Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.11.2018, Az.: 4 LC 392/16
Ausbildungschancen; Ausbildungsförderung; BAföG-Bericht; Deutsches Studentenwerk; Erwerbstätigkeit; Existenzminimum; gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum; Gestaltungsermessen; Kindergeld; Menschenwürde; menschenwürdiges Existenzminimum; Regelbedarf; Sozialerhebung; Sozialstaatsprinzip; Teilhabeanspruch; Teilhaberecht
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 27.11.2018
- Aktenzeichen
- 4 LC 392/16
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2018, 74278
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 17.11.2016 - AZ: 4 A 87/15
Rechtsgrundlagen
- § 13 Abs 1 Nr 2 BAföG
- Art 1 Abs 1 GG
- Art 12 Abs 1 GG
- Art 20 Abs 1 GG
- Art 3 Abs 1 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums gibt dem Einzelnen keinen Anspruch auf individuelle Leistungen zur Förderung einer Ausbildung in Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen. Die Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz ist auch nicht an den gesteigerten verfahrensrechtlichen Vorgaben zu messen, die das Bundesverfassungsgericht dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG für Leistungen nach dem SGB II und dem Asylbewerberleistungsgesetz entnommen hat.
2. Entscheidet sich der Gesetzgeber für die Errichtung eines staatlichen Systems der individuellen Ausbildungsförderung zur Sicherung der Teilhabe am staatlichen Ausbildungsangebot, wie er es mit dem Erlass des Bundesausbildungsförderungsgesetzes getan hat, folgt aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsgebot aus Art. 20 Abs. 1 GG, dass dieses System im Rahmen der vorhandenen finanziellen Möglichkeiten sozial verträglich auszugestalten ist und den Zugang zu staatlichen Ausbildungseinrichtungen bei Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen auch unabhängig von den eigenen Besitzverhältnissen oder denen der Eltern fördern muss. Bei der Ausgestaltung des Ausbildungsförderungssystems kommt dem Gesetzgeber ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu.
3. Die in § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG gewährte Ausbildungsförderung entspricht diesen grundgesetzlichen Maßgaben. Die Bedarfsermittlung auf der Grundlage der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks ist ausreichend. Insbesondere hat der Gesetzgeber bei der Bemessung des Regelbedarfs zu Recht berücksichtigt, dass das bis zum 25. Lebensjahr gezahlte Kindergeld anrechnungsfrei gestellt worden ist und dass diese Leistung regelmäßig von den Eltern zur Unterstützung an ihre in der Ausbildung befindlichen Kinder weitergereicht wird. Weiter begegnet es keinen Bedenken, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass Auszubildende die Möglichkeit haben, durch gelegentliche Nebentätigkeiten einen Verdienst zu erzielen und so ihre finanzielle Situation zu verbessern.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 4. Kammer - vom 17. November 2016 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Beschluss ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höhere Leistungen zur Ausbildungsförderung als die, die ihr die Beklagte nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bewilligt hat.
Die Klägerin wurde am D. 19.. geboren und studierte nach ihrem Abitur im Jahr 2009 und einem freiwilligen sozialen Jahr von Oktober 2010 bis August 2011 zunächst an der Universität E. und von Oktober 2011 bis Juli 2014 an der Universität F., wo sie den Abschluss eines „Bachelor of Science“ im Fach Psychologie erlangte. Am 1. Oktober 2014 nahm sie bei der Beklagten ein Masterstudium in der Fachrichtung „Psychologie – Schwerpunkt klinische Psychologie“ auf. Am 7. Oktober 2014 beantragte sie Ausbildungsförderung bei der Beklagten. Diese bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 28. November 2014 für den Zeitraum Oktober 2014 bis September 2015 unter Anrechnung von Einkommen ihrer Eltern in Höhe von 521,51 Euro Ausbildungsförderungsleistungen in Höhe von 75,00 Euro monatlich. Nach Beendigung der Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem 25. Geburtstag der Klägerin am 26. Januar 2015 bewilligte die Beklagte ihr mit Änderungsbescheid vom 27. Februar 2015 für den Zeitraum Januar bis Februar 2015 Leistungen in Höhe von 148,00 Euro monatlich und hob den zuvor ergangenen Bescheid insoweit auf. Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 27. Februar 2015 lehnte die Beklagte, wiederum unter Aufhebung des zuvor ergangenen Bescheides, die Gewährung von Ausbildungsförderung für den Zeitraum März bis September 2015 ab, weil sich der Betrag des anzurechnenden elterlichen Einkommens nach Beendigung der Ausbildung der Schwester erhöht hatte und den Gesamtbedarf der Klägerin überstieg.
Unter dem Vorbehalt der Rückforderung bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Änderungsbescheiden vom 30. April 2015 für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2014 monatliche Leistungen in Höhe von 176,00 Euro und für den Zeitraum Januar bis Februar 2015 monatliche Leistungen in Höhe von 249,00 Euro aufgrund einer aktualisierten Einkommensmitteilung der Mutter der Klägerin, die zu einer Anrechnung elterlichen Einkommens nur noch in Höhe von 421,30 Euro monatlich führte. Für den Zeitraum März bis September 2015 lehnte die Beklagte wegen übersteigenden elterlichen Einkommens weiterhin die Gewährung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz ab. Frühere Bescheide bezüglich der jeweiligen Zeiträume hob die Beklagte auf.
Am 21. Mai 2015 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Ziel, für die Monate Oktober 2014 bis Februar 2015 höhere Leistungen zu erhalten. Ihre Klage hat die Klägerin im Wesentlichen damit begründet, dass der in § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG in der Fassung des Dreiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 24. Oktober 2010 (BGBl. I S. 1422) – 23. BAföGÄndG – festgelegte monatliche Bedarf von 373,00 Euro verfassungswidrig zu niedrig sei und daher das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt werden müsse, um eine verfassungsgerichtliche Überprüfung der genannten gesetzlichen Grundlage im Wege der konkreten Normenkontrolle zu erreichen. Der um Wohnkosten in Höhe von 224,00 Euro nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG erhöhte Bedarfssatz von 597,00 Euro sowie der um Kranken- und Pflegeversicherungskosten in Höhe von 73,00 Euro nach § 13 a BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG erhöhte Bedarfssatz von 670,00 Euro seien nicht ausreichend bemessen worden. Das gelte auch für den mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 durch das Fünfundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2475) – 25. BAföGÄndG – auf insgesamt 735,00 Euro (399,00 Euro nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG + 250,00 Euro nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG + 86,00 Euro nach § 13 a BAföG) erhöhten Maximalbedarf. Bei der Festsetzung des Ausbildungsbedarfs habe bis zur Einführung des § 11b Abs. 2 Satz 5 SGB II in der Fassung des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung – sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26. Juli 2016 (BGBl. I S. 1824) – 9. SGBIIÄndG – nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts davon ausgegangen werden müssen, dass 20% des jeweiligen BAföG-Höchstsatzes ohne den Bedarf für Kranken- und Pflegeversicherung, also 119,40 Euro (20% von 597,00 Euro nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG), zweckbestimmte Ausbildungskosten seien. Folglich müsse der Betrag von 119,40 Euro – jedenfalls aber der Betrag der von ihr, der Klägerin, tatsächlich nachgewiesenen Ausbildungskosten in Höhe von 65,01 Euro monatlich – bei der Berechnung, ob die gewährte Ausbildungsförderung das Existenzminimum erreiche, abgezogen werden. Das menschenwürdige Existenzminimum aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 GG sei nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 anhand der auf der Grundlage dieser Entscheidung neu festgelegten Regelbedarfe des SGB II und SGB XII zu ermitteln. Der danach maßgebliche Regelbedarf habe im streitigen Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2014 monatlich 391,00 Euro und ab dem 1. Januar bis zum 28. Februar 2015 monatlich 399,00 Euro betragen. Daran gemessen errechne sich für den streitigen Förderungszeitraum eine monatliche Differenz zwischen dem verfassungsmäßig garantierten Existenzminimum und der tatsächlich erhaltenen Ausbildungsförderung von 178,01 Euro (Oktober 2014), 163,01 Euro (November 2014), 111,77 Euro (Dezember 2014), 7,39 Euro (Januar 2015) und 4,15 Euro (Februar 2015) zu ihren Lasten. Auch aus einem Vergleich mit den Bedarfssätzen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ergebe sich, dass sie nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechende Leistungen der Ausbildungsförderung erhalten habe. Der Bedarf von Studierenden an existenznotwendigen Leistungen weiche nicht signifikant von dem anderer Bedürftiger ab. Die Studierenden zu gewährenden Leistungen habe der Gesetzgeber nicht folgerichtig in einem inhaltlich transparenten Verfahren anhand des tatsächlichen Bedarfs gerade dieser Gruppe belegt. Insbesondere gehe die gesetzliche Verpflichtung gemäß § 35 BAföG, die Bedarfssätze alle zwei Jahre zu überprüfen, von einem zu langen Zeitraum aus. Die Art und Weise der Ermittlung des BAföG-Bedarfs auf der Grundlage der vom Deutschen Studentenwerk (DSW) in regelmäßigen Abständen durchgeführten Sozialerhebungen entspreche nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Weder sei es zulässig, auf einen Durchschnittswert abzustellen, weil dieser auch die Ausgaben von unterhalb des Existenzminimums lebenden Studierenden berücksichtige, noch überzeuge die Sozialerhebung methodisch, weil sie nicht sämtliche dem Existenzminimum zugehörigen Ausgaben ermittle und sich nur an ledigen Studierenden außerhalb des Elternhauses („Normalstudenten“) orientiere. Auch Sozialgerichte hätten in Vorlagenbeschlüssen an das Bundesverfassungsgericht auf die Verfassungswidrigkeit der Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz hingewiesen. Der Unterhaltsbedarf von Studierenden nach der Düsseldorfer Tabelle sei deutlich höher ausgewiesen als nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Eine Erwerbsarbeit neben dem Studium werde von Zivilgerichten als überobligatorisch angesehen und dürfe daher auch ausbildungsförderungsrechtlich nicht gefordert werden. Sie könne zudem keine Leistungen anderer Sozialleistungssysteme beanspruchen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihr weitere Leistungen der Ausbildungsförderung für Oktober 2014 in Höhe von 178,01 Euro, für November 2014 in Höhe von 163,01 Euro, für Dezember 2014 in Höhe von 163,01 Euro, für Januar 2015 in Höhe von 7,39 Euro sowie für Februar 2015 in Höhe von 4,15 Euro zu bewilligen und den Bescheid der Beklagten vom 30. April 2015 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht,
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, ihr für den Zeitraum von Oktober 2014 bis Februar 2015 monatlich höhere Leistungen der Ausbildungsförderung zu bewilligen und den Bescheid der Beklagten vom 30. April 2015 aufzuheben, soweit er dem ent-gegen steht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat erwidert, dass der angegriffene Bescheid rechtmäßig sei. Es sei nicht ersichtlich sei, dass das Bundesausbildungsförderungsgesetz gegen höherrangiges Recht verstoße.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 17. November 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Verpflichtungsklage bereits daran scheitere, dass das Gericht der Klägerin grundsätzlich nicht mehr zusprechen könne als es gesetzlich vorgesehen sei. Zwischen den Beteiligten bestehe aber Einigkeit darüber, dass sich unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesausbildungsförderungsgesetzes ein höherer Anspruch der Klägerin nicht ergebe. Eine Aussetzung des Verfahrens, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Vereinbarkeit der in §§ 13 Abs. 1 bis 3, 13 a Abs. 1 und 2 BAföG genannten Förderbeträge mit dem Grundrecht auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG einzuholen, komme nicht in Betracht. Denn die Kammer sei von einer verfassungswidrigen Benachteiligung der Klägerin, insbesondere einem Verstoß gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, nicht überzeugt. Aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG folge nicht, dass Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gleich oder höher sein müssten als Leistungen nach dem SGB II. Die gerichtliche Kontrolle bei der Prüfung, ob der Gesetzgeber das menschenwürdige Existenzminimum ausreichend bemessen habe, habe sich darauf zu beschränken, ob die Leistungen evident unzureichend seien. Dafür biete die Festlegung des Bedarfssatz von 373,00 Euro nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG auf der Grundlage der in der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes getroffenen Feststellungen aber keine Anhaltspunkte; das habe auch das Verwaltungsgericht Halle, dem insoweit gefolgt werde, festgestellt. Die Ausgaben von Studierenden wiesen eine erhebliche Bandbreite auf, wobei ein Viertel der Studierenden für die der Untersuchung zugrundeliegenden Ausgabenpositionen lediglich 305,00 Euro monatlich aufwendeten. Daran gemessen sei es nachvollziehbar, wenn der Gesetzgeber von einem Betrag von 373,00 Euro monatlich ausgehe. Daran ändere es auch nichts, wenn man wie das Bundessozialgericht bei der Beurteilung zweckbestimmter Einnahmen im Sinne des SGB II 20% des BAföG-Bedarfssatzes für die Deckung ausbildungsbedingter Kosten ansetzen wollte. Denn es sei nicht verfassungsrechtlich geboten, von dem BAföG-Bedarfssatz 20% abzuziehen und den Restbetrag am Regelbedarf des SGB II zu messen. Vielmehr sei es zulässig, dass der Bedarfssatz nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG grundsätzlich anders als der Regelbedarf nach dem SGB II ermittelt werde. Der Wohnkostenbedarf nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG in Höhe von 224,00 Euro monatlich sei zwar in Ansehung der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes als recht niedrig anzusehen, weil danach das Viertel der Studierenden mit den geringsten Einnahmen durchschnittlich 245,00 Euro monatlich Wohnkosten habe. Evident unzureichend sei der Betrag allerdings nicht. Entsprechendes gelte auch für die in § 13 a BAföG angenommenen Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung. Der Gesetzgeber sei bei der Bestimmung der Höhe der Förderungsbeträge nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz auch den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Art und Weise der Bemessung des notwendigen Bedarfs gerecht geworden. Er habe mit den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes ein besonderes Sozialleistungssystem geschaffen, das Möglichkeiten und Grenzen einer individuellen Förderung der Hochschulausbildung durch den Staat grundsätzlich abschließend bestimme. Die Förderung sei auf die besondere Lebenssituation Studierender zugeschnitten. Es sei nicht zu beanstanden, dass sich die staatliche Ausbildungsförderung nicht am Durchschnittbedarf aller Studierenden, sondern eher am Durchschnittsbedarf des einkommensschwächsten Viertels der Studierenden orientiere. Es begründe keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, dass die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz regelmäßig niedriger seien als die nach dem SGB II. Denn nicht nur verfolgten diese Gesetze grundsätzlich unterschiedliche Zwecke, sondern die jeweils Leistungsberechtigten wiesen auch erhebliche Unterschiede auf. Auch wenn die unzureichende Fortschreibung der Leistungsparameter und Anpassung der Bedarfssätze zu Zweifeln Anlass gäben, führten diese Zweifel doch nicht zur Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der entsprechenden Normen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, weil die sich daraus ergebenden Leistungen jedenfalls nicht evident unzureichend seien. Das Bundesverwaltungsgericht habe zudem betont, dass in Einzelfällen, in denen die Leistung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz unzureichend bemessen sei, gelegentliche Nebentätigkeiten zur Aufbesserung der finanziellen Situation Studierenden zumutbar seien. Die Aufnahme von Nebentätigkeiten entspreche der Lebenswirklichkeit zahlreicher Studierender und werde überdies durch die Vorschriften über anrechnungsfreies monatliches Einkommen in § 23 BAföG berücksichtigt. Nicht zuletzt deshalb seien die im Bundesausbildungsförderungsgesetz vorgesehenen Bedarfssätze nicht evident unzureichend.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die vom Verwaltungsgericht nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassene Berufung eingelegt.
Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin zunächst ihren Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Darüber hinaus wendet sie ein, das Verwaltungsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum nicht allein die physische Sicherung der Existenz beinhalte, sondern auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sichern müsse. Der Fragebogen zur Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes erfasse nicht sämtliche relevanten Ausgabenpositionen wie Gesundheitspflege, Wohnungsinstandhaltung, Einrichtungsgegenstände für den Haushalt, Bildungswesen und andere Waren und Dienstleistungen, die nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2013 zusammen 73,36 Euro und nach der Fortschreibung der Regelbedarfe für 2015 80,48 Euro ausmachten. Zudem sei es unzulässig, den anhand der Ausgabenposition „KV/Arztkosten/Medikamente“ ermittelten Betrag unter Verweis auf den Kranken- und Pflegeversicherungszuschlag nach § 13 a BAföG in Abzug zu bringen, weil diese Ausgabenposition auch Ausgaben für Atteste (z.B. bei Prüfungsunfähigkeit), Selbstzahlungen bei Ärzten und Heilpraktikern, die Zuzahlungen für Medikamente und Heil- und Hilfsmittel sowie alle weiteren Zahlungen für Medikamente umfasse. Ohne diesen Abzug ergäben sich für das einkommensschwächste Viertel der Studierenden durchschnittliche Ausgaben von 354,00 Euro pro Monat (ohne Wohnkosten) anstelle der angenommenen 305,00 Euro monatlich. Genauso wenig wie der Gesetzgeber bei der Ermittlung der Regebedarfe nach dem Regelbedarfsermittlungsgesetz Haushalte einbeziehen dürfe, die auf SGB II/SGB XII-Niveau lebten, sei es unzulässig, sich bei der Ermittlung des BAföG-Bedarfs am ärmsten Viertel der Studierenden zu orientieren. Orientiere man sich am nächsthöheren Einnahmequartil, komme man rechnerisch bei vollständiger Nichtberücksichtigung der Ausgabenposition „KV/Arztkosten/Medikamente“ auf 374,00 Euro durchschnittlicher Ausgaben (ohne Miete) im Monat. Das entspreche zwar dem Bedarfssatz von 373,00 Euro nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG. Darin seien aber weder der nicht erfragte Semesterbeitrag noch die weiteren in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe erfragten Ausgabenpositionen, die in der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes keine Rolle spielten, berücksichtigt. Dass die Bundesregierung im 20. BAföG-Bericht nicht angegeben habe, welche Ausgaben in den Sozialerhebungen einbezogen würden, die über den maßgeblichen Bedarf hinausgingen (BT-Drs. 18/460 S. 51), komme einer Schätzung „ins Blaue hinein“ gleich und laufe einem Verfahren realitätsgerechter Ermittlung zuwider, so dass damit gegen Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG verstoßen worden sei. Den Normgeber treffe die Obliegenheit, seine Wertungen nachvollziehbar zu begründen. Dies gelte vor allem, wenn er von seiner selbstgewählten Methode abweiche. Es dürfe auch nicht davon ausgegangen werden, dass alle Studierenden mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Hochschule kommen könnten. Die im nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG festgelegten Bedarfssatz von 373,00 Euro unzweifelhaft enthaltenen Ausbildungskosten dürften nicht unberücksichtigt bleiben. Dagegen spreche auch nicht, dass dieser Bedarfssatz sich nicht ohne Weiteres mit dem Regelbedarf nach SGB II gleichsetzen lasse. Denn diese Erkenntnis lasse die Verpflichtung zur nachvollziehbaren Ermittlung des BAföG-Bedarfssatzes nicht entfallen. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Situation der Förderungsberechtigten nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz mit der der Leistungsberechtigten nach SGB II nicht vergleichbar sei, stehe entgegen, dass das Grundrecht auf Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums jederzeit, stets und für jedermann in Deutschland gelte. Der Gesetzgeber dürfe von einem niedrigeren Bedarf nicht ausgehen, solange nicht nachgewiesen sei, dass Studierende einen signifikant geringeren Bedarf hätten als SGB II-Leistungsempfänger. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der nach dem BAföG einbezogene Personenkreis sich in einem seiner Natur nach nur vorübergehenden Zustand der Ausbildung befinde. Denn die Bewilligungszeiträume nach dem SGB II seien mit regelmäßig sechs Monaten noch kürzer angelegt. Die Verbesserung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt aufgrund der Ausbildung rechtfertige zwar eine teilweise darlehensweise Gewährung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, nicht jedoch eine unter dem Existenzminimum liegende Leistungshöhe. Der Gesetzgeber habe eine Erhöhung des Zuschlags nach § 13 a BAföG versäumt, obwohl dieser nach der Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitrags zum 1. Januar 2015 evident unzureichend gewesen sei. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass die BAföG-Bedarfssätze im streitgegenständlichen Zeitraum nicht auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und eines schlüssigen Berechnungsverfahrens festgesetzt worden seien und dass ein jahrelanges Verschleppen der gebotenen Anpassungen verfassungswidrig sei. Soweit das Verwaltungsgericht darauf verwiesen habe, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 18. Juli 1994 (- 5 B 25.94 -) zur Verfassungsmäßigkeit des grundsätzlichen Ausschlusses der Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 26 BSHG für Auszubildende, deren Ausbildung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähig ist, weder den Ausschluss noch die Höhe der Bafög-Leistungen verfassungsrechtlich beanstandet habe, habe es unberücksichtigt gelassen, dass die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts deutlich höhere verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Gesetzgeber stelle. Dies gelte auch mit Blick auf die vom Verwaltungsgericht für berücksichtigungsfähig gehaltenen Nebenverdienste zahlreicher Studierender, weil damit unter dem verfassungsrechtlich garantierten menschenwürdigen Existenzminimum Ausbildungsförderungsleistungen nicht kompensiert werden dürften.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück – 4. Kammer – vom 17. November 2016 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 30. April 2015, soweit diese entgegenstehen, zu verpflichten, ihr für den Zeitraum von Oktober 2014 bis Februar 2015 monatlich höhere Leistungen der Ausbildungsförderung zu bewilligen und den Nachzahlungsbetrag nach Maßgabe von § 44 SGB I zu verzinsen,
und
das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht folgende Frage zur Entscheidung vorzulegen: Ist § 13 Abs. 1 Nr. 2 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) i.d.F.d. 23. BAföGÄndG vom 24. Oktober 2010 (BGBl. I S. 1422), die der Bekanntmachung der Neufassung vom 7. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1952, ber. 2012 I S. 197) zugrunde liegt, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern vom 29. August 2013 (BGBl. I S. 3484, ber. S. 389), insoweit mit Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG – Sozialstaatlichkeit – und dem sich daraus ergebenden Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar, als der Bedarf für Auszubildende in Hochschulen für die Zeit vom 1. Oktober 2014 bis 28. Februar 2015 auf einen Betrag von 373,00 Euro festgelegt wurde?
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält eine Aussetzung des Verfahrens nicht für geboten, weil der Gesetzgeber den ihm zukommenden Gestaltungsspielraum bei der Festlegung des Bedarfssatzes nicht überschritten habe. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Durchschnittswert studentischer Ausgaben nach der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes in Höhe von 430,00 Euro nicht mit dem studentischen Bedarf gleichgesetzt worden sei, da jener Ausgaben miteinbeziehe, die über diesen hinausgingen. Zutreffend habe das Verwaltungsgericht angenommen, dass ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu verneinen sei, weil die Situation der Förderungsberechtigten nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz mit der der Leistungsberechtigten nach dem SGB II nicht vergleichbar sei. Bei der Ermittlung des menschenwürdigen Existenzminimums seien die Zumutbarkeit der Aufnahme von Nebentätigkeiten für Studierende sowie der Inanspruchnahme zinsgünstiger Kreditangebote zu berücksichtigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Der Senat trifft diese Entscheidung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss (§ 130 a Satz 1 VwGO), weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die in der Stellungnahme der Klägerin vom 30. Oktober 2018 angekündigten Beweisanträge geben keine Veranlassung, eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Denn die unter Beweis gestellten Tatsachen gehen über eine Wiederholung des Sachvortrags der Klägerin, den diese durch die der Berufungsbegründung beigefügten Anlagen – die auch öffentlich erhältlich sind – näher belegt hat und die im Übrigen unstreitig und als wahr zu unterstellen sind, nicht hinaus. Daher ist offensichtlich, dass die angekündigten Beweisanträge abzulehnen wären.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für den Zeitraum von Oktober 2014 bis Februar 2015. Die Änderungsbescheide der Beklagten vom 30. April 2015, mit denen sie der Klägerin für Oktober bis Dezember 2014 monatliche Leistungen in Höhe von 176 Euro und für Januar bis Februar 2015 monatliche Leistungen in Höhe von 249 Euro bewilligt hat, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Beklagte ist bei der Berechnung der von ihr bewilligten Ausbildungsförderung für die Klägerin von dem in § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 BAföG in der Fassung des Dreiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 24. Oktober 2010 (BGBl. I S. 1422) – 23. BAföGÄndG – festgelegten monatlichen Bedarf für Auszubildende in Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen in Höhe von 373 Euro, erhöht um 224 Euro für monatliche Unterkunftskosten für nicht bei ihren Eltern wohnende Auszubildende, ausgegangen und hat für die Monate Januar und Februar 2015 den Kranken- und Pflegeversicherungszuschlag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG berücksichtigt, weil die Klägerin ab Januar 2015 aus Altersgründen aus der beitragsfreien Familienmitversicherung ausgeschieden ist. Auf diesen Bedarf der Klägerin hat die Beklagte das Einkommen der Eltern der Klägerin gemäß den §§ 11 Abs. 2, 21, 24 f. BAföG a.F. angerechnet. Dass die Beklagte den Bedarf der Klägerin anhand der maßgeblichen Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zutreffend ermittelt und das Einkommen der Eltern korrekt angerechnet hat, steht zwischen den Beteiligten außer Streit und ist vom Verwaltungsgericht auch zu Recht angenommen worden.
§ 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht, so dass die Klägerin keine weiteren Leistungen beanspruchen kann. Insbesondere hat der Gesetzgeber bei der Festlegung des monatlichen Bedarfs für Auszubildende in Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen auf 373 Euro die sich aus dem Grundgesetz ergebenden Anforderungen beachtet. Daher kommt die von der Klägerin beantragte Aussetzung des Verfahrens und Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG nicht in Betracht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 (- 1 BvL 1, 3, 4/09 -, BVerfGE 125, 175) zur Unvereinbarkeit der Regelleistung nach dem SGB II mit Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG aufgestellten Maßstäbe auf den ausbildungsförderungsrechtlichen monatlichen Bedarf von 373 Euro nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG nicht übertragbar. Die Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz ist insbesondere nicht an den gesteigerten verfahrensrechtlichen Vorgaben zu messen, die das Bundesverfassungsgericht in diesen Urteilen dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG für Leistungen nach dem SGB II und in einer spätere Entscheidung (BVerfG, Urt. v. 18.7.2012 - 1 BvL 10/10, 2/11 -, BVerfGE 132, 134) für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz entnommen hat. Es ist nicht erforderlich, dass eine Bedarfsermittlung in vergleichbarer Weise wie durch das Regelbedarfsermittlungsgesetz – RBEG – vorgesehen erfolgt. Vielmehr ist § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG in erster Linie am Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG, genauer an der sich in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsgebot aus Art. 20 Abs. 1 GG ergebenden teilhaberechtlichen Dimension dieses Grundrechts, zu messen. Denn der faktische Zwang, eine Ausbildung abbrechen zu müsse, weil keine Sozialleistungen die Existenz sichern, berührt gerade die teilhaberechtliche Dimension des Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.10.2014 - 1 BvR 886/11 -, juris Rn. 14; Beschl. v. 3.9.2014 - 1 BvR 1768/11 -, juris Rn. 24). Solange die Ausbildungsförderung aber so bemessen ist, dass der grundrechtliche Teilhabeanspruch an staatlich geschaffenen Ausbildungsangeboten verwirklicht wird, ist auch keine Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums bedürftiger Auszubildender anzunehmen.
Der Anspruch gegen den Staat auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, wie ihn das Bundesverfassungsgericht in seinen beiden Leitentscheidungen zum SGB II und zum Asylbewerberleistungsgesetz näher konturiert hat, setzt voraus, dass einem Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil er sie weder aus seiner Erwerbstätigkeit, noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter erhalten kann. In diesem Fall ist der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutze der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein dem Hilfebedürftigen zur Verfügung stehen. Dieser objektiven Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 GG korrespondiert ein Leistungsanspruch des Grundrechtsträgers, da das Grundrecht die Würde jedes individuellen Menschen schützt und diese in solchen Notlagen nur durch materielle Unterstützung gesichert werden kann (BVerfG, Urt. v. 9.2.2010, BVerfGE 125, 175, 222 f.; Urt. v. 18.7.2012, BVerfGE 132, 134 Rn. 63).
Ein Anspruch des Einzelnen auf individuelle Leistungen zur Förderung einer Ausbildung in Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen, auf die sich der Bedarf gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG bezieht, folgt aus diesem Grundrecht indessen nicht (vgl. Steinweg, in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 6. Aufl. 2016, § 11 Rn. 5a). Denn die Aufnahme einer solchen Ausbildung begründet keine Notlage, die Voraussetzung für den Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch den Staat ist. Vielmehr ist sie Ausdruck des grundrechtlichen Freiheitsrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG, die Ausbildungsstätte frei zu wählen, welches in engem Zusammenhang mit dem Recht der freien Berufswahl steht, da die Ausbildung in der Regel die Vorstufe einer Berufsaufnahme ist, beide also integrierende Bestandteile eines zusammengehörenden Lebensvorgangs darstellen (BVerfG, Beschl. v. 8.5.2013 - 1 BvL 1/08 -; BVerfGE 134, 1 Rn. 37). Das Gebrauchmachen von diesem grundrechtlich verbürgten Recht führt indessen nicht dazu, dass einem Auszubildenden die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil er sie weder aus seiner Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter erhalten kann. Denn die Entscheidung für eine Ausbildung in Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen beinhaltet – jedenfalls im Regelfall – gerade eine Entscheidung gegen die Aufnahme einer das Existenzminimum sichernden Erwerbstätigkeit. Daher ist es verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, wenn Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, vom Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, die – wie aus § 1 Abs. 1 SGB II hervorgeht – der Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums gerade dienen, gemäß § 7 Abs. 5 SGB II im Wesentlichen ausgeschlossen sind (BVerfG, Beschl. v. 8.10.2014 - 1 BvR 886/11 -, juris Rn. 13; Beschl. v. 3.9.2014 - 1 BvR 1768/11 -, juris Rn. 21 ff.). Der Ausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II führt ferner nicht dazu, dass die dem System der staatlichen Ausbildungsförderung zugrunde liegende Bedarfsermittlung in der gleichen Weise wie für Grundsicherungsleistungen zu erfolgen hat. Denn die Ausbildungsförderung verfolgt einen grundlegend anderen Zweck als staatliche Leistungen, die vor allem der Vermeidung existenzieller Armut dienen. Wird der hinter der Ausbildungsförderung liegende Zweck, der auf eine Teilhabe auch bedürftiger Auszubildender entsprechend ihrer Neigung, Eignung und Leistung am staatlichen Ausbildungssystem gerichtet ist, durch die Methode der Bedarfsermittlung und die Ausgestaltung der Förderung nicht offensichtlich verfehlt, besteht kein Anlass anzunehmen, dass das Verfahren zur Ermittlung der Bedarfe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes nicht auch mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums in Einklang steht. Bei Beachtung dieser Vorgaben begegnet die grundsätzlich abschließende Erfassung des Bedarfs eines Auszubildenden durch das besondere Sozialleistungssystem des Bundesausbildungsförderungsgesetzes folglich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.10.2014 - 1 BvR 886/11 -, juris Rn. 14; Beschl. v. 3.9.2014 - 1 BvR 1768/11 -, juris Rn. 24; BVerwG, Urt. v. 17.12.2015 - 5 C 8.15 -, BVerwGE 153, 386 Rn. 24; Beschl. v. 18.7.1994 - 5 B 25.94 -, Buchholz 436.0 § 26 BSHG Nr. 13).
Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip verpflichten den Gesetzgeber, im Bereich des Zugangs zu staatlich geschaffenen Ausbildungseinrichtungen wie den in § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG genannten Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen für die Wahrung gleicher Bildungschancen zu sorgen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.5.2013, BVerfGE 134, 1 Rn. 40; Urt. v. 26.1.2005 - 2 BvF 1/03 -, BVerfGE 112, 226, 245). Die Verfassung gebietet hingegen nicht den Ausgleich jeglicher sozialen, insbesondere ökonomischen, Ungleichheit, die auch in der familiären, sozialen oder individuellen Herkunft der Ausbildungswilligen ihre Ursache haben kann. Der Gesetzgeber darf diese Umstände jedoch nicht völlig unberücksichtigt lassen, soweit sie zu ungleichen Ausbildungschancen führen. Das Teilhaberecht setzt nämlich ein sozial verträgliches, also entweder ein grundsätzlich für alle finanziell tragbares oder aber ein um ein Ausbildungsförderungssystem ergänztes Ausbildungsangebot voraus, das allen dazu Befähigten eine Ausbildung an einer Höheren Fachschule, Akademie und Hochschule ermöglicht und den Zugang zu dieser Ausbildung nicht von den Besitzverhältnissen der Eltern abhängig macht (BVerfG, Beschl. v. 8.5.2013, BVerfGE 134, 1 Rn. 41 f.; BVerwG, Urt. v. 29.4.2009 - 6 C 16.08 -, BVerwGE 134, 1 Rn. 20; vgl. auch Urt. v. 25.7.2001 - 6 C 8.00 -, BVerwGE 115, 32, 37; Urt. v. 23.10.1996 - 6 C 1.94 -, BVerwGE 102, 142, 147). Der Gesetzgeber hat den Zugang zu Einrichtungen zur Ausübung grundrechtlicher Freiheit insgesamt so zu gestalten, dass die sozialen Gegensätze hinreichend ausgeglichen werden und soziale Durchlässigkeit gewährleistet wird (BVerfG, Beschl. v. 8.5.2013, BVerfGE 134, 1 Rn. 42). Für die verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässige Erhebung von Studiengebühren folgt aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsgebot aus Art. 20 Abs. 1 GG, dass diese den Zugang zu staatlich geschaffenen Ausbildungseinrichtungen nicht prohibitiv gestalten und keine unüberwindliche soziale Barriere vor dem Zugang zur Ausbildungseinrichtung errichten dürfen (BVerfG, Beschl. v. 8.5.2013, BVerfGE 134, 1 Rn. 40; BVerwG, Urt. v. 29.4.2009, BVerwGE 134, 1 Rn. 20; Urt. v. 25.7.2001, BVerwGE 115, 32, 37). Vielmehr müssen sie durch den Gesetzgeber, dem insoweit ein erheblicher Gestaltungsspielraum zukommt, sozial verträglich ausgestaltet werden, etwa durch ihre Höhe, durch Stipendien, spezielle Studienkredite und durch Härte- und Ausnahmeregelungen (BVerfG, BVerfG, Beschl. v. 8.5.2013, BVerfGE 134, 1 Rn. 43; zur Gesetzeslage in Niedersachsen vor Abschaffung der allgemeinen Studiengebühren: Senatsbeschl. v. 19.8.2010 - 4 LC 757/07 -, NdsVBl. 2010, 369). Entscheidet sich der Gesetzgeber für die Errichtung eines staatlichen Systems der individuellen Ausbildungsförderung zur Sicherung der Teilhabe am staatlichen Ausbildungsangebot, wie er es mit dem Erlass des Bundesausbildungsförderungsgesetzes getan hat, folgt aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsgebot aus Art. 20 Abs. 1 GG, dass dieses System im Rahmen der vorhandenen finanziellen Möglichkeiten sozial verträglich auszugestalten ist und den Zugang zu staatlichen Ausbildungseinrichtungen bei Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen auch unabhängig von den eigenen Besitzverhältnissen oder denen der Eltern fördern muss (vgl. Ramsauer, in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 6. Aufl. 2016, § 1 Rn. 23 f.). Bei der Ausgestaltung des Ausbildungsförderungssystems kommt dem Gesetzgeber ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu.
Der Senat hat keine Zweifel daran, dass § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG den grundgesetzlichen Maßgaben entspricht.
Der in § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG festgelegte Bedarfssatz von 373 Euro, der den Bedarf für die Unterkunft des Auszubildenden nicht umfasst, ist Teil eines Gesamtförderungssystems, der nicht isoliert zu betrachten ist. Vielmehr besteht die Ausbildungsförderung aus zwei hauptsächlichen Leistungsparametern, nämlich den Bedarfssätzen und den Freibeträgen, die unterschiedliche Steuerungsfunktionen entfalten und in Wechselwirkung zueinander stehen. Die Gesamtförderungsstruktur wird durch beide Parameter gleichermaßen bestimmt. Eine isolierte Anhebung der Bedarfssätze lässt zwar alle bereits geförderten Auszubildenden in den Genuss höherer Leistungen kommen. Sie kommt aber denjenigen Auszubildenden, deren Eltern Einkommen erzielen, das die absoluten Freibeträge übersteigt, nicht zugute. Zu beachten ist auch, dass der Realwert des unveränderten absoluten Freibetrags entsprechend der Steigerung der Lebenshaltungskosten sinkt, also die Bedürftigkeit auch bei gleichbleibendem Einkommen zunehmen kann. Eine isolierte Anhebung der Freibeträge vermehrt hingegen die Zahl der Vollgeförderten und bezieht ein entsprechend höheres Einkommensniveau in die Teilförderung ein. Für Auszubildende mit Eltern, die ein so geringes Einkommen erzielen, dass es die absoluten Freibeträge nicht übersteigt, wirkt sich eine weitere Anhebung der Freibeträge indessen nicht aus; entsprechendes gilt für eine isolierte Anhebung der Sozialpauschalen (vgl. Unterrichtung durch die Bundesregierung – Achtzehnter Bericht nach § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zur Überprüfung der Bedarfssätze, Freibeträge sowie Vomhundertsätze und Höchstbeträge nach § 21 Absatz 2 BAföG, BT-Drs. 17/485 v. 19.1.2010, S. 39). Der Vierte Bericht nach § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zur Überprüfung der Bedarfssätze, Freibeträge sowie Vomhundertsätze und Höchstbeträge nach § 21 Absatz 2 BAföG (BT-Drs. 9/206 v. 26.2.1981, S. 4), auf den der 18. BAföG-Bericht, der dem 23. BAföGÄndG vorausgegangen ist, sowie alle weiteren seither erstellten BAföG-Berichte verweisen, kommt daher zu folgendem Schluss:
„Für jede Veränderung der Leistungsparameter gilt: Eine isolierte oder ungleichmäßige Änderung einzelner Werte verändert die Struktur des Kreises der Geförderten. (…) Hieraus folgt: Nur eine gleichzeitige, koordinierte Anpassung aller Leistungsparameter vermeidet eine Veränderung der Förderungsstruktur. (…)“
Dieser Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Leistungsparametern einerseits und der Struktur des Kreises der Geförderten andererseits verdeutlicht, dass der Gesetzgeber sich bei der sozialverträglichen Ausgestaltung der Ausbildungsförderung in dem von ihm gewählten Förderungssystem im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten unterschiedlicher Ansätze mit jeweils eigenständiger Steuerungsfunktion bedient. Beide Leistungsparameter, also sowohl der Bedarfssatz als auch die Freibeträge, verwirklichen das grundrechtlich geforderte Teilhaberecht, indem der jeweilige Bedarfssatz eine bestimmte Maximalhöhe der Förderung festschreibt und die Freibeträge sicherstellen, dass die Ausbildungsförderung auch einen ausreichend großen Kreis von Auszubildenden erreicht. Eine Erhöhung des Bedarfssatzes kommt damit vor allem den besonders sozial bedürftigen Studierenden und ihren Familien zugute, während eine Erhöhung der Freibeträge den Kreis der förderungsfähigen Auszubildenden vergrößert und damit einer größeren Anzahl von Auszubildenden den Zugang zur Ausbildungsförderung ermöglicht. Wie diese beiden Leistungsparameter zwecks Sicherung der Teilhabe am bestehenden Ausbildungsangebot im Einzelnen ausbalanciert werden, unterliegt dem gesetzgeberischen Gestaltungsermessen. Es ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber sich dafür entscheidet, die Förderungsstruktur zugunsten des einen oder anderen Leistungsparameters zu verschieben, wie er es etwa mit dem Ausbildungsförderungsreformgesetz vom 19. März 2001 (BGBl. I, S. 390 - AföRG) getan hat, indem er die absoluten Freibeträge für Einkommensbezieher massiv angehoben und die bis dahin in § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BAföG vorgeschriebene Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen abgeschafft hat. Die Nichtanrechnung des Kindergelds hat die gleiche Wirkung wie eine (weitere) Anhebung der Freibeträge (Entwurf eines Gesetzes zur Reform und Verbesserung der Ausbildungsförderung – Ausbildungsförderungsreformgesetz, BT-Drs. 14/4731 v. 24.11.2000, S. 21). Die durch die deutliche Anhebung der Freibeträge bewirkte Verschiebung der Förderungsstruktur lässt sich etwa der dem 18. BAföG-Bericht beigefügten Übersicht zur Entwicklung der Bedarfssätze und Freibeträge im Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten und der Einkommensentwicklung entnehmen (Übersicht 28 auf S. 38): Während der Index des Bedarfssatzes sich in der Zeit von 1991 bis 2008 in etwa vergleichbar zum Index der Entwicklung des Netto-Einkommens verhalten hat, ist der Index der Freibeträge aufgrund des Sprungs im Jahr 2001 überproportional stark angestiegen. Auch in den Gefördertenzahlen ist die Verschiebung der Förderungsstruktur im Jahr 2001 sichtbar: So ist die Zahl der geförderten Studierenden von 2000 auf 2001 um rund 14% von 232.000 auf 265.000 angestiegen (15. BAföG-Bericht, BT-Drs. 15/890 v. 22.4.2003, S. 7).
Der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum, der die Befugnis zur Betonung des einen oder anderen Leistungsparameters umfasst, ist erst dann verlassen, wenn in der Gesamtschau aller Leistungsparameter die sich aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsgebot aus Art. 20 Abs. 1 GG ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine auf sozial verträgliche Teilhabe gerichtete Ausgestaltung des Ausbildungsförderungsrechts nicht mehr gegeben sind. Bezogen auf den Bedarf nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG wäre dies dann anzunehmen, wenn dieser so niedrig angesetzt wäre, dass auch in der Zusammenschau mit einer regelmäßig zu erwartenden, insbesondere durch die Nichtanrechnung des Kindergeldes geförderten elterlichen Unterstützung und/oder zumutbar erzielbaren, eigenen Einkünften des Auszubildenden die Durchführung der geförderten Ausbildung allein aus wirtschaftlichen Gründen offensichtlich nicht möglich wäre. Davon, dass die aufgrund des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bereitgestellte Förderung diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen an ein auf Teilhabe ausgerichtetes Ausbildungsförderungssystem nicht genügen würde, kann indes keine Rede sein.
Das im Bundesausbildungsförderungsgesetz vorgesehene Ermittlungsverfahren gibt keinen Anlass zu verfassungsrechtlichen Zweifeln. Der Bedarfssatz nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG wird zusammen mit den Freibeträgen sowie den Vomhundertsätzen und Höchstbeträgen nach § 21 Abs. 2 BAföG gemäß § 35 Satz 1 BAföG alle zwei Jahre überprüft und durch Gesetz gegebenenfalls neu festgesetzt. Dabei ist nach § 35 Satz 2 BAföG der Entwicklung der Einkommensverhältnisse und der Vermögensbildung, den Veränderungen der Lebenshaltungskosten sowie der finanzwirtschaftlichen Entwicklung Rechnung zu tragen. Die Überprüfung erfolgt anhand der nach § 35 Satz 3 BAföG zu erstellenden Berichte der Bundesregierung, die auch Aussagen zur Bedarfsermittlung enthalten. Dabei stützt sich die Bundesregierung maßgeblich auf die im Dreijahresturnus durchgeführte Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (http://www.sozialerhebung.de), anhand derer durch die Befragung einer Stichprobe der zum Befragungszeitpunkt immatrikulierten Studierenden an den deutschen Hochschulen die regelmäßigen Ausgaben eines „Normalstudenten“, d.h. eines außerhalb des Elternhauses lebenden ledigen Studierenden im Erststudium, für acht ausgewählte Positionen der Lebensführung (Miete einschließlich Nebenkosten, Ernährung, Kleidung, Lernmittel, Mobilität, Gesundheit, Kommunikation und Freizeit/Kultur/Sport) ermittelt werden (vgl. 18. BAföG-Bericht, a.a.O., S. 45; 19. BAföG-Bericht, BT-Drs. 17/8498 v. 23.1.2012, S. 47 f.; 20. BAföG-Bericht, BT-Drs. 18/460 v. 4.2.2014, S. 50 f.; zuletzt 21. BAföG-Bericht, BT-Drs. 19/275 v. 14.12.2017, S. 59 f.). Dadurch ist gewährleistet, dass die tatsächlichen Lebensverhältnisse der Auszubildenden bei der Bestimmung des monatlichen Bedarfs nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG durch den Gesetzgeber Berücksichtigung finden. Eine Ermittlung des Bedarfs, die sich methodisch an der Ermittlung der Regelbedarfe des SGB II und SGB XII orientiert, ist entgegen der Ansicht der Klägerin verfassungsrechtlich nicht geboten. Denn für die mit der Ausbildungsförderung verfolgte Teilhabesicherung ist eine an den tatsächlichen Ausgaben für diejenigen Positionen, welche die studentische Lebensführung wesentlich bestimmen, orientierte, nachvollziehbare empirische Ermittlung, wie sie die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks darstellt, ausreichend.
Nicht zu beanstanden ist es, dass die sich aus der Sozialerhebung ergebenden durchschnittlichen Ausgaben in den BAföG-Berichten nicht mit dem sozialleistungsrechtlichen Bedarf gleichgesetzt werden, da sie einen Durchschnittswert wiedergeben und auch Ausgaben einbeziehen, die über den von einer steuerfinanzierten Sozialleistung zu berücksichtigenden Bedarf hinausgehen (18. BAföG-Bericht, a.a.O., S. 45; 19. BAföG-Bericht, a.a.O., S. 47; 20. BAföG-Bericht, a.a.O., S. 51; vgl. auch 21. BAföG-Bericht, BT-Drs. 19/275 v. 14.12.2017, S. 59 f.). Diese Bewertung ist nicht nur ohne Weiteres nachvollziehbar; aus der Sozialerhebung ergibt sich zudem regelmäßig, dass ein erheblicher Anteil der befragten Studierenden deutlich geringere Ausgaben hat. Daraus folgt, dass eine sozial ausgewogene Teilhabesicherung auch durch eine Ausbildungsförderung unterhalb der studentischen Durchschnittsausgaben gewährleistet werden kann.
Ebenfalls nicht zu beanstanden ist es, dass die Bedarfsermittlung in den neueren BAföG-Berichten auch das anrechnungsfreie Kindergeld einbezieht und davon ausgeht, dass es bei einer Weiterreichung durch die Eltern den Finanzierungsspielraum der Auszubildenden erhöht (18. BAföG-Bericht, a.a.O., S. 45; 19. BAföG-Bericht, a.a.O., S. 47 f.; 20. BAföG-Bericht, a.a.O., S. 51; 21. BAföG-Bericht, BT-Drs. 19/275 v. 14.12.2017, S. 60). Denn hierin kommt gerade das Zusammenspiel der unterschiedlichen Leistungsparameter in der Gesamtförderungsstruktur des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zum Ausdruck. Die Teilhabe sozial schwächerer Auszubildender wird auch nicht dadurch in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise eingeschränkt, dass eine Weiterreichung von Kindergeld für Auszubildende ab Erreichung eines bestimmten Alters, in aller Regel 25 Jahre, von vornherein nicht in Betracht kommt, weil der Anspruch auf Kindergeld erloschen ist. Insoweit ist nämlich eine typisierende Betrachtungsweise eben eines „Normalstudenten“, also eines außerhalb des Elternhauses lebenden, ledigen Studierenden im Erststudium, der üblicherweise unter 25 ist, zulässig. Außerdem ist mit der Vollendung des 25. Lebensjahres ein Lebensalter erreicht, in dem zunehmende ökonomische Selbständigkeit erwartet werden kann und auch regelmäßig vorliegt. Der Umstand, dass nicht in jedem Fall mit einer Weiterreichung des Kindergeldes zu rechnen ist, führt gleichfalls nicht zur einer verfassungswidrigen Einschränkung der Teilhabe. Denn auch hier durfte der Gesetzgeber typisierend davon ausgehen, dass eine Unterstützung des Auszubildenden durch den kindergeldberechtigten Elternteil über den Bezug von Ausbildungsförderungsleistungen hinaus zum sozial Üblichen gehört.
Zuletzt darf der Gesetzgeber bei der Bemessung des Regelbedarfs – wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist – berücksichtigen, dass es einem Auszubildenden grundsätzlich zumutbar ist, durch gelegentliche Nebentätigkeit einen Verdienst zu erzielen und so seine finanzielle Situation zu verbessern. Darauf weist auch das Bundesverwaltungsgericht, dem der Senat folgt, in ständiger Rechtsprechung hin (BVerwG, Urt. v. 17.12.2015, BVerwGE 153, 386 [BVerwG 17.12.2015 - BVerwG 5 C 8.15] Rn. 25; Beschl. v. 18.7.1994, Buchholz 436.0 § 26 BSHG Nr. 13 m.w.N.). Die Ausübung einer Nebentätigkeit steht einer Teilhabe an den staatlichen Ausbildungsmöglichkeiten nicht entgegen. Sie entspricht – jedenfalls unter Studierenden – vielmehr der Lebenswirklichkeit einer Mehrheit der Auszubildenden. Nach der 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks erzielten 61% der Studierenden in den Jahren 2012 und 2016 eigenen Verdienst aus Tätigkeiten während des Studiums (http://www.sozialerhebung.de/download/21/Soz21_hauptbericht.pdf, S. 42 Bild 4.6).
Für den von der Klägerin für verfassungswidrig gehaltene Bedarfssatz nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG in Höhe von 373 Euro monatlich ergibt sich, dass dieser zwar unter dem Regelbedarf der Regebedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB II in Höhe von 391 Euro (2014) bzw. von 399 Euro (2015) lag. In der Zusammenschau mit dem Kindergeld (für das erste und zweite Kind) in Höhe von 184 Euro (2014) bzw. 188 Euro (2015) ist jedoch ohne Zweifel – selbst bei Berücksichtigung etwaiger ausbildungsbedingter Mehrausgaben – eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Ausbildungsförderung anzunehmen. Dasselbe gilt für den Fall, dass man anstelle des Kindergeldes den Freibetrag vom Einkommen des Auszubildenden nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG i.d.F.d. 23. BAföGÄndG in Höhe von 255 Euro monatlich in die Betrachtung miteinbezieht.
Auch im Übrigen verstößt § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG nicht gegen höherrangiges Recht. Insbesondere gebietet der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG keine Angleichung der Bedarfe, die die verschiedenen sozialen Leistungssysteme vorsehen. Denn der Gesetzgeber verfolgt mit ihnen unterschiedliche Zwecke und die Leistungsgewährung ist an jeweils eigenständige Anspruchsvoraussetzungen geknüpft.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2 und 188 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.