Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 27.11.2002, Az.: 6 A 539/01
Benotung; Beurteilungsbegründung; Beurteilungsgruppe; Beurteilungskompetenz; Beurteilungsrichtlinien; Beurteilungsspielraum; dienstliche Beurteilung; Halbtagskraft; landesweiter Vergleich; Quervergleich; Rechtmäßigkeitskontrolle; Richtwerte; Sachgebietsleiter; Vollzeitkräfte
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 27.11.2002
- Aktenzeichen
- 6 A 539/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 42106
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 101c S 2 BG ND
- § 40 LbV ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Bildung von Beurteilungsgruppen in der Nds. Steuerverwaltung begegnet keinen Bedenken. Eine von ihnen gebildete Gesamtnote darf vom Beurteilungsbeitrag eines Sachgebietsleiters abweichen und bedarf im Verfahren nicht einer Darstellung der besseren Bewertung anderer Beamter der gleichen Amtsstufe.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen eine dienstliche Beurteilung.
Die im ... geborene Klägerin ist verheiratet und Mutter zweier im ... und ... geborener .... Nach dem Abitur trat sie zum 1. August 1977 als Finanzanwärterin in den Dienst der Beklagten ein. Nachdem sie im Juli 1980 die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst mit der Prüfungsnote „befriedigend“ bestanden hatte, wurde sie zum 1. August 1980 zur Steuerinspektorin zur Anstellung und zum 1. Februar 1983 zur Steuerinspektorin ernannt. Ihre Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erfolgte am 2. November 1984. Mit Wirkung vom 1. Mai 1986 wurde sie zur Steueroberinspektorin befördert. In der Beurteilung zum Stichtag 1. Oktober 1987 wurde sie mit der Gesamtnote „befriedigend“ bewertet. Nach dem aus Anlass der Geburt ihrer ersten Tochter erteilten Mutterschaftsurlaub war die Klägerin in der Zeit vom Mai 1988 bis zum März 1989 in Erziehungsurlaub. Danach war sie in der Zeit vom April 1989 bis zum September 1991 mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt. In diesem Zeitraum wurde sie zum Stichtag 1. Oktober 1990 mit der Note „vollbefriedigend“ beurteilt. Nach dem anlässlich der Geburt ihrer zweiten Tochter gewährten Mutterschaftsurlaub war die Klägerin in der Zeit vom Oktober 1991 bis zum Anfang Februar 1993 in Erziehungsurlaub. Am 4. März 1993 wurde sie zur Steueramtfrau befördert und in einen Dienstposten eingewiesen, aus dem sie Besoldung nach der Bes.Gr. A 11 der Bundesbesoldungsordnung erhält. In der Zeit vom 5. März 1993 bis zum 30. September 1996 befand sich die Klägerin in einem Urlaub ohne Bezüge gemäß § 87 a Niedersächsisches Beamtengesetz.
Am 1. Oktober 1995 nahm die Klägerin wieder ihren Dienst mit der Hälfte der normalen Beschäftigungszeit auf. Sie wurde als Strafsachenbearbeiterin auf dem Dienstposten 607 beim Finanzamt für Fahndung und Strafsachen in ... eingesetzt. Es handelte sich dabei um einen Dienstposten, der in der amtsinternen Bewertung der Beklagten dem von der Klägerin inne gehabten Amt entspricht. Hinsichtlich dieser Tätigkeit wurde von der Beklagten für die Klägerin eine dienstliche Zwischenbeurteilung zum 1. April 1996 erstellt. In dieser Beurteilung wurde die Klägerin hinsichtlich der Persönlichkeitsmerkmale wie folgt bezeichnet: „natürlich, höflich, freundlich, engagiert, voll belastbar, zuverlässig.“ Ihre geistigen Eigenschaften wurden wie folgt bezeichnet: „fasst rasch und sicher auf, entschlussfreudig, urteilt sicher und sachlich, drückt sich klar und bestimmt aus“. Ihre Fachkenntnisse wurden mit „mittleren Umfangs und besser“ bewertet. Bei der Bewertung der Leistung heißt es: „beständig, sorgfältig, initiativ, selbständig, für wirtschaftliche Sachverhalte aufgeschlossen, verhandelt geschickt, voll zufriedenstellender Arbeitserfolg“. Im Gesamturteil wurde sie mit „befriedigend“ bewertet und ihr eine Eignung als „Sachbearbeiterin (A 11-Dp)“ zuerkannt.
Zum Beurteilungsstichtag 1. Oktober 1996 wurde für die Klägerin keine Beurteilung erstellt, da ihre Zwischenbeurteilung vom 1. April 1996 noch nicht länger als ein halbes Jahr zurück lag.
Ab dem 1. Dezember 1998 nahm die Klägerin die Tätigkeit einer Strafsachenbearbeiterin auf dem Dienstposten 605 zur Einarbeitung wahr. Dabei handelte es sich um einen Dienstposten, der zuvor von einer Steueramtsrätin in vollzeitiger Tätigkeit wahrgenommen wurde und von der Beklagten nach Bes.Gr. A 12 Besoldungsordnung bewertet wird. Mit Wirkung vom 1. März 1999 wurde ihr nach erfolgreicher Einarbeitung der betreffende Dienstposten übertragen.
Zur Vorbereitung einer Beurteilung gab der Sachgebietsleiter der Klägerin unter dem 21. September 1999 eine Stellungnahme ab, in der er u.a. darauf hinweist, dass sie als Halbtagskraft das von ihr betreuende Gebiet auch bei ständig steigenden Fallzahlen voll im Griff habe. Auch werden die Fachkenntnisse und das Renommee der Klägerin bei Steuerberatern und Rechtsanwälten lobend hervorgehoben. Abschließend heißt es in der Stellungnahme, dass er ein Gesamturteil mit der Note „vollbefriedigend“ für gerechtfertigt halte.
In der dienstlichen Beurteilung für die Klägerin zum 1. Oktober 1999 heißt es bei den Persönlichkeitsmerkmalen: „natürlich, höflich, freundlich, engagiert, voll belastbar, zuverlässig“. Ihre geistigen Eigenschaften werden wie folgt beschrieben: „fasst rasch und sicher auf, entschlussfreudig, urteilt sicher und sachlich, drückt sich klar und bestimmt aus“. Ihre Fachkenntnisse werden mit „mittleren Umfangs und besser“ bewertet. Ihre Leistungen werden beschrieben mit: „beständig, sorgfältig, initiativ, selbständig, für wirtschaftliche Sachverhalte aufgeschlossen, verhandelt geschickt, voll zufriedenstellender Arbeitserfolg“. Bei der zusammenfassenden Stellungnahme wurde u.a. ausgeführt, dass die Tätigkeit der Klägerin auf einem Dienstposten der Bes.Gr. A 12 seit dem 1. März 1999 berücksichtigt werde. Von der nach den Beurteilungsrichtlinien der Beklagten gebildeten Beurteilungsgruppe, bestehend aus dem Leitenden Regierungsdirektor ... (dem Vorsteher des Finanzamtes für Fahndung und Strafsachen Oldenburg), dem Leitenden Regierungsdirektor ... (dem Vorsteher des Finanzamtes für Großbetriebsprüfungen Oldenburg) und dem Leitenden Regierungsdirektor ... (dem Personalreferent bei der Beklagten) wurde unter Berücksichtigung der abweichenden Stellungnahme des Sachgebietsleiters das Gesamturteil für sie mit der Note „befriedigend“ ausgesprochen. Dem trat der Oberfinanzpräsident bei.
Gegen diese Beurteilung erhob die Klägerin mit Schreiben vom 20. März 2000 Gegenvorstellungen. Zur Begründung führte sie aus, dass der Dienstposten, den sie seit dem 1. Oktober 1995 ausgefüllt habe, zuvor immer von Ganztagsbeschäftigten betreut worden sei. Trotz der seitdem stetig gestiegenen Fallzahlen habe sie diesen Dienstposten als Halbtagsbeschäftigte voll ausgefüllt, so dass sie nicht verstehen könne, dass dem Beurteilungsbeitrag ihres Sachgebietsleiters mit dem Gesamturteil „vollbefriedigend“ nicht gefolgt werde. Denn dieser könne aus eigener Anschauung ihre hohe Arbeitsleistung und ihr fundiertes Fachwissen beurteilen.
Mit Bescheid vom 22. August 2000 lehnte es die Beklagte ab, der Klägerin eine bessere Gesamtnote zuzuerkennen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ihre Leistungen im Zusammenhang mit denen anderer Beamter und Beamtinnen in derselben Besoldungsgruppe der niedersächsischen Steuerverwaltung hätten verglichen werden müssen. Bei Berücksichtigung der jeweiligen Vergleichsgruppe habe sich ergeben, dass ihre Leistungen im Beurteilungszeitraum den Anforderungen in durchschnittlichem Maße entsprochen hätten, so dass die Note „befriedigend“ gerechtfertigt sei. Diese Note werde auch durch die einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale, die in der Beurteilung angesprochen worden seien, vollauf getragen. Auf die abweichende Bewertung ihres Sachgebietsleiters könne sie sich nicht mit Erfolg berufen, denn diesem sei nach den Beurteilungsrichtlinien keine Beurteilungskompetenz zuerkannt worden.
Gegen den ihr am 1. September 2000 ausgehändigten Bescheid legte die Klägerin am 29. September 2000 Widerspruch ein. Zur Begründung wiederholte sie ihre bereits vorgetragenen Gegenvorstellungen und führte aus, dass es bei ihr letztlich zu einer Beurteilungsverschlechterung gekommen sei, da die Zwischenbeurteilung vom 1. April 1996 lediglich im Hinblick auf die zur Beförderung zur Steueramtfrau mit der Note „befriedigend“ ausgefallen sei, während sie bereits zum 1. Oktober 1990 mit der Note „vollbefriedigend“ bewertet worden sei. Wenn sie nun erfolgreich als Halbtagskraft einen Vollzeitdienstposten ausfülle, sei die Note „befriedigend“ in der jetzt erfolgten Beurteilung nicht mehr angemessen. Zudem sei die Behauptung, es habe hinsichtlich ihrer Leistungen ein landesweiter Vergleich stattgefunden, durch Tatsachen nicht belegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2001 – zugestellt am 22. Januar 2001 – wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die bei den einzelnen Merkmalen gefundenen Formulierungen ohne weiteres das Gesamtergebnis der Benotung tragen würden. Allein der Hinweis auf ihre Halbtagstätigkeit könne nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Denn auch andere nur halbtags tätige Strafsachenbearbeiter würden quantitativ gleichartige Leistungen erbringen. Auch sei allein das quantitative Arbeitsergebnis nicht ausschlaggebend. Tatsächlich gebe es auch zahlreiche Steueramtmänner und Steueramtfrauen, die in vergleichbarer Weise auf höherwertigen Dienstposten eingesetzt seien. Dass es nach ihren Beurteilungsrichtlinien nicht entscheidend auf den Beurteilungsbeitrag des unmittelbaren fachlichen Vorgesetzten ankomme, rechtfertige sich daraus, dass diesem in der Regel der landesweite Vergleichsmaßstab fehle. Die Sachgebietsleiter hätten lediglich einen Überblick über ihre und benachbarte Sachgebiete.
Am 22. Februar 2001 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen und macht geltend, sie sei eigentlich bei den Besprechungen in der Beurteilungsgruppe zunächst mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ vorgesehen gewesen. Im Verfahren sei dann jedoch einem anderen Bediensteten diese Gesamtnote zuerkannt worden, so dass ihre Note herabgesetzt worden sei. Dies sei aber nicht aufgrund eines landesweiten Vergleichs, sondern allein deswegen geschehen, weil für ihr Finanzamt die vorgegebene Zahl an vollbefriedigenden Benotungen damit ausgeschöpft gewesen sei. Eine derartige Vorgabe sei aber nicht gerechtfertigt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr für den Beurteilungsstichtag zum 1. Oktober 1999 eine erneute Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen, und
den Bescheid der Beklagten vom 22. August 2000 und deren Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft die Begründung der angefochtenen Bescheide und macht geltend, dass es auf die Einschätzung des von der Klägerin als Zeugen benannten früheren Sachgebietsleiters nicht entscheidungserheblich ankomme. Gleiches gelte für ihren spätren Sachgebietsleiter. Die von der Klägerin behaupteten Richtwertvorgaben gebe es in der niedersächsischen Steuerverwaltung nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige allgemeine Leistungsklage, für die das nach §126 Abs. 3 Satz 1 Beamtenrechtsrahmengesetz – BRRG – erforderliche Vorverfahren durchgeführt wurde (vgl. BVerwGE 60, 245, 251, und Urteil vom 28. Juni 2001 – 2 C 48.00 – V.n.b.), ist nicht begründet. Das Begehren der Klägerin, die angefochtene Beurteilung zum Beurteilungsstichtag 1. Oktober 1999 dahingehend zu ändern, dass ihr im Ergebnis eine bessere Gesamtnote zuerkannt wird, ist nicht gerechtfertigt, denn die Beurteilung begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Gemäß § 101 c Satz 2 des Niedersächsischen Beamtengesetzes – NBG – (i. d. F. der Bekanntmachung vom 19. Februar 2001, Nds. GVBl. S. 33, geändert durch Haushaltsbegleitgesetz vom 18. Dezember 2001, Nds. GVBl. S. 806) hat der Dienstvorgesetzte dem Beamten von jeder Beurteilung Kenntnis zu geben, die in die Personalakten aufgenommen wird. Derartige dienstliche Beurteilungen hinsichtlich der Eignung und Leistung des Beamten sind nach § 40 Abs. 1 und 3 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung – NLVO - (i. d. F. vom 25. Mai 2001, Nds. GVBl. S. 315, zuletzt geändert durch Verordnung vom 26. Juni 2002, Nds. GVBl. S. 200), die aufgrund der Ermächtigungsnorm in § 21 Abs. 1 NBG erlassen wurde, regelmäßig oder aus Anlass einer Beförderungsbewerbung zu erstellen. Die Beurteilung soll sich insbesondere auf die Merkmale geistige Veranlagung, Charakter, Bildungsstand, Arbeitsleistung, soziales Verhalten und Belastbarkeit erstrecken. Nach Absatz 4 der Norm ist die dienstliche Beurteilung mit einem Gesamturteil und einem Vorschlag für die weitere dienstliche Verwendung abzuschließen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg und der zur Entscheidung berufenen Kammer sind dienstliche Beurteilungen von den Verwaltungsgerichten jedoch nur beschränkt nachprüfbar (Lehre vom Beurteilungsspielraum: BVerfGE 39, 334; BVerwGE 61, 176, 185). Denn ausschließlich der Dienstherr oder der für ihn handelnde jeweilige Vorgesetzte soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den – ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden – zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht (vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl., München 2001, RdNr. 477 ff). Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich gegenüber dieser der gesetzlichen Regelung immanenten Beurteilungsermächtigung darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom26. Juni 1980 – 2 C 8.78 – BVerwGE 60, 245 = RiA 1981, 59; Urteil vom 26. August 1993 – 2 C 37.91 – Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 15; Urteil vom 13. November 1997 – 2 A 1.97 – Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 17; OVG Lüneburg, Urteil vom 24. April 1997 – 5 L 5722/93 -; Urteil vom 13. April 1999 - 5 L 7023/96 -; Urteil vom 15. Dezember 1999 – 5 L 2270/99 -, V.n.b.; BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 2001 – 1 WB 17.01 – ZBR 2002, 133, 134).
Wenn der Dienstherr - wie dies durch die Beurteilungsrichtlinien der Beklagten vom 30. Oktober 1989 (Teil B des Erlasses des Ministers für Finanzen vom 30. Oktober 1989 „Abgabe dienstlicher Beurteilungen über die Beamten/Beamtinnen der niedersächsischen Steuerverwaltung – Beurteilungsrichtlinien“, abgedruckt in der Personalkartei der OFD Hannover vom 15. Dezember 1989 unter Ordnungsnummer P 11-50 sowie der Anlage hierzu; im Folgenden: Beurteilungsrichtlinien) geschehen ist – Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, kann das Gericht ferner nur überprüfen, ob die Richtlinien eingehalten wurden und ob sie mit den Regelungen der NLVO und sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 2001, aaO). Diese Beschränkung begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Mai 2002 – 2 BvR 723/99 – PersVertr 2002, 470 = DVBl. 2002, 1203).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze rechtfertigen die von der Klägerin gegen die dienstliche Beurteilung erhobenen Einwände und die im übrigen zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalles nicht die Annahme, die Änderung der streitigen Beurteilung sei geboten.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass in den Beurteilungsrichtlinien der Beklagten dem unmittelbaren fachlichen Vorgesetzten – hier dem Sachgebietsleiter der Klägerin – keine Kompetenz zu einer abschließenden und bindenden Gesamtbeurteilung gegeben wird. Denn häufig sind die Beurteilungen der unmittelbaren fachlichen Vorgesetzten durch die persönliche Zusammenarbeit geprägt. Dadurch kann sich sowohl eine zu gute, als auch eine zu schlechte Beurteilung ergeben. Demgegenüber ist die in den Richtlinien vorgesehene Beurteilungsgruppe eher dazu geeignet, die wertende Betrachtung der zur beurteilenden Beamtin mit allen anderen Beamten der Landesverwaltung der gleichen Amtsstufe zu wahren. Ausgehend von diesen rechtlich daher zutreffend eingeführten Richtlinien kann die Klägerin nicht beanspruchen, dass dem Beurteilungsbeitrag ihres fachlichen Vorgesetzten – hier dem Sachgebietsleiter - ein größeres Gewicht eingeräumt wird, als dies sonst im Beurteilungsverfahren nach den Richtlinien vorgesehen ist. Ausweislich der streitigen Beurteilung waren sich die Beurteiler der betreffenden Beurteilungsgruppe auch darüber im Klaren, dass sie mit ihrem Gesamturteil von der Bewertung abwichen, die der unmittelbare fachliche Vorgesetzte in seinem Beitrag vorgeschlagen hatte. Es ist daher rechtsirrig, wenn die Klägerin meint, auf die Bewertung ihres Sachgebietsleiters sei entscheidend abzustellen.
Auch kann die Klägerin nicht mit der Behauptung durchdringen, ihre Beurteilung sei lediglich deshalb herabgesetzt worden, weil bereits ein anderer Beamter ihrer Amtsstufe mit „vollbefriedigend“ beurteilt worden sei. Die Klägerin verkennt dabei, dass eine dienstliche Beurteilung das Ergebnis eines Erkenntnisprozesses ist, in den die für die Beurteilung verantwortlichen Bediensteten mit bestimmten Vorstellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der zu Beurteilenden eintreten können, ohne dass die Tragfähigkeit dieser Vorstellungen davon abhängt, dass sie sich bereits zu einem Beurteilungsentwurf oder gar einer feststehenden Meinung verfestigt haben. Es entspricht daher in typischer Weise dem Wesen der Besprechung in einer Beurteilungsgruppe, dass sich erst in einem notwendigen Quervergleich innerhalb der Behörde und eines Bezirks innerhalb der betreffenden Gruppe der Beamten die endgültige Zuordnung der zu Beurteilenden zur jeweiligen Benotung herausbildet. Daher ist es für das Gericht nicht erheblich, ob zunächst in den Beurteilungsbesprechungen bei der betreffenden Beurteilergruppe damit begonnen wurde, die Klägerin in den Bereich der mit der Gesamtnote „vollbefriedigend“ zu beurteilenden Beamten einzuordnen. Denn gerade der Vorgang, den die Klägerin rügt, entspricht der typischen Problematik und Handhabung bei der Bewertungsfindung innerhalb einer Beurteilungsgruppe. Dabei ist es letztlich unerheblich, ob eine Richtwert-Vorgabe gemacht wurde. Entscheidend kommt es allein darauf an, ob die betreffende Beurteilergruppe und in Übereinstimmung mit ihr der Oberfinanzpräsident letztlich die Überzeugung gewonnen haben, die Klägerin sei in den Bereich derjenigen Steueramtmänner und -frauen einzuordnen, die mit der Gesamtnote „befriedigend“ zu bewerten sind. Nur ergänzend sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass in der Rechtsprechung durchaus die Bildung von Richtwerten für die Vergabe von Beurteilungsgesamtnoten gebilligt wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1980 – 2 C 13.79 – Buchholz 232 § 8 BBG Nr.18; VGH Kassel DÖV 2000, 605; BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 2001 – 1 WB 17.01 – ZBR 2002, 133).
Auch im Übrigen begegnen die in den angegriffenen Bescheiden getroffenen Feststellungen unter Beachtung des Vorbringens der Klägerin keinen durchgreifenden Zweifeln. Zutreffend wurde nämlich in den Bescheiden ausgeführt, dass allein die Menge der von der Klägerin bearbeiteten Verfahren nicht zwingend dazu führen müsse, ihr eine bessere Gesamtnote zu geben. Es mag zwar sein, dass die Klägerin als Halbtagskraft durchaus Leistungen erbringt, wie sie da oder dort nur von Vollzeitkräften erbracht werden. Andererseits ist der Gedanke der Beklagten nicht von der Hand zu weisen, dass auch andere Halbtagskräfte erhebliche Leistungen in ihrer Tätigkeit vollbringen. Keineswegs kann daher davon ausgegangen werden, die Beklagte sei bei der in Streit stehenden Beurteilung von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Insbesondere war der Beurteilungsgruppe der Beurteilungsbeitrag des unmittelbaren fachlichen Vorgesetzten bekannt.
Entgegen der Ansicht der Klägerin kann auch nicht davon ausgegangen werden, bei ihrer Beurteilung sei letztlich eine Verschlechterung eingetreten. Die jeweiligen Beurteilungen beziehen sich nur auf den betreffenden Beurteilungszeitraum, so dass keineswegs ein Rechtsanspruch eines Beamten darauf besteht, gleich gut wie in einem zuvor abgelaufenen Beurteilungszeitraum beurteilt zu werden. Vielmehr kommt es allein darauf an, ob in der wertenden Betrachtung durch die Beurteiler das gefundene Gesamturteil gerechtfertigt ist. Hinzu kommt, dass die von der Klägerin angesprochene Beurteilung mit der Note „vollbefriedigend“ vom 1. Oktober 1990 stammt, als sie noch Steueroberinspektorin war. Auch im Hinblick auf die Zwischenbeurteilung der Klägerin
zum 1. April 1996 stellt sich die in Streit stehende Beurteilung nicht als „Ausreißer“ dar.
Schließlich wird das zuvor Gesagte nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin rügt, der von der Beklagten angesprochene landesweite Vergleich sei nicht durch Tatsachen belegt und in den streitigen Bescheiden nicht ausgeführt worden. Dem Wesen der Beurteilung als höchstpersönliches Werturteil entspricht es, möglichst durch ein bestimmtes Verfahren Rechtssicherheit zu schaffen. Dies ist hier durch die in Rede stehenden Beurteilungsrichtlinien dadurch erfolgt, dass eine Beurteilungsgruppe zu bilden ist, der einerseits der Leiter des betreffenden Finanzamtes, andererseits der Leiter eines anderen Finanzamtes und schließlich ein mit Beurteilungsdingen vertrauter leitender Beamter der Beklagten zusammenwirken. Es hieße die Anforderungen an die Begründung einer Beurteilung zu überspannen, wenn von der Rechtsprechung mit der Klägerin verlangt würde, im Einzelnen jeweils die anderen Bediensteten derselben Besoldungsgruppe in den jeweiligen Ämtern zu benennen, deren Leistungen und Beurteilungen wiederzugeben, um damit das Gesamturteil für die Klägerin zu rechtfertigen. Es muss vielmehr reichen, dass eine derartige Beurteilungsgruppe gebildet wird, die versucht, aus dem Gesamtschatz ihrer Erfahrungen eine Zuordnung zu einer bestimmten Gesamtnote zu bilden. Das ist im vorliegenden Falle geschehen.
Da im Übrigen Rechtsfehler nach den oben dargelegten Maßstäben bei der angegriffenen Beurteilung weder ersichtlich noch vorgetragen sind, war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war nicht nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da keiner der Gründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO vorlag.