Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.03.2001, Az.: 1 K 679/00
Bebauungsplan; Einfluß auf Abwägungsergebnis; Konfliktlösung; Lärmimmissionen; Lärmschutzwall; Stand der Technik; Teilnichtigkeit eines Bebauungsplans; Tischlerei; Vermeidung von Immissionen; Wohngebiet
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 15.03.2001
- Aktenzeichen
- 1 K 679/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 39227
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 22 BImSchG
- § 1 Abs 6 BBauG
- § 214 Abs 3 S 2 BBauG
- § 1 Abs 10 BauNVO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Eine Gemeinde kann den Konflikt zwischen einer vorhandenen Tischlerei und der geplanten allgemeinen Wohnbebauung auch dadurch lösen, dass sie für das Tischlereigrundstück allgemeines Wohngebiet festsetzt und durch einen Lärmschutzwall die Immissionen auf ein der Wohnbevölkerung erträgliches Maß reduziert.
Tatbestand:
Der Antragsteller wendet sich gegen den im Tenor genannten Bebauungsplan der Antragsgegnerin vor allem deshalb, weil er existenzbedrohende Nutzungskonflikte zwischen seinem Tischlereibetrieb und der allgemeinen Wohnnutzung befürchtet, welche nach dem Inhalt des angegriffenen Plans von Norden an sein Grundstück heranrücken darf.
Das im Rubrum genannte Betriebsgrundstück des Antragstellers (Flurstück 79/41) liegt an der Nordseite der S. Straße. Es ist damit Teil einer in dreieckig geschnitten Fläche etwa gleicher Schenkellänge, die im Nordwesten von der L. 371 und an der Nordostseite von der F., der K. 27, und im Süden durch die S. Straße begrenzt wird. In ihrem westlichen Viertel ist diese Fläche bereits bebaut. Auf dem ebenfalls dreieckig geschnittenen Grundstück des Antragstellers steht dessen Wohnhaus sowie das Tischlereigebäude, welches sich in etwa rechtwinklig um dessen Nordostecke zieht. Ursprünglich war nur das Erdgeschoss zu Tischlereizwecken genutzt worden. Derzeit verfolgt der Antragsteller das Ziel, die im Obergeschoss des Anbaus ohne Baugenehmigung aufgenommene Nutzung als Tischlerei bauaufsichtsbehördlich legalisieren zu lassen. Dieses Verfahren ist bislang nicht zu einem Abschluss gekommen. Auf der östlichen Schmalseite seines Grundstücks hält der Antragsteller außerdem in kleineren Umfang Rinder; dort hat er die Dunglege untergebracht.
Die Antragsgegnerin verfolgt seit einiger Zeit das Ziel, zur Schaffung von Wohnraum für einen Großteil der oben beschriebenen dreieckigen Fläche einen Bebauungsplan aufzustellen. Drei von vier dazu unternommenen Versuchen waren/sind Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Den von ihrem Rat am 1. November 1990 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 5 ". W." erklärte der 6. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts durch Urteil vom 17. Januar 1992 - 6 K 3112/91 -, für nichtig, weil die Antragsgegnerin den durch den Plan hervorgerufenen Nutzungskonflikt zwischen der Tischlerei und der hinzutretenden Wohnbebauung nicht einmal vollständig erkannt und dementsprechend nicht gelöst habe. Den am 3. Juli 1996 bekannt gemachten Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 5 "Am Sch. Wald" erklärte der 6. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts durch Beschluss vom 9. Juni 1997 - 6 K 4543/96 - gleichfalls für nichtig. Er führte aus, Nrn. 10 und 11 der textlichen Festsetzungen, wonach die dem Tischlereibetrieb zugewandten baulichen Anlagen quer anzuordnen und in bestimmter Weise zu nutzen seien, möchten zwar geeignet sein, im Falle ihrer Verwirklichung die dahinterliegende Wohnbebauung vor unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen zu bewahren. Es sei jedoch nicht ausreichend gesichert, dass sie vor Errichtung der dahinterliegenden und zu schützenden Wohnbebauung vollen Umfangs hergestellt und hernach auch erhalten blieben.
In der nunmehr angegriffenen, am 14. Dezember 1999 als Satzung beschlossenen Fassung dieses Bebauungsplanes setzt die Antragsgegnerin nördlich des Grundstücks des Antragstellers, seine Nordgrenze fast vollständig erfassend, einen mindestens 3 m hohen und 15 m tiefen Lärmschutzwall fest. Das Betriebsgrundstück des Antragstellers ist - ebenso wie alle anderen Baugrundstücke im Planbereich - als allgemeines Wohngebiet festgesetzt. Nr. 1.3 der textlichen Festsetzungen bestimmt auf der Grundlage von § 1 Abs. 10 BauNVO, für das Grundstück der Tischlerei sei die bestehende Nutzung zulässig, solange der Betrieb als eingetragenes Gewerbe geführt werde. Erweiterungen und betriebliche Entwicklungen seien nur zulässig, wenn dadurch keine zusätzlichen Immissionen auf die umgebende Wohnnutzung einwirkten.
Zeitgleich mit dem Normenkontrollantrag stellte der Antragsteller einen Eilantrag. Durch Beschluss vom 4. August 2000 - 1 M 681/00 - lehnte es der Senat ab, den angegriffenen Bebauungsplan einstweilen außer Vollzug zu setzen.
Zur Begründung seines Normenkontrollantrages macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend: Auch in der neuesten Fassung des Bebauungsplanes habe die Antragsgegnerin den Lärmkonflikt noch immer nicht richtig gelöst. Es gehe nicht an, für sein Grundstück allgemeines Wohngebiet festzusetzen, obwohl er dort eine das Wohnen typischerweise wesentlich störende Tätigkeit ausübe. Der Lärmschutzwall schirme die umliegende Wohnbebauung nach dem eingeholten TÜV-Gutachten nur unzureichend ab; denn in diesem sei unberücksichtigt geblieben, dass für die Wohnbebauung zwei Vollgeschosse festgesetzt worden seien. Ein nur drei Meter hoher Lärmschutzwall könne daher nicht ausreichen. Im übrigen gehe das TÜV-Gutachten von unzutreffenden Voraussetzungen aus, indem es die Zahl der gleichzeitig tätigen Maschinen unzutreffend gering bestimmt und außerdem außer Acht gelassen habe, dass er nicht nur einen achtstündigen Arbeitstag habe, sondern zur Erfüllung termingebundener Aufträge von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr arbeiten müsse. Die vom Rat der Antragsgegnerin angestellten Erwägungen, mit denen er die Überschreitung der Orientierungswerte für allgemeine Wohngebiete habe rechtfertigen wollen, seien allesamt unzutreffend. Nr. 1.3 der gesetzlichen Festsetzungen könne nicht auf § 1 Abs. 10 BauNVO gestützt werden, weil eine Wohnbebauung im Plangebiet noch nicht vorhanden sei.
Der Antragsteller beantragt,
den am 14. Dezember 1999 beschlossenen Bebauungsplan Nr. 5 "Am Sch. Wald" für nichtig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.
Sie hält den Antrag für unbegründet. Die von ihrem Rat angestellten Erwägungen träfen zu. Jedenfalls das Abwägungsergebnis sei nicht zu beanstanden. Denn es sei zu berücksichtigen, dass das TÜV-Gutachten geringere Abstände zwischen der Tischlerei und der Wohnbebauung zugrunde gelegt habe, als sie Planwirklichkeit geworden seien. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller unabhängig von den angegriffenen Festsetzungen verpflichtet sei, seinen Betrieb möglichst immissionsarm zu führen. So habe er durch die Ingenieure Bonk, Maire und Dr. Hoppmann unter dem 2. Juli 1998 selbst ausführen lassen, sein Betrieb könne so betrieben werden, dass in den Arbeitsphasen alle Fenster geschlossen blieben.
Wegen der Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Planaufstellungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen, welche in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist zulässig. Der Antragsteller ist im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Denn die Antragsgegnerin hatte bei der angegriffenen Abwägungsentscheidung gerade auf sein Interesse Rücksicht zu nehmen, von einer heranrückenden Wohnbebauung und damit von Schutzansprüchen verschont zu bleiben, deren Erfüllung seinen Betrieb einschränken könnte.
Der auch im übrigen zulässige Normenkontrollantrag ist indes nur zum kleineren Teil begründet. Die Abwägungsentscheidung ist im Wesentlichen nicht zu beanstanden. Zwar sind der Antragsgegnerin Fehler im Abwägungsvorgang unterlaufen, sie sind aber auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen.
Im Ergebnis ist nicht zu beanstanden, wie die Antragsgegnerin den Konflikt zwischen dem Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung seiner typischerweise das Wohnen erheblich störenden Tischlerei und der heranrückenden allgemeinen Wohnbebauung gelöst hat.
Die Antragsgegnerin hat diesen Konflikt ausweislich der Planbegründung gesehen (vgl. zum Folgenden BVerwG, Urt. vom 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301, 304). Die Gründe, mit denen sie diesen Konflikt planerisch, d.h. wahrhaft und nicht nur auf dem Papier zu bewältigen versucht hat, vermögen das Abwägungsergebnis zwar nicht zu tragen. Das ist wegen § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB im Ergebnis aber unschädlich.
Ausweislich der Planbegründung und damit im Sinne des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB in offensichtlicher Weise hat sich die Antragsgegnerin im Wesentlichen von den folgenden drei Erwägungen leiten lassen: Die Tischlerei habe ohnedies auf die südlich der S. Straße stehende Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen (vgl. Seiten 6, 10 und 11 sowie 31 unter 5.2 der Planbegründung). Die Überschreitung der für allgemeine Wohngebiete geltenden Tag-Orientierungswerte sei aus Gleichheitsgründen, d.h. mit Rücksicht darauf hinzunehmen, dass die Wohnbevölkerung in anderen Gemeindebereichen verschiedentlich Lärmimmissionen ausgesetzt sei, welche über den Orientierungswerten lägen; aus Gründen einer Gleichbehandlung bestehe daher kein Anspruch auf Durchführung aktiver Lärmschutzmaßnahmen (vgl. u.a. Seite 6 unten, 7 oben, 10 der Planbegründung). Das allgemeine Wohngebiet werde zudem ohnedies durch den Lärm beeinträchtigt, welcher von den umgebenden Straßen ausgehe. All das sind nicht tragfähige Erwägungen. Das hat der Senat in seinem Eilbeschluss vom 4. August 2000 - 1 M 681/00 - (vgl. insbesondere Seite 9 des Beschlussabdrucks) dargelegt. Auf diese den Beteiligten bekannten Erwägungen wird Bezug genommen.
Aus den folgenden Ausführung ergibt sich indes, dass dieser Abwägungsmangel nach den Umständen des Einzelfalls auf das Abstimmungsergebnis nicht von Einfluss gewesen ist. Ohne diesen Fehler im Abwägungsvorgang hätte sich ein anderes Abwägungsergebnis nicht abgezeichnet (vgl. BVerwG, Urt. vom 21.8.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33, 39; vgl. auch Beschl. vom 20.1.1995 - 4 NB 43.93 -, ZfBR 1995, 145 = BRS 57, Nr. 22 = DVBl. 1995, 518). Das ergibt sich aus den folgenden Ausführungen:
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragstellerin für das Grundstück des Antragstellers mit "WA" eine Nutzungsart festgesetzt hat, welcher der gegenwärtig ausgeübten Nutzung nicht entspricht. Eine Gemeinde ist nicht verpflichtet, miteinander unverträgliche Grundstücksnutzungen durch ausreichende räumliche Trennung zur Konkordanz zu bringen. Sie kann den Konflikt vielmehr auch dadurch lösen, dass sie die Festsetzungen, die für das emittierende Grundstück gelten, so ändert, dass das Aufeinandertreffen mit der veränderten Situation städtebaurechtlich nicht (mehr) zu beanstanden ist. Das führt lediglich dazu, dass der vorhandene Betrieb lediglich im gegenwärtig durch Genehmigungen geschützten Umfang weiter betrieben werden kann, und ist gerechtfertigt, wenn ausreichende städtebauliche Gründe dies stützen und der städtebauliche Konflikt "wahrhaft" gelöst wird. Das ist hier der Fall.
Der Wunsch, in das oben beschriebene Geländedreieck weitere allgemeine Wohnbebauung hineinzutragen, ist ein legitimer städtebaulicher Belang; in gewisser Weise bietet sich das Areal im Anschluss an die vorhandene Ortslage hierfür an.
Die Antragsgegnerin hat den sich hieraus ergebenden Nutzungskonflikt zwischen der heranrückenden Wohnbebauung und der Tischlerei des Antragstellers planerisch und nicht nur "auf dem Papier" bewältigt. Dies geschah durch die Festsetzung eines mindestens drei Meter hohen Lärmschutzwalles nebst Anschluss einer Nutzung, welche nur unterhalb der Wallkrone stattfindet und daher selbst dann vom Tischlereilärm unbeeinflusst ist, wenn diese sich auf das Obergeschoss des Gebäudes des Antragstellers erstreckt.
Der Senat hält des weiteren an seiner schon im Eilbeschluss vom 4. August 2000 - 1 M 681/00 - geäußerten Auffassung fest, die Obergeschosse der Wohngebäude - zwei Vollgeschosse sowie ein weiteres Obergeschoss, welches kein Vollgeschoss ist - seien trotz Verringerung der Mindesthöhe für die Wallkrone um 0,5 m (gegenüber den Empfehlungen des TÜV-Gutachtens) nicht unzumutbarem Lärm ausgesetzt. Denn es ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller wegen § 22 BImSchG verpflichtet ist, den durch Baugenehmigung geschützten Bestand nur in den Grenzen zu nutzen, die ihm das Immissionsschutzrecht durch die Pflicht zieht, die nach dem Stand der Technik vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen zu verhindern und die unvermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken (vgl. nochmals BVerwG, Urt. vom 23.9.1999 - 4 C 6.98 -, DVBl 2000, 192, 195). Insoweit fällt entscheidend ins Gewicht, dass der Antragsteller auf Seite 6 des von ihm zur Genehmigung der im Obergeschoss bereits aufgenommenen Tischlereinutzung eingereichten Gutachtens der beratenden Ingenieure Bonk/Maire/Dr. Hoppmann vom 2. Juli 1998 - 98171 - (Beiakte A) hatte ausführen lassen, die Tischlerei könne auch in der Weise betrieben werden, dass der Arbeitsraum in den Arbeitspausen, d.h. dann, wenn kein Material bearbeitet wird, "stoßgelüftet" wird und die Fenster bei den Berechnungen des Lärms als geschlossen angenommen werden durften. Wenn es dem Antragsteller möglich ist, dies im Obergeschoss zu tun, besteht kein durchgreifender Anhaltspunkt für die Annahme, dies sei im Erdgeschoss des Gebäudes nicht möglich.
Für diesen, d.h. für den Fall der bei den Arbeitsphasen stets geschlossenen Fenster hat der TÜV-Hannover/Sachsen/Anhalt e.V. in seinem schalltechnischen Gutachten zu den beabsichtigten Bebauungsplan Nr. 5 "Am Sch. Wald", 4. Fortschreibung vom 14. April 1997 - Anlage 2 Bl. 1 - angenommen, dass der für allgemeine Wohngebiete geltende Richtwert von 55 dB(A)/tags (dieser ist selbst dann maßgeblich, wenn der Tischlereibetrieb zur Erledigung aller Aufträge von 6.00 - 22.00 Uhr arbeiten muss) in etwa nur bis zu dem Punkt reicht, welchen der nördliche Fuß des Lärmschutzwalles - möglicherweise nebst 1 oder 2 m des nördlich Plangeländes - einnimmt. Dorthin werden die Lärmeinwirkung von 55 dB(A) indes nicht dringen können, weil der Lärmschutzwall sie zumindest ganz erheblichen Umfangs abdämmt. Wohnbauflächen einschließlich der Außenwohnflächen werden nach dem vom Antragsteller mit substantiierten Einwendungen nicht angegriffenen Ermittlungen des TÜV Hannover/Sachsen/Anhalt vom 14. April 1997 nicht beeinträchtigt, d.h. keinen Lärmimmissionen von mehr als 55 dB(A) ausgesetzt sein werden. Ein Konflikt von Wohn- und Tischlereinutzung wird damit planerisch vermieden.
Damit ist ausgeschlossen, dass das Abwägungsergebnis einen anderen Inhalt gehabt hätte, wenn sich die Antragsgegnerin schon im Abwägungsvorgang von sachgerechte(re)n Erwägungen hätte leiten lassen. Der Mangel im Abwägungsvorgang ist daher auf das Abwägungsergebnis nicht im Sinne des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB von Einfluss gewesen.
Begründet ist der Normenkontrollantrag indes hinsichtlich der textlichen Festsetzung 1.3. Diese kann sich - wie der Senat auf S. 11 des Beschlussabdrucks in der Sache - 1 M 681/00 - bereits ausgeführt hat, nicht auf § 1 Abs. 10 BauNVO stützen. Denn diese Vorschrift ist nach ihrem klaren Wortlaut wie auch Sinn (vgl. nochmals König/Röser/Stock, BauNVO 1999, § 1 RdNr. 102) für Gemengelagen reserviert, welche eine Gemeinde planerisch ordnen will. Eine solche Gemengelage ist derzeit tatsächlich nicht vorhanden. Dementsprechend kann das Gebiet bei der Planaufstellung nicht als "überwiegend bebaut" angesehen werden.
Das führt zur Teilnichtigkeit des Bebauungsplanes. Ob eine nichtige Festsetzung zur Voll- oder nur zur Teilnichtigkeit führt, ist in entsprechender Anwendung des in § 139 BGB verkörperten Rechtsgedankens danach zu bestimmen, ob der gültige Planteil für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken kann und - das muss hinzukommen - die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG, Urt. vom 18.7.1989 - 4 N 3.87 -, BVerwGE 82, 225, 232 f. = BRS 49 Nr. 34; Beschl. vom 16.3.1994 - 4 NB 6.94 -, NVwZ 1994, 1009 = BRS 56 Nr. 34). Bei der Beurteilung dieser Frage hat das Gericht zu vermeiden, in die kommunale Planungshoheit mehr als nötig einzugreifen. Es darf insbesondere nicht gestaltend tätig werden, sondern muss den Willen des Rates der Antragsgegnerin respektieren. Ob eine Regelung danach nur als teilnichtig angesehen werden kann, ist nach dem konkreten Planungskonzept der Antragsgegnerin zu beurteilen.
Hiernach kommt nur die Annahme einer Teilnichtigkeit in Betracht. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin in jedem Fall entschlossen war, dieses Gebiet zu überplanen und den Nutzungskonflikt zwischen dem Betrieb des Antragstellers und der heranrückenden Wohnbebauung zu lösen. Die Teilnichtigerklärung der textlichen Festsetzung 1.3 führt im Ergebnis zwar zu einer Schlechterstellung des Antragstellers; denn dieser kann nun nicht mehr die Verheißungen der textlichen Festsetzungen Nr. 1.3 des angegriffenen Planes in Anspruch nehmen, seinen Betrieb erweitern zu dürften, sofern sich dadurch die Grundstückssituation der Nachbargrundstücke nicht verschlechtert. Vielmehr ist nur noch der vorhandene Bestand in dem Umfang, in dem die vorhandene Baugenehmigungen Schutz gewähren, vor Eingriffen der Bauaufsichtsbehörde geschützt - sofern sie die Baugenehmigung nicht aus anderen Gründen zurückzunehmen vermag. Die Antragsgegnerin hätte indes auch in diesem Fall, d.h. auch bei Wegfall der textlichen Festsetzungen Nr. 1.3 die fraglichen Festsetzungen im Übrigen getroffen. Dies war namentlich nach ihrer Einschätzung hinsichtlich der Festsetzung des Tischlereigrundstücks als allgemeines Wohngebiet erforderlich, um nicht miteinander unverträgliche Nutzungen planerisch unvermittelt aufeinander treffen zu lassen. Die "Rumpffestsetzung" ist auch geeignet, eine städtebauliche Ordnung zu bewirken und nach den vorstehenden Ausführungen auch vor § 1 Abs. 6 BauGB nicht zu beanstanden.
Das hier aus § 1 a Abs. 3 Satz 1 BauGB ergebende Gebot, den Eingriff in Natur und Landschaft auf der Teilfläche B angemessen auszugleichen, hat die Antragsgegnerin erfüllt; das hierfür gewählte Mittel - Festsetzung im Bebauungsplan - ist nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB zugelassen.
Sonstiger Langtext
Beschluss
Der Streitwert wird auf 40.000,-- DM (i.W.: vierzigtausend Deutsche Mark) festgesetzt.