Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.03.2001, Az.: 7 LA 921/01

Geldspielgerät; Gewerberecht; Höchstzahlregelung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
06.03.2001
Aktenzeichen
7 LA 921/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 39438
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 29.01.2001 - AZ: 11 A 3658/99

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die in § 3 II S. 1 SpielV angeordnete Begrenzung der Zahl von Geldspielgeräten lässt auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 27.03.1987 - 1 BvR 850/86 u.a. - die Fortdauer der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung nicht bereits deshalb zweifelhaft erscheinen, weil die Zahl der Geldspielgeräte inzwischen erheblich zurückgegangen ist und sich die wirtschaftliche Situation des Spielgewerbes im Bundesgebiet verschlechtert hat.

Gründe

I.

1

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht eine Berechtigung der Klägerin verneint, in einer ihrer Spielhallen zwei weitere Geldspielgeräte aufzustellen. Dem stehe - unstreitig - § 3 Abs. 2 S. 1 der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (Spielverordnung - SpielV -) i.d.F. der Bekanntmachung vom 11.12.1985 (BGBl. I S. 2245), zuletzt geändert durch Verordnung vom 8.11.1999 (BGBl. I S. 2202), entgegen, der eine Höchstzahl von zehn Geräten je Spielhalle vorschreibe. Diese Vorschrift sei entgegen der Auffassung der Klägerin auch in Anbetracht der dadurch inzwischen zu verzeichnenden wirtschaftlichen Einbußen der Spielhallenunternehmer nicht als verfassungswidrig anzusehen.

II.

2

Der Antrag der Klägerin, gegen diese Entscheidung die Berufung zuzulassen, hat keinen Erfolg.

3

Der Rechtssache kommt nicht deshalb die behauptete grundsätzliche Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu, weil über die Frage der Verfassungsmäßigkeit der in § 3 Abs. 2 SpielV angeordneten Begrenzung der Zahl von Geldspielgeräten neu entschieden werden müsste, nachdem deren Gesamtzahl bundesweit seit Einführung der streitigen Grenze inzwischen erheblich zurückgegangen ist.

4

Das Verwaltungsgericht hat zunächst auf den Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27.3.1987 - 1 BvR 850/86 u.a. - (NVwZ 1987, S. 1067) hingewiesen, wonach § 3 Abs. 2 SpielV in der aktuellen Fassung als Berufsausübungsregelung mit Art. 12 Abs. 1 GG sowie mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.  Es hat sodann dargelegt, dass sich weder aus dem Gutachten G. vom 25.3.1998 noch aus dem Gutachten R. vom 31.7.1998 Anhaltspunkte für eine Neubewertung der Verfassungsmäßigkeit ergäben.

5

Der Senat sieht diese Bewertung auch durch den Vortrag der Klägerin im Zulassungsverfahren nicht durchgreifend in Frage gestellt. Dafür, ob eine verfassungsgerichtliche Bewertung keine Gültigkeit mehr beanspruchen kann, kommt es primär nicht auf die Zeitspanne an, die seit der Entscheidung vergangen ist. Vielmehr ist maßgeblich, ob sich die Voraussetzungen, auf denen sie beruht, inzwischen derartig verändert haben, dass die seinerzeitige Begründung nicht mehr tragfähig erscheint. Das Verwaltungsgericht hat plausibel ausgeführt, dass eine derartige Änderung von der Klägerin nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich sei. Dass die Zahl der Geldspielgeräte seit der Einführung der streitigen Begrenzung um ca. 8000 (oder nach anderen Untersuchungen um 5000) zurückgegangen ist und sich die Kasseninhalte der Spielgeräte erheblich verringert haben, bestätigt zunächst lediglich die Annahme des Bundesverfassungsgerichts, dass sich die angegriffene Vorschrift zur Eindämmung des Spieltriebs - dies ist ihr gesetzlicher Zweck - eignet. Dass sich die vom Bundesverfassungsgericht weiter aufgestellte Voraussetzung, eine Spielhalle mit Geldspielgeräten müsse grundsätzlich noch rentabel betrieben werden können, inzwischen als unerfüllbar herausgestellt hätte, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls wird es nicht dadurch belegt oder auch nur plausibel gemacht, "dass sich die wirtschaftliche Situation des Gewerbes im gesamten Bundesgebiet seit Jahren verschlechtert", zumal diese Verschlechterung, die auch andere Spielgeräte umfasst, andere Ursachen haben kann und gewisse wirtschaftliche Einbußen vom Verordnungsgeber von vornherein in Kauf genommen worden sind. Schließlich bedeutet auch der Umstand, dass der - im Bundesrat gescheiterte - Änderungsentwurf des Wirtschaftsministeriums aus dem Jahr 1997 eine Lockerung der Begrenzungszahlen vorsah, nicht, dass die Verfassungsmäßigkeit der bisherigen Regelungen in Frage gestanden hätte. Der Gesetzgeber hat bei der Gestaltung von Berufsausübungsregelungen einen Gestaltungsspielraum , den er politisch mehr oder weniger eng ausfüllen kann, ohne damit den verfassungsrechtlichen Rahmen zu verlassen. Es ist nicht ersichtlich, dass dies bei der geltenden Regelung der Fall ist.

6

Damit weist die Rechtssache auch keine besonderen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.