Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.05.2024, Az.: 1 KN 53/21
Erneute Bürgerbeteiligung und Behördenbeteiligung nach Änderung eines Planentwurfs
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 15.05.2024
- Aktenzeichen
- 1 KN 53/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2024, 16396
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2024:0515.1KN53.21.00
Rechtsgrundlage
- § 4a Abs. 3 BauGB i.d.F. bis 06.07.2023
Fundstellen
- DVBl 2024, 1102-1107
- DÖV 2024, 757
- NordÖR 2024, 468
- ZUR 2024, 565
- ZfBR 2024, 340-344
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Eine rein deklaratorische Änderung eines Bauleitplanentwurfs, die auch ohne erneute Öffentlichkeitsbeteiligung zulässig wäre, liegt dann nicht vor, wenn die Regelung zunächst nicht dem Bestimmtheitsgebot genügte und erst die Änderung diesen Mangel behebt.
- 2.
Die erneute Bürger- und Behördenbeteiligung nach Änderung eines Planentwurfs ist auch dann nicht mangels Entstehens neuer Betroffenheiten entbehrlich, wenn die änderungsbetroffenen Flächen im Eigentum der planenden Gemeinde stehen, die Änderung jedoch öffentliche Belange nachteilig berührt.
- 3.
§ 17 BauNVO richtet sich ausschließlich an die planende Gemeinde und wirkt nicht unmittelbar auf Vorhabenzulassungsebene.
- 4.
Eine Alternativenbetrachtung schuldet die Antragsgegnerin nur für solche naheliegenden Planvarianten, die sich noch im Rahmen ihrer Planungsziele halten. Nicht in die Alternativenprüfung einzubeziehen sind hingegen Varianten, die einen vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Planung darstellen würden (wie BVerwG, Beschl. v. 18.10.2023 - 4 BN 8.23 -, juris Rn. 17).
Tenor:
Der vom Rat der Antragsgegnerin am 28. September 2020 als Satzung beschlossene Bebauungsplan N-777G ist unwirksam.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in der Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Antragstellerinnen wenden sich gegen den Bebauungsplan N-777G der Antragsgegnerin, der ein Gewerbegebiet und eine Entlastungsstraße festsetzt. Sie fürchten, der Verkehr aus der Entlastungsstraße werde die Zufahrt zu ihrem Gewerbegrundstück behindern.
Die Antragstellerin zu 1. ist Eigentümerin und Vermieterin, die Antragstellerin zu 2. ist Mieterin des Grundstücks A-Straße .... Die Antragstellerin zu 2. betreibt dort eine Tischlerei. Das Grundstück liegt im Osten eines nordöstlich der A-Straße (K 348) gelegenen (faktischen) Gewerbegebiets. Das Gebiet, in dem sich noch mehrere weitere Gewerbebetriebe (H., verschiedene Firmen der I. Unternehmensgruppe, eines Bauunternehmens,) befinden, verfügt über drei Anbindungen an diese Straße: eine im Nordwesten für den Kunden- und Mitarbeiterparkplatz der I. Unternehmensgruppe, eine im Südosten für die Antragstellerin zu 2. sowie die H. und eine in der Mitte, die von allen Unternehmen genutzt werden kann. Die Antragstellerin zu 1. ist außerdem Eigentümerin eines das Gewerbegebiet im Osten L-förmig umschließenden Waldstücks (Flurstück J., Flur K. der Gemarkung L.).
Die A-Straße ist eine Ausfallstraße in nordwestlicher Richtung aus der Innenstadt der Antragsgegnerin heraus in Richtung Bad Zwischenahn und sowohl im Nordwesten als auch im Südosten an die A 28 angebunden. Etwa 190 m südlich der südöstlichen Ausfahrt des Gewerbegebiets mündet von Osten der Posthalterweg in die A-Straße. Zwischen beiden Ausfahrten liegt Wald. Nördlich und nordöstlich des Gewerbegebiets liegt ebenfalls Wald, gemischt mit Wiesen und den Anlagen einer Gärtnerei. Wiederum nördlich hieran schließt sich das Areal des ehemaligen Fliegerhorstes Oldenburg an, in dessen Nordosten die Alexanderstraße (L 824) als Ausfallstraße aus dem Stadtgebiet der Antragsgegnerin nach Norden verläuft.
Die Antragsgegnerin betreibt seit längerem Bauleitplanung zur Gestaltung der Nachnutzung des Fliegerhorstgeländes; hierzu hat sie bereits einen Masterplan und verschiedene Bebauungspläne verabschiedet, weitere Bebauungspläne sind in Vorbereitung. Das Gelände soll neben einem Solarpark Wohnraum und Gewerbegebiete beherbergen. Zusätzlich möchte die Antragsgegnerin das Gewerbegebiet und im weiteren Verlauf die Alexanderstraße mittels einer neuen Entlastungsstraße an die A-Straße anbinden. Der vorliegende Plan erfasst neben Wald- und Regenrückhalteflächen zum einen den etwa 6,8 ha großen mittleren Teil der sog. "Hallensichel", eines in Form eines nach Norden offenen Halbmondes um das Flugfeld gruppierten Areals. Zum anderen erfasst er die Trasse der Entlastungsstraße von der Hallensichel im Norden bis zur A-Straße. Die Einmündung der Trasse in diese ist in dem Waldstück zwischen der von der Antragstellerin zu 2. genutzten südlichen Ausfahrt des eingangs beschriebenen Gewerbegebiets und dem Posthalterweg vorgesehen; der geplante Abstand der Einmündung zu der südlichen Ausfahrt beträgt etwa 40 m.
Das Planaufstellungsverfahren verlief folgendermaßen: Am 17. Dezember 2018 fasste der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss. Vorangegangen war bereits u.a. eine Untersuchung des Büros M. N. (nachfolgend M.) zu verschiedenen Trassenvarianten für die Entlastungsstraße von 2017 (M. 2017). Eine Vertiefung dieser Untersuchung nahm M. 2019 vor (M. 2019). Dabei wurden insgesamt 10 Trassenvarianten untersucht; die letztlich der Planung zugrunde gelegte Variante ist die Variante 5. Deren verkehrstechnische Eignung prüfte M. ergänzend, einem Einwand der Antragstellerinnen entsprechend, in einer mikroskopischen Verkehrssimulation.
Vom 30. April bis zum 10. Juni 2020 fand die Öffentlichkeitsbeteiligung statt. Der ausgelegte Planentwurf setzte im Bereich der Hallensichel eingeschränkte Gewerbegebiete mit einer Grundflächenzahl von 0,8 und einer Gebäudehöhe von maximal 15 m fest; eine Geschossflächenzahl war nicht festgesetzt. Die textliche Festsetzung § 1 lautete:
"(1) Innerhalb der eingeschränkten Gewerbegebiete 1 - 7 (GEe 1 - 7) sind nur Betriebe und Anlagen zulässig, die nicht wesentlich stören.
(2) Zulässig sind gem. § 8 BauNVO:
Gewerbebetriebe aller Art, öffentliche Betriebe, Lagerplätze und Lagerhäuser
Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude
Anlagen für sportliche Zwecke
Ausnahmsweise können zugelassen werden:
[...]
Einzelhandelsbetriebe, wenn sie einem Gewerbebetrieb räumlich und sortimentsbezogen zugeordnet sowie in Baumasse und Grundfläche untergeordnet sind und die Verkaufsfläche nicht mehr als 10 % der Betriebsgröße beträgt."
Die textliche Festsetzung § 8 lautete:
"Bei Bauvorhaben ist eine örtliche Rückstauebene von 0,25 m über Geländeoberkante Straße bei den jeweiligen Bauvorhaben als minimale Rückstauhöhe für Schmutz- und Regenwasserkanäle zu beachten."
Am 28. September 2020 entschied der Rat der Antragsgegnerin über die eingegangenen Stellungnahmen und fasste den Satzungsbeschluss. Nach Ausfertigung des Plans durch den Bürgermeister am 12. November 2020 machte die Antragsgegnerin den Plan am 5. März 2021 im Amtsblatt für die Stadt Oldenburg bekannt.
Der beschlossene Plan unterscheidet sich von dem ausgelegten Planentwurf darin, dass für die eingeschränkten Gewerbegebiete nunmehr eine Geschossflächenzahl von 2,4 festgesetzt ist. Die textliche Festsetzung § 1 lautet:
"(1) Innerhalb der eingeschränkten Gewerbegebiete 1 - 7 (GEe 1 - 7) sind nur nicht erheblich belästigende Betriebe und Anlagen zulässig.
(2) Zulässig sind gem. § 8 BauNVO:
Gewerbebetriebe aller Art, öffentliche Betriebe, Lagerplätze und Lagerhäuser,
Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude,
Anlagen für sportliche Zwecke.
(3) Nicht zulässig sind Einzelhandelsbetriebe.
(4) Ausnahmsweise können zugelassen werden:
[...]
Einzelhandelsbetriebe, wenn sie einem Gewerbebetrieb funktional und räumlich eindeutig zugeordnet sind. Dabei muss die Verkaufsfläche der Betriebsfläche des Gewerbetriebes deutlich untergeordnet sein. Die Verkaufsfläche ist dann deutlich untergeordnet, wenn sie maximal 10% der durch die Betriebsfläche eingenommenen Grundfläche beträgt."
Die textliche Festsetzung § 8 wird nur noch als Hinweis formuliert. Im Übrigen entspricht der beschlossene dem ausgelegten Plan. In § 7 der textlichen Festsetzungen sind naturschutzfachliche Vorgaben enthalten, u.a. in Abs. 7 und 8 zum Amphibienschutz.
Die Antragsteller haben am 22. März 2021 den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung führen sie aus, der Bebauungsplan sei unwirksam. Mit Blick auf die im Sachverhalt dargestellten Änderungen von Planfestsetzungen sowie weiteren, näher bezeichneten Änderungen in der Planbegründung sei eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung geboten gewesen, die fehle. Der Plan sei auch materiell rechtswidrig. Er sei nicht erforderlich, da seine Ausnutzung an unüberwindlichen artenschutzrechtlichen Hindernissen scheitere. Die Umgebung des Plangebiets sei der wichtigste Lebensraum für Amphibien im Stadtgebiet. Die vorgesehenen Schutzmaßnahmen vermieden bestenfalls den Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, nicht den des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. Verletzt werde ferner das Abwägungsgebot. Die Antragsgegnerin verkenne, dass die Entlastungsstraße eine überörtliche Verkehrsfunktion erfülle und daher Kreis- oder Landesstraße sei. Damit fehle der Antragsgegnerin die Straßenbaulast, und der Plan müsse die materiell-rechtlichen Anforderungen an einen planfeststellungsersetzenden Bebauungsplan, namentlich hinsichtlich der Trassenalternativenprüfung, erfüllen. Die Trassenwahl sei unabhängig davon fehlerhaft, was durch von ihr eingeholte Stellungnahmen des Sachverständigen Dr. O. belegt werde. Die Auswirkungen der Planung auf den Rad- und Fußgängerverkehr würden nicht ausreichend untersucht. Die mikroskopische Verkehrssimulation sei methodisch fehlerhaft. Die Kompensation der planbedingten Behinderung ihrer Waldnutzung sei nur vage angedacht worden; ein in der Planbegründung in Aussicht gestelltes Angebot der Antragsgegnerin, diese Behinderung auf eigene Kosten zu kompensieren, sei nicht unterbreitet worden. Die Auswirkungen auf die Anbindung des Betriebsgrundstücks der Antragstellerinnen würden unterschätzt, ebenso die Auswirkungen auf Moorfroschvorkommen in dem östlich der Straße gelegenen Flachwasserteich Nr. 12. Die Vorgehensweise bei der Variantenprüfung sei entgegen ihrem eigenen Anspruch nicht "ergebnisoffen". Die ersten Schritte der Prüfung ergäben nur minimale Abweichungen hinsichtlich der Eignung der Trassenvarianten 4, 5 und 5a. Dann werde "verbal-argumentativ" anhand von drei Kriterien geprüft, was die Möglichkeit der Hinzuziehung sachfremder Kriterien ermögliche. Private Belange seien hier nicht betrachtet worden, die herangezogenen Kriterien führten nicht schlüssig zur Vorzugswürdigkeit der Variante 5. Tatsächlicher Grund für die Entscheidung könne sein, dass die Antragsgegnerin mit der gewählten Trasse mittelfristig zu teuer gekaufte Eigentumsflächen südlich des Plangebiets zu Bauland machen wolle. Als "Nullvariante" sei fehlerhaft ein Verzicht auf die Planung, nicht aber ein Verzicht allein auf die Verbindungsstraße bei gleichzeitiger Anbindung der Gewerbeflächen nur an die Alexanderstraße betrachtet worden. Dies lasse sich mit geringem Aufwand und ohne Verkehrsprobleme erreichen.
Die Antragsteller beantragen,
den Bebauungsplan N-777G mit örtlichen Bauvorschriften (Fliegerhorst/Hallensichel-Ost/Entlastungsstraße) der Stadt Oldenburg (Oldenburg), amtlich bekannt gemacht am 5. März 2021, für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hält den Bebauungsplan für rechtmäßig. Eine erneute öffentliche Auslegung sei nicht erforderlich gewesen. Die nach der Auslegung vorgenommenen Änderungen seien, soweit sie überhaupt die Planfestsetzungen beträfen, rein deklaratorisch. Die Neufassung der Regelungen zum Ausschluss bzw. zur Flächenbeschränkung von Einzelhandelsnutzungen seien klarstellender Natur, entsprächen in der Sache aber dem Regelungsgehalt der Vorgängerfassung. Die festgesetzte Geschossflächenzahl ergebe sich bereits aus § 17 BauNVO, dessen Obergrenzen auch ohne Festsetzung einzuhalten seien. Da Gewerbebauten in der Regel eine Geschosshöhe von 3,5 Metern plus Zwischenräumen und Dachaufbauten sowie ein noch höheres Erdgeschoss hätten, mithin bei einer Gebäudehöhe von 15 Metern voraussichtlich dreigeschossig gebaut werde, werde bei einer Grundflächenzahl von 0,8 die Geschossflächenzahl von 2,4 in der Regel eingehalten. Die Herabstufung der textlichen Festsetzung Nr. 8 zum bloßen Hinweis habe keine neue Auslegung erfordert, da sie für die Planbetroffenen keinerlei Nachteile habe. Der Plan sei auch materiell rechtmäßig. Artenschutzrechtliche Verbote würden bei Planausnutzung nicht verletzt. Zu berücksichtigen sei § 44 Abs. 5 BNatSchG, der das prüfrelevante Artenspektrum deutlich reduziere. Anhang-IV-Arten kämen im Plangebiet nicht vor. Ein Moorfroschvorkommen sei im Umfeld des Plangebiets nicht zu erwarten, zudem reichten die vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen aus. Auf der Ebene der Eingriffsregelung seien die nicht europäisch geschützten Arten betrachtet, ihre Beeinträchtigung sei durch Vermeidungsmaßnahmen reduziert worden. Das überplante Laichgewässer Nr. 8 sei ersetzt worden. Auch sonst sei das Abwägungsgebot nicht verletzt. Ein planfeststellungsersetzender Bebauungsplan liege nicht vor. Nicht jede Verbindung zweier überörtlicher Straßen sei selbst überörtlich; die geplante Entlastungsstraße werde vorrangig örtliche Funktionen, nämlich die Anbindung der neuen Wohn- und Gewerbeflächen auf dem Fliegerhorstgelände sowie die Verbindung der Stadtteile Ofenerdiek/Alexandersfeld im Norden und Wechloy im Westen, erfüllen. Die Trassenwahl sei nicht zu beanstanden. Auswirkungen auf Fuß- und Radverkehr seien betrachtet worden. Die mikroskopische Verkehrssimulation erfülle ihre Funktion im Rahmen des Variantenvergleichs. Dass der Privatwald der Antragsteller beeinträchtigt werde, sei gesehen und hierfür eine Konfliktlösung angeboten worden. Die Antragsteller könnten bei Rückstau vor der südlichen Zufahrt auf die mittlere Zufahrt ihres Gewerbegebiets ausweichen. Die Trassenvariantenprüfung sei nachvollziehbar und ergebnisoffen durchgeführt worden. Dass letztlich eine verbal-argumentative Bewertung den Ausschlag gegeben habe sei nicht zu beanstanden und indiziere keine Willkür. Die Mutmaßungen zu einer politischen Vorfestlegung seien unzutreffend. Die "Nullvariante" eines Verzichts auf die Entlastungsstraße bei gleichzeitiger Anbindung des Gewerbegebiets an die Alexanderstraße sei verkehrlich nicht zu bewältigen und habe daher nicht betrachtet werden müssen; zudem sei auch die Verbindung der Nachbarstadtteile Planungsziel gewesen. Insgesamt sei die Abwägung überzeugend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
I.
Der zulässige Normenkontrollantrag ist begründet. Der angegriffene Bebauungsplan leidet unter zu seiner Unwirksamkeit führenden Verfahrensfehlern.
Die Antragsgegnerin hätte den Planentwurf nach § 4a Abs. 3 BauGB in der bis 6. Juli 2023 gültigen Fassung erneut auszulegen müssen, da er nach Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung geändert wurde.
Zwar ist das Beteiligungsverfahren nicht um seiner selbst willen zu betreiben. Hat eine nach öffentlicher Auslegung vorgenommene Ergänzung einer Festsetzung lediglich klarstellende Bedeutung, so besteht kein Anlass zu einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung oder einer erneuten Beteiligung von Behörden und Trägern öffentlicher Belange, denn inhaltlich ändert sich am Planentwurf nichts. Entsprechendes gilt, wenn der Entwurf nach der Auslegung in Punkten geändert wird, zu denen die betroffenen Bürger, Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange zuvor bereits Gelegenheit zur Stellungnahme hatten, die Änderungen auf einem ausdrücklichen Vorschlag eines Betroffenen beruhen und Dritte hierdurch nicht abwägungsrelevant berührt werden (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 3.1.2020 - 4 BN 25.19 -, ZfBR 2020, 676 = BRS 88 Nr. 25 = juris Rn. 7 m.w.N.).
1.
Diese Fallgruppen liegen hier hinsichtlich der erstmaligen Vorgabe einer Geschossflächenzahl nach Abschluss der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht vor. Die Auffassung der Antragsgegnerin, die Aufnahme dieser Festsetzung sei rein deklaratorisch, weil bereits § 17 BauNVO im Gewerbegebiet eine maximale Geschossflächenzahl von 2,4 festlege und diese Vorschrift den Planadressaten gegenüber unmittelbar gelte, ist fehlerhaft. Die Norm richtet sich ausschließlich an die planende Gemeinde (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand d. Bearb. Februar 2018, § 17 BauNVO Rn. 14a m.w.N.). Der Wortlaut der Norm, nach dem die Orientierungswerte für Obergrenzen bestehen, "auch wenn eine Geschossflächenzahl oder eine Baumassenzahl nicht dargestellt oder festgesetzt wird", ist insoweit vielleicht missverständlich, bedeutet aber lediglich, dass die planende Gemeinde auch dann, wenn sie - wie nach § 16 Abs. 2, 3 BauNVO prinzipiell möglich - auf die direkte Festsetzung der entsprechenden Grenzen verzichtet, durch geeignete sonstige Festsetzungen - z.B. Grundflächenzahl i.V.m. der Gebäudehöhe oder Anzahl der Vollgeschosse - sicherstellen muss, dass die in § 17 BauNVO genannte Geschossflächen- bzw. Baumassenzahl nicht überschritten werden kann.
Die Festsetzung einer Geschossflächenzahl von 2,4 ist hier auch nicht deshalb deklaratorisch, weil bereits die übrigen Festsetzungen eine höhere Geschossflächenzahl indirekt ausschlössen. Die festgesetzte Gebäudehöhe von 15 m erlaubt bis zu fünf Vollgeschosse zu je 3 m Geschosshöhe, was bei einer Grundflächenzahl von 0,8 eine Geschossflächenzahl von 4,0 ergäbe. Der Einwand der Antragsgegnerin, Gewerbebauten hätten in der Regel mindestens eine Geschosshöhe von 3,5 m plus Zwischenräume und Dachaufbauten, wobei das Erdgeschoss in der Regel noch höher sei, überzeugt in diesem Zusammenhang nicht. Namentlich die in einem eingeschränkten Gewerbegebiet mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Büros müssen keine derartige Deckenhöhe aufweisen; nach der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A1.2 "Raumabmessungen und Bewegungsflächen" muss die Raumhöhe bei einer Raumgrundfläche von bis zu 50 m2 2,50 m, bei mehr als 50 m2 2,75 m, bei mehr als 100 m2 3,00 m und bei mehr als 2000 m2 3,25 m betragen, wozu dann noch die Stärke der Geschossdecke sowie ggf. ein etwaiger Zwischenraum für Haustechnik käme. Selbst wenn man in Anbetracht dessen eine Geschosshöhe von 3,5 m ansetzte, wären noch vier Vollgeschosse - einer Geschossflächenzahl von 3,2 entsprechend - zuzüglich eines Meters, der etwa auf ein Sockelgeschoss, ein erhöhtes Erdgeschoss oder Dachaufbauten verwandt werden könnte, möglich. Dachaufbauten dürfen im Übrigen nach der textlichen Festsetzung § 2 Abs. 2 die zulässige Bauhöhe um bis zu 0,50 m überschreiten. Es handelt sich dabei zwar um eine Ausnahmevorschrift; ob die Überschreitung der in § 17 BauNVO vorgesehenen Geschossflächenzahl bei der Betätigung des Ausnahmeermessens berücksichtigt werden dürfte, ist aber fraglich. Auch in tatsächlicher Hinsicht ist realistischerweise damit zu rechnen, dass sich Bauherren im Plangebiet auf die vorstehend skizzierten, für viele Nutzungen auskömmlichen Gebäudehöhen beschränken werden, wenn sie sich hierdurch die Möglichkeit verschaffen, die vermarktbare Geschossfläche ihrer Immobilie substantiell zu erhöhen.
Dass die Antragsgegnerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, als Flächeneigentümerin den Grunderwerb im Plangebiet von einer Beschränkung auf eine Geschossflächenzahl von 2,4 abhängig machen kann, führt ebenfalls nicht dazu, dass die Festsetzung rein deklaratorisch wäre. Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin im Planaufstellungsverfahren keine diesbezügliche Selbstverpflichtung eingegangen ist, würde damit im Zweifel auch nur eine Steuerungsmöglichkeit hinsichtlich der erstmaligen Bebauung erreicht. Wären die Grundstücke einmal in privater Hand, so könnten spätere Ersatzbauten von der Stadt nicht mehr gesteuert werden.
Die Geschossflächenzahl konnte auch nicht aus anderen Gründen ohne erneute Öffentlichkeitsbeteiligung festgesetzt werden. Zwar standen die Flächen, deren Ausnutzbarkeit durch die Festsetzung beschränkt wird, zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im Eigentum der Antragsgegnerin selbst, so dass private Belange Dritter nicht nachteilig berührt wurden. Die Beschränkung berührt aber öffentliche Belange, da sie sich nachteilig auf das Interesse der Wirtschaft an einer möglichst umfangreichen Schaffung neuen Gewerberaums auswirkt; dazu hätten etwa Träger öffentlicher Belange wie die Handwerks- oder die Industrie- und Handelskammer durchaus Stellung nehmen können. Hinzu kommt das öffentliche Interesse, Bauflächen im Siedlungsbereich intensiv zu nutzen, um eine Inanspruchnahme der freien Landschaft nach Möglichkeit zu vermeiden.
2.
Anlass einer erneuten Auslegung hätte auch die Änderung der textlichen Festsetzung § 1 sein müssen, soweit darin die Anforderungen an die ausnahmsweise Zulassung von Einzelhandelsbetrieben namentlich hinsichtlich der erforderlichen Unterordnung unter den Gesamtbetrieb modifiziert werden. Eine rein deklaratorische Änderung, die auch nach der letzten Öffentlichkeitsbeteiligung zulässig wäre, liegt dann nicht vor, wenn die Regelung zunächst nicht dem Bestimmtheitsgebot genügte und erst die Änderung diesen Mangel behebt. In diesem Fall kann nämlich nicht vorausgesetzt werden, dass die Öffentlichkeit zum Zeitpunkt der Auslegung die Regelungswirkung des Plans im Sinne der späteren, umformulierten Festsetzungen versteht und entsprechend ihrer Entscheidung, Einwendungen zu erheben oder zu unterlassen, zugrunde legt.
So liegt der Fall auch hier. Die Formulierung, ausnahmsweise zugelassen werden könnten "Einzelhandelsbetriebe, wenn sie einem Gewerbebetrieb [...] in Baumasse und Grundfläche untergeordnet sind und die Verkaufsfläche nicht mehr als 10 % der Betriebsgröße beträgt", genügte nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Bestimmtheitsgrundsatz verlangt, Rechtsnormen - auch Festsetzungen eines Bebauungsplans - so präzise zu formulieren, dass Adressaten ihren Regelungsgehalt aus ihnen ableiten und mithin ihr Verhalten an ihnen ausrichten können; eine willkürfreie Handhabung durch Behörden und Gerichte muss möglich sein. Das erfordert zwar nicht in jedem Fall, dass die Lösung jeder denkbaren Anwendungsfrage der Norm sich bereits aus deren Wortlaut ableiten lässt. Ausreichend ist vielmehr, wenn sich mit den üblichen Auslegungsmitteln der Bedeutungsgehalt der Festsetzung erschließen lässt. In diesem Rahmen fehlt es an der notwendigen Bestimmtheit nicht bereits dann, wenn mehrere Auslegungsergebnisse jeweils vertretbar wären. Erforderlich ist lediglich, dass eines davon in der Gesamtschau vorzugswürdig ist (vgl. Senatsurt. v. 10.11.2021 - 1 LB 78/19 -, BauR 2022, 443 = juris Rn. 43; v. 5.10.2023 - 1 KN 66/20 -, BauR 2024, 234 = juris Rn. 21). Das ist hier indes nicht der Fall. Namentlich der Begriff der "Betriebsgröße" lässt eine Mehrzahl an Auslegungsvarianten zu, von denen keine mit den Mitteln der Auslegung als vorzugswürdig identifiziert werden könnte; jedenfalls - und das ist hier entscheidend - ist die vorzugswürdige Auslegung nicht die Lesart der geänderten Planfassung, nach der auf die "durch die Betriebsfläche eingenommene Grundfläche" abzustellen wäre. Angesichts des Umstands, dass im Plangebiet auch Gebäude entstehen können, deren Betriebsfläche sich auf mehrere Geschosse verteilt, läge es durchaus nahe, die "Betriebsgröße" anhand der Geschossfläche zu bestimmen; denn für das Kriterium der Unterordnung macht es einen Unterschied, ob z.B. ein Ladengeschäft auf 20 % der Erdgeschossfläche in einem eingeschossigen Gebäude oder in einem Gebäude, in dem der Schwerpunkt der Gewerbetätigkeit sich in drei Obergeschossen abspielt, betrieben wird. Unklar ist in der Ursprungsfassung auch, ob die Betriebsgröße durch außerhalb der Betriebsgebäude liegende Freiflächen, deren Nutzung je nach Gewerbetyp mehr oder weniger intensiv zum Betriebsbild beiträgt, definiert sein sollte.
Auch insoweit war die erneute Auslegung nicht deshalb entbehrlich, weil die Antragsgegnerin alleinige Grundeigentümerin und damit alleinige Betroffene der Beschränkung war. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass die Nutzbarkeit des Gebiets für eine möglichst freie Gewerbeentfaltung zugleich einen öffentlichen Belang darstellt, den etwa Interessenvertreter der örtlichen Wirtschaft durch Stellungnahmen hätten verteidigen können.
3.
Der Senat lässt dahinstehen, ob die Herabstufung der Vorgabe, bei Bauvorhaben eine Rückstauebene von 25 cm über Straßenoberkante bei Schmutz- und Regenwasserkanälen zu beachten, zum bloßen Hinweis einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung bedurft hätte. Mit dem Argument der Antragsgegnerin, die Herabstufung habe für die Planbetroffenen keinerlei Nachteile, lässt sich das nicht begründen, da effektiver Hochwasserschutz gleichzeitig einen öffentlichen Belang darstellt und als solcher von Trägern öffentlicher Belange hätte geltend gemacht werden können. Vor dem Hintergrund, dass Bauherren bauordnungsrechtlich ggf. zu einer vergleichbaren Vorsorge gegen Rückstau verpflichtet sein könnten (vgl. § 13 bzw. § 41 Abs. 2 NBauO), ist es vorstellbar, dass die Regelung von vornherein bloße deklaratorischer Natur war.
4.
Die genannten Verfahrensfehler führen zur Gesamtunwirksamkeit des Plans: Die Antragsgegnerin hat in der Antragserwiderung (S. 22 f.) selbst ausgeführt, dass eine Überschreitung der Geschossflächenzahl von 2,4 nicht ihrem Willen entsprochen hätte, so dass das Gewerbegebiet ohne diese Begrenzung so nicht beschlossen worden wäre. Auch dass eine Gewerbegebietsfestsetzung ohne wirksame Einzelhandelsbeschränkung dem mutmaßlichen Ratswillen entsprochen hätte, ist eher fernliegend, jedenfalls aber nicht sicher. Die Festsetzung der Verbindungsstraße ist von der Gewerbegebietsfestsetzung zwar in gewissem Umfang abgekoppelt, allerdings betont die Antragsgegnerin in der Planbegründung, dass die Straße eben nicht nur der Verbindung von Alexanderstraße und A-Straße, sondern wesentlich auch der Erschließung des Gewerbegebiets dienen soll. Dass sie ggf. auch separat geplant worden wäre, ist angesichts dessen zwar denkbar, aber keineswegs offensichtlich.
II.
Angesichts der Tatsache, dass die vorgenannten Verfahrensfehler in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können, und die Interessenlage der Antragsgegnerin eine solche Heilung nahelegt, nimmt der Senat zur Vermeidung künftiger Rechtsstreitigkeiten zu den wesentlichen weiteren von den Beteiligten aufgeworfenen Fragen in der gebotenen Kürze wie folgt Stellung:
1.
Mit Blick auf die im Planumfeld vorhandenen Amphibienvorkommen sieht der Senat derzeit kein die Erforderlichkeit der Planung in Frage stellendes unüberwindliches artenschutzrechtliches Hindernis auf Vollzugsebene. Ein Vorkommen des als im Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführte Art nach § 44 Abs. 5 BNatSchG relevanten Moorfrosches hat die Antragsgegnerin mit überzeugender Argumentation ausgeschlossen. Unabhängig davon ist nicht ersichtlich, dass die festgesetzten Vermeidungsmaßnahmen - Amphibientunnel und -leiteinrichtungen, Ersatzgewässer, Kontrollen in der Bauphase - die Einhaltung der Vorgaben des § 44 Abs. 5 BNatSchG nicht ausreichend sicherstellten.
2.
Aus dem Vortrag der Antragsteller, die Entlastungsstraße sei nach Fertigstellung nicht als Gemeinde-, sondern als Kreis- oder Landesstraße einzustufen, da sie eine Kreis- und eine Landesstraße verbinde, folgt kein Planungsfehler. Eine Einstufung als Landesstraße, d.h. als eine der Straßen, die innerhalb des Landesgebietes untereinander oder zusammen mit den Bundesfernstraßen ein Verkehrsnetz bilden und überwiegend einem über das Gebiet benachbarter Landkreise und kreisfreier Städte hinausgehenden Verkehr, insbesondere dem Durchgangsverkehr, dienen oder zu dienen bestimmt sind (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) NStrG), liegt fern. Ob die Straße als Gemeinde- oder als Kreisstraße einzustufen ist, kann dahinstehen; für beide Straßentypen ist die kreisfreie Antragsgegnerin Trägerin der Straßenbaulast (§ 43 Abs. Satz 2 NStrG). Auch an die Abwägung, insbesondere die Alternativenprüfung stellen sich diesbezüglich keine unterschiedlichen Anforderungen: Nach allgemeinen Abwägungsgrundsätzen ist die Gemeinde wie jeder Planungsträger generell im Interesse eines schonenden Ausgleichs der betroffenen Belange verpflichtet, ernsthaft in Betracht kommende Alternativstandorte einer vergleichenden Bewertung zu unterziehen (BVerwG, Beschl. v. 18.10.2023 - 4 BN 8.23 -, juris Rn. 16 m.w.N.). Auch der Grad der Konkretisierung, den die Bauleitplanung aufweisen muss, hängt nicht von der Einstufung der Straße ab, sondern davon, ob - was hier unabhängig vom Straßentyp nicht der Fall ist - dem Bauleitplanverfahren noch ein Vorhabenzulassungsverfahren nachgeschaltet ist, auf das sich die Bewältigung etwaiger Konflikte verlagern lässt. Abwägungsrelevant ist zwar die Funktion, die die Straße in tatsächlicher Hinsicht im Straßennetz erfüllen wird, indem etwa die Verkehrsbedeutung ein für die Planung sprechender, die zu erwartende Verkehrsintensität z.B. unter Lärmschutzaspekten ein gegen die Planung sprechender Gesichtspunkt sein kann. Das hängt aber weniger von der straßenrechtlichen Einstufung als von der Tragfähigkeit und richtigen Verwertung der eingeholten Verkehrsgutachten ab.
3.
Aller Voraussicht nach nicht frei von Abwägungsfehlern ist die Alternativenprüfung der Antragsgegnerin.
a)
Nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang, dass die Antragsgegnerin nicht die "modifizierte Nullvariante" der Herstellung des Gewerbegebiets unter alleiniger Anbindung an die Alexanderstraße, also unter Verzicht auf die Herstellung der Entlastungsstraße als Planungsalternative näher untersucht hat. Eine Alternativenbetrachtung schuldet die Antragsgegnerin nur für solche naheliegenden Planvarianten, die sich noch im Rahmen ihrer Planungsziele halten. Nicht in die Alternativenprüfung einzubeziehen sind hingegen Varianten, die einen vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Planung darstellen würden. Ob dieser gewählt werden muss, ist vielmehr am Maßstab der Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB) zu prüfen (vgl. im Einzelnen BVerwG, Beschl. v. 18.10.2023 - 4 BN 8.23 -, juris Rn. 17), mit der daraus folgenden Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte. Die Herstellung der Entlastungsstraße war hier entgegen dem Verständnis der Antragstellerinnen neben der Schaffung des Gewerbegebiets eigenständiges Planungsziel der Antragsgegnerin und nicht nur eine Ausführungsmodalität der Erschließung des Gewerbegebietes. Dies ergibt sich mit noch hinreichender Deutlichkeit aus der Planbegründung. Den Antragstellerinnen ist einzuräumen, dass die Ausführungen zum Planungsziel unter Punkt 1.2, Abs. 3 der Planbegründung zunächst die Funktion der Entlastungsstraße als Erschließung für die Gewerbeflächen im Plangebiet und im übrigen Fliegerhorstareal betonen. In den Folgeabsätzen (insbesondere Abs. 5) wird jedoch die von der Erschließungsfunktion unabhängige Entlastungsfunktion thematisiert; zudem sind die Ausführungen zu den Planungszielen im Kontext mit denen zum Planungsanlass (Punkt 1.1) zu lesen, in denen das Ziel, mit der Entlastungsstraße das gesamtstädtische Straßennetz zu vervollständigen, klar formuliert wird.
b)
Die der Planung zugrundeliegenden Verkehrsgutachten dürften im Wesentlichen keinen Verwertbarkeitsbedenken begegnen. Ob die diesen zugrundeliegenden Verkehrsdaten das Verkehrsgeschehen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin mit Blick auf ihr Alter zum Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung noch repräsentativ waren, muss hier nicht beurteilt werden, da die Antragsgegnerin dies im ergänzenden Verfahren ohnehin neu bewerten muss. Dabei weist der Senat allerdings darauf hin, dass eine Aktualisierung nur dann geboten wäre, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass sich das Verkehrsgeschehen auf den in Rede stehenden Straßen in den letzten Jahren intensiviert und nicht, wie die Antragsgegnerin angibt, entspannt hätte. Unbedenklich erscheint dem Senat, auch nach dem Ergebnis des fachlichen Austauschs der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung, dass die Antragsgegnerin lediglich eine mikroskopische Verkehrssimulation für die Knotenpunkte Entlastungsstraße/A-Straße, Posthalterweg/A-Straße und Posthalterweg/Am Heidbrook, nicht aber für die südöstlich auf der A-Straße folgenden Knotenpunkte vorgenommen hat. Der Senat hält die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass diese Knotenpunkte angesichts ihres Ausbaustandards und ihrer vergleichsweise geringen Frequentierung weder die untersuchten Knotenpunkte nennenswert beeinflussen werden noch ihrerseits durch sie beeinflusst werden, für plausibel. Nicht abschließend zu entscheiden vermag der Senat, ob das von den Antragstellerinnen kritisierte Vorgehen des Gutachterbüros M., in der mikroskopischen Verkehrsuntersuchung lediglich die nachmittägliche, nicht aber die morgendliche Spitzenstunde zu betrachten, berechtigt war; sollte dies trotz der im Tagesverlauf typischerweise wechselnden Hauptlastrichtung der Fall sein, so wird es der Antragsgegnerin möglich sein, hierfür im ergänzenden Verfahren die Gründe darzulegen.
c)
Bedenken begegnet indes die Bedeutung, die die Antragsgegnerin den Belangen der Antragstellerinnen in der vergleichenden Trassenvariantenprüfung beigemessen hat. In dieser Prüfung hat die Antragsgegnerin, nachdem sie zunächst in zwei Filterstufen I und II festgestellt hat, dass alle zehn untersuchten Trassenvarianten weder an unüberwindlichen naturschutzrechtlichen Hindernissen noch an verkehrstechnischer Undurchführbarkeit scheitern, in einer Filterstufe III legitimerweise die weitere Prüfung auf die drei Varianten (4, 5 und 5a) beschränkt, die ganz überwiegend auf öffentlichem Grund und Boden verwirklicht werden können. Diese werden hernach - erstens - "mathematisch-rechnerisch" und - zweitens - "verbal-argumentativ" verglichen. Beim "mathematisch-rechnerischen" Vergleich wurden die Umweltbelange in einer Datenmatrix quantifiziert. In der anschließenden "verbal-argumentativen" Bewertung wurden nochmals die Umwelt-, nun aber auch die Verkehrs- und die privaten Belange betrachtet. Alle drei Varianten wiesen dabei unterschiedliche Vor- und Nachteile auf, die - so die Begründung - insgesamt aber kein klares Votum für die eine oder andere Variante erlaubten. Auf S. 64 der Planbegründung wird dann angekündigt, die Entscheidung "durch Reflektion des eigentlichen und übergeordneten Planungsziels" zu treffen. Kriterien seien danach nur noch
- die Verbindungsfunktion der Entlastungsstraße für alle Verkehrsteilnehmer
- die Trassenlänge zwischen Peerdebrok und A-Straße sowie
- die geringstmögliche Zerschneidung von naturschutzfachlich wertvollen zusammenhängenden Flächen.
Mit Blick auf das erste Kriterium sei die Variante 5 als einziger unmittelbarer Anschluss an die A-Straße als übergeordnete Straße vorzugswürdig; die günstigere Anbindung an das Einkaufszentrum Wechloy (P.) in Varianten 4 und 5a sei nicht Planungsziel und nütze nur einem kleinen Teil der zu erwartenden Verkehre. Die direkte Anbindung sei - wie eine mikroskopische Verkehrsflusssimulation gezeigt habe, auch verkehrstechnisch unbedenklich. Die Trassenlänge sei mit 1,25 km bei Variante 5 gegenüber je 1,44 km bei den beiden anderen Varianten ebenfalls am günstigsten. Variante 5 weise schließlich aufgrund ihres Verlaufs am Rand eines zusammenhängenden Flächenkomplexes den geringsten naturschutzfachlichen Optimierungsbedarf auf; Wald durchschnitten alle drei Varianten, die Zerschneidung durch Varianten 4 und 5a erfolge jedoch "mittiger".
Dieses Vorgehen ist insoweit bedenklich, als die Antragsgegnerin im "verbal-argumentativen" Variantenvergleich aller Voraussicht nach das Gewicht der Belange der Antragstellerinnen unterschätzt hat.
Das gilt zwar nicht mit Blick auf den Einwand der Antragstellerinnen, ihre private Waldfläche werde dadurch, dass sie nun unmittelbar an die Straßentrasse angrenze, zu Waldrand mit den damit erhöhten Sturmschadensgefahren und Verkehrssicherungspflichten. Die Antragsgegnerin hat diesen Umstand erkannt, aber dadurch als ausgeglichen angesehen, dass sie den Antragstellerinnen die Umwandlung der Fläche in einen windfallsicheren Waldrand auf ihre Kosten angeboten hat. Soweit die Antragstellerinnen einwenden, ein entsprechendes Vertragsangebot sei ihnen bislang nicht unterbreitet worden, ist dies unerheblich; bereits die Ankündigung im Bebauungsplan ist nach Auffassung des Senats für die Antragsgegnerin bindend (vgl. zur Bindungswirkung von "Kompensationszusagen" zugunsten mittelbar eigentumsbetroffener Anlieger in der Planbegründung auch Senatsurt. v. 24.6.2015 - 1 KN 138/13 -, BauR 2015, 1624 = juris Rn. 37 ff.).
Nicht zutreffend gewichtet worden sein dürfte aber das Interesse der Antragstellerinnen, die südliche Zufahrt zu ihrem Betriebsgrundstück ohne wesentliche Verkehrsbehinderungen nutzen zu können. In der Planbegründung heißt es hierzu auf S. 63:
"Der Stadt Oldenburg ist es besonders wichtig, die Betriebsabläufe der ansässigen Unternehmen im Untersuchungsraum an ihrem Standort erhalten zu können und diese nicht zu beeinträchtigen. Sowohl in dem Verkehrsgutachten von M. als auch in dem Schallgutachten von Q. wurden diesbezüglich keine negativen Auswirkungen für die ansässigen Betriebe ermittelt, wenn die Variante 5 zum Bau käme. Weder im Hinblick auf die Zugänglichkeit der betrieblichen Zufahrten und deren Verkehrsabläufe noch auf die entstehenden Verkehrsgeräuschimmissionen durch den Bau der Entlastungsstraße, lässt sich eine Verschlechterung der bestehenden gewerblichen Situation ableiten. Durch eine Einrichtung einer neuen Signalsteuerung, im Zuge des Ausbaus der Entlastungsstraße, sind demnach keine negativen Folgewirkungen, als die über die bisher bereits angespannte verkehrliche Situation auf der A-Straße hinausgehen, zu erwarten."
Diese Einschätzung dürfte nicht zutreffen. Die südliche Zufahrt des Betriebsgrundstücks der Antragstellerinnen liegt in einem Bereich, in den sich jedenfalls in den Spitzenstunden der Rückstau von der Einmündung der Entlastungsstraße in nordwestlicher Richtung erstrecken wird; namentlich der Linksabbiegeverkehr aus der Zufahrt dürfte hierdurch erheblich behindert werden. Die in der mündlichen Verhandlung nochmals vertiefte und präzisierte Einschätzung der Antragstellerinnen, ein Linksabbiegen jedenfalls mit Lastkraftwagen werde tagsüber weithin nicht mehr möglich sein, erscheint aufgrund des geringen Abstands von südlicher Zufahrt und Einmündung von nur rund 40 m jedenfalls sehr plausibel. Dies bestreitet die Antragsgegnerin letztlich auch nicht; im gerichtlichen Verfahren und in der Abwägungstabelle hat sie die Antragstellerinnen vielmehr auf die Möglichkeit verwiesen, auf die mittlere Zufahrt auszuweichen. Ob das Vorbringen der Antragstellerinnen in ihrem Schriftsatz vom 8. April 2024 und in der mündlichen Verhandlung, dies sei nahezu unmöglich, jedenfalls unzumutbar, in dieser Schärfe zutrifft, mag Zweifeln begegnen und war in diesem Substantiierungsgrad im hierfür maßgeblichen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren jedenfalls noch nicht schriftlich vorgetragen. Gleichwohl ist äußerst fraglich, ob die Antragsgegnerin jegliche nachteilige Betroffenheit der Zufahrtssituation der Antragstellerinnen in Abrede hatte stellen können; jedenfalls im ergänzenden Verfahren wird dies nicht mehr möglich sein.
Haben aber die privaten Belange der Antragstellerinnen ein substantiell höheres Gewicht als in der "verbal-argumentativen" Betrachtung angenommen, so ist offen, ob die Trassenauswahl im ergänzenden Verfahren in derselben Weise vorgenommen werden kann wie im Ausgangsverfahren, nämlich indem aufbauend auf der Prämisse, dass der mathematisch-rechnerische und der verbal-argumentative Vergleich zu keinem klaren Ergebnis geführt haben, einige mehr oder weniger willkürlich ausgewählte Kriterien, die in die vorangegangenen Vergleichsstadien bereits eingeflossen sind, nunmehr für einen verengten Variantenvergleich mit von der Gesamtbewertung abweichendem Ergebnis nochmals herangezogen werden. Das gilt namentlich für die ersten beiden Parameter (Verbindungsfunktion der Entlastungsstraße und Trassenlänge), hinsichtlich derer nur geringe, zudem ihrerseits von Nachteilen begleitete Vorzüge für die Variante 5 auszumachen sind. Insbesondere steht dem Vorteil einer direkten Verbindung von Alexanderstraße und A-Straße der von dem Verkehrsgutachter der Antragstellerinnen in der mündlichen Verhandlung nochmals anschaulich erläuterte Nachteil gegenüber, dass die Verkehrsteilnehmer, die die Einzelhandelsbetriebe in der Nachbarschaft des P. -Markes in Wechloy erreichen wollen, zwei Mal in Folge links abbiegen müssen, was die Kapazität der ohnehin stark belasteten Knotenpunkte schmälert. Wirklich belastbar erscheint lediglich die Feststellung, die Variante 5 sei in Bezug auf naturschutzfachlich bedeutsame Flächen mit der geringsten Zerschneidungswirkung verbunden.
Der Senat schließt nicht aus, dass die Antragsgegnerin weiterhin die für die Variante 5 sprechenden Belange höher gewichten kann als die Summe aus den bereits betrachteten Nachteilen und den neu zu bewerteten Belangen der Antragstellerinnen. Auf der Basis des bisherigen Argumentationsverlaufs der Variantenprüfung wird dies aber nicht möglich sein.
4.
Weitere Abwägungsfehler dürften der Antragsgegnerin nicht unterlaufen sein.
Das gilt namentlich für den Ausgleich der Eingriffe in Natur und Landschaft und die Belange des Fußgänger- und Radverkehrs. Den Antragstellerinnen ist zwar zuzugeben, dass Fußgänger und Radfahrer mit sehr langen Wartezeiten rechnen müssen, wenn sie die A-Straße queren wollen; dies ist mit Blick auf die verkehrspolitischen Ziele der Antragsgegnerin und die geplante Anlage eines großzügigen Rad- und Fußwegs entlang der Entlastungsstraße nicht frei von Widersprüchen. Ihr Argument, die langen Wartezeiten seien angesichts des weit dominierenden Kraftfahrzeugverkehrs noch hinzunehmen, ist aber rechtlich dennoch tragfähig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10 analog, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.