Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.03.2011, Az.: 13 PA 5/11

Lebensversicherung als einzusetzendes Vermögen i.R.d. Bewilligung von Prozesskostenhilfe trotz prekärer Einkommenssituation

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.03.2011
Aktenzeichen
13 PA 5/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 12369
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2011:0315.13PA5.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 21.12.2010 - AZ: 6 A 60/10

Verfahrensgegenstand

Wirtschaftliche Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe;
hier: Lebensversicherung

Amtlicher Leitsatz

Einzelfall, in der eine Lebensversicherung als einzusetzendes Vermögen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe trotz ansonsten prekärer Einkommenssituation entgegensteht.

Aus dem Entscheidungstext

1

Die zulässige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2010, mit dem dieses es abgelehnt hat, für das beabsichtigte erstinstanzliche Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, hat im Ergebnis keinen Erfolg. Auf die Frage hinreichender Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage kommt es nicht entscheidend an. Nach § 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter nur dann Prozesskostenhilfe für ein (beabsichtigtes) Klageverfahren, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe lassen sich nach den von der Klägerin abgegebenen Erklärungen vom 27. Februar 2010 und vom 12. August 2010 nebst den beigefügten Belegen nicht feststellen bzw. liegen nicht vor.

2

Zwar weist die Klägerin darauf hin, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts eines der beiden Kraftfahrzeuge im Juni 2010 veräußert worden sei und nur noch ein 1995 zugelassenes und 2004 erworbenes Fahrzeug mit einem angenommenen Verkehrswert von 1.500,00 EUR vorgehalten werde. Auch trägt sie - jedenfalls indirekt - vor, dieses Fahrzeug für die Berufsausübung zu benötigen. Die Antragstellerin macht nämlich als Werbungskosten Fahrkosten i. H. v. 200,00 EUR pro Monat geltend, womit sie offenbar vortragen will, dass sie seit August 2010 von ihrem Wohnort B. täglich nach C. fährt, wo sie eine sozialversicherungsrechtlich geförderte Umschulung zur Steuerfachangestellten absolviert. Ob damit das auf den Ehemann zugelassene Kraftfahrzeug bereits nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII nicht mehr verwertet werden muss, kann ebenso dahinstehen, wie die Frage, ob die vom Ehemann der Klägerin bereits vor der Eheschließung erworbene 90 m2 große Eigentumswohnung unter die Schonvorschrift des§ 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII fällt. Gleiches gilt für die Frage, ob die Eigentumswohnung als Vermögensgegenstand des Ehemanns der Klägerin (vgl. Beiheft PKH Bl. 10 - 12) im Rahmen eines Prozesskostenvorschusses nach § 1360a Abs. 4 BGB überhaupt zur Verfügung stehen kann. Es ist nämlich davon auszugehen, dass die Klägerin die Kosten der Prozessführung bereits aus ihrem eigenen Vermögen aufbringen kann. Ihr eigenes Einkommen und ein gegen ihren Ehemann gerichteter Prozesskostenvorschuss nach § 1360a Abs. 4 BGB aus dessen Einkommen - der ebenfalls einen Vermögenswert der Klägerin i. S. d. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO darstellen würde - reichen hingegen nicht aus, um die Kosten der Prozessführung ganz, zum Teil oder in Raten aufbringen zu können.

3

1.

Hinsichtlich der Einkommenssituation der Klägerin und ihres Ehemannes gilt insoweit Folgendes:

4

a)

Die Klägerin erhält laut Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 16. Juni 2010 (Beiheft PKH Bl. 90) ein Übergangsgeld von 14,84 EUR kalendertäglich, mithin bei Zugrundelegung von 30 Tagen pro Monat 445,20 EUR monatlich. Als Abzugsbeträge i. S. d. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 a) i. V. m. § 82 Abs. 2 SGB XII fallen an Krankenversicherungsbeiträgen im Rahmen der Mitversicherung bei ihrem Ehemann durch die D. (Beiheft PKH Bl. 72) 46,21 EUR an; auf zwei Lebensversicherungsverträge bei der E. (ehemals F.) werden pro Monat 227,68 EUR (162,80 EUR auf den Vertrag 25.648.434-2 und 64,88 EUR auf den von der Klägerin als "Rentenversicherung" bezeichneten Vertrag 25.648.434-3) gezahlt. Das verbleibende Einkommen von 171,30 EUR würde schon in Anbetracht der Unterhaltsfreibeträge des § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ZPO ersichtlich auch dann vollständig "aufgezehrt", wenn die Zahlungen auf die Lebensversicherungen ganz oder teilweise wegen Unangemessenheit unberücksichtigt blieben.

5

b)

#Das Einkommen des Ehemanns der Klägerin kann nicht auf Basis einer Gesamtbetrachtung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Ehegatten in die Berechnung einbezogen werden (vgl. etwa Musielak, ZPO, 7. Aufl., § 115 Rdnr. 2), sondern ist nur im Rahmen eines Prozesskostenvorschusses nach § 1360a Abs. 4 BGB zu prüfen. Nach Satz 1 dieser Bestimmung ist in dem Fall, dass ein Ehegatte nicht in der Lage ist, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Das Vorliegen einer persönlichen Angelegenheit der Klägerin steht bei einer auf eine Verpflichtung des Beklagten zu ihrer Einbürgerung gerichteten Klage außer Frage. Hinsichtlich der Billigkeit gilt, dass ein Ehegatte, der - wenn er den Prozess selbst führen müsste - Anspruch auf ratenfreie Prozesskostenhilfe hätte, nicht vorschusspflichtig ist; wer jedoch bei eigener Prozessführung Anspruch auf Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung hätte, ist - allerdings höchstens in den Grenzen dieser Raten - vorschusspflichtig (vgl. Musielak, ZPO, § 115 Rdnr. 37 m. w. N.; BGH, Beschl. v. 04.08.2004 - XII ZA 6/04 -, [...] Rdnrn. 15 ff.). Vorliegend würde das Einkommen des Ehemanns der Klägerin im Falle einer eigenen Klage indessen auch für eine Zahlung von Raten nicht ausreichen. Er erhält nach Angaben der Klägerin ein Krankengeld von 66,00 EUR kalendertäglich; mithin bei Zugrundelegung von 30 Tagen pro Monat 1.980,00 EUR monatlich. Davon werden als Abzugsbeträge i. S. d. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 a) i. V. m. § 82 Abs. 2 SGB XII Beiträge zur privaten Krankenversicherung bei der D. i. H. v. 440,55 EUR, Beiträge zu einer Krankenpflegezusatzversicherung bei der G. i. H. v. 25,26 EUR (Beiheft PKH Bl. 106), Beiträge zu zwei Lebensversicherungen bei der D. (Beiheft PKH Bl. 111) i. H. v. 194,11 EUR (30,53 EUR auf den Vertrag 73590857.0 und 163,58 EUR auf den Vertrag 73036929.8) sowie Beiträge zu einer Unfallversicherung bei der H. (Beiheft PKH Bl. 108) i. H. v. 51,31 EUR entrichtet. Ein Freibetrag für Erwerbstätige nach§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b) ZPO steht dem Ehemann der Klägerin nicht zu. Bringt man von den mithin verbleibenden 1.268,77 EUR die Unterhaltsfreibeträge nach § 115 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO i. V. m. der Bekanntmachung zu § 115 der Zivilprozessordnung vom 10. Juni 2010 (- PKHB 2010 -, BGBl. I 2010, 795) in Abzug, ergibt sich Folgendes: Für die Klägerin und ihren Ehegatten sind jeweils 395,00 EUR und für die Tochter (mindestens, vgl. § 115 Abs. 1 Satz 8 ZPO) 276,00 EUR abzusetzen, so dass ein Betrag von 202,77 EUR verbleibt. Bei weiterer Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO bedarf es keiner näheren Prüfung der Frage, ob die insoweit geltend gemachten tatsächlichen Beträge (1.436,91 EUR für das Immobiliendarlehen und 330,00 EUR Nebenkosten) angemessen sind. Selbst bei einer Kürzung auf insoweit angemessene Beträge würde das Einkommen des Ehemanns der Klägerin gänzlich "aufgezehrt"; dies würde auch dann gelten, wenn eine der in Abzug gebrachten Versicherungen als (teilweise) unangemessen zu beurteilen wäre.

6

2.

Allerdings steht der Klägerin in Gestalt (mindestens) einer Lebensversicherung ein Vermögenswert zur Verfügung, deren Einsatz für die Prozessführung ihr zumutbar ist (§ 115 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 90 SGB XII).

7

a)

Nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob der Einsatz einer Lebensversicherung unzumutbar ist und eine Härte im Sinne von § 115 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 3 SGB XII darstellt, jeweils anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls zu beantworten. Dabei ist abgesehen von bereits nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII geschütztem Kapital und seiner Erträge ("Riester-Rente") eine Lebensversicherung grundsätzlich für die Prozesskosten zu verwerten, soweit ihr durch Kündigung, Verkauf oder Beleihung erzielbarer Wert das Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b) der Verordnung zu§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 11. Februar 1988 (BGBl. I, 150) i. d. F. des Art. 15 Nr. 1 des Gesetzes vom 27.12.2003 (BGBl. I, 3022)) übersteigt. §§ 115 Abs. 3 ZPO, 90 SGB XII gehen vom Grundsatz der Einsetzbarkeit des gesamten Vermögens aus und regeln den Schutz einzelner Vermögensbestandteile als Ausnahme besonders. Wenn der einzelne Vermögensgegenstand nicht ausdrücklich vom Einsatz ausgenommen wird, kann sich eine Unverwertbarkeit nur dann ergeben, wenn die Verwertung i. S. v. § 90 Abs. 3 SGB XII eine Härte darstellen würde (vgl. zu diesen Maßstäben im Einzelnen ausführlich: BGH, Beschl. v. 09.06.2010 - XII ZB 55/08 -, [...]).

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b)

Gemessen an diesen Maßstäben muss die Klägerin (zumindest) ihre bei der E. (ehemals F.) bestehende Lebensversicherung mit der Vertragsnummer 25.648.434- 4 (vgl. Beiheft PKH Bl. 132 - 134) für die beabsichtigte Prozessführung verwerten. Bei dieser Lebensversicherung handelt es sich um eine von insgesamt drei Lebensversicherungsverträgen der Klägerin bei der E.; daneben bestehen die bereits o. g. Versicherungen mit den Vertragsnummern 25.648.434- 2 (monatliche Zahlung 162,80 EUR) und der Vertragsnummer 25.648.434- 3 (monatliche Zahlung 64,88 EUR; von der Klägerin als "Rentenversicherung" bezeichnet). Auf die Versicherung mit der Vertragsnummer 25.648.434- 4 werden keine Beiträge mehr entrichtet; sie ist seit dem 1. Februar 2010 beitragsfrei gestellt. Sie läuft seit dem 1. April 2004 und weist eine beitragsfreie Versicherungssumme von 2631,00 EUR auf. Damit liegt die beitragsfreie Versicherungssumme knapp unterhalb derjenigen, die sich nach Ablauf von sechs Versicherungsjahren ergeben hätte (2.747,00 EUR) und die mit einem Rückkaufwert von 2.367,00 EUR verbunden gewesen wäre (vgl. Beiheft PKH Bl. 134). Daraus folgt, dass der Rückkaufwert bei der erreichten beitragsfreien Versicherungssumme i. H. v. 2631,00 EUR etwas unterhalb von 2.367,00 EUR liegt. Diese Lebensversicherung ist im Jahre 2004 zur Anlage vermögenswirksamer Leistungen abgeschlossen worden und nicht als "Riester-Rente", so dass sie nicht dem Schutz des § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII unterfällt. Dies lässt sich im Übrigen auch nicht für die beiden anderen Lebensversicherungen der Klägerin bei der E. feststellen, obwohl die Klägerin den Versicherungsvertrag Nr. 25.648.434- 3 als "Rentenversicherung" bezeichnet. Die bloße Absicht, dass eine Lebensversicherung der Alterssicherung dienen soll, reicht für den Eintritt des Schutzes des § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII nicht aus, wenn das Kapital auch anderweitig eingesetzt werden kann (vgl. BGH, a. a. O., [...] Rdnr. 30). Darauf kommt es allerdings auch nicht entscheidend an, weil nicht die Verwertung der von der Klägerin als Rentenversicherung betrachtete Lebensversicherung in Rede steht, sondern die Verwertung einer von zwei weiteren Lebensversicherungen. Insoweit kann sich hier nur dann eine Unverwertbarkeit ergeben, wenn die Verwertung dieser Lebensversicherung eine Härte darstellen würde (§ 90 Abs. 3 SGB XII) und der Vermögenseinsatz deshalb unzumutbar wäre (§ 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Dies ist hier nach Auffassung des Senats schon deshalb ersichtlich nicht der Fall, weil der Klägerin bei der Verwertung der Lebensversicherung 25.648.434- 4 noch zwei weitere Lebensversicherungen - diejenigen mit den deutlichen höheren Versicherungssummen, die auch noch monatlich mit derzeit insgesamt 227,68 EUR "bedient" werden - verbleiben. Dass die Verwertung der Lebensversicherung 25.648.434- 4 nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII und der dazu ergangenen Durchführungsverordnung als Schonvermögen geschützt wäre, lässt sich schon im Ansatz nicht erkennen. Die Klägerin hat in den Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 27. Februar 2010 und vom 12. August 2010 keine Angaben zum Verkehrswert bzw. der Guthabenhöhe ihrer Lebensversicherungen gemacht. Sie hat vielmehr lediglich die monatlichen Beiträge angegeben und im Formularfeld das Wort "Guthabenhöhe" sogar durchgestrichen. In der ersten Erklärung hat sie die Lebensversicherung Nr. 25.648.434- 3 - die "Rentenversicherung" - überhaupt nicht genannt. Das Guthaben in Gestalt der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufwertes lässt sich den eingereichten Belegen nur in Bezug auf die Lebensversicherung mit der Vertragsnummer 25.648.434-4 entnehmen. Damit kann nur von der grundsätzlichen Zumutbarkeit der Verwertung dieser Lebensversicherung für die Prozessführung ausgegangen werden. Die Zumutbarkeit der Verwertung ist auch nicht etwa unter dem Aspekt ausgeschlossen, dass infolge eines etwaigen Rückkaufs eine wirtschaftliche Einbuße eintreten würde. Zum einen stellt sich diese hier als nicht gravierend dar: Ein Vergleich der beitragsfreien Versicherungssumme, die der garantierten Ablaufleistung entspricht, und dem Rückkaufwert ergibt nach Ablauf von sechs Versicherungsjahren (2.747,00 EUR beitragsfreie Versicherungssumme und 2.367,00 Rückkaufwert (vgl. Beiheft PKH Bl. 134)), dass bei einem Rückkauf über 86 % der garantierten Ablaufleistung erzielt werden können. Tatsächlich beträgt die beitragsfreie Versicherungssumme 2.631,00 EUR, so dass dieser prozentuale Anteil nur geringfügig kleiner ausfallen dürfte.

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c)

Allein die Verwertung dieser Versicherung würde es der Klägerin voraussichtlich ermöglichen, die Kosten des beabsichtigten Klageverfahrens aus eigener Kraft vollständig zu decken: Bei einem Streitwert von 10.000,00 EUR bei Einbürgerungssachen fielen für das erstinstanzliche Klageverfahren ca. 600,00 EUR Gerichtsgebühren (3,0-Gebühr nach Nr. 5110 KV-GKG) und 900,00 EUR Anwaltsgebühren (Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 KV-RVG, wegen vorprozessualer Tätigkeit gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV-RVG um anzurechnende Geschäftsgebühr auf 0,65 gekürzt; 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG) zuzüglich Umsatzsteuer an. Der sich ergebende Gesamtbetrag bleibt deutlich hinter dem erzielbaren Rückkaufwert der einzusetzenden Lebensversicherung zurück.

10

3.

Auf die Vermögenssituation des Ehemanns der Klägerin kommt es vor diesem Hintergrund ebenso wenig an, wie auf aus anderen Gründen verbleibende Zweifel an der geltend gemachten wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit der Klägerin. Diese Zweifel ergeben sich daraus, dass bei einem Abgleich der in den Erklärungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen dargelegten Einnahmen und Ausgaben ein erheblicher Negativsaldo entsteht. Die Angaben der Klägerin sind mithin entweder nicht vollständig und zutreffend oder die Eheleute I. sind durch ein "Leben über ihren Verhältnissen" in eine "Schuldenfalle" geraten, aus der sie sich auch nicht bei einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe befreien könnten. Nach Abzug der laufenden Versicherungen verbleiben den Eheleuten 1.440,07 EUR (1.268,77 EUR Ehemann und 171,30 EUR Ehefrau). Dem stehen allein Unterkunftskosten in Höhe von 1.436,91 EUR für das Immobiliendarlehen zuzüglich 330,00 EUR Nebenkosten gegenüber. Es ist für den Senat nicht erkennbar, wie in dieser Situation auch noch die Tochter mit 500,00 EUR monatlich und die Mutter bzw. Schwiegermutter in der Ukraine mit ca. 740,00 EUR pro Jahr unterstützt werden können, zumal noch weitere Ausgaben für Medikamente (100,00 EUR monatlich) die Abbezahlung des Kraftfahrzeugs (240,00 EUR monatlich) und weitere kleinere Ausgaben hinzukommen sollen. Dies ist selbst mit der Inanspruchnahme eines Dispositionskredits i. H. v. 11.500,00 EUR (Stand: August 2010) kaum noch nachvollziehbar.

11

Der Senat hat im Prozesskostenhilfeverfahren selbstverständlich weder die Voraussetzungen einer Privatinsolvenz zu klären noch sonst eine Schuldnerberatung vorzunehmen. In Anbetracht des dargestellten Verhältnisse von Einnahmen und Ausgaben drängt sich jedoch der Hinweis auf, dass die Eheleute ihre Unterkunftskosten reduzieren müssen, um Mittel für die Lebensführung - oder auch für die beabsichtigte Prozessführung - freizusetzen: Allein die monatlichen Leistungen auf das Immobiliendarlehen in Gestalt eines Annuitätendarlehens entsprechen derzeit dem verfügbaren Nettoeinkommen (sofern die Angaben der Klägerin vollständig und zutreffend sind). Die Kreditsumme von 136.200,00 EUR wird dabei mit einem in Anbetracht der Einkommensverhältnisse völlig überzogenen anfänglichen Tilgungssatz von 7,80 % zuzüglich ersparter Zinsen (Zinssatz 4,87 %) bedient. Würden die Eheleute I. den Tilgungssatz auf 1 % verringern, würde sich die monatliche Belastung mehr als halbieren. Bei der J., der Darlehensgeberin der Eheleute, ist zudem ein Wechsel des Tilgungssatzes während der Vertragslaufzeit zweimal kostenlos möglich (vgl. http:// K. /privatkunden/immo-bilienfinanzierung). Auch über eine weitere Reduzierung ihrer monatlichen Versicherungsbeiträge werden die Eheleute nachzudenken haben. Es kann indessen nicht Aufgabe der Prozesskostenhilfe sein, den Eheleuten für ein bestimmtes Vorhaben - nämlich das beabsichtigte Klageverfahren - ein dringend notwendiges Überdenken ihrer wirtschaftlichen Lebensverhältnisse zu ersparen.