Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 27.11.2002, Az.: 6 A 2623/00
Dienstpflichtverletzung; Fälligkeitstermin; grobe Fahrlässigkeit; Grundstücksgeschäft; Kaufpreiszahlung; Pflichtenverstoß; Ruhestandsbeamter; Schadensersatz; Stundung; Zahlungstermin; Zinsverlust
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 27.11.2002
- Aktenzeichen
- 6 A 2623/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 42109
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 86 Abs 1 BG ND
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben; insoweit trägt die Beklagte die Kosten des Verfahrens.
Der Bescheid der Beklagten vom 28. Dezember 1999 und deren Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2000 werden aufgehoben, soweit die Beklagte mehr als 268,86 DM als Schadensersatz geltend macht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt insoweit der Kläger zu einem Zehntel und die Beklagte zu neun Zehnteln. Diese Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen das Verlangen der Beklagten, ihr Schadensersatz wegen der verzögerten Abwicklung eines Grundstücksgeschäfts zu leisten.
Der im ... .. geborene Kläger ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern. Nach dem Besuch der Schule hat er eine handwerkliche Ausbildung absolviert und war von 19.. bis 19.. Berufssoldat.
Zum ... ... 19.. trat der Kläger in den Dienst der Beklagten als Angestellter ein. Am ... ... 19.. wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum ... ernannt. Nach Durchlaufen des Vorbereitungsdienstes für den gehobenen Dienst hat der Kläger im ... 19.. und im ... 19.. die Abschlussprüfung für diese Laufbahn nicht bestanden; ihm wurde jedoch die Laufbahnbefähigung für den mittleren Verwaltungsdienst zuerkannt. Am ... ... 19.. wurde er zum Stadtassistenten unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe ernannt. Seine Ernennung zum Stadtsekretär unter Übertragung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit erfolgte am ... ... 19... Seitdem war er als Sachbearbeiter für Liegenschaften im Bereich der Kämmerei bei der Beklagten tätig. In der Folgezeit wurde er verschiedentlich befördert; zuletzt wurde er zum ... ... 1984 zum Stadtinspektor ernannt und in einen Dienstposten eingewiesen, aus dem er Bezüge nach der Bes.Gr. A 9 BBesO erhielt.
In der Stellenbeschreibung der Beklagten für den Dienstposten des Klägers vom 1. März 1994 wird seine Funktion mit "Hauptsachbearbeiter im Sachgebiet Liegenschaften“ bezeichnet und als wesentliche Tätigkeit angegeben: „Erwerb und Veräußerung von Grundvermögen (mit Ausnahme von Grundstücken im Gewerbegebiet)“. Gleiche Formulierungen finden sich in der Beurteilung des Klägers vom 19. April 1994.
Am 31. Dezember 1997 trat der Kläger in den sog. vorgezogenen Ruhestand. Mit Wirkung vom ... ... 19.. wurde er wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.
Die Beklagte erwarb im Bereich des – seinerzeit noch nicht rechtskräftigen – Bebauungsplanes „...“ östlich der ...straße verschiedene Flächen. Mit notariellem Kaufvertrag und handelnd als Vertreter ohne Vertretungsmacht veräußerte der Leiter des Bauamts der Beklagten, Dipl.-Ing. ..., am 30.November 1993 ein etwa 7.100 m² großes, noch zu vermessendes Trennstück aus dem Flurstück ../.. der Flur .. in der Gemarkung ... an Frau ... ..., geb. .... In der Anlage zum Kaufvertrag war das Trennstück so beschrieben, dass vom Wendehammer der ...straße, die als Sackgasse ausgestaltet war, ein privater, etwa 110 m tiefer Stichweg Richtung Osten führen sollte, an den sich ein dreieckig geformtes, ca. 6.000 m² großes Grundstück zur gewerblichen Nutzung anschließen sollte. Im Kaufvertrag war in § 4 vorgesehen, dass die Käuferin von dem Gesamtkaufpreis von 108.510,00 DM eine Hälfte bis zum 15. Dezember 1993 und die andere Hälfte bis zum 15. März 1994 auf ein Konto der Beklagten überweisen sollte. Weiterhin ist im Vertrag die Regelung enthalten, dass entsprechend dem Ergebnis einer späteren genauen Vermessung des Trennstücks etwaige Über- oder Unterzahlungen des geleisteten Kaufpreises zwischen den Vertragsparteien ausgeglichen werden sollten. Diesem Kaufvertrag stimmte der Verwaltungsausschuss der Beklagten unter dem 14. Dezember 1993 und der Rat der Beklagten unter dem 21. Dezember 1993 zu, so dass Bürgermeister und Stadtdirektor der Beklagten am 27. Dezember 1993 gegenüber dem Notar die Genehmigung des von Dipl.-Ing. ... geschlossenen Kaufvertrages erklärten. Das Grundstück hatte die Beklagte tags zuvor im Wege eines Tausches erworben.
Der Kaufvertrag wurde ebenso wie die bereits zuvor zwischen den Kaufvertragsparteien gepflegte Korrespondenz als Akte Nr. ... bei der Beklagten angelegt. Der Vorgang wurde vom Kläger bearbeitet, wie sich aus verschiedenen handschriftlichen Vermerken der Akte ergibt. Bei der Formulierung des Kaufvertrages hat der Kläger allerdings nicht mitgewirkt und beim Vertragsschluss war er nicht zugegen. Nach Vertragsschluss wurden vom Kläger die Erklärungen über den Verzicht auf das Vorkaufsrecht und die Korrespondenzen wegen der Vertragsabwicklung vorgenommen.
Mit Schreiben vom 4. Januar 1994 wandte sich die Beklagte, für sie handelnd der Kläger, an die Käuferin und mahnte die Zahlung der für den 15. Dezember 1993 fällig gewesenen ersten Tranche des Kaufpreises an. In diesem Schreiben heißt es u.a.: „Ich habe den Zahlungstermin auf den 12. Januar 1994 festgelegt“. Unter dem 7. Januar 1994 fertigte der Kläger eine Annahmeanordnung für diesen Teilbetrag des Kaufpreises, bezeichnete als Fälligkeitsdatum den 12. Januar 1994, zeichnete die Annahmeanordnung als sachlich richtig ab und leitete sie im Amtsbetrieb an die Kämmerei weiter.
In der Folgezeit wurde dem Kläger im Februar 1994 bekannt, dass der Grundstückserwerberin aus technischen Gründen die im Kaufvertrag vorgesehene Breite der privaten Zuwegung (beginnend am Wendehammer der ...straße und endend an dem etwa dreieckig geformten Bereich) nicht ausreichte. Die Erwerberin vereinbarte draufhin zunächst mündlich mit dem Eigentümer des nördlich angrenzenden Grundstücks (spätere Bezeichnung Flurstück ../..), die Zuwegung auf der Nordseite der Zufahrt um etwa 1,5 m zu verbreitern. Diese Vereinbarung konnte zunächst nicht umgesetzt werden, weil der Eigentümer der nördlich liegenden Flächen von der Erwerberin erwartet hatte, sie würde Baumaterialien bei ihm kaufen. Verschiedene Mitarbeiter der Beklagten haben sich aber dann erfolgreich bemüht, diese Schwierigkeiten zwischen den Nachbarn auszuräumen.
Nachdem im Oktober 1994 eine Vermessung der Grundstücke erfolgt war, die ergeben hatte, dass das veräußerte Flurstück mit der neuen Bezeichnung ../.. insgesamt 6.917 m² statt der ursprünglich vorgesehenen 7.100 m² groß war, wandte sich der Notar mit Schreiben vom 24. Oktober 1995 an die Beklagte, dort den Kläger als Sachbearbeiter, und bat um schriftliche Bestätigung der Zahlung des Kaufpreises, so wie es im Kaufvertrag abgemacht worden war. Mit Schreiben vom 28. November 1995 wandte sich daraufhin der Kläger, handelnd für die Beklagte, an den Notar und forderte ihn auf, den nunmehr neu berechneten Restkaufpreis von 50.412,00 DM bis zum 7. Dezember 1995 auf ein Konto der Stadtkasse zu überweisen. Zugleich fertigte er unter dem 28. November 1995 eine Annahmeanordnung über diesen Betrag, wies als Fälligkeitsdatum den 7. Dezember 1995 aus und bestätigte durch sein Namenszeichen die sachliche Richtigkeit der Anordnung. Sodann leitete er sie im Geschäftsgang an die Kämmerei weiter.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 1995 teilte der Notar der Beklagten mit, dass er die Käuferin aufgefordert habe, den Kaufpreis direkt an die Beklagte zu zahlen. Sobald der Kaufpreis vollständig eingegangen sei, solle ihm dies kurz schriftlich bestätigt werden, damit die Eigentumsumschreibung erfolgen könne. Daraufhin teilte der Kläger, handelnd für die Beklagte, unter dem 21. Dezember 1995 dem Notar mit, dass der Restkaufpreis von der Käuferin im Januar 1996 gezahlt werde. Zugleich fertigte der Kläger unter diesem Datum eine Abgangsanordnung an die Kasse über den Betrag vom 50.412,00 DM, gab als Grund an, dass die Kaufpreiszahlung im Januar 1996 erfolge, zeichnete sie als sachlich richtig ab und gab diese in den Geschäftsgang. Nach seinem späteren Vorbringen beruhte dies auf mündlichen Anweisungen von Vorgesetzten. Unter dem 2. Januar 1996 fertigte der Kläger eine Annahmeanordnung mit Fälligkeit zum 15. Januar 1996, zeichnete diese als sachlich richtig ab und gab sie in den Geschäftsgang. Die Überweisung des Betrages erfolgte durch Gutschrift auf das Konto der Stadtkasse am 16. Februar 1996. Dies teilte der Kläger, handelnd für die Beklagte, dem Notar mit Schreiben vom 20. Februar 1996 mit. Daraufhin erfolgte die Umschreibung im Grundbuch, was vom Amtsgericht Wittmund mit Schreiben vom 5. März 1996 der Beklagten mitgeteilt wurde.
Da die Beklagte über kein eigenes Rechnungsprüfungsamt verfügt, erfolgte eine Prüfung ihrer Geschäfte für das Jahr 1994 durch den Landkreis Wittmund. Am 12. November 1996 ging der Entwurf des Prüfberichtes bei der Beklagten mit der Bitte um Stellungnahme ein. In diesem Prüfbericht wurde unter Nr. B 4 der aus der zögerlichen Beitreibung des Kaufpreises im oben genannten Kaufvertrag entstandene Verzugsschaden gerügt. Dieser Teil des Prüfberichtes wurde dem Sachgebiet Liegenschaften im Amt 20 zugeleitet, von wo aus der neue Sachbearbeiter mit Schreiben vom 12. März 1998 sinngemäß erklärte, dass der Kläger es wohl vergessen habe, die zweite Tranche des Kaufpreises rechtzeitig einzufordern bzw. Verzugszinsen geltend zu machen. Nachdem die Beklagte vergeblich versucht hatte, den Zinsschaden bei ihrer Eigenschadenversicherung zu realisieren, wurde der Vorgang im Schlussbericht des Rechnungsprüfungsamtes des Landkreises als Prüfvorgang 37 und Fall-Nr. 564 kritisch genannt.
Mit Bescheid vom 28. Dezember 1999 – zugestellt am 29. Dezember 1999 – verlangte die Beklagte vom Kläger die Zahlung von 4.571,79 DM als Schadensersatz für die verspätete Beitreibung der beiden Teile des Kaufpreises. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es der Kläger pflichtwidrig versäumt habe, auf die rechtzeitige Zahlung des Kaufpreises zu achten; auch habe er keine Entscheidung der dafür zuständigen Gremien über eine etwaige Stundung herbeigeführt. Es seien keine nachvollziehbaren Gründe dafür ersichtlich, warum die beiden Zahlungstermine vom 15. Dezember 1993 und 15. März 1994 vom Kläger auf den 12. Januar 1994 und den 15. Januar 1996 verändert worden seien.
Dagegen legte der Kläger am 10. Januar 2000 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass er die in den Daten veränderten Annahmeanordnungen aufgrund mündlicher Anweisungen seiner Vorgesetzten ausgeführt habe. Denn seinerzeit hätten verschiedene Schwierigkeiten zwischen der Grundstückserwerberin und der Beklagten bestanden, von denen er nur zum Teil Kenntnis gehabt habe. Zur Vermeidung von Regressforderungen der Käuferin sei es ihm daher einsichtig erschienen, unbürokratisch und ohne weitere Kosten die Beitreibung des Kaufpreises zu verschieben. Auch habe er nicht am betreffenden Kaufvertrag mitgewirkt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2000 – zugestellt am 21. Juni 2000 – wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde nochmals ausgeführt, dass vom Kläger die Zahlungsfristen aus nicht erkennbaren Gründen hinausgeschoben worden seien, so dass sich der Schaden durch einen Zinsverlust in der genannten Höhe ergeben habe.
Am 18. Juli 2000 hat der Kläger Klage erhoben. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und macht geltend, er habe nur auf Anweisung seiner Vorgesetzten gehandelt. Die Akte hätte lange bei seinem Vorgesetzten gelegen und sei dort später von ihm gefunden worden.
Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2000 verminderte die Beklagte um 242,64 DM die Schadensersatzforderung von 4571,79 DM auf 4.329,15 DM, weil die späte Fälligstellung der 1. Kaufpreisrate auch auf der späten Genehmigung des Vertragsschlusses durch den Rat beruhe.
Insoweit erklärten die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28. Dezember 1999 und deren Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2000 aufzuheben, soweit die Beklagte die Schadensersatzforderung aufrechterhält.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft die Begründung der angefochtenen Bescheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der vom Kläger vorgelegten Unterlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung wurden der frühere Stadtdirektor der Beklagten, der frühere Leiter der Kämmerei und der frühere Leiter des Bauamtes der Beklagten als Zeugen zu den Fragen um die Abwicklung des Kaufvertrages vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll verwiesen.
Entscheidungsgründe
Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache bezüglich der Schadenssumme von 242,64 DM übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren einzustellen. Soweit im Übrigen eine Schadensersatzforderung in Höhe von 4.329,15 DM in Streit stand, hat die Klage in dem im Tenor genannten Umfang Erfolg. Erst ab dem 28. November 1995 bildete das fahrlässige Verhalten des Klägers einen groben Pflichtenverstoß. Dazu im Einzelnen:
Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 NBG (der § 78 BBG und § 46 BRRG entspricht) hat ein Beamter, der grob fahrlässig die ihm obliegenden Pflichten verletzt, seinem Dienstherrn, dessen Aufgaben er wahrgenommen hat, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Diese Vorschrift gilt nach herrschender Meinung auch für Ruhestandsbeamte wie den Kläger (vgl. Sommer/Kohnert/Sommer, NBG-Kommentar, 2001, § 86 Rdn. 4). Zutreffend wird in den angefochtenen Bescheiden davon ausgegangen, dass der Kläger durch die hinausgeschobenen Fälligkeitstermine bei den Annahmeanordnungen der beiden Tranchen des Kaufpreises seine Dienstpflichten verletzt hat. Denn der Kläger war als langjähriger Sachbearbeiter der Liegenschaftsangelegenheiten für die Abwicklung der Kaufverträge zuständig. Es entsprach seinen Dienstpflichten bei der Beklagten, dafür Sorge zu tragen, dass die in den Kaufverträgen genannten Zahlungstermine von den Käufern eingehalten wurden. Auch musste ihm als mit diesen Dingen Vertrautem bekannt sein, dass Veränderungen bei den Fälligkeitsterminen Stundungen darstellten, über die er schon wegen des damit verbundenen Zinsverlustes nicht alleine entscheiden konnte.
Der Zuständigkeit des Klägers steht nicht entgegen, dass er nach der Dienstpostenbeschreibung vom 1. März 1994 für Erwerb und Veräußerung von Grundstücken im Gewerbegebiet nicht zuständig sein sollte. Seine Zuständigkeit im Rahmen seiner Dienstpflichten dafür Sorge zu tragen, dass der Kaufpreis veräußerter Grundstücke von den Käufern bezahlt wird, wird dadurch nicht berührt. Als Hauptsachbearbeiter im Sachgebiet Liegenschaften war dies seine Aufgabe und einen anderen Bediensteten hatte die Beklagte für diese Aufgaben nicht. Allerdings war der Kläger nicht - auch - damit betraut, an Kauf- und Verkaufsverhandlungen teilzunehmen und beim Abschluss von Grundstückskaufverträgen mitzuwirken, wenn die Grundstücke im Gewerbegebiet lagen. Dies war Aufgabe des Bauamtes, des Amtes für Wirtschaftsförderung oder des Stadtdirektors. Nach Abschluss des Kaufvertrages war es Sache des Klägers als Hauptsachbearbeiter im Sachgebiet Liegenschaften im Amt 20 den Kaufvertrag abzuwickeln und für die rechtzeitigen Kaufpreiszahlungen die notwendigen Maßnahmen zu treffen, insbesondere rechtzeitig die Annahmeanordnungen zu fertigen und an die Kämmerei weiterzuleiten. Das hat die Vernehmung des Zeugen ... eindeutig ergeben, ist von den anderen Zeugen auch nicht in Abrede gestellt und letztlich vom Kläger nicht bestritten worden.
Zwar hat der Kläger stets geltend gemacht, er habe bei dem Hinausschieben der Fälligkeitstermine auf Anweisung seiner Vorgesetzten gehandelt. Abgesehen davon, dass ein ordnungsgemäß handelnder Sachbearbeiter in Liegenschaftsangelegenheiten in einem derartigen Falle einen schriftlichen Vermerk gefertigt und seinen Vorgesetzten zur Mitzeichnung vorgelegt hätte – was im vorliegenden Fall nach dem Akteninhalt unterblieben ist -, hat die Beweisaufnahme jedoch keinen Anhaltspunkt für die Richtigkeit dieser Behauptung ergeben. Die gehörten Zeugen haben eine derartige mündliche Anweisung in Abrede gestellt oder konnten sich an die betreffenden Vorgänge nicht mehr erinnern. Für die Behauptung des Handelns nach mündlicher Vorgesetztenanweisung ist aber der Kläger beweispflichtig.
Indessen ist nach Ansicht der Kammer das Verhalten des Klägers in diesem Zusammenhang erst ab dem 28. November 1995 als grob fahrlässig zu qualifizieren. Eine Dienstpflicht wird grob fahrlässig verletzt, wenn der Beamte durch besonders leichtfertiges Vernachlässigen der nahe liegenden, jedermann einleuchtenden Pflichten einen Schaden verursacht und diesen trotz der unter den konkreten Umständen zumutbaren Sorgfalt als rechtswidriges Ergebnis herbeiführt.
Der Kläger hat versäumt, für die Beitreibung der zweiten Hälfte des Kaufpreises Sorge zu tragen, nachdem die erste Hälfte auf dem Konto der Beklagten eingegangen war. Worin dieses Versäumnis seine Ursache hatte - sei es, dass der Kläger den Vorgang vergessen hatte, sei es eine Arbeitsüberlastung oder sei es, dass die Akte nicht bei ihm am Arbeitsplatz unter Kontrolle war -, ist unklar geblieben. Jedenfalls können solche Saumseligkeiten in einer Verwaltung vorkommen und sind nicht als grob fahrlässig im dargelegten Sinne anzusehen.
Hinzu kommt der Umstand, dass nach dem Eindruck der Kammer bei der Anhörung der Zeugen, bei denen es sich im betreffenden Zeitraum um herausgehobene Führungskräfte in der Verwaltung der Beklagten handelte, eine Anleitung und Beaufsichtigung der Tätigkeit des Klägers im Hinblick auf die ihm übertragenen Aufgabengebiete wohl nur in sehr eingeschränktem Maße erfolgte.
Als jedoch der Kläger mit Schreiben vom 28. November 1995 sich an den Notar, der den Kaufvertrag beurkundet hatte, wandte, ist nach Ansicht der Kammer ab diesem Zeitpunkt durch eine grobe Pflichtenvernachlässigung des Klägers ein Schaden verursacht worden. Denn nachdem das Schreiben des Notars vom 24. Oktober 1995 bei der Beklagten eingegangen war, wäre es Sache des Klägers gewesen, sich den Vorgang genau anzuschauen und das bisher Versäumte nachzuholen. Jedenfalls handelte er grob fahrlässig, als er mit Schreiben vom 28. November 1995 den Notar aufforderte, den Restkaufpreis auf ein Konto der Stadtkasse zu überweisen. Denn es hätte sich dem Kläger, der seit vielen Jahren mit Liegenschaftsangelegenheiten vertraut war, aufdrängen müssen, einen Blick in den Kaufvertrag zu werfen. Dann hätte er erkannt, dass es nicht Sache des Notars war, den Restkaufpreis - etwa von einem Notaranderkonto - auf das Konto der Stadtkasse zu überweisen und dass schon seit langem der Restkaufpreis von der Erwerberin hätte eingefordert werden müssen. Indem er den Vorgang an sich zog und nicht das Richtige veranlasste, handelte der Kläger grob fahrlässig.
Soweit der Kläger den Eindruck vermittelt hat, er habe durch die Stundung des Restkaufpreises etwaige Schadensersatzforderungen der Käuferin von der Beklagten verhindert, überzeugt das nicht. Abgesehen davon, dass eine derartige Entscheidung nicht im Kompetenzbereich des Klägers lag, war es nach dem Kaufvertrag allein Sache der Käuferin, den Privatweg auszubauen.
Er hat daher für den eingetretenen Zinsverlust von 48 Tagen für die Zeit vom 28. November 1995 bis zum 15. Januar 1996 einzustehen, denn zum 15. Januar 1996 hatte er in der Annahmeanordnung vom 2. Januar 1996 den restlichen Kaufpreis fällig gestellt. Dass tatsächlich erst noch später von der Erwerberin der restliche Kaufpreis überwiesen wurde, lag nicht mehr im Verantwortungsbereich des Klägers, denn insoweit wäre es Sache anderer Bediensteter der Beklagten gewesen, einen Zinsverlust wegen der Zahlung nach dem 15. Januar 1996 geltend zu machen. Durch das Verhalten des Klägers ist ab dem 28. November 1995 in adäquater kausaler Weise ein Schaden eingetreten. Er berechnet sich auf der Grundlage des Restkaufpreises von 50.412 DM und 4 v.H. Zinsen für 48 Tage, so dass insoweit ein Schaden in Höhe von 268,86 DM vorliegt.
Im Hinblick auf die Erledigung in Höhe von 242,64 DM entsprach es nach §161 Abs. 2 VwGO der Billigkeit, die Kosten insoweit der Beklagten aufzuerlegen, weil sie die Erledigung herbeigeführt hat. Da die Klage hinsichtlich eines Schadensersatzbetrages in Höhe von 4.060,29 DM erfolgreich war und lediglich in Höhe von 268,86 DM abgewiesen wurde, wurden die Kosten von der Kammer gemäß §155 Abs. 1 Satz 1 VwGO in dem im Tenor ersichtlichern Umfang aufgeteilt.
Gründe, die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung oder Divergenz zuzulassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. § 124 a Abs. 1 VwGO iVm § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO).