Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.03.2001, Az.: 11 MA 690/01

Aufenthaltserlaubnis; Aufenthaltsrecht; Ausländer; Bestandszeit; Dauer; Ehe; Ehebestandszeit; Ehedauer; Ehegatte; Ehepartner; eigenständiges Aufenthaltsrecht; Eigenständigkeit; Mindestbestandszeit; Scheidung; Trennung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
06.03.2001
Aktenzeichen
11 MA 690/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 40328
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 29.01.2001 - AZ: 3 B 10/01

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die am 1. Juni 2000 in Kraft getretene Neufassung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG, mit der die Mindestehebestandszeit von vier auf zwei Jahre verkürzt worden ist, kann entgegen dem Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 17. Januar 2001 - 45.2-12230/1-1 (§ 19) - nicht auf Fälle angewandt werden, in denen die eheliche Lebensgemeinschaft bereits vor diesem Zeitpunkt aufgehoben war (wie Hess. VGH, Beschl. v. 1.9.2000, DVBl. 2001, 229 = NVwZ-Beil. 2001, 1 = InfAuslR 2000, 497).

Tatbestand:

1

Der im März 1974 geborene Antragsteller ist albanischer Staatsangehöriger. Er reiste Mitte Mai 1991 in das Bundesgebiet ein und begehrte Asyl. Am 12. August 1993 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige. Daraufhin verzichtete er am 17. September 1993 auf die Fortführung des Asylverfahrens. Vermutlich weil diese Verzichtserklärung nicht direkt an das Bundesamt gelangt war, hatte dieses unter dem 23. September 1993 (noch) einen ablehnenden bestandskräftig gewordenen Bescheid erlassen.

2

Aufgrund der Heirat erhielt der Antragsteller mehrfach befristete Aufenthaltserlaubnisse (§ 23 AuslG). Zuletzt wurde die Aufenthaltserlaubnis am 31. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 1998 verlängert.

3

Im Juni 1998 teilte die Ehefrau mit, sie lebe seit ca. Oktober 1997 von ihrem Ehemann getrennt. Der Antragsteller stellte im Juli, August und nochmals im November 1998 einen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis und gab auf Befragen an, er lebe (erst) seit Februar 1998 getrennt. Im November 1998 erklärte die Ehefrau auf nochmaliges Befragen, sie lebe bereits seit Dezember 1996 von ihrem Ehemann getrennt.

4

Im Juni 1999 gab der Antragsgegner dem Antragsteller Gelegenheit, zum Zeitpunkt der Trennung Stellung zu nehmen und diesen Zeitpunkt konkreter zu belegen. Eine Stellungnahme erfolgte nicht.

5

Am 14. Juli 1999 wurde die Ehe geschieden.

6

Mit Bescheid vom 18. Oktober 1999 lehnte der Antragsgegner eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab und forderte den Antragsteller unter Abschiebungsandrohung zur Ausreise auf. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, nach den Erklärungen der Ehefrau habe die Ehe nur bis zum Dezember 1996 gedauert. Trotz Aufforderung habe der Ehemann eine längere Dauer der Ehe nicht belegen können. Es sei somit davon auszugehen, dass seit der Heirat (12. August 1993) keine vier Jahre vergangen seien. Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche Härte lägen nicht vor, so dass der Antragsteller kein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 19 Abs. 1 AuslG für sich beanspruchen könne.

7

Nach einer im Verwaltungsvorgang befindlichen Postzustellungsurkunde wurde dieser Bescheid per Niederlegung am 21. Oktober 1999 zugestellt. Gleichwohl wurde dem Antragsteller aufgrund einer Vorsprache zunächst noch bis zum 30. November 1999 (Zeitpunkt der angestrebten Ausreise) bzw. daraufhin nochmals im Hinblick auf eine von ihm behauptete bevorstehende neue Heirat eine Duldung erteilt (vgl. Beiakte B aE). Da anscheinend Unklarheiten bestanden, ob dem Antragsteller die Verfügung ordnungsgemäß zugestellt worden war, wurde diese ihm im November 1999 in Kopie übergeben; allerdings wurde der Empfang der Verfügung nicht vom Antragsteller quittiert. Daher wurde die Verfügung ihm unter dem 31. Januar 2000 nochmals per Postzustellungsurkunde zugestellt. Diese Zustellung erfolgte am 10. Januar 2000.

8

Einer im Verwaltungsvorgang (Beiakte C aE) befindlichen Aufstellung des Arbeitsamtes ist zu entnehmen, dass dem Antragsteller in der Vergangenheit Arbeitslosenhilfe und im Anschluss daran bis zum 3. Januar 2000 Unterhaltsgeld gewährt wurde. Die Zahlung des Unterhaltsgeldes wurde mit dem 4. Januar 2000 eingestellt, weil der Antragsteller unbekannt verzogen sei.

9

Gegen den Bescheid vom 31. Januar 2000 hat der Antragsteller, vertreten durch die Rechtsanwälte F. u.a., O. Widerspruch eingelegt und darauf hingewiesen, dass seine Ehe mindestens bis zum 31. Dezember 1997 und damit mehr als vier Jahre bestanden habe. Dass er entgegen den Darstellungen seiner Ehefrau nicht schon Ende 1996 ausgezogen sei, ergebe sich auch daraus, dass im September 1997 noch ein gemeinsames Kind geboren worden sei.

10

Darüber hinaus suchte der Antragsteller, ebenfalls vertreten durch die Rechtsanwälte F. u.a., O., um vorläufigen Rechtsschutz nach.

11

Mit Beschluss vom 13. April 2000 (3 B 455/00) lehnte das Verwaltungsgericht das Begehren ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht stehe dem Antragsteller nicht nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AuslG zu, weil die eheliche Lebensgemeinschaft nicht für die Dauer von mindestens vier Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden habe. Nach Auswertung der beigezogenen Sozialhilfeakten habe nämlich der Antragsteller im Juli 1997 seine frühere Ehefrau und das 1994 geborene gemeinsame Kind endgültig verlassen. Bereits Ende 1996 sei es zu einer vorübergehenden Trennung gekommen, der Antragsteller habe sich dann jedoch wieder bei der Familie aufgehalten. Ab 1. August 1997 sei der Ehefrau aber wiederum Sozialhilfe gezahlt worden, weil diese mitgeteilt habe, der Antragsteller sei ausgezogen. Danach sei der Antragsteller nicht wieder in die Haushaltsgemeinschaft seiner Familie eingetreten.

12

Ausweislich der Akten war der Antragsteller zumindest seit Februar 2000 nicht unter seiner Meldeanschrift (G., R.20) anzutreffen, er wurde vielmehr erst am 24. Dezember 2000 anlässlich einer Verkehrskontrolle aufgegriffen (vgl. Beiakte C).

13

Den Widerspruch wies die Bezirksregierung L. mit Bescheid vom 20. September 2000, der öffentlich zugestellt wurde, zurück.

14

Im Januar 2001 stellte der Antragsteller, nunmehr vertreten durch die Rechtsanwälte B. u.a., einen Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO unter Hinweis auf die zum 1. Juni 2000 geänderte Vorschrift des § 19 Abs. 1 Nr. 1 AuslG, wonach nunmehr nur noch eine zweijährige Ehebestandszeit gefordert wird.

15

Mit Beschluss vom 29. Januar 2001 lehnte das Verwaltungsgericht dieses Begehren unter Hinweis auf den nach seiner Auffassung bereits durch ordnungsgemäße öffentliche Zustellung bestandskräftig gewordenen Widerspruchsbescheid ab.

16

Dagegen richtet sich der Zulassungsantrag des Antragstellers. Er macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts geltend, da der Widerspruchsbescheid nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei; dieser habe nämlich nicht öffentlich zugestellt werden dürfen, sondern hätte an seine damaligen Prozessbevollmächtigten ergehen müssen.

17

Unter dem 20. Februar 2001 hat die Widerspruchsbehörde erneut einen Widerspruchsbescheid erlassen und diesen den Rechtsanwälten F. u.a., O., die den Antragsteller im Widerspruchsverfahren vertreten haben, zugestellt. In dem Widerspruchsbescheid heißt es unter anderem, zwar sei § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG seit dem 1. Juni 2000 geändert, nunmehr genüge für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht eine nur zweijährige rechtmäßige Ehe im Bundesgebiet; auf diese Rechtsänderung könne sich der Antragsteller jedoch nicht berufen, da er untergetaucht sei. Untergetauchte Ausländer dürfen nicht besser gestellt werden als Ausländer, die ihrer Ausreisepflicht freiwillig nachgekommen oder aber abgeschoben worden seien. Im übrigen finde § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG n.F. keine Anwendung, da die eheliche Lebensgemeinschaft bereits lange vor dem Inkrafttreten dieser Regelung aufgehoben worden sei.

Entscheidungsgründe

18

Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne von § 146 Abs. 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor. Sie sind dann anzunehmen, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg. Dabei müssen die ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der erstinstanzlichen Entscheidung bestehen, nicht etwa nur an deren Begründung. Ob sich eine Entscheidung trotz formeller oder materieller Fehler letztlich doch als richtig erweist, ist mithin im Zulassungsverfahren von Amts wegen anhand der maßgeblichen Sach- und Rechtslage zu prüfen (vgl. z.B. Hess. VGH, Beschl. v. 26.03.1998 -- 6 TZ 4017/97 --, NVwZ-RR 1998, 777 [OVG Nordrhein-Westfalen 17.03.1998 - 9 A 1430/96]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.12.1997 -- A 14 S 3451/97 --, NVwZ 1998, 414).

19

Nach diesen Kriterien war dem Zulassungsbegehren nicht zu entsprechen.

20

Allerdings weist der Antragsteller zutreffend darauf hin, dass sein Begehren auf Abänderung des Beschlusses vom 13. April 2000 (3 B 455/00) nicht schon unter Hinweis auf die Bestandskraft des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung L. vom 20. September 2000 abgelehnt werden konnte; denn jener Widerspruchsbescheid ist von der Bezirksregierung nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, da der Weg der öffentlichen Zustellung gewählt wurde, obwohl der Antragsteller im Widerspruchsverfahren durch Prozessbevollmächtigte vertreten war. Zwar ist mittlerweile unter dem 20. Februar 2001 ein neuer Widerspruchsbescheid erlassen und an die für das Widerspruchsverfahren benannten Prozessbevollmächtigten zugestellt worden; die Klagefrist läuft jedoch noch, so dass dieser Widerspruchsbescheid noch nicht bestandskräftig geworden ist.

21

Gleichwohl erweist sich die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis aller Voraussicht nach als rechtmäßig.

22

1. Auf ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG (i. d. F. v. 9.7.1990 -- BGBl. I S. 1354) kann sich der Antragsteller nicht berufen, weil die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen ihm und seiner deutschen Ehefrau nicht vier Jahre gedauert hat. Da die Ehe am 12. August 1993 geschlossen wurde, hätte sie bis zum 11. August 1997 andauern müssen. Der Antragsteller hat die gemeinsame Wohnung jedoch -- wie das Verwaltungsgericht zutreffend in dem Beschluss vom 13. April 2000 (3 B 455/00) ausgeführt hat, auf den, um Wiederholungen zu vermeiden, insoweit verwiesen wird -- spätestens Ende Juli 1997 endgültig verlassen und damit seinen Trennungswillen nach außen erkennbar manifestiert.

23

Allerdings genügt nach der Neufassung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG durch das Gesetz zur Änderung des Ausländergesetzes vom 25. Mai 2000 (BGBl. I S. 742) nunmehr eine Mindestehebestandszeit von zwei Jahren. Diese Regelung kann jedoch nicht auf den Antragsteller angewandt werden, weil dieses Änderungsgesetz erst am 1. Juni 2000 in Kraft getreten ist und nach Auffassung des Senats nicht für diejenigen Fälle gilt, in denen -- wie im Falle des Antragstellers -- die eheliche Lebensgemeinschaft bereits vor diesem Zeitpunkt aufgehoben war (ebenso Hess. VGH, Beschl. v. 1.9.2000 -- 12 UZ 2783/00 --, InfAuslR 2000, 497 = DVBl. 2001, 229 u. v. 3.8.2000 -- 12 TZ 2454/00 --; Renner, AuslR, Nachtrag z. 7. Aufl. 2000, § 19 AuslG, RdNr. 43, 45).

24

So lässt sich weder dem Wortlaut noch der Entstehungsgeschichte dieses Änderungsgesetzes (vgl. dazu BT-Drucks. 14/2368 und 14/2902 sowie ZAR 2000, 50 und 102) ein Anhalt dafür entnehmen, dass die zum 1. Juni 2000 eingeführte Zweijahresfrist auch Ehegatten zugute kommen soll, deren Ehe schon früher aufgehoben worden ist. Der Gesetzgeber hat eine entsprechende Überleitung weder für laufende noch für abgeschlossene Verfahren vorgesehen.

25

Dass für das anzuwendende Recht der Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft maßgeblich ist, ergibt sich zudem aus der Systematik und dem Zweck der Vorschrift des § 19 AuslG. Die eigenständige Aufenthaltserlaubnis für Familienangehörige ist ein Instrument des Ausländergesetzes zur rechtlichen Verselbständigung des Aufenthalts von Ausländern, die ursprünglich aus familiären Gründen in das Bundesgebiet nachgezogen waren. Während in der Regel die Herstellung und Wahrung der durch Art. 6 GG gebotenen familiären Lebensgemeinschaft die Grundlage des Aufenthaltsrechts für Familienangehörige bildet, wird die damit verbundene Abhängigkeit von der Rechtsstellung anderer Familienmitglieder durch die verselbständigten Aufenthaltsrechte (hier nach § 19 AuslG) aufgelöst. Gemäß § 19 Abs. 1 AuslG erwirbt der Ausländer "im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft" einen Rechtsanspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 1 AuslG), wenn die weiteren in § 19 AuslG genannten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Renner, Ausländerrecht in Deutschland, 1998, S. 492 f.). Die in § 19 AuslG vorgesehene Verlängerung der zuvor zum Zwecke der Familienzusammenführung erteilten Aufenthaltserlaubnis als eigenständiges Aufenthaltsrecht knüpft also an den Zeitpunkt an, zu dem die Grundlage für das zweckgebundene und akzessorische Aufenthaltsrecht, die eheliche Lebensgemeinschaft, entfällt. Da es für die Zeit danach mangels ehelicher Lebensgemeinschaft an der Rechtsgrundlage für ein ehebezogenes Aufenthaltsrecht, das unter dem Schutz von Art. 6 Abs. 1 GG steht, fehlt, kann eine noch laufende wegen der ursprünglich bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft erteilte Aufenthaltserlaubnis von der Ausländerbehörde nachträglich auf den Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft beschränkt werden (§ 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG). Auch dieser Gesichtspunkt spricht dafür, das im Zeitpunkt der Auflösung der Ehe maßgebende Recht anzuwenden.

26

Der Antragsteller kann sich auch nicht deswegen auf die jetzige Neufassung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG berufen, weil sein Verpflichtungsbegehren auf Erteilung einer eigenständigen Aufenthaltserlaubnis im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neufassung am 1. Juni 2000 (und auch jetzt noch) anhängig war/ist. Auf welchen Zeitpunkt bei der Feststellung und Bewertung der Sach- und Rechtslage abzustellen ist, ist dem jeweiligen materiellen Recht zu entnehmen. Ein prozessualer Grundsatz, wonach es ungeachtet der materiellen Rechtsgrundlage für ein Verpflichtungsbegehren stets auf den Zeitpunkt der Entscheidung über einen Widerspruch oder eine Klage ankommt, besteht nicht (vgl. Redeker/von Oertzen, VwGO, 12. Aufl., § 108 RdNr. 16, 22; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 113 Fußn. 307).

27

Da die Gewährung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 AuslG für das erste Jahr bei Einhalten der weiteren in § 19 AuslG genannten Voraussetzungen als Rechtsanspruch ausgestaltet ist (vgl. Renner, Ausländerrecht in Deutschland, a.a.O.), besteht insoweit kein Raum für etwaige ermessenslenkende Erlasse. Dies bedeutet, dass der Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 17. Jan. 2001 (45.21-12230/1-1 (§ 19)), wonach die Neuregelung des § 19 Abs. 1 AuslG zum 1. Juni 2000 grundsätzlich in allen noch laufenden Fällen anzuwenden sei, keine Geltung beanspruchen kann, da er mit der Gesetzeslage nicht in Übereinklang steht.

28

Da der Antragsteller mithin schon die in seinem Fall nach wie vor zu fordernde vierjährige Ehebestandszeit nicht erfüllt hat, kann dahinstehen, ob sein Begehren auf Erteilung einer eigenständigen Aufenthaltserlaubnis nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 AuslG 1990 nicht auch deswegen scheitert, weil der mit dieser Regelung verfolgte Zweck faktisch eingetreten ist. Mit dieser Regelung soll dem Ausländer die Möglichkeit eingeräumt werden, im ersten Jahr nach dem Scheitern der Ehe eine eigene wirtschaftliche Existenz zu begründen. Es bedarf daher grundsätzlich dann keiner Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 19 Abs. 2 Satz 1 AuslG (mehr), wenn nach Stellung des Verlängerungsantrages der weitere Aufenthalt des Ausländers bereits infolge einer Erlaubnisfiktion als erlaubt gilt, diese Fiktion länger als ein Jahr gedauert und dem Ausländer aufenthaltsrechtlich auch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gestattet war; denn der Ausländer hatte dann bereits die Möglichkeit, binnen eines Jahres eine eigene wirtschaftliche Existenz zu begründen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.5.1995 -- 1 C 7.94 --, BVerwGE 98, 313 = InfAuslR 1995, 287; OVG NW, Beschl. v. 1.2.2000 -- 18 B 1120/99 --, InfAuslR 2000, 279). Vorliegend galt zugunsten des Antragstellers, der rechtzeitig vor Ablauf der letzten ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis (zum 31. Dezember 1998) eine Verlängerung beantragt hatte, ab 1. Januar 1999 die Fiktion des § 69 Abs. 3 AuslG. Diese dauerte faktisch bis zum 31. Januar 2000, also über ein Jahr; denn mit Bescheid vom 31. Januar 2000 hat der Antragsgegner das Verlängerungsbegehren abgelehnt. Zwar hatte der Antragsgegner einen entsprechenden Bescheid auch schon unter dem 18. Oktober 1999 erlassen, daran selbst aber nicht festgehalten, sondern dem Antragsteller zwei Mal weitere Duldungen erteilt. Der Antragsteller war schließlich während des gesamten Jahres 1999 auch zur Arbeitsaufnahme ermächtigt, wie sich aus der Bescheinigung des Arbeitsamtes Stade vom 15. Januar 2001 (Beiakte C) ergibt. Das Arbeitsamt hatte ihm auch bis Anfang Januar 2000 Arbeitslosenhilfe bzw. Unterhaltsgeld gezahlt. Letztlich brauchte diese Frage aber aus den oben dargestellten Gründen nicht abschließend beantwortet zu werden.

29

2. Zureichende Anhaltspunkte, dass im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft (Juli 1997) für den Antragsteller eine besondere Härte (i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG 1990) bestand, sind nicht ersichtlich.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

31

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.

32

Der Beschluss ist unanfechtbar.