Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.04.2015, Az.: 5 LB 141/14

Aktenführung; Aktenverfälschung; Billigkeitsentscheidung; Entreicherung; grobe Fahrlässigkeit; Massenverwaltung; Organisationsermessen; Organisationsverschulden; Paginierung; Verjährung; verschärfte Haftung; Versorgungsfestsetzung; Verzinsung; Verzugsschaden; Vollständigkeitsgebot; Zinsen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.04.2015
Aktenzeichen
5 LB 141/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45019
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 02.04.2014 - AZ: 3 A 1612/12

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Es steht zwar im Organisationsermessen der Behörde, nach welchem System sie Versorgungsakten führt. Ist das behördliche System jedoch in dem Sinne fehleranfällig, dass bei der Sachbearbeitung bedeutsame Verwaltungsvorgänge nicht ohne Weiteres aufgefunden werden, kann dies unter dem Gesichtspunkt eines behördlichen Organisationsverschuldens zu Lasten der Behörde gehen (im vorliegenden Fall bejaht).

2. Die Verwaltungsverfahren, die zur Festsetzung von Versorgungsbezügen führen, sich über mehrere Monate mit verschiedenen Arbeitsschritten erstrecken können und dem 4-Augen-Prinzip unterliegen, sind nicht der so genannten Massenverwaltung zuzuordnen.

3. Zur Frage, ob eine Behörde zusätzlich zu der Rückzahlung überzahlter Versorgungsbezüge auch Zinsen einfordern kann.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 3. Kammer - vom 2. April 2014 geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 30. November 20..   und deren Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 20..   werden aufgehoben.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des gesamten Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Kürzung seiner Versorgungsbezüge und die Rückforderung von Versorgungsbezügen.

Der am 28. Januar 19..   geborene Kläger war bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand (Ablauf des 31.1.20..  ) im niedersächsischen Polizeidienst tätig. Er hatte zuletzt das Amt eines Polizeioberkommissars (Besoldungsgruppe A 10) inne.

Die erste Ehe des Klägers wurde durch Urteil des Amtsgerichts E. - Familiengericht - vom 21. Februar 19..   geschieden. Zu Gunsten der geschiedenen Ehefrau des Klägers wurden im Rahmen des Versorgungsausgleichs Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 575,24 DM begründet. Eine Ausfertigung des Urteils ging am 12. Mai 19..   bei dem damaligen Niedersächsischen Landesverwaltungsamt (NLVA) - einem der Funktionsvorgänger der Beklagten - ein. Die Urteilsausfertigung befindet sich in der Versorgungsakte, die die Beklagte dem Verwaltungsgericht vorgelegt hat (Beiakte A, hinterer Hefter, Bl. 1 bis 3). Die Seite 1 der Urteilsausfertigung befindet sich außerdem in der Personalakte (Beiakte C, Bl. 118) sowie in der (nicht paginierten) Besoldungsakte (Beiakte D) des Klägers.

Im Verlaufe des Scheidungsverfahrens hatte das Amtsgericht mit Schreiben vom 4. Oktober 19..  4 die damalige Bezirksregierung F. um Auskunft über die beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaften des Klägers gebeten. Die Bezirksregierung F. hatte das Schreiben an das NLVA weitergeleitet. Das NLVA hatte dem Amtsgericht mit Schreiben vom 14. November 19..  die erbetene Auskunft erteilt. Das Schreiben des Amtsgerichts vom 4. Oktober 19..  und das Schreiben des NLVA vom 14. November 19..   befinden sich in der dem Verwaltungsgericht vorgelegten Versorgungsakte (Beiakte A, vorderer Hefter, Bl. 6 und Bl. 22 bis 20).

Am 16. Mai 19..  vermerkte das NLVA, die Prüfung des Scheidungsurteils habe ergeben, dass der von dem Amtsgericht festgelegte Wert der beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft mit dem von dem NLVA mitgeteilten Wert übereinstimme. Der Vermerk befindet sich als Blatt 27 im vorderen Hefter der Versorgungsakte (Beiakte A).

In der Versorgungsakte befindet sich außerdem ein an das NLVA gerichtetes Schreiben des Amtsgerichts vom 10. Juli 19.. , mit dem dieses mitgeteilt hatte, dass das Scheidungsurteil seit dem 20. Juni 19..   rechtskräftig ist (Beiakte A, hinterer Hefter, Bl. 4). Das Schreiben ging am 14. Juli 19..   bei dem NLVA ein.

Mit Schreiben vom 18. Juli 19..  informierte das NLVA den Kläger darüber, dass aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Amtsgerichts mit seinem Eintritt in den Ruhestand aufgrund des Versorgungsausgleichs das ihm zustehende Ruhegehalt nach § 57 BeamtVG zu kürzen sei. Das Schreiben befindet sich als Blatt 28 im vorderen Hefter der Versorgungsakte (Beiakte A).

Am 29. September 20..  füllte der Kläger im Hinblick auf die ihm bei dem Eintritt in den Ruhestand zu gewährende Versorgung einen Fragebogen aus. Er gab in dem Fragebogen unter anderem an, dass er seit 19..   geschieden und seiner früheren Ehefrau nicht zum Unterhalt verpflichtet sei. Der ausgefüllte Fragebogen befindet sich als Blatt 6 bis 7 im hinteren Hefter der Versorgungsakte (Beiakte A).

Im Anschluss an den ausgefüllten Fragebogen sowie die von dem Kläger dazu vorgelegten Unterlagen befindet sich im hinteren Hefter der Versorgungsakte (Beiakte A) als Blatt 12 bis 13 ein als „Anlage zum Festsetzungsbescheid“ bezeichnetes und jeweils am 19. Dezember 20..  von der damaligen Sachbearbeiterin und dem damaligen Sachgebietsleiter abgezeichnetes Dokument. Darauf ist von der Sachbearbeiterin handschriftlich und in roter Farbe hervorgehoben vermerkt worden, dass der Kläger von seiner ersten Ehefrau seit dem 20. Juni 19..  rechtskräftig geschieden ist.

Mit Bescheid vom 11. Januar 20..  setzte das Niedersächsische Landesamt für Bezüge und Versorgung (NLBV) - der Funktionsnachfolger des NLVA und Funktionsvorgänger der Beklagten - das Ruhegehalt des Klägers für die Zeit ab dem 1. Februar 20.. fest. Eine Kürzung der Versorgungsbezüge gemäß § 57 BeamtVG wegen des zu Gunsten der geschiedenen Ehefrau des Klägers durchgeführten Versorgungsausgleichs erfolgte nicht (Beiakte A, hinterer Hefter, Bl. 14 bis 17). Bei der Festsetzung der Versorgung lagen die Personalakte (Beiakte C) sowie die Besoldungsakte (Beiakte D) des Klägers vor (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 24.9.20..  , S. 3 unten).

Ausweislich eines von der seinerzeitigen Sachbearbeiterin, der Zeugin G., am 10. Oktober 20..   gefertigten Vermerks (Beiakte A, vorderer Hefter, Bl. 40) bat der Kläger an jenem Tag telefonisch um eine Auskunft zu einer versorgungsrechtlichen Frage. Die Zeugin G. vermerkte dazu, eine Prüfung in „Kidi-Pay“ habe ergeben, dass von den Versorgungsbezügen des Klägers ein Kürzungsbetrag nach § 57 BeamtVG nicht abgezogen werde. Nach Akteneinsicht habe sie festgestellt, dass weder ein Auskunftsersuch des Amtsgerichts noch ein diesbezüglicher Vorgang oder eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich in der Versorgungsakte vorliege.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 20..  teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine Versorgungsbezüge aufgrund der bei seiner Ehescheidung vom Amtsgericht getroffenen Entscheidung über den Versorgungsausgleich ab dem Ruhestandsbeginn, also ab dem 1. Februar 20.. , gemäß § 57 BeamtVG zu kürzen seien. Die Kürzung belaufe sich ab dem 1. November 20..   auf 371,36 €. Hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Februar 20..  bis zum 31. Oktober 20..  erfolgten Überzahlung werde ein gesonderter Rückforderungsbescheid ergehen. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger insoweit Widerspruch ein, als die Beklagte die Kürzung der Versorgungsbezüge rückwirkend ab dem 1. Februar 20..  bis zum Zugang des Bescheides am 14. Oktober 20..   verfügt hatte.

Mit Bescheid vom 30. November 20..  forderte die Beklagte von dem Kläger für die Zeit vom 1. Februar 20..  bis zum 31. Oktober 20..  zu viel gezahlte Versorgungsbezüge in Höhe von 19.796,53 € zurück. Sie gab an, dass aufgrund der rückwirkenden Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers in der Zeit vom 1. Februar 20..  bis zum 31. Oktober 20..  eine Überzahlung in Höhe von 24.745,66 € entstanden sei. Sie verzichte aus Billigkeitsgründen auf 20 Prozent des überzahlten Betrages, so dass sich der zurückzuzahlende Betrag auf 19.796,53 € belaufe. Angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers räume sie eine Ratenzahlung von monatlich 200 € ein.

Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 30. November 20..  wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 20..  zurück. Zu der Billigkeitsentscheidung führte sie ergänzend aus, der Verzicht auf 20 Prozent des überzahlten Betrages erfolge, weil die Ursache der Überzahlung nicht dem Verantwortungsbereich des Klägers zuzurechnen sei und sich die Überzahlung während eines Zeitraums von mehr als 6 Jahren aufgebaut habe.

Gegen den Bescheid vom 30. November 20..  und den Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 20..  hat der Kläger am 19. März 2012 Klage erhoben.

Mit Bescheid vom 29. Juni 2012 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die mit Bescheid vom 13. Oktober 20..  gemäß § 57 BeamtVG erfolgte Kürzung der Versorgungsbezüge zurückgewiesen.

Der Kläger hat am 9. August 2012 die Klage um die Anfechtung des Bescheides vom 13. Oktober 20..  und des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2012 erweitert.

Er hat beantragt,

den Festsetzungsbescheid der Beklagten vom 13. Oktober 20..  in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2012 sowie den Rückforderungsbescheid vom 30. November 20..  in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 20..   aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 2. April 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Festsetzungsbescheid der Beklagten vom 13. Oktober 20..  in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2012 sowie der Rückforderungsbescheid vom 30. November 20..  in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 20..  seien rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Rückforderung der überzahlten Versorgungsbezüge sei § 52 Abs. 2 BeamtVG in Verbindung mit den §§ 812 ff. BGB. Der Kläger habe den zurückgeforderten Betrag in Höhe von 19.796,53 € ohne Rechtsgrund erhalten. Denn mit dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand hätten seine Versorgungsbezüge gemäß § 57 BeamtVG im Hinblick auf den zu seinen Lasten durchgeführten Versorgungsausgleich gekürzt werden müssen. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung der Kürzung der Versorgungsbezüge sowie des Rückforderungsbetrages seien weder erkennbar noch von dem Kläger dargetan.

Der Kläger könne sich gegenüber dem Rückforderungsanspruch nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen (§§ 52 Abs. 2 BeamtVG, 818 Abs. 3 BGB), weil er gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG in Verbindung mit § 819 Abs. 1 BGB der verschärften Haftung unterliege. Er habe die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten in ungewöhnlich hohem Maße verletzt, weil er bei der gebotenen Überprüfung des Versorgungsfestsetzungsbescheides vom 11. Januar 20..  sowie der Bezügemitteilungen hätte erkennen können und müssen, dass das NLBV es unterlassen habe, gemäß § 57 BeamtVG eine Kürzung seiner Versorgungsbezüge vorzunehmen. Dem Kläger hätten sich zumindest Zweifel an der Richtigkeit des Festsetzungsbescheides bzw. seiner Bezügemitteilungen aufdrängen müssen, die er ohne Schwierigkeiten durch eine Nachfrage - wie auch durch seinen Anruf am 11. Oktober 20..   in Bezug auf ein anderes Anliegen geschehen - bei der Bezügestelle hätte klären können.

Der Rückforderungsanspruch der Beklagten sei auch nicht verjährt. Die Beklagte habe erst im Oktober 20..  positive Kenntnis von den Umständen erlangt, die ihren Anspruch begründeten. Denn die Tatsache der unterbliebenen Kürzung gemäß § 57 BeamtVG, die der Grund für die streitige Rückforderung sei, sei ihr erst aus Anlass des Telefonats mit dem Kläger am 11. Oktober 20..  bekannt geworden. Eine grob fahrlässige Unkenntnis der Beklagten von der unterbliebenen Kürzung lasse sich nicht feststellen. Hinweise darauf, dass die Beklagte bei dem Erlass des Festsetzungsbescheides vom 11. Januar 20..   die Kürzung der Versorgungsbezüge grob fahrlässig übersehen habe, seien nicht gegeben.

Der Rückforderungsbescheid sei auch hinsichtlich der gemäß § 52 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG zu treffenden Billigkeitsentscheidung nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe ihr eigenes Verschulden hinreichend in den Blick genommen und unter Berücksichtigung dessen auf 20 Prozent der zu viel gezahlten Versorgungsbezüge verzichtet, mithin auf einen Betrag in Höhe von 4.949,13 €, und dem Kläger darüber hinaus in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zur Vermeidung eventueller Härten die Möglichkeit einer Ratenzahlung in Höhe von monatlich 200 € eingeräumt.

Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 18. August 2014 (- 5 LA 85/14 -) gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. April 2014 zugelassen.

Die Beklagte hat im Verlaufe des Berufungsverfahrens einen Vermerk des Referenten H. vom 16. September 2014 vorgelegt, in dem das Folgende niedergelegt worden ist:

„Aufgrund der in der Akte befindlichen Gesprächsnotiz (Teil 1, S. 40) gehe ich davon aus, dass der Vorgang über die Auskunft an das Familiengericht (Teil 1, S. 5 bis 29) und das Urteil des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich (Teil 2, S. 1 bis 3) der Versorgungssachbearbeiterin Fr. I. bei Erstellung des Versorgungsfestsetzungsbescheides nicht bekannt gewesen sind.

Dies ergibt sich auch aus folgenden weiteren Überlegungen:

Als im Jahr 19..   die Auskunft vom NLVwA erteilt wurde, gab es noch kein Programm, mit dessen Hilfe solche Auskünfte erstellt werden konnten und somit auch keine Möglichkeit, den Vorgang elektronisch zu speichern und ihn so später bei der Versorgungsfestsetzung parat zu haben.

Die Sachbearbeiter (SB) sammelten die Auskünfte in Stehordnern. Als im Jahr 1997 die sogenannte Versorgungsberatungsstelle gegründet wurde, wurden die SB verpflichtet, die gesammelten Vorgänge an diese Stelle abzugeben. Dort wurden sie dann später in Pendelhefter umgeheftet. Nach Auflösung der Versorgungsberatungsstelle und Rückübertragung der Aufgabe an alle SB der Versorgungsdezernate wurden die Pendelhefter dann in Aktenräumen abgehängt.

Trat nun ein Beamter in den Ruhestand, sah der SB im jeweiligen Aktenraum nach, ob es schon einen Vorgang zu diesem Fall gab. War das nicht der Fall, legte er eine neue Akte an. Diese Vorgehensweise barg natürlich die Gefahr in sich, dass ein Vorgang nicht gefunden wurde, weil er „verhängt“ war.

Erst später wurde ein datenbankgestütztes Verfahren programmiert, mit dem die Berechnungen der rgf. Dienstzeiten vorgenommen werden konnten und in dem die Berechnungen auch gespeichert wurden. Hier fällt es jetzt auf, wenn man eine Versorgungsfestsetzung machen will und zu dem Fall schon eine Auskunft zum Versorgungsausgleich gespeichert ist.

Die Versorgungsfestsetzungen unterliegen dem vier-Augen-Prinzip. Dies bedeutet, dass nicht nur der SB den Vorgang bearbeitet, sondern die Sache vom SGL geprüft und „sachlich richtig“ gezeichnet wird. Auch von daher erscheint es wenig wahrscheinlich, dass das Scheidungsurteil bei Festsetzung der Versorgungsbezüge dem SB und dem SGL bekannt war (dadurch, dass es in dieser Akte war).

Ich gehe davon aus, dass nach dem Telefongespräch im Jahr 20..  der alte Vorgang durch Suche im Aktenraum gefunden wurde (Fr. G. kann sich leider nicht mehr erinnern) und dann die Akten zusammengeführt wurden. Dabei wurde alles zunächst chronologisch abgeheftet und erst später - als es zum Gerichtsverfahren kam - paginiert (üblicherweise werden die Versorgungsakten nicht paginiert).

Sollten diese Ausführungen nicht zu einer Änderung der Rechtsauffassung des Gerichts führen, könnte noch darauf hingewiesen werden, dass mittlerweile auch die Festsetzung der Versorgungsbezüge eine „Massenarbeit“ geworden ist. So sind z. B. für den Monat Februar 20.. , in dem auch der Kläger in den Ruhestand getreten ist, 823 weitere Fälle festgesetzt worden.“

Der Vorsitzende des Senats hat der Beklagten mit Verfügung vom 16. Februar 2015 aufgegeben, eine dienstliche Äußerung der Zeugin G. vorzulegen. Die Zeugin ist um Äußerung dazu gebeten worden, wie sie sich erkläre, dass sie in ihrem Vermerk vom 11. Oktober 20..  (Beiakte A, vorderer Hefter, Bl. 40) ausgeführt habe, nach Akteneinsicht habe sie festgestellt, dass sich in der Akte eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht befinde,

- obwohl als Blatt 1 bis 3 des hinteren Hefters der Versorgungsakte eine an das NLVA adressierte Ausfertigung des Scheidungsurteils des Amtsgerichts J. vom 21. Februar 19..  abgeheftet ist, die ausweislich des Eingangsstempels am 12. Mai 19..  bei dem NLVA eingegangen ist, und

- obwohl im Anschluss daran als Blatt 4 des hinteren Hefters der Versorgungsakte die an das NLVA adressierte Mitteilung des Amtsgerichts, dass das Scheidungsurteil seit dem 20. Juni 19..  rechtskräftig ist, abgeheftet ist.

Die Zeugin G. hat in ihrer dienstlichen Äußerung vom 23. Februar 2015 das Folgende niedergelegt:

„Als seinerzeit zuständige Sachbearbeiterin habe ich anlässlich des Telefongesprächs mit Herrn A. (siehe Gesprächsnotiz vom 11.10.20.. ) die Versorgungsakte des Ruhestandsbeamten gründlich auf einen Scheidungsvorgang und Entscheidung über einen Versorgungsausgleich durchsucht.

Zu diesem Zeitpunkt befanden sich keine Hinweise auf einen Versorgungsausgleich in der Versorgungsakte.

Zwar kann ich mich nicht mehr persönlich erinnern, jedoch gehe ich davon aus, dass ich - wie es im Referat ….. üblich ist - sämtliche Möglichkeiten nach dem Verbleib des Versorgungsausgleichsvorgangs geprüft habe.

In einem gesonderten Aktenraum werden die Vorgänge, die vor dem Ruhestandsbeginn anfallen, in Hängeordnern aufbewahrt.

Ab Beginn des Ruhestandes werden diese Ordner weitergeführt oder falls sich kein Vorgang finden lässt, ein neuer Ordner angelegt und nach Fertigung des Festsetzungsbescheides in Aktenräumen der laufenden Versorgung aufbewahrt.

Der Vorgang über den Versorgungsausgleich wurde von mir nach dem Telefongespräch am 11., 12. oder 13. Oktober 20..   gefunden (siehe Bescheid über die Kürzung der Versorgung vom 13.10.20.. ) und in chronologischer Reihenfolge in die zum Ruhestandsbeginn neu angelegte Versorgungsakte abgeheftet.

Da der Vorgang zum Versorgungsausgleich aus dem Jahr 19..   datiert, war die Entscheidung über den Versorgungsausgleich, der Rechtskraftvermerk und das Anschreiben an den Beamten über die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs nachträglich vor den ab Ruhestandsbeginn Februar 20..  geführten Akteninhalt zu heften.

Erst zum Zeitpunkt des Klageverfahrens habe ich die einzelnen Seiten der Versorgungsakte durchnummeriert.

Der Vorgang über den Versorgungsausgleich hat sich zu Beginn des Ruhestandes am 01.02.20..  bis zum 11.10.20..   nicht in der Versorgungsakte befunden und konnte daher auch nicht übersehen werden.“

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Berufung vor, es sei zwar richtig, dass er die überzahlten Versorgungsbezüge ohne Rechtsgrund erhalten habe. Es treffe jedoch nicht zu, dass er sich wegen einer verschärften Haftung nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen könne. Er habe sich während seiner gesamten .…-jährigen Dienstzeit auf die Fachkenntnisse der Beklagten und ihrer Funktionsvorgänger verlassen und dies auch tun dürfen. Er habe keinerlei Veranlassung gehabt, den Bescheid über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 11. Januar 20..  zu überprüfen. Bei dem Erhalt der ersten Bezügemitteilung nach dem Eintritt in den Ruhestand sei er davon ausgegangen, dass der ……. Jahre zuvor angeordnete Versorgungsausgleich berücksichtigt worden sei, zumal die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte seiner geschiedenen Ehefrau mit Schreiben vom 18. Juli 19..  mitgeteilt habe, dass zu ihren Gunsten der Versorgungsausgleich durchgeführt worden sei. Er habe überhaupt keine Kenntnis von der Berechnung von Versorgungs- und Dienstbezügen. Er sei früher Schlachtermeister und dann Polizeibeamter im Außendienst gewesen. Abkürzungen in Bezügemitteilungen seien für ihn nichtssagend. Ihm könne deshalb allenfalls leicht fahrlässiges Handeln vorgeworfen werden.

Der Rückforderungsanspruch der Beklagten sei zudem vollständig verjährt. Die Beklagte müsse sich grob fahrlässige Unkenntnis von der unterbliebenen Kürzung der Versorgungsbezüge vorwerfen lassen. Die Verjährung habe insgesamt bereits mit dem Erlass des Bescheides über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 11. Januar 20..   begonnen, weil zu diesem Zeitpunkt der Anspruch auf die Versorgungsbezüge auch schon für die gesamte Folgezeit entstanden sei.

Die Billigkeitsentscheidung der Beklagten sei rechtswidrig. Seines Erachtens sei es gerechtfertigt, dass die Beklagte sogar auf 80 Prozent des überzahlten Betrages verzichte, weil sie die Überzahlung ganz überwiegend verschuldet habe.

Der von der Beklagten vorgelegte Vermerk des Referenten H. vom 16. September 2014 sei nicht geeignet, das Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit auf Seiten der Beklagten zu entkräften. Maßgeblich sei allein, dass die Beklagte das Urteil des Amtsgerichts vom 21. Februar 19..  erhalten, jedoch nicht umgesetzt habe. Es könne nicht zu seinen und zu Lasten anderer Versorgungsempfänger gehen, ob sich der jeweilige Sachbearbeiter der Mühe unterziehe, die nicht in der Versorgungsakte, sondern anderweit verwahrten Versorgungsausgleichsvorgänge zu suchen. Dass dies in seinem Fall unterblieben sei, sei als grobe Verletzung der erforderlichen Sorgfalt zu werten. Bei halbwegs sorgfältiger Fallbearbeitung wäre es zumindest geboten gewesen, auf dem Deckel der Versorgungsakte zu vermerken, dass anderweit Unterlagen über einen durchgeführten Versorgungsausgleich verwahrt würden. Die Überzahlungen beruhten daher überwiegend auf einem Organisationsverschulden der Beklagten.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach den erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, ihr Rückforderungsanspruch sei nicht teilweise verjährt. Der Senat sei in seinem Beschluss vom 18. August 2014 (a. a. O.) von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Denn seine Annahme, bei der Festsetzung der Versorgung hätten sich die Unterlagen zur Durchführung des Versorgungsausgleichs gut einsehbar in der Versorgungsakte befunden, treffe nicht zu. Dies ergebe sich aus dem Telefonvermerk der Zeugin G. vom 11. Oktober 20..  und dem Vermerk des Referenten H. vom 16. September 2014. Ein grob fahrlässiges Handeln bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge könne ihr daher nicht vorgeworfen werden. Es komme hinzu, dass sich in der Personalakte und der Besoldungsakte, die bei der Festsetzung der Versorgung vorgelegen hätten, zwar das Scheidungsurteil befunden habe, jedoch nur dessen Seite 1, aus der sich die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht habe herleiten lassen.

Die von ihr getroffene Billigkeitsentscheidung, im Umfang von lediglich 20 Prozent von der Rückforderung abzusehen, sei rechtmäßig. Aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2012 (- BVerwG 2 C 4.11 und BVerwG 2 C 15.10 -, juris) und den darin in Bezug genommenen Entscheidungen ergebe sich, dass es eines sorgfältigen Abwägungsprozesses im jeweiligen Einzelfall bedürfe, um ein überwiegendes Verschulden der Behörde festzustellen. Ein überwiegendes Verschulden an der Überzahlung könne ihr nicht vorgeworfen werden, weil die Überzahlung auf weit weniger schwerwiegenden Umständen beruhe als denen, die der Senat in seinem Beschluss vom 18. August 2014 (a. a. O.) angenommen habe. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände sei es nicht gerechtfertigt, nur ein Absehen von der Rückforderung in einem Umfang von mindestens 30 Prozent als rechtmäßig anzusehen. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, dass sie davon abgesehen habe, von der rechtlich zulässigen Möglichkeit Gebrauch zu machen, den Rückforderungsanspruch zu verzinsen. Da dem Kläger mit der Ratenzahlung von monatlich 200 € Gelegenheit gegeben worden sei, die Forderung über etwa 8 Jahre zinsfrei zu tilgen, dürfte die 30 Prozent-Grenze sogar überschritten sein. Der gegebenenfalls auch stillschweigende Verzicht auf den Zinsanspruch sollte stets als Teil der Billigkeitsentscheidung betrachtet werden.

Der Fall des Klägers unterscheide sich zudem erheblich von den Fällen, die den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2012 (a. a. O.) zugrunde gelegen hätten. In jenen Fällen hätten sich über 10 Jahre erstreckende Überzahlungen mit jeweils geringen Beträgen vorgelegen, so dass bei der Abwägung im Rahmen der Billigkeitsentscheidung die Entreicherung der Beamten als bewiesen habe angesehen werden können. Im Fall des Klägers hätten die Überzahlungen monatlich zwischen 347,47 € und 371,36 € betragen und monatlich mehr als 10 Prozent der dem Kläger zustehenden Versorgungsbezüge ausgemacht. Bei solchen höheren Überzahlungen während eines längeren Zeitraums könne die für die Abwägung in der Billigkeitsentscheidung zu Gunsten des Beamten zu berücksichtigende Entreicherung nicht unterstellt werden. Sie müsse dargelegt und gegebenenfalls bewiesen werden. Das Verschulden des Beamten wiege in derartigen Fällen schwerer als das der Behörde, insbesondere, wenn dem Beamten - wie hier - die Fehlerhaftigkeit der Zahlungen hätte „ins Auge springen“ müssen.

Der Annahme eines überwiegenden Verschuldens der Beklagten stehe auch entgegen, dass sich zum Zeitpunkt der Festsetzung der Versorgung Unterlagen über den Versorgungsausgleich nicht in der Versorgungsakte befunden hätten. Zudem seien zum 1. Februar 20..  mehr als 800 Beamte in den Ruhestand getreten. Der damit verbundene Arbeitsaufwand erlaube es, von Massenverwaltung zu sprechen. Da sorgfältig nach dem 4-Augen-Prinzip gearbeitet worden sei, liege allenfalls ein einfaches fahrlässiges Verhalten bei der Sachbearbeitung vor. Von ihr habe auch nicht verlangt werden können, die Versorgungsfestsetzung während des Überzahlungszeitraums regelmäßig zu überprüfen und ein entsprechendes Kontrollsystem vorzuhalten.

Falls - wie der Senat in seinem Beschluss vom 18. August 2014 (a. a. O.) angenommen habe - ein Teil ihres Rückforderungsanspruchs verjährt sei, müsste dies bei der Billigkeitsentscheidung zu ihren Gunsten berücksichtigt werden, weil sich schon deshalb die Rückforderungssumme ermäßige.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung zu den Fragen,

1. zu welchem Zeitpunkt die Blätter 1 bis 29 des vorderen Hefters der Versorgungsakte (Beiakte A), insbesondere das Schreiben des Amtsgerichts E. - Familiengericht - an die Bezirksregierung F. vom 4. Oktober 19..   (Bl. 6), das Schreiben des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes an das Amtsgericht vom 14. November 19..   (Bl. 22), der Vermerk des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes vom 16. Mai 19..   (Bl. 27) und das Schreiben des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes an den Kläger vom 18. Juli 19..  (Bl. 28), in dieser Versorgungsakte abgeheftet worden sind,

2. zu welchem Zeitpunkt die Blätter 1 bis 13 des hinteren Hefters der Versorgungsakte (Beiakte A), insbesondere die Ausfertigung des Scheidungsurteils des Amtsgerichts E. - Familiengericht - vom 21. Februar 19..  (Bl. 1 bis 3), die Mitteilung des Amtsgerichts vom 10. Juli 19..  (Bl. 4), der von dem Kläger am 29. September 20..  ausgefüllte Fragebogen zur Gewährung von Versorgung (Bl. 6 bis 7) sowie die Anlage zum Festsetzungsbescheid (Bl. 12), in dieser Versorgungsakte abgeheftet worden sind,

3. wo sich die vorstehend unter 1. und 2. genannten Dokumente befunden haben, bevor sie in der Versorgungsakte (Beiakte A) abgeheftet worden sind,

Beweis erhoben durch Vernehmung der Sachbearbeiterin G. als Zeugin.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 28. April 2015 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, soweit sie dagegen gerichtet ist, dass das Verwaltungsgericht die gegen den Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 20..  über die Kürzung der Versorgungsbezüge in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 20..  gerichtete Klage abgewiesen hat (1.). Die Berufung ist dagegen begründet, soweit sie dagegen gerichtet ist, dass das Verwaltungsgericht die Klage auch insoweit abgewiesen hat, als sie gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. November 20..   über die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 20..   gerichtet ist (2.).

1. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 20..  über die Kürzung der Versorgungsbezüge und der Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2012 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb insoweit zurückzuweisen.

Rechtsgrundlage der von der Beklagten rückwirkend ab dem Eintritt des Klägers in  den Ruhestand (1.2.20.. ) vorgenommenen Kürzung seiner Versorgungsbezüge ist § 57 BeamtVG in der am 31. August 20..   geltenden Fassung. Danach war die Beklagte verpflichtet, die Versorgungsbezüge des Klägers ab dem 1. Februar 20..  zu kürzen, da durch das Urteil des Amtsgerichts E. - Familiengericht - vom 21. Februar 19..  zu Gunsten der geschiedenen Ehefrau des Klägers im Rahmen des Versorgungsausgleichs Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 575,24 DM begründet worden waren.

Die Höhe der für die Zeit ab dem 1. Februar 20..  maßgeblichen Kürzungsbeträge hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 13. Oktober 20..   im Einzelnen ausgewiesen. Die Berechnungen der Beklagten lassen Fehler nicht erkennen.

Der Kläger hat mit seinem Vorbringen im Berufungsverfahren die Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 13. Oktober 20..  über die Kürzung der Versorgungsbezüge und des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2012 nicht in Zweifel gezogen, sondern lediglich Einwände gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. November 20.. über die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 20..  vorgetragen. Der Senat sieht deshalb, soweit Streitgegenstand die Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers ist, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil er der Begründung des Bescheides der Beklagten vom 13. Oktober 20..  und des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2012 folgt (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 117 Abs. 5 VwGO).

2. Der Bescheid der Beklagten vom 30. November 20..  über die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge und der Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 20..  sind entgegen der Ansicht der Beklagten und des Verwaltungsgerichts rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Bescheide sind deshalb auf die Berufung des Klägers aufzuheben. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist entsprechend zu ändern.

a) Das Verwaltungsgericht ist allerdings rechtsfehlerfrei zu der Einschätzung gelangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG vorliegen. Insoweit hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil (S. 9 des Urteilsabdrucks) das Folgende ausgeführt:

„Rechtsgrundlage für die Rückforderung der überzahlten Versorgungsbezüge ist § 52 Abs. 2 BeamtVG i. V. m. §§ 812 ff BGB. Gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich - wie hier - nichts anderes bestimmt ist. Nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, diesem zur Herausgabe verpflichtet. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Denn bei dem zurückgeforderten und hier streitigen Betrag in Höhe von 19.796,53 € handelt es sich um zu viel gezahlte Versorgungsbezüge im Sinne dieser Vorschrift. Diesen Betrag hat der Kläger ohne Rechtsgrund erhalten. Denn mit Eintritt des Klägers in den Ruhestand mit Wirkung vom 31. Januar 20..  hätten seine Versorgungsbezüge gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 BeamtVG im Hinblick auf den durchgeführten Versorgungsausgleich zu Lasten des Klägers gekürzt werden müssen. Durch die rechtskräftige Entscheidung des Familiengerichts vom 25. Februar 19..  wurden zu Gunsten der geschiedenen Ehefrau des Klägers Anwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1587 b Abs. 2 BGB in Höhe von 575,24 DM begründet. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung der Kürzung der Versorgungsbezüge sowie des Rückforderungsbetrages sind für das Gericht weder erkennbar noch von dem Kläger auch nur im Ansatz dargetan.“

Der Senat folgt der vorstehend wiedergegebenen Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 117 Abs. 5 VwGO analog), der insoweit nichts hinzuzufügen ist.

b) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf den Wegfall der Bereicherung (§ 52 Abs. 2 BeamtVG, § 818 Abs. 3 BGB) berufen.

aa) Soweit die Beklagte mit ihrem Vorbringen im Berufungsverfahren zum Ausdruck bringen will, angesichts der Höhe der monatlichen Überzahlungen, die zwischen 347,47 € und 371,36 € betragen und monatlich mehr als 10 Prozent der dem Kläger zustehenden Versorgungsbezüge - die sich im November 20..  auf 2.394,16 € belaufen hätten - ausgemacht hätten, könne nicht davon ausgegangen, dass der Kläger im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB nicht mehr bereichert sei, vermag sie hiermit allerdings nicht durchzudringen. Zwar kann nur bei relativ kleinen monatlichen Überzahlungsbeträgen, die 10 Prozent der monatlichen Gesamtbezüge unterschreiten, nach allgemeiner Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass der Beamte sie im Rahmen seiner normalen Lebensführung verbraucht hat (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 10.2.2015 - 5 LB 126/14 -; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, juris Rn 14; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, juris Rn 8; Hamb. OVG, Urteil vom 10.2.2009 - 1 Bf 144/08 -, juris Rn 21). Der Kläger hat sich jedoch schon im Verwaltungsverfahren auf den Wegfall der Bereicherung berufen (Schriftsätze vom 1.11.20  , 12.12.20..  und 5.1.20.. ). Er hat substantiiert dargelegt und belegt, dass er im Vertrauen auf die Richtigkeit der mit Bescheid vom 11. Januar 20..  festgesetzten Versorgungsbezüge seine frühere Wohnung aufgegeben und eine behindertengerechte Wohnung angemietet habe, die er sich nicht hätte leisten können, wenn die Versorgungsbezüge schon ab dem 1. Februar 20..  gekürzt worden wären. Die Beklagte hat das Vorbringen des Klägers, er habe die überzahlten Versorgungsbezüge zur Finanzierung der teureren Mietwohnung verbraucht, weder im Verwaltungsverfahren noch im erstinstanzlichen Verfahren in Zweifel gezogen. Auch im Berufungsverfahren hat sie dieses Vorbringen des Klägers in tatsächlicher Hinsicht nicht angegriffen.

bb) Der Kläger kann sich letztlich jedoch nicht mit Erfolg auf den Wegfall der Bereicherung berufen, weil er der so genannten verschärften Haftung unterliegt.

Die Zahlung der Versorgungsbezüge des Klägers stand zwar nicht unter einem gesetzesimmanenten Rückforderungsvorbehalt in dem Sinne, dass er gemäß § 820 Abs. 1, § 818 Abs. 4 BGB für die Rückzahlung verschärft, das heißt ohne die Möglichkeit der Berufung auf einen Wegfall der Bereicherung, haftet (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.9.1992 - BVerwG 2 C 18.91 -, juris Rn 18 f.). Der Kläger kann sich jedoch deshalb nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, weil er gemäß § 12 Abs. 2 BeamtVG in Verbindung mit § 819 Abs. 1 BGB verschärft haftet. Dazu hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil (S. 10 bis 12 des Urteilsabdrucks) ausgeführt:

„Der Kläger unterliegt jedoch gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG i. V. m. § 819 Abs. 1 BGB der verschärften Haftung. Diese tritt ein, wenn der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung bei dem Empfang kennt oder später erfährt (§ 819 Abs. 1 BGB) oder der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte er-kennen müssen (§ 52 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG). Als offensichtlich ist der Mangel des rechtlichen Grundes einer Zahlung dann anzusehen, wenn der Empfänger der Leistung ihn nur deshalb nicht erkannt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat, wobei es hinsichtlich des Erkennen-müssens auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Empfängers ankommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1982 - 2 C 14/81 - sowie Urteil vom 21.01.1987 - 2 C 4/85 - jeweils juris; Nds. OVG, Beschluss vom 13.09.2011 - 5 LA 62/10 -). Der Empfänger von Dienst- oder Versorgungsbezügen ist aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht insbesondere gehalten, ausgehändigte Versorgungsbezügeunterlagen zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Erläuterungen zu seinen Versorgungs-bezügen muss er sorgfältig lesen. […]

Vorliegend hat der Kläger die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten in ungewöhnlich ho-hem Maße verletzt. Ihm hätten sich vorliegend Zweifel an der Richtigkeit der an ihn ausgezahlten Versorgungsbezüge aufdrängen müssen. Er hätte erkennen können und müssen, dass die Beklagte eine Kürzung seiner Versorgungsbezüge gemäß § 57 BeamtVG nicht vorgenommen hat. Das Scheidungsurteil vom 21. Februar 19..  regelt ausführlich den Versorgungsausgleich und legt fest, dass ein bestimmter Anteil der Anwartschaften des Klägers, mithin in Höhe von monatlich 575,24 DM bezogen auf den 31. August 19.. , seiner geschiedenen Ehefrau zustehen. Allein aufgrund dieses Urteils konnte der Kläger erkennen, dass die für seine geschiedene Ehefrau begründeten Anwartschaften von seinen späteren Versorgungsbezügen abgezogen werden würden. Hinzu kommt, dass die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 18. Juli 19..  darauf hingewiesen hat, dass seine Versorgungsbezüge beim Eintritt des Versorgungs-falls nach § 57 BeamtVG zu kürzen seien. Soweit der Kläger in diesem Zusammen-hang einwendet, dass er erst im Jahre 20..  in den Ruhestand getreten sei und die Hinweise der Beklagten auf die Kürzung nach § 57 BeamtVG bereits         Jahre zurück-lägen, ändert dies nichts daran, dass dem Kläger die nach § 57 BeamtVG zu erfolgen-de Kürzung bekannt war. Ebenso hätte er erkennen können, dass das Urteil vom 21. Februar 19..  erst bei Eintritt in den Ruhestand Auswirkungen auf seine Versorgungs-bezüge haben kann. Von ihm konnte daher zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhe-stand zumindest erwartet werden, dass er sich das Urteil vom 21. Februar 19..  und die Mitteilung der Beklagten erneut vergegenwärtigt und er den Bescheid über die Festsetzung seiner Versorgungsbezüge sowie die Bezügemitteilung von Februar 20..  vollständig auf seine Richtigkeit überprüft und auf Überzahlungen achtet. […]

Bei der gebotenen Überprüfung des Festsetzungsbescheides vom 11. Januar 20..  sowie der Bezügemitteilungen hätte dem Kläger auffallen müssen, dass eine Kürzung nach § 57 BeamtVG in dem Bescheid bzw. in seinen Bezügemitteilungen überhaupt nicht erwähnt worden ist. Denn er musste davon ausgehen, dass diese dort als gesonderte Position mit Erläuterungen ausdrücklich erwähnt ist, wie dies auch in der Vergangenheit in den Gehaltsmitteilungen des Klägers aus seiner aktiven Dienstzeit für jeden einzelnen Bestandteil bzw. Abzug seiner Bezüge - wie z. B. die Erwähnung der Begriffe Grundbezug, Tarifzulage, Polizeizulage und FZ-Verh-Bestandteil - der Fall war. Insofern musste der Kläger davon ausgehen, dass auch eine Kürzung nach § 57 BeamtVG gesondert aufgeführt und betragsmäßig ausgewiesen wird. Dem Kläger hätten sich insoweit zumindest Zweifel an der Richtigkeit des Festsetzungsbescheides bzw. seiner Bezügemitteilungen aufdrängen müssen, die er ohne Schwierigkeiten durch eine Nachfrage - wie auch durch seinen Anruf am 11. Oktober 20..  in Bezug auf ein anderes Anliegen geschehen - bei der Bezügestelle hätte klären können. Das Gericht berücksichtigt in diesem Zusammenhang auch, dass es sich bei dem Kürzungsbetrag in Höhe von 575,24 DM gemäß des Urteils vom 21. Februar 19..  um eine nicht unerhebliche Summe gehandelt hat. Dem Kläger hätte es daher auch ohne ausdrückliche Erwähnung des § 57 BeamtVG in dem Festsetzungsbescheid auffallen müssen, dass dieser Betrag, auch wenn sich dessen Summe bei dem tatsächlichen Eintritt in den Ruhestand verändert hatte, nicht von seinen Versorgungsbezügen abgezogen wurde, sondern ihm verblieb. Denn ausweislich der Bezügemitteilung für den Monat Februar 20.. , die Bestandteil des Bescheides vom 11. Januar 20..  war, erfolgte nach der Berechnung des Ruhegehalts entsprechend dem Ruhegehaltssatz von 75 % - bis auf die gesetzlichen Abzüge - kein weiterer Abzug. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang einwendet, er sei davon ausgegangen, dass in dem mit „Grundbezug“ ausgewiesenen Betrag von 2.852,65 € der Versorgungsausgleich bereits „enthalten“ gewesen sei, verhilft dies der Klage nicht zum Erfolg. Denn die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es sich bei diesem Betrag um die Besoldung des Klägers aus seiner aktiven Dienstzeit nach der Besoldungsgruppe A 10 Grundgehaltsstufe 11 handelt. Dementsprechend kann sich der Kläger nicht darauf berufen, er könne die Zusammensetzung dieses Betrages weder nachvollziehen noch sei ihm die Höhe bekannt. Der Umstand, dass der Kläger nach seinem eigenen Vortrag in der gesamten Dienstzeit von         Jahren keine Veranlassung gesehen hat, seine Gehaltsmitteilungen zu überprüfen und darauf vertraut hat, dass die Beklagte schon alles richtig machen werde, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn dies ist allein dem Verantwortungs-bereich des Klägers zuzuordnen und kann nicht zu Lasten der Beklagten gehen.“

Der Senat folgt auch insoweit der Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 117 Abs. 5 VwGO analog). Hervorzuheben ist nochmals, dass der Kläger - auch wenn er vor dem Eintritt in den niedersächsischen Polizeidienst als Schlachtermeister tätig war - gerade angesichts seiner sodann        -jährigen Dienstzeit als Polizeibeamter und der während dieser Zeit auch in besoldungsrechtlichen Fragen gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen hätte erkennen müssen, dass das NLBV als Funktionsvorgänger der Beklagten es versäumt hatte, bei der mit Bescheid vom 11. Januar 20..  vorgenommenen Festsetzung der Versorgungsbezüge gemäß § 57 BeamtVG eine Kürzung wegen des aufgrund der rechtskräftig geschiedenen ersten Ehe des Klägers durchgeführten Versorgungsausgleichs vorzunehmen. Das Vorbringen des Klägers, er habe überhaupt keine Kenntnis von der Berechnung von Versorgungs- und Dienstbezügen, Abkürzungen in Bezügemitteilungen seien für ihn nichtssagend, vermag nichts an dem Umstand zu ändern, dass der Kläger es - wie er auch selbst vorgetragen hat - unterlassen hat, den Bescheid über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 11. Januar 20..  und die Bezügemitteilungen, die er in der nachfolgenden Zeit erhalten hat, in der ihm zumutbaren Weise auf Unklarheiten und eventuelle Fehler zu überprüfen. Er durfte insoweit nicht ohne eine solche Überprüfung von der Richtigkeit des Handelns der Mitarbeiter der Beklagten und des NLBV als Funktionsvorgänger der Beklagten ausgehen. Schon bei einem schlichten Durchlesen des Versorgungsfestsetzungsbescheides vom 11. Januar 20..  hätte dem Kläger auffallen müssen, dass das NLBV es versäumt hatte, die Versorgungsbezüge gemäß § 57 BeamtVG zu kürzen. Spätestens aber ab dem Erhalt der Versorgungsbezüge und der Bezügemitteilungen, die sich auf die Zeit ab dem 1. Februar 20..  bezogen, hätte der Kläger das Unterbleiben der Kürzung wahrnehmen müssen. Denn ihm wurden jeweils ausgehend von 100 Prozent des seinerzeitigen Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A 10 und der weiteren Besoldungsbestandteile Versorgungsbezüge nach dem höchstmöglichen Ruhegehaltssatz gewährt. Da das Amtsgericht K. - Familiengericht - in seinem Urteil vom 21. Februar 19..  zu Gunsten der geschiedenen Ehefrau des Klägers im Rahmen des Versorgungsausgleichs Rentenanwartschaften in Höhe von immerhin monatlich 575,24 DM begründet hatte, hätten dem Kläger die Überzahlungen auch ohne nähere Kenntnisse des Besoldungs- und Versorgungsrechts ohne Weiteres auffallen müssen. Dies hätte ihm Veranlassung geben müssen, sich durch eine Rückfrage bei dem NLBV Gewissheit darüber zu verschaffen, ob die Höhe seiner Versorgungsbezüge fehlerfrei berechnet worden war.

c) Es trifft entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts allerdings nicht zu, dass der Rückforderungsanspruch der Beklagten insgesamt nicht verjährt ist.

Hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Februar 20..  bis zum 31. Dezember 20..  überzahlten Versorgungsbezüge ist der Rückforderungsanspruch der Beklagten verjährt (aa). Der Rückforderungsanspruch der Beklagten ist entgegen der Ansicht des Klägers dagegen nicht auch hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Januar 20..  bis zum 31. Oktober 20..   überzahlten Versorgungsbezüge verjährt (bb).

aa) Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre (vgl. zur Anwendbarkeit der §§ 195 ff. BGB: BVerwG, Urteil vom 25.11.1982 - BVerwG 2 C 32.81 -, juris Rn 15). Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (hier: die Beklagte bzw. ihr Funktionsvorgänger) von den Umständen, die den Anspruch begründen, und der Person des Schuldners (hier: der Kläger) Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB). Bei Behörden oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften ist hierzu auf die Kenntnis des zuständigen Bediensteten der verfügungsberechtigten Behörde abzustellen; verfügungsberechtigt in diesem Sinne sind dabei solche Behörden, denen die Entscheidungskompetenz für den Rückforderungsanspruch zukommt, wobei die behördliche Zuständigkeitsverteilung zu respektieren ist (BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O., Rn 21; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O., Rn 15; Nds. OVG, Beschluss vom 7.8.2013 - 5 LA 291/12 -, juris Rn 20; Beschluss vom 18.8.2014 - 5 LA 85/14 -, juris <dort fehlerhaft mit dem Entscheidungsdatum 19.8.2014 abgedruckt> Rn 8; Beschluss vom 20.3.2015 - 5 LA 139/14 -, juris Rn 21).

Die Verjährung hat entgegen der Ansicht des Klägers nicht für den gesamten streitigen Zeitraum (1.2.20..  bis 31.10.20.. ) bereits mit dem Erlass des Bescheides über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 11. Januar 20..  begonnen. Der Rückforderungsanspruch der Beklagten bzw. ihres Funktionsvorgängers - des NLBV - ist vielmehr in der Zeit vom 1. Februar 20..  bis zum 31. Oktober 20..  jeweils monatlich im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O., Rn 19; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O., Rn 13; Nds. OVG, Beschluss vom 18.8.2014, a. a. O., Rn 9; Beschluss vom 20.3.2015, a. a. O., Rn 22).

Der den Rückforderungsanspruch begründende Umstand ist die in der Zeit vom 1. Februar 20..  bis zum 31. Oktober 20..  unterbliebene Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers gemäß § 57 BeamtVG. Es kann dahinstehen, ob das NLBV - wie der Kläger vorträgt - schon seit dem 1. Februar 20..  positive Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB von der unterbliebenen Kürzung der Versorgungsbezüge hatte. Denn das NLBV muss sich jedenfalls eine grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB von der unterbliebenen Kürzung der Versorgungsbezüge vorhalten lassen.

Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt demnach nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung („Verschulden gegen sich selbst“) vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben, er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat. Hierbei trifft den Gläubiger generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 27.9.2011 - VI ZR 135/10 -, juris m. w. N.; Nds. OVG, Beschluss vom 7.8.2013, a. a. O., Rn 21; Beschluss vom 18.8.2014, a. a. O., Rn 11; Beschluss vom 20.3.2015, a. a. O., Rn 24).

Gemessen hieran ist hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Februar 20..  bis zum 31. Dezember 20..  unterbliebenen Kürzung der Versorgungsbezüge des Klägers eine grob fahrlässige Unkenntnis des NLBV, die sich die Beklagte als Funktionsnachfolgerin zurechnen lassen muss, gegeben.

Das NLBV hätte im Rahmen der Prüfungen, die es - beginnend mit dem Erhalt des von dem Kläger am 29. September 20..  im Hinblick auf die ihm bei dem Eintritt in den Ruhestand zu gewährende Versorgung ausgefüllten Fragebogens (vgl. Beiakte A, hinterer Hefter, Bl. 6 bis 7) - vor dem Erlass des Bescheides vom 11. Januar 20..  über die Festsetzung der Versorgungsbezüge durchzuführen hatte, bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt ohne Weiteres feststellen können, dass im Falle des Klägers gemäß § 57 BeamtVG eine Kürzung der Versorgungsbezüge hätte vorgenommen werden müssen.

Der Senat geht - anders als noch in seinem Beschluss vom 18. August 2014 (a. a. O.) im Berufungszulassungsverfahren - angesichts des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren und nach dem Ergebnis der von dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme allerdings nicht mehr davon aus, dass der damaligen Sachbearbeiterin und dem damaligen Sachgebietsleiter seinerzeit die Versorgungsakte (Beiakte A) in der Form vorlag, wie die Beklagte sie dem Verwaltungsgericht im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 4. Mai 2012 übersandt hat. Vielmehr ist der Senat insbesondere aufgrund der glaubhaften Angaben, die die Zeugin G. in ihrer schriftlichen dienstlichen Äußerung vom 23. Februar 2015 und während ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gemacht hat, davon überzeugt, dass sich vor dem Erlass des Bescheides vom 11. Januar 20..  über die Festsetzung der Versorgungsbezüge zahlreiche Dokumente, die für die von Amts wegen durchzuführende Prüfung, ob die Versorgungsbezüge des Klägers gemäß § 57 BeamtVG zu kürzen waren, von wesentlicher Bedeutung waren, nicht in der jetzigen Versorgungsakte (Beiakte A) befanden. Hierbei hat es sich zum einen um die jetzigen Blätter 1 bis 29 des vorderen Hefters der Versorgungsakte (Beiakte A), und dabei insbesondere um das Schreiben des Amtsgerichts E. - Familiengericht - an die Bezirksregierung F. vom 4. Oktober 19..  (Bl. 6), das Schreiben des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes an das Amtsgericht vom 14. November 19..  (Bl. 22), den Vermerk des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes vom 16. Mai 19..  (Bl. 27) und das Schreiben des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes an den Kläger vom 18. Juli 19..  (Bl. 28) gehandelt. Zum anderen hat es sich um die Blätter 1 bis 4 des hinteren Hefters der Versorgungsakte (Beiakte A), nämlich die Ausfertigung des Scheidungsurteils des Amtsgerichts vom 21. Februar 19..  (Bl. 1 bis 3) und die Mitteilung des Amtsgerichts an das NLVA vom 10. Juli 19..  (Bl. 4) gehandelt. Die vorgenannten Dokumente befanden sich nicht in der jetzigen Versorgungsakte (Beiakte A), sondern - wie die Zeugin G. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat glaubhaft bekundet hat - in einer so genannten Vorakte, die das NLVA über den Kläger angelegt hatte. Diese Vorakte wiederum war in einem der drei Räume, in denen sämtliche Vorakten verwahrt worden waren, in einem Regal „abgehängt“ worden.

Entgegen der Annahme der Beklagten vermag der Umstand, dass sich vor dem Erlass des Bescheides vom 11. Januar 20..  über die Festsetzung der Versorgungsbezüge   die genannten Dokumente, die für die von Amts wegen durchzuführende Prüfung, ob die Versorgungsbezüge des Klägers gemäß § 57 BeamtVG zu kürzen waren, von wesentlicher Bedeutung waren, nicht in der jetzigen Versorgungsakte (Beiakte A) befanden, jedoch nichts daran zu ändern, dass die bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge des Klägers unterbliebene Kürzung der Versorgungsbezüge als objektiv schwerwiegender und subjektiv nicht entschuldbarer Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und damit als grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB einzustufen ist. Dies ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:

Das NLVA, das NLBV und die Beklagte waren bzw. sind zu einer ordnungsgemäßen Aktenführung verpflichtet. Diese Verpflichtung ergibt sich mittelbar aus § 29 VwVfG (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 29 Rn 1 a). Sie umfasst unter anderem das Gebot der Vollständigkeit der Akten und das Verbot der Aktenverfälschung (Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 29 Rn 1 a, die von dem Verbot des „Frisierens“ von Akten sprechen). Die Umsetzung dieser Gebote steht im Organisationsermessen der Behörden (Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 29 Rn 1 a).

Das Vollständigkeitsgebot verpflichtet die Behörden, sämtliche Vorgänge zu dokumentieren und so aufzubewahren, dass sie ohne Weiteres auf das konkrete Verwaltungsverfahren bezogen und zur Kenntnis genommen werden können. Es umfasst die Verpflichtung, Vorkehrungen gegen eine Entnahme bzw. Beseitigung von Aktenteilen zu treffen, zum Beispiel durch ein Inhaltsregister oder durch eine Paginierung (Kopp/ Ramsauer, a. a. O., § 29 Rn 1 b). Eine Paginierung stellt unter anderem sicher, dass der Verwaltungsvorgang nicht vor einer Akteneinsicht verändert werden kann, indem unpaginierte Bestandteile der Akte entfernt, hinzugefügt oder an einer anderen Stelle abgeheftet werden (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 26.7.2011 - 6 K 2797/10 -, juris Rn 35). Das Vollständigkeitsgebot verbietet auch die Führung informeller Nebenakten sowie die Entfernung oder Verfälschung von Aktenbestandteilen (Kopp/ Ramsauer, a. a. O., § 29 Rn 1 b). Die Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Aktenführung kann eine Beweislastumkehr zur Folge haben (OVG M.-V., Beschluss vom 22.12.2000 - 2 L 38/99 -, juris Rn 52; Kopp/ Ramsauer, a. a. O., § 29 Rn 1 b).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze stand bzw. steht es zwar im Organisationsermessen des NLVA, des NLBV und der Beklagten, nach welchem System die Versorgungsakten geführt wurden bzw. werden. Sofern jedoch - wie hier - Dokumente, die für die von Amts wegen durchzuführende Prüfung, ob die Versorgungsbezüge gemäß § 57 BeamtVG zu kürzen sind, von wesentlicher Bedeutung sind, nicht chronologisch in einer Versorgungsakte und an einem Standort verwahrt werden, sondern in verschiedenen Akten und noch dazu an verschiedenen Standorten, geht es zu Lasten der Behörde, wenn Akten oder Aktenbestandteile im Rahmen der Sachbearbeitung entweder nicht hinzugezogen oder nicht gefunden worden sind. Beide Ursachen können vorliegend nicht ausgeschlossen werden. Die Vorakte, die über den Kläger angelegt worden war, ist im Rahmen des Verfahrens, das mit dem Erlass des Versorgungsfestsetzungsbescheides vom 11. Januar 20..  geendet hat, entweder deshalb nicht hinzugezogen worden, weil die zuständigen Bediensteten es von vornherein unterlassen haben, die Akte aus dem Raum zu holen, in dem sie verwahrt worden war, oder weil die Bediensteten die Akte in diesem Raum nicht gefunden haben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme spricht zur Überzeugung des Senats Überwiegendes dafür, dass vor dem Erlass des Versorgungsfestsetzungsbescheides zwar an der Stelle, an der sich die Akte bei alphabetischer Zuordnung hätte befinden müssen, nachgesehen haben, ob sich dort eine über den Kläger angelegte Vorakte befand, diese dort jedoch nicht aufgefunden haben, weil sie in einem der drei Aktenräume, in denen sich nach den Bekundungen der Zeugin G. mehrere tausend Vorakten gelagert werden, „verhängt“ war. Der Senat leitet seine Überzeugung zum einen aus dem Vermerk des Referenten H. vom 16. September 2014 her, der in diesem Vermerk ausgeführt hat, die Verwaltungspraxis „barg natürlich die Gefahr in sich, dass ein Vorgang nicht gefunden wurde, weil er ‚verhängt‘ war“. Zum anderen leitet der Senat seine Überzeugung aus der Aussage der Zeugin G. her. Diese hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat glaubhaft bekundet, sie vermute, dass die Vorakte auch schon im Jahr 20..  „verhängt“ gewesen sei, weil ihr und den anderen Sachbearbeitern natürlich bekannt sei, dass sie im Rahmen der Festsetzung von Versorgungsbezügen nachzuprüfen hätten, ob Vorakten existierten.

Zu dem Zeitpunkt, als über den Kläger eine Vorakte angelegt worden war, existierte, wie der Referent H. in seinem Vermerk vom 16. September 2014 dargelegt hat, noch kein Programm, mit dessen Hilfe die Daten, die in Vorakten in Papierform erfasst werden, elektronisch hätten gespeichert werden können, um sie „später bei der Versorgungsfestsetzung parat zu haben“. Da dies jedoch so war, hätte behördlich durch eine organisatorische Maßnahme sichergestellt werden müssen, dass die zuständigen Bediensteten im Rahmen der Verfahren zur Festsetzung von Versorgungsbezügen einen unmissverständlichen Hinweis auf die Existenz einer Vorakte erhalten. Dies hätte etwa durch die Vorhaltung eines herkömmlichen, seinerzeit noch verbreiteten alphabetisch geordneten Karteikartensystems oder auf eine andere geeignete Weise geschehen können. Wenn eine solche organisatorische Maßnahme getroffen worden wäre, hätten die zuständigen Bediensteten in Fällen, in denen eine Vorakte - wie hier - verhängt war, Veranlassung gehabt, gründlich nach der verhängten Vorakte zu suchen, wie es auch die Zeugin G. nach ihrer anschaulichen Schilderung nach dem Anruf des Klägers im Oktober 20..  getan hat.

Das System, nach dem die Vorakten während des hier maßgeblichen Zeitraums geführt worden waren, war - wie der Fall des Klägers mit aller Deutlichkeit zeigt - fehleranfällig. Diese Fehleranfälligkeit begründet nach der Überzeugung des Senats unter dem Gesichtspunkt eines behördlichen Organisationsverschuldens die grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O., Rn 22; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O., Rn 16).

Die bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge des Klägers unterbliebene Kürzung der Versorgungsbezüge ist - dies stellt eine die Entscheidung des Senats selbständig tragende Erwägung dar - darüber hinaus auch deshalb als grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB einzustufen, weil den Bediensteten des NLBV bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge des Klägers mehrere Dokumente vorlagen, die bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätten Veranlassung geben müssen, die Kürzung der Versorgungsbezüge zu prüfen und diesbezüglich einfache und auf der Hand liegende Ermittlungen durchzuführen. Den Bediensteten lagen die Personalakte (Beiakte C) sowie die Besoldungsakte (Beiakte D) des Klägers vor (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 24.9.2014, S. 3 unten). In diesen Akten befand sich die Seite 1 der Ausfertigung des Scheidungsurteils vom 21. Februar 19.. . Ihnen lag zudem der von dem Kläger am 29. September 20..  im Hinblick auf die ihm bei dem Eintritt in den Ruhestand zu gewährende Versorgung ausgefüllte Fragebogen vor. In dem Fragebogen hatte der Kläger angegeben, dass er geschieden und wiederverheiratet sei. Aus diesen Dokumenten war zwar nicht ersichtlich, dass im Rahmen des Scheidungsverfahrens ein Versorgungsausgleich erfolgt war, weil sich dies nur aus den Seiten 2 und 3 des Scheidungsurteils ergab. Es war jedoch offensichtlich, dass es sich bei der in der Personalakte (Beiakte C) sowie der Besoldungsakte (Beiakte D) befindlichen Seite 1 der Ausfertigung des Scheidungsurteils vom 21. Februar 19..  nur um einen Teil des Urteils handeln konnte. Denn die Seite 1 enthält keine Kostenentscheidung, keine Entscheidungsgründe, keine Rechtsmittelbelehrung und auch keine richterliche Unterschrift. Diese Umstände hätten den zuständigen Bediensteten Veranlassung geben müssen,

- entweder sorgfältig nach der verhängten Vorakte zu suchen, wie es die Zeugin G. im Oktober 20..  mit Erfolg getan hat,

- oder das Amtsgericht E. - Familiengericht - um Übersendung einer vollständigen Abschrift oder Ablichtung des Urteils zu bitten,

- oder den Kläger um Übersendung einer vollständigen Abschrift oder Ablichtung des Urteils oder zumindest um Mitteilung zu bitten, ob anlässlich seiner Ehescheidung ein Versorgungsausgleich durchgeführt worden war.

All dies ist jedoch unterlassen worden.

Es kommt - dies stellt eine weitere, die Entscheidung des Senats selbständig tragende Erwägung dar - ferner hinzu, dass die Sachbearbeiterin des NLBV vor dem Erlass des Versorgungsfestsetzungsbescheides vom 11. Januar 20..  erkannt hatte, dass die erste Ehe des Klägers geschieden worden war. Denn sie hat auf dem als „Anlage zum Festsetzungsbescheid“ bezeichneten Dokument, das sich im Anschluss an den von dem Kläger am 29. September 20..  ausgefüllten Fragebogen sowie den von dem Kläger dazu vorgelegten Unterlagen befindet, handschriftlich und in roter Farbe hervorgehoben vermerkt, dass der Kläger von seiner ersten Ehefrau seit dem 20. Juni 19..  rechtskräftig geschieden ist. Dieses Dokument haben die Sachbearbeiterin und der Sachgebietsleiter jeweils am 19. Dezember 20..  abgezeichnet. Auch wenn im Rahmen eines Scheidungsverfahrens ein Versorgungsausgleich nicht zwingend erfolgen muss - er kann gemäß § 1408 Abs. 2 Satz 1 BGB in einem Ehevertrag ausgeschlossen werden -, hätten der Sachbearbeiterin und - im Rahmen des 4-Augen-Prinzips - dem Sachgebietsleiter die ihnen vorliegenden Unterlagen Veranlassung geben müssen, vor dem Erlass des Versorgungsfestsetzungsbescheides vom 11. Januar 20..  die in dem vorstehenden Absatz dargestellten Maßnahmen durchzuführen.

Aus dem Vorstehenden folgt, dass der Rückforderungsanspruch der Beklagten bei Erlass des angefochtenen Bescheides vom 30. November 20..

- hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Februar 20..  bis zum 31. Dezember 20..  überzahlten Versorgungsbezüge seit dem 1. Januar 20..  (Beginn der Verjährungsfrist: 1.1.20.. ; Ende: 31.12.20.. ) und

- hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Januar 20..  bis zum 31. Dezember 20..  überzahlten Versorgungsbezüge seit dem 1. Januar 20..  (Beginn der Verjährungsfrist: 1.1.20  ; Ende: 31.12.20.. )

verjährt war. Denn hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Februar 20.. bis zum 31. Dezember 20..  überzahlten Versorgungsbezüge war am 30. November 20..  bezogen auf den jeweils monatlich entstandenen Rückforderungsanspruch die Verjährungsfrist von drei Jahren bereits verstrichen.

Die Höhe des verjährten Rückforderungsanspruchs der Beklagten beläuft sich ausweislich der von der Beklagten durchgeführten Berechnung (Anlage zum Schreiben an den Kläger vom 17.10.20.. , Beiakte A, vorderer Hefter, Bl. 42) auf 7.991,81 €.

bb) Der Rückforderungsanspruch der Beklagten war dagegen entgegen der Ansicht des Klägers bei Erlass des angefochtenen Bescheides vom 30. November 20..  nicht auch

- hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Januar 20..  bis zum 31. Dezember 20..  überzahlten Versorgungsbezüge (Beginn der Verjährungsfrist: 1.1.20  ; Ende: 31.12.20  ),

- hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Januar 20..  bis zum 31. Dezember 20..  überzahlten Versorgungsbezüge (Beginn der Verjährungsfrist: 1.1.20  ; Ende: 31.12.20  ),

- hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Januar 20..  bis zum 31. Dezember 20..  überzahlten Versorgungsbezüge (Beginn der Verjährungsfrist: 1.1.20  ; Ende: 31.12.20.. ) und

- hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Januar 20..  bis zum 31. Oktober 20..  überzahlten Versorgungsbezüge (Beginn der Verjährungsfrist: 1.1.20.. ; Ende: 31.12.20.. )

verjährt. Denn hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Januar 20..  bis zum 31. Oktober 20..  überzahlten Versorgungsbezüge war am 30. November 20..  bezogen auf den jeweils monatlich entstandenen Rückforderungsanspruch die Verjährungsfrist von drei Jahren noch nicht verstrichen.

Die Höhe des nicht verjährten Rückforderungsanspruchs der Beklagten beläuft sich ausweislich der von der Beklagten durchgeführten Berechnung (Anlage zum Schreiben an den Kläger vom 17.10.20.. , Beiakte A, vorderer Hefter, Bl. 42) auf 16.753,85 €.

d) Die von der Beklagten gemäß § 52 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG getroffene Billigkeitsentscheidung ist entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts nicht rechtmäßig.

Die Entscheidung der Beklagten, aus Billigkeitsgründen auf die Rückzahlung von lediglich 20 Prozent der in der Zeit vom 1. Februar 20..  bis zum 31. Oktober 20..  überzahlten Versorgungsbezüge von insgesamt 24.745,66 € zu verzichten, ist ermessensfehlerhaft.

Gemäß § 52 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG kann von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden. Die insofern zu treffende Billigkeitsentscheidung bezweckt, eine allen Umständen des Einzelfalls gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Besoldungsempfänger tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie ist Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stellt eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, so dass sie vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung ist. Dabei ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Besoldungsempfängers abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O., Rn 24; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O., Rn 18; vgl. ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 26.9.2012 - 5 LA 233/11 -, juris Rn 9; Beschluss vom 24.7.2013 - 5 LB 85/13 -, juris Rn 34; Beschluss vom 29.7.2013 - 5 LA 275/12 -, juris Rn 26; Beschluss vom 3.3.2014 - 5 LA 286/13 -; Beschluss vom 5.3.2014 - 5 LA 177/13 -; Beschluss vom 18.8.2014, a. a. O., Rn 28).

Bei der Billigkeitsentscheidung ist von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung ist in die Ermessensentscheidung einzubeziehen. Deshalb ist aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt. Das ist auch unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten. Der Besoldungsempfänger, der nur einen untergeordneten Verursachungsbeitrag für die Überzahlung gesetzt hat, muss besser stehen als der Besoldungsempfänger, der die Überzahlung allein zu verantworten hat. In diesen Fällen hat das Bundesverwaltungsgericht ein Absehen von der Rückforderung in der Größenordnung von 30 Prozent des überzahlten Betrages als angemessen angesehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O., Rn 25 ff.; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O., Rn 19 ff.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweist sich die Billigkeitsentscheidung der Beklagten, auf die Rückzahlung von lediglich 20 Prozent der Überzahlung zu verzichten, als ermessensfehlerhaft.

Die Beklagte musste bei ihrer Ermessensentscheidung allerdings nicht berücksichtigen, dass der Fehler, der im Rahmen des Verfahrens unterlaufen war, das zur fehlerhaften Festsetzung der Versorgungsbezüge geführt hatte, erst nach sehr langer Zeit, nämlich nach 5 Jahren und 9 Monaten, erkannt worden war. Denn das NLBV und die Beklagte als dessen Funktionsnachfolger traf keine generelle Verpflichtung, den Versorgungsvorgang des Klägers regelmäßig auf Unstimmigkeiten hin zu überprüfen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 27.11.2014 - 5 LA 125/14 -).

Für die Ermessensentscheidung ist jedoch von ganz besonderer Bedeutung, dass die primäre Ursache für die Überzahlung auf dem Umstand beruhte, dass es bei der mit Bescheid vom 11. Januar 20..  erfolgten Festsetzung der Versorgungsbezüge des Klägers infolge grober Fahrlässigkeit unterlassen worden war, die gemäß § 57 BeamtVG gebotene Kürzung der Versorgungsbezüge vorzunehmen. Insoweit wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die obigen Ausführungen unter 2. c) aa) der Entscheidungsgründe verwiesen.

Die Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg einwenden, dass der Fehler, der im Rahmen des Verfahrens unterlaufen war, das zur fehlerhaften Festsetzung der Versorgungsbezüge geführt hatte, der Massenverwaltung zuzuordnen war. Nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats ist zwar bei im Rahmen der Massenverwaltung erfolgenden Überzahlungen, deren Ursache entweder in einem Fehler des behördlich verwendeten Computersystems oder aber in einem Eingabefehler liegt, ohne ein Hinzutreten verschärfender Umstände - etwa bei einem Unbemerktbleiben des Fehlers auch bei nachfolgenden Kontrollen bzw. Eingaben in das System oder aber über lange Zeit (so in den Fällen BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O.; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O.) - allenfalls von einem ganz geringfügigen Verschulden auf Seiten der Behörde auszugehen, weil es sich bei derartigen Fehlern um im Rahmen der Massenverwaltung auch bei Anwendung größter Sorgfalt nicht gänzlich zu vermeidende Fehler handelt. Für sich genommen reichen solche Fehler daher nicht aus, um eine Verringerung des Rückforderungsbetrags aus Gründen der Billigkeit rechtlich geboten erscheinen zu lassen. Vielmehr aktualisiert sich bei derartigen Fehlern die in der Treuepflicht des Besoldungs- bzw. Versorgungsempfängers wurzelnde Verpflichtung, die ihm erteilten Bezügemitteilungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Diese Pflicht besteht gerade im Interesse des Dienstherrn, der auf automatisierte und in gewissem Umfang fehleranfällige Systeme zurückgreift und auch deshalb darauf angewiesen ist, dass die Besoldungs- und Versorgungsempfänger ihrer Kontrollaufgabe ebenfalls nachkommen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 24.7.2013, a. a. O., Rn 36; Beschluss vom 6.8.2013 - 5 LA 82/13 -; Beschluss vom 18.8.2014, a. a. O., Rn 31; Beschluss vom 20.3.2015, a. a. O., Rn 17).

Der Fehler, der im Rahmen des Verfahrens unterlaufen war, das zur fehlerhaften Festsetzung der Versorgungsbezüge geführt hatte, war jedoch nicht der Massenverwaltung zuzuordnen. Das Verfahren, das zu dem Erlass des Bescheides vom 11. Januar 20..  über die Festsetzung der Versorgungsbezüge geführt hatte, hatte sich - beginnend am 2. September 20..  (vgl. Beiakte A, hinterer Hefter, Bl. 5) - über mehrere Monate mit verschiedenen Arbeitsschritten erstreckt. Während des Verfahrens musste nicht nur die - seinerzeit unvollständige - Versorgungsakte (Beiakte A) ausgewertet werden, sondern auch die Personalakte (Beiakte C) sowie die Besoldungsakte (Beiakte D) des Klägers. Die Festsetzung von Versorgungsbezügen und die dabei gegebenenfalls gemäß § 57 BeamtVG vorzunehmende Kürzung unterscheidet sich insoweit erheblich von werktäglich „massenhaft“ und abschließend zu bearbeitenden Verwaltungsverfahren, wie es etwa die Mitarbeiter der Beihilfestelle der Beklagten zu tun haben. Aufgrund dieses Unterschiedes vermag der Umstand, dass es Zeitpunkte geben mag, zu denen zeitgleich viele Beamte in den Ruhestand treten - die Beklagte hat vorgetragen, dass es nach ihren Aufzeichnungen zum 1. Februar 20..  mehr als 800 Beamte gewesen seien -, nichts daran zu ändern, dass es nicht gerechtfertigt ist, zu Gunsten der Beklagten auch die Festsetzung von Versorgungsbezügen und die dabei gegebenenfalls gemäß § 57 BeamtVG vorzunehmende Kürzung als Massenverwaltung einzustufen. Gerade die von der Beklagten hervorgehobene Tatsache, dass Versorgungsfestsetzungen dem 4-Augen-Prinzip unterliegen, also nicht nur von einem Sachbearbeiter in kurzer Zeit abschließend bearbeitet, sondern vor dem Erlass eines Bescheides zusätzlich auch noch von einem Sachgebietsleiter überprüft werden, belegt, dass es sich um eine nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls zeitaufwändige Arbeit handelt. Es kommt hinzu, dass es im Fall des Klägers auch nicht etwa aufgrund eines Fehlers eines behördlich verwendeten Computersystems oder aber aufgrund eines Eingabefehlers zu der fehlerhaften Festsetzung der Versorgungsbezüge gekommen war. Die fehlerhafte Festsetzung beruhte vielmehr - wie schon unter 2. c) aa) der Entscheidungsgründe ausgeführt wurde - auf mehreren anderen Ursachen.

Auch das weitere Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren, das nachfolgend gewürdigt wird, rechtfertigt es nicht, die Billigkeitsentscheidung der Beklagten, auf die Rückzahlung von lediglich 20 Prozent der Überzahlung zu verzichten, als ermessensfehlerfrei anzusehen. Bei dem Vorbringen der Beklagten handelt es sich allerdings um ein nach § 114 Satz 2 VwGO im gerichtlichen Verfahren zulässiges Ergänzen der Ermessenserwägungen. Denn die Ausführungen betreffen die Frage, in welchem Umfang der behördliche Verursachungsbeitrag an der Überzahlung im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 52 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG relevant ist. Diese Frage war auch schon in dem Bescheid der Beklagten vom 30. November 20..   über die Rückforderung der überzahlten Versorgungsbezüge und dem Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 20..  gewürdigt worden. Das Vorbringen der Beklagten stellt deshalb nicht eine von § 114 Satz 2 VwGO nicht gedeckte Auswechselung der die Billigkeitsentscheidung tragenden Gründe dar (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O., Rn 31; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O., Rn 25).

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren vorgetragen, bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit ihrer Billigkeitsentscheidung  müsse berücksichtigt werden, dass sie davon abgesehen habe, von der rechtlich zulässigen Möglichkeit Gebrauch zu machen, den Rückforderungsanspruch zu verzinsen. Da dem Kläger mit der Ratenzahlung von monatlich 200 € Gelegenheit gegeben worden sei, die Forderung über etwa 8 Jahre zinsfrei zu tilgen, dürfte die 30 Prozent-Grenze sogar überschritten sein. Der gegebenenfalls auch stillschweigende Verzicht auf den Zinsanspruch sollte stets als Teil der Billigkeitsentscheidung betrachtet werden.

Hiermit vermag die Beklagte im vorliegenden Verfahren nicht durchzudringen. Denn die Beklagte hatte rechtlich nicht die Möglichkeit, den Kläger mit den angegriffenen Bescheiden nicht nur auf Rückzahlung der überzahlten Versorgungsbezüge, sondern darüber hinaus zugleich auch auf Zahlung von Zinsen in Anspruch zu nehmen. Insoweit wäre an die Erstattung eines Verzugsschadens zu denken (§ 286 Abs. 1 BGB). Die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Verzug sind im öffentlichen Recht jedoch nicht generell entsprechend anwendbar. Die Verweisung des § 52 Abs. 2 BeamtVG auf die sinngemäß anzuwendenden Bereicherungsvorschriften des bürgerlichen Rechts ist deshalb ebenso wie die des § 12 Abs. 2 BBesG lediglich auf die Rückzahlung der zu Unrecht erhaltenen Leistungen zu beziehen, nicht dagegen auf Neben- und Folgeforderungen wie einen Verzugsschaden (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.3.1990 - BVerwG 2 C 33.87 -, juris Rn 24).

Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Oktober 1999 (- BVerwG 2 C 11.99 -, a. a. O., Rn 36) berufen, mit dem die Entscheidung einer Behörde, neben der Rückforderung überzahlter Bezüge seit Zugang des Rückforderungsbescheides Zinsen zu fordern, als rechtmäßig angesehen worden ist. Der Fall, über den das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden hatte, ist insoweit mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil die Leistungen in jenem Fall von vornherein unter dem gesetzlichen Vorbehalt des rückwirkenden Fortfalls des Leistungsgrundes standen. Die verschärfte Haftung des Betroffenen richtete sich deshalb nach § 52 Abs. 2 BeamtVG in Verbindung mit § 820 Abs. 1 BGB und § 818 Abs. 4 BGB, so dass sich der Zinsanspruch aus § 820 Abs. 2, 1. Halbsatz, § 818 Abs. 4 und § 291 BGB ergab. Der Kläger haftet jedoch - wie schon unter 2. b) bb) der Entscheidungsgründe ausgeführt wurde - nicht gemäß § 820 Abs. 1, § 818 Abs. 4 BGB verschärft, weil die Zahlung der Versorgungsbezüge nicht unter einem gesetzesimmanenten Vorbehalt der Rückforderung erfolgte.

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren ferner vorgetragen, bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit ihrer Billigkeitsentscheidung müsse berücksichtigt werden, dass das Verschulden des Klägers überwiege, weil ihm die erheblichen Überzahlungen, die monatlich zwischen 347,47 € und 371,36 € betragen und monatlich mehr als 10 Prozent der ihm zustehenden Versorgungsbezüge ausgemacht hätten, hätten „ins Auge springen“ müssen.

Der Senat hat schon im Rahmen der Ausführungen zu der Frage, ob der Kläger der verschärften Haftung unterliegt (siehe oben unter 2. b) bb) der Entscheidungsgründe), deutlich gemacht, dass dem Kläger die Überzahlungen auch ohne nähere Kenntnisse des Besoldungs- und Versorgungsrechts ohne Weiteres hätten auffallen und dass ihm dies hätte Veranlassung geben müssen, sich durch eine Rückfrage bei dem NLBV Gewissheit darüber zu verschaffen, ob die Höhe seiner Versorgungsbezüge fehlerfrei berechnet worden war. Es trifft auch - wie die Beklagte geltend gemacht hat - zu, dass sich der vorliegende Fall hinsichtlich der Höhe der monatlichen Überzahlungsbeträge (zwischen 347,47 € und 371,36 €) von den Fällen unterscheidet, die den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2012 (- BVerwG 2 C 15.10 und BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O.) zugrunde lagen (Überzahlungsbeträge dort etwa 23 € bzw. 21,74 € bis 52,64 €). Gleichwohl hätte sich in der von der Beklagten zu treffenden Billigkeitsentscheidung deutlicher niederschlagen müssen, dass der Grund für die bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge unterbliebene Kürzung der Versorgungsbezüge gemäß § 57 BeamtVG im überwiegenden behördlichen Verantwortungsbereich lag. Die erste Ursache für die fehlerhafte Festsetzung der Versorgungsbezüge war - wie unter 2. c) aa) der Entscheidungsgründe ausgeführt wurde - unzweifelhaft dem behördlichen Verantwortungsbereich zuzuordnen. Der Kläger seinerseits hatte nicht etwa durch unrichtige, unvollständige oder missverständliche Angaben zusätzlich dazu beigetragen, dass die Kürzung der Versorgungsbezüge versäumt worden war. Das dem Kläger anzulastende Verhalten, seine Bezügemitteilungen nicht überprüft und nicht nachgefragt zu haben, ob die Höhe seiner Versorgungsbezüge fehlerfrei berechnet worden war, wiegt nach der Überzeugung des Senats nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls auch bei Betrachtung der Höhe der monatlichen Überzahlungsbeträge weniger schwer als der behördliche Verursachungsbeitrag.

Es ist zwar - anders als der Kläger meint - angesichts seines eigenen, sich über den gesamten Überzahlungszeitraum von 5 Jahren und 9 Monaten erstreckenden Versäumnisses keinesfalls gerechtfertigt, dass die Beklagte auf 80 Prozent des überzahlten Betrages verzichtet. Da der Grund für die Überzahlung jedoch im überwiegenden behördlichen Verantwortungsbereich lag, erscheint dem Senat unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O., Rn 26; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O., Rn 20) ein Verzicht der Beklagten in der Größenordnung von 30 Prozent des nicht verjährten Rückforderungsanspruchs angemessen (für die Zeit vom 1.1.20.. bis zum 31.10.20..  überzahlte Versorgungsbezüge von 16.753,85 € abzüglich 30 Prozent Verzicht <5.026,16 €> = 11.727,69 € Rückforderungsbetrag).

Weitere Umstände, die eine darüber hinausgehende Ermäßigung des Rückforderungsbetrages als gerechtfertigt erscheinen ließen, sind im vorliegenden Einzelfall nicht gegeben. Der wirtschaftlichen Situation des Klägers hat die Beklagte durch die eingeräumte Ratenzahlung in Höhe von monatlich 200 € hinreichend Rechnung getragen.

Soweit die Beklagte hilfsweise vorgetragen hat, falls entgegen der von ihr vertretenen Auffassung ein Teil ihres Rückforderungsanspruchs verjährt sei, müsste dies bei der Billigkeitsentscheidung zu ihren Gunsten berücksichtigt werden, weil sich die Rückforderungssumme schon wegen der teilweisen Verjährung ermäßige, vermag sie damit nicht durchzudringen. Der Umstand, dass bei der Billigkeitsentscheidung auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Beamten abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O., Rn 24; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O., Rn 18), lässt es nicht zu, bei der Billigkeitsentscheidung zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen, dass ein Teil des Rückforderungsanspruchs der Beklagten aus von ihr zu vertretenden Gründen verjährt ist. Die Billigkeitsentscheidung hat sich auf die überzahlten und noch nicht verjährten Bezüge zu beziehen. Nur hinsichtlich dieser nicht verjährten Beträge kann überhaupt ein Rückforderungsanspruch der Beklagten nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG begründet sein und ist eine Billigkeitsentscheidung zu treffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O., Rn 29; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O., Rn 23). Der Versuch der Beklagten, über die Billigkeitsentscheidung den Umstand wieder zu kompensieren, dass ein Teil des von ihr geltend gemachten Rückforderungsanspruchs schon aufgrund der Verjährung nicht mehr durchsetzbar ist, ist sowohl unter dem Gesichtspunkt der dem Dienstherrn obliegenden Fürsorgepflicht als auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben bedenklich. Eine dahingehende Verfahrensweise wäre ermessensfehlerhaft.

Die Tatsache, dass der Rückforderungsanspruch der Beklagten hinsichtlich der in der Zeit vom 1. Februar 20..  bis zum 31. Dezember 20..  überzahlten Versorgungsbezüge verjährt und die von der Beklagten getroffene Billigkeitsentscheidung rechtswidrig ist, hat die Rechtswidrigkeit des gesamten Rückforderungsbescheides der Beklagten vom 30. November 20..  und des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 20..   zur Folge (vgl. dazu, dass auch die Billigkeitsentscheidung notwendiger und untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung ist: BVerwG, Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 15.10 -, a. a. O., Rn 29; Urteil vom 26.4.2012 - BVerwG 2 C 4.11 -, a. a. O., 23).

Bei einer erneuten Entscheidung über die Rückforderung der überzahlten Bezüge wird die Beklagte im Rahmen der Billigkeitsprüfung die gebotenen Ermessenserwägungen anstellen und den Umfang des Absehens von der Rückforderung sowie die Modalitäten der Ratenzahlung für den dann noch verbleibenden Rückforderungsbetrag bestimmen müssen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie entspricht angesichts der beiden Streitgegenstände (erfolglose Klage gegen die Bescheide über die Kürzung der Versorgungsbezüge; erfolgreiche Klage gegen die Bescheide über die Rückforderung von Versorgungsbezügen) dem Gewicht des gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens.