Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 26.09.2002, Az.: 4 A 4408/00
Abwägung; Abwägungsfehler; Ausschlusswirkung; Außenbereich; Bauvorbescheid; Bürgerbeteiligung; Einvernehmen; Einzelanlage; Flächennutzungsplan; Genehmigung; Konzentrationszone; Landschaftspflege; Naturhaushalt; Naturschutz; Potentialstudie; qualifizierter Bebauungsplan; raumbedeutsame Maßnahme; Raumordnung; Raumordnungsverfahren; Sonderbaufläche; Vorbildwirkung; Windenergieanlagen; Windfarm; Windpark; öffentliche Bekanntmachung; öffentlicher Belang
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 26.09.2002
- Aktenzeichen
- 4 A 4408/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43648
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 2 BBauG
- § 3 Abs 2 BBauG
- § 3 Abs 3 BBauG
- § 4 BBauG
- § 6 Abs 1 BBauG
- § 35 Abs 1 BBauG
- § 35 Abs 3 S 3 BBauG
- § 35 Abs 5 BBauG
- § 13 ROG
- § 15 ROG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zu dem Erfordernis einer erneuten Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange nach einer teilweisen Versagung der Genehmigung für eine Änderung des Flächennutzungsplans.
Zu dem Erfordernis der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens vor Erteilung einer Genehmigung für einzelne Windenergieanlagen.
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin einen Bauvorbescheid für die Errichtung von 2 Windenergieanlagen des Typs Enercon E 40/500 kW gemäß ihrer Bauanfrage vom 4. Februar 1999 für die in der Anlage zum Schriftsatz vom 11. Juni 2002 als WEA 4 und WEA 5 bezeichneten Standorte zu erteilen,
sowie die Bescheide des Beklagten vom 24. März 1999 und der Bezirksregierung Weser-Ems vom 9. November 2000 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, tragen die Klägerin und der Beklagte die Kosten jeweils zur Hälfte, soweit der Klage darüber hinaus entsprochen worden ist, trägt der Beklagte die Kosten in vollem Umfang; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheides für Windenergieanlagen.
Mit Schreiben vom 4. Februar 1999 beantragte die Klägerin die Erteilung eines positiven Bauvorbescheides für die Errichtung von 9 Windenergieanlagen auf den Flurstücken ../.., ../.. und ../.. der Flur .. der Gemarkung ... sowie der Flurstücke ../.., ../.. und ../.. der Flur .. der Gemarkung .... Gegenstand des Antrags sind Anlagen des Typs Enercon 40 mit jeweils einer Nennleistung von 500 kW, einer Nabenhöhe von 55 m und einem Rotordurchmesser von 40,3 m. Die vom Antrag erfassten Standorte liegen außerhalb der in der 1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplans der beigeladenen Stadt (Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999) dargestellten Sonderbaufläche für Windenergieanlagen „...“.
Der Beklagte lehnte die Erteilung des Bauvorbescheides mit Bescheid vom 24. März 1999 ab. Zur Begründung verwies er auf die Ausschlusswirkung des Flächennutzungsplans. Dem Vorhaben stünden öffentliche Belange entgegen, da es außerhalb der Konzentrationszone für Windenergieanlagen errichtet werden solle. Außerdem habe die beigeladene Stadt das erforderliche Einvernehmen versagt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch. Sie machte geltend, die Änderung des Flächennutzungsplans sei unwirksam, insbesondere bezogen auf die Nichtausweisung des von ihr beantragten Standortes abwägungsfehlerhaft.
Die Bezirksregierung Weser-Ems wies den Widerspruch durch Bescheid vom 9. November 2000 als unbegründet zurück. Die Versagung des Einvernehmens durch die beigeladene Stadt sei rechtmäßig erfolgt. Mit den Festsetzungen des Flächennutzungsplans über Sonderbauflächen für Windenergieanlagen mit gleichzeitigem Ausschluss von Einzelanlagen für Windenergie im übrigen Gemeindegebiet stünden dem Vorhaben die Darstellungen im Flächennutzungsplan als öffentlicher Belang entgegen. Der Einwand, die Änderung des Flächennutzungsplans sei in der bekannt gemachten Fassung unwirksam, sei unzutreffend. Mit der öffentlichen Bekanntmachung der Ratsbeschlüsse seien die 1. und 15. Flächennutzungsplanänderung der beigeladenen Stadt wirksam geworden. Die Genehmigungsverfahren seien damit im Ganzen abgeschlossen worden; eines erneuten öffentlichen Verfahrens habe es nicht bedurft.
Am 30. November 2000 hat die Klägerin die zunächst auf die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung eines Bauvorbescheides für 9 Windenergieanlagen gerichtete Klage erhoben. Mit einem am 12. Juni 2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin erklärt, dass die Klage nur noch im Hinblick auf zwei Windenergieanlagen – Nr. 4 und Nr. 5 – weiterverfolgt werde. Im Übrigen hat sie den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt; der Beklagte hat sich dieser Erklärung angeschlossen.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor: Öffentliche Belange stünden dem Vorhaben nicht entgegen. Der Flächennutzungsplan sei insbesondere bezogen auf die Nichtausweisung des von der Klägerin gewählten Standortes abwägungsfehlerhaft. Er leide darüber hinaus an erheblichen Form- und Verfahrensmängeln, die fristgerecht gerügt worden seien. Die Bekanntmachung der Genehmigung der 1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplanes sei unzutreffend. Dort werde ausgeführt, dass der Rat der Beigeladenen in seiner Sitzung am 24. März 1998 den Maßgaben der Genehmigungsverfügung der Bezirksregierung Weser-Ems vom 6. Februar 1998 zur ersten Änderung des Flächennutzungsplans beigetreten sei. Tatsächlich habe der Rat am 24. März 1998 aber nur sinngemäß die Rücknahme der gegen die Genehmigungsverfügung erhobenen Klage beschlossen. Soweit er weiter beschlossen habe, „auch in Kenntnis des abweichenden Planungsergebnisses an seiner Abwägung für den genehmigten Bereich des Windparks „...““ festzuhalten, sei dies weder inhaltlich bzw. nach dem Wortlaut ein Beitrittsbeschluss noch sei die Erklärung so gemeint gewesen. Der Verwaltungsausschuss habe am 15. Oktober 1998 auch noch beschlossen, dem Rat zu empfehlen, das Genehmigungsverfahren für den Windpark ... durch die Bezirksregierung nunmehr fortzusetzen. Der Rat habe in seiner Sitzung am 17. November 1998 entgegen dieser Empfehlung jedoch einen Sinneswandel vollzogen. Zu dem gebotenen Verfahren gemäß § 3 Abs. 3, 4 Abs. 4 BauGB und den anschließenden Verfahrensschritten sei es nicht gekommen. Damit sei auch den Eigentümern der Flächen innerhalb der in der ursprünglichen Entwurfsbekanntmachung der 1. Änderung des Flächennutzungsplans vom 6. Juni 1997 vorgesehenen Sondergebiete jede Möglichkeit genommen worden, zu deren wesentlichen Änderung des Planentwurfs Stellung zu nehmen. Beschlossen habe der Rat am 15. Dezember 1998 erstens die 15. Änderung des Flächennutzungsplans für das südliche Stadtgebiet und zweitens eine erneute Änderung der 1. Änderung des Flächennutzungsplans insoweit, als die vorgesehene Fläche für den Windpark ... gestrichen werde. Dieser „erneuten Änderung“ sei überhaupt kein ordnungsgemäßes Verfahren vorausgegangen. Der Rat der Beigeladenen habe drittens am 15. Dezember 1998 die redaktionelle Zusammenfassung der 1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplans und diese als 26. Änderung beschlossen. Auch dieser 26. Änderung liege kein Verfahrensschritt iSd. §§ 3 Abs. 1, 3 Abs. 2 BauGB oder ggf. § 3 Abs. 3 BauGB zugrunde. Die Bekanntmachung vom 22.02.1999 berücksichtige mithin nicht, dass der Windpark „...“ von der Genehmigung der Bezirksregierung Weser-Ems vom 6. Februar 1998 nicht erfasst und dieser Planbereich nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens gewesen sei. Daneben sei die getroffene Aussage zum Beitrittsbeschluss unzutreffend. Schließlich sei das Verfahren unter Berücksichtigung des § 3 Abs. 3 BauGB insgesamt fehlerhaft. Bei der wesentlichen Änderung der Planung – Entfall von 2/3 bis 1/2 der vorgesehenen Flächen für Sondergebiete – hätte ein Maßgabenbeitrittsbeschluss ohnehin nicht gereicht, sondern wäre zumindest das Verfahren gem. §§ 3 Abs. 3, 4 Abs. 4 BauGB durchzuführen gewesen. Unrichtig sei schließlich der in der Bekanntmachung dargestellte Inhalt der 1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplans. Auf die daneben noch gegebenen Abwägungsfehler und die daraus resultierende relative Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans bezogen auf den fraglichen Standort komme es daher nicht mehr an.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin einen positiven Bauvorbescheid für die Errichtung von 2 Windenergieanlagen des Typs Enercon E 40/500 kW gemäß ihrer Bauanfrage vom 4. Februar 1999 für die in der Anlage zum Schriftsatz vom 11. Juni 2002 als WEA 4 und WEA 5 bezeichneten Standorte zu erteilen
sowie die Bescheide des Beklagten vom 24. März 1999 und der Bezirksregierung Weser-Ems vom 9. November 2000 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die angefochtenen Bescheide. Eine Verwerfungskompetenz hinsichtlich des Flächennutzungsplans der Beigeladenen stehe ihm nicht zu. Für das Bauvorhaben sei zunächst ein Raumordnungsverfahren durchzuführen, da die Planung als raumbedeutsame Maßnahme einzustufen sei. Die noch vorgesehenen 2 Anlagen lägen in einem engen räumlichen Zusammenhang und sollten in einer offenen Marschenlandschaft, die eine geringe Erschließung und nur wenige Vertikalelemente aufweise, verwirklicht werden. Durch die beachtliche Höhe (Gesamthöhe 75,15 m) seien die Anlagen in der flachen und offenen Landschaft von weither wahrzunehmen. Ferner gehe von den Anlagen die realistische Gefahr einer Vorbildwirkung aus, denn andere Betreiber planten in unmittelbarer Nachbarschaft in Altfunnixsiel, Berdum und Eggelingen insgesamt 7 weitere ähnliche Anlagen. Das Bauvorhaben könne außerdem nicht zugelassen werden, weil ihm die öffentlichen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege entgegenstünden. Zwar sei der Standort innerhalb des Planungsraumes des nicht realisierten Windparks ... aus der Sicht des Naturhaushalts als weniger empfindlich bewertet worden. Nach der Realisierung des Windparks ... komme aber den noch nicht mit Windenergieanlagen überplanten Resträumen eine besondere Bedeutung zu. Sie seien aufgrund ihrer im Vergleich zu den umliegenden Marschenarealen relativen Ungestörtheit wichtige „Ausweichhabitate“ für marschentypische Vogelarten (Wiesen- und Watvögel) und andere Vogelarten der offenen Feldflur. Aufgrund ihres Landschaftsbildes stellten sie wichtige Bereiche dar, die sich deutlich von der mit Einzelwindenergieanlagen dicht bestandenen Umgebung abheben und in denen der ursprüngliche Marschencharakter erhalten geblieben sei. Der Planungsraum liege innerhalb des IBA Wittmund-Wangerland, das als zusätzliches europäisches Vogelschutzgebiet vom Naturschutzbund Niedersachen gefordert werde. Im Landschaftsrahmenplan des Beklagten befinde sich der Standort innerhalb eines „Marschenraumes mit besonderer Vielfalt, Eigenart und Schönheit“. Der nördliche Bereich der beigeladenen Stadt sei im Vergleich zu den übrigen Marschenlandschaften im Kreisgebiet am dichtesten mit Einzelwindkraftanlagen bebaut. Der Windenergiepark Abens solle nach Nordosten erweitert werden. Außerdem sei im östlichen Randbereich des Gewerbegebietes Ost der beigeladenen Stadt die Errichtung eines neuen Windparks beabsichtigt. Diese Planungen würden dazu beitragen, dass das großräumige Erscheinungsbild der Wittmunder Marschen noch stärker überprägt und ein noch größerer Bereich als Lebensraum für Wiesen- und Watvögel erheblich beeinträchtigt werde. Der durch neue Windenergieanlagen bedingte Eingriff in Natur und Landschaft auch in bisher als weniger sensibel eingestuften Gebieten sei deshalb unter strengeren Kriterien zu bewerten. Unter den heutigen Bedingungen müssten diese Räume mit einer höheren Schutzbedürftigkeit bewertet werden. Bei einer Realisierung trotz grundsätzlicher Bedenken sei eine detaillierte Bilanzierung des Eingriffs in Natur und Landschaft vorzulegen, der durch geeignete Maßnahmen kompensiert werden müsse.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Sie trägt vor, sie habe beschlossen, den Flächennutzungsplan zu ändern. Über einen ersten Vorentwurf sei kürzlich in den Gremien beraten worden. Die Stadt wolle weiterhin Konzentrationszonen ausweisen und habe hierfür vorerst 3 geeignete Standorte gefunden. Obwohl diese Standorte noch einer abschließenden Abwägung unterzogen werden müssten, sei schon jetzt festzustellen, in welchen Bereichen öffentliche Belange einer Windenergienutzung entgegenstünden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Beigeladenen einschließlich der zum Parallelverfahren 4 A 2222/00 beigezogenen Verfahrensakten zur Änderung des Flächennutzungsplans ergänzend Bezug genommen. Ihr wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung, in deren Rahmen eine Ortsbesichtigung durchgeführt wurde.
Entscheidungsgründe
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
Soweit danach noch über die Klage zu entscheiden ist, ist sie zulässig. In der Reduzierung der Zahl der Windenergieanlagen von 9 auf 2 liegt ein Wechsel des Streitgegenstandes, der nach § 91 Abs. 1 VwGO zu beurteilen ist. Die Klageänderung ist sachdienlich. Sie ist geeignet, der endgültigen Ausräumung des sachlichen Streitstoffes zwischen den Parteien im laufenden Verfahren zu dienen. Mit der Reduzierung der Zahl der Windenergieanlagen wird der Streitstoff auch nicht so wesentlich verändert, dass den durch die Abweichungen vom Gesamtvorhaben aufgeworfenen Fragen erneut in einem bauaufsichtlichen Verfahren nachzugehen wäre (Nds. OVG, Beschluss vom 10. Juni 2002 – 4 A 4436/99 – für die Reduzierung von 15 auf 2 Windenergieanlagen). An ihrer früheren gegenteiligen Auffassung (Urteil vom 4. November 2001 – 4436/99 -) hält die erkennende Kammer nicht mehr fest.
Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf die Erteilung eines Bauvorbescheides (§ 74 NBauO) für die Errichtung von 2 Windenergieanlagen auf den beiden im Klageantrag bestimmten Standorten. Die Baumaßnahme ist mit dem zur gerichtlichen Entscheidung gestellten Antrag in bauplanungsrechtlicher Hinsicht mit dem öffentlichen Baurecht vereinbar.
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich gem. § 29 BauGB nach § 35 BauGB, da die vorgesehenen Standorte weder im Bereich eines qualifizierten oder eines Vorhaben bezogenen Bebauungsplans (§ 30 Abs. 1 und 2 BauGB) noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BauGB), sondern im Außenbereich liegen. Dort ist das Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB bevorrechtigt zulässig, da es der Nutzung der Windenergie dient. Ihm stehen auch keine öffentlichen Belange iSd. § 35 Abs. 3 BauGB entgegen.
§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, wonach einem Vorhaben nach Abs. 1 Nr. 6 öffentliche Belange in der Regel entgegenstehen, soweit hierfür durch Darstellung im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist, greift nicht ein. Die 1. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen stellt zwar in dem von der Bezirksregierung Weser-Ems genehmigten und insoweit zusammen mit der 15. Änderung bekannt gemachten Umfang eine Sonderbaufläche für Windenergieanlagen (...) dar. Das Planänderungsverfahren leidet jedoch an Verfahrensfehlern, die zur Unwirksamkeit der Änderung führen.
Aus den von der Beigeladenen überlassenen Aufstellungsvorgängen ergibt sich insoweit folgender Verfahrensgang: Das gemeindliche Verfahren zur Darstellung von Sonderbauflächen für die Windenergienutzung im Flächennutzungsplan erfolgte nicht einheitlich, sondern in zwei getrennten Abschnitten. Das Verfahren zur 1. Änderung des Flächennutzungsplans bezog sich auf den nördlichen Teil und das Verfahren zur 15. Änderung auf den übrigen, den südlichen Teil des Stadtgebietes. Am 16. Oktober 1997 beschloss der Rat der Beigeladenen die 1. Änderung des Flächennutzungsplans. Der hierdurch geänderte Plan stellt 4 Sonderbauflächen für Windenergieanlagen an den Standorten ..., ..., ... und ... dar. Die Beigeladene beantragte daraufhin bei der Bezirksregierung Weser-Ems die Genehmigung dieser 1. Änderung. Anschließend kamen Zweifel auf, welche Auswirkungen ein Windenergiepark ... auf die Beurteilung des Antrags auf Anerkennung der Ortschaft ... als Nordseeheilbad haben könne. Aufgrund eines entsprechenden Ratsbeschlusses vom 29. Dezember 1997 zog die Beigeladene den Antrag auf Genehmigung deshalb hinsichtlich des Windenergieparks ... zurück. Durch Bescheid vom 6. Februar 1998 genehmigte die Bezirksregierung Weser-Ems den vom Rat der Beigeladenen am 16. Oktober 1997 als Sonderbaufläche beschlossenen Änderungsbereich „...“ teilweise. Für die ebenfalls beschlossenen Standorte „...“ und „...“ versagte sie die beantragte Genehmigung. Zugleich stellte sie fest, dass der Änderungsbereich „...“ entsprechend dem Rücknahmeantrag nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens gewesen ist. Die teilweise Genehmigung für den Änderungsbereich „...“ erfolgte mit der Maßgabe, dass der Rat der Beigeladenen dem durch die Genehmigungsversagungen erheblich von dem bisherigen Ratsbeschluss abweichenden Planungsergebnis durch Beschluss beizutreten habe. Die Beigeladene erhob daraufhin Klage vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg (4 A 925/98) mit dem Ziel der Erteilung einer uneingeschränkten Genehmigung. In seiner Sitzung vom 24. März 1998 beschloss der Rat den Verzicht auf die Durchführung der Klage gegen die Entscheidung der Bezirksregierung. Zugleich fasste er folgenden Beschluss: „Der Rat hält auch in Kenntnis des abweichenden Planungsergebnisses an seiner Abwägung für den genehmigten Bereich des Windparks ... fest.“ Die Klage gegen die Genehmigungsbehörde zog die Beigeladene daraufhin zurück. Am 17. November 1998 lehnte der Rat „den Vorschlag, das Genehmigungsverfahren für den Windpark ... durch die Bezirksregierung nunmehr fortzusetzen, ab“. Am 15. Dezember 1998 beschloss der Rat die 15. Änderung des Flächennutzungsplans für das südliche Stadtgebiet. Diese Änderung stellt ( - soweit erkennbar -, s. u.) keine Sonderbauflächen für Windenergie dar. Zugleich fasste der Rat folgende Beschlüsse:
„2. Die 1. Änderung des Flächennutzungsplanes Sonderbauflächen Windenergie nördliches Stadtgebiet wird erneut geändert, insoweit als die vorgesehene Fläche für den Windpark ... gestrichen wird.
3. Die Ergebnisse der 1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplanes weisen die Sonderbauflächen für die Windenergie in der Stadt Wittmund aus. Sie werden redaktionell zusammengefasst und als 26. Änderung beschlossen.“
Am 22. Februar 1999 machte die Beklagte die „1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplanes“ bekannt.
Die 1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplans ist mit diesem Ablauf nicht in einem den Anforderungen der §§ 3 ff., 5 ff. BauGB genügenden Verfahren zustande gekommen. Vorausgeschickt sei, dass insoweit eine Gesamtbetrachtung angenommen werden muss. Sowohl die 1. als auch die 15. Änderung müssten den formellen (und materiellen) Anforderungen an das öffentliche Baurecht genügen, um die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hervorrufen zu können. Diese Norm geht von einer Planung nicht nur für Teile des Gemeindegebietes, sondern für die gesamte Gemeinde aus. In formeller Hinsicht mag hier dahingestellt bleiben, welche Bedeutung dem Umstand beizumessen ist, dass bei der Schlussbekanntmachung, die am 15. Dezember 1998 beschlossene „redaktionelle Zusammenfassung“ der 1. und 15. Änderung als 26. Änderung nicht berücksichtigt und die beiden Änderungen unter ihren ursprünglichen Bezeichnungen bekannt gemacht wurden. Offen bleiben mag auch, ob die Zusammenfassung ohne die von der Klägerin geforderte erneute Bürgerbeteiligung möglich war, wozu die erkennende Kammer allerdings neigt, da sich hierdurch keine inhaltlichen Änderungen ergaben. Weiter mag dahingestellt bleiben, ob der Inhalt des Beschlusses über die 15. Änderung hinreichend dokumentiert ist, was sich aus den dem Gericht auf entsprechende Anforderung überlassenen Verwaltungsvorgängen über die 15. Änderung (Beiakte K) nicht feststellen lässt. In diesem Ordner befindet sich zwar die Urschrift des Erläuterungsberichts zur 15. Änderung, nicht aber – auch nicht in Kopie – der insoweit geänderte Plan selbst. Sein Inhalt erschließt sich nur mittelbar aus den Unterlagen, insbesondere aus den Aussagen des Erläuterungsberichts, nach denen auf die Darstellung einer Sonderbaufläche im Südteil verzichtet wird und Windenergieanlagen außerhalb der dargestellten Sonderbaufläche ... nicht zulässig sein sollen.
Unabhängig hiervon leidet schon bei isolierter Betrachtung die 1. Änderung des Flächennutzungsplans an Verfahrensfehlern. Insoweit neigt das Gericht zwar entgegen der Bewertung der Klägerin zu der Auffassung, dass der Rat der Beklagten den erforderlichen (hierzu Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, Stand: Januar 2002) und von der Bezirksregierung Weser-Ems verfügten Beitrittsbeschluss durch die oben wiedergegebene Erklärung in seiner Sitzung vom 24. März 1998 gefasst hat. Aus dem Wortlaut dieses Beschlusses wird zwar ein Beitrittswille nicht ohne weiteres deutlich. Er ergibt sich aber unter Berücksichtigung der Erläuterungen in der Beschlussvorlage für den Verwaltungsausschuss und den Rat vom 27. Februar 1998, dessen Vorschlag der Rat gefolgt ist. Darin heißt es: „Da durch die Versagungen und Teilversagung sowie den Rücknahmeantrag für ... das Planungsergebnis erheblich von dem beschlossenen Konzept abweicht, muss der Rat auch insofern durch Beschluss beitreten, als er auch weiterhin an seiner Abwägung für die genehmigten Teilbereiche festhält“. Danach wollte der Rat offenbar seinen Beitritt durch eine Bestätigung der Planung für den genehmigten Teilbereich erklären.
Dennoch ist aus zwei Gründen den formellen Anforderungen für den Abschluss einer den gesamten Nordbereich erfassenden Änderung des Flächennutzungsplans nicht genügt:
Zum einen fehlt es an der erforderlichen Genehmigung (§ 6 Abs. 1 BauGB) für das Gebiet, für das der Rat am 16. Oktober 1997 die Ausweisung des Windenergieparks ... beschlossen hatte. Dieser Teilbereich war nach dem Rücknahmeantrag nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahren, worauf die Bezirksregierung Weser-Ems in ihrem Bescheid vom 6. Februar 1998 ausdrücklich hinwies. Diese Erklärung kann auch nicht so verstanden werden, dass sich die Bezirksregierung Weser-Ems mit einer Nichtausweisung einverstanden erklärt hätte, denn ein gemeindlicher Beschluss hierüber war seinerzeit noch nicht erfolgt. Erst in seiner Sitzung vom 15. Dezember 1998 hat der Rat insoweit eine Festlegung getroffen, als er die zunächst „vorgesehene Fläche für den Windpark ... gestrichen“ hat. Auch dieser Beschluss stellt insoweit keinen Beitritt zu der Maßgabe der Genehmigung der Bezirksregierung Weser-Ems dar, sondern – wie im Beschluss selbst ausdrücklich hervorgehoben – eine erneute Änderung gegenüber der insoweit noch nicht abschließend zur Genehmigung gestellten Beschlusslage vom 16. Oktober 1997. Es hätte deshalb auch insoweit einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedurft. Diese war nicht deshalb entbehrlich, weil es sich „nur“ um die Feststellung einer Nichtausweisung handelte, denn auch eine Negativentscheidung unterliegt der Genehmigungsprüfung. Dies galt hier umso mehr, als wegen des ursprünglich positiven Beschlusses die fehlende Eignung als Sonderbaufläche nicht ohne weiteres auf der Hand lag.
Unabhängig davon und vor allem waren die durch den Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 6. Februar 1998 vorgegebenen und durch den Ratsbeschluss vom 15. Dezember 1998 vorgenommenen Änderungen der 1. Änderung des Flächennutzungsplans derart gravierend, dass eine erneute Bürgerbeteiligung hätte durchgeführt werden müssen, § 3 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Über den Beitrittsbeschluss hinaus ist bei inhaltlichen Änderungen aufgrund von Maßgaben regelmäßig eine erneute Beteiligung nach den Grundsätzen des § 3 Abs. 2 und 3 BauGB erforderlich; auch den von Änderungen und Ergänzungen berührten Trägern öffentlicher Belange muss Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Abgesehen werden hiervon kann nur bei Änderungen, die im Umfang geringfügig oder von geringer Bedeutung sind; dann würde eine Anhörung der Eigentümer der von der Änderung oder Ergänzung betroffenen Grundstücke genügen (zum Erfordernis einer erneuten Beteiligung BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – 4 C 31/85 -, BVerwGE 75, 262: dort als selbstverständlich vorausgesetzt; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, aaO, § 6 RdNr. 38 m.w.N.; Berliner Kommentar zum BauGB, § 6 RdNr. 12; Brügelmann, BauGB, Stand: November 2001, § 6 RdNr. 104 a; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 6, RdNr. 19). Hier überschreiten die nach der Beschlussfassung vom 16. Oktober 1997 und damit auch nach der vorangegangenen Bürgerbeteiligung vorgenommenen Änderungen die Bagatellgrenze erheblich. Drei von zunächst vorgesehenen 4 Sondergebieten für Windenergie wurden ersatzlos gestrichen; zudem wurde das verbleibende Gebiet ... um 2 Teilgebiete verringert. Hierdurch wurden insbesondere die potentiellen Nutzer der gestrichenen Ausweisungsflächen in ihren wirtschaftlichen Interessen erheblich berührt. Eine erneute Bürgerbeteiligung durfte in dieser Situation auch nicht wegen des drohenden Ablaufs der Frist des § 245 b BauGB unterbleiben.
Da die 1. und 15 (bzw. 26. Änderung) des Flächennutzungsplans schon wegen der dargestellten formellen Mängel unwirksam ist, kann dahingestellt bleiben, inwieweit sie an Abwägungsfehlern leidet.
Dem Vorhaben der Klägerin stehen auch nicht sonstige öffentliche Belange entgegen, wie sie in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beispielhaft aufgeführt sind. Das Vorhaben soll in dem Bereich verwirklicht werden, den die Beigeladene in ihrem Beschluss vom 16. Oktober 1997 als Sondergebiet für Windenergieanlagen (Nr. 1, Windenergieanlagenpark ...) dargestellt hatte. Für diesen Bereich waren demnach auch nach ihren eigenen Planungen entgegenstehende öffentliche Belange nicht erkennbar. Die Nähe des damaligen Planbereichs zum Ortsteil ..., die die Beigeladene zum teilweisen Rückzug des Antrags auf Genehmigung veranlasst hatte, steht nicht ersichtlich der Errichtung von zwei Windenergieanlagen entgegen. Die geplanten Standorte befinden sich weder im Kurgebiet noch in dessen unmittelbarer Nähe. Auch die Bezirksregierung Weser-Ems hat in ihrer Verfügung vom 25. August 1998 (Beiakte I, Bl. 32) die Errichtung von Windenergieanlagen wegen ihrer Auswirkungen auf als „Kurort“ prädikatisierte Gebiete nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern der Beigeladenen zur Vermeidung negativer Auswirkungen auf die angestrebte staatliche Anerkennung als „Nordseeheilbad“ lediglich empfohlen, „die geplanten Windkraftanlagen außerhalb des vorhandenen prädikatisierten Bereichs zu errichten oder aber, um denselben Effekt zu erzielen, die Grenzen des Kurgebietes geringfügig zurückzunehmen.“ Es bleibe im Einzelfall zu entscheiden, ob die optischen Auswirkungen von Windkraftanlagen so gravierend seien, dass diese zu einer Ablehnung eines Anerkennungsantrags führen müssten. Hier befinden sich nach der Beschränkung des Begehrens die beiden verbleibenden Standorte im mittleren Bereich des damals beschlossenen Ausweisungsgebietes und damit an einer Stelle, die von ..., aber auch von ... noch relativ weit entfernt ist. Etwaige beachtliche negative Auswirkungen auf den Kurbetrieb sind in diesem Verfahren von der Beigeladenen nicht geltend gemacht worden. Das von ihr für die Vorbereitung der 40. Flächennutzungsplanänderung beauftragte Planungsunternehmen sieht insoweit offenbar ebenfalls keine Bedenken, da die dem Gericht zur Verfügung gestellten vorläufigen Planunterlagen unter Berücksichtigung von Ausschlussgebieten und Abwägungserfordernissen große Teile des zuvor als Sondergebiet dargestellten Bereichs erneut als geeignet vorschlagen. Die konkret zur Genehmigung gestellten Standorte liegen auch nicht in dem Bereich, der wegen eines zu geringen Abstandes von der dort vorhandenen 110 KV-Leitung freizuhalten wäre. Bei den genannten Unterlagen des Planungsbüros handelt es sich zwar nur um eine vorbereitende Studie, die noch der näheren Diskussion und Überprüfung bedarf. Ihre Ergebnisse bilden jedoch als sachverständige Aussage ein Indiz für die Unbedenklichkeit, das von der Beigeladenen und dem Beklagten nicht erschüttert wurde. Nach den Erklärungen der Vertreter der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung befinden sich die beiden vom Antrag erfassten Standorte im Übrigen in dem Bereich, für den der Verwaltungsausschuss der Beigeladenen in seiner jüngsten Sitzung im Verfahren zur 40. Änderung des Flächennutzungsplans mögliche Flächen für weitere Sondergebiete zur Nutzung der Windenergie räumlich konkretisiert hat.
Belange der Raumordnung stehen dem Vorhaben gleichfalls nicht entgegen. Die Zulässigkeit der Anlagen unter raumordnerischen Gesichtspunkten beurteilt sich nach § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB. Nach Satz 2 dieser Norm kann das Raumordnungsrecht die Aufstellung von Windenergieanlagen begünstigen, indem für den gewählten Standort „positiv“ ein Vorranggebiet bestimmt wird. Umgekehrt kann § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB einer Windenergieanlage nachteilig sein, wenn der gewählte Aufstellungsort raumordnungsrechtlich vorrangig für andere Zwecke reserviert worden ist. Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB beurteilt sich dagegen, ob und wann eine positive Ausweisung von Flächen für die Windenergie die Aufstellung von Anlagen an anderer Stelle ausschließt, ohne dass für diese andere in Betracht kommenden Standorte Darstellungen getroffen worden sein müssen, welche einer Anlage raumordnungsrechtlich den Boden entziehen. Beide Vorschriften stehen hier dem Vorhaben nicht entgegen, ohne dass es in diesem rechtlichen Zusammenhang darauf ankommt, ob das Vorhaben der Klägerin als raumbedeutsam anzusehen ist. Die Wirkung des § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB entfalten nur Ziele der Raumordnung. Solche sind von bloßen Grundsätzen zu unterscheiden. Während diese durch Abwägung überwunden werden können, stellen Ziele raumordnerische Letztentscheidungen dar, welche jegliche Abwägungsspielräume der Gemeinde ausschließen (Nds. OVG, Urteil vom 29. August 1995 – 1 L 854/94 -, NVwZ 1996, 271 = BauR 1996, 348). Hier sind aber weder durch das Landesraumordnungsprogramm bezüglich der von der Klägerin geplanten Aufstellungsorte konkrete Aussagen getroffen noch liegt ein verbindliches regionales Raumordnungsprogramm vor, das hinreichend konkrete und abgewogene Ziele der Raumordnung und der Landesplanung bestimmt. Das regionale Raumordnungsprogramm befindet sich vielmehr erst in Aufstellung.
Der Einwand, das Bauvorhaben erfordere zunächst ein Raumordnungsverfahren im Sinne der §§ 15 ROG bzw. 13 NROG, greift bei dieser Sachlage ebenfalls nicht durch. Einzelne Windenergieanlagen gehören nicht entsprechend § 13 Abs. 1 NROG zu den durch die Raumordnungsverordnung des Bundes bestimmten Vorhaben, für die ein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden soll, wenn das Vorhaben im Einzelfall raumbedeutsam ist und überörtliche Bedeutung hat. § 13 Abs. 2 NROG sieht die Möglichkeit („kann“) der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens für andere raumbedeutsame Vorhaben von überörtlicher Bedeutung vor. Für einzelne Windenergieanlagen wird ein sich hieraus ergebendes Erfordernis der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens – soweit ersichtlich – bisher nicht gerichtlich gefordert. Auch die vom Beklagten für seine Auffassung angeführten Entscheidungen des OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 28. Februar 2002 – 1 A 11625/01 -, BauR 2002, 1053, und VG Dessau, Urteil vom 11. November 2000 – 1 A 121/99 DE -, NVwZ – RR 2001, 423), werfen die Frage der Erheblichkeit raumordnerischer Belange ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Anwendung des § 35 Abs. 3 BauGB auf. Eine sowohl raumbedeutsame als auch überörtliche Bedeutung des Vorhabens lässt sich nicht feststellen. Raumbedeutsam wegen ihrer Wirkung wird eine einzelne Windkraftanlage erst, wenn sie wegen ihres besonderen Standorts Spannungen hervorzurufen vermag, denn anderenfalls müsste die vom Gesetzgeber gewollte Privilegierung leer laufen (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. August 2001 – 2 M 130/01 -). Dies ist hier aber nicht der Fall. Aus der vom Beklagten angeführten Vorbildwirkung lässt sich das Erfordernis der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens ebenfalls nicht herleiten. Von Windkraftanlagen geht wegen der mit ihnen verbundenen Erwerbsmöglichkeiten typischerweise eine gewisse Vorbildwirkung aus. Sie löst jedenfalls so lange keine Verpflichtung zur Durchführung eines Raumordnungsverfahrens nach § 13 Abs. 2 NROG aus, wie nicht – etwa wegen einer besonders exponierten Lage – in einem den Regelfall erheblich übersteigenden Maße mit Nachfolgewünschen zu rechnen ist. Eine solche Ausnahmesituation liegt hier aber nicht vor.
Auch die öffentlichen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege stehen dem Vorhaben nicht entgegen. Der Beklagte räumt ein, dass sowohl er als auch die Beigeladene diesem Aspekt bei der Aufstellung der 1. und (15.) Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen für die hier beantragten Standorte keine besondere Bedeutung beigemessen haben. Die eher allgemeinen Ausführungen in Vermerk des Amtes 60 vom 4. September 2001, auf den sich der Beklagte nunmehr stützt, führen zu keiner anderen Bewertung. Avifaunistische Hinderungsgründe sind nicht hinreichend dargetan worden. Die Standorte liegen weder in einem ausgewiesenen noch in einem faktischen Vogelschutzgebiet. Sie gehören nicht zu den Bereichen, für den eine Nachmeldung von Vogelschutzgebieten an die EU beschlossen wurde. Zwar liegen die Standorte noch unmittelbar am südlichen Rand des von Melter und Schreiber in ihrer Dokumentation „Wichtige Brut- und Rastvogelgebiete in Niedersachsen“ (2002) beschriebenen Gebiets Wittmund-Wangerland, das danach mindestens für den großen Brachvogel internationale Bedeutung erreicht. Für die konkreten Standorte im Grenzbereich bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich um solche von lokaler oder höherer Bedeutung (vgl. Runderlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 11. Juli 1996 (39.1 – 32346/8.4) handelt, in denen vorbehaltlich einer Einzelfallprüfung grundsätzlich die Belange des Naturhaushalts gegenüber den Belangen der Windenergienutzung überwiegen. In seiner Ausarbeitung „Vogelrastgebiete im Grenzbereich zum Nationalpark „...“, an der Unterems und der Unterweser“, 1998, hat Schreiber für diesen Bereich keine besonderen Feststellungen getroffen. Der Beklagte hat auch keine konkreten Untersuchungsergebnisse für diesen speziellen Bereich vorgelegt, die seine These stützen. Für ein solches Ergebnis sprechen weiter die vom Dezernat 503 – Naturschutz und Landschaftspflege – im Verfahren zur Aufstellung und Genehmigung der 1. Änderung des Flächennutzungsplans abgegebenen Stellungnahmen vom 28. Juli 1997 und 27. Januar 1998. In der Stellungnahme vom 28. Juli 1998 werden gegen einen Windpark ... „keine grundsätzlichen Bedenken“ erhoben und nur eine „Kompensation der Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde“ für notwendig gehalten. Nach der Stellungnahme vom 27. Januar 1998 ist der Standort ... „aus naturschutzfachlicher Sicht mit den geringsten Konflikten aufgrund der Vorbelastungen und der bestehenden, geringeren des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes Wertigkeiten behaftet“. Aufgrund der verbleibenden Konflikte des Standortes mit den Belangen von Natur und Landschaft sowie Widersprüchlichkeiten bei der Ermittlung der Kompensation bestehe noch ein Klärungs- und Abstimmungsbedarf mit der Unteren Naturschutzbehörde. In Abstimmung mit dieser seien die Kompensationsansätze besonders für die Ermittlung der Beeinträchtigungen von Rastgebieten zu überprüfen. Hier seien Abundanzen für Brutvogelwertigkeiten auf die Ermittlung der Rastvogelwertigkeiten übertragen worden. Damit bestanden auch aus der Sicht der oberen Naturschutzbehörde im Hinblick auf die avifaunistische Bedeutung keine grundsätzlichen Hinderungsgründe. Konkrete Umstände, die einen Anlass dafür bieten würden, den Sachverhalt im Hinblick auf die avifaunistischen Belange hier weiter aufzuklären, sind auch in der mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht worden.
Eine Verunstaltung des Orts- oder Landschaftsbildes (§ 35 Abs. 5 BauGB) ist gleichfalls nicht feststellbar. Zwar liegt der Standort in einem Bereich, der im Entwurf zum Landschaftsrahmenplan des Beklagten als „Gebiet zum Erhalt und zur Entwicklung von Marschenarealen mit besonderer Vielfalt, Eigenart und Schönheit“ bezeichnet wird. Diese Vorplanung ist jedoch nicht im Hinblick auf den genannten Belang verbindlich, sondern stellt lediglich eine Hilfe für die von den beteiligten Behörden bzw. vom Gericht vorzunehmende Bewertung des jeweiligen konkreten Standortes dar. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Vorentwurf keine kleinräumliche oder parzellenscharfe Bewertung trifft, sondern die genannte Aussage für einen großen Bereich des Gemeindegebietes trifft. Privilegierten Windkraftanlagen stehen öffentliche Belange wegen Verunstaltung des Landschaftsbildes aber nur dann entgegen, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit oder ihrer Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handelt; bloße nachteilige Veränderungen oder Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes machen derartige Vorhaben nicht unzulässig (Nds. OVG, Urteil vom 30. Oktober 1997 – 6 L 6400/95 -, NuR 1998, 498; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Juni 1991 – 8 S 2110(90 – BRS 52 Nr. 74). Davon ausgehend führt die Aufstellung von 2 Anlagen hier nicht zu einer Verunstaltung des Landschaftsbildes, die auch bei der 1. Änderung des Flächennutzungsplans von der Beigeladenen selbst für einen Windpark nicht befürchtet worden war. Nach den bei der Augenscheinseinnahme gewonnenen Erkenntnissen handelt es sich bei dem fraglichen Bereich um einen landwirtschaftlich geprägten und weitgehend unbebauten Landschaftsteil in einem flachen Marschengelände, das hier kaum Strukturen aufweist. Eine besonders herausragende Schutzwürdigkeit gerade der Umgebung der vorgesehenen Standorte ist dabei nicht feststellbar. Gegen sie spricht schon die Vorbelastung durch die in der Nähe befindlichen Überlandleitungen. Der Umstand, dass seit der Aufstellung der 1. Änderung des Flächennutzungsplans verschiedene andere Anlagen in der weiteren Umgebung aufgestellt wurden, führt zu keiner anderen Betrachtung. Vielmehr haben diese anderen Anlagen, soweit sie von den zur Genehmigung gestellten Standorten aus sichtbar sind, ihrerseits einen negativen Einfluss auf die Schutzwürdigkeit der hier vorgesehenen Standorte. Planungen für die Erweiterung oder Neuerrichtung von Windparks an anderer Stelle wirken sich bei der geforderten konkreten Betrachtungsweise jedenfalls nicht positiv auf das Schutzbedürfnis aus. Schließlich ist für die Entscheidung über den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch unerheblich, inwieweit Eingriffe in Natur und Landschaft kompensiert werden müssen bzw. können. Regelungen hierzu können in dem nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren getroffen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich des erledigten Teils des Rechtsstreits wird berücksichtigt, dass die Frage, ob der ursprünglich zur Genehmigung gestellte Windpark in seiner Gesamtheit genehmigungsfähig war, offen bleiben muss. Insoweit hätten sich möglicherweise weitergehende Probleme gestellt, für deren Klärung kein Raum mehr ist. Dies gilt etwa für die Frage des ausreichenden Abstands des Windparks zu anderen Windparks, auch außerhalb des Gemeinde- und Kreisgebiets, sowie für die Frage, ob Einzelanlagen einen ausreichenden Abstand zu den Ortschaften ... und ... einhalten würden. Außerdem wäre bei einem Windpark von 9 Anlagen die Frage der Raumbedeutsamkeit möglicherweise anders zu beantworten gewesen als bei 2 Einzelanlagen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO iVm. § 708 Nr. 11 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig erklärt, da sie keinen Antrag gestellt und sich damit nicht am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).