Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.04.2016, Az.: 5 ME 14/16

Begründung; Beurteilung; Gesamturteil

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.04.2016
Aktenzeichen
5 ME 14/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43227
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 25.01.2016 - AZ: 7 B 322/15

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zum Erfordernis, das Gesamturteil einer dienstlichen Beurteilung gesondert zu begründen.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 7. Kammer - vom 25. Januar 2016 geändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 26.184,78 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit der vorliegenden Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Ziel weiter, den streitgegenständlichen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Der im Jahr 1968 geborene Antragsteller und der im Jahr 1957 geborene Beigeladene stehen im Statusamt eines Polizeihauptkommissars (Besoldungsgruppe A 11) im niedersächsischen Polizeidienst. Sie bewarben sich neben anderen Personen um den von der Antragsgegnerin am 17. September 2014 ausgeschriebenen und nach der Besoldungsgruppe A 12 bewerteten Dienstposten „Dienstabteilungsleiterin/Dienstabteilungs- leiter im ESD“ bei der Polizeiinspektion G..

Der Beigeladene wurde in seiner Regelbeurteilung zum Stichtag 1. September 2014 mit dem Gesamturteil „C - entspricht voll den Anforderungen -“ sowie der Binnendifferenzierung „oberer Bereich“ beurteilt. Vier Leistungsmerkmale wurden mit der Wertungsstufe „B“ und sieben mit der Wertungsstufe „C“ bewertet. Sowohl die einzelnen Leistungsmerkmale als auch das Gesamturteil wurden nicht begründet.

Der Antragsteller wurde in seiner Regelbeurteilung vom 12. November 2014 zum Stichtag 1. September 2014 mit dem Gesamturteil „C - entspricht voll den Anforderungen -“ sowie der Binnendifferenzierung „unterer Bereich“ beurteilt. Neun Leistungsmerkmale wurden mit der Wertungsstufe „C“ und zwei mit der Wertungsstufe „D“ bewertet. Dagegen erhob er Widerspruch.

Am 9. Dezember 2014 traf eine bei der Antragsgegnerin gebildete und aus fünf Personen bestehende Auswahlkommission eine Vorauswahl. Danach erfüllten der Antragsteller, der Beigeladene und drei weitere Bewerber das geforderte Anforderungsprofil. Der Beigeladene und zwei weitere Bewerber seien besser als der Antragsteller mit der Wertungsstufe „C - oberer Bereich“ bewertet worden und deshalb zu einem Auswahlgespräch einzuladen. Die Auswahlkommission schlug nach Auswertung des strukturierten Auswahlgespräches vom 23. Januar 2015 vor, den ausgeschriebenen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Diesem Vorschlag stimmte der Bezirkspersonalrat zu.

Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 3. Februar 2015 mit, seine Bewerbung sei nicht berücksichtigt worden. Es sei beabsichtigt, den aus-geschriebenen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Daraufhin beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Braunschweig die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Mit Beschluss vom 29. April 2015 - 7 B 55/15 - untersagte das Verwaltungsgericht der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung, den ausgeschriebenen Dienstposten mit dem Beigeladenen oder einer sonstigen Person zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist.

Die Antragsgegnerin gab mit Bescheid vom 7. Mai 2015 dem Widerspruch des Antragstellers statt und hob seine Regelbeurteilung vom 12. November 2014 zum Stichtag 1. September 2014 auf. In der neu erstellten Regelbeurteilung vom 30. Juni 2015 zum Stichtag 1. September 2014 wurde der Antragsteller erneut mit dem Gesamturteil „C - entspricht voll den Anforderungen -“ sowie der Binnendifferenzierung „unterer Bereich“ beurteilt. Acht Leistungsmerkmale wurden mit der Wertungsstufe „C“ und drei mit der Wertungsstufe „D“ bewertet. Auch dagegen erhob der Antragsteller Widerspruch.

Am 18. August 2015 traf die Auswahlkommission unter Beachtung der neu erstellten Beurteilung des Antragstellers erneut eine Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen und teilte dies dem Antragsteller mit Schreiben vom 10. September 2015 mit.

Der Antragsteller suchte gegen diese Auswahlentscheidung am 28. September 2015 beim Verwaltungsgericht Braunschweig um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach.

Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens änderte die Antragsgegnerin die Beurteilung des Antragstellers zum Stichtag 1. September 2014 erneut. Sie beurteilte den Antragsteller nunmehr mit dem Gesamturteil „C - entspricht voll den Anforderungen -“ sowie der Binnendifferenzierung „mittlerer Bereich“. Neun Leistungsmerkmale wurden mit der Wertungsstufe „C“ und zwei mit der Wertungsstufe „D“ bewertet. Sowohl die einzelnen Leistungsmerkmale als auch das Gesamturteil wurden nicht begründet.

Am 14. Dezember 2015 traf die Auswahlkommission unter Beachtung der neu erstellten Beurteilung des Antragstellers ihre dritte Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen. Der Auswahlvermerk wiederholt im Wesentlichen die Begründung der früheren Auswahlentscheidungen. Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 16. Dezember 2015 mit, dass er zwar das Anforderungsprofil für den ausgeschriebenen Dienstposten erfülle, seine Mitbewerber aber besser beurteilte fachliche Leistungen aufwiesen, so dass er nicht zu einem Auswahlgespräch für diesen Dienstposten einzuladen sei.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 25. Januar 2016 - 7 B 322/15 - der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den am 17. September 2014 ausgeschriebenen Dienstposten „Dienstabteilungsleiter/in im ESD“ bei der Polizeiinspektion G. mit dem Beigeladenen zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist. Das Verwaltungsgericht hat unter Berufung auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. September 2015 (- BVerwG 2 C 13/14, 2 C 15/14, 2 C 18/14, 2 C 27/14, 2 C 28/14, 2 C 5/15, 2 C 6/15, 2 C 7/15, 2 C 12/15 -) ausdrücklich seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und nunmehr eine Begründung des Gesamturteils für erforderlich angesehen, weil sich die vergebene Note nicht geradezu aufgedrängt habe.

Hiergegen hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt und jeweils als Anlage zu den Regelbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen unter dem 24. Februar 2016 gefertigte Begründungen des Gesamturteils der beiden Beurteilungen vorgelegt.

Der Antragsteller ist der Beschwerde entgegengetreten. Der Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 25. Januar 2016 hat Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen eine Änderung der vorinstanzlichen Entscheidung.

Die von der Auswahlkommission der Antragsgegnerin am 14. Dezember 2015 unter Beachtung der neu erstellten Beurteilung des Antragstellers zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung ist nicht fehlerhaft.

Auswahlentscheidungen unterliegen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 30.1.2003 - BVerwG 2 A 1.02 -, juris Rn 11; Nds. OVG, Beschluss vom 15.11.2010 - 5 ME 244/10 -, juris Rn 20; Beschluss vom 6.10.2011 - 5 ME 296/11 -, juris Rn 3). Erweist sich anhand dieses Maßstabs die Auswahlentscheidung als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass der jeweilige Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zuge kommt, erscheint eine Auswahl des jeweiligen Antragstellers also jedenfalls möglich (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -, juris Rn 11 ff.; BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn 32; Nds. OVG, Beschluss vom 8.9.2011 - 5 ME 234/11 -, juris Rn 27), hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg. Dabei darf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010, a. a. O., Rn 32). Das bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen, sondern eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl vornehmen müssen.

Der im Streitfall zu beachtende rechtliche Rahmen ergibt sich aus Art. 33 Abs. 2 GG, wonach öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden dürfen, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen des Amtes genügen wird. Der Dienstherr darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn 19). Dementsprechend darf die Bewerbung des Konkurrenten nur aus Gründen zurückgewiesen werden, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010, a. a. O., Rn 21; Urteil vom 29.11.2012 - BVerwG 2 C 6.11 -, juris Rn 10).

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist der Senat der Auffassung, dass die zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden ist. Aus dem Vergleich der jeweils aktuellen Regelbeurteilungen zum Stichtag 1. September 2014 ergibt sich ein Leistungsvorsprung des Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller, weil das Gesamturteil „C - oberer Bereich“ in der Beurteilung des Beigeladenen gegenüber dem Gesamturteil „C - mittlerer Bereich“ in der Beurteilung des Antragstellers das bessere ist.

Zwar hat das Verwaltungsgericht festgestellt, das erneut durchgeführte Auswahlverfahren leide an Mängeln, weil die Beurteilung des Beigeladenen keine gesonderte Begründung des Gesamturteils enthalte, nicht aussagekräftig und daher ungeeignet sei, diese Auswahlentscheidung zu begründen (BA, S. 5). Richtig ist, dass das Gericht im Streit über die Auswahl für ein Beförderungsamt bereits im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch die der Auswahl zugrunde liegenden dienstlichen Beurteilungen auf ihre Fehlerhaftigkeit zu überprüfen hat, wenn sie Einfluss auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens haben können (BVerwG, Beschluss vom 20.1.2004 - BVerwG 2 VR 3.03 -, juris Rn 10 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 27.8.2014 - 5 ME 110/14 -). Dabei entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats, dass dienstliche Beurteilungen nur eingeschränkt überprüfbar sind mit der Folge, dass sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf beschränken muss, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 - BVerwG 2 C 8.78 -, juris Rn 18; Beschluss vom 18.6.2009 - BVerwG 2 B 64.08 -, juris Rn 6; Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn 9; Nds. OVG, Beschluss vom 28.11.2012 - 5 ME 240/12 -, juris Rn 26). Wenn der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, sind die Beurteiler aufgrund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzuwendenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden (BVerwG, Beschluss vom 18.6.2009, a. a. O., Rn 6). Das Gericht hat dann auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen - speziell denen der maßgeblichen Laufbahnverordnung - sowie mit sonstigen gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17.12.2003 - BVerwG 2 A 2.03 -, juris Rn 11; Urteil vom 17.9.2015, a. a. O., Rn 11; Nds. OVG, Beschluss vom 19.10.2009 - 5 ME 175/09 -, juris Rn 8). Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche und persönliche Beurteilung des Beamten durch seinen Dienstvorgesetzten in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (BVerwG, Urteil vom 26.6.1980, a. a. O., Rn 18). Unter Berücksichtigung dieser beschränkten gerichtlichen Kontrollmöglichkeit liegen indes Beurteilungsmängel entgegen der Feststellung des Verwaltungsgerichts und entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht (mehr) vor. Insbesondere fehlt es nicht (mehr) an einer hinreichenden Plausibilisierung des Gesamturteils der dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen.

Das Gebot, bei der Erstellung der Beurteilung von einem richtigen Sachverhalt auszugehen und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe zu beachten, erfordert es, nachvollziehbar darzulegen, aus welchem Grund der betroffene Beamte das ihm durch die dienstliche Beurteilung erteilte Gesamturteil erhalten hat (Nds. OVG, Beschluss vom 10.1.2008 - 5 LA 102/04 -, juris Rn 4). Welche Begründungspflichten den Dienstherrn bei der Abfassung dienstlicher Beurteilungen treffen und wie weit Plausibilisierungen von Werturteilen im weiteren Verfahren noch möglich sind, hat das Bundesverwaltungsgerichts bereits in seinem grundlegenden Urteil vom 26. Juni 1980 (a. a. O.) entschieden. Danach verlangt der Grundsatz, dass das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung nach außen erkennbar aus der Bewertung und Gewichtung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale zu entwickeln und hinreichend plausibel zu machen ist, nicht, dass die tatsächlichen Grundlagen, auf denen Werturteile beruhen, notwendigerweise in die dienstliche Beurteilung selbst aufzunehmen sind (BVerwG, Urteil vom 26.6.1980, a. a. O., Rn 20). Der Dienstherr kann einerseits einzelne Tatsachen oder Vorkommnisse im Beurteilungszeitraum aufgreifen und aus ihnen wertende Schlussfolgerungen ziehen, wenn er sie etwa zur Charakterisierung des Beamten für besonders typisch hält oder für eine überzeugende Aussage zu einzelnen Beurteilungsmerkmalen für wesentlich erachtet. Er kann sich andererseits aber auch auf die Angabe zusammenfassender Werturteile aufgrund einer unbestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke und Einzelbeobachtungen während des Beurteilungszeitraumes beschränken. Schließlich kann er die aufgezeigten verschiedenen Möglichkeiten, über Eignung und Leistung des Beamten ein aussagekräftiges, auch für Dritte verständliches Urteil abzugeben, in abgestufter Form nebeneinander verwenden bzw. miteinander verbinden (BVerwG, Urteil vom 26.6.1980, a. a. O., Rn 20).

Das Bundesverwaltungsgericht hält an diesen Grundsätzen - mit der Maßgabe einer Modifikation betreffend das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung - ausdrücklich fest (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.9.2015, a. a. O., Rn 15). Denn wenn der Beamte die Beurteilung oder einzelne in ihr enthaltene Werturteile für sachlich nicht gerechtfertigt hält, kann er die Beseitigung oder Änderung der Beurteilung oder die Erstellung einer neuen Beurteilung beantragen und einen entsprechenden Widerspruch erheben. Der Dienstherr muss dann allgemeine und pauschal formulierte Werturteile erläutern, konkretisieren und dadurch plausibel machen. Macht der Dienstherr seine Werturteile plausibel und nachvollziehbar, wird dadurch dem Anspruch des Beamten auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) in einem ausreichenden und zugleich praktikablen, d. h. eine Überforderung des Dienstherrn vermeidenden, Umfang genügt (BVerwG, Urteil vom 26.6.1980, a. a. O., Rn 25; Urteil vom 17.9.2015, a. a. O., Rn 20). Hat der Dienstherr auch im Verwaltungsverfahren allgemein gehaltene Werturteile nicht oder nicht ausreichend erläutert, kann er diese Plausibilisierung noch im Verwaltungsstreitverfahren nachholen (BVerwG, Urteil vom 26.6.1980, a. a. O., Rn 26; Urteil vom 17.9.2015, a. a. O., Rn 21).

Betreffend das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung hat das Bundesverwaltungsgericht diese Grundsätze in seinem Urteil vom 17. September 2015 (a. a. O.) modifiziert. Danach bedarf das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung im Unterschied zu den Einzelbewertungen in der Regel einer gesonderten Begründung, um erkennbar zu machen, wie es aus den Einzelbegründungen hergeleitet wird (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015, a. a. O., Rn 30). Wie die einzelnen, an Art. 33 Abs. 2 GG zu orientierenden Beurteilungsmerkmale zu gewichten sind, gibt Art. 33 Abs. 2 GG nicht unmittelbar vor. Im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens ist es daher Sache des Dienstherrn, festzulegen, welches Gewicht er den einzelnen Merkmalen beimessen will. Das abschließende Gesamturteil ist durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte zu bilden. Diese Gewichtung bedarf schon deshalb einer Begründung, weil nur so die Einhaltung gleicher Maßstäbe gewährleistet ist und das Gesamturteil nachvollzogen und einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden kann (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015, a. a. O., Rn 32).

Dabei erfordert eine plausible Herleitung des Gesamturteils aus den Einzelbewertungen keine Folgerichtigkeit nach rechnerischen Gesetzmäßigkeiten, etwa in der Art, dass die Gesamtbewertung das arithmetische Mittel aus den Einzelnoten sein muss. Vielmehr ist umgekehrt die rein rechnerische Ermittlung des Gesamturteils ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage sogar unzulässig (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015, a. a. O., Rn 33). Einer gegebenenfalls kurzen Begründung des Gesamturteils bedarf es insbesondere dann, wenn die Beurteilungsrichtlinien für die Einzelbewertungen einerseits und für das Gesamturteil andererseits unterschiedliche Bewertungsskalen vorsehen. Denn hier muss erläutert werden, wie sich die unterschiedlichen Bewertungsskalen zueinander verhalten und wie das Gesamturteil aus den Einzelbewertungen gebildet wurde (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015, a. a. O., Rn 36). Im Übrigen sind die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil jedoch nur dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note - vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null - geradezu aufdrängt (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015, a. a. O., Rn 37).

Die Beurteilung des Antragstellers zum Stichtag 1. September 2014 weist im Hinblick auf die unter Nr. 6 des Beurteilungsvordrucks aufgeführten ersten acht Leistungsmerkmale bei sieben Merkmalen die Wertungsstufe „C“ auf und bei dem Merkmal „Sozialverhalten/Teamfähigkeit“ die Wertungsstufe „D“. Dem Antragsteller ist im Hinblick auf diejenigen drei Leistungsmerkmale, welche nur für Beschäftigte in Vorgesetztenfunktion vorgesehen und unter dem Begriff „Führungsverhalten“ zu bewerten sind, zweimal die Wertungsstufe „C“ zuerkannt worden und einmal für die „Personalführung“ die Wertungsstufe „D“. In der Befähigungseinschätzung hat er bei beiden Merkmalen den Grad „normal ausgeprägt“ erhalten. Eine gesonderte Begründung des Gesamturteils enthielt die Beurteilung zunächst nicht.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des beschließenden Senats, wonach im Anwendungsbereich der Beurteilungsrichtlinien für die Polizei des Landes Niedersachsen vom 11. Juli 2008 (Nds. MBl. S. 782) das Gesamturteil „C - mittlerer Bereich“ ohne eine weitere Plausibilisierung durch die Beurteiler allein aus den Bewertungen heraus schlüssig ist, wenn

- alle acht Leistungsmerkmale mit der Wertungsstufe „C“,

- sieben Leistungsmerkmale mit der Wertungsstufe „C“ und eines mit der Wertungsstufe „B“ oder „D“ sowie

- sechs Leistungsmerkmale mit der Wertungsstufe „C“ und zwei mit der Wertungsstufe „B“ oder „D“

bewertet worden sind (Nds. OVG, Beschluss vom 9.5.2012 - 5 LA 100/11 -, juris Rn 6 bis 10), bzw. wenn - unter Berücksichtigung der Bewertungen von elf Leistungsmerkmalen, also der acht üblicherweise zu bewertenden Leistungsmerkmale zuzüglich der drei Leistungsmerkmale aus dem Bereich „Führungsverhalten“

- alle elf Leistungsmerkmale mit der Wertungsstufe „C“

- zehn Leistungsmerkmale mit der Wertungsstufe „C“ und eines mit der Wertungsstufe „B“ oder „D“,

- neun Leistungsmerkmale mit der Wertungsstufe „C“ und zwei mit der Wertungsstufe „B“ oder „D“ sowie

- acht Leistungsmerkmale mit der Wertungsstufe „C“ und drei mit der Wertungsstufe „B“ oder „D“

bewertet worden sind (Nds. OVG, Beschluss vom 29.7.2015, a. a. O., Rn 42 bis 46), ließe sich das Gesamturteil „C - mittlerer Bereich“ in der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers bereits schlüssig aus den einzelnen Leistungsbewertungen ableiten, so dass es auf die Frage einer nachträglichen Plausibilisierung im Verwaltungs- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr ankäme.

Die Beurteilung des Beigeladenen zum Stichtag 1. September 2014 weist im Hinblick auf die unter Nr. 6 des Beurteilungsvordrucks aufgeführten ersten acht Leistungsmerkmale bei drei Merkmalen die Wertungsstufe „B“ auf und bei fünf Merkmalen die Wertungsstufe „C“. Dem Beigeladenen ist im Hinblick auf diejenigen drei Leistungsmerkmale, welche nur für Beschäftigte in Vorgesetztenfunktion vorgesehen und unter dem Begriff „Führungsverhalten“ zu bewerten sind, zweimal die Wertungsstufe „C“ zuerkannt worden und einmal die Wertungsstufe „B“. In der Befähigungseinschätzung hat er bei den beiden Merkmalen einmal den Grad „stärker ausgeprägt“ und einmal „normal ausgeprägt“ erhalten. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Senats ließe sich das Gesamturteil „C - oberer Bereich“ schlüssig aus den einzelnen Leistungsbewertungen ableiten. Eine gesonderte Begründung des Gesamturteils enthielt die Beurteilung zunächst nicht.

Ob an dieser Rechtsprechung des Senats zur Plausibilisierung von Gesamturteilen der Wertungsstufe „C“ angesichts des vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. September 2015 (a. a. O.) herausgestellten regelmäßigen Begründungserfordernisses im Hinblick auf das Gesamturteil dienstlicher Beurteilungen festgehalten wird oder sie zu modifizieren ist, bedarf im Streitfall aus den nachfolgenden Gründen keiner Entscheidung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat nicht in jedem Fall eine gesonderte Begründung des Gesamturteils für erforderlich gehalten. Es hat ausdrücklich festgestellt, dass eine solche Begründung auch entbehrlich sein kann. Dies ist der Fall, wenn eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note - vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null - geradezu aufdrängt (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015, a. a. O., Rn 37). Das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls hat das Verwaltungsgericht zwar vorliegend sowohl für die Beurteilung des Antragstellers als auch des Beigeladenen ausgeschlossen und jeweils auf ein „uneinheitliches Leistungsbild“ verwiesen (BA, S. 8). Der Senat hat jedoch erhebliche Zweifel daran, ob sich aus den Einzelbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen ein „uneinheitliches Leistungsbild“ ergibt oder ob sich nicht vielmehr eine Note geradezu aufdrängt. Der Senat hält es entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts für sehr zweifelhaft, dass für den Beigeladenen das Gesamturteil „C“ mit der schlechteren Binnendifferenzierung „mittlerer Bereich“ in Betracht kommt. Denn aus der Bewertung der Leistungsmerkmale mit viermal der Wertungsstufe „B“ und achtmal der Wertungsstufe „C“ ergibt sich eine eindeutige Tendenz zum Gesamturteil „C - oberer Bereich“. Vieles spricht auch beim Antragsteller dafür, dass sich aufgrund der Bewertung seiner Leistungsmerkmale mit neunmal „C“ und zweimal „D“ das Gesamturteil „C - mittlerer Bereich“ ableiten lässt.

Es kann indes letztlich dahinstehen, ob ein Ausnahmefall im Sinne der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17.9.2015, a. a. O.) vorliegt, in dem eine gesonderte Begründung der Beurteilung des Beigeladenen und des Antragstellers entbehrlich ist. Selbst wenn ein solcher Ausnahmefall nicht vorgelegen und es sich bei der fehlenden gesonderten Begründung des Gesamturteils um einen Mangel gehandelt hätte, kämen diesem Mangel jedoch keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung zu, weil ihn die Antragsgegnerin zwischenzeitlich behoben hätte. Denn die Antragsgegnerin hat jedenfalls im Beschwerdeverfahren eine ausdrückliche Begründung dafür gegeben, wie das jeweilige Gesamturteil der dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen aus den Einzelbewertungen entwickelt worden ist (vgl. Beschwerdebegründung vom 1.3.2016 - BB -, S. 5 f. [Bl. 125 f./GA]). Ebenso wie in Bezug auf die Einzelmerkmale kann auch die Begründung des Gesamturteils noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgeholt werden (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 10.3.2016 - 5 ME 4/16 - ).

Die Beurteilung des Antragstellers mit dem Gesamturteil „C - mittlerer Bereich“ wurde vom Erstbeurteiler EKHK H. und dem Zweitbeurteiler PD I. unter Abstimmung mit den an der Beurteilung beteiligten POR J., PD K. und EKHK L. nochmals einer Gesamtwürdigung unterzogen. Dabei haben die Beurteiler bei dem Antragsteller in Bezug auf die Leistungsmerkmale „3. Organisationsfähigkeit/Arbeits-planung“ und „4. Aufgabenbewältigung“ besondere Kompetenzen erkannt, was der Binnendifferenzierung „C - oberer Bereich“ entspreche. Sie haben festgestellt, dass die weiteren unter Nr. 6 des Beurteilungsvordrucks aufgeführten und mit „C“ bewerteten fünf Leistungsmerkmale der Binnendifferenzierung „C - mittlerer Bereich“ entsprächen. Das Leistungsmerkmal „8. Sozialverhalten/Teamfähigkeit“ sei genauso wie das Leistungsmerkmal im Bereich Führungsverhalten „Personalführung“ mit „D“ bewertet worden. Im Bereich des Führungsverhaltens seien die Merkmale 1 und 2 dem Bereich „C - unterer Bereich“ zuzuordnen. Im Beurteilungszeitraum vom 1. September 2011 bis 9. Dezember 2012 (Wahrnehmung von Aufgaben nach A 12) hätten die Leistungsmerkmale 1 und 2 und die Leistungsmerkmale des Führungsverhaltens besondere Bedeutung hinsichtlich der Gewichtung. Danach sei der Antragsteller in Sachbearbeiterfunktionen eingesetzt gewesen, wobei die Leistungsmerkmale 4 und 5 von besonderer Bedeutung gewesen seien. Aus einer Gesamtwürdigung aller Leistungsmerkmale des gesamten Beurteilungszeitraums ergebe sich noch das Gesamturteil „C - mittlerer Bereich“. Damit haben die Beurteiler nachträglich hinreichend plausibilisiert, wie sie die Einzelleistungsmerkmale in der Beurteilung des Antragstellers gewichtet haben und dementsprechend zu dem vergebenen Gesamturteil gelangt sind. Der Umstand, dass diese nachträgliche Plausibilisierung durch Konkretisierung von Einzelleistungsmerkmalen der Bewertungsstufe „C“ mit den Formulierungen „C oben, mitte, unten“ erfolgt ist, ist nach der Rechtsprechung des Senats rechtlich nicht zu beanstanden (Nds. OVG, Beschluss vom 28.10.2014 - 5 LA 120/14 -, Beschluss vom 9.3.2016 - 5 LA 157/15 - und Beschluss vom 10.3.2016 - 5 ME 4/16 -).

In Bezug auf die Regelbeurteilung des Beigeladenen hat die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren ebenfalls eine ausdrückliche Begründung des Gesamturteils vorgelegt.

Die Beurteilung des Beigeladenen mit dem Gesamturteil „C - oberer Bereich“ wurde vom Erstbeurteiler PHK M. und dem Zweitbeurteiler PD I. unter Abstimmung mit dem an der Beurteilung beteiligten EKHK H. nochmals einer Gesamtwürdigung unterzogen. Dabei haben die Beurteiler bei dem Antragsteller in Bezug auf die Leistungsmerkmale „5. Fachkompetenz“ und „6. Entscheidungs- und Durchsetzungsfähigkeit“ besondere Kompetenzen erkannt, was der Binnendifferenzierung „C - oberer Bereich“ entspreche. Sie haben festgestellt, dass die weiteren unter Nr. 6 des Beurteilungsvordrucks aufgeführten und mit „C“ bewerteten drei Leistungsmerkmale der Binnendifferenzierung „C - mittlerer Bereich“ entsprächen. Die Leistungsmerkmale „1. Berufliches Selbstverständnis/Bürgerorientierung“, „3. Organisationsfähigkeit/Arbeits-planung“ und „8. Sozialverhalten/Teamfähigkeit“ seien mit „B“ bewertet worden. Im Bereich des Führungsverhaltens sei das Merkmal 1 mit „B“ bewertet worden und seien die Merkmale 2 und 3 dem Bereich „C - mittlerer Bereich“ zuzuordnen. Der Beigeladene sei bis auf einen Zeitraum von sechs Monaten als Dienstabteilungsleiter (A 12, mdWdGb) eingesetzt gewesen, so dass diese Verwendung für den Beurteilungszeitraum prägend gewesen sei. Die Leistungsmerkmale 1 und 2 sowie die Merkmale des Führungsverhaltens seien deshalb von besonderer Gewichtung. Die Gesamtwürdigung „C oben“ ergebe sich aus der Gesamtwürdigung aller Leistungsmerkmale des gesamten Beurteilungszeitraums. Dementsprechend haben sie das vergebene Gesamturteil von „C - oberer Bereich“ jedenfalls im Beschwerdeverfahren hinreichend plausibilisiert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Beschwerdeverfahren waren nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitsgründen dem Antragsteller aufzuerlegen, weil der Beigeladene in diesem Verfahren keinen Antrag gestellt und sich deshalb auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 i. V. m.  Satz 1 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).