Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 23.05.2024, Az.: 14 LA 73/24

Ordnungsgemäße Begründung des Antrages auf Zulassung der Berufung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
23.05.2024
Aktenzeichen
14 LA 73/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 15402
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0523.14LA73.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 22.02.2024 - AZ: 3 A 208/19

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 3. Kammer - vom 22. Februar 2024 wird verworfen.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die von dem früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingelegte "Nichtzulassungsbeschwerde" wird aufgrund des gestellten Antrages entsprechend § 88 VwGO als - allein statthafter - Antrag auf Zulassung der Berufung ausgelegt.

Der so verstandene Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 22. Februar 2024, mit dem dieses die Klage gegen die Inobhutnahme des Sohnes und der Tochter der Klägerin abgewiesen hat, ist unzulässig und daher in entsprechender Anwendung von § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu verwerfen.

Die mit Schriftsatz des aktuellen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 10. Mai 2024 fristgerecht vorgelegte Begründung genügt weder den Anforderungen, die § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO an die Darlegung der Zulassungsgründe stellt, noch wird sie dem für dieses Verfahren geltenden Vertretungszwang gerecht.

Nach § 124a Abs. 4 Satz 4 sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Darlegung des Zulassungsgrundes erfordert zunächst, den jeweiligen Zulassungsgrund zu benennen, entweder durch Anführung der einschlägigen Vorschrift aus § 124 Abs. 2 oder durch eine vergleichbar unmissverständliche Bezeichnung des Zulassungsgrundes (BeckOK VwGO/Roth, 69. Ed. 1.4.2024, VwGO § 124a Rn. 68). Sie erfordert auch ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (NdsOVG, Beschl. v. 6.7.2001 - 9 LA 2095/01 -, juris Rn. 1). Allerdings dürfen die Anforderungen an die Darlegung nicht derart überspannt werden, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können (BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, juris Rn. 10).

Die Darlegung ist entsprechend den Erfordernissen des § 67 Abs. 4 Satz 1 u. 2, Abs. 2 Satz 1 VwGO - im Regelfall - einem Rechtsanwalt oder einem Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule als Prozessbevollmächtigten vorbehalten. Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung des Vertretungszwanges auch vor dem Oberverwaltungsgericht u. a. den Aufwand für die Bearbeitung des Zulassungsantrages "reduzieren" und dadurch das Zulassungsverfahren beschleunigen (NdsOVG, Beschl. v. 6.7.2001 - 9 LA 2095/01 -, juris Rn. 1). Dabei ist es als eine unzulässige Umgehung des in § 67 Abs. 4 VwGO geregelten Vertretungszwangs zu werten, wenn seitens eines postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten pauschal auf Schriftsätze Bezug genommen wird, die der von ihm vertretene Beteiligte verfasst hat. Eine solche Bezugnahme reicht nur dann ausnahmsweise aus, wenn unzweifelhaft ist, dass sie auf einer eigenständigen Prüfung, Sichtung, rechtlichen Durchdringung und Würdigung des postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten beruht (NdsOVG, Beschl. v. 20.3.2015 - 5 LA 139/14 -, juris Rn. 42 m.w.N.).

Nach diesem Maßstab liegt eine ordnungsgemäße Begründung des Antrages auf Zulassung der Berufung nicht vor. Der aktuelle Prozessbevollmächtigte der Klägerin überreichte mit dem Schriftsatz vom 10. Mai 2024 als Anlage ein von der Klägerin persönlich verfasstes 22-seitiges Schreiben vom 8. Mai 2024 und "trug den Inhalt vor". Ungeachtet des größtenteils unsortierten Vortrags der Klägerin, der sich lediglich in wenigen Randnummern auf das angefochtene Urteil bezieht und für sich genommen schon nicht den dargestellten Anforderungen an eine Darlegung genügt, ist die Bezugnahme des Prozessbevollmächtigten auf dieses Schreiben als Umgehung des Vertretungszwangs zu werten. Es ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass das Schreiben der Klägerin, dessen Inhalt der Prozessbevollmächtigte "vorträgt" auf seiner eigenständigen Prüfung, Sichtung, rechtlichen Durchdringung und Würdigung beruht.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).