Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.08.2010, Az.: 5 OA 105/10
Schadensersatz wegen Verletzung der Fürsorgepflicht aufgrund verspäteter Reaktivierung eines wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzten Beamten; Streitwertfestsetzung für den Reaktivierungsanspruch eines vorzeitig in den Ruhestand versetzten Beamten
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 30.08.2010
- Aktenzeichen
- 5 OA 105/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 22604
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2010:0830.5OA105.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Lüneburg - 19.03.2010 - AZ: 1 A 223/07
Rechtsgrundlagen
- § 40 GKG
- § 52 Abs. 2 GKG
- § 52 Abs. 5 S. 1 GKG
Fundstelle
- NVwZ-RR 2010, 943-944
Redaktioneller Leitsatz
In Streitigkeiten um die Reaktivierung eines wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzten Beamten ist der Streitwert für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung dieses Reaktivierungsverlangens bzw. wegen verspäteter Reaktivierung nach Maßgabe der §§ 40, 52 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 GKG festzusetzen.
Gründe
I.
Der mit Ablauf des Monats November 19 wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzte und am 31. August 20 reaktivierte Kläger beantragte mit seiner im November 2007 erhobenen Klage, die Beklagte zu verpflichteten,
- 1.
ihm für den Zeitraum von September 19 bis einschließlich August 20 die Differenz zwischen den jeweils vollen Dienstbezügen eines Polizeioberkommissars und den ihm tatsächlich gewährten Versorgungsbezügen nachzuzahlen,
- 2.
ihn dienst- und versorgungsrechtlich so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er ab September 19 aufgrund seines entsprechenden Antrages aus August 19 reaktiviert worden wäre.
Das Verwaltungsgericht hat für dieses Klagebegehren, das der Kläger auf einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht aufgrund verspäteter Reaktivierung stützt, den Streitwert in Anlehnung an den Streitwert für Verfahren auf Schadensersatz wegen verspäteter Beförderung auf 18.958,74 EUR festgesetzt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde, mit der die Beschwerdeführer geltend machen, es seien für den Klageantrag zu 1. die Besoldungsdifferenz im genannten Zeitraum von ca. 91.200,- EUR und für den Klageantrag zu 2. der Auffangwert, insgesamt 96.200,- EUR, als Streitwert festzusetzen.
II.
Die im eigenen Namen gemäß § 32 Abs. 1 RVG eingelegte Streitwertbeschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat nur teilweise Erfolg. In Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung ist der Streitwert auf 38.010,31 EUR festzusetzen.
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers gehen zunächst fehl in der Annahme, dass hinsichtlich des besoldungsrechtlichen Teils seines Klagebegehrens § 53 Abs. 3 GKG Anwendung findet. Dessen Voraussetzungen liegen nicht vor, da der Antrag weder beziffert ist noch den Erlass eines Verwaltungsakts, der auf die Gewährung einer bezifferten Geldleistung gerichtet ist, zum Gegenstand hat. Die bloße Bestimmbarkeit der geltend gemachten Besoldungsdifferenz genügt insoweit nicht (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 1.9.2009 - 5 OA 38/09 -, zitiert nach [...] Langtext, Rn. 2; Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl. 2010, § 52 GKG, Rn. 24).
Nach Auffassung des Senats ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers ebenso wenig darin zu folgen, dass für die Klageanträge gesonderte Streitwerte festzusetzen sind. Denn in der Sache ist Gegenstand des Antrags den Kläger im Wege des Schadensersatzes besoldungs-, dienst- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wenn er bereits zum 1. September 19 reaktiviert worden wäre.
Soll ein wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzter Beamter wieder in den aktiven Dienst berufen werden, richtet sich die Streitwertfestsetzung für den Reaktivierungsanspruch unter Berücksichtigung der neueren Rechsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 30.7.2009 - BVerwG 2 B 30.09 -, [...], Langtext, Rn. 3) nach den §§ 40, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG (vgl. dazu Nds. OVG, Beschl. v. 12.2.2010 - 5 LA 342/08 -). In Streitigkeiten, die einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung des Reaktivierungsverlangens zum Gegenstand haben, ist demzufolge der Streitwert ebenfalls nach Maßgabe der §§ 40, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG festzusetzen. Denn der Gesetzgeber hat mit der Regelung in § 52 Abs. 5 GKG Unsicherheiten bei der Bestimmung des Streitwerts in Statusverfahren und in Beförderungsangelegenheiten der Beamten beseitigen wollen; das Kostenrisiko in solchen Statusverfahren soll hierdurch kalkulierbar gemacht und die Kosten sollen in einem sozial gerechtfertigten Rahmen gehalten werden (BT-Drucks. 12/6962 S, 61 f.). Vor diesem Hintergrund verbieten die in§ 52 Abs. 5 Satz 1 GKG normierten rechnerischen Vorgaben mit den darin enthaltenen notwendigen Pauschalierungen es grundsätzlich, die hiernach gebotene Streitwertfestsetzung bei Schadensersatzansprüchen wegen Nichtreaktivierung aus einzelfallbezogenen Umständen zu mindern oder hiervon abzuweichen und stattdessen - insgesamt oder auch nur für Teile des Schadensersatzbegehrens - den Auffangstreitwert #des § 52 Abs. 2 GKG zugrunde zu legen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch im Falle der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichtreaktivierung ein Verfahren im Sinne von § 52 Abs. 5 Satz 1 GKG gegeben ist, das die Begründung eines besoldeten Dienstverhältnisses betrifft.