Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.03.2001, Az.: 2 L 5117/97

Asyl; Asylantragsteller; Asylbewerber; Ausländer; Gruppenverfolgung; Kollektivverfolgung; Kurden; politische Verfolgung; Rückkehrgefährdung; Syrien; Yeziden

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.03.2001
Aktenzeichen
2 L 5117/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 40341
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 19.02.1997 - AZ: 6 A 1306/96

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der Senat hält auch unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnisse an seiner Rechtsprechung fest, dass Angehörige der yezidischen Glaubensgemeinschaft aus dem Nordosten Syriens (Distrikt Hassake) und kurdische Volkszugehörige in Syrien keiner Gruppenverfolgung unterliegen.

Tatbestand:

1

Der am ...geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit und yezidischen Glaubens. Er stammt aus dem Ort T. T. im Nordosten Syriens.

2

Der Kläger reiste erstmals am 1. März 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 26. Juli 1993 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG nicht vorliegen, und forderte den Kläger unter gleichzeitiger Androhung der Abschiebung zur Ausreise auf.

3

Am 1. November 1993 beantragte der Kläger erneut seine Anerkennung als Asylberechtigter. Mit Bescheid vom 21. Februar 1994 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab. Dagegen erhob der Kläger am 21. März 1994 vor dem Verwaltungsgericht Klage (6 A 695/94) und suchte zugleich um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach (6 B 696/94). Den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 31. März 1994 ab. Der Kläger wurde daraufhin am 20. Juli 1994 nach Syrien abgeschoben. Seine Klage wurde am 9. August 1994 zurückgenommen.

4

Nach seinen eigenen Angaben reiste der Kläger am 10. April 1995 wieder in die Bundesrepublik Deutschland ein. Mit Schriftsatz seines damaligen Bevollmächtigten vom 18. April 1995 beantragte er erneut seine Anerkennung als Asylberechtigter. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hörte den Kläger am 6. Dezember 1995 zu seinem Asylantrag an. Der Kläger trug vor, er sei nach seiner Rückkehr nach Syrien noch auf dem Flughafen von der Flughafenpolizei verhaftet und dort zwei Tage lang festgehalten worden. Dann habe man ihn nach Damaskus gebracht. Dort sei er etwa einen Monat lang festgehalten worden. Während der Inhaftierung sei er geschlagen und gefoltert worden. Man habe ihm vorgeworfen, in Deutschland für die Organisation "Hevgirtina Gel" gearbeitet zu haben. Am 24. August 1994 sei er einem Gericht vorgeführt worden. In der Zwischenzeit hätten Bekannte erfahren, dass er inhaftiert sei. Gegen Zahlung eines Bestechungsgeldes sei er dann freigelassen worden. Er habe die Auflage erhalten, sich zweimal wöchentlich bei der Polizei in Hassake zu melden. In Hassake habe ihn der Geheimdienst fünf Tage lang festgehalten. Ihm sei vorgeworfen worden, eine Yeziden-Vereinigung gegründet zu haben. Sehr oft hätten die Polizisten auch ihr Haus überfallen und nach irgendwelchen Publikationen gesucht. Das sei ihnen jedoch nicht gelungen. Er habe alle Sachen der Organisation "Hevgirtina Gel" beseitigt, nachdem der Geheimdienst ihn freigelassen habe. Es habe sich um Publikationen der Organisation gehandelt, die er in verschiedenen Dörfern in Syrien verteilt habe. Er arbeite seit 1993 für diese Organisation.

5

Nach den Überfällen durch die Polizisten habe er seine Mutter und seinen Schwager angerufen, die in Deutschland lebten. Diese hätten sodann von den Yeziden Gelder gesammelt und es ihm geschickt. Mit Hilfe einiger Kameraden der Organisation "Hevgirtina Gel" sei er Anfang Januar 1995 in den Libanon gelangt. Dort habe er sich zwei bis drei Wochen in der Wohnung des Schleppers aufgehalten.

6

Mit Bescheid vom 27. Juni 1996 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen, und forderte den Kläger unter gleichzeitiger Androhung der Abschiebung zur Ausreise auf.

7

Mit seiner am 11. Juli 1996 erhobenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass er wegen des von ihm geschilderten Verfolgungsschicksals und seiner Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Yeziden als Asylberechtigter anzuerkennen sei.

8

Das Verwaltungsgericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung zu dem von ihm geltend gemachten Verfolgungsschicksal angehört.

9

Der Kläger hat beantragt,

10

den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 27. Juni 1996 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen.

11

Die Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat keinen Antrag gestellt.

14

Mit Urteil vom 19. Februar 1997 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter, weil sein Vorbringen aufgrund zahlreicher Widersprüche und Ungereimtheiten insgesamt als unglaubhaft zu bewerten sei. Das Gericht sei nicht der Auffassung, dass der Kläger nach seiner Abschiebung im Juli 1994 in Syrien aus individuellen Gründen politische Verfolgungsmaßnahmen habe erleiden müssen oder dass ihm solche unmittelbar bevorgestanden hätten. Der Kläger sei vor seiner neuerlichen Ausreise aus Syrien auch nicht wegen seiner kurdischen Volkszugehörigkeit und seines yezidischen Glaubens einer dem syrischen Staat unmittelbar oder mittelbar zuzurechnenden asylerheblichen Verfolgung ausgesetzt gewesen. Ebenso wenig habe eine solche Verfolgung zum Zeitpunkt der Ausreise unmittelbar bevorgestanden. Auch wegen seiner Asylantragstellung drohe dem Kläger keine politische Verfolgung im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 GG. Im Übrigen scheitere ein Anspruch des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter auch an Art. 16 a Abs. 2 GG in Verbindung mit § 26 a AsylVfG, da der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan habe, dass er auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Auch die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG lägen bei dem Kläger nicht vor. Hinreichende Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Klägers bei einer Rückkehr nach Syrien ergäben sich nicht aus der Asylantragstellung, dem Auslandsaufenthalt und dem Umstand, dass sich abgeschobene Personen bei einer Einreise nach Syrien in der Regel einem Verhör durch die Sicherheitsbehörden unterziehen müssten. Der Kläger habe bei einer Rückkehr nach Syrien auch nicht deshalb mit staatlichen Maßnahmen von asylerheblicher Intensität zu rechnen, weil er nach seinen Angaben in der Bundesrepublik Deutschland mit der Partei "Hevgirtina Gel" zusammenarbeite bzw. von dieser Publikationen beziehe. Der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung behauptete Kontakt zu Sympathisanten oder Mitgliedern der "Volksunion" (offenbar gemeint: Auslandsorganisation der KVU-PHGK) begründe keine Gefährdung. Im Übrigen sei das Vorbringen des Klägers trotz Nachfragen des Gerichts uneinheitlich und äußerst vage geblieben.

15

Auf den Antrag des Klägers hat der Senat durch Beschluss vom 4. November 1997 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit zugelassen, als der Kläger mit der Berufung die Feststellung erstrebt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Im Übrigen hat der Senat den Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, hinsichtlich der von dem Kläger begehrten Anerkennung als Asylberechtigter bleibe der Antrag auf Zulassung der Berufung erfolglos, weil der Kläger die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass er sich gemäß Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit § 26 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht auf Art. 16 a Abs. 1 GG berufen könne, nicht mit Zulassungsgründen gemäß § 78 Abs. 3 Nrn. 1-3 AsylVfG angefochten habe. Hinsichtlich der von dem Kläger erstrebten Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, hat der Senat die Berufung zugelassen, weil die Frage der regionalen Gruppenverfolgung der Yeziden in Syrien in den sogenannten wehrfähigen Dörfern des Distrikts Al Hassake von grundsätzlicher Bedeutung sei.

16

Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung geltend, dass er aufgrund seiner yezidischen Religionszugehörigkeit bereits in seinem Heimatland eine mittelbare Gruppenverfolgung erlitten habe und diese bei einer Rückkehr erneut erleiden würde. Die für die Annahme einer mittelbaren Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte sei gegeben. Das folge aus dem vom Kulturforum der yezidischen Glaubensgemeinschaft e.V. für das Verwaltungsgericht Magdeburg erstellten Gutachten vom 19. November 2000 sowie aus der Liste seiner Prozessbevollmächtigten, in der die asylerheblichen Übergriffe auf die von dieser vertretenen Yeziden durch ihre moslemisch-arabischen Nachbarn bis Anfang Dezember 1999 aufgeführt seien. Die Übergriffe auf die Yeziden, die seitdem aus dem Distrikt Hassake geflohen seien, seien in der Liste noch nicht erfasst worden. Aufgrund der Berichte der Yeziden, die insbesondere seit dem letzten Halbjahr 1999 eingereist seien und von seiner Prozessbevollmächtigten vertreten würden, könne jedoch festgestellt werden, dass die asylerheblichen Übergriffe der moslemisch-arabischen Nachbarn erheblich zugenommen hätten und dass die Yeziden von den syrischen Sicherheitskräften keinerlei Schutz hätten erlangen können. Dass der syrische Staat den betroffenen Yeziden keinen Schutz gewähre, werde auch durch das von dem Sachverständigen Maisel für das Verwaltungsgericht Magdeburg erstellte Gutachten vom 30. November 2000 bestätigt. Aus diesem Gutachten sowie aus dem Gutachten des Kulturforums der yezidischen Glaubensgemeinschaft e.V. vom 19. November 2000 und aus der Stellungnahme der Sachverständigen Prieß vom 27. April 2000 an das Verwaltungsgericht Braunschweig ergebe sich des Weiteren, dass Yeziden aus dem Distrikt Hassake keine inländische Fluchtalternative zur Verfügung stehe.

17

Der Kläger trägt ferner vor, dass das von dem Senat in seinem Urteil vom 14. Juli 1999 (2 L 4943/97) und dem Oberverwaltungsgericht Münster in seinem Urteil vom 21. April 1998 (9 A 6597/95.A) bei der Ermittlung der Verfolgungsdichte gewählte Verfahren, die Anzahl der asylerheblichen Übergriffe auf Yeziden im Distrikt Hassake in Relation zu der yezidischen Bevölkerungszahl zu setzen, der Situation der Yeziden im Distrikt Hassake und dem von ihm dargelegten Sachverhalt nicht gerecht werde. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juli 1994 (-- 9 C 158.94 --, BVerwGE 96, 200), auf dem diese Verfahrensweise beruhe, sei hinsichtlich des Vorliegens einer Gruppenverfolgung im Kosovo ergangen. Es hätten gesicherte Erkenntnisse über die Zahl der dort lebenden Albaner vorgelegen. Das sei hinsichtlich der Yeziden in Syrien nicht der Fall. Es gebe keine verlässlichen Quellen über ihre Bevölkerungszahl und die Anzahl der asylerheblichen Übergriffe. Er meine, dass das Bundesverwaltungsgericht, der Senat und das Oberverwaltungsgericht Münster in den genannten Entscheidungen bei der Beurteilung der Frage, ob die zur Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte gegeben sei, in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise vorgegangen seien. Wenn in den genannten Entscheidungen verlangt werde, dass es zur Feststellung einer Gruppenverfolgung einer so großen Vielzahl von asylrelevanten Übergriffen bedürfe, dass für jeden Angehörigen der Gruppe nicht nur potentiell und möglicherweise, sondern aktuell ein den Vergleichsfällen entsprechendes Verfolgungsschicksal drohe, werde der Kernbereich der Zuerkennung asylrechtlicher Gruppenverfolgung ausgehöhlt und deshalb gegen Art. 16 a Abs. 1 GG verstoßen.

18

Der Kläger beantragt,

19

das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und unter teilweiser Aufhebung des entgegenstehenden Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 27. Juni 1996 die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen.

20

Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

21

Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten, der ebenfalls keinen Antrag gestellt hat, trägt zu dem Gutachten des Kulturforums der yezidischen Glaubensgemeinschaft e.V. vom 19. November 2000 vor, es sei bereits unklar, welche tatsächliche Aussagekraft dem Gutachten beizumessen sei. Es werde weder offengelegt, auf welcher Grundlage -- wie etwa eigenen Ermittlungen vor Ort oder bloße Weitergabe von Darstellungen Dritter -- die zahlenmäßigen Angaben beruhten, noch welche Tatsachenbasis bezüglich der Einzelangaben zu den angeführten Straftaten bestehe. Dessen ungeachtet sei auch bei Berücksichtigung des Gutachtens weiterhin davon auszugehen, dass die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte nicht gegeben sei.

22

Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

23

Der Senat hat die für das Verwaltungsgericht Magdeburg erstellten Gutachten des Kulturforums der yezidischen Glaubensgemeinschaft e.V. vom 19. November 2000 und des Sachverständigen Maisel vom 30. November 2000 zu diesem Verfahren beigezogen.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Ausländerakten des Landkreises Osterholz Bezug genommen. Die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel ergeben sich aus den Anlagen zu der Verfügung des Gerichts vom 12. Februar 2001 und aus der Verfügung des Gerichts vom 7. März 2001.

Entscheidungsgründe

25

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger gemäß § 51 Abs. 1 AuslG Abschiebungsschutz zu gewähren (1.). Ebenso wenig liegen in seinem Fall die Voraussetzungen des § 53 AuslG vor (2.).

26

1. Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Das in § 51 Abs. 1 AuslG geregelte Abschiebungsverbot deckt sich in seinen Voraussetzungen im Grundsatz mit denen der politischen Verfolgung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.1.1994 -- 9 C 48.92 --, InfAuslR 1994, 196; Urt. d. Sen. v. 22.6.1999 -- 2 L 670/98 --).

27

Der Kläger hat Syrien nicht wegen einer bereits erlittenen oder unmittelbar bevorstehenden politischen Verfolgung verlassen. Ihm droht auch bei einer Rückkehr nach Syrien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung.

28

a) Der Kläger war vor seiner Ausreise aus Syrien im Jahre 1995 nicht wegen der geltend gemachten Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Yeziden einer dem syrischen Staat zurechenbaren mittelbaren Gruppenverfolgung durch Moslems ausgesetzt. Er hat auch im Falle der Rückkehr nach Syrien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen seines yezidischen Glaubens eine solche mittelbare Gruppenverfolgung zu befürchten.

29

Angehörige der yezidischen Glaubensgemeinschaft, die -- wie der Kläger -- aus dem Nordosten Syriens stammen, unterlagen nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urt. v. 14.7.1999 -- 2 L 4943/97 --) im Zeitpunkt der Ausreise des Klägers in Syrien keiner mittelbaren Gruppenverfolgung. Sie unterliegen auch gegenwärtig in Syrien keiner mittelbaren Gruppenverfolgung. Die Situation der Yeziden aus dem Nordosten Syriens unterscheidet sich insofern entgegen der Auffassung des Klägers von derjenigen der Yeziden aus dem Südosten der Türkei, bezüglich derer der 11. Senat des erkennenden Gerichts in seinem Urteil vom 28. November 1993 (11 L 513/89) festgestellt hat, dass sie zumindest seit 1988/89 einer mittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung ausgesetzt seien.

30

In seinem Urteil vom 14. Juli 1999 (a.a.O.) hat der Senat nach einer umfassenden Würdigung der einschlägigen Erkenntnismittel unter Aufgabe seiner Rechtsprechung im Urteil vom 5. Februar 1997 (2 L 3670/96) entschieden, der Annahme, dass die Angehörigen der yezidischen Glaubensgemeinschaft aus dem Nordosten Syriens einer dem syrischen Staat zurechenbaren mittelbaren Gruppenverfolgung ausgesetzt seien, stehe entgegen, dass die hierfür erforderliche Verfolgungsdichte nicht gegeben sei. An dieser Auffassung hat der Senat nach Prüfung der aktuellen Erkenntnismittellage auch in seiner jüngeren Rechtsprechung festgehalten (vgl. Beschlüsse d. Sen. v. 22.1.2001 -- 2 L 3777/00 -- u. 23.1.2001 -- 2 L 3972/00 --; vgl. ebenso OVG NW, Urt. v. 21.4.1998 -- 9 A 6597/95.A --; OVG Bremen, Urt. v. 4.11.1998 -- OVG 2 BA 4/97 --; OVG Saarland, Urt. v. 28.5.1999 -- 3 R 74/98 --; a. A. VG München, Urt. v. 18.5.1999 -- M 24 K 97.50376 --; VG Magdeburg, Urt. v. 29.1.2001 -- 8 A 497/98 MD --; offen gelassen im Urt. d. OVG NW v. 22.1.2001 -- 8 A 4154/99.A -- im Falle einer türkischen Staatsangehörigen yezidischen Glaubens, die in Syrien geboren ist und bis zu ihrer Ausreise Ende 1997 im Distrikt Hassake gelebt hat).

31

Das Vorbringen des Klägers, die Grundlagen für die bisherige Beurteilung des erkennenden Senats seien nicht mehr verwendbar, da ein Großteil der Yeziden aus dem Nordosten Syriens wegen der Übergriffe der moslemischen Bevölkerung geflüchtet sei, rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung.

32

Der Senat ist in seinem Urteil vom 14. Juli 1999 (a.a.O.) aufgrund der ihm vorliegenden Erkenntnismittel von einer yezidischen Bevölkerung im Nordosten Syriens von ca. 10.000 Yeziden ausgegangen, hat aber außerdem vorsorglich die Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung bei Annahme einer yezidischen Bevölkerung von nur 5.000 überprüft und hat auch für diesen Fall das Vorliegen einer Gruppenverfolgung verneint (vgl. S. 14-17 UA). Der Kläger hat keine gewichtigen Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass nach den gegenwärtigen Verhältnissen selbst die Zahl von 5.000 wesentlich zu hoch ist. Soweit sich der Kläger auf Angaben beruft, die in jüngster Zeit aus Syrien ausgereiste Yeziden, die ebenfalls von seiner Prozessbevollmächtigten anwaltlich vertreten werden, im Rahmen ihrer Asylverfahren gemacht haben, ist nicht deutlich geworden, dass es sich hierbei um verlässliche Quellen handelt, die einen annähernd vollständigen Überblick vermitteln können. Zweifel an der Richtigkeit der Angaben ergeben sich selbst bei Annahme einer nicht unbeträchtlichen Abwanderung insbesondere daraus, dass z.B. der Sachverständige Maisel noch in seinen relativ kurze Zeit zurückliegenden Beiträgen aus den Jahren 1997 und 1998 von einer Zahl von 8.000 Yeziden im Nordosten Syriens ausgegangen ist (vgl. die Magisterarbeit v. 22.5.1997, S. 49 f., und das Gutachten vom Juli 1998, S. 1, das bei einer Gesamtzahl von 15.000 Yeziden in ganz Syrien offenbar ebenfalls für den Nordosten Syriens eine Zahl von 8.000 zugrunde legt). In seinem für das Verwaltungsgericht Magdeburg erstellten aktuellen Gutachten vom 30. November 2000 hat Maisel ausgeführt, dass die Zahl der in Syrien lebenden Yeziden die 15.000 nicht übersteige (S. 2). Im weiteren Verlauf des Gutachtens heißt es, nur 1 % der etwa 1,5 Mio. Kurden, die in Syrien lebten, seien Anhänger des yezidischen Glaubens (S. 6). Diese Zahlenangaben belegen, dass Maisel offenbar nach wie vor von 8.000 im Nordosten Syriens lebenden Yeziden ausgeht. Anderenfalls hätte es nahe gelegen, dass Maisel in seinem Gutachten vom 30. November 2000 ausgeführt hätte, die in seinen früheren Arbeiten gemachten Zahlenangaben seien zu korrigieren. Das ist indes nicht geschehen.

33

Auch die Erkenntnisse, die das Auswärtige Amt in seinem aktuellen Lagebericht Syrien vom 8. Februar 2001 wiedergegeben hat, stehen der Annahme entgegen, dass nach den gegenwärtigen Verhältnissen die Zahl von 5.000 noch im Nordosten Syriens lebenden Yeziden wesentlich zu hoch ist. Denn nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes leben in Syrien noch ca. 10.000 bis 12.000 Yeziden, wobei ihre Hauptsiedlungsgebiete im Nordosten des Landes liegen.

34

Das von dem Kulturforum der yezidischen Glaubensgemeinschaft e.V. (im Folgenden: Yezidisches Forum) für das Verwaltungsgericht Magdeburg erstellte Gutachten vom 19. November 2000 rechtfertigt keine andere Einschätzung.

35

Das Yezidische Forum hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass im Nordosten Syriens (Distrikt Hassake) 4.093 Yeziden lebten (Stand: September 2000). Bei der Würdigung dieser Zahlenangabe und der in dem Gutachten des Yezidischen Forums des Weiteren -- u.a. zu Übergriffen auf Yeziden -- enthaltenen Angaben ist zu berücksichtigen, dass das Yezidische Forum ein privatrechtlich organisierter Verein ist, dessen Mitglieder yezidische Religionszugehörige sind und der daran interessiert sein dürfte, dass die Asylverfahren der in Deutschland lebenden Yeziden Erfolg haben. Insoweit bestehen gewisse Bedenken gegen die Überzeugungskraft des Gutachtens. Es kommt hinzu, dass -- wie schon ausgeführt wurde -- das Auswärtige Amt in seinem aktuellen Lagebericht vom 8. Februar 2001 und insbesondere auch Maisel in seiner Magisterarbeit vom 22. Mai 1997, seinem Gutachten vom Juli 1998 und seinem aktuellen Gutachten vom 30. November 2000 bezüglich der Zahl der noch in Syrien lebenden Yeziden zu wesentlich anderen Einschätzungen gelangt sind als das Yezidische Forum.

36

Letztlich können indes jedenfalls im Rahmen dieses Verfahrens die vorstehend zum Ausdruck gebrachten Bedenken zurückgestellt werden. Denn selbst wenn zugunsten des Klägers von einer yezidischen Bevölkerung im Nordosten Syriens von lediglich noch 4.093 ausgegangen wird, rechtfertigt dies -- wie noch auszuführen sein wird -- entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Magdeburg (Urt. v. 29.1.2001, a.a.O.) nicht die Annahme, dass nunmehr die für die Bejahung einer mittelbaren Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte gegeben ist.

37

Hinsichtlich der Zahl der Übergriffe auf Yeziden im Nordosten Syriens ist der Senat in seinen Urteilen vom 5. Februar 1997 (a.a.O.) und 14. Juli 1999 (a.a.O.) von 32 asylerheblichen Verfolgungsschlägen innerhalb eines Zeitraums von rd. 25 Jahren ausgegangen (20 Landwegnahmen, 3 Tötungen, 7 bis 9 Entführungen).

38

Das Yezidische Forum hat demgegenüber in seinem Gutachten vom 19. November 2000 ausgeführt, in den Jahren 1990 bis 1999 seien Yeziden im Distrikt Hassake 77 asylrechtlich relevanten Verfolgungsschlägen ausgesetzt gewesen. Es habe sich um 22 Morde, 14 Vorfälle mit Körperverletzungen, 12 Entführungen und 29 Landwegnahmen gehandelt (vgl. S. 8 des Gutachtens). Bei der Würdigung dieser Zahlenangaben ist zu berücksichtigen, dass zweifelhaft ist, ob die in dem Gutachten des Yezidischen Forums angeführten Körperverletzungen nach ihrer Intensität das asylrechtlich relevante Maß erreicht haben. Fraglich ist auch, ob den Körperverletzungen durchweg asylrechtlich relevante Motive zugrunde gelegen haben. Das gilt auch für die in dem Gutachten dargestellten Morde. Zweifelhaft ist ferner, ob die neun Enteignungen, die nach der im Gutachten des Yezidischen Forums befindlichen Aufstellung der syrische Staat vollzogen haben soll, aufgrund der Zugehörigkeit der betroffenen Grundstückseigentümer zur Glaubensgemeinschaft der Yeziden erfolgt sind.

39

Selbst wenn jedoch im Rahmen dieses Verfahrens auch die vorstehend dargestellten Zweifel an der asylrechtlichen Relevanz der in dem Gutachten des Yezidischen Forums aufgeführten Vorfälle zurückgestellt werden und zugunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass sich in den Jahren 1990 bis 1999 im Distrikt Hassake 77 asylrechtlich relevante Verfolgungsschläge ereignet haben, kann die für die Annahme einer mittelbaren Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte nicht bejaht werden.

40

Setzt man die Zahl der Verfolgungsschläge (77) mit der Größe der betroffenen Gruppe (4.093) in Beziehung, ergibt sich bei einer quantitativen Relationsbetrachtung, dass -- umgerechnet auf ein Jahr -- etwa 99,8 % der im Nordosten Syriens lebenden Yeziden von den Verfolgungsschlägen nicht betroffen sind. Wird statt der Gesamtbevölkerung die Zahl der insgesamt betroffenen Familien -- mit durchschnittlich rd. zehn Familienangehörigen (vgl. Urt. d. Sen. v. 14.7.1999, a.a.O., S. 16) -- zugrunde gelegt, ergibt sich, dass -- wiederum umgerechnet auf ein Jahr -- etwa 98 % der Familien nicht betroffen sind. Dieser Prozentsatz ist noch höher, wenn man sich bei der Zahl der Familien orientiert an der Aufstellung des Gutachtens des Yezidischen Forums vom 19. November 2000 -- Spalten "Dorf" und "Bewohner 2000" -- über die einzelnen Familien in den vier Bezirken des Distrikts Hassake; dann errechnet sich bei einer Zahl von 647 Familien bzw. Teilen von Familien (vgl. S. 3 des Gutachtens i.V.m. der Anlage) ein Prozentsatz von etwa 99 %. Dieser Prozentsatz ergibt sich auch dann, wenn -- wie dies im Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 29. Januar 2001 (a.a.O.) geschehen ist -- von durchschnittlich lediglich 6,3 Familienangehörigen ausgegangen wird.

41

Aus diesen bei der quantitativen Relationsbetrachtung gewonnenen Ergebnissen lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass die Verfolgungsschläge so dicht und eng im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts fallen, dass bei objektiver Betrachtung für jeden Yeziden und jede yezidische Familie die aktuelle Gefahr besteht, selbst Opfer eines asylrechtlich relevanten Übergriffs zu werden (vgl. zu der für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen Verfolgungsdichte BVerfG, Beschl. v. 23.1.1991 -- 2 BvR 902/85 und 515, 1827/89 --, BVerfGE 83, 216, 232; Beschl. v. 11.5.1993 -- 2 BvR 2245/92 --, InfAuslR 1993, 304; Beschl. v. 9.12.1993 -- 2 BvR 1916/93 --, InfAuslR 1994, 156; BVerwG, Urt. v. 5.7.1994 -- 9 C 158.94 --, BVerwGE 96, 200, 203; Urt. v. 30.4.1996 -- 9 C 170.95 --, DVBl. 1996, 1257; Urt. v. 30.4.1996 -- 9 C 171.95 --, DVBl. 1996, 1260; Beschl. v. 24.9.1992 -- 9 B 130.92 --, InfAuslR 1993, 31).

42

An dieser Einschätzung ändert sich auch dann nichts, wenn -- wie dies im Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 29. Januar 2001 (a.a.O.) geschehen ist -- die Verfolgungsschläge nicht auf ein Jahr, sondern auf zehn Jahre umgerechnet werden.

43

Das Verwaltungsgericht Magdeburg ist zu der Einschätzung gelangt, dass der Anteil der betroffenen Yeziden sodann bei 1,9 % liegen würde und dass etwa 12 % der Familien innerhalb von zehn Jahren von Verfolgungsschlägen betroffen gewesen wären. Dabei hat das Verwaltungsgericht Magdeburg jedoch fälschlich angenommen, dass in den Jahren 1990 bis 1999 durchweg lediglich etwa 4.000 Yeziden im Nordosten Syriens (Distrikt Hassake) gelebt haben. Dies entspricht ersichtlich nicht den Tatsachen. Denn auch nach den Ermittlungen des Yezidischen Forums, auf die sich das Verwaltungsgericht Magdeburg zur Begründung seiner Rechtsauffassung gestützt hat, haben nicht auch schon 1990 lediglich noch ca. 4.000 Yeziden im Distrikt Hassake gelebt. Das Yezidische Forum hat für 1990 vielmehr einen Bevölkerungsstand von 12.232 Yeziden im Distrikt Hassake ermittelt, der bis September 2000 durch Abwanderungen auf 4.093 zurückgegangen sein soll (vgl. S. 2 des Gutachtens). Ausgehend von den vom Yezidischen Forum ermittelten 77 Verfolgungsschlägen in den Jahren 1990 bis 1999 verringert sich der Anteil der davon betroffenen einzelnen Yeziden und yezidischen Familien erheblich, wenn für 1990 und die folgenden Jahre die tatsächlichen Bevölkerungszahlen zugrunde gelegt werden und nicht die von dem Yezidischen Forum für September 2000 ermittelte Zahl von 4.093 Yeziden. Die sich sodann ergebenden Prozentzahlen lassen nicht die Annahme zu, dass für jeden Yeziden und für jede yezidische Familie eine aktuelle Verfolgungsgefahr besteht.

44

Die Voraussetzungen für eine mittelbare Gruppenverfolgung der Yeziden im Nordosten Syriens lassen sich demgegenüber nicht mit der Begründung bejahen, es handele sich bei ihnen um eine zahlenmäßig äußerst kleine Gruppe, bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Ausnahmemaßstab anzuwenden sei (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 22.5.1996 -- 9 B 136.96 --). Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem vorgenannten Beschluss bei der nur etwa 1.300 Personen umfassenden Gruppe der syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin in der Türkei auch ohne weitere Quantifizierung der Verfolgungsschläge ohne Weiteres die Nähe der Gefahr für jedes einzelne Gruppenmitglied für gerechtfertigt erachtet. Diese Rechtsprechung ist auf die Situation der Yeziden im Nordosten Syriens schon allein deshalb nicht übertragbar, weil diese Gruppe auch nach den Ermittlungen des Yezidischen Forums mit 4.093 mehr als drei Mal so groß wie die Gruppe der im Tur Abdin lebenden syrisch-orthodoxen Christen ist. Da sich die in dem Gutachten des Yezidischen Forums genannten Übergriffe zudem im gesamten Gebiet von Nordostsyrien ereignet haben sollen, können sie bei der Ermittlung der Verfolgungsdichte auch nur zu der Gesamtzahl der in diesem Gebiet lebenden Yeziden in Beziehung gesetzt werden.

45

Auch eine nach qualitativen Gesichtspunkten vorgenommene Betrachtung unter Berücksichtigung von Art und Intensität der vom Yezidischen Forum genannten Übergriffe und der Zumutbarkeit, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren, lässt nicht den Schluss zu, dass jeder im Nordosten Syriens lebende Yezide bei objektiver Betrachtung befürchten muss, selbst ein Opfer von Verfolgungsmaßnahmen zu werden. Nach den Feststellungen des Yezidischen Forums sollen sich zwar wesentlich mehr Verfolgungsschläge ereignet haben, als der Senat in seinem Urteil vom 14. Juli 1999 (a.a.O.) angenommen hat. Es soll insbesondere in einem recht großen Umfang zu Tötungen von Yeziden durch Moslems gekommen sein. Eine Gesamtwürdigung der Verfolgungsschläge, insbesondere der nach ihrer Art und Intensität besonders schweren Verfolgungsschläge, ergibt jedoch nicht, dass jeder im Nordosten Syriens lebende Yezide in eine ausweglose Lage gerät. Gegen die Annahme einer solchen Gefahr für jeden Yeziden spricht, dass das Gebiet, in dem sich die in dem Gutachten des Yezidischen Forums angeführten Verfolgungsschläge insgesamt ereignet haben sollen, ein ausgedehntes Gebiet ist mit Orten, die teilweise recht weit voneinander entfernt liegen.

46

Auch das von Maisel für das Verwaltungsgericht Magdeburg erstellte Gutachten vom 30. November 2000 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Maisel ist in seinem Gutachten vom 30. November 2000 (S. 5 ff.) allerdings wie auch schon in seiner Magisterarbeit vom 22. Mai 1997 (S. 50 ff.) und seinem Gutachten vom Juli 1998 (S. 4 ff.) zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der größte Teil der in den ostsyrischen Gebieten lebenden Yeziden der Verfolgung bzw. Unterdrückung als geschlossene Gruppe ausgesetzt sehe. Sein aktuelles Gutachten enthält jedoch ebenso wie seine früheren Arbeiten (vgl. dazu Urt. d. Sen. v. 14.7.1999, a.a.O., UA S. 20) keine konkreten Angaben über Vorfälle, aus denen sich die für die Annahme einer mittelbaren Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte auf der Grundlage der erforderlichen quantitativen und qualitativen Relationsbetrachtung zwischen den Verfolgungshandlungen und der Größe der von diesen Handlungen betroffenen Gruppe herleiten lässt.

47

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 18. Mai 1999 (a.a.O.) führt ebenfalls nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. In diesem Urteil heißt es zwar, dass Yeziden aus dem Distrikt Hassake einer regional begrenzten mittelbaren Gruppenverfolgung durch den syrischen Staat ausgesetzt seien. Diese Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts München beruht jedoch weitgehend auf dem Urteil des Senats vom 5. Februar 1997 (a.a.O.) und ist nicht geeignet, die in dem Urteil des Senats vom 14. Juli 1999 (a.a.O.) getroffenen Feststellungen, an denen der Senat -- wie schon ausgeführt wurde -- nach Prüfung der aktuellen Erkenntnismittellage auch in seiner jüngeren Rechtsprechung festgehalten hat (vgl. Beschlüsse d. Sen. v. 22.1.2001 u. 23.1.2001, a.a.O.), in Zweifel zu ziehen.

48

Angesichts der Vielzahl der dem Senat vorliegenden einschlägigen Erkenntnismittel, die auch sachkundige Äußerungen von kompetenten Yeziden aus dem Nordosten Syriens umfassen und die schon eine verlässliche Beurteilung der Situation ermöglichen, besteht für den Senat kein Anlass, die Lage der Yeziden im Nordosten Syriens weiter aufzuklären. Die Erkenntnismittel sind zum Teil jüngsten Datums (vgl. insbesondere das Gutachten des Yezidischen Forums v. 19.11.2000, das Gutachten des Sachverständigen Maisel v. 30.11.2000 und den Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 8.2.2001 mit einem längeren Abschnitt über die Situation der Yeziden) oder erfassen einen so langen Zeitraum (vgl. z.B. die Aussage des von dem Senat in dem Verfahren 2 L 3670/96 (Urt. v. 5.2.1997) als sachverständigen Zeugen vernommenen glaubwürdigen Peschimam Suleyman), dass sie als nicht nur punktuelle Beobachtung auch für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation noch bedeutsam sind.

49

Es ist im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes auch nicht geboten, den in dem Gutachten des Yezidischen Forums vom 19. November 2000 (S. 8) angesprochenen weiteren Berichten über Übergriffe im Einzelnen nachzugehen. Da es an jeglicher Konkretisierung der einzelnen Übergriffe fehlt, ist der Senat nicht verpflichtet, insoweit von Amts wegen Ermittlungen zu ergreifen und die einzelnen Vorfälle anstelle des Klägers beweisfähig aufzubereiten.

50

Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg unter Hinweis auf die von seiner Prozessbevollmächtigten gefertigte Liste geltend machen, die Zahl der asylrelevanten Übergriffe auf Yeziden im Nordosten Syriens sei weit höher anzusetzen als es der Senat in seinem Urteil vom 14. Juli 1999 (a.a.O.) getan habe. In der von der Prozessbevollmächtigten des Klägers gefertigten Liste über angebliche Übergriffe auf Yeziden sowie in ihren im gerichtlichen Verfahren eingereichten Schriftsätzen sind Angaben wiedergegeben worden, die Asylbewerber im Rahmen ihrer Asylverfahren gemacht haben. Ob diese Angaben den Tatsachen entsprechen, ist nicht erkennbar. Zweifel an der Verlässlichkeit der in der Liste enthaltenen Angaben ergeben sich z.B. schon daraus, dass sie -- verglichen werden hier nur die einen identischen Zeitraum betreffenden Angaben -- wesentlich abweichen von der Aussage des vom Senat in dem Verfahren 2 L 3670/96 (Urt. v. 5.2.1997) als sachverständigen Zeugen vernommenen glaubwürdigen Peschimam Suleyman, der als der zuständige Peschimam im Nordosten Syriens für den von ihm beobachteten Zeitraum einen guten Überblick über die örtlichen Verhältnisse hatte. Es kommt hinzu, dass der Kläger die einzelnen Vorfälle nicht hinreichend konkret geschildert hat. Der Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet den Senat -- wie schon zu den im Gutachten des Yezidischen Forums vom 19. November 2000 angesprochenen Berichten über weitere Vorfälle ausgeführt wurde -- nicht, den von dem Kläger genannten Fällen im Einzelnen nachzugehen und sie anstelle des Klägers beweisfähig aufzubereiten.

51

Der Kläger vermag gegenüber alledem nicht mit seinem Einwand durchzudringen, das auf der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 5.7.1994, a.a.O.) beruhende Verfahren, die Anzahl und die Intensität aller Verfolgungshandlungen zur Größe der Gruppe in Beziehung zu setzen, werde der Situation der Yeziden im Distrikt Hassake nicht gerecht, weil es keine verlässlichen Quellen über die yezidische Bevölkerungszahl und die Anzahl der asylerheblichen Übergriffe gebe. Denn dem Senat stehen, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, hinreichend verlässliche Angaben zur Zahl der im Nordosten Syriens lebenden Yeziden und zur Zahl der asylrelevanten Übergriffe zur Verfügung.

52

Das von dem Senat zur Feststellung der Verfolgungsdichte gewählte Verfahren führt entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht zu einer gegen Art. 16 a Abs. 1 GG verstoßenden Aushöhlung des Kernbereichs der asylrechtlichen Gruppenverfolgung. Nach der bereits genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 5.7.1994, a.a.O.; Urt. v. 30.4.1996 -- 9 C 170.95 --, a.a.O.; Urt. v. 30.4.1996 -- 9 C 171.95 --, a.a.O.), die sich an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts orientiert (vgl. Beschl. v. 23.1.1991, a.a.O.; Beschl. v. 11.5.1993, a.a.O.; Beschl. v. 9.12.1993, a.a.O.), setzt die Annahme einer Gruppenverfolgung eine hinreichende Verfolgungsdichte voraus. Danach müssen die Verfolgungshandlungen, von denen die Angehörigen einer Gruppe getroffen werden, im Verfolgungszeitraum und im Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne Weiteres die Gefahr eigener Betroffenheit entsteht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.1.1991, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 5.7.1994, a.a.O.). Um beurteilen zu können, ob die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte gegeben ist, müssen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 5.7.1994, a.a.O.; Beschl. v. 22.5.1996 -- 9 B 136.96 --; Beschl. v. 11.11.1999 -- 9 B 564.99 --; Beschl. v. 8.2.2000 -- 9 B 4.00 --) Intensität und Anzahl aller Verfolgungshandlungen auch zur Größe der Gruppe in Beziehung gesetzt werden.

53

Diese ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die auch dem Urteil des Senats vom 14. Juli 1999 (a.a.O.) zugrunde liegt (vgl. ebenso OVG NW, Urt. v. 21.4.1998, a.a.O.; OVG Saarland, Urt. v. 28.5.1999, a.a.O.), verstößt entgegen der Ansicht des Klägers nicht gegen Art. 16 a Abs. 1 GG. Denn ohne Würdigung der Zahl und der Schwere der Verfolgungseingriffe und der Zahl der Gruppenangehörigen lässt sich die Verfolgungsdichte nicht beurteilen. Die bloße Feststellung "zahlreicher" oder "häufiger" Eingriffe reicht für die Annahme einer Gruppenverfolgung nicht aus. Denn eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, kann gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen, weil sie -- gemessen an der Zahl der Gruppenmitglieder -- nicht ins Gewicht fällt und sich deshalb nicht als Bedrohung der Gruppe darstellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.7.1994, a.a.O.; Beschl. v. 22.5.1996, a.a.O.).

54

In Übereinstimmung mit den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen ist der Senat in seinem Urteil vom 14. Juli 1999 (a.a.O.) zu der Einschätzung gelangt, dass es für die Annahme, dass Angehörige der yezidischen Glaubensgemeinschaft aus dem Nordosten Syriens (Distrikt Hassake) einer Gruppenverfolgung unterliegen, an der erforderlichen Verfolgungsdichte fehlt. Hieran ist, wie bereits dargelegt wurde, nach Prüfung der aktuellen Erkenntnismittellage auch im vorliegenden Verfahren festzuhalten (vgl. ebenso Beschlüsse d. Sen. v. 22.1.2001 u. 23.1.2001, a.a.O.).

55

b) Der Kläger war im Zeitpunkt seiner Ausreise aus Syrien im Jahre 1995 auch nicht einer unmittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung wegen der geltend gemachten yezidischen Religionszugehörigkeit ausgesetzt. Er hat auch im Falle der Rückkehr nach Syrien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen seines yezidischen Glaubens eine unmittelbare staatliche Gruppenverfolgung zu befürchten.

56

Der Senat hat in seinen Urteilen vom 22. Juni 1999 (2 L 666/98 und 2 L 670/98) und 14. Juli 1999 (a.a.O.) nach Würdigung der einschlägigen Erkenntnismittel entschieden, dass Yeziden in Syrien einer unmittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung nicht ausgesetzt sind. Diese Einschätzung steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 21.4.1998, a.a.O.), des Oberverwaltungsgerichts Bremen (Urt. v. 4.11.1998, a.a.O.), des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes (Urt. v. 28.5.1999, a.a.O.) und auch des Verwaltungsgerichts München (Urt. v. 18.5.1999, a.a.O.).

57

Die Situation der Yeziden hat sich insoweit seit dem Erlass der genannten Entscheidungen nicht nachhaltig zu ihren Lasten geändert. Der Umstand, dass -- wie einigen der dem Senat vorliegenden Erkenntnismitteln zu entnehmen ist -- der syrische Staat bei der Erteilung von staatlichen Dokumenten, die die Eintragung der Religionszugehörigkeit erfordern, "Islam" einträgt (vgl. dazu Gutachten des Yezidischen Forums v. 19.11.2000, S. 7 u. 14; Dr. Ibrahim. Gutachten v. 16.11.1993 an das VG Hannover; Prieß, Gutachten v. 10.2.1997 an das VG Braunschweig; Nabo, Aussage v. 11.2.1993 vor dem VG Hannover), stellt keinen asylrechtlich relevanten Eingriff in das religiöse Existenzminimum der Yeziden dar. Denn die Yeziden werden, wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 22. Juni 1999 (a.a.O.) ausgeführt hat, durch derartige Maßnahmen nicht gezwungen, die Ausübung ihrer Religion im häuslich-privaten Bereich oder gemeinsam mit anderen Gläubigen aufzugeben (vgl. ebenso OVG NW, Urt. v. 21.4.1998, a.a.O.; OVG Saarland, Urt. v. 28.5.1999, a.a.O.).

58

Der Umstand, dass nach den Angaben in einigen Erkenntnismitteln heiratswillige Yeziden gezwungen werden, den islamischen Eheritus zu vollziehen, d.h. ein Bekenntnis zum Islam abzulegen (vgl. dazu Gutachten des Yezidischen Forums v. 19.11.2000, S. 7; Prieß, Gutachten v. 20.5.1998 an den erkennenden Senat; dieselbe, Gutachten v. 10.2.1997 an das VG Braunschweig; Nabo, Aussage v. 11.2.1993 vor dem VG Hannover), stellt ebenfalls keinen asylrechtlich relevanten Eingriff in das religiöse Existenzminimum der Yeziden dar. Denn die Yeziden werden auch durch derartige Praktiken der syrischen Behörden nicht daran gehindert, ihre Religion im häuslich-privaten Bereich oder gemeinsam mit anderen Gläubigen auszuüben (vgl. Urteile d. Sen. v. 22.6.1999, a.a.O.; OVG NW, Urt. v. 21.4.1998, a.a.O.)

59

Die Eheschließung nach dem islamischen Eheritus hat auch nicht zur Folge, dass die Yeziden ihren eigenen Glauben verlieren (vgl. Urt. d. Sen. v. 22.6.1999, a.a.O.; OVG NW, Urt. v. 21.4.1998, a.a.O.). Dies ergibt sich aus den Bekundungen des von dem Verwaltungsgericht Braunschweig am 30. September 1996 als sachverständiger Zeuge vernommenen Said Suleyman, der in Syrien Peschimam war. Er hat dargelegt, es komme maßgebend darauf an, ob sich ein Yezide freiwillig vom yezidischen Glauben abwende, indem er z.B. ganz bewusst sage, dass er an eine andere Religion glaube, oder einen Nicht-Yeziden heirate. Wer jedoch gezwungen werde, islamische Glaubensformeln auszusprechen, bleibe weiterhin Yezide.

60

Schließlich stellt auch der Umstand, dass schulpflichtige yezidische Kinder am Koranunterricht teilnehmen müssen (vgl. hierzu Gutachten des Yezidischen Forums v. 19.11.2000, S. 12 f.; Maisel, Magisterarbeit v. 22.5.1997, S. 49; Prieß, Gutachten v. 10.2.1997 an das VG Braunschweig; Barimou, Aussage v. 8.8.1996 vor dem VG Braunschweig; Nabo, Aussage v. 9.12.1993 vor dem VG Hannover; derselbe, Aussage v. 22.2.1995 vor dem erkennenden Senat; Prof. Dr. Dr. Wießner, Aussage v. 22.2.1995 vor dem erkennenden Senat; derselbe, Gutachten v. 13.4.1996 an das VG Neustadt), keinen asylrechtlich relevanten Eingriff in das religiöse Existenzminimum der Yeziden dar. Denn die schulpflichtigen Yeziden werden auch durch die Teilnahme am Koranunterricht nicht daran gehindert, ihre Religion im häuslich-privaten Bereich oder gemeinsam mit anderen Gläubigen auszuüben (vgl. Urteile d. Sen. v. 22.6.1999, a.a.O.; OVG NW, Urt. v. 21.4.1998, a.a.O.; OVG Saarland, Urt. v. 28.5.1999, a.a.O.). Es kommt hinzu, dass der Koranunterricht nicht bezweckt, die yezidische Religion zu beseitigen oder die Yeziden zur Aufgabe ihrer Religion zu bewegen. Anders als in der Türkei ist Ziel des Koranunterrichts nicht die Bekehrung zum Islam, sondern der Staatsideologie der arabisch-nationalistischen Baath-Partei folgend das Einüben in die arabische Tradition und in das klassische Arabisch des Koran. Dieses Ziel kann, wie Prof. Dr. Dr. Wießner in seinem Gutachten vom 13. April 1996 an das Verwaltungsgericht Neustadt dargelegt hat, in etwa mit dem Lateinunterricht in deutschen Gymnasien verglichen werden.

61

c) Der Kläger war im Zeitpunkt seiner Ausreise aus Syrien im Jahre 1995 auch nicht wegen seiner kurdischen Volkszugehörigkeit einer Gruppenverfolgung ausgesetzt. Er hat auch im Falle seiner Rückkehr nach Syrien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen seiner kurdischen Volkszugehörigkeit eine politische Verfolgung zu befürchten. Denn die ethnische Minderheit der Kurden wird in Syrien nicht als Gruppe verfolgt. Dies hat der Senat in seinen Urteilen vom 22. Juni 1999 (a.a.O.) und 14. Juli 1999 (a.a.O.) nach Würdigung der einschlägigen Erkenntnismittel entschieden. Die Einschätzung des Senats steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 21.4.1998, a.a.O.) und des Oberverwaltungsgerichts Bremen (Urt. v. 4.11.1998, a.a.O.; Urt. v. 12.4.2000 -- OVG 2 A 467/99.A --).

62

d) Der Kläger kann die Gewährung von Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG auch nicht wegen einer -- sich aus Besonderheiten seiner Person ergebenden -- individuellen politischen Verfolgung beanspruchen. Er hat nicht glaubhaft gemacht, dass er nach seiner Abschiebung nach Syrien im Juli 1994 eine individuelle politische Verfolgung erlitten hat oder dass ihm eine solche vor seiner erneuten Ausreise im Jahre 1995 unmittelbar bevorgestanden hat.

63

Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil ausgeführt, dass das Vorbringen des Klägers insgesamt unglaubhaft sei, weil es zahlreiche Widersprüche und Ungereimtheiten aufweise. Der Senat verweist insoweit gemäß § 130 b Satz 2 VwGO auf die überzeugenden Ausführungen des angefochtenen Urteils (S. 14-19 UA), denen er sich anschließt.

64

Der Kläger ist den vom Verwaltungsgericht festgestellten Widersprüchen und Ungereimtheiten weder im Berufungszulassungsverfahren noch mit seinen im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätzen entgegengetreten. Er hat auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, in der ihm vorgehalten worden ist, warum das Verwaltungsgericht seine Ausführungen zu seiner individuellen Gefährdung als unglaubhaft angesehen hat, keine Gesichtspunkte vorgetragen, die eine andere Einschätzung rechtfertigen könnten. Es ist dem Kläger insbesondere nicht gelungen, die Widersprüche und Ungereimtheiten, die das Verwaltungsgericht bezüglich der von ihm geschilderten angeblichen Festnahme auf dem Flughafen Damaskus sowie der vorgetragenen Inhaftierung und Folterung aufgezeigt hat, plausibel zu erklären. Die Widersprüche und Ungereimtheiten sind entgegen der Behauptung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht auf Verständigungsprobleme mit dem Dolmetscher zurückzuführen, der an der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts teilgenommen hat. Aus der über die mündliche Verhandlung gefertigten Niederschrift ergibt sich, dass der Dolmetscher die Verhandlung nicht, wie der Kläger vor dem Senat behauptet hat, in den kurdischen Dialekt sorani übertragen hat, sondern in den kurdischen Dialekt kurmanci, den auch der Kläger spricht. Es kommt hinzu, dass der Kläger während der mehrstündigen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht gerügt hat, dass die Verständigung mit dem Dolmetscher nicht gut sei.

65

Der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geschilderte Umstand, dass er von der Schule abgegangen sei, weil er dort gezwungen worden sei, die moslemische Religion zu lernen, begründet keinen Anspruch auf Gewährung von Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG. Denn die Pflicht der schulpflichtigen yezidischen Kinder, am Koranunterricht teilzunehmen, stellt -- wie schon näher ausgeführt worden ist -- keinen asylrechtlich relevanten Eingriff in das religiöse Existenzminimum der Yeziden dar.

66

Der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochene Verkehrsunfall begründet ebenfalls kein individuelles politisches Verfolgungsschicksal. Denn der Vorfall, der sich vor der ersten Ausreise des Klägers aus Syrien, die Anfang 1993 erfolgt ist, ereignet haben soll, ist -- wie das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat (vgl. S. 19 UA) -- nicht Ursache der zweiten Ausreise des Klägers Anfang 1995 gewesen. Es kommt hinzu, dass nicht ersichtlich ist, ob dem Verhalten des Verursachers des Verkehrsunfalls asylrechtlich relevante Motive zu Grunde gelegen haben.

67

e) Dem Kläger droht bei einer Rückkehr nach Syrien auch nicht allein aufgrund der illegalen Ausreise, der Stellung eines Asylantrags und des mehrjährigen Auslandsaufenthaltes mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung. Nur wenn besondere Umstände hinzutreten, die geeignet sind, bei den syrischen Behörden den Verdacht zu begründen, dass sich die Betreffenden in Syrien oder im Ausland gegen das syrische Regime politisch betätigt haben, besteht nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile v. 22.6.1999, a.a.O.), die auf einer umfassenden Würdigung der einschlägigen Erkenntnismittel beruht, für Rückkehrer die Gefahr, politisch verfolgt zu werden (vgl. ebenso OVG NW, Urt. v. 21.4.1998, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.5.1998 -- A 2 S 28/98 --; OVG Bremen, Urt. v. 12.4.2000, a.a.O.).

68

Der Kläger gehört nicht zu dem Personenkreis, der nach den vorstehend wiedergegebenen Kriterien gefährdet ist.

69

Er hat -- wie bereits dargelegt wurde -- nicht glaubhaft gemacht, sich in Syrien in einer Weise politisch betätigt zu haben, die im Falle einer Rückkehr nach Syrien eine Gefährdung begründen würde.

70

Auch in Deutschland hat sich der Kläger nicht in einer solchen Weise betätigt. Ihm droht bei seiner Rückkehr nach Syrien insbesondere nicht deshalb mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG, weil er -- wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgetragen hat -- in Deutschland mit der Partei "Hevgirtina Gel-Volksunion" zusammenarbeitet und von ihr Publikationen bezieht.

71

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Beschl. v. 7.10.1999 -- 2 L 3482/99 -- u. 28.6.2000 -- 2 L 2201/00 --) begründet grundsätzlich nicht jede untergeordnete exilpolitische Tätigkeit die Gefahr einer Verfolgung durch die syrischen Behörden. Es müssen vielmehr bestimmte besondere Umstände vorliegen, die ein Verfolgungsinteresse syrischer Stellen hervorrufen. Solche Umstände sind etwa gegeben, wenn sich die exilpolitischen Tätigkeiten unmittelbar gegen die syrische Regierung richten und wenn es sich um eine intensive, nicht vom Staat selbst gelenkte politische Betätigung an herausragender Stelle handelt (vgl. Beschlüsse d. Sen. v. 7.10.1999 u. 28.6.2000, a.a.O.). Das gilt auch für Mitglieder oder bloße Anhänger der Yekiti-Partei (vgl. Beschl. d. Sen. v. 28.7.1999 -- 2 L 2969/99 --).

72

Es kann offen bleiben, ob das Vorbringen des Klägers zu seinen exilpolitischen Aktivitäten wahr ist. Denn die von ihm geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten sind nach dem geschilderten Maßstab nicht so bedeutsam, dass sie die Gefahr einer politischen Verfolgung begründen. Der Kläger hat sich nicht in einer Weise öffentlichkeitswirksam und an herausragender Stelle exilpolitisch betätigt, die ein Interesse des syrischen Staates an seiner politischen Verfolgung geweckt haben könnte.

73

2. Aus der rechtlichen Würdigung des im vorliegenden Fall zugrunde zu legenden Sachverhalts folgt zugleich, dass auch Abschiebungshindernisse im Sinne des § 53 AuslG nicht bestehen.

74

Da der Kläger nicht in dem Verdacht oppositioneller Aktivitäten steht, besteht für ihn nicht die konkrete Gefahr, im Falle der Abschiebung in Syrien der Folter im Sinne des § 53 Abs. 1 AuslG oder sonstigen im Rahmen des § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. 3 EMRK bzw. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG relevanten staatlichen Maßnahmen unterzogen zu werden.

75

Die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung (Nr. 4 des angefochtenen Bescheides) beruhen auf § 34 Abs. 1 und § 38 Abs. 1 AsylVfG. Sie begegnen keinen rechtlichen Bedenken.

76

Die von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragenen familiären Verhältnisse begründen kein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG. Sie stehen auch der Ausreiseaufforderung und der Abschiebungsandrohung nicht entgegen.

77

Der Kläger hat vorgetragen, er sei nach yezidischem Ritus verheiratet. Er und seine Ehefrau, die inzwischen eingebürgert sei, hätten eine gemeinsame Tochter. Seine Ehefrau sei zurzeit schwanger.

78

Mit diesem Vorbringen wendet sich der Kläger gegen die Durchführung der Abschiebung als solcher. Einwände des Ausländers gegen die Durchführung der Abschiebung, etwa wegen schutzwürdiger familiärer Bindungen in Deutschland oder anderer inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse, lassen die Verneinung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG jedoch ebenso wie die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung unberührt. Sie sind nicht vom Bundesamt im Asylverfahren, sondern erst von der Ausländerbehörde im Vollstreckungsverfahren auf der Stufe des Vollzuges der Abschiebung zu berücksichtigen. Das Bundesamt hat lediglich Abschiebungshindernisse zu berücksichtigen, die in Gefahren begründet liegen, die dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen (sog. zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse), nicht dagegen Hindernisse, die einer Vollstreckung der Ausreisepflicht entgegenstehen, weil anderenfalls ein geschütztes Rechtsgut im Bundesgebiet verletzt würde (sog. inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse); vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.1997 -- 9 C 13.96 --, NVwZ 1998, 526). Die von dem Kläger vorgetragenen familiären Verhältnisse betreffen ein solches inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis, das erst von der Ausländerbehörde beim Vollzug der Abschiebung zu berücksichtigen ist.

79

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83 b Abs. 1 AsylVfG.

80

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

81

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.