung vereinbar gewesen wäre, kann angesichts dessen dahinstehen.
bb) Das Vorhaben entspricht den Vorgaben des Bebauungsplans i.d.F. seiner 5. Änderung. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung - die Plankonformität im Übrigen ist nicht strittig - profitiert es von der Stichtagsregelung unter Punkt 1, 6. Spiegelstrich der textlichen Festsetzung Nr. 2 des Plans. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit gemäß § 130b Satz 2 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 13 bis 15) Bezug genommen. Soweit die Beigeladene zu 10. dem in ihrer Berufungsbegründung entgegenhält, die Stichtagsregelung habe lediglich Fälle erfassen sollen, „in denen im Laufe der Zeit innerhalb bestehender und bauordnungsrechtlich genehmigter Bausubstanz eine [gemeint: ggf. auch ungenehmigte] Umnutzung beispielsweise von Fremdenzimmern zu Ferienwohnungen vorgenommen worden“ sei, ergibt sich eine derartige Auslegung nicht mit der nötigen Deutlichkeit aus der textlichen Festsetzung Nr. 2 oder der Planbegründung. Soweit die Beigeladene zu 10. ihre gegenteilige Auffassung darauf stützt, dass auf Seite 27 der Planbegründung „bezogen auf den Stichtag ausdrücklich ein Bestandsschutz gefordert“ werde, verkennt sie, dass die angegebene Passage gerade die städtebauliche Vertretbarkeit nicht bestandsgeschützter Ferienwohnungen betont. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es für die formelle Illegalität und damit den (fehlenden) Bestandsschutz keinen Unterschied macht, ob Ferienwohnungen durch Umnutzung einer zu anderen Zwecken hergestellten Bausubstanz oder durch Neubau entstehen. Soweit die Beigeladene zu 10. geltend macht, das Vorhaben der Klägerin zu 1. könne erkennbar schon deshalb nicht der Stichtagsregelung unterfallen, weil die Klägerin dieses „das Planänderungsverfahren der Beigeladenen zu 10. und die Veränderungssperre missachtend“ verwirklicht habe, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie den Stichtag bewusst so gewählt hat, dass auch die zwischen Planaufstellungsbeschluss und Stichtag, also auch unter Geltung der Veränderungssperre geschaffenen Ferienwohnungen dem Wortlaut nach erfasst sind.
b)
§§ 172, 173 BauGB i.V.m. der Erhaltungssatzung Nr. 10 der Beigeladenen zu 10. stehen dem Vorhaben ebenfalls nicht entgegen.
Dies gilt zunächst, soweit die Satzung einen Genehmigungsvorbehalt für die Errichtung baulicher Anlagen vorsieht. Wie bereits das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, besteht gemäß § 172 Abs. 1 Satz 2 BauGB ein Genehmigungsvorbehalt für die Errichtung baulicher Anlagen nur, soweit die Gemeinde eine Satzung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, d.h. zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt erlassen hat. Soweit § 3 der Erhaltungssatzung Nr. 10 in der Gestalt der 1. Änderung i.V.m. § 2 der Ursprungssatzung dahin zu verstehen sein sollte, dass die Genehmigung der Errichtung auch unter Bezugnahme auf das Ziel der Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung versagt werden könne, wäre sie insoweit mangels Rechtsgrundlage (teil-)unwirksam. Die zulässigen Versagungsgründe ergeben sich unmittelbar aus § 172 Abs. 3-5 BauGB, § 3 Abs. 1 Satz 2 der Erhaltungssatzung kann insoweit allenfalls deklaratorisch wirken. Gründe, weshalb die Errichtung des zur Genehmigung gestellten Gebäudes die städtebauliche Gestalt des Gebiets beeinträchtigen würde, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 7. Mai 2015 - 4 A 5371/13 - und des Senats in seinem Beschluss vom 10. September 2015 - 1 LA 90/15 (NVwZ-RR 2016, 328 = juris Rn. 21), wonach die ursprüngliche Genehmigung rechtswidrig gewesen sei, weil der Beklagte das fehlende Einvernehmen der Beigeladenen zu 10. nicht habe ersetzen dürfen, bezieht sich diese in ihrer Berufungserwiderung zu Unrecht. Wird der Beklagte zur Erteilung der Baugenehmigung verpflichtet, so ersetzt nicht der Beklagte, sondern das dazu berechtigte Gericht das Einvernehmen.
Aber auch soweit die Satzung einen Genehmigungsvorbehalt für die Beseitigung baulicher Anlagen vorsieht, steht sie der Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der Baugenehmigung nicht entgegen. Denn der Abriss war zum in der vorliegenden Verpflichtungskonstellation maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bereits erfolgt. Im Gegensatz zur Errichtung einer baulichen Anlage bedarf im Falle der Beseitigung allenfalls - vorbehaltlich des § 60 Abs. 2 Nr. 5 NBauO - der Beseitigungsvorgang, nicht aber dessen Ergebnis - das künftige Fehlen der Ursprungsbebauung - der fortdauernden Legalisierung durch eine Baugenehmigung; anderes könnte nur dort gelten, wo das materielle Recht eine Pflicht zum Wiederaufbau begründete. Für Verstöße gegen eine Erhaltungssatzung sieht das Baugesetzbuch eine solche nicht vor; die Sanktionierung erfolgt vielmehr allein über das Ordnungswidrigkeitenrecht (vgl. § 213 Abs. 1 Nr. 4 BauGB). Die rechtswidrige Beseitigung eines vorhandenen Baubestandes bildet daher keine durch Baugenehmigung zu überwindende dauerhafte Sperre für eine Anschlussbebauung (vgl. zur vergleichbaren Konstellation der Überbauung eines ursprünglich von einem rechtswidrig beseitigten Denkmal belegten Standorts BVerwG, Urt. v. 12.12.2013 - 4 C 15.12 -, NVwZ 2014, 454 = ZfBR 2014 259 = juris Rn. 8 f.).
Dementsprechend ist die Beseitigung eines vorhandenen Baubestandes nur solange als notwendiger Zwischenschritt zur Errichtung eines Ersatzbaus Gegenstand eines für den Letzteren gestellten Bauantrags, wie sie noch nicht bewirkt ist. Ein im Laufe des Baugenehmigungsverfahrens eingetretener Wegfall der Vorgängerbebauung „erledigt“ insoweit unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit den Bauantrag und reduziert das zur Genehmigung gestellte Vorhaben auf die Neuerrichtung des Nachfolgebaus. Damit entfällt auch die Notwendigkeit, im Genehmigungsverfahren ein gemeindliches Einvernehmen nach § 173 Abs. 1 Satz 2 BauGB hinsichtlich des Abrisses des von der Erhaltungssatzung erfassten Vorgängerbaus einzuholen.
Die von der Klägerin zu 1. aufgeworfene Frage, ob die fehlende Bescheidung ihres am 24. Januar 2013 vorsorglich isoliert gestellten Antrags auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung nach der Erhaltungssatzung die Genehmigungsfiktion des § 173 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. i.V.m. § 22 Abs. 5 Sätze 3, 4 BauGB ausgelöst hat (vgl. dazu Senatsbeschl. v. 10.9.2015 - 1 LA 90/15 -, NVwZ-RR 2016, 328 = juris Rn. 20), bedarf angesichts dessen keiner Entscheidung.
c)
Weitere bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Genehmigungshindernisse sind weder von den Beteiligten vorgetragen noch sonst für den Senat ersichtlich.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 3, § 155 Abs. 1, 4 und § 162 Abs. 3 VwGO und berücksichtigt, dass die Klage der Klägerin zu 1. - im ersten Rechtszug noch alleiniger, im zweiten Rechtszug anteiliger Streitgegenstand - erfolglos geblieben ist, während die im zweiten Rechtszug hinzugekommene Klage der Kläger zu 2. und 3. Erfolg hatte. Auch insoweit waren die Kosten indes nicht dem Beklagten, sondern vollständig der Beigeladenen zu 10. aufzuerlegen, da diese durch Verweigerung des Einvernehmens dem ansonsten genehmigungswilligen Beklagten den Rechtsstreit aufgezwungen hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Beschluss
Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge auf 60.000 EUR festgesetzt.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).