Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.03.2001, Az.: 1 L 4006/00

Abschiebungsschutz; Angola; Bürgerkrieg; Kindersterblichkeit; medizinisch Versorgungslage

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
01.03.2001
Aktenzeichen
1 L 4006/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 40170
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 02.06.2000 - AZ: 3 A 925/00

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein angolanisches Kleinstkind im Alter von 12 - 15 Monaten hat aufgrund der in diesem Alter gegebenen gesundheitlichen Instabilität in der Phase der Eingewöhnung in Angola nach derzeitiger Auskunftlage zu befürchten, wegen der mangelhaften Versorgung mit Lebensmitteln, der hygienischen Verhältnisse und der medizinischen Unterversorgung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schweren gesundheitlichen Schäden ausgeliefert zu werden, wenn die begleitende Familie wegen ihrer eigenen Schwierigkeiten die zur Abwehr dieser Gefahren zwingend notwendige Betreuung nicht sicherstellen kann.

2. Differenzierende Fortführung der Rechtsprechung des Senats zum Abschiebungsschutz für minderjährige Angolaner unter 5 Jahren (Urteile vom 1.3.2001 - 1 L 649/00 und 1 L 761/00 -).

Tatbestand:

1

Der Kläger ist das am 22. Januar 2000 in B. geborene vierte Kind der Kläger zu 1) und 2) in der Parallelsache 1 L 840/00. Die Klage seiner Eltern (1956 und 1953 geboren) sowie seiner Geschwister (1987, 1990 und 1994 geboren), das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zur Feststellung von Abschiebungshindernissen im Sinne des § 53 AuslG zu verpflichten, hat der Senat mit Urteil vom heutigen Tage abgewiesen.

2

Für den Kläger wurde am 22. Februar 2000 ein Asylantrag gestellt, den das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 10. April 2000 ablehnte. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 22. April 2000 Klage erhoben. Nach Rücknahme und Abtrennung der Klage, soweit Art. 16 a GG und § 51 AuslG betroffen sind, macht der Kläger die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG geltend.

3

Der Kläger hat beantragt,

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die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass in der Person des Klägers Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen und den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 28. Oktober 1999 aufzuheben, soweit dieser dem Klagebegehren entgegensteht.

5

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

7

Mit Urteil vom 2. Juni 2000 hat das Verwaltungsgericht Stade der Klage stattgegeben und festgestellt, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 AuslG bestehen. Zur Begründung hat es Bezug genommen auf die Begründung des Urteils vom 29. September 1999 (3 A 1179/98) im Verfahren der Eltern und Geschwister des Klägers.

8

Auf den Antrag des Bundsbeauftragten für Asylangelegenheiten hat der Senat mit Beschluss vom 20. November 2000 - 1 L 3858/00 - die Berufung zugelassen.

9

Zur Begründung der Berufung verweist der Beteiligte darauf, dass eine individuell konkrete Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht erkennbar sei. Dies gelte auch für Zugehörige zu einer Risikogruppe der Bevölkerung wie der Gruppe der Kleinstkinder.

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Der Beteiligte beantragt,

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die Klage unter Abänderung der Entscheidung abzuweisen.

12

Die Beklagte stellt keinen Antrag.

13

Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

15

Er tritt dem Vorbringen des Beteiligten entgegen.

16

Wegen der Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung hat keinen Erfolg.

18

Formelle Bedenken gegen ihre Statthaftigkeit und Zulässigkeit bestehen nicht. Die Berufung ist vor allem in der Zulassungsantragsschrift hinreichend begründet worden.

19

Die Berufung des Beteiligten ist nicht begründet, denn der Kläger hat einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG.

20

Nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erheblich konkrete Gefahr für Leib und Leben oder Freiheit besteht. Abschiebungsschutz nach dieser Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324 = DVBl. 1996, 203 = EZAR 046 Nr. 6; v. 19.11.1996 - 1 C 6.95 -, BVerwGE 102, 249 = DVBl. 1997, 902 = EZAR 033 Nr. 10) in Ermangelung einer Anordnung nach § 54 AuslG nur möglich, wenn der Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Dieser von Verfassung wegen gebotene Schutz ist bei Bürgerkriegsgefahren dann zu gewähren, wenn dieser Krieg gewissermaßen für jeden Betroffenen mit so erheblichen Gefährdungen verbunden ist, dass dem einzelnen Ausländer eine Abschiebung in dieses Land nicht zugemutet werden kann. Dazu muss eine extreme Gefahrenlage bestehen, die praktisch für jeden, der in diesen Staat abgeschoben werden soll, Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit in erhöhtem Maße mit sich bringt. Eine solche extreme allgemeine Gefahrenlage ist etwa dann anzunehmen, wenn infolge der Bürgerkriegswirren Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität drohen, dass sich bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist gegenüber dem im Asylrecht entwickelten Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im vorliegenden Zusammenhang von einem erhöhten Maßstab auszugehen. Nur dann rechtfertigt sich die Annahme eines aus den Grundrechten folgenden zwingenden Abschiebungshindernisses über die gesetzliche Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG hinaus. Zumutbar ist die Abschiebung daher dann, wenn die extreme allgemeine Gefahrenlage nicht landesweit besteht und der Ausländer bei seiner Abschiebung die vergleichsweise sicheren Landesteile erreichen und sich dort aufhalten kann. Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom heutigen Tage in der Sache 1 L 593/00 ausgeführt, dass Erwachsene, die keine Besonderheiten wie Krankheiten aufweisen, die in Angola nicht behandelt werden können, nach der derzeit bestehenden Auskunftslage Abschiebungsschutz gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht erlangen können. Dazu hat der Senat in seinem Urteil u.a. das Folgende ausgeführt:

21

Richtig ist zwar, dass seit 1998 der Bürgerkrieg mit voller Wucht wieder ausgebrochen ist und das Abkommen von Lusaka aus dem Jahre 1994 offenbar keine Aussicht auf Umsetzung hat. Dieser Bürgerkrieg bringt zum einen in unmittelbarer Hinsicht Gefährdungen der Gestalt mit sich, durch Kampfhandlungen oder die zahllosen in seinem Verlauf vergrabenen Minen körperlich geschädigt zu werden. Zum anderen hat er - u.a. wegen der Verminung landwirtschaftlich bedeutsamer Flächen und von Wegen - zu erheblicher Nahrungsmittelknappheit geführt. Ernten werden selbst dann nicht eingebracht, wenn gesät worden war und sie reif geworden waren. Zudem stellen die Minen Hindernisse dar, Lebensmittel über Land zu transportieren. Aus den nachstehenden Gründen hat dies indes noch nicht zu Verhältnissen geführt, welche es jedenfalls dem Personenkreis, dem die Klägerin angehört, als unzumutbar erscheinen lassen könnte, in sein Heimatland zurückzukehren. Das ergibt sich aus den nachstehenden Ausführungen:

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Die Zahl der Binnen-Flüchtlinge in Angola hat sich auf etwa 3,8 (AA, Lagebericht v. 15.11.2000) bzw. etwa 4 Mio. (UNHCR v. 4.7.2000, Asylmagazin 2000, 24) erhöht bei einer Gesamtbevölkerung von 12,6 Mio. Personen. Ursache dafür sind die sich ausweitenden Bürgerkriegshandlungen. Die UNITA hatte den Waffenstillstand dazu genutzt, ihre Waffenarsenale aufzufüllen. Dementsprechend erzielte sie zu Beginn des offen ausgebrochenen "zweiten" Bürgerkrieges erhebliche Erfolge, musste dann aber auch erhebliche Rückschläge hinnehmen. Diese Kampfhandlungen haben eine erhebliche Binnenmigration zur Folge, welche sich vor allem konzentriert auf den Küstenstreifen, auf die Hauptstadt Luanda sowie einige Städte im Hochland wie insbesondere die Provinzstädte Kuito, Bengoela, Malanje, Sumbe, Uige, Huanbo, Luena und Cuito, Cuanavale (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe v. Juli 1999 sowie AA, Lagebericht v. 15.11.2000). Diese Bürgerkriegshandlungen haben die Versorgungslage namentlich in den von der UNITA kontrollierten Gebieten erheblich angespannt; die UNITA führt die soziale Verelendung der Bevölkerung zur Zeit bewusst herbei, um damit die Regierung unter Druck zu setzen. Das hat indes keine für die Klägerin "positiven" Auswirkungen. Denn nach der Auskunftslage (vgl. ai v. 25.3.1994 an den BayVGH; AA, Lagebericht v. 8.12.1999) besteht praktisch keine Möglichkeit, von UNITA kontrollierten Gebieten in die von der Regierung kontrollierten Bereiche und umgekehrt zu gelangen. Da die Klägerin nach Luanda, d.h. in das Gebiet der MPLA abgeschoben werden würde, sind bei der  Betrachtung all die Schwierigkeiten nicht in den Blick zu nehmen, welche sich für die Gebiete ergeben, welche die UNITA kontrolliert.

23

Die oben bereits beschriebenen Schwierigkeiten in der Herstellung und Verteilung von Lebensmitteln hat dazu geführt, dass Angola nicht annähernd fähig und imstande ist, die für die Versorgung seiner Bevölkerung erforderlichen Lebensmittelmengen auf eigenen Flächen zu produzieren. Die Lebensmittelversorgung geschieht im Wesentlichen durch Importe internationaler Hilfsorganisationen. Beispielsweise in Luanda arbeiten bis zu 150 Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen an der Lebensmittelversorgung (vgl. Außenministerium der Niederlande v. 6.12.1999). Von den UN-Agenturen sind es u.a. die folgenden: UNDP, UNHCR, OCHA, WFP (Welternährungsprogramm), UNICEF, WHO (Weltgesundheitsorganisation), UNESCO, UNPFA, FAO, UNOA. Ferner sind dort 150 internationale und örtliche Nichtregierungsorganisationen tätig, zu denen u.a. die Deutsche Welthungerhilfe unter dem Vorsitz von Frau Schäuble gehört (vgl. FAZ v. 8.12.1999). Die Zahl der dort tätigen Organisationen darf indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Versorgungslage keineswegs gesichert, sondern "prekär" ist. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes (vgl. z.B. Lageberichte v. 15.11.2000 und 8.12.1999 sowie ergänzenden Bericht v. 8.11.1999 und Lagebericht v. 22.12.1998) hat die Bürgerkriegssituation eine allgemeine Nahrungsmittelknappheit hervorgerufen. In den vom Bürgerkrieg nicht betroffenen Landesteilen (nur dorthin würde die Klägerin nach den vorstehenden Ausführungen gelangen können) ist nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes noch eine Grundversorgung der Bevölkerung auf niedrigem Niveau gewährleistet. Die Situation hat sich u.a. dadurch zum Nachteil der Hungernden verstärkt, dass die angolanischen Flüchtlingsbewegungen (s.o.) zur Überfüllung des Küstenstreifens, insbesondere der Hauptstadt Luanda geführt haben. Dementsprechend ist die Versorgungslage bedenklich und mit einem substantiellen Nahrungsmittelmangel zu rechnen (vgl. auch UNHCR vom 28. August 1996 - Anlage -; Schweizerische Flüchtlingshilfe v. 11.11.1997). Die internationalen Hilfswerke haben zunehmende Mühe, bei der internationalen Gemeinschaft die notwendigen finanziellen Mittel zu erhalten (Schweizerische Flüchtlingshilfe vom Juli 1999; siehe auch FAZ v. 8.12.1999). Es kommt hinzu, dass angolanische Behörden zum Teil erhebliche Schwierigkeiten bereiten, importierte Güter an Bedürftige verteilen zu lassen. So musste zum Teil mehrere Wochen auf eine Fluggenehmigung gewartet werden. Es ist nicht mehr möglich, die breite Masse der Bevölkerung vollständig zu versorgen. Die Hilfsorganisationen sind vielmehr gehalten, die knappen Ressourcen selektiv zu verteilen dergestalt, dass diese nur an besonders Bedürftige, Schwache, Alte und Kranke verteilt werden. Zuweilen hängt das Überleben offenbar sehr von der Durchsetzungskraft des Einzelnen sowie der Improvisationskraft der handelnden Personen ab (vgl. Institut für Afrikakunde v. 15.10.1998 an das VG München). Die Überlebenschancen steigen in  dem Umfang, in dem jemand in einen Familienclan eingebunden ist. Insgesamt ergibt sich für die breite Masse der Bevölkerung ein erhebliches Defizit, das Kalorienerfordernis zu decken. Das gelingt nur zu etwa 82 % (Institut für Afrikakunde, a.a.O.). Die schwere Krise bei den Nahrungsmittelversorgungen hat gesundheitliche Anfälligkeit und damit u.a. die Ausbreitung von Malaria und sonstigen Infektionskrankheiten zur Folge (vgl. Institut für Afrikakunde v. 15.10.1998; Außenministerium der Niederlande vom 6.12.1999). Diese können deshalb eine erhebliche Gefahr für die Bevölkerung darstellen, weil die medizinische Versorgung nach allen Auskünften kaum noch richtig funktioniert (vgl. UNHCR Positionspapier v. September 1999; ai v. 30.7.1997 an das OVG Magdeburg; Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 15.11.2000: Medizinische Versorgung ist sehr angespannt). Häufig fehlen Medikamente, Instrumente und Energie. Das ergibt sich zum Teil daraus, dass das Personal diese Gegenstände aus eigener Not verkauft und damit die Möglichkeit der medizinischen Versorgung zusätzlich anspannt.  Da nicht alle Personen gleichmäßig gut versorgt werden können, führt dies zu "einer Art darwinschem Ausleseprozess" (Institut für Afrikakunde v. 26.2.1996 an das VG Schleswig). Für eine wirksame flächendeckende Hilfe durch Hilfsorganisationen und -einrichtungen sind die Betroffenen, d.h. die Zahl der Flüchtlinge zu groß und zu zahlreich. Kriminalität und Improvisationsvermögen bestimmen den täglichen Kampf ums Überleben. Die Starken überleben, Schwache, wie namentlich Frauen, Schwangere und Kinder sowie Säuglinge kommen häufig unter die Räder (Institut für Afrikakunde, a.a.O.).

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Aus den vorstehenden Ausführungen wird deutlich, dass die Lage, was die Lebensmittelversorgung sowie die medizinische Versorgung anbetrifft, in Angola als "prekär" angesehen werden muss. Damit ist indes noch nicht gesagt, dass die hohen Anforderungen, welche allein eine der Klägerin günstige Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG rechtfertigen, bereits damit erfüllt wären. Vielmehr hat die vorstehende Auflistung der Gefahren in Angola gezeigt, dass es - wie das Auswärtige Amt in seinen letzten Lageberichten vom 15. November 2000 und 8. Dezember 1999 immer wieder ausgeführt hat - nicht allgemein gesagt werden kann, ob jemand in Angola sicheren Auges dem Tode überantwortet wird oder Überlebenschancen hat, sondern dass hierzu eine besonders sorgfältige Prüfung des Einzelfalles angezeigt ist (vgl. auch Einzelauskunft v. 5.7.1999 an das VG Aachen; v. 16.11.1998 an das VG Sigmaringen). Diese einzelfallbezogene Betrachtung ergibt, dass im Fall der Klägerin noch nicht mit der allein ausreichenden hohen Wahrscheinlichkeit gesagt werden kann, sie werde im Falle der Abschiebung sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein. Die Klägerin ist zur Zeit 31 Jahre alt. Gesundheitliche Einschränkungen, welche im Falle ihrer Rückkehr die Überlebenschancen in einer ins Gewicht fallenden Weise verminderten, hat sie nicht geltend gemacht. Die Klägerin war bereits nach ihrer Flucht aus Angola im Jahre 1986 auf sich allein gestellt, weil ihr Ehemann verhaftet worden war. In Zaire hat die Klägerin seit 1993 als Händlerin auf dem Markt gearbeitet. Die dort erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten können der Klägerin bei der Verschaffung der zur Grundversorgung notwendigen Nahrungsmittel von Nutzen sein.

25

Zwar ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin in Luanda als der zur Zeit einzig möglichen Anlaufstation voraussichtlich die familiären Bindungen fehlen werden, die generell eine Existenzsicherung dort erleichtern könnten. Die Familie der Klägerin hat zuletzt in dem Nachbarland Demokratische Republik Kongo gelebt. Die Wiedereingliederung der Klägerin in die Lebensverhältnisse in Angola wird zusätzlich dadurch erschwert, dass sie nur wenige Jahre ihres Lebens in Angola, dort M. d. Z. verbracht hat, nämlich die Jahre 1982 bis 1986 und später einen Zeitraum in den Jahren 1992/1993. Das schließt indes nicht aus anzunehmen, sie werde in dem vom Institut für Afrikakunde (26.2.1996 an das VG Schleswig) beschriebenen "darwinschen Ausleseprozess" bestehen können. Dabei darf zwar nicht verkannt werden, dass das UNHCR in seinen Stellungnahmen (u.a. Positionspapier vom September 1999) stets dringend davon abrät, angolanische Staatsangehörige nach Angola abzuschieben. Der Maßstab, den der UNHCR anlegt, ist indes ein anderer als derjenige, welcher allein für § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG ausreichen kann. Denn der UNHCR lässt sich von der Erwägung leiten, Abschiebungen sollten erst dann vorgenommen werden dürfen, wenn die Rückkehr als sicher anzusehen sei. Das ist ein anderer rechtlicher Maßstab als er für § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nach den oben stehenden, vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Gründsätzen gilt. Insgesamt sind damit keine ausreichenden Gesichtspunkte für die Annahme ersichtlich, der Klägerin werde es zumindest aus einer Kombination aus eigenen gelegentlichen Dienstleistungen (vgl. Auskunft d. AA v. 26.6.1998 an das VG Schleswig) und der Inanspruchnahme von Hilfen karitativer Vereinigungen nicht möglich sein, in Angola zu überleben. Rückkehrende Asylbewerber mögen zwar Schwierigkeiten haben, dort (wieder) Fuß zu fassen (vgl. Institut für Afrikakunde v. 31.8.1995 an das VG Neustadt/Weinstraße; Auskunft v. 15.10.1998 an das VG München). Dies sowie die bislang fehlenden Kenntnisse der portugiesischen Sprache sind indes noch nicht als so unüberwindbare Hürden anzusehen, dass die Klägerin im täglichen Kampf ums Überleben in Angola/Luanda mit  so hoher Wahrscheinlichkeit scheitern müsste, dass sie sehenden Auges gleichsam dem sicheren Tode überantwortet würde, müsste sie mit diesen "Handicaps" dort zu leben versuchen. An dem vorgenannten Maßstab ist auch die Aussage des Auswärtigen Amtes in seinem Lagebericht vom 15. November 2000 zu messen, die Überlebensmöglichkeiten für alleinstehende Frauen und Kinder ohne familiären Rückhalt seien bedenklich. Nach dieser Einschätzung lässt sich eine Feststellung des Inhalts, die Klägerin sei bei einer Rückkehr nach Angola unmittelbar und mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefährdung an Leib und Leben ausgesetzt, nicht treffen. Das gleiche gilt bei einer Rückkehr der Klägerin mit ihrem 1997 geborenen Sohn. Selbst wenn es ihr in der geschilderten Rückkehrsituation nicht gelingen sollte, eine Arbeitsstelle zu finden, um sich und ihren Sohn zu ernähren, stünde ihr noch die Möglichkeit offen, auf die Unterstützung der in Luanda noch tätigen internationalen Hilfsorganisationen zurückzugreifen, die nach dem Vorgesagten gezielt Bedürftige unterstützen.

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Für die Annahme einer extremen Gefährdung der Klägerin sind auch keine sonstigen Gesichtspunkte ersichtlich. Das gilt auch angesichts der erheblichen Kriminalität, welche namentlich in Luanda zu verzeichnen ist. In dieser hoffnungslos überfüllten Stadt nimmt die allgemeine Kriminalität zwar zuweilen beängstigende Ausmaße an. Raubüberfälle und Vergewaltigungen sind an der Tagesordnung (AA v. 26.6.1998 an das VG Schleswig, Schweizerische Flüchtlingshilfe v. 11.11.1997 zur Situation in Angola Ende August 1997). Gleichwohl lässt sich nicht sagen, nachgerade jeder müsse mit erheblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, in Luanda Opfer eines solchen Raubüberfalles mit Folgen zu werden, welche dem Tod oder schwersten Verletzungen gleich zu achten sind. 

27

Es ist entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts auch nicht möglich, aus einer "Gesamtschau mehrerer für sich nicht ausreichender Gründe" doch zur Annahme zu gelangen, § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG greife zum Vorteil der Klägerin ein. Denn hier ist - wie oben unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. November 1996 (- 1 C 6.95 -, BVerwGE 102, 249) ausgeführt - ein gesteigerter Maßstab anzulegen. Diesen Anforderungen wird man nicht gerecht, wenn man je für sich nicht ausreichende Gesichtspunkte schlicht addiert und meint, aus verschiedenen nicht tragfähigen Gesichtspunkten könne dann doch abgeleitet werden, der Ausländer werde im Heimatland sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert sein (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 27.6.1989 - 9 C 1.89 -)."

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Zwar besteht grundsätzlich eine verschärfte und schwierigere Lage für Kinder bis zu fünf Jahren in Angola. Jedoch rechtfertigt auch diese nicht, grundsätzlich allen Kindern unter fünf Jahren Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu gewähren. Für die Schwierigkeiten bei der Abschiebung von Kindern ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 12.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305) eine möglichst realitätsnahe, wenn auch hypothetische Rückkehrsituation zugrunde zu legen. Danach ist hier realistischerweise anzunehmen, dass der Kläger nicht allein nach Angola abgeschoben wird, sondern zusammen mit seinen Eltern und seinen drei älteren Geschwistern.

29

Bei der Rückkehr von Kindern unter fünf Jahren sind gegenüber der Lage zurückkehrender Erwachsener weitere Besonderheiten zu berücksichtigen. Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom heutigen Tage (1 L 761/00) Folgendes ausgeführt:

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"Richtig und im Wesentlichen unstreitig ist zwar, dass die Kindersterblichkeit, d.h. der Prozentsatz der Kinder unter fünf Jahren, welche das Alter von fünf Jahren nicht vollenden können, in Angola rund 30 v.H. beträgt (vgl. etwa AA v. 12.1.1999 an das VG München; Institut für Afrikakunde v. 15.10.1998 an das VG München; UNICEF v. 5.11.1998 an das VG München; UNHCR v. 4.7.2000, Asylmagazin 2000, 24; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Überblick über die Lage in Angola Mitte Juni 1999, Juli 1999; dpa v. 23.8.1999). Das ist zu einem erheblichen Teil auf die prekäre Lage zurückzuführen, welche hinsichtlich der Versorgung mit Lebensmitteln herrscht. In den vom Bürgerkrieg noch nicht erreichten Landesteilen - allein dorthin werden der Kläger und seine Mutter angesichts der "Demarkationslinie", welche zwischen den von der MPLA und den von der UNITA kontrollierten Gebieten liegt, gelangen können - ist nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes (vgl. u.a. Lageberichte v. 15.11.2000 und 8.12.1999) sowie des Instituts für Afrikakunde (Auskunft v. 15.10.1998 an das VG München) eine Grundversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln auf niedrigem Niveau noch gewährleistet. Es ist allerdings schwierig, an erschwingliche Lebensmittel zu gelangen. 64 % der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze, 21 % sogar in extremer Armut. Selbst die Mehrheit der in Luanda lebenden Bevölkerung - gemeint sind offenbar diejenigen, welche in den sich bildenden Slums leben müssen - hat nicht ausreichenden Umfangs Zugang zu sauberem Trinkwasser (vgl. zum Vorstehenden insbesondere Schweizerische Flüchtlingshilfe v. 11.11.1997; vgl. aber auch Außenministerium der Niederlande v. 6.12.1999 an die Einwanderungsdirektion Den Haag). Die medizinische Versorgung ist darum umso wichtiger. Denn mangelhafte Ernährung begünstigt - auch - bei Kleinkindern die Ausbreitung von Malaria sowie die Anfälligkeit von Erkrankungen auf Grund von Parasiten. Die medizinische Versorgung seitens des Staates (nur 6 v.H. des Bruttosozialproduktes gibt Angola für die medizinische Versorgung, aber 34 v.H. für die Versorgung mit Waffen aus; UNICEF v. 5.11.1998 an das VG München) ist nach Darstellung des Auswärtigen Amtes (Lageberichte v. 15.11.2000 und v. 8.12.1999) "sehr angespannt" bzw. trotz Bemühungen internationaler Organisationen nicht ausreichend sichergestellt. Sie ist namentlich deshalb schlecht, weil das unterbezahlte medizinische Personal Material und Instrumente "versetzt", um das eigene Überleben zu sichern (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe v. 11.11.1997; Medico International v. 13.12.1999 an das VG Münster). Privatkliniken stehen auf Grund der finanziellen Vorstellungen über die Behandlungskosten im Wesentlichen nur Ausländern offen (Außenministerium der Niederlande v. 6.12.1999 an die Einwanderungsdirektion Den Haag).

31

All dies hat indes noch nicht die Folge annehmen zu können, jedes zurückkehrende Kind unter fünf Jahren werde durch die Abschiebung im Sinne der oben wiedergegebenen Grundsätze des Bundesverwaltungsgerichts, denen der Senat folgt, "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod überantwortet". Der Kläger und seine Mutter werden in Angola zwar einen Zustand vorfinden, der ihnen erhebliche Schwierigkeiten bereiten wird, wieder Fuß zu fassen (vgl. etwa auch Institut für Afrikakunde, Auskunft v. 31.8.1995 an das VG Neustadt/Weinstraße; UNHCR v. 4.7.2000, Asylmagazin 2000, 24). Sie müssen sich erst die Orientierung über die lebensnotwendigen Hilfsorganisationen verschaffen und notwendige Beziehungen knüpfen, die für den täglichen Überlebenskampf erforderlich sind. Zu berücksichtigen ist andererseits, dass u.a. nach den Schilderungen von ai (Auskunft v. 30.7.1997 an das OVG Magdeburg) die zunehmend verknappten Mittel international tätige Hilfsorganisationen, wie z.B. das World Food Program (WFP), zwingen, die eingeschränkten Ressourcen nur noch an besonders gefährdete Gruppen wie unterernährte Kinder unter fünf Jahren, Waise, Alte, Gebrechliche oder Schwerkranke zu geben. Da der Kläger zu diesem Personenkreis gehören kann, wird die Wahrscheinlichkeit, zu den 30 % zu gehören, welche das 5. Lebensjahr nicht erreichen/überleben, verringert. Es kommt hinzu, dass seine Mutter in gewissem Umfang das familiäre Netzwerk wird bieten können, welches nach der Auskunft des Instituts für Afrikakunde vom 15. Oktober 1998 an das VG München einen gewissen Schutz gegen Elend und Armut bildet. Die Hilfsorganisationen (auch) nichtstaatlicher Art haben zwar zum Teil mit solchen Schwierigkeiten zu kämpfen, welche ihnen ausgerechnet die angolanische Regierung bereitet (vgl. UNHCR-Positionspapier v. September 1999). Die Regierungen mögen auch zunehmend das Interesse an Angola verlieren mit der Folge, dass die Entwicklungsgelder zunehmend spärlich fließen und damit auch die internationalen Hilfsorganisationen mit zunehmend geringeren finanziellen Ressourcen ausgestattet sind. All das lässt zwar eine gewisse Zuspitzung der Lage in Angola, jedoch nicht mit dem zu fordernden erhöhten Maßstab (vgl. nochmals BVerwG v. 19.11.1996 - 1 C 6.95 -, BVerwGE 102, 249, 259 = EZAR 033 Nr. 10) erwarten, es bestehe deshalb ein zwingendes Abschiebungshindernis, weil der Kläger gleichsam sehenden Auges dem physischen Untergang oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, wenn er nach Angola abgeschoben würde.

32

Der Entscheidung des  Bad.-Württ. VGH vom 24. Februar 1999 (- A 13 S 3092/95 -, InfAuslR 1999, 336 = AuAS 1999, 139) lassen sich ausreichende Anhaltspunkte für die gegenteilige Annahme nicht entnehmen. Der Bay. VGH (Beschl. v. 2.9.1999 - 25 B 99.30815 -, wohl nur in Juris veröffentlicht) rügt zunächst zutreffend, der Bad.-Württ. Verwaltungsgerichtshof habe die allgemeine Gefahrenlage zu Unrecht einer konkreten Gefahrenlage gleichgeachtet und damit den Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu Unrecht herabgesenkt.

33

Auch in der Sache ist es nicht gerechtfertigt, mit dem Bad.-Württ. VGH anzunehmen, Kinder, welche wie der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland ihren ersten, den Fünfjahreszeitraum noch nicht vollständig ausfüllenden Lebensabschnitt leben und dabei sämtliche medizinische Vorsorgemaßnahmen erhalten können, welche hier Standard sind, seien im Falle ihrer Rückkehr so erhöhten Maßes gesundheitlichen Gefährdungen ausgesetzt, dass sie sehenden Auges dem sicheren Tod überantwortet würden. Es spricht zwar Einiges für die Annahme, Trinkwasser und Lebensmittel in Angola wiesen Besonderheiten auf, welche bei jedem, der nach Angola "zurückkehrt" oder - wie der Kläger es tun müsste -  erstmals dorthin gelangt, unter anderem eine mit fiebrigen Erkrankungen begleitete Umstellung der Darmflora und sonstige nachteilige medizinische Begleitumstände zur Folge haben werden. Das ist indes kein Gesichtspunkt, der für sich als Besonderheit ausreichte, jedem Kind unabhängig von dem Stand der erreichten Impfungen und der damit vermittelten Abwehrkräfte die Rückkehr nach Angola zu ersparen, solange es das 5. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Eine solche Annahme wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme bestünden, der hier vermittelte Impfschutz werde - erstens - die wesentlichen in Angola lauernden Gefahren nicht erfassen, und - zweitens -, die mit der Umstellung verbundenen Erkrankungen würden in einem Umfang Menschenleben unter den bis zu Fünfjährigen kosten, dass die Mortalitätsrate von bis zu Fünfjährigen um ganze "Größenordnungen" angehoben würde. Bereits die zweite Annahme ist nach der Auskunftslage nicht gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 19.11.1996 - 1 C 6.95 -, BVerwGE 102, 249, 259) darf sich der Senat zwar nicht an starren Prozentzahlen orientieren, sondern er hat bei der Ausfüllung von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG die besonderen Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Dabei ist zu beobachten, dass der oben beschriebene Vomhundertsatz von 30 (andere sprechen von 292 pro Tausend, so z.B. das Institut für Afrikakunde v. 15.10.1998 an das VG München) einen statistischen Durchschnittswert darstellt, der für ganz Angola gilt (vgl. etwa auch den statistischen Anhang zur Auskunft des UNICEF v. 5.11.1998 an das VG München, in der Erkenntnismittelliste unter dem Stichwort "Kindersterblichkeit" enthalten). Eine regionale Differenzierung haben die Auskunftsstellen nicht vorzunehmen vermocht. Dazu reichten die statistischen Daten nicht aus. Sehr nachvollziehbar nimmt das Institut für Afrikakunde (Auskunft v. 15.10.1998 an das VG München) indes an, es bestünden bestimmte Erfahrungswerte. Danach sei die Kindersterblichkeit geringer in Städten als auf dem Land, geringer bei etwas betuchteren Personen als armen sowie geringer in der Hauptstadt als in den übrigen Städten. Unter diesen Umständen ist anzunehmen, dass die Sterblichkeit selbst von den Kleinkindern, die in den Slums von Luanda aufwachsen müssen, leicht unterhalb des Durchschnittswerts von 30 v.H. liegt. Dieser Durchschnittswert ist - was die Größenordnung anbetrifft - so niedrig, dass im Falle seines Eingreifens nicht gesagt werden kann, gleichsam jedes Kind unter fünf Jahren werde bei einer  "Rückkehr" nach Angola gleichsam sehenden  Auges dem sicheren Tode überantwortet. Er wird hier nicht um "Größenordnungen" verschoben, wenn man sich die oben genannten Risiken vor Augen führt. Es mag zwar sein, dass jeder Angolaner unter fünf Jahren, der, aus der Bundesrepublik Deutschland kommend, erstmals in sein Heimatland gelangt, die oben beschriebenen Umstellungsprobleme hat/haben wird. Es bedarf indes nicht erst der Einholung einer - hier auch nicht beantragten - medizinischen Expertise etwa eines Tropeninstituts, um beurteilen zu können, dass diese Probleme keinen Umfang annehmen, welcher die Mortalitätsrate um die Größenordnungen erhöht, ab der etwa würde gesagt werden können, Kleinkinder würden durch die mit dem erstmaligen Aufenthalt in ihrem Heimatland verbundenen Umstellungsschwierigkeiten gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tode überantwortet. Denn es ist zu berücksichtigen, dass mehrere Auskunft gebende Stellen, so z.B. das Institut für Afrikakunde (vgl. Auskunft v. 15.10.1998 an das VG München) und der UNHCR (vgl. dessen Positionspapier vom September 1999 zur zwangsweisen Rückführung abgelehnter Asylsuchender nach Angola) auch und gerade die Situation zurückkehrender Asylsuchender behandeln und dabei "vor Ort" Informationen ermitteln. Keine dieser Auskünfte enthält einen hinreichenden Anhaltspunkt dahin anzunehmen, die oben beschriebenen Umstellungsschwierigkeiten belasteten zurückkehrende Angolaner unter fünf Jahren in einem Umfang, dass die Mortalitätsrate signifikant über diesen etwa 30 v.H. liegen würde. Erst das würde zunehmend die Annahme zu rechtfertigen vermögen, solche Kinder würden ungeachtet der Hilfe, welche ihnen die mit zurückkehrenden Erwachsenen leisten könnten, sehenden Auges "dem Untergang geweiht".

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Besondere Umstände dieses speziellen Einzelfalles führen hier zu einem abweichenden Ergebnis.

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Gegenüber den o.g. grundsätzlichen Erwägungen ist nämlich im Falle des Klägers zu berücksichtigen, dass im Alter von 12 bis 15 Monaten das Immunsystem der Kinder noch in so geringem Umfang aufgebaut ist, dass sie Infektionen gegenüber weitgehend wehrlos sind. Da die Umstellungsphase mit Sicherheit zu Erkrankungen schwerster Art führt, die - wenn auch mit sicherlich großen Schwierigkeiten - im Normalfall bei gesunden Erwachsenen und auch Kindern überwunden werden können, kann auch der Kläger dem nicht entgehen. Im Fall des Klägers muss nun berücksichtigt werden, dass ihm seine Familie in dieser Phase nicht die Hilfe bieten kann, die erforderlich ist. Seine Familie ist - im Gegensatz zu einer bereits vor Ort lebenden Familie eines Kleinstkindes - selber gefordert durch die körperliche Umstellung und Eingewöhnung, die sie bei einer gleichzeitigen Rückkehr mit dem Kläger zu durchlaufen hat und zusätzlich zu den harten körperlichen Anforderungen meistern muss, sich sozial in die Bevölkerung zu integrieren, also die Suche nach Arbeit und Möglichkeiten, das eigene Überleben sowie das der weiteren drei älteren Kinder zu sichern. Damit hat die Familie des Klägers keine Kapazitäten frei, um den besonderen - über den, den die älteren Kinder bereits benötigen, weit hinausgehenden - Schutz, den der Kläger als ein Kleinstkind in dieser Phase zwingend benötigt, zu gewährleisten. Der Kläger hat über die engere Familie hinaus, mit der er hier in der Bundesrepublik lebt, keinen Familienzusammenhang vor Ort. Nach Auskünften des Vaters besteht seit 1992 kein Kontakt zu den in Angola verbliebenen Familienangehörigen. Abgesehen davon lebten diese nach Auskunft des Vaters ohnehin nicht in Luanda. Nur dort bestehen jedoch für die Familie und namentlich den Kläger überhaupt Überlebenschancen. Deshalb bestünde keine Aussicht auf eine erfolgreiche Überwindung der Umstellungsphase bei einem Versuch, eine Großfamilie außerhalb Luandas zu erreichen und zusätzlich von ihr die notwendige Unterstützung materieller wie medizinischer Art zu erhalten. Im besonderen Fall des Klägers ist hier - abweichend von den grundsätzlichen Erwägungen - deshalb zu berücksichtigen, dass die Umstellungsphase für ein Kleinstkind von 12 bis 15 Monaten zusätzlich deshalb von besonderer Gefährlichkeit ist, weil akute Gesundheitsgefahren durch die mit Sicherheit zu erwartenden Erkrankungen ungleich größer sind als bei älteren Kindern oder gar Erwachsenen und Folgeerscheinungen, die geeignet sind, auch zum Tode zu führen, wie Austrocknung und akute Kreislaufdefizite, in ungleich kürzeren Zeiträumen eintreten. Komplikationen dieser Art sind mit herkömmlichen Mitteln - also ohne die Mittel der Akutmedizin - nicht zu vermeidende Folgen, die nur bei unverzüglichem Eingreifen und ärztlicher Versorgung in einer medizinischen Einrichtung behandelt oder rückgängig gemacht werden können. Diese sicherzustellen wiederum erfordert die ständige Bereitschaft erwachsener Betreuungspersonen, sofort die notwendigen Schritte einzuleiten. Sofern eine solche - wie im Falle des Klägers wegen der besonderen eigenen Schwierigkeit der in Betracht kommenden Erwachsenen - nicht möglich ist, erhöht sich deshalb die Gefährlichkeit der Lage in einem die allgemeine Situation weit übersteigenden Maße. Deshalb ist das Überleben der Umstellungsphase für den Kläger in einem Maße zweifelhaft, das über die "allgemeine Gesundheitsgefahr" für Kleinkinder bis fünf Jahre und die aus ihnen resultierende Kindersterblichkeitsrate weit hinausgeht. Wenn Letztere auch - noch - nicht den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen zur Ermittlung einer hier relevanten Gefahr genügt, so hat hier das Überlebensrisiko des Klägers durch die besonderen Umstände seiner Rückkehr in der Phase der Umstellung bereits ein Maß erreicht, das über diese Schwelle hinausgeht. Zwar mag es sich um eine aufs Ganze betrachtet relativ kurze Zeitspanne handeln, in der die geschilderten Risiken zusammentreffen, jedoch ist dabei zu berücksichtigen, dass diese Phase keinesfalls "umgangen" werden kann. Sie betrifft zwingend alle aus den hiesige Umständen vergleichbaren Umständen einreisende Menschen, wenn sie sich auch unterschiedlich jeweils auswirkt. Sie kann vom Kläger auch nicht durch Vorsorgemaßnahmen, Impfungen o.ä. ausgeschlossen werden oder auch nur in einem Maße reduziert werden, dass die Überlebenschancen des Klägers als eines 12 bis 15 Monate alten Kleinstkindes für die spezifischen Gefahren der Phase der Umstellung in erkennbarem Maße steigern würde. Denn allein durch Zeitablauf beim Älterwerden kann eine Stabilisierung des Immunsystems und eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegen die Folgewirkungen bzw. Komplikationen mit Sicherheit eintretender Infektionen erreicht werden. Die Folge ist, dass der Kläger angesichts der ihn treffenden Umstände zum jetzigen Zeitpunkt nicht den bei einer Abschiebung für ihn mit Sicherheit zu erwartenden Gefahren ausgesetzt werden darf.

Sonstiger Langtext

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B e s c h l u s s :

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Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 3.000,00 DM (i. W.: dreitausend Deutsche Mark) festgesetzt.