Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.08.2010, Az.: 4 LC 757/07

Anspruch eines Auszubildenden auf Gewährung eines Härtefreibetrags im Hinblick auf zu entrichtende Studienbeiträge bei möglicher Inanspruchnahme eines öffentlich-rechtlichen Studiendarlehens

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.08.2010
Aktenzeichen
4 LC 757/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 22742
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:0819.4LC757.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 30.08.2007 - AZ: 9 A 1908/07

Fundstellen

  • DÖV 2010, 948
  • NJ 2010, 526-527
  • NWB 2011, 1137
  • NWB direkt 2011, 347
  • NdsVBl 2010, 369-370

Amtlicher Leitsatz

Der Auszubildende hat keinen Anspruch auf Gewährung eines sogenannten Härtefreibetrags nach § 23 Abs. 5 BAföG im Hinblick auf von ihm zu entrichtende Studienbeiträge, wenn er ein gerade zur Deckung dieser Ausbildungskosten vorgesehenes und zumutbares öffentlich-rechtliches Studiendarlehen in Anspruch nehmen kann.

Gründe

1

I.

Der Kläger begehrt, einen Teil seines Einkommens wegen von ihm zu entrichtender Studienbeiträge gemäß § 23 Abs. 5 BAföG anrechnungsfrei zu stellen, um in den Genuss einer höheren Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum Oktober 2006 bis September 2007 zu gelangen.

2

Der 1978 geborene Kläger absolvierte von September 2004 bis März 2006 die Grundausbildung "B." an der Berufsfachschule für B. in C.. Seit dem Wintersemester 2006/2007 studiert er an der beklagten Universität die Fächer D. und E..

3

Nachdem die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Ausbildungsförderung dem Grunde nach für eine weitere Ausbildung im Wege der Vorabentscheidung durch Bescheid vom 12. Juni 2006 anerkannt hatte, beantragte dieser am 2. August 2006 für den Bewilligungszeitraum Oktober 2006 bis September 2007 Ausbildungsförderung. Der Kläger gab hierbei an, dass er voraussichtlich Einnahmen in Höhe von 4.800 EUR im Bewilligungszeitraum erzielen werde. Außerdem beantragte er am 29. August 2006 die Gewährung eines Härtefreibetrages gemäß § 23 Abs. 5 BAföG und begründete diesen Antrag mit den zu zahlenden Studienbeiträgen in Höhe von 500 EUR je Semester.

4

Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 31. Oktober 2006 Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 544 EUR, jeweils zur Hälfte als unverzinsliches Darlehen und als Zuschuss, für den Bewilligungszeitraum Oktober 2006 bis September 2007. Dabei ging die Beklagte davon aus, dass der Kläger ein monatliches Einkommen in Höhe von 323,33 EUR (4.800 EUR abzüglich 920,- EUR Werbungskosten, geteilt durch 12) im Bewilligungszeitraum erzielen werde, von dem sie einen Betrag von 69,52 EUR für die soziale Sicherung und einen Freibetrag von 215 Euro abzog. Demgemäß berücksichtigte die Beklagte ein eigenes Einkommen des Klägers in Höhe von 38,81 EUR im Monat. Ferner führte die Beklagte in dem Bescheid aus, dass gemäß Weisung des Ministeriums die Studiengebühren nicht als Härtefreibetrag von dem Einkommen des Klägers abgezogen werden dürften.

5

Der Kläger hat am 29. November 2006 Klage erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, dass die Entscheidung der Beklagten ermessensfehlerhaft ergangen sei, weil die Beklagte nicht erkannt habe, dass sie Ermessen auszuüben habe. Studienbeiträge gehörten nach dem Willen des Gesetzgebers zu den besonderen Kosten der Ausbildung, die nicht durch den Bedarfssatz gedeckt seien. Studienbeiträge träfen nicht jeden Studenten, da diese in einigen Bundesländern nicht erhoben würden. Leistungen nach dem BAföG müssten aber im gesamten Bundesgebiet einheitlich gewährt werden. Der Darlehensanspruch nach § 11 a NHG könne keinen Ausgleich herbeiführen, weil dieses Darlehen im Gegensatz zu den Leistungen nach dem BAföG nur verzinst vergeben werde. Zudem erreiche er nicht die in § 11 a Abs. 4 Satz 2 NHG festgelegte Kappungsgrenze von 15.000 EUR. Unberücksichtigt bleibe auch, dass er bereits einen Bildungskredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau in Anspruch genommen habe. Derzeit belaufe sich diese Darlehenssumme einschließlich Zinsen auf 3.732,43 EUR. Schließlich habe er auf eine Auskunft einer Mitarbeiterin der Beklagten vertraut, die auf die Möglichkeit einer Erhöhung des Freibetrages hingewiesen habe.

6

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, über seinen Antrag auf Gewährung eines Härtefreibetrages vom 29. August 2006 unter Beachtung der Rechtssauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, und den Bescheid vom 31. Oktober 2006 aufzuheben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.

7

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Sie hat hinsichtlich des Studienbeitrages und des Studiendarlehens auf die Ausnahme-, Begrenzungs- und Erlassregelungen in §§ 11 Abs. 4, 11 a Abs. 4 und 14 Abs. 2 NHG und auf die besonderen Modalitäten des Studiendarlehens verwiesen. Der Studienbeitrag sei keine Besonderheit, die nur einzelne Studenten treffe. Der Kläger könne entscheiden, ob er zur Begleichung des Studienbeitrages das Studiendarlehen in Anspruch nehme oder den Beitrag von seinem Einkommen leiste. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Härteregelung nach § 23 Abs. 5 BAföG Schulgelder und Studienbeiträge erfassen, die durch ein Studium im Ausland oder an privaten Hochschulen anfielen, also nur einzelne Studierende, nicht aber wie im vorliegenden Falle alle Studierenden träfen.

9

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung eines Härtefreibetrages. Mit der Festsetzung der BAföG-Leistung, des Unterhaltsbeitrags der Eltern sowie des pauschalierten Freibetrags gemäß § 23 Abs. 1 BAföG werde nach der Konzeption des Bundesausbildungsförderungsgesetzes grundsätzlich der gesamte typische Aufwand des Auszubildenden abgegolten. Auch für den Bereich des Ausbildungsförderungsrechts sei die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Typisierungen und Generalisierungen bei der Ermittlung des ausbildungsförderungsrechtlich relevanten Einkommens anerkannt, soweit der dem Ehegatten und den Eltern zugemutete Beitrag zu den Ausbildungskosten in einer Höhe pauschaliert werde, die dem Umfang der Unterhaltspflicht im Regelfall entspreche, und atypischen Umständen im Einzelfall im Rahmen einer Härtefallregelung Rechnung getragen werden könne. Entsprechendes gelte für den Auszubildenden. Das Gesetz mute ihm daher grundsätzlich zu, das oberhalb der pauschalierten Freibeträge verbleibende Einkommen für den Lebensunterhalt und die Ausbildung einzusetzen. Über die in § 23 Abs. 1 BAföG vorgesehenen Freibeträge hinaus könne jedoch auf besonderen Antrag, der vor dem Ende des Bewilligungszeitraums zu stellen sei, gemäߧ 23 Abs. 5 BAföG ein weiterer Teil des Einkommens des Auszubildenden anrechnungsfrei gestellt werden, soweit er zur Deckung besonderer Kosten der Ausbildung erforderlich sei, die nicht durch den Bedarfssatz gedeckt seien. Zu den pauschal anzusetzenden Freibeträgen trete dann ein individuell zu errechnender Freibetrag, der die Berücksichtigung atypischer Umstände ermögliche. Der Kläger habe den erforderlichen Antrag am 29. August 2006 und damit vor Ende des Bewilligungszeitraums gestellt. Bei dem Studienbeitrag handele es sich um Kosten der Ausbildung. Das BAföG unterscheide zwischen Kosten für den Lebensunterhalt und für die Ausbildung. Kosten der Ausbildung seien solche Aufwendungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Durchführung der konkret betriebenen Ausbildung stünden. Das sei hier der Fall, da der Kläger für den Besuch der Hochschule einen Studienbeitrag von 500 EUR je Semester zu entrichten habe. Studienbeiträge stellten auch besondere Kosten dar, die typischerweise nicht durch den Bedarfssatz gedeckt seien. § 23 Abs. 5 BAföG stelle auf die konkrete Bedarfssituation des Auszubildenden während seines Studiums ab. Eine über den Gesichtspunkt der Gefährdung der Ausbildung hinausgehende Zeitperspektive nehme die Regelung nicht in den Blick. Dies entspreche dem Willen des Gesetzgebers, der selbst den Bezug zu den Bedarfssätzen hergestellt habe, da in der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 13/4246, Seite 22) Ausgaben für Schulgelder oder Studienbeiträge als besondere Kosten angesehen worden seien, weil diese nicht durch die Bedarfssätze gedeckt seien. Bei der Bestimmung der Höhe der Bedarfssätze sei der Gesetzgeber angesichts der damaligen Rechtslage davon ausgegangen, dass für die Ausbildung an Hochschulen Studienbeiträge nicht erhoben werden dürften. Das habe sich erst in der Folgezeit geändert. Studienbeiträge seien daher besondere Kosten. Eine unbillige Härte im Sinne des § 23 Abs. 5 BAföG bestehe hier jedoch nicht. Eine unbillige Härte liege vor, wenn die Ausbildung ohne Freistellung eines weiteren Einkommensteils gefährdet wäre. Dem Kläger sei jedoch zur Abwendung einer solchen Härte die Inanspruchnahme des Studiendarlehens nach § 11 a NHG zuzumuten, da es sich hierbei um ein naheliegendes, gerade zur finanziellen Abfederung des Studienbeitrages geschaffenes Darlehensprogramm handele. Zwar könne ein Auszubildender nicht auf die Inanspruchnahme eines privaten Bankdarlehens verwiesen werden. Hinsichtlich der Frage, ob der Studienerfolg gefährdet sei, sei aber zu berücksichtigten, ob der Auszubildende alles ihm Zumutbare unternommen habe, um den Eintritt einer Härte zu vermeiden. Unterlasse er es, zumutbare Finanzierungsquellen in Anspruch zu nehmen, sei die Härte nicht mehr unbillig. Dies sei hier der Fall, denn das Studiendarlehen nach § 11 a NHG mindere die aktuelle Belastung des Auszubildenden während seines Studiums. Das mit der Gewährung der Studiendarlehen nach § 11 a Abs. 1 Satz 2 NHG zu betrauende öffentlich-rechtliche Kreditinstitut gewähre die Darlehen zu günstigen Konditionen. Bis zum Beginn der Tilgungsphase würden die Zinsen aufgeschoben und zinslos kreditiert. Die aufgeschobenen Zinsen könnten ab Tilgungsbeginn der Darlehensschuld zugerechnet, mit dieser verzinst und in gleichbleibenden monatlichen Rückzahlungsraten von mindestens 20 EUR zurückgezahlt werden. Die erste Rate sei erst zwei Jahre nach der Beendigung des Studiums zu leisten. Die Rückzahlung müsse nach spätestens 20 Jahren abgeschlossen sein. Die Rückzahlung entfalle, soweit das Studiendarlehen einschließlich der Zinsen zusammen mit dem Darlehen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 BAföG 15.000 EUR überschreite. Das Darlehen könne ganz oder teilweise vorzeitig zurückgezahlt werden. Der Darlehensnehmer sei nach § 11 a Abs. 4 NHG i.V.m. § 18 a Abs. 1 BAföG zur Rückzahlung nur verpflichtet, soweit sein Einkommen bestimmte, nach Familienstand und Kinderzahl gestaffelte Beträge übersteige. Das Studiendarlehen werde mithin unter günstigen Bedingungen gewährt und vermeide eine aktuelle Belastung des Studenten während seines Studiums. Eine Gesamtschau dieser Umstände rechtfertige es, die eigene Finanzierung des Studiums durch das günstige Studiendarlehen im Falle des Klägers nicht als unbillig anzusehen. Die dagegen vom Kläger vorgebrachten Argumente überzeugten nicht. Der Umstand, dass er im Gegensatz zu einer Förderung nach dem BAföG das Studiendarlehen verzinsen müsse, begründe keine unbillige Härte, weil die Zinsen nicht im Bewilligungszeitraum zu entrichten seien, sondern bis zum Beginn der Tilgungsphase aufgeschoben und zinslos kreditiert würden. Es sei auch unerheblich, ob der Kläger von der Deckelung der Rückzahlung durch § 11a Abs. 4 Satz 2 NHG begünstigt werde. Denn im Bewilligungszeitraum steige die zu berücksichtigende monatliche Belastung durch das Studiendarlehen in keinem Falle. Dies gelte auch im Hinblick auf das schon bestehende KfW-Darlehen des Klägers. Darüber hinaus handele es sich bei dieser Belastung nicht um erforderliche Kosten der Ausbildung im Sinne des § 23 Abs. 5 BAföG, weil diese in der Vergangenheit entstanden sei und mithin nicht aus der aktuellen Ausbildung herrühre. Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg auf die Auskunft einer Mitarbeiterin der Beklagten stützen. Das wäre nur dann der Fall, wenn es sich um eine Zusicherung im Sinne des § 34 SGB X handeln würde. Insoweit sei aber schon nicht dem Schriftformerfordernis Genüge getan. Außerdem fehle es nach den eigenen Angaben des Klägers schon an der Verbindlichkeit der vorgetragenen Äußerung, mit der lediglich auf die Möglichkeit eines höheren Freibetrages hingewiesen worden sei.

10

Gegen diese dem Kläger am 9. Oktober 2007 zugestellte Entscheidung richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene und am 6. November 2007 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er vorträgt, die Beklagte habe das ihr gesetzlich eingeräumte Ermessen nicht erkannt und insoweit ermessensfehlerhaft gehandelt. Der Begriff der unbilligen Härte in § 23 Abs. 5 BAföG eröffne der Behörde einen Ermessensspielraum, der jedoch eng sei, wenn der Auszubildende die Notwendigkeit und Höhe seiner Aufwendungen nachgewiesen habe. Hier sei dieser enge Ermessensspielraum überdehnt worden. Denn der Verweis auf das Studiendarlehen nach § 11 a NHG mache unter Berücksichtigung des Zwecks des BAföG und der aktuellen Forderung nach einer Erhöhung der Förderung nach diesem Gesetz keinen Sinn. Sinn und Zweck der Förderung nach dem BAföG sei es, den Auszubildenden in die Lage zu versetzen, ein Studium durchzuführen und sich nicht gleichzeitig in die Schuldenfalle begeben zu müssen. Genau dazu werde er jedoch gedrängt, weil er einen Kredit aufnehme solle, der keinen Zuschussanteil enthalte und nach Ende des Studiums vollständig zu verzinsen sei. Das Darlehen nach § 11 a NHG sei daher kein äquivalenter Ersatz für Leistungen nach dem BAföG. Eine besondere Härte könne gerade auch dann gegeben sein, wenn - wie in seinem Falle - die Hürde des § 11 a Abs. 4 Satz 2 NHG nicht genommen werde, da dies die Pflicht zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens zur Folge habe, während demjenigen, der diese Grenze nur knapp überschreite, das gesamte Darlehen und nicht nur der diese Grenze überschreitende Betrag erlassen werde. In diesem Zusammenhang stelle sich daher die Problematik des Artikels 3 GG. Darüber hinaus sei auch zu berücksichtigen, dass er bereits einen Bildungskredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau abzuzahlen habe.

11

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verpflichten, über seinen Antrag auf Gewährung eines Härtefreibetrages vom 29. August 2006 unter Beachtung der Rechtssauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, und den Bescheid vom 31. Oktober 2006 aufzuheben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.

12

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt und zur Berufung des Klägers auch nicht Stellung genommen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.

14

II.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg.

15

Diese Entscheidung trifft der Senat nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130 a Satz 1 VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet hält und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren nicht als erforderlich ansieht.

16

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass im Hinblick auf die von ihm zu entrichtenden Studienbeiträge ein Teil seines Einkommens bei der Berechnung seines Anspruchs auf Ausbildungsförderung nach dem BAföG zur Vermeidung einer unbilligen Härte gemäß § 23 Abs. 5 BAföG nicht angerechnet wird.

17

Nach § 23 Abs. 5 BAföG kann zur Vermeidung unbilliger Härten auf besonderen Antrag, der vor dem Ende des Bewilligungszeitraums zu stellen ist, abweichend von den Absätzen 1 und 4 des § 23 BAföG ein weiterer Teil des Einkommens des Auszubildenden anrechnungsfrei gestellt werden, soweit er zur Deckung besonderer Kosten der Ausbildung erforderlich ist, die nicht durch den Bedarfssatz gedeckt sind, höchstens jedoch bis zu einem Betrag von 205 EUR monatlich.

18

Der Kläger hat den danach erforderlichen Antrag am 29. August 2006 und damit rechtzeitig vor Ende des hier relevanten Bewilligungszeitraums von Oktober 2006 bis September 2007 gestellt.

19

Bei den nach § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) von den Studierenden zu entrichtenden Studienbeiträgen in Höhe von 500 EUR je Semester handelt es auch um besondere, nämlich nicht durch den Bedarfssatz nach § 13 BAföG gedeckte Kosten der Ausbildung (vgl. die Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 28.3.1996 zum 18. BAföGÄndG, BT-Drucks. 13/4246, Seite 22, in der Schulgelder und Studiengebühren als Beispiele für besondere Kosten der Ausbildung, die nicht durch den Bedarfssatz gedeckt sind, aufgeführt sind).

20

Es ist im Hinblick auf diese von dem Kläger aufzubringenden besonderen Ausbildungskosten allerdings nicht erforderlich, zur Vermeidung einer unbilligen Härte einen weiteren Teil seines Einkommens nach § 23 Abs. 5 BAföG anrechnungsfrei zu stellen, weil der Kläger das gerade zur Deckung dieser Kosten nach § 11 a NHG vorgesehene Studiendarlehen in Anspruch nehmen kann und ihm dies auch ohne weiteres zuzumuten ist. Deshalb kann von einer unbilligen Härte im Sinne des § 23 Abs. 5 BAföG als gerichtlich in vollem Umfang überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff (siehe hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 114 Rn. 24) wegen der von dem Kläger zu entrichtenden Studienbeiträge keine Rede sein.

21

Im vorliegenden Verfahren geht es allein um die Frage, ob durch das nach Maßgabe des § 11 a NHG allen Studienbewerbern und Studierenden, die zur Zahlung von Studienbeiträgen verpflichtet sind, zur Verfügung gestellte Studiendarlehen eine unbillige Härte im Sinne des§ 23 Abs. 5 BAföG im Hinblick auf die Belastung durch diese Ausbildungskosten verhindert wird mit der Folge, dass es nicht erforderlich ist, zu deren Deckung über die Freibeträge nach § 23 Abs. 1 und 4 BAföG hinaus einen weiteren Teil des Einkommens des Auszubildenden anrechnungsfrei zu stellen. Dabei ist die Belastung des Auszubildenden während seines Studiums in den Blick zu nehmen. Denn aus dem in § 23 Abs. 5 BAföG hergestellten Zusammenhang zwischen den besonderen, nicht durch den Bedarfssatz gedeckten Ausbildungskosten einerseits und dem Einkommen des Auszubildenden im Bewilligungszeitraum (vgl. dazu § 22 Abs. 1 Satz 1 BAföG) andererseits ergibt sich, dass die unbillige Härte im Sinne dieser Vorschrift sich gerade aus dem Umstand ergeben muss, dass der Auszubildende nicht in der Lage ist, mit seinem Einkommen nach Abzug der Freibeträge nach § 23 Abs. 1 und 4 BAföG die durch den Bedarfssatz nach § 12 bzw. § 13 BAföG nicht gedeckten Ausbildungskosten im jeweiligen Bewilligungszeitraum zu tragen. Die Gewährung des sogenannten Härtefreibetrags in diesen Fällen bezweckt mithin, eine Gefährdung der Ausbildung des Auszubildenden, weil dieser die Ausbildungskosten nicht in voller Höhe tragen kann, zu vermeiden.

22

Danach ist hier eine unbillige Härte im Sinne des § 23 Abs. 5 BAföG zu verneinen. Denn durch die Aufnahme des gerade zur Deckung der Studienbeiträge vorgesehenen Studiendarlehens nach § 11 a NHG wird die finanzielle Belastung des Auszubildenden durch die Studienbeiträge beseitigt. Der ausbildungsbezogene Bedarf des Auszubildenden in Gestalt der Studienbeiträge wird für die Dauer des Studiums (innerhalb der Regelstudienzeit zuzüglich vier weiterer Semester, § 11 a Abs. 3 Satz 1 NHG) in voller Höhe gedeckt. Auch entstehen durch das Studiendarlehen selbst während des Studiums (in der Regel) keinerlei Belastungen für den Auszubildenden, da die Rückzahlung des Studiendarlehens nach § 11 a Abs. 4 Satz 1 NHG frühestens nach Ablauf von zwei Jahren nach Beendigung des Studiums, spätestens nach Ablauf der doppelten Regelstudienzeit, verlangt werden darf. Das Studium des Klägers wird daher durch die Studienbeiträge in keiner Weise gefährdet, wenn er das Studiendarlehen nach § 11 a NHG in Anspruch nimmt.

23

Da es auf die Belastung des Klägers während seines Studiums ankommt, ist entgegen der Annahme des Klägers auch ohne Belang, ob er in den Genuss der Regelung des § 11 a Abs. 4 Satz 2 NHG gelangen wird, wonach die Rückzahlung des Studiendarlehens entfällt, soweit das Studiendarlehen einschließlich der Zinsen zusammen mit dem Darlehen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 BAföG 15.000 EUR überschreitet. Im Übrigen geht der Kläger hinsichtlich der Regelung des § 11 a Abs. 4 Satz 2 NHG irrigerweise davon aus, dass dann, wenn die dort genannte Grenze überschritten werde, das gesamte Darlehen zu erlassen sei. Denn nach dem klaren Wortlaut dieser Regelung entfällt die Rückzahlung des Studiendarlehens in dem dort geregelten Fall nicht in vollem Umfang, sondern nur soweit eine Gesamtbelastung von 15.000 EUR überschritten wird.

24

Die Aufnahme des Studiendarlehens nach § 11 a NHG ist dem Kläger auch unter Berücksichtigung des Gesichtspunkts, dass hohe finanzielle Belastungen nach dem Studium den Auszubildenden von der Aufnahme des Studiums abhalten können und daher möglichst zu vermeiden sind, ohne weiteres zuzumuten, da dieses Darlehen zu ausgesprochen günstigen Konditionen gewährt wird; insoweit wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen. Hervorzuheben ist insofern, dass die Rückzahlungspflicht nach § 11 a Abs. 4 Satz 1 NHG erst zwei Jahre nach Beendigung des Studiums und auch nur dann einsetzt, wenn das Einkommen des Darlehensnehmers die in § 18 a Abs. 1 BAföG genannte Einkommensgrenze um mindestens 100 EUR übersteigt. Im Übrigen ist es ohne Belang, ob das Studiendarlehen nach § 11 a NHG in jeder Hinsicht einer Förderung bzw. einem Darlehen nach dem BAföG entspricht, da es im vorliegenden Zusammenhang allein darauf ankommt, ob durch das erstgenannte Darlehen eine unbillige Härte im Sinne des § 23 Abs. 5 BAföG wegen der Studienbeiträge verhindert wird, was nach dem oben Gesagten der Fall ist.

25

Die Inanspruchnahme des Studiendarlehens nach § 11 a NHG wird hier auch nicht dadurch unzumutbar, dass der Kläger bereits ein Darlehen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau aufgenommen hat. Insofern hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass dieses Darlehen in keinem Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Studium steht und daher von vornherein keine unbillige Härte im Hinblick auf dessen Kosten zu begründen vermag.

26

Dass in den Fällen, in denen - wie hier - ein spezielles öffentlich-rechtlich geregeltes Darlehen zur Deckung der Studienbeiträge zur Verfügung gestellt wird, keine unbillige Härte im Sinne des § 23 Abs. 5 BAföG angenommen werden kann, wird schließlich auch durch folgende Überlegung bestätigt: Der Anspruch auf Gewährung eines Studiendarlehens nach § 11 a NHG besteht unabhängig davon, ob dem Auszubildenden ein Härtefreibetrag nach § 23 Abs. 5 BAföG bewilligt worden ist. Würde beides im Hinblick auf die Studienbeiträge in Anspruch genommen und gewährt, wäre ein entsprechender Teil des Einkommens des Auszubildenden anrechnungsfrei gestellt, obwohl er sein Einkommen für die Studienbeiträge nicht benötigen würde, weil diese bereits durch das gerade hierfür vorgesehene und wegen seiner günstigen Konditionen für den Studierenden in jedem Fall attraktive Studiendarlehen vollständig finanziert wären. Der Auszubildende käme dadurch letztlich in den Genuss eines weiteren, beliebig verfügbaren Einkommensteils, was dem Zweck des § 23 Abs. 5 BAföG, mit der Gewährung eines Härtefreibetrags unbillige Härten wegen besonderer Kosten der Ausbildung zu vermeiden, ersichtlich widersprechen würde.

27

Da demnach eine unbillige Härte im Sinne des § 23 Abs. 5 BAföG im Hinblick auf die von dem Kläger zu entrichtenden Studiengebühren unter keinem Gesichtspunkt festgestellt werden kann, sind bereits die Voraussetzungen dieser Vorschrift für die Gewährung des sogenannten Härtefreibetrages nicht erfüllt und steht der Beklagten mithin ein diesbezüglicher Ermessensspielraum von vornherein nicht zu. Auf die von dem Kläger angeführten Fragen hinsichtlich der Ermessensausübung nach § 23 Abs. 5 BAföG kommt es daher nicht an.

28

Auch eine die Beklagte bindende Zusicherung einer ihrer Mitarbeiterinnen liegt nicht vor, wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil zutreffend festgestellt hat.

29

Nach allem hat der Kläger keinen Anspruch darauf, dass zur Vermeidung einer unbilligen Härte ein weiterer Teil seines Einkommens bei der Berechnung seines Anspruchs auf Ausbildungsförderung nach dem BAföG gemäß § 23 Abs. 5 BAföG nicht angerechnet wird.