Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.07.2022, Az.: 7 KS 104/20

Abwägung; Abwägungsentscheidung; Planfeststellung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.07.2022
Aktenzeichen
7 KS 104/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59761
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • DÖV 2022, 1008
  • NordÖR 2022, 533-539

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Das Abwägungsgebot des § 28 Abs. 1 Satz 2 PBefG verlangt eine eigenständige Abwägungsentscheidung der Planfeststellungsbehörde. Zwar kann sich diese Einschätzungen und Abwägungsentscheidungen der Vorhabenträgerin zu eigen machen und ihre eigene Abwägung darauf stützen, es muss sich aber aus dem Planfeststellungsbeschluss ergeben, dass eine eigenständige Abwägung erfolgt ist und worauf die Abwägungsentscheidung der Behörde gestützt wird. Die bloß kommentarlose Gegenüberstellung von Stellungnahmen der Vorhabenträgerin zu den Einwendungen einzelner Betroffener im Planfeststellungsbeschluss entspricht dem nicht.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten für den barrierefreien Ausbau der Haltestellen H. und I. mit Mittelhochbahnsteigen im Bereich der Stadtbahnstrecke A-West in der Landeshauptstadt A-Stadt vom 10. September 2020, soweit dieser den barrierefreien Ausbau der Haltestelle I. A-Stadt betrifft, rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger, die Beklagte und die Beigeladene je zu 1/3. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für den barrierefreien Ausbau der Haltestellen H. und I. mit Mittelhochbahnsteigen im Bereich der Stadtbahnstrecke A-West in der Landeshauptstadt A-Stadt vom 10. September 2020, soweit dieser die Baufreigabe für die Errichtung und den Betrieb des Hochbahnsteigs der Haltestelle I. in A-Stadt betrifft.

Die beigeladene Vorhabenträgerin beantragte mit Schreiben vom 17. August 2018 bei der Beklagten die Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens für den beabsichtigten barrierefreien Ausbau der Haltestellen H. und I. der Stadtbahn A-Stadt mit jeweils einem Mittelhochbahnsteig nebst Umgestaltung des jeweils angrenzenden Verkehrsraums mit Bahnkörper, Fahrbahn und Nebenanlagen. Die geplanten Hochbahnsteige sollen etwa 70 m lang, 4 m breit und etwa 1 m hoch (0,815 m über Schienenoberkante) werden.

Die Planunterlagen lagen in der Zeit vom 5. September 2018 bis zum 4. Oktober 2018 in der Landeshauptstadt A-Stadt sowie der Stadt J. öffentlich aus. Die öffentliche Auslegung war zuvor in den genannten Städten unter Hinweis darauf, dass Einwendungen spätestens bis zum 18. Oktober 2018 zu erheben seien, bekannt gemacht worden.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks A-Straße in A-Stadt, Grundbuch von K., Blatt 3709, Flur L. Flurstück M., auf dem sich die Gebäude mit den Hausnummern 96A, 96B, 96C und 96D befinden und in denen 24 Betriebe angesiedelt sind. Das Befahren des Grundstücks mit Lastkraftwagen ist gegenwärtig an zwei Punkten gewährleistet; zum einen über eine schmale Gasse zwischen den Gebäuden 96A und 96B, zum anderen über eine Freifläche nördlich des Gebäudes 96A. Diese Freifläche wird zugleich auch als Parkplatz der Mieter genutzt. Um mit Lastkraftwagen oder entsprechenden Fahrzeugen auf das Grundstück fahren zu können, ist es derzeit erforderlich, dass die Fahrzeuge zum Einbiegen die Straßenmitte der N. Straße überqueren.

Der Kläger erhob mit am 12. September 2018 und 16. Oktober 2018 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben Einwendungen gegen das Vorhaben. Er machte im Wesentlichen geltend, in der Planung für den Hochbahnsteig I. sei nicht der erforderliche Raum vorgesehen, um eine ungehinderte Zufahrt zu seinem Gelände mit Lastkraftwagen zu gewährleisten. Darüber hinaus sei der Hochbahnsteig I. auch wegen des geringen Fahrgastaufkommens nicht erforderlich. Er sprach sich für eine abweichende Planungsvariante aus, infolge derer auf eine Haltestelle vor seinem Grundstück verzichtet werden könnte. Zudem greife das Planfeststellungsverfahren in den bestehenden Bebauungsplan ein.

Der Erörterungstermin fand am 4. Juni 2020 statt. Der Kläger hielt seine Einwendungen vollumfänglich aufrecht und stimmte Fahrversuchen zur Nutzbarkeit der Ein- und Ausfahrt zwischen den Gebäuden und der Zufahrt über den Parkplatz zu. Darüber hinaus stimmte er nach dem Wortlaut des Protokolls des Erörterungstermins auch Anpassungen des Tores zum Parkplatz sowie der Zufahrt zwischen den Gebäuden zu. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers widersprach mit Schreiben vom 3. Juli 2020 dem Protokoll, soweit darin ausgeführt werde, der Kläger habe Anpassungen des Tores zugestimmt. Es sei zunächst das Ergebnis der Fahrversuche abzuwarten, um das Ausmaß der Beeinträchtigungen feststellen zu können. Am 10. Juli 2020 fanden Fahrversuche statt, deren Ergebnisse durch die Fa. O. Ingenieure in einer Dokumentation festgehalten wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Dokumentation vom 15. Juli 2020 verwiesen.

Am 10. September 2020 stellte die Beklagte den Plan für den barrierefreien Ausbau der Haltestellen H. und I. mit Mittelhochbahnsteigen im Bereich der Stadtbahnstrecke A-West in der Landeshauptstadt A-Stadt fest. Ziffer 1.2.5 des Planfeststellungsbeschlusses sieht u.a. vor, dass die Vorhabenträgerin auf dem Grundstück des Klägers, soweit dieser zustimmt, das Zufahrtstor, das Gegenstand der Fahrversuche gewesen ist, auf Kosten der Vorhabenträgerin soweit zu verbreitern habe, dass die Nutzung in Form von Befahren des Grundstücksgeländes mit Lastkraftwagen und Sattelzügen weiterhin möglich ist. Nach dem Ergebnis der Fahrversuche und der Berechnungen habe die Verbreiterung, soweit der Kläger dies wünscht, auf die empfohlenen 7,50 m zu erfolgen.

Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 17. September 2020 zugestellt.

Der Kläger hat am 15. Oktober 2020 Klage erhoben, die er mit am 16. November 2020, einem Montag, bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet und mit weiteren Schriftsätzen ergänzt hat. Er macht geltend, nach Errichtung des Hochbahnsteigs sei das Befahren des Grundstücks an den derzeit vorhandenen Zufahrten, einer schmalen Gasse zwischen den Gebäuden A-StraßeA und 96B und einer Freifläche nördlich des Gebäudes A-StraßeA, aufgrund des dann eingeschränkten Abbiegeradius nicht mehr möglich. Dadurch seien Teile des ehemaligen Fabrikgebäudes mit Lastkraftwagen überhaupt nicht mehr erreichbar. Er habe - entgegen der Annahme der Beklagten - zu keiner Zeit auf eine Anfahrbarkeit oder Fahrversuche hinsichtlich der schmalen Gasse zwischen den Gebäuden A-StraßeA und 96B verzichtet. Auch sei eine breitere Toreinfahrt als von der Beklagten angenommen für die Zufahrt über die Freifläche nördlich des Gebäudes A-StraßeA erforderlich. Durch die erweiterte Zufahrtsbreite würden mehrere Einstellplätze auf dem Grundstück des Klägers in Wegfall geraten. Ohnehin sei sein Recht, auf das Grundstück herauffahren zu können, als Bestandteil des Kernbereichs der Eigentumsgarantie „abwägungsresistent“. Eine Abwägung der widerstreitenden Interessen würde ungeachtet dessen zugunsten des Klägers ausfallen. Der Hochbahnsteig an der Haltestelle P. sei nicht erforderlich. Die vorliegende Planung sehe auf einer Strecke von 1.300 m 4 Hochbahnsteige vor. Die Beigeladene habe bei der vorgezogenen Bürgerbeteiligung 2014, an der in der Arbeitsgruppe „I.“ lediglich 8 bzw. 9 Bürger beteiligt gewesen wären, als Alternative eine Streckenbelegung mit nur 3 Hochbahnsteigen vorgeschlagen (Variante D), bei der durch Wegfall des Hochbahnsteigs I. seine - des Klägers - bestehenden LKW-Einfahrten ohne Behinderungen erhalten bliebe. Diese Variante sei auch von der Stadt J. bevorzugt worden. Ein Hochbahnsteig an dieser Stelle sei nicht zwingend erforderlich.

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 10. September 2020 aufzuheben, soweit dieser den barrierefreien Ausbau der Haltestelle I. A-Stadt betrifft.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Vorhaben, Mittelhochbahnsteige zu errichten, entspreche der Maßgabe des § 8 Abs. 3 Satz 3 PBefG, wonach Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkter Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen seien, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen. Dem dienten die geplanten Mittelhochbahnsteige, weil sie ein ebenerdiges Ein- und Aussteigen aller Fahrgäste ermöglichten. Das Vorhaben sei aus diesem Grunde plangerechtfertigt.

Auch die vorgenommene Variantenwahl sei nicht zu beanstanden. Im Rahmen einer Machbarkeitsuntersuchung sowie arbeitskreisbegleitend seien bereits im Vorfeld verschiedene Varianten entwickelt, begutachtet und u.a. auch im Rahmen eines offenen Beteiligungsverfahrens der Öffentlichkeit präsentiert worden, darunter auch die vom Kläger bevorzugte Variante „D“. Die Bürgerbefragung habe sich mehrheitlich für einen Beibehalt von 4 Haltestellen und damit gegen die Variante „D“ ausgesprochen. Eine Abwägung aller Vor- und Nachteile der möglichen Streckenführung und Ausgestaltungsvarianten habe schließlich zu der nunmehr planfestgestellten Vorzugsvariante geführt.

Die Anliegerbelange des Klägers seien im Planfeststellungsbeschluss hinreichend berücksichtigt worden. Die im Rahmen des Verfahrens durchgeführten gutachterlich begleiteten Fahrversuche hätten ergeben, dass das Befahren des klägerischen Grundstücks mit Lastkraftwagen nördlich des Gebäudes A-StraßeA durch Verbreiterung der Zufahrt bzw. des Tores auf mindestens 6,90 m ermöglicht werden könnte. Optimal sei eine Verbreiterung auf 7,50 m. Im Planfeststellungsbeschluss sei aufgrund dessen unter Ziffer 1.2.5 der Vorhabenträgerin aufgegeben worden, das Tor des Klägers - soweit dieser es wünscht - auf Kosten der Vorhabenträgerin auf eine Breite von bis zu 7,50 m entsprechend zu erweitern. Die Ausführung habe in vergleichbarer Qualität zur Bestandseinfriedung zu erfolgen. Die verbleibenden Auswirkungen für den Kläger, insbesondere die Einschränkung der Nutzung der Flächen als Parkfläche, hätten im Rahmen der Abwägung hinter dem erheblichen öffentlichen Interesse an einem barrierefreien Ausbau des ÖPNV zurückzustehen.

Auf einen Fahrversuch hinsichtlich der Zweitzufahrt zwischen den Gebäuden A-StraßeA und 96B sei im Rahmen des Erörterungstermins einvernehmlich verzichtet worden.

Die Beigeladene schließt sich dem Vorbringen der Beklagten an und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die auf eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Anfechtungsklage ist zulässig. Der Aufhebungsantrag umfasst dabei den darin als „Minus“ enthaltenen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit dieses Planfeststellungsbeschlusses (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1996- 4 C 19.95 -, juris).

Die Klage ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Kläger wird durch den Planfeststellungsbeschluss nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen. Er kann deshalb nicht beanspruchen, dass der Planfeststellungsbeschluss einer umfassenden gerichtlichen Prüfung hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit den Anforderungen des § 28 Abs. 1 PBefG i.V.m. § 1 NVwVfG, §§ 72 ff VwVfG unterzogen wird. Danach sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Ein von einem Vorhaben - wie vorliegend - nicht durch die Inanspruchnahme seines Grundeigentums und insofern nur mittelbar Betroffener kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur die Verletzung gerade ihn schützender Normen des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung seiner geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen (BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -, juris; Urteil vom 28.04.2016 - 9 A 7.15 -, juris; Urteil vom 28.11.2017 - 7 A 1.17 -, juris).

Ungeachtet dessen können Drittbetroffene allerdings den fehlenden Bedarf für ein planfestgestelltes Vorhaben und damit das Fehlen einer Planrechtfertigung rügen. Ein mittelbar eigentumsbetroffener Kläger kann deshalb geltend machen, dass für das beabsichtigte Vorhaben - gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsrechts - kein Bedarf streitet. Nicht verlangen kann er allerdings die Prüfung, ob die mit dem Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen generell geeignet sind, entgegenstehende Eigentumsrechte zu überwinden, d. h. insbesondere das Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG auszufüllen (BVerwG, Urteil vom 09.11.2006
- 4 A 2001.06 -, BVerwGE 127, 95; Urteil des Senats vom 22.04.2016 - 7 KS 35/12 -, juris).

Unabhängig von dem Vorstehenden können sowohl mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung als auch durch die Planfeststellung nur mittelbar eigentumsbetroffene Kläger als Teil der betroffenen Öffentlichkeit Verfahrensfehler bei der Öffentlichkeitsbeteiligung rügen (BVerwG, Urteil vom 28.04.2016 - 9 A 14.15 -, juris). Zu der Rügemöglichkeit einer Verletzung subjektiver Rechte nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO tritt nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 bis 2 UmwRG die durch den Bundesgesetzgeber für den Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes eingeräumte Möglichkeit, im Rahmen einer in zulässiger Weise erhobenen Klage auch Verfahrensfehler zu rügen, die zu keiner Individualrechtsverletzung zulasten des jeweiligen Klägers führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.2015 - 7 C 15.13 -, juris; Urteil vom 28.11.2017 - 7 A 1.17 -, juris).

Nach dem vorstehenden Prüfungsmaßstab ist der angefochtene Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO).

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet - soweit ersichtlich - unter keinen den Interessen des Klägers dienenden und zu seiner Aufhebung führenden formellen Fehlern, insbesondere in Form von Verfahrensfehlern, oder Verfahrensfehlern im Sinne des UmwRG. Solche hat der Kläger auch nicht geltend gemacht.

Das Vorhaben weist die erforderliche Planrechtfertigung auf. Die Planrechtfertigung ist ein ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung. Sie resultiert aus dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, welches mit Eingriffen in Rechte Dritter verbunden ist (BVerwG, Urteil vom 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, juris). Das Erfordernis der Planrechtfertigung ist erfüllt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern bereits dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.07.2018 - 9 B 49.16 -, juris; Urteil des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris; Urteil des Senats vom 02.09.2020 - 7 KS 17/15 -, juris).

Die Beklagte hat die Frage, ob ein Bedarf für die Errichtung von Mittelhochbahnsteigen besteht, im Planfeststellungsverfahren eingehend geprüft und sachlich nachvollziehbar dargestellt. Dabei hat sie zugrunde gelegt, dass nach § 8 Abs. 3 Satz 3 PBefG die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen sind, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen. Durch die geplanten Mittelhochbahnsteige werde ein Ein- und Ausstieg aller Fahrgäste auf einer Ebene gewährleistet. Zugleich werde dadurch auch das Ziel des § 8 Abs. 5 des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (BGG) berücksichtigt, wonach u.a. öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel des öffentlichen Personenverkehrs nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes barrierefrei zu gestalten seien.

Diese Erwägungen rechtfertigen den aufgestellten Plan. Soweit der Kläger geltend macht, der Hochbahnsteig an der Haltestelle P. sei nicht erforderlich, weil die vorliegende Planung auf einer Strecke von 1.300 m 4 Hochbahnsteige vorsehe und die Beigeladene bei der vorgezogenen Bürgerbeteiligung 2014 als Alternative eine Streckenbelegung mit nur 3 Hochbahnsteigen vorgeschlagen habe (Variante D), stellt er damit nicht per se die Rechtfertigung des Erfordernisses von Mittelhochbahnsteigen in Frage, sondern wendet sich der Sache nach gegen die konkrete Ausgestaltung des Vorhabens, hier die Variantenwahl der Beklagten. Deren Prüfung ist Gegenstand der Abwägungsentscheidung (s.u.). Ungeachtet dessen genügte es für die Rechtfertigung der Planrechtfertigung unter diesem Gesichtspunkt, dass die Fahrgastzahlen im beantragten Abschnitt von Winter 2018 auf Winter 2019 zugenommen haben und zudem aufgrund der Planung von weiteren Wohneinheiten in der Nähe eine weitere Zunahme der Fahrgastzahlen zu erwarten ist.

Der Kläger kann nicht geltend machen, dass sein Recht, das Grundstück befahren zu können, als Bestandteil des Kernbereichs der Eigentumsgarantie „abwägungsresistent“ ist. Als Straßenanlieger der N. Straße im Sinne von § 20 NStrG kann der Kläger als Drittbetroffener lediglich Anliegerrechte geltend machen. Als Anlieger steht dem Kläger ein Abwehrrecht nur insoweit zu, als die angemessene Nutzung des Grundeigentums die Verbindung mit der Straße fordert. Maßgebend ist dabei, was aus dem Grundstück unter Berücksichtigung der Rechtslage und der tatsächlichen Gegebenheiten als anerkennenswertes Bedürfnis hervorgeht.Die angemessene Nutzung eines Gewerbegrundstücks in einem Gewerbegebiet erfordert in der Regel die Möglichkeit des Ein - und Ausfahrens von Lastkraftwagen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2016 - 5 S 1229/14 -, juris).Das Anliegerrecht garantiert dabei nicht eine optimale, sondern nur eine nach den jeweiligen Umständen zumutbare Erreichbarkeit.Aus ihm lässt sich weder ein Anspruch auf den Fortbestand einer besonders vorteilhaften Verkehrsanbindung herleiten, noch, dass ein Grundstück ohne jegliche Einschränkung angefahren werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999 - 4 VR 7.99 -, juris m.w.N.). Es bewahrt den Anlieger auch nicht vor Zufahrtserschwernissen, die sich aus der besonderen örtlichen Lage und einer etwaigen situationsbedingten Vorbelastung ergeben, in die das Grundstück eingebettet ist. Ebenfalls nicht zum Kern des Anliegerrechts gehört eine Mehrfacherschließung (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.02.2004 - 11 B 2601/03 -, juris).

Nach Maßgabe dessen kann der Kläger zwar nicht verlangen, dass der Mittelhochbahnsteig gar nicht gebaut werde, damit der status quo für ihn erhalten bleibe, mithin die Zufahrtsmöglichkeiten „abwägungsresistent“ seien, er kann aber geltend machen, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Planfeststellungsbeschlusses das fachplanerische Abwägungsgebot des § 28 Abs. 1 Satz 2 PBefG zu beachten hat. Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 PBefG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Dies ist vorliegend nicht hinreichend geschehen.

Das Abwägungsgebot verlangt, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, sowie - zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und - drittens - weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Verwaltungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie - auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials - die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.12.2016 - 4 A 4.15 -, juris, und vom 19.12.2017 - 7 A 7.17 -, juris; Urteile des Senats vom 04.07.2017 - 7 KS 7/15 -, juris, und vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris).

Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind dabei gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 PBefG in Verbindung mit § 75 Abs. 1a VwVfG nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

Gemessen daran lässt sich eine hinreichende Abwägung durch die Planfeststellungsbehörde nicht feststellen.

Dies gilt zunächst, soweit der Kläger sich gegen die Abwägung der Variantenwahl durch die Beklagte wendet.

Die Variantenwahl ist als Abwägungsentscheidung gerichtlicher Kontrolle nur begrenzt auf erhebliche Abwägungsmängel hin zugänglich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.06.2009 - 9 VR 1.09 -, juris; Urteil des Senats vom 20.07.2021 - 7 KS 87/18 -, juris). Wesentliches Element planerischer Gestaltungsfreiheit ist die Gewichtung der verschiedenen Belange. Eine Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Variante ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Varianten sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Variante sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Varianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, darf die Planfeststellungsbehörde einerseits schon in einem früheren Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausscheiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.04.2018 - 9 A 16.16 -, juris; Beschluss vom 20.04.2009 - 9 B 10.09 -, juris; Urteil vom 26.10.2005 - 9 A 33.04 -, juris; Urteil vom 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, juris; Senat, Urteil vom 27.08.2019 - 7 KS 24/17 -, juris; Urteil vom 31.07.2018 - 7 KS 17/16 -, juris; Urteil vom 22.04.2016 - 7 KS 27/15 -, juris); andererseits darf sie aber eine Variante nicht mit fehlerhaften Erwägungen frühzeitig nicht weiter verfolgen, wenn diese ernsthaft in Betracht zu ziehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.03.2011 - 9 A 8.10 -, juris; Urteil vom 12.12.1996 - 4 C 29.94 -, juris; Urteil vom 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, juris). Zwar unterliegt auch die Überprüfung der Variantenauswahl des Vorhabenträgers durch die Planfeststellungsbehörde aufgrund der bestehenden Antragsbindung gewissen Einschränkungen. Dies entbindet die Planfeststellungsbehörde jedoch nicht von einer eigenständigen Überprüfung der in Betracht kommenden Planungsalternativen, insbesondere unter Berücksichtigung der geltend gemachten Einwendungen Betroffener. Erst bei der eigentlichen (endgültigen) Auswahlentscheidung ist sie - im Hinblick auf die planerische Gestaltungsfreiheit des Vorhabenträgers - auf die Prüfung beschränkt, ob dessen Erwägungen vertretbar und damit geeignet sind, die (endgültige) Variantenwahl zu rechtfertigen und ob - und ggf. aus welchen Gründen - sie sich diese zu eigen machen will (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.05.2016 - 5 S 1443/14 -, juris; BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, juris).

Vorliegend enthält der Planfeststellungsbeschluss unter 2.3.2.3 Ausführungen zur Variantenprüfung sowie unter 2.3.2.4.4.1 Ausführungen zu den diesbezüglichen Einwendungen des Klägers. Jedenfalls letzteren Ausführungen mangelt es ganz überwiegend vollständig an einer - eigenständigen - Abwägung durch die Planfeststellungsbehörde.

Den klägerischen Einwendungen gegen die Variantenwahl mit einer Stadtbahnhaltestelle I. Süd, die allein zu einer mittelbaren Betroffenheit des klägerischen Grundstücks führen würde, insbesondere dass

- eine Stadtbahnhaltestelle I. wegen des geringen Fahrgastaufkommens an dieser Stelle nicht erforderlich sei,

- diese unzulässig in rechtskräftige Bebauungspläne eingreife,

- etwaiger Verkehrseinschränkungen auf der B65 durch das planfestgestellte Vorhaben zu befürchten und eine Verschlechterung der Verkehrsqualität zu erwarten sei,

- ein nach Ansicht des Klägers erforderliches Verkehrsgutachten fehle, und

- die Vorhabenträgerin das Fahrgastaufkommen aus der geplanten Bebauung im Bereich der ehemaligen tierärztlichen Versuchsanstalt bei der Variantenwahl nicht berücksichtigt habe,

ist im Planfeststellungsbeschluss jeweils lediglich kommentarlos die Stellungnahme der Vorhabenträgerin gegenübergestellt, ohne dass nachfolgend ein eigenständiger Abwägungsvorgang der Behörde festzustellen ist. Dies ist jedoch ureigenste Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, die sich mit den gegenläufigen Argumenten auseinandersetzen und eine eigenständige Bewertung und Beurteilung vornehmen muss. Zwar kann sich die Planfeststellungsbehörde Einschätzungen und Abwägungsentscheidungen der Vorhabenträgerin zu eigen machen und ihre Abwägung darauf stützen, es muss sich aber aus dem Planfeststellungsbeschluss ergeben, dass eine eigenständige Abwägung erfolgt ist und worauf die Abwägungsentscheidung der Behörde konkret gestützt ist. Daran fehlt es vorliegend hinsichtlich der zuvor genannten Punkte vollständig. Dabei zeigt ein Vergleich zur Behandlung einzelner Einwendungen an anderen Stellen im Planfeststellungsbeschluss, beispielsweise zur Frage der Befahrbarkeit des klägerischen Grundstücks, bei denen - entsprechend der zuvor beschriebenen Vorgehensweise einer Gegenüberstellung von Einwendungen und Stellungnahme der Vorhabenträgerin - sodann eine eigenständige Abwägung durch die Planfeststellungsbehörde erfolgt, dass sich die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich des Erfordernisses eines eigenständigen Abwägungsvorgangs bewusst war.

Die unter 2.3.3 erfolgten Ausführungen zum „Abwägungsergebnis“ geben für eine hinreichende Abwägung durch die Beklagte ebenfalls nichts her. Die Behörde führt lediglich - mit Blick auf sämtliche geltend gemachten Belange Privater und öffentlicher Stellen - pauschal zusammenfassend aus, dass sie nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange mit dem öffentlichen Interesse an der genehmigten Maßnahme zu dem Ergebnis komme, dass nach Verwirklichung des Vorhabens keine wesentlichen Beeinträchtigungen schutzwürdiger Interessen zurückbleiben werden, alle nach Lage der Dinge in die Abwägung einzubeziehenden Gesichtspunkte berücksichtigt und mit ihrem jeweiligen Gewicht gewürdigt worden seien, so dass eine entsprechende Ausgewogenheit des Planes sichergestellt sei. Die vom Plan berührten Interessen hätten nicht ein solches Gewicht und seien auch nicht von derartiger Intensität, dass sie das erhebliche öffentliche Interesse an dem Bauvorhaben überwinden könnten. Diesen bloß formelhaften und pauschalen Ausführungen fehlt es an jeglicher Substanz, ersetzen eine konkrete Abwägung nicht und lassen eine nachvollziehbare Abwägung nicht erkennen.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auch geltend macht, bei der vorgezogenen Bürgerbeteiligung sei eine hinreichende Teilnehmerzahl in der Arbeitsgruppe „I.“ nicht vertreten gewesen und die Einwände der Stadt J. nicht berücksichtigt worden und damit der Sache nach die Grundlagen der Variantenermittlung in Frage stellt, führt dies allerdings nicht auf einen Fehler des Planfeststellungsbeschlusses. Ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses (S. 30 f. PFB) ist das Ergebnis der Bürgerbeteiligung nicht ohne weitere Prüfung übernommen worden, sondern einer weiteren Beurteilung durch die begleitenden Arbeitskreise bestehend aus Fachleuten der Q., der R., der Region A-Stadt, verschiedener Abteilungen der Verwaltung der Landeshauptstadt A-Stadt, aber auch der Stadt J., sowie der S. Bauplanungs- und Managementgesellschaft A-Stadt mbH unterzogen und auf ihre Machbarkeit hin untersucht worden. Dass allein die Bürgerbeteiligung Grundlage der Variantenermittlung und -beurteilung war, lässt sich danach ebenso wenig feststellen wie die Behauptung des Klägers, die Einwände der Stadt J., die sich entgegen der Bürgerbeteiligung gegen einen Hochbahnsteig I. ausgesprochen habe, seien nicht gehört worden. Gegen die Vorgehensweise der Variantenermittlung ist insofern nichts zu erinnern.

Ebenfalls zu Recht macht der Kläger einen Abwägungsmangel hinsichtlich der Berücksichtigung der Erreichbarkeit seines Grundstücks geltend. Als Anlieger steht dem Kläger ein Abwehrrecht nur insoweit zu, als die angemessene Nutzung des Grundeigentums die Verbindung mit der Straße fordert. Wie bereits dargetan kann der Kläger nach der Rechtsprechung zwar nicht verlangen, dass das als einheitliches Flurstück bestehende Grundstück durch mehrere Zufahrten erschlossen bleiben muss, die zudem im Bestand nicht verändert werden dürfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999 - 4 VR 7.99 -, juris m.w.N. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.02.2004 - 11 B 2601/03 -, juris). Es lässt sich auch nicht feststellen, dass das klägerische Grundstück bei Umsetzung der geplanten Bauten überhaupt nicht mehr zu erreichen und ihm mithin die Zufahrtsmöglichkeit also solche, etwa mit PKW oder anderen kleineren Fahrzeugen, genommen wäre. Seine Anliegerinteressen sind aber im Rahmen der Planfeststellung sachgerecht in die Abwägung einzustellen. Dies zugrunde gelegt weist der Planfeststellungsbeschluss erhebliche Abwägungsfehler zu Lasten des Klägers auf. Zwar ist hinsichtlich dieser Einwendung dem Planfeststellungsbeschluss ein eigenständiger Abwägungsvorgang der Behörde („Anmerkung der Planfeststellungsbehörde“, S. 80 f. PFB) zu entnehmen. Es lässt sich allerdings nicht feststellen, dass die Verwaltungsbehörde die insoweit abwägungserheblichen Gesichtspunkte tatsächlich zutreffend, insbesondere hinreichend bestimmt hat.

Die Beklagte führt in dem Planfeststellungsbeschluss aus, dass die Befahrbarkeit sowohl der Zufahrt zwischen den Gebäuden A-StraßeA und 96B als auch der Zufahrt über den Parkplatz, also nördlich des Gebäudes A-StraßeA, mit Lastzügen anhand von Schleppkurven und Fahrversuchen im Nachgang zum Erörterungstermin nachgewiesen worden sei. Diese der Abwägung explizit zugrunde gelegte Annahme ist unzutreffend. Ausweislich der Dokumentation zur Durchführung der Fahrversuche der O. Ingenieure vom 15. Juli 2020 ist ein Fahrversuch zur Frage der Befahrbarkeit für die Zufahrt zwischen den Gebäuden A-StraßeA und 96B entgegen den ursprünglichen Planungen im Nachgang zum Erörterungstermin nicht erfolgt. Diese Zufahrt wurde mithin ausdrücklich nicht Gegenstand der Fahruntersuchung. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Kläger auf einen Fahrversuch bezüglich dieser Zufahrt im Rahmen des Erörterungstermins verzichtet hätte. Der Kläger bestreitet dies. Das Protokoll des Erörterungstermins spricht ebenfalls gegen diese Behauptung der Beklagten. Vielmehr wird dort (S. 4) ausdrücklich festgehalten, dass der Kläger die Frage des Verhandlungsleiters, ob er weiteren Fahrversuchen zur Nutzbarkeit der Ein- und Ausfahrt zwischen den Gebäuden sowie der Zufahrt über den Parkplatz zustimmen würde, bejahte, mithin ersichtlich Fahrversuche hinsichtlich beider Zufahrten vereinbart wurden.

Im Nachgang zum Erörterungstermin diesbezüglich erstellte Schleppkurvenberechnungen sind den Unterlagen ebenfalls nicht zu entnehmen. Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats ausdrücklich ausgeführt, dass Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses die zur Verfügung gestellten Schleppkurvenberechnungen aus dem Jahr 2019 gewesen seien.

Auch die weitere dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Annahme, dass mit Hilfe von Schleppkurvenberechnungen und Fahrversuchen nachgewiesen sei, dass ein Befahren des Grundstücks im Bereich des nördlich A-StraßeA belegenen Parkplatzes möglich sei, soweit dort das Tor verbreitert werde, trifft in dieser Pauschalität nicht ohne weiteres zu. Eine - hinreichende - Schleppkurvenberechnung hat für diese Zufahrt - bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses nicht stattgefunden. Die ursprünglich vorgelegten Schleppkurvenberechnungen waren - wie sich aus der Dokumentation der O. Ingenieure ergibt - unzutreffend und ermöglichten eine Zufahrt ohne weitere Änderungen nicht (Dokumentation zur Durchführung der Fahrversuche der O. Ingenieure vom 15.07.2020, S. 38). Zwar wird in der Dokumentation sodann angeführt, dass bei den Fahrversuchen und der „virtuellen“ Annahme einer breiteren Zufahrt (ca. 7,10 m) das Einbiegen in die N. Straße gelang. Allerdings wird in der Dokumentation des Weiteren ausgeführt, dass während der Fahrversuche die „virtuelle“ Zufahrt teilweise nach Süden und teilweise nach Norden verbreitert werden musste. Es wird explizit dargelegt, dass die in beiden Situationen gewonnenen Erkenntnisse bei Fortschreibung des Entwurfs überlagert und zu einem funktionierenden Gesamtkonzept zusammengefasst werden müssten, zudem eine Neuordnung des ruhenden Verkehrs erforderlich sei und empfohlen werde, die Schleppkurven auf Basis der vorliegenden Erkenntnisse und Fahrversuche noch einmal zu aktualisieren. Auf Basis dieser aktualisierten Schleppkurven müsse die bauliche Gestaltung des Zufahrtsbereichs verbreitert werden (Dokumentation zur Durchführung der Fahrversuche der O. Ingenieure vom 15.07.2020, S. 53). Danach gingen die Verfasser der Dokumentation selbst davon aus, dass nachfolgend zu den Fahrversuchen weitere Anpassungen und Überlegungen erforderlich waren.

Dass dies im Nachgang erfolgt wäre und insbesondere daraus resultierende Erkenntnisse der Beklagten vorgelegen und Eingang in deren Abwägung gefunden hätten, lässt sich nicht feststellen. Den Verwaltungsvorgängen ist dazu nichts zu entnehmen. Ausweislich derer ist lediglich eine Abstimmung per E-Mail hinsichtlich der Formulierung der den Kläger betreffenden Nebenbestimmung erfolgt. Es mag danach aufgrund der durchgeführten Fahrversuche nachvollziehbar sein, dass bei Vergrößerung des Tores eine Befahrbarkeit gewährleistet ist, es lässt sich aber schon nicht feststellen, dass - mit Blick auf die in der Dokumentation der O. Ingenieure trotz der durchgeführten Fahrversuche geforderten Nacharbeiten - die Entscheidung der Behörde auf einer hinreichend ermittelten Tatsachengrundlage erfolgte. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die durchgeführten Fahrversuche kein „Durchfahren in einem Zug“ ermöglichten, sondern allein mit „virtuellen“ Annahmen gelangen. Insbesondere nicht nachvollziehbar ist vor diesem Hintergrund die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Annahme der Beklagten, die - im Übrigen nicht näher konkretisierten - Auswirkungen auf die Möglichkeit, die auf dem Grundstück befindliche Flächen als Parkflächen zu nutzen, seien von geringem Umfang. Den Verwaltungsvorgängen lassen sich weder Feststellungen dazu entnehmen, wie viele Parkflächen voraussichtlich entfallen, noch, worauf diese Annahme der Beklagten gründen könnte. Der Fahrversuch selbst konnte entsprechende Erkenntnisse nicht erbringen, weil dieser aufgrund der derzeit vorhandenen Torbreite nicht die realen Verhältnisse abbilden konnte. Die vor dem Fahrversuch erstellten Schleppkurvenberechnungen - die von den O. Ingenieuren als ungeeignet bzw. unzutreffend erachtet wurden (Dokumentation der O. Ingenieure vom 15.07.2020, S. 38, S. 52) - vermochten dazu ebenfalls keine Grundlage zu bilden. Nachfolgende, aktualisierte Berechnungen oder anderweitige Ermittlungen sind den Unterlagen nicht zu entnehmen. Es kommt entgegen der im Rahmen der mündlichen Verhandlung geäußerten Annahme der Beklagten auch nicht allein darauf an, dass überhaupt eine Befahrbarkeit des klägerischen Grundstücks durch die Fahrversuche nachgewiesen sein mag. Ebenso wenig kann es - entgegen den Ausführungen der Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung - dahinstehen, ob die Tordurchfahrt 5 m oder 10 m beträgt. Zu berücksichtigen ist, dass erst die konkrete Feststellung der tatsächlich erforderlichen Torbreite in einem zweiten Schritt die Ermittlung zulässt, in welchem Ausmaß die bisherige Zufahrt des Klägers einerseits und die Parkflächen des Klägers andererseits betroffen sind. Erst dann aber ist der Beklagten das Ausmaß der Betroffenheit des Klägers bekannt und kann eine hinreichende Abwägung erfolgen.
Für die vorhergehenden Erläuterungen einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung sprechen im Übrigen auch die Ausführungen der O. Ingenieure in der von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 3. Juni 2022 eingegangene Stellungnahme vom 1. März 2022, in der das Erfordernis weiterer Berechnungen und Ermittlungen in Folge der Dokumentation der Fahrversuche noch einmal ausdrücklich dargelegt wird. Dort heißt es: „Wie im Abschlussbericht (Anm. des Senats: Dokumentation der O. Ingenieure vom 15.07.2020 im Planfeststellungsverfahren) beschrieben, trifft es zu, dass das Tor in Relation zum Bestand definitiv verbreitert werden muss. Aus Sicht des Gutachters waren hierbei jedoch einige Rahmenbedingungen zu beachten, infolge derer die Herleitung der erforderlichen Torbreite und exakten Torlage erst im Zuge der weiteren Objektplanung anhand einer detaillierten Betrachtung der verschiedenen Belange durch den Entwurfsverfasser erfolgen kann. (…). Grundsätzlich wurde empfohlen, die bei verschiedenen Fahrversuchen gewonnenen Erkenntnisse im Zuge der CAD-basierten Fortschreibung des Entwurfs zu überlagern und in ein funktionierendes Gesamtkonzept zu überführen“. Entsprechendes ist den Vorgängen nicht zu entnehmen, so dass sich vor diesem Hintergrund nicht feststellen lässt, dass die Beklagte den für eine Abwägung der gegenläufigen Interessen erforderlichen Sachverhalt hinreichend ermittelt und nachfolgend abgewogen hat.

Die vorstehend aufgezeigten Mängel in der Abwägung sind i.S.v. § 28 Abs. 1 Satz 3 PBefG in Verbindung mit § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG erheblich, nämlich offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Offensichtlich ist, was zur äußeren Seite des Abwägungsvorgangs gehört. Der in Frage stehende Mangel muss auf objektiv erfassbaren Sachumständen beruhen, die Erkenntnis und Einstellung aller wesentlichen Belange in die Abwägung und die Gewichtung der Belange betreffen und sich etwa aus den Verfahrensakten, der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses oder sonstigen Unterlagen ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.03.2011 - 9 A 8.10 -, juris; Neumann/Külpmann in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 75, Rn. 40). Dies trifft auf die mangelnde Belastbarkeit des für die Begründung der Berücksichtigung der klägerischen Belange ins Feld geführte Argumentation der Beklagten zu. Ein Einfluss auf das Abwägungsergebnis kann nur verneint werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür nachweisbar sind, dass die Planfeststellungsbehörde auch im Falle einer ordnungsgemäßen Abwägung die gleiche Entscheidung getroffen hätte. Solche Anhaltspunkte können sich etwa aus dem Planfeststellungsbeschluss ergeben. Das Gericht darf keine eigene hypothetische Abwägungsentscheidung an die Stelle der Entscheidung durch die Planfeststellungsbehörde setzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.11.2020 - 9 A 5.20 -, juris; Beschluss vom 25.04.2018 - 9 A 16.16 -, juris; Urteil vom 10.02.2016 - 9 A 1.15 -, juris unter Hinweis auf BVerfG, Kammerbeschluss vom 16.12.2015 - 1 BvR 685/12 -, juris). Bleibt unklar, ob ein Abwägungsmangel Einfluss auf das Abwägungsergebnis gehabt hat, geht dies zulasten der Planfeststellungsbehörde und ist vom Vorhandensein eines Einflusses auszugehen (Neumann/Külpmann in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 75, Rn. 41). An solchen konkreten Anhaltspunkten fehlt es hier infolge der unzureichenden Ermittlung und Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände.Insoweit kann auch die Kausalität des Mangels für die Betroffenheit des Klägers nicht verneint werden, da angesichts der planerischen Optionen der Beklagten nicht ausgeschlossen werden kann, dass die fehlerfreie Beachtung dieses Belangs zu einer Veränderung der Planung im Bereich des klägerischen Grundstücks führen würde.

Die aufgezeigten Mängel rechtfertigen zwar nicht die mit dem Antrag begehrte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, weil Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verbleiben, wohl aber die als „Minus“ in dem Anfechtungsantrag enthaltene Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, da sie einen Antrag gestellt und sich so dem Risiko einer Kostentragung ausgesetzt hat.