Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 11.09.2002, Az.: 6 A 3275/00

Ausnahmefall; Beihilfe; ESWT; extrakorporale Stoßwellentherapie; Fersensporn; Fürsorgepflicht

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
11.09.2002
Aktenzeichen
6 A 3275/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43571
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Regelmäßig ist die extrakorporale Stoßwellentherapie zur Behandlung etwa eines Fersensporns nicht beihilfefähig, da diese zutreffend als Methode nicht allgemein wissenschaftlich anerkannt ist.

Tatbestand:

1

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Beihilfe für eine extrakorporale Stoßwellentherapie, mit der ein Fersensporn am rechten Fuß des Klägers beseitigt werden sollte.

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Der im ... geborene Kläger ist Landesbeamter und ist als Lehrer u. a. für das Fach Sport an einer großen Schule in ... tätig. Er leidet an einem Zustand einer Archillodynie rechts, borsalen Fersensporn rechts und einer Tendinitis calcarea rechts bei der Achillessehne. Deswegen verordnete der in der mündlichen Verhandlung als Zeuge gehörte Facharzt für Orthopädie dem Kläger zwecks Linderung der Schmerzen und möglicher Beseitigung der Kalkablagerungen eine extrakorporale Stoßwellentherapie, die an der rechten Ferse des Klägers am 15. und 22. März sowie 5. April 2000 angewandt wurde. In der vom Facharzt für Orthopädie unter dem 29. April 2000 für seine Bemühungen über insgesamt 2.873,90 DM erstellten Rechnung waren unter der Nr. 1860 der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) bei 1,3-fachem Satz für jede Behandlung 889,20 DM eingestellt.

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Mit Beihilfeantrag vom 7. Mai 2000 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Gewährung von Beihilfe für diese Rechnung. Mit Bescheid vom 11. Mai 2000 gewährte der Beklagte dem Kläger lediglich eine eingeschränkte Beihilfe und sah die an drei Tagen durchgeführte Elektrostoßwellentherapie im Gesamtumfang von 2.667,60 DM nicht als beihilfefähig an. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich dabei um eine Behandlung mit wissenschaftlich nicht allgemein anerkannter Methode handele und diese daher nicht beihilfefähig sei. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 14. Juni 2000 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass der Gebührenordnungsausschuss der Ärzte am 21. Juni 1998 diese Behandlung als abrechnungsfähig unter der Nr. 1860 in analoger Anwendung dann angesehen habe, wenn sich die Behandlung lediglich auf drei Male beziehe und nur ein 1,3-facher Ansatz berechnet werde.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2000 - zugestellt am 14. August 2000 - wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei der Elektrostoßwellentherapie bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen um eine Behandlungsmethode handele, die nicht wissenschaftlich allgemein anerkannt sei. Daher habe der Niedersächsische Finanzminister mit Runderlass vom 13. Oktober 1998 (Niedersächsisches Ministerialblatt S. 1370) ausdrücklich die mangelnde Beihilfefähigkeit unter diesen Voraussetzungen bestimmt.

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Am 31. August 2000 hat der Kläger Klage erhoben. Er macht geltend: Alle anderen Behandlungen seines Fersensporns hätten ihm keine Linderung der Beschwerden gebracht. Denn konservative Therapiemaßnahmen hätten nicht weiter geführt. Aufgrund der Dauer und der Intensität der Beschwerdesymptomatik  sei nach konservativer Methode nur noch ein operativer Eingriff in Betracht zu ziehen gewesen. Nach Beratung mit dem Zeugen habe er davon aber abgesehen, weil die Elektrostoßwellentherapie zum einen kostengünstiger als eine operative Maßnahme sei und zudem noch regelmäßig keine Arbeitsunfähigkeit wie bei der Operation hervorgerufen werde. Hinzu komme, dass diese Behandlungsmethode praktisch ohne Nebenwirkungen sei und in einer Vielzahl von Fällen einen Heilerfolg bringe. So sei auch bei ihm es durch diese Therapie wieder möglich gewesen, beschwerdefrei zu laufen, was vorher nicht der Fall gewesen sei. Dies sei insbesondere für seine Tätigkeit als Sportlehrer in der Schule wichtig gewesen. Zu Unrecht sei auch diese Therapie als wissenschaftlich nicht anerkannt bezeichnet worden. Denn zum einen werde diese Methode bereits seit langem im Bereich der Urologie eingesetzt. Zum Anderen gäbe es durchaus einige wissenschaftliche Aufsätze, die die Wirksamkeit der Methode darlegten. Hinzu komme, dass private Krankenkassen regelmäßig derartige Kosten einer Heilbehandlung übernehmen würden. Wenn der Beklagte auf den Ausschluss der Ersatzfähigkeit dieser Behandlungsmethode durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen abhebe, so liege das nur daran, dass die Krankenkassen wegen der großen Arbeitslosigkeit nicht über ausreichende Einkünfte verfügten, so dass sie zur Begrenzung der Kosten unter allen möglichen Gesichtspunkten neigten.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2000 und dessen Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2000 aufzuheben, soweit mit ihnen die Beihilfefähigkeit für die am 15. und 22. März sowie am 5. April 2000 durch den Arzt Dr. ... durchgeführte extrakorporale Stoßwellentherapie abgelehnt wurde, und

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den Beklagten zu verpflichten, ihm eine weitere Beihilfe in Höhe von 681,96 € aus Anlass der Behandlungen des Dr. ... am 15. und 22. März sowie 5. April 2000 zu gewähren.

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Der Beklagte beantragte,

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die Klage abzuweisen.

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Er erwidert: Durch § 6 Abs. 2 der Beihilfevorschriften sei der Bundesminister des Inneren ermächtigt, Aufwendungen für Untersuchungen oder Behandlungen nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode auszuschließen. Von dieser Ermächtigung habe der Minister und ihm nachfolgend der Niedersächsische Finanzminister mit Runderlass vom 13. Oktober 1998 Gebrauch gemacht, denn es handele sich bei der extrakorporalen Stoßwellentherapie jedenfalls hinsichtlich der orthopädischen und schmerztherapeutischen Indikation um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Methode zur Behandlung der vorliegenden Indikationen. Es entspreche auch dem System des Beihilferechts, was letztlich eine Ausformung der Fürsorge des Dienstherrn für den Beamten sei, dass er nicht jedwede vertretbaren Kosten als beihilfefähig anerkenne, sondern sich am Erfordernis der Notwendigkeit einer ärztlichen Maßnahmen orientiere, denn er sei dem Gebot sparsamer Haushaltsführung verpflichtet.

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In der mündlichen Verhandlung ist der behandelnde Facharzt des Klägers als Zeuge zu der Frage gehört worden, ob am Kläger am 15. und 22. März und 5. April 2000 eine extrakorporale Stoßwellenlithotripsie vorgenommen wurde und ob zur Art der Behandlung eine Alternative vorhanden war.

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Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Terminsprotokolls verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Behandlungen am 15. und 22. März und 5. April 2000 mit der extrakorporalen Stoßwellentherapie durch den Facharzt für Orthopädie. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dazu im Einzelnen:

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Rechtsgrundlage für das Verpflichtungsbegehren des Klägers ist § 87 c Abs. 1, Sätze 1 und 2 des Niedersächsischen Beamtengesetzes - NBG - (i. d. F. vom 11. Dezember 1985, Nieders. GVBl. S. 493, geändert durch Art. 14 Nr. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 199 vom 21. Januar 1999, Nieders. GVBl. S. 10, 13). Danach erhalten Beamte und Versorgungsempfänger im Lande Niedersachsen Beihilfe nach dem für die Beamten des Bundes geltenden Vorschriften, wobei die Beihilfevorschriften des Bundes - BhV - i. d. F. vom 10. Juli 1995 (GMBl. 1995, 470) maßgebend sind.

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1. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie nach Umfang und Höhe angemessen sind. Regelmäßig kann dabei die Gebührenordnung der Ärzte - GOÄ - (i. d. F. vom 9. Februar 1996, BGBl. I S. 210, zuletzt geändert durch Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S. 2626) als Grundlage für die Anerkennung der Beihilfefähigkeit von ärztlichen Maßnahmen herangezogen werden. Indessen ist im vorliegenden Falle von Bedeutung, dass unter der Ziffer 1860 GOÄ die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie als anerkannte Methode im Bereich der Urologie zur Zertrümmerung von Blasen-, Nieren- oder Gallensteinen angesprochen ist. Im vorliegenden Falle hat aber die Beweisaufnahme ergeben, dass der Facharzt für Orthopädie beim Kläger nicht die Maßnahme vorgenommen hat, die er bei seiner Rechnung vom 29. April 2000 aufgeführt hat. Vielmehr hat der Facharzt bei dem Kläger eine sog. extrakorporalen Stoßwellentherapie tatsächlich angewandt. Das hat der Zeuge in der mündlichen Verhandlung bei seiner Vernehmung auch eingeräumt. Soweit er im Termin zur mündlichen Verhandlung darauf abgehoben hat, dass der Gebührenordnungsausschuss der Bundesärztekammer in seiner 15. Sitzung vom 21. Juli 1998 hinsichtlich der Berechnung der orthopädischen Stoßwellenbehandlung ausgesprochen habe, dass bei einer derartigen Therapie die Ziffer 1860 GOÄ analog herangezogen werden könne, ist dies in der betreffenden Rechnung nicht erfolgt. Hinzu kommt, dass nach dieser Verlautbarung des Gebührenordnungsausschusses nur zwei Sitzungen mit dieser Position analog berechenbar ist und lediglich im Ausnahmefall einmal ein weiterer Ansatz dieser Position analog nur mit einer besonderen Begründung erfolgen kann (vgl. Topka/Möhle, Kommentar zum Beihilferecht Niedersachsens und des Bundes, 5. Aufl., Stand September 2000, § 5 Erl. auf S. 69, 6). Wie dieses Verhalten des Zeugen rechtlich zu bewerten ist, ist nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung. Jedenfalls ist eine Beihilfefähigkeit der vom Kläger eingereichten Rechnung bereits schon deswegen ausgeschlossen, weil die dort in Rechnung gestellte Steinzertrümmerung nicht stattgefunden hat.

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2. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 1 Abs. 2 Satz 1, §§ 5 und 6 BhV, da die Beihilfefähigkeit der Elektrostoßwellentherapie gemäß § 6 Abs. 2 BhV ausgeschlossen ist.

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Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV sind Aufwendungen für ärztliche Leistungen aus Anlass einer Krankheit (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV) beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach angemessen und notwendig sind. Die Angemessenheit richtet sich dabei gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BhV nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), für die mangels einer ausdrücklichen Ziffer die Anwendung der Ziffer 1860 analog in Betracht zu ziehen ist.

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Nach § 6 Abs. 2 BhV kann allerdings die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine Behandlung nach einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methode ausgeschlossen werden. Ein derartiger Ausschluss ist grundsätzlich auch nicht zu beanstanden, da er sich im Rahmen des dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner Fürsorgepflicht zustehenden Ermessens hält. Denn bei der Ausfüllung seiner Fürsorgepflicht steht dem Dienstherrn ein weiter Gestaltungsspielraum zu, wobei er in pauschalierender und typisierender Betrachtungsweise auf Regelfälle abstellen darf (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 11. September 1995 - 3 B 94.750). Daher ist der Dienstherr nicht verpflichtet, in jedem Falle einer Erkrankung einer lückenlosen Erstattung jeglicher Aufwendungen für den Beamten sicher zu stellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Sep. 1992, DVBl. 1992, 1590 [BVerfG 16.09.1992 - 2 BvR 1161/89]). Letztlich beruht der Ausschluss wissenschaftlich nicht allgemein anerkannter Behandlungsmethoden  von der Beihilfefähigkeit auf dem Gebot der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln. Denn es liegt auf der Hand, dass ein Dienstherr nicht verpflichtet sein kann, Behandlungsmaßnahmen im Wege der Beihilfe mit zu finanzieren, deren Notwendigkeit zu Recht in Zweifel gezogen wird.

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Im vorliegenden Falle hat der Niedersächsische Finanzminister durch den Runderlass vom 13. Oktober 1998 (NdsMBl. S. 1370) die extrakorporale Stoßwellentherapie bei chirurgischen, orthopädischen und schmerztherapeutischen Indikationen als wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Als wissenschaftlich anerkannt sind nur solche Heilmethoden anzusehen, die von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für die Behandlung der jeweiligen Krankheit als wirksam und geeignet angesehen werden (vgl. BVerwG ZBR 1999, 25). Werden nach § 6 Abs. 2 BhV ein neuartiges medizinisches Verfahren oder Arzneimittel von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen, so wird damit kein Werturteil über die Eignung oder Nichteignung der Methode abgegeben. Mit dem Ausschluss wird vielmehr nur der Fürsorgepflicht genügt, dass mit den als Fürsorgemaßnahmen gedachten Beihilfen möglicherweise ein ungeeignetes Verfahren unterstützt wird. Denn der Dienstherr darf seine Beihilfeleistungen auf derartige medizinische Verfahren und Arzneimittel beschränken, von denen er hinreichend hinsichtlich ihrer Wirksamkeit - insbesondere deren Notwendigkeit - überzeugt ist.

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Auch im vorliegenden Falle mag durchaus für die extrakorporale Stoßwellentherapie sprechen, dass bei dieser Methode Operationen vermieden werden, die hinsichtlich des Wundheilungsprozesses und der Narbenbildung Risiken oder Unannehmlichkeiten in sich bergen. Letztlich muss bei einer Operation auch von einer länger andauernden Arbeitsunfähigkeit des Patienten ausgegangen werden. Bei herkömmlichen anderen Therapien ergeben sich durch die Gaben von Medikamenten möglicherweise Probleme hinsichtlich ihrer Verträglichkeit oder Nebenwirkungen; auch bei lokalen Infiltrationen (Salben) können derartige negative Wirkungen insbesondere bei dem Organ Haut nicht ausgeschlossen werden. Indessen liegen hinsichtlich der extrakorporalen Stoßwellentherapie gleichwohl nicht in genügendem Umfange Erkenntnisse darüber vor, dass diese allgemein in der Wissenschaft als geeignet und erfolgversprechende Therapie anerkannt sind. So hat der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1  Satz 2 Nr. 5 SGB V mit Beschluss vom 24. April 1998 diese Behandlungsmethode bei den Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in die Anlage B aufgenommen, d. h. diese Behandlungsmethode ist bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen nicht wissenschaftlich anerkannt (vgl. Bundesanzeiger 1998, S. 10507). Durch Beschluss des Bundesausschusses vom 10. Dezember 1999 - veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 56 vom 21. März 2000 - sind die geltenden Beschlüsse in die Richtlinie über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V übergeleitet worden und die streitbefangene Stoßwellentherapie ist nunmehr in der Anlage B Nr. 23 als wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt aufgeführt (vgl. Bundesanzeiger 2000 S. 4602). Dass diese Einschätzung des Bundesausschusses in den sog. BUB-Richtlinien zutreffend ist, wird durch das Vorbringen des Klägers nicht substantiiert in Frage gestellt. Auch besteht für das Gericht kein Anlass für eine weitere Sachaufklärung, denn in diesem Zusammenhang sind an die Substantiierungspflicht des Beihilfeberechtigten hohe Anforderungen zu stellen, wenn eine derartige wissenschaftlich fundierte Meinung in Frage gestellt werden soll. Daher wurden auch bislang in der Rechtsprechung die von interessierten Kreisen gegen diese Entscheidung in den BUB-Richtlinien geführten Angriffe zurück gewiesen (vg. Landessozialgericht Berlin, Urteil vom 31. Mai 2000 - L 15 KR 6/99 -; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20. Juni 2000 - L 5 KR 14/00 - beide zitiert nach juris; ebenfalls den allgemeinen Ausschluss bestätigend: Verwaltungsgericht Augsburg, Urteil vom 20. Dezember 2001 - Au 2 A 99.201 - V.n.b.). Es ist daher auch für den Bereich der Beihilfe nicht einzusehen, wenn Beamte und Versorgungsempfänger in dieser Hinsicht besser stehen sollten als Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen, denen ebenfalls im Bereich der Behandlung das Notwendige gewährt werden soll.

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3. Allerdings kann es die Fürsorgepflicht (§ 87 NBG) des Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Kosten einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht aber nur dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht heraus gebildet hat (z. B. bei unbekannter Genese von Krankheiten), wenn im Einzelfall das allgemein anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf (z. B. bei einer Gegenindikation) oder wenn das allgemein anerkannte Heilverfahren bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit in derartigen Ausnahmefällen ist dabei stets, dass nach dem Stand der Wissenschaft hinsichtlich der in Rede stehenden Außenseitermethode die begründete Erwartung besteht, sie könnten nach einer medizinischen Erprobungsphase noch die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung erlangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1995, NJW 1996, 801 = ZBR 1996, 48; Urteil vom 18. Juni 1998, ZBR 1999, 25 = DVBl. 1999, 317). Von einer derartigen Ausnahmesituation kann allerdings im vorliegenden Falle nicht ausgegangen werden. Nach den Bekundungen des Zeugen im Termin zur mündlichen Verhandlung stand die Methode einer Operation ohne weiteres zur Verfügung. Dass der Kläger sie aus - verständlichen - bestimmten Gründen nicht gewählt hat, führt nicht dazu, dass vom Fehlen einer anerkannten Behandlungsmethode oder deren Ausschluss im vorliegenden Falle ausgegangen werden müsste.