Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.03.2001, Az.: 1 L 649/00
Abschiebung; Abschiebungshindernis; Abschiebungsschutz; Angola; Asyl; Asylantragsteller; Asylbewerber; Bürgerkrieg; extreme Gefahrenlage; Hindernis; Kind; Kindersterblichkeit; Kleinkind; politische Verfolgung; Schutz; Verfolgung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 01.03.2001
- Aktenzeichen
- 1 L 649/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 40324
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 23.08.1999 - AZ: 2 A 66/99
Rechtsgrundlagen
- § 53 Abs 6 S 1 AuslG
- Art 16a Abs 1 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Zur realitätsnahen, wenngleich hypothetischen Rückkehrsituation von Angolanern unter 5 Jahren.
2. Ein Angolaner von 2 Jahren und 4 Monaten, welcher gemeinsam mit seinen Eltern nach Angola zurückkehren muss und keine Besonderheiten wie namentlich gesundheitliche Schäden aufweist, hat nach derzeitiger Auskunftslage nicht zu erwarten, aufgrund der mangelhaften Versorgung mit Lebensmitteln, der hygienischen Verhältnisse oder der medizinischen Unterversorgung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schweren Verletzungen ausgeliefert zu werden.
Tatbestand:
Die 1998 in H. geborene Klägerin begehrt in der Berufungsinstanz vor allem unter Hinweis auf ihr geringes Alter und in ihrem Heimatland drohende Gesundheitsgefahren Abschiebungsschutz.
Ihre 1964 und 1972 geborenen Eltern stellten am 18. März 1996 zusammen mit den zwei älteren Geschwistern der Klägerin den ersten Asylantrag. Diesen begründeten sie im Wesentlichen mit den Tätigkeiten des Vaters der Klägerin; dieser gab an, in Luanda Zeitungen der FLEC-FAC verteilt zu haben und deshalb inhaftiert worden zu sein. Ihm sei Anfang Februar 1996 die Flucht gelungen. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte den Antrag durch Bescheid vom 2. April 1996 im Wesentlichen mit der Begründung ab, angesichts der Auskunftslage sei das Vorbringen unglaubwürdig. Das daraufhin geführte Klageverfahren stellte das Verwaltungsgericht Braunschweig -- 2 A 2254/96 -- wegen Nichtbetreibens ein (Beschl. v. 9.7.1996).
Den unter dem 25. Oktober 1996 gestellten Folgeantrag lehnte das Bundesamt durch Bescheid vom 30. Mai 1997 wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 51 VwVfG ab. Die daraufhin beim Verwaltungsgericht Braunschweig zum Aktenzeichen 2 A 2198/97 geführte Klage wies es durch Urteil vom 18. Juli 1997 als offensichtlich unbegründet ab.
Am 21. Dezember 1998 stellten die Eltern für die Klägerin einen Asylantrag und begründeten diesen u.a. mit der katastrophalen Versorgungslage in Angola sowie den Bürgerkriegswirren. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24. März 1999 ab. Es stellte fest, dass weder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 noch des § 53 AuslG gegeben seien und forderte die Klägerin zur Ausreise auf. Zur Begründung führte es u.a. aus, eine Abschiebung nach Angola komme nur zusammen mit ihren Eltern in Betracht. Deswegen werde die Existenz der Klägerin bei Rückführung in ihr Heimatland nicht ernsthaft gefährdet sein.
Die mit dem Antrag,
den Bescheid der Beklagten vom "26. März 1999" aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG vorliegen,
geführte Klage hat das Verwaltungsgericht mit der angegriffenen Entscheidung abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. die Einschätzung des Bundesamtes geteilt, die Verhältnisse in Angola hätten sich noch nicht so weit verschlimmert, dass die Klägerin im Falle ihrer Rückkehr sehenden Auges dem sicheren Tod überantwortet würde.
Der Senat hat die Berufung durch Beschluss vom 22. Februar 2000 -- 1 L 3759/99 -- zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht das Vorliegen von Abschiebungshindernissen gemäß § 53 Abs. 6 AuslG verneint hat.
Die Klägerin führt zur Begründung ihrer Berufung u.a. aus: Die Existenzbedingungen in Angola hätten sich namentlich in medizinischer und hygienischer Hinsicht auf Grund des Wiederaufflammens des Bürgerkrieges in einer Weise verschlechtert, dass selbst Erwachsene sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Menschenrechtsverletzungen ausgeliefert würden. Private Hilfsorganisationen könnten die Versorgung nicht ausreichend sicher stellen. Deshalb empfehle der UNHCR, keine Personen nach Angola abzuschieben. Für Kinder unter fünf Jahre sei die Rückführung in besonderem Maße unzumutbar. Die Mängel an Hygiene und medizinischer Versorgung führten dazu, dass mindestens 30 v.H. der Kinder das 5. Lebensjahr nicht erreichten. Sie werde daher im Falle einer Rückkehr dem sicheren Tode ausgeliefert sein.
Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Änderung der angegriffenen Entscheidung die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass in der Person der Klägerin die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung. Abschiebungsschutz komme auch im Falle von Kindern unter fünf Jahren nur bei Hinzutreten besonderer Umstände in Betracht. Solche seien hier nicht zutage getreten. Die frühere Tätigkeit des Vaters der Klägerin für die FLEC-FAC reiche nicht für die Annahme aus, er werde im Falle der Rückkehr politischer Verfolgung ausgesetzt sein und daher als Person "ausfallen", welche für die Klägerin sorgen könne.
Wegen der Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, welche in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Der Senat lässt unentschieden, ob die Berufung möglicherweise schon deshalb unzulässig ist, weil der Schriftsatz vom 3. April 2000 nicht dem Erfordernis genügt, die Berufung nach ihrer Zulassung ausreichend zu begründen. Die Rechtsprechung lässt es zwar ausreichen, dass der spätere Berufungsführer bereits in der Berufungszulassungsantragsschrift Ausführungen macht, auf welche nach ausgesprochener Berufungszulassung zur Begründung verwiesen werden kann. Dabei muss es sich indes um Ausführungen handeln, welche geeignet sind, auch eine zugelassene Berufung zu begründen. Das ist hier ausgesprochen zweifelhaft. Denn die Klägerin hatte sich in ihrer Zulassungsantragsschrift im Wesentlichen auf Ausführungen beschränkt, welche die grundsätzliche Bedeutsamkeit der Frage nunmehr auch vom Senat zu beantworten sein sollte, ob angolanische Kinder angesichts der im Heimatland herrschenden Lebensumstände dorthin abgeschoben werden dürfen. Eine auch nur halbwegs ins Einzelne gehende Auseinandersetzung mit den verschiedenen Erkenntnismitteln und zum Teil unterschiedlichen Folgerungen, welche n der obergerichtlichen Rechtsprechung daraus bislang gezogen worden sind, fehlt sowohl in der Zulassungsantragsschrift als auch in dem Schriftsatz, welchen (allein) die Klägerin nach ausgesprochener Berufungszulassung zu den Akten hat gelangen lassen.
Das braucht indes nicht entschieden zu werden. Denn die Berufung ist in jedem Fall in der Sache nicht begründet. Der Klägerin kann Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht gewährt werden.
Abschiebungsschutz kann die Klägerin nur aufgrund der allgemeinen Gefahren beanspruchen, welche in Angola u.a. wegen der Bürgerkriegssituation bestehen. Haben die obersten Landesbehörden (mit dem unter Umständen erforderlichen Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern) nicht angeordnet, dass Abschiebungen gemäß § 54 AuslG auszusetzen sind, kommt die Gewährung von Abschiebungsschutz aufgrund allgemeiner im Zielstaat bestehender Gefahren nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, welcher der Senat folgt, nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen in Betracht (vgl. zum Folgenden: Urt. v. 17.10.1995 -- 9 C 9.95 --, BVerwGE 99, 324 = DVBl 1996, 203 = EZAR 046 Nr. 6; v. 19.11.1996 -- 1 C 6.95 --, BVerwGE 102, 249 = DVBl 1997, 902 = EZAR 033 Nr. 10). Diese Voraussetzungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Aufgrund allgemeiner im Zielstaat bestehender Gefahren kann der Ausländer Abschiebungsschutz nur dann verlangen, wenn er im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Dieser von Verfassungs wegen gebotene Schutz ist bei Bürgerkriegsgefahren dann zu gewähren, wenn dieser Krieg gewissermaßen für jeden Betroffenen mit so erheblichen Gefährdungen verbunden ist, dass dem einzelnen Ausländer eine Abschiebung in dieses Land nicht zugemutet werden kann. Dazu muss eine extreme Gefahrenlage bestehen, die praktisch für jeden, der in diesen Staat abgeschoben werden soll, Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit in erhöhtem Maße mit sich bringen. Eine solche extreme allgemeine Gefahrenlage ist etwa dann anzunehmen, wenn infolge der Bürgerkriegswirren Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität drohen, dass sich bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist gegenüber dem im Asylrecht entwickelten Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im vorliegenden Zusammenhang von einem erhöhten Maßstab auszugehen. Nur dann rechtfertigt sich die Annahme eines aus den Grundrechten folgenden zwingenden Abschiebungshindernisses über die gesetzliche Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG hinaus. Zumutbar ist die Abschiebung daher dann, wenn die extreme allgemeine Gefahrenlage nicht landesweit besteht und der Ausländer bei seiner Abschiebung die vergleichsweise sicheren Landesteile erreichen und sich dort aufhalten kann.
In Anwendung dieser Grundsätze hat der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in der Sache 1 L 593/00 ausgeführt, dass Erwachsene, die keine Besonderheiten wie etwa Krankheiten aufweisen, die in Angola nicht behandelt werden können, nach der derzeit bestehenden Auskunftslage Abschiebungsschutz gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht erlangen können. Dazu hat der Senat in seinem Urteil u.a. das Folgende ausgeführt:
"Richtig ist zwar, dass seit 1998 der Bürgerkrieg mit voller Wucht wieder ausgebrochen ist und das Abkommen von Lusaka aus dem Jahre 1994 offenbar keine Aussicht auf Umsetzung hat. Dieser Bürgerkrieg bringt zum einen in unmittelbarer Hinsicht Gefährdungen der Gestalt mit sich, durch Kampfhandlungen oder die zahllosen in seinem Verlauf vergrabenen Minen körperlich geschädigt zu werden. Zum anderen hat er -- u.a. wegen der Verminung landwirtschaftlich bedeutsamer Flächen und von Wegen -- zu erheblicher Nahrungsmittelknappheit geführt. Ernten werden selbst dann nicht eingebracht, wenn gesät worden war und sie reif geworden waren. Zudem stellen die Minen Hindernisse dar, Lebensmittel über Land zu transportieren. Aus den nachstehenden Gründen hat dies indes noch nicht zu Verhältnissen geführt, welche es jedenfalls dem Personenkreis, dem der Kläger angehört, als unzumutbar erscheinen lassen könnte, in sein Heimatland zurückzukehren. Das ergibt sich aus den nachstehenden Ausführungen:
Die Zahl der Binnen-Flüchtlinge in Angola hat sich auf etwa 3,8 (AA, Lagebericht v. 15.11.2000) bzw. etwa 4 Mio. (UNHCR v. 4.7.2000, Asylmagazin 2000, 24) erhöht bei einer Gesamtbevölkerung von 12,6 Mio. Personen. Ursache dafür sind die sich ausweitenden Bürgerkriegshandlungen. Die UNITA hatte den Waffenstillstand dazu genutzt, ihre Waffenarsenale aufzufüllen. Dementsprechend erzielte sie zu Beginn des offen ausgebrochenen "zweiten" Bürgerkrieges erhebliche Erfolge, musste dann aber auch erhebliche Rückschläge hinnehmen. Diese Kampfhandlungen haben eine erhebliche Binnenmigration zur Folge, welche sich vor allem konzentriert auf den Küstenstreifen, auf die Hauptstadt Luanda sowie einige Städte im Hochland wie insbesondere die Provinzstädte Kuito, Bengoela, Malanje, Sumbe, Uige, Huanbo, Luena und Cuito, Cuanavale (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe v. Juli 1999 sowie AA, Lagebericht v. 15.11.2000). Diese Bürgerkriegshandlungen haben die Versorgungslage namentlich in den von der UNITA kontrollierten Gebieten erheblich angespannt; die UNITA führt die soziale Verelendung der Bevölkerung zur Zeit bewusst herbei, um damit die Regierung unter Druck zu setzen. Das hat indes keine für den Kläger "positiven" Auswirkungen. Denn nach der Auskunftslage (vgl. ai v. 25.3.1994 an den BayVGH; AA, Lagebericht v. 8.12.1999) besteht praktisch keine Möglichkeit, von UNITA kontrollierten Gebieten in die von der Regierung kontrollierten Bereiche und umgekehrt zu gelangen. Da der Kläger nach Luanda, d.h. in das Gebiet der MPLA abgeschoben werden würde, sind bei der Betrachtung all die Schwierigkeiten nicht in Blick zu nehmen, welche sich für die Gebiete ergeben, welche die UNITA kontrolliert.
Die oben bereits beschriebenen Schwierigkeiten in der Herstellung und Verteilung von Lebensmitteln hat dazu geführt, dass Angola nicht annähernd fähig und imstande ist, die für die Versorgung seiner Bevölkerung erforderlichen Lebensmittelmengen auf eigenen Flächen zu produzieren. Die Lebensmittelversorgung geschieht im Wesentlichen durch Importe internationaler Hilfsorganisationen. Beispielsweise in Luanda arbeiten bis zu 150 Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen an der Lebensmittelversorgung (vgl. Außenministerium der Niederlande v. 6.12.1999). Von den UN-Agenturen sind es u.a. die folgenden: UNDP, UNHCR, OCHA, WFP (Welternährungsprogramm), UNICEF, WHO (Weltgesundheitsorganisation), UNESCO, UNPFA, FAO, UNOA. Ferner sind dort 150 internationale und örtliche Nichtregierungsorganisationen tätig, zu denen u.a. die Deutsche Welthungerhilfe unter dem Vorsitz von Frau Schäuble gehört (vgl. FAZ v. 8.12.1999). Die Zahl der dort tätigen Organisationen darf indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Versorgungslage keineswegs gesichert, sondern "prekär" ist. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes (vgl. z.B. Lageberichte v. 15.11.2000 und 8.12.1999 sowie ergänzenden Bericht v. 8.11.1999 und Lagebericht v. 22.12.1998) hat die Bürgerkriegssituation eine allgemeine Nahrungsmittelknappheit hervorgerufen. In den vom Bürgerkrieg nicht betroffenen Landesteilen (nur dorthin würde der Kläger nach den vorstehenden Ausführungen gelangen können) ist nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes noch eine Grundversorgung der Bevölkerung auf niedrigem Niveau gewährleistet. Die Situation hat sich u.a. dadurch zum Nachteil der Hungernden verstärkt, dass die angolanischen Flüchtlingsbewegungen (s.o.) zur Überfüllung des Küstenstreifens, insbesondere der Hauptstadt Luanda geführt haben. Dementsprechend ist die Versorgungslage bedenklich und mit einem substantiellen Nahrungsmittelmangel zu rechnen (vgl. auch UNHCR vom 28. August 1996 -- Anlage --; Schweizerische Flüchtlingshilfe v. 11.11.1997). Die internationalen Hilfswerke haben zunehmende Mühe, bei der internationalen Gemeinschaft die notwendigen finanziellen Mittel zu erhalten (Schweizerische Flüchtlingshilfe vom Juli 1999; siehe auch FAZ v. 8.12.1999). Es kommt hinzu, dass angolanische Behörden zum Teil erhebliche Schwierigkeiten bereiten, importierte Güter an Bedürftige verteilen zu lassen. So musste zum Teil mehrere Wochen auf eine Fluggenehmigung gewartet werden. Es ist nicht mehr möglich, die breite Masse der Bevölkerung vollständig zu versorgen. Die Hilfsorganisationen sind vielmehr gehalten, die knappen Ressourcen selektiv zu verteilen dergestalt, dass diese nur an besonders Bedürftige, Schwache, Alte und Kranke verteilt werden. Zuweilen hängt das Überleben offenbar sehr von der Durchsetzungskraft des Einzelnen sowie der Improvisationskraft der handelnden Personen ab (vgl. Institut für Afrikakunde v. 15.10.1998 an das VG München). Die Überlebenschancen steigen in dem Umfang, in dem jemand in einen Familienclan eingebunden ist. Insgesamt ergibt sich für die breite Masse der Bevölkerung ein erhebliches Defizit, das Kalorienerfordernis zu decken. Das gelingt nur zu etwa 82 % (Institut für Afrikakunde, a.a.O.). Die schwere Krise bei den Nahrungsmittelversorgungen hat gesundheitliche Anfälligkeit und damit u.a. die Ausbreitung von Malaria und sonstigen Infektionskrankheiten zur Folge (vgl. Institut für Afrikakunde v. 15.10.1998; Außenministerium der Niederlande vom 6.12.1999). Diese können deshalb eine erhebliche Gefahr für die Bevölkerung darstellen, weil die medizinische Versorgung nach allen Auskünften kaum noch richtig funktioniert (vgl. UNHCR Positionspapier v. September 1999; ai v. 30.7.1997 an das OVG Magdeburg; Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 15.11.2000: Medizinische Versorgung ist sehr angespannt). Häufig fehlen Medikamente, Instrumente und Energie. Das ergibt sich zum Teil daraus, dass das Personal diese Gegenstände aus eigener Not verkauft und damit die Möglichkeit der medizinischen Versorgung zusätzlich anspannt. Da nicht alle Personen gleichmäßig gut versorgt werden können, führt dies zu "einer Art darwinschem Ausleseprozess" (Institut für Afrikakunde v. 26.2.1996 an das VG Schleswig). Für eine wirksame flächendeckende Hilfe durch Hilfsorganisationen und -einrichtungen sind die Betroffenen, d.h. die Zahl der Flüchtlinge zu groß und zu zahlreich. Kriminalität und Improvisationsvermögen bestimmen den täglichen Kampf ums Überleben. Die Starken überleben, Schwache, wie namentlich Frauen, Schwangere und Kinder sowie Säuglinge kommen häufig unter die Räder (Institut für Afrikakunde, a.a.O.).
Aus den vorstehenden Ausführungen wird deutlich, dass die Lage, was die Lebensmittelversorgung sowie die medizinische Versorgung anbetrifft, in Angola als "prekär" angesehen werden muss. Damit ist indes noch nicht gesagt, dass die hohen Anforderungen, welche allein eine dem Kläger günstige Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG rechtfertigen, bereits damit erfüllt wären. Vielmehr hat die vorstehende Auflistung der Gefahren in Angola gezeigt, dass es -- wie das Auswärtige Amt in seinen letzten Lageberichten vom 15. November 2000 und 8. Dezember 1999 immer wieder ausgeführt hat -- nicht allgemein gesagt werden kann, ob jemand in Angola sicheren Auges dem Tode überantwortet wird oder Überlebenschancen hat, sondern dass hierzu eine besonders sorgfältige Prüfung des Einzelfalles angezeigt ist (vgl. auch Einzelauskunft v. 5.7.1999 an das VG Aachen; v. 16.11.1998 an das VG Sigmaringen). Diese einzelfallbezogene Betrachtung ergibt, dass im Fall des Klägers noch nicht mit der allein ausreichenden hohen Wahrscheinlichkeit gesagt werden kann, er werde im Falle der Abschiebung sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein. Der Kläger ist zur Zeit etwa 37 Jahre alt. Besondere körperliche Defizite, welche im Falle seiner Rückkehr die Überlebenschancen in einer ins Gewicht fallenden Weise verminderten, hat er nicht geltend zu machen vermocht. In der mündlichen Verhandlung hat er allein Rückenschmerzen angeführt, welche wohl auf seine Tätigkeiten als Erntehelfer (Spargelstechen) zurückzuführen sein mögen. Diese haben ihn eigener Darstellung zufolge nur einmal veranlasst, den Hausarzt aufzusuchen. Als körperliches Defizit, welches ein Fortkommen in Angola ernstlich verhindern und ihn der Gefahr schwerster Verletzungen aussetzen würde, ist dies nicht anzusehen.
Es mag sein, dass der Kläger in Angola keine Familie vorfinden wird, in deren Solidarschutz er sich wird begeben können. Das schließt indes nicht aus anzunehmen, er werde in dem vom Institut für Afrikakunde (26.2.1996 an das VG Schleswig) beschriebenen "darwinschen Ausleseprozess" bestehen können. Dabei darf zwar nicht verkannt werden, dass das UNHCR in seinen Stellungnahmen (u.a. Positionspapier vom September 1999) stets dringend davon abrät, angolanische Staatsangehörige nach Angola abzuschieben. Der Maßstab, den der UNHCR anlegt, ist indes ein anderer als derjenige, welcher allein für § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG ausreichen kann. Denn der UNHCR lässt sich von der Erwägung leiten, Abschiebungen sollten erst dann vorgenommen werden dürfen, wenn die Rückkehr als sicher anzusehen sei. Das ist ein anderer rechtlicher Maßstab als er für § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nach den oben stehenden, vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätzen gilt. Insgesamt sind damit keine ausreichenden Gesichtspunkte für die Annahme ersichtlich, dem Kläger werde es zumindest aus einer Kombination aus eigenen gelegentlichen Dienstleistungen (vgl. Auskunft d. AA v. 26.6.1998 an das VG Schleswig) mit der Inanspruchnahme von Hilfen karitativer Vereinigungen nicht möglich sein, in Angola zu überleben. Rückkehrende Asylbewerber mögen zwar Schwierigkeiten haben, dort (wieder) Fuß zu fassen (vgl. Institut für Afrikakunde v. 31.8.1995 an das VG Neustadt/Weinstraße; Auskunft v. 15.10.1998 an das VG München). Dies sowie die bislang fehlenden Kenntnisse der portugiesischen Sprache sind indes noch nicht als so unüberwindbare Hürden anzusehen, dass der Kläger im täglichen Kampf ums Überleben in Angola/Luanda mit so hoher Wahrscheinlichkeit scheitern müsste, dass er sehenden Auges gleichsam dem sicheren Tode überantwortet würde, müsste er mit diesen "Handicaps" dort zu leben versuchen.
Für diese Annahme sind auch keine sonstigen Gesichtspunkte ersichtlich. Das gilt auch angesichts der erheblichen Kriminalität, welche namentlich in Luanda zu verzeichnen ist. In dieser hoffnungslos überfüllten Stadt nimmt die allgemeine Kriminalität zwar zuweilen beängstigende Ausmaße an. Raubüberfälle und Vergewaltigungen sind an der Tagesordnung (AA v. 26.6.1998 an das VG Schleswig, Schweizerische Flüchtlingshilfe v. 11.11.1997 zur Situation in Angola Ende August 1997). Gleichwohl lässt sich nicht sagen, nachgerade jeder müsse mit erheblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, in Luanda Opfer eines solchen Raubüberfalles mit Folgen zu werden, welche dem Tod oder schwersten Verletzungen gleich zu achten sind.
Dasselbe gilt im Hinblick auf die vom Kläger beschworene Gefahr der Zwangsrekrutierung. Solche sind zwar sowohl von Regierungsseite als auch von Seiten der UNITA vorgenommen worden (vgl. z.B. Lagebericht des AA v. 22.12.1998; Einzelauskunft AA v. 5.7.1999 an das VG Aachen; Außenministerium der Niederlande v. 6.12.1999 an die Einwanderungsdirektion Den Haag). Indes ist zu beobachten, dass solche Zwangsrekrutierungsmaßnahmen offensichtlich abgenommen haben. Das Auswärtige Amt führt in seiner Einzelauskunft vom 5. Juli 1999 an das VG Aachen aus, Zwangsrekrutierungen fänden zwar auch jetzt noch statt, allerdings wahrscheinlich in geringerem Ausmaß als zu Beginn des Krieges. Das Außenministerium der Niederlande führt (a.a.O.) aus, solche Rekrutierungsmaßnahmen würden jedenfalls derzeit nicht mehr vorgenommen; sie hätten zum Teil dazu gedient, das Einkommen von Polizeibeamten aufzubessern. Das ist noch nicht die Erwartung, der Kläger werde sehenden Auges Opfer einer solchen Zwangsrekrutierungsmaßnahme werden.
Es ist entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts auch nicht möglich, aus einer "Gesamtschau mehrerer für sich nicht ausreichender Gründe" doch zur Annahme zu gelangen, § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG greife zum Vorteil des Klägers ein. Denn hier ist -- wie oben unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. November 1996 (-- 1 C 6.95 --, BVerwGE 102, 249) ausgeführt -- ein gesteigerter Maßstab anzulegen. Diesen Anforderungen wird man nicht gerecht, wenn man je für sich nicht ausreichende Gesichtspunkte schlicht addiert und meint, aus verschiedenen nicht tragfähigen Gesichtspunkten könne dann doch abgeleitet werden, der Ausländer werde im Heimatland sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert sein (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 27.6.1989 -- 9 C 1.89 --)."
Die Auskunftslage lässt es trotz der gegenüber Erwachsenen verschärften und schwierigeren Bedingungen, unter denen Kinder bis zu fünf Jahren in Angola leben müssen, nicht zu, der Klägerin Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu gewähren.
Bei der Einschätzung, welche zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse bestehen (nur für diese ist die Beklagte zuständig; inlandsbezogene Hindernisse hat allein die Ausländerbehörde zu beurteilen), hat die Beklagte und damit auch der Senat nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. V. 12.9.1999 -- 9 C 12.99 --, BVerwGE 109, 305 = InfAuslR 2000, 93 = EZAR 043 Nr. 41) eine möglichst realitätsnahe, wenngleich hypothetische Rückkehrsituation zugrunde zu legen. Realistisch ist hier allein, dass die Klägerin nicht allein nach Angola abgeschoben wird, sondern zusammen mit ihrer Familie, d.h. namentlich mit ihren Eltern und ihren Geschwistern nach Angola "zurückkehren" würde. Denn es ist damit zu rechnen, dass die Ausländerbehörden den Schutz, den Art. 6 Abs. 1 GG für die familiäre Begegnungsgemeinschaft garantiert, beachten und die erst rund zwei Jahre und drei Monate alte Klägerin nicht allein nach Angola zurückkehren lassen würde.
Dort besteht nicht die Gefahr, dass entweder die Klägerin selbst oder ihr Vater wegen früherer Tätigkeiten für die FLEC-FAC getötet und schwersten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sein würde. Dementsprechend kann auch nicht angenommen werden, der Vater der Klägerin werde als Person "ausfallen", welche in Angola (u.a.) für die Klägerin zu sorgen hätte. Eigene Verfolgung braucht die Klägerin schon deshalb nicht zu befürchten, weil nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 5. Mai 1999 an das VG Neustadt an der Weinstraße Anhaltspunkte für die Annahme von Sippenhaft nicht bestehen. Es bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, der Vater der Klägerin werde im Falle seiner Rückkehr wegen früherer Tätigkeiten für die FLEC-FAC politisch motiviert verfolgt werden. Das ergibt sich bereits aus dem am 8. Mai 1996 vom angolanischen Parlament beschlossenen Amnestiegesetz (vgl. dazu etwa Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 22.12.1998). Dieses umfasst alle Straftaten, die von angolanischen Staatsangehörigen im Zusammenhang mit der militärischen Auseinandersetzung des Bürgerkrieges zwischen 1991 und dem 8. Mai 1996 begangen wurden. Amnestiert wurden sogar alle militärischen Straftaten. Erst recht kann daher der Vater der Klägerin, der vor dem 8. Mai 1996 in die Bundesrepublik eingereist ist, erwarten, er werde wegen der behaupteten Verteilung von Zeitungen der FLEC-FAC in Luanda nicht weiter verfolgt werden. Für die Annahme, etwaige exilpolitische Tätigkeiten, welche nach dem 8. Mai 1996 vorgenommen worden sind, begründeten die Gefahr politischer Verfolgung, bestehen ausreichende Anhaltspunkte nicht. Das Institut für Afrikakunde (vgl. z.B. Auskunft v. 9.7.1996 an das VG Arnsberg) hält zwar staatliche Verfolgung bei identifizierbaren Anhängern der Sezessionsbewegungen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit für gewiss. Aus seiner Auskunft vom 19. April 1999 an das VG Aachen ergibt sich indes, dass für die Annahme, passive exilpolitische Betätigung in Deutschland für die FLEC-FAC werde im Falle der Rückkehr schwere Verfolgung auslösen, kein Hinweis besteht. Dasselbe gilt nach dem Inhalt der Darstellungen des Auswärtigen Amtes (vgl. etwa Lageberichte v. 22.12.1998, v. 8.12.1999 und v. 15.11.2000; Auskunft v. 7.2.1997 an das VG Arnsberg: Keine Verfolgung nur politisch tätiger Aktivisten, wenngleich nicht auszuschließen ist, dass ihre Aktivitäten den Verfolgungsbehörden bekannt werden; vgl. auch Auskunft v. 2.6.1997 an das VG Magdeburg).
Sonstige speziell in der Person der Klägerin erfüllte Gesichtspunkte, welche gerade in ihrem Fall die Abschiebung nach Angola als unzumutbar erscheinen lassen würden, hat die Klägerin auch auf Befragen in der mündlichen Verhandlung -- etwa in gesundheitlicher Hinsicht -- nicht geltend zu machen vermocht. Dementsprechend kann sie auf Grund der allgemeinen Gefahrenlage in Angola allenfalls unter den Voraussetzungen Abschiebungsschutz erlangen, welche das Bundesverwaltungsgericht in verfassungskonformer Auslegung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG entwickelt hat. Diese weist zwar gegenüber der Situation, in die zurückkehrende Erwachsene ohne gesundheitliche Probleme gestellt werden, einige Besonderheiten und unbestreitbare "Verschärfungen" auf. Diese erreichen indes noch kein Grad, dass man mit hoher Wahrscheinlichkeit würde sagen können, die Klägerin würde im Falle der Rückkehr mit ihrer Familie sehenden Auges dem sicheren Tode überliefert werden.
Richtig und im Wesentlichen unstreitig ist zwar, dass die Kindersterblichkeit, d.h. der Prozentsatz der Kinder unter fünf Jahren, welche das Alter von fünf Jahren nicht vollenden können, in Angola rund 30 v.H. beträgt (vgl. etwa AA v. 12.1.1999 an das VG München; Institut für Afrikakunde v. 15.10.1998 an das VG München; UNICEF v. 5.11.1998 an das VG München; UNHCR v. 4.7.2000, Asylmagazin 2000, 24; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Überblick über die Lage in Angola Mitte Juni 1999, Juli 1999; dpa v. 23.8.1999). Das ist zu einem erheblichen Teil auf die prekäre Lage zurückzuführen, welche hinsichtlich der Versorgung mit Lebensmitteln herrscht. In den vom Bürgerkrieg noch nicht erreichten Landesteilen -- allein dorthin werden die Klägerin und ihre Familie angesichts der "Demarkationslinie", welche zwischen den von der MPLA und den von der UNITA kontrollierten Gebieten liegt, gelangen können -- ist nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes (vgl. u.a. Lageberichte v. 15.11.2000 und 8.12.1999) sowie des Instituts für Afrikakunde (Auskunft v. 15.10.1998 an das VG München) eine Grundversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln auf niedrigem Niveau noch gewährleistet. Es ist allerdings schwierig, an erschwingliche Lebensmittel zu gelangen. 64 % der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze, 21 % sogar in extremer Armut. Selbst die Mehrheit der in Luanda lebenden Bevölkerung -- gemeint sind offenbar diejenigen, welche in den sich bildenden Slums leben müssen -- hat nicht ausreichenden Umfangs Zugang zu sauberem Trinkwasser (vgl. zum Vorstehenden insbesondere Schweizerische Flüchtlingshilfe v. 11.11.1997; vgl. aber auch Außenministerium der Niederlande v. 6.12.1999 an die Einwanderungsdirektion Den Haag). Die medizinische Versorgung ist darum umso wichtiger. Denn mangelhafte Ernährung begünstigt -- auch -- bei Kleinkindern die Ausbreitung von Malaria sowie die Anfälligkeit von Erkrankungen auf Grund von Parasiten. Die medizinische Versorgung seitens des Staates (nur 6 v.H. des Bruttosozialproduktes gibt Angola für die medizinische Versorgung, aber 34 v.H. für die Versorgung mit Waffen aus; UNICEF v. 5.11.1998 an das VG München) ist nach Darstellung des Auswärtigen Amtes (Lageberichte v. 15.11.2000 und v. 8.12.1999) "sehr angespannt" bzw. trotz Bemühungen internationaler Organisationen nicht ausreichend sichergestellt. Sie ist namentlich deshalb schlecht, weil das unterbezahlte medizinische Personal Material und Instrumente "versetzt", um das eigene Überleben zu sichern (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe v. 11.11.1997; Medico International v. 13.12.1999 an das VG Münster). Privatkliniken stehen auf Grund der finanziellen Vorstellungen über die Behandlungskosten im Wesentlichen nur Ausländern offen (Außenministerium der Niederlande v. 6.12.1999 an die Einwanderungsdirektion Den Haag).
All dies hat indes noch nicht die Folge annehmen zu können, jedes zurückkehrende Kind unter fünf Jahren werde durch die Abschiebung im Sinne der oben wiedergegebenen Grundsätze des Bundesverwaltungsgerichts, denen der Senat folgt, "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod überantwortet". Die Familie der Klägerin wird in Angola zwar einen Zustand vorfinden, der ihr erhebliche Schwierigkeiten bereiten wird, wieder Fuß zu fassen (vgl. etwa auch Institut für Afrikakunde, Auskunft v. 31.8.1995 an das VG Neustadt/Weinstraße; UNHCR v. 4.7.2000, Asylmagazin 2000, 24). Die Familie muss sich erst die Orientierung über die lebensnotwendigen Hilfsorganisationen verschaffen und notwendige Beziehungen knüpfen, die für den täglichen Überlebenskampf erforderlich sind. Zu berücksichtigen ist andererseits, dass u.a. nach den Schilderungen von ai (Auskunft v. 30.7.1997 an das OVG Magdeburg) die zunehmend verknappten Mittel international tätige Hilfsorganisationen, wie z.B. das World Food Program (WFP), zwingen, die eingeschränkten Ressourcen nur noch an besonders gefährdete Gruppen wie unterernährte Kinder unter fünf Jahren, Waise, Alte, Gebrechliche oder Schwerkranke zu geben. Da die Klägerin zu diesem Personenkreis gehören kann, wird die Wahrscheinlichkeit, zu den 30 % zu gehören, welche das 5. Lebensjahr nicht erreichen/überleben, verringert. Es kommt hinzu, dass ihr die Eltern sowie beide älteren Geschwister in gewissem Umfang das familiäre Netzwerk werden bieten können, welches nach der Auskunft des Instituts für Afrikakunde vom 15. Oktober 1998 an das VG München einen gewissen Schutz gegen Elend und Armut bildet. Die Hilfsorganisationen (auch) nichtstaatlicher Art haben zwar zum Teil mit solchen Schwierigkeiten zu kämpfen, welche ihnen ausgerechnet die angolanische Regierung bereitet (vgl. UNHCR-Positionspapier v. September 1999). Die Regierungen mögen auch zunehmend das Interesse an Angola verlieren mit der Folge, dass die Entwicklungsgelder zunehmend spärlich fließen und damit auch die internationalen Hilfsorganisationen mit zunehmend geringeren finanziellen Ressourcen ausgestattet sind. All das lässt zwar eine gewisse Zuspitzung der Lage in Angola, jedoch nicht mit dem zu fordernden erhöhten Maßstab (vgl. nochmals BVerwG v. 19.11.1996 -- 1 C 6.95 --, BVerwGE 102, 249, 259 = EZAR 033 Nr. 10) erwarten, es bestehe deshalb ein zwingendes Abschiebungshindernis, weil die Klägerin gleichsam sehenden Auges dem physischen Untergang oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, wenn sie nach Angola abgeschoben würde.
Der Entscheidung des Bad.-Württ. VGH vom 24. Februar 1999 (-- A 13 S 3092/95 --, InfAuslR 1999, 336 = AuAS 1999, 139) lassen sich ausreichende Anhaltspunkte für die gegenteilige Annahme nicht entnehmen. Der Bay. VGH (Beschl. v. 2.9.1999 -- 25 B 99.30815 --, wohl nur in Juris veröffentlicht) rügt zunächst zutreffend, der Bad.-Württ. Verwaltungsgerichtshof habe die allgemeine Gefahrenlage zu Unrecht einer konkreten Gefahrenlage gleichgeachtet und damit den Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu Unrecht herabgesenkt.
Auch in der Sache ist es nicht gerechtfertigt, mit dem Bad.-Württ. VGH anzunehmen, Kinder, welche wie die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland ihren ersten, den Fünfjahreszeitraum noch nicht vollständig ausfüllenden Lebensabschnitt leben und dabei sämtliche medizinische Vorsorgemaßnahmen erhalten können, welche hier Standard sind, seien im Falle ihrer Rückkehr so erhöhten Maßes gesundheitlichen Gefährdungen ausgesetzt, dass sie sehenden Auges dem sicheren Tod überantwortet würden. Es spricht zwar Einiges für die Annahme, Trinkwasser und Lebensmittel in Angola wiesen Besonderheiten auf, welche bei jedem, der nach Angola "zurückkehrt" oder -- wie die Klägerin es tun müsste -- erstmals dorthin gelangt, unter anderem eine mit fiebrigen Erkrankungen begleitete Umstellung der Darmflora und sonstige nachteilige medizinische Begleitumstände zur Folge haben werden. Das ist indes kein Gesichtspunkt, der für sich als Besonderheit ausreichte, jedem Kind unabhängig von dem Stand der erreichten Impfungen und der damit vermittelten Abwehrkräfte die Rückkehr nach Angola zu ersparen, solange es das 5. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Eine solche Annahme wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme bestünden, der hier vermittelte Impfschutz werde -- erstens -- die wesentlichen in Angola lauernden Gefahren nicht erfassen, und -- zweitens --, die mit der Umstellung verbundenen Erkrankungen würden in einem Umfang Menschenleben unter den bis zu Fünfjährigen kosten, dass die Mortalitätsrate von bis zu Fünfjährigen um ganze "Größenordnungen" angehoben würde. Bereits die zweite Annahme ist nach der Auskunftslage nicht gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 19.11.1996 -- 1 C 6.95 --, BVerwGE 102, 249, 259) darf sich der Senat zwar nicht an starren Prozentzahlen orientieren, sondern er hat bei der Ausfüllung von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG die besonderen Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Dabei ist zu beobachten, dass der oben beschriebene Vomhundertsatz von 30 (andere sprechen von 292 pro Tausend, so z.B. das Institut für Afrikakunde v. 15.10.1998 an das VG München) einen statistischen Durchschnittswert darstellt, der für ganz Angola gilt (vgl. etwa auch den statistischen Anhang zur Auskunft des UNICEF v. 5.11.1998 an das VG München, in der Erkenntnismittelliste unter dem Stichwort "Kindersterblichkeit" enthalten). Eine regionale Differenzierung haben die Auskunftsstellen nicht vorzunehmen vermocht. Dazu reichten die statistischen Daten nicht aus. Sehr nachvollziehbar nimmt das Institut für Afrikakunde (Auskunft v. 15.10.1998 an das VG München) indes an, es bestünden bestimmte Erfahrungswerte. Danach sei die Kindersterblichkeit geringer in Städten als auf dem Land, geringer bei etwas betuchteren Personen als armen sowie geringer in der Hauptstadt als in den übrigen Städten. Unter diesen Umständen ist anzunehmen, dass die Sterblichkeit selbst von den Kleinkindern, die in den Slums von Luanda aufwachsen müssen, leicht unterhalb des Durchschnittswerts von 30 v.H. liegt. Dieser Durchschnittswert ist -- was die Größenordnung anbetrifft -- so niedrig, dass im Falle seines Eingreifens nicht gesagt werden kann, gleichsam jedes Kind unter fünf Jahren werde bei einer "Rückkehr" nach Angola gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tode überantwortet. Er wird hier nicht um "Größenordnungen" verschoben, wenn man sich die oben genannten Risiken vor Augen führt. Es mag zwar sein, dass jeder Angolaner unter fünf Jahren, der, aus der Bundesrepublik Deutschland kommend, erstmals in sein Heimatland gelangt, die oben beschriebenen Umstellungsprobleme hat/haben wird. Es bedarf indes nicht erst der Einholung einer medizinischen Expertise etwa eines Tropeninstituts, um beurteilen zu können, dass diese Probleme keinen Umfang annehmen, welcher die Mortalitätsrate um die Größenordnungen erhöht, ab der etwa würde gesagt werden können, Kleinkinder würden durch die mit dem erstmaligen Aufenthalt in ihrem Heimatland verbundenen Umstellungsschwierigkeiten gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tode überantwortet. Denn es ist zu berücksichtigen, dass mehrere Auskunft gebende Stellen, so z.B. das Institut für Afrikakunde (vgl. Auskunft v. 15.10.1998 an das VG München) und der UNHCR (vgl. dessen Positionspapier vom September 1999 zur zwangsweisen Rückführung abgelehnter Asylsuchender nach Angola) auch und gerade die Situation zurückkehrender Asylsuchender behandeln und dabei "vor Ort" Informationen ermitteln. Keine dieser Auskünfte enthält einen hinreichenden Anhaltspunkt dahin anzunehmen, die oben beschriebenen Umstellungsschwierigkeiten belasteten zurückkehrende Angolaner unter fünf Jahren in einem Umfang, dass die Mortalitätsrate signifikant über diesen etwa 30 v.H. liegen würde. Erst das würde zunehmend die Annahme zu rechtfertigen vermögen, solche Kinder würden ungeachtet der Hilfe, welche ihnen die mit zurückkehrenden Erwachsenen leisten könnten, sehenden Auges "dem Untergang geweiht".
Nur ergänzend ist daher darauf hinzuweisen, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Annahme spricht, die Ausländerbehörden würden zurückkehrende Angolaner ausreichenden Umfangs mit Medikamenten bevorraten, welche zur Linderung der mit jeder Umstellung verbundenen Folgen ausreichen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1, 167 Abs. 2 VwGO iVm §§ 100 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO sowie § 83 b AsylVfG.
Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
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