Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.03.2015, Az.: 5 LA 139/14

Bezügemitteilung; Billigkeitsentscheidung; Eingabefehler; Massenverwaltung; Verjährung; Vertretungszwang; Verwaltungsakt

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.03.2015
Aktenzeichen
5 LA 139/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 44973
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 22.07.2014 - AZ: 4 A 69/13

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen - 4. Kammer (Einzelrichterin) - vom 22. Juli 2014 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 13.341,30 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die ...       Jahre alte Klägerin war bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand (Ablauf des 31.3.20.. ) im Amt einer Universitätsprofessorin (Besoldungsgruppe C 3) bei der C. -Universität D. tätig. Während ihrer Dienstzeit erlitt die Klägerin zwei Unfälle, die als Dienstunfälle anerkannt wurden. Nach dem zweiten Unfall stellte die C. -Universität D. mit Bescheid vom 17. Dezember 19..   aufgrund der beiden Dienstunfälle eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 40 Prozent fest und setzte den Unfallausgleich hierfür auf monatlich 293 DM fest. Bis März 20..  hatte sich der Unfallausgleich auf 159 EUR erhöht und war entsprechend in den Bezügemitteilungen der Klägerin aufgeführt.

Anlässlich des Eintritts der Klägerin in den Ruhestand stellte das Niedersächsische Landesamt für Bezüge und Versorgung (NLBV) - der Funktionsvorgänger der Beklagten - mit Bescheid vom 28. Februar 20..  fest, dass der Klägerin aufgrund der beiden Dienstunfälle neben den Versorgungsbezügen ein Unfallausgleich in Höhe von 159 EUR zustehe. In der ersten Bezügemitteilung (für April 20.. ), die die Klägerin nach ihrem Eintritt in den Ruhestand erhielt, wurde der Unfallausgleich jedoch zwei Mal mit jeweils 159 EUR aufgeführt.

Nachdem die Beklagte im November 20..  festgestellt hatte, dass der Klägerin der Unfallausgleich seit dem 1. April 20..  monatlich doppelt ausgezahlt worden war, forderte sie nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 12. Februar 20..  den überzahlten Betrag in Höhe von 19.059,00 EUR zurück. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin sah die Beklagte wegen eines behördlichen Mitverschuldens von der Rückforderung eines Betrages in Höhe von 5.717,70 EUR (30 Prozent des überzahlten Betrages) ab und wies den Widerspruch im Übrigen zurück (Widerspruchsbescheid vom 25.3.20..  in der Fassung des Bescheides vom 8.4.20.. ).

Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 22. Juli 2014 abgewiesen.

II.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg.

Die Voraussetzungen der geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nummern 1, 2 und 3 VwGO sind nicht erfüllt.

1. Die Berufung ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung sind erst dann zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zu Tage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist. Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe hinreichend dargelegt werden (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 25.4.2008 - 5 LA 154/07 -).

Ausgehend von diesen Grundsätzen führt das Vorbringen der Klägerin nicht zur Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht ist rechtsfehlerfrei zu der Einschätzung gelangt, dass die auf § 63 Abs. 2 NBeamtVG gestützte Rückforderung eines Betrages von 13.341,30 EUR rechtlich nicht zu beanstanden ist. Der Senat macht sich gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO die Begründung des angefochtenen Urteils zu Eigen und verweist auf sie (S. 3 - 7 UA). Die Klägerin hat im Berufungszulassungsverfahren keine gewichtigen, gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sprechenden Gründe aufgezeigt, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg.

Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren ist das Folgende hervorzuheben bzw. zu ergänzen:

a) Die Klägerin hat im Zulassungsverfahren nicht in Zweifel gezogen, dass sie in der Zeit vom 1. April 20.. bis zum 30. November 20..  den Unfallausgleich monatlich jeweils zwei Mal erhalten hat, obwohl er ihr nur jeweils ein Mal zustand, und dass es dadurch zu einer Überzahlung von 19.059,00 EUR gekommen ist (S. 4 UA).

b) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass Rechtsgrundlage der angegriffenen Rückforderung § 63 Abs. 2 NBeamtVG ist. Der Einwand der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die Rückforderung des überzahlten Unfallausgleichs nur nach Maßgabe der §§ 48 ff. VwVfG möglich gewesen wäre, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass es als Voraussetzung für die Rückforderung des überzahlten Unfallausgleichs nicht der vorherigen Rücknahme eines Bescheides bedurft habe (S. 4 UA). Die C. -Universität D. hatte nach dem zweiten Dienstunfall, den die Klägerin erlitten hatte, mit Bescheid vom 17. Dezember 19..  aufgrund der beiden Dienstunfälle eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 40 Prozent festgestellt und den Unfallausgleich hierfür auf monatlich 293 DM festgesetzt. Bis März 20..  hatte sich der Unfallausgleich auf 159 EUR erhöht und war entsprechend in den Bezügemitteilungen der Klägerin aufgeführt. Anlässlich des Eintritts der Klägerin in den Ruhestand hatte das NLBV mit Bescheid vom 28. Februar 20..  festgestellt, dass der Klägerin aufgrund der beiden Dienstunfälle neben den Versorgungsbezügen ein Unfallausgleich in Höhe von 159 EUR zustehe. In der ersten Bezügemitteilung (für April 20.. ), die die Klägerin nach ihrem Eintritt in den Ruhestand erhalten hatte, wurde der Unfallausgleich sodann zwar zwei Mal mit jeweils 159 EUR aufgeführt und der Klägerin auch gewährt. Einen Verwaltungsakt dahingehend, dass der Klägerin ab April 20..  aufgrund der beiden Dienstunfälle ein Unfallausgleich von zwei Mal jeweils 159 EUR gewährt wird, war zuvor indes nicht erlassen worden. Damit existiert auch kein Verwaltungsakt, der mangels rechtmäßiger Rücknahme einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen des überzahlten Unfallausgleichs darstellen könnte (vgl. zu einer derartigen Fallkonstellation etwa Nds. OVG, Beschluss vom 7.5.2012 - 5 LA 171/10 -). Die Bezügemitteilungen, die die Klägerin in der Zeit vom 1. April 20..  bis zum 30. November 20..  erhalten hatte, waren keine Verwaltungsakte. Sie hatten keinen regelnden Charakter im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG, sondern kündigten lediglich die Zahlungen an (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.1961 - BVerwG II C 9.61 -, juris Rn 22; OVG NRW, Urteil vom 16.6.2000 - 12 A 2624/98 -, juris Rn 9; OVG Saarl., Urteil vom 27.4.2007 - 1 R 22/06 -, juris Rn 42 und 56; Bay. VGH, Urteil vom 13.2.2014 - 14 B 12.1682 -, juris Rn 21).

c) Das Verwaltungsgericht hat entgegen der Ansicht der Klägerin zu Recht angenommen, dass sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, weil sie gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 NBeamtVG in Verbindung mit §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB der verschärften Haftung unterliegt (S. 4 - 5 UA). Die Klägerin, die bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand das herausgehobene Amt einer Universitätsprofessorin (Besoldungsgruppe C 3) inne hatte, hätte - wie das Verwaltungsgericht in jeder Hinsicht richtig ausgeführt hat - bei Anwendung der gebotenen und ihr zumutbaren Sorgfalt ohne weiteres erkennen können, dass der Unfallausgleich nach ihrem Eintritt in den Ruhestand - anders zuvor - ab April 20..  in ihren Bezügemitteilungen jeweils zwei Mal aufgeführt war.

Das Verwaltungsgericht hat entgegen der Ansicht der Klägerin zutreffend auch die von der Beklagten gemäß § 63 Abs. 2 Satz 3 NBeamtVG getroffene Billigkeitsentscheidung, auf die Rückzahlung von 30 Prozent des überzahlten Betrages (5.717,70 EUR) zu verzichten und hinsichtlich des verbleibenden Überzahlungsbetrages von 13.341,30 EUR monatliche Tilgungsraten von 1.000 EUR festzulegen, nicht beanstandet.

Insoweit ist nochmals hervorzuheben, dass bei der Billigkeitsentscheidung von besonderer Bedeutung ist, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung ist in die Ermessensentscheidung einzubeziehen. Deshalb ist aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. Das ist auch unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten. Der Besoldungs- bzw. Versorgungsempfänger, der nur einen untergeordneten Verursachungsbeitrag für die Überzahlung gesetzt hat, muss besser stehen als der Besoldungs- bzw. Versorgungsempfänger, der die Überzahlung allein zu verantworten hat. In diesen Fällen hat das Bundesverwaltungsgericht ein Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30 Prozent des überzahlten Betrages als angemessen angesehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, juris Rn 25 ff.; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, juris Rn 19 ff.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweist sich die Billigkeitsentscheidung der Beklagten, auf die Rückzahlung von 30 Prozent der Überzahlung zu verzichten, nicht als ermessensfehlerhaft.

Die primäre Ursache für die Überzahlung beruhte allerdings auf dem Umstand, dass das NLBV der Klägerin ab deren Eintritt in den Ruhestand aufgrund eines in den Bezügemitteilungen ersichtlichen Eingabefehlers den Unfallausgleich monatlich jeweils zwei Mal gewährt hat. Nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats ist bei im Rahmen der Massenverwaltung erfolgenden Überzahlungen, deren Ursache entweder in einem Fehler des behördlich verwendeten Computersystems oder aber - wie hier - in einem Eingabefehler liegt, ohne ein Hinzutreten verschärfender Umstände - etwa bei einem Unbemerktbleiben des Fehlers auch bei nachfolgenden Kontrollen bzw. Eingaben in das System oder aber über lange Zeit (so in den Fällen BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O.; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O.) - allenfalls von einem ganz geringfügigen Verschulden auf Seiten der Behörde auszugehen, weil es sich bei derartigen Fehlern um im Rahmen der Massenverwaltung auch bei Anwendung größter Sorgfalt nicht gänzlich zu vermeidende Fehler handelt. Für sich genommen reichen solche Fehler daher nicht aus, um eine Verringerung des Rückforderungsbetrags aus Gründen der Billigkeit rechtlich geboten erscheinen zu lassen. Vielmehr aktualisiert sich bei derartigen Fehlern die in der Treuepflicht des Besoldungs- bzw. Versorgungsempfängers wurzelnde Verpflichtung, die ihm erteilten Bezügemitteilungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Diese Pflicht besteht gerade im Interesse des Dienstherrn, der auf automatisierte und in gewissem Umfang fehleranfällige Systeme zurückgreift und auch deshalb darauf angewiesen ist, dass die Besoldungs- und Versorgungsempfänger ihrer Kontrollaufgabe ebenfalls nachkommen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 24.7.2013 - 5 LB 85/13 -, juris Rn 36; Beschluss vom 6.8.2013 - 5 LA 82/13 -; Beschluss vom 18.8.2014 - 5 LA 85/14 -, juris Rn 31).

Hier hat die Beklagte jedoch zu Recht berücksichtigt, dass der Fehler, der dem NLBV unterlaufen war, erst nach sehr langer Zeit, nämlich nach 9 Jahren und 7 Monaten, erkannt worden ist. Insofern ist der vorliegende Fall mit den Sachverhalten vergleichbar, die den grundlegenden Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2012 (- BVerwG 2 C 15.10 und BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O.) zugrunde lagen. In den beiden vorgenannten Fällen waren die behördlichen Fehler über mehr als 8 Jahre bzw. etwa 10 Jahre unerkannt geblieben (vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 18.8.2014, a. a. O., Rn 32: 5 Jahre und 9 Monate).

Da der Grund für die Überzahlung im überwiegenden behördlichen Verantwortungsbereich lag und der Fehler erst nach 9 Jahren und 7 Monaten erkannt worden ist, hält der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht den von der Beklagten erklärten Verzicht auf 30 Prozent des überzahlten Betrages für angemessen.

d) Das Verwaltungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der streitige Rückforderungsanspruch der Beklagten nicht verjährt ist. Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Verwaltungsgericht die maßgeblichen Vorschriften nicht „gänzlich unberücksichtigt gelassen“, sondern zutreffend angewandt (S. 5 - 6 UA).

Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre (vgl. zur Anwendbarkeit der §§ 195 ff. BGB: BVerwG, Urteil vom 25.11.1982 - BVerwG 2 C 32.81 -, juris Rn 15). Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (hier: die Beklagte bzw. ihr Funktionsvorgänger) von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners (hier: der Klägerin) Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB). Bei Behörden oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften ist hierzu auf die Kenntnis des zuständigen Bediensteten der verfügungsberechtigten Behörde abzustellen; verfügungsberechtigt in diesem Sinne sind dabei solche Behörden, denen die Entscheidungskompetenz für den Rückforderungsanspruch zukommt, wobei die behördliche Zuständigkeitsverteilung zu respektieren ist (BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O., Rn 21; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O., Rn 15; Nds. OVG, Beschluss vom 7.8.2013 - 5 LA 291/12 -, juris Rn 20; Beschluss vom 18.8.2014, a. a. O., Rn 8).

Der Rückforderungsanspruch der Beklagten bzw. ihres Funktionsvorgängers ist in der Zeit vom 1. April 20..  bis zum 30. November 20..  jeweils monatlich im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O., Rn 19; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O., Rn 13). Der den Rückforderungsanspruch begründende Umstand ist die in dem vorgenannten Zeitraum jeweils monatlich erfolgte Doppelzahlung des Unfallausgleichs.

Nach Aktenlage hatte die Beklagte erst ab dem 14. November 20..  positive Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB von der Überzahlung.

Der Senat vermag ebenso wie das Verwaltungsgericht auch keine früher liegende grob fahrlässige Unkenntnis der Beklagten bzw. ihres Funktionsvorgängers von der Überzahlung m Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB festzustellen. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Sie liegt demnach nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung („Verschulden gegen sich selbst“) vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben, er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat. Hierbei trifft den Gläubiger generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 27.9.2011 - VI ZR 135/10 -, juris m. w. N.; Nds. OVG, Beschluss vom 7.8.2013, a. a. O., Rn 21; Beschluss vom 18.8.2014, a. a. O., Rn 11).

Gemessen hieran ist eine grob fahrlässige Unkenntnis der Beklagten bzw. ihres Funktionsvorgängers nicht gegeben. Die Klägerin kann insoweit nicht mit Erfolg geltend machen, es gehe zu Lasten der Beklagten, dass bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Überzahlung bemerkt worden sei, ein Computerprogramm verwendet worden sei, dass es nicht ermöglicht habe, im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle offenkundige Fehler zu erkennen. Denn im Rahmen des § 199 Abs. 1 BGB ist - wie schon ausgeführt wurde - auf die Kenntnis des zuständigen Bediensteten der verfügungsberechtigten Behörde abzustellen. Insoweit hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht dargelegt, dass der Funktionsvorgänger der Beklagten lediglich bis Anfang 2000 gedruckte Besoldungsmitteilungen erhalten habe und dass ein Computerprogramm, das im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle offenkundige Fehler erkenne, erst seit Juni 2013 vorhanden sei, wobei im Rahmen der vorher erfolgten Testläufe auch die fehlerhafte Doppelzahlung des Unfallausgleichs bemerkt worden sei. Eine Pflicht der Beklagten bzw. ihres Funktionsvorgängers, während des Zeitraums der Überzahlungen ohne konkreten Anlass regelmäßige oder stichprobenartige Kontrollen im Hinblick auf alle oder einzelne Bestandteile der Versorgungsbezüge der Klägerin vorzunehmen, dürfte vor dem Hintergrund, dass die Überzahlungen vorliegend im Rahmen der Massenverwaltung erfolgt sind, nicht bestanden haben (vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 17.10.2014 - 5 LA 122/14 -).

e) Soweit die Klägerin am Ende des Zulassungsbegründungsschriftsatzes vom 25. September 2014 auf ihr erstinstanzliches Vorbringen verweist, genügt ihr Vorbringen nicht den Darlegungsanforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Eine solche Bezugnahme ersetzt nicht die gebotene substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung.

2. Die Voraussetzungen des geltend gemachten Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen ebenfalls nicht vor.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache dann auf, wenn sie voraussichtlich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, das heißt überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht. Die besonderen Schwierigkeiten müssen sich auf Fragen beziehen, die für den konkreten Fall und das konkrete Verfahren entscheidungserheblich sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 124 Rn 9).

Die Klägerin leitet das Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen aus ihren Darlegungen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO her. Aus den obigen Ausführungen des Senats zu diesem Zulassungsgrund ergibt sich jedoch, dass die vorliegend zu beantwortenden tatsächlichen und rechtlichen Fragestellungen überschaubar sind und in dem Grad ihrer Schwierigkeit nicht über das gewöhnliche Maß hinausgehen.

3. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine tatsächliche oder rechtliche Frage von allgemeiner fallübergreifender Bedeutung aufwirft, die im Berufungsrechtszug entscheidungserheblich ist und im Interesse der Rechtseinheit geklärt werden muss. Die in diesem Sinne zu verstehende grundsätzliche Bedeutung muss durch die Formulierung mindestens einer konkreten, sich aus dem Verwaltungsrechtsstreit ergebenden Frage dargelegt werden. Dabei ist substantiiert zu begründen, warum die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig gehalten wird, das heißt worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll, weshalb die Frage entscheidungserheblich und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., § 124 a Rn 54).

Die Klägerin hat in ihrem Zulassungsbegründungsschriftsatz vom 25. September 2014 im Rahmen der Darlegungen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ausgeführt, der Umstand, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung die Vorschrift des § 48 VwVfG nicht berücksichtigt habe, sei ein gravierender Rechtsfehler, der darüber hinaus zu einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache führe und deswegen die Überprüfung des Urteils durch das Oberverwaltungsgericht rechtfertige. Dieses Vorbringen genügt schon deshalb nicht den genannten Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, weil die Klägerin es versäumt hat, eine konkrete tatsächliche oder rechtliche Frage von allgemeiner fallübergreifender Bedeutung zu formulieren, die im Berufungsrechtszug entscheidungserheblich ist und im Interesse der Rechtseinheit geklärt werden muss.

4. Die Ausführungen der Klägerin in dem von ihr persönlich verfassten Schreiben vom 23. November 2014, in dem die Klägerin unter anderem vorträgt,

- dass ihr das angefochtene Urteil „völlig unverständlich“ sei,

- dass es „auch normalen Steuerzahlern nicht vermittelbar“ sei,

- dass sie „keine Ahnung von der Doppelzahlung“ gehabt habe,

- dass die Gewichtung/Bewertung des Falles durch das Verwaltungsgericht „unausgewogen“ sei,

- dass die zuständigen Mitarbeiter der Beklagten „durch die Verletzung der Sorgfaltspflicht im Amt und dem nahezu 10 Jahre dauernden Behördenschlaf die Höhe des Betrags verursacht“ hätten,

- dass die Mitarbeiter der Beklagten durch die verwaltungsgerichtliche Bearbeitung des Falles „geradezu einen Freibrief für weitere Fehler“ erhielten,

- dass der ihr gegenüber erhobene Vorwurf, grob fahrlässig gehandelt zu haben, „eine bösartige und falsche Unterstellung“ sei, und

- dass sie „bis Ende 20..   keine Ahnung von der Doppelzahlung“ gehabt habe,

sind rechtlich unbeachtlich. Es ist als eine unzulässige Umgehung des in § 67 Abs. 4 VwGO geregelten Vertretungszwangs zu werten, wenn seitens eines postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten pauschal auf Schriftsätze Bezug genommen wird, die der von ihm vertretene Beteiligte verfasst hat. Eine solche Bezugnahme reicht nur dann ausnahmsweise aus, wenn unzweifelhaft ist, dass sie auf einer eigenständigen Prüfung, Sichtung, rechtlichen Durchdringung und Würdigung des postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten beruht (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., § 67 Rn 40 m. w. N.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 16.12.1996 - BVerwG 4 B 28.96 u. a. -, juris Rn 8; Nds. OVG, Beschluss vom 6.7.2001 - 9 LA 2095/01 -, juris Rn 2; VGH Ba.-Wü., Beschluss vom 30.6.2010 - 12 S 1184/10 -, juris Rn 5). Das ist hier nicht der Fall. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2014 das genannte Schreiben der Klägerin eingereicht und dazu ausgeführt, dass sie damit einer ausdrücklichen Bitte der Klägerin nachkämen und dass sie die Ausführungen der Klägerin zu ihrem - der Prozessbevollmächtigten - Vortrag machten. Die von der Klägerin in ihrem Schreiben vom 23. November 2014 gemachten Ausführungen legen allerdings handgreiflich den Schluss nahe, dass die Bezugnahme auf diese Ausführungen nicht das Ergebnis einer eigenständigen Prüfung, Sichtung, rechtlichen Durchdringung und Würdigung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist.

5. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG.