Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.02.2011, Az.: 10 LB 79/10
Annahme einer abschließenden Regelung über die Zusammensetzung kommunaler Schulausschüsse in § 110 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG); Auswirkungen der Berufungshindernisse nach der Niedersächsischen Landeskreisordnung (NLO) und Gemeindeordnung (NGO) für die personelle Zusammensetzung beratender Ausschüsse der Gemeinderäte und Kreistage; Annahme von Verfahrensregelungen über die Berufung der Ausschussmitglieder der Gemeinderäte und Kreistage bei den Vorschriften der NLO und NGO über Berufungshindernisse; Bestimmung der Zusammensetzung kommunaler Schulausschüsse durch die Berufungsverfahrensverordnung nach § 110 Abs. 4 S. 3 NSchG; Zulässigkeit des Kommunalverfassungsstreitverfahrens bei Nichtentsprechen eines Vorschlags der Elternvertretung über die Besetzung eines kommunalen Schulausschusses mit einem Vertreter der Elterngruppe; Ableitung der Beteiligtenfähigkeit und der Klagebefugnis der Elternvertretung für ein Kommunalverfassungsstreitverfahren aus § 110 Abs. 4 S. 1, 2 NSchG
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 15.02.2011
- Aktenzeichen
- 10 LB 79/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 11016
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2011:0215.10LB79.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Osnabrück - 17.03.2009 - AZ: 1 A 3/09
Rechtsgrundlagen
- § 110 NSchG
- § 47 Abs. 1 NLO
- § 47 Abs. 7 S. 1 NLO
- § 51 Abs. 1 NGO
- § 51 Abs. 7 S. 1 NGO
Fundstellen
- DÖV 2011, 411
- FStNds 2011, 497-500
- NVwZ-RR 2011, 451-454
- NdsVBl 2011, 162-165
Amtlicher Leitsatz
Die Regelungen über die Zusammensetzung kommunaler Schulausschüsse in § 110 NSchG sind nicht abschließend.
Berufungshindernisse nach §§ 47 Abs. 7 Satz 1 NLO, 51 Abs. 7 Satz 1 NGO betreffen die personelle Zusammensetzung beratender Ausschüsse der Räte der Gemeinden und der Kreistage. Sie stellen deshalb keine Verfahrensregelungen über die Berufung der Mitglieder dieser Ausschüsse dar.
Die Berufungsverfahrensverordnung kann nach § 110 Abs. 4 Satz 3 NSchG allein das Verfahren über die Berufung der Mitglieder kommunaler Schulausschüsse regeln; sie kann deshalb nicht (wirksam) die Zusammensetzung kommunaler Schulausschüsse bestimmen.
Wird dem Vorschlag der Elternvertretung (hier Kreiselternrat) zur Besetzung des kommunalen Schulausschusses mit einer Vertreterin oder einem Vertreter der Gruppe der Eltern nicht entsprochen, kann die Elternvertretung ihr Recht allein nach den Grundsätzen eines Kommunalverfassungsstreitverfahrens gerichtlich geltend machen, weil es sich um eine Streitigkeit im Innenrechtskreis der Kommune handelt. Die Beteiligtenfähigkeit und die Klagebefugnis der Elternvertretung kann aus §§ 110 Abs. 4 Sätze 1 und 2 NSchG abgeleitet werden.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Beklagten über die Besetzung seines Ausschusses für Bildung, Kultur und Sport.
In seiner konstituierenden Sitzung der Wahlperiode 2006 bis 2011 am 6. November 2006 bildete der Beklagte u.a. den Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport. Diesem Ausschuss gehören neben 15 stimmberechtigten Mitgliedern des Beklagten jeweils eine Vertreterin oder ein Vertreter der Lehrer, der Schüler und Schülerinnen sowie der Eltern sowohl der allgemeinbildenden und als auch der berufsbildenden Schulen in der Trägerschaft des Landkreises sowie jeweils eine Vertreterin oder ein Vertreter der Organisationen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände an. Ferner ist der Beauftragte des Kreissportbundes Osnabrück-Land beratendes Mitglied des Ausschusses. Der Beklagte bestimmte hierbei, die nach § 110 Nds. Schulgesetz hinzuzuwählenden Mitglieder dürfen nur bei Angelegenheiten mitwirken, die den Bereich Bildung (Schulwesen) betreffen; der Beauftragte des Kreissportbundes darf nur in Angelegenheiten des Bereiches Sport beratend mitwirken. Als Vertreter der Eltern der allgemeinbildenden Schulen wurde Herr D. E. und als dessen Stellvertreter Herr F. G. berufen. Nachdem diese Mitglieder des Ausschusses für Bildung, Kultur und Sport ausgeschieden waren, schlug der Kläger im November 2008 vor, Frau H. I. zur Vertreterin der Eltern allgemeinbildender Schulen sowie Frau J. K. als deren Stellvertreterin in den o.a. Ausschuss zu berufen. Frau I. ist Bedienstete des Kinder- und Jungendgesundheitsdienstes des Landkreises Osnabrück.
In der Beschlussvorlage vom 24. November 2008 für den Kreisausschuss des Landkreises Osnabrück und den Beklagten wurde vorgeschlagen, dem Vorschlag des Klägers, Frau I. als Mitglied des o.a. Ausschusses zu berufen, nicht zuzustimmen. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, der Berufungsvorschlag sei nach Auffassung der Rechtsabteilung des Landkreises rechtwidrig, weil Frau I. Kreisbedienstete sei. Nach § 47 Abs. 7 Satz 1 der Niedersächsischen Landkreisordnung - NLO - könnten Bedienstete des Schulträgers nicht als Ausschussmitglieder berufen werden. Nachdem sich der Kreisausschuss in seiner Sitzung vom 8. Dezember 2008 diesem Beschlussvorschlag angeschlossen hatte, stimmte der Beklagte in seiner Sitzung am 15. Dezember 2008 der Berufung der Frau I. als Mitglied des o.a. Ausschusses nicht zu, berief aber Frau K. als stellvertretendes Mitglied des Ausschusses. Hierüber informierte der Landkreis Osnabrück den Kläger mit Schreiben vom 23. Dezember 2008.
Der Kläger hat am 14. Januar 2009 Klage gegen den Beklagten erhoben mit dem Begehren, den vorgenannten Beschluss aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, erneut über die Berufung von Frau I. als Mitglied des Ausschusses für Bildung, Kultur und Sport zu entscheiden. Er hat zur Begründung vorgetragen: Er sei mit Blick auf sein Vorschlagsrecht nach § 110 Abs. 4 NSchG klagebefugt. Er könne sein Begehren auch in einem Kommunalverfassungsstreitverfahren geltend machen, weil er kraft Gesetzes an die Stelle eines Kommunalorgans getreten sei. Der Beschluss des Beklagten, durch den dieser die Berufung von Frau I. abgelehnt habe, sei rechtswidrig. Die Regelung des § 47 NLO finde auf Frau I. keine Anwendung. Der genannte Ausschuss beruhe auf besonderen Rechtsvorschriften, nämlich auf § 110 NSchG. Das Berufungsverfahren für die weiteren Mitglieder des Schulausschusses sei abschließend in der Verordnung über das Berufungsverfahren für die kommunalen Schulausschüsse (Berufungsverfahrensverordnung) geregelt. Diese schließe jedoch von der Berufung nur die Erziehungsberechtigten aus, die an einer Schule des Schulträgers tätig seien, welche die Aufsicht über eine solche Schule führten oder von einer solchen Tätigkeit beurlaubt seien. Insoweit sei von einer abschließenden Regelung der Verordnung auszugehen.
Der Kläger hat zunächst beantragt, den Beschluss des Beklagten vom 15. Dezember 2008 zu Tagesordnungspunkt 8, die Berufung von Frau H. I. als Mitglied des Ausschusses für Bildung, Kultur und Sport als Elternvertreter der allgemeinbildenden Schulen in Trägerschaft des Landkreises Osnabrück abzulehnen, aufzuheben, und den Beklagten zu verpflichten, unter Berücksichtigung seines Vorschlags erneut über die Berufung des Elternvertreters in den Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport zu entscheiden und Frau I. als Elternvertreter der allgemeinbildenden Schulen in Trägerschaft des Landkreises Osnabrück als Mitglied für den Ausschuss Bildung, Kultur und Sport zu berufen.
Er hat auf Hinweis des Verwaltungsgerichts in der mündlichen Verhandlung seine Klage dahin geändert, dass sein Begehren sich nunmehr gegen den Landkreis Osnabrück richtet; der jetzige und der vormalige Beklagte haben dem zugestimmt.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass der Beschluss des Kreistages des (vormaligen) Beklagten vom 15.12.2008 (KA 46/08) insoweit rechtswidrig gewesen ist, als er dem Vorschlag des Klägers, Frau H. I. als Mitglied für den Schulausschuss zu benennen, nicht zustimmt.
Der vormalige Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat erwidert: Der Kläger sei weder beteiligtenfähig noch klagebefugt. Der zunächst beklagte Kreistag sei nicht der richtige Beklagte gewesen. Dem Kreiselternrat stünden lediglich Informations- und Anhörungsrechte im Rahmen der verwaltungsinternen Willensbildung zu. Das geltend gemachte Begehren gehe über einen Informations- und Anhörungsanspruch hinaus und sei gerichtet auf die Anfechtung eines bestehenden und die Fassung eines künftigen Kreistagsbeschlusses. Ein entsprechendes subjektiv-öffentliches Recht des Klägers sei aber nicht ersichtlich. Der Kläger sei Schulorgan, das über keinerlei Kompetenzzuweisungen auf dem Gebiet des Kommunalverfassungsrechts verfüge, und er könne deshalb auch nicht Beteiligter eines Kommunalverfassungsstreitverfahrens sein. Die Klage sei auch unbegründet. Die Bestimmung des § 4 der Berufungsverfahrensverordnung hebe das Berufungshindernis des § 47 Abs. 7 Satz 1 NLO nicht auf, sondern regele neben dieser Vorschrift weitere Berufungshindernisse. Der generelle und undifferenzierte Ausschluss von Kreisbediensteten in dieser Vorschrift führe dazu, dass bereits der Anschein einer Interessenkollision vermieden werde.
Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 17. März 2007 der Klage stattgegeben und festgestellt, dass der Beschluss des Kreistages des (vormaligen) Beklagten vom 15. Dezember 2008 KA 46/08 insoweit rechtswidrig ist, als er dem Vorschlag des Klägers, Frau H. I. als Mitglied für den Schulausschuss zu benennen, nicht zustimmt. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig. Der Kläger sei nach § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig. Er sei eine nicht rechtsfähige Vereinigung, der Rechte durch Gesetz zugewiesen seien.
Die Klage richte sich nunmehr gegen den richtigen Beklagten. Die Wahl des richtigen Beklagten orientiere sich an dem Anknüpfungspunkt des geltend gemachten Rechts. Als solches komme hier einerseits § 110 Abs. 1 NSchG in Betracht; er verpflichte den Schulträger selbst, zumindest einen Schulausschuss einzurichten. Die Verpflichtung aus § 110 Abs. 4 Satz 1 NSchG zur Berufung der Mitglieder des Ausschusses richte sich zwar gegen die Vertretungskörperschaft des Schulträgers; dieser obliege der Akt der Berufung. Nach außen werde aber nicht der Kreistag, sondern die Gebietskörperschaft tätig. Ein nach außen gerichteter Akt der Berufung sei die Mitteilung der Beschlussfassung, wie sie hier unter dem 23. Dezember 2008 durch den Beklagten erfolgt sei.
Es könne offen bleiben, ob das Begehren zulässigerweise als Feststellungsklage oder als Verpflichtungsklage hätte erhoben werden müssen. Für ein Verpflichtungsbegehren wäre erforderlich, dass die Entscheidung nach § 110 Abs. 4 NSchG oder die Mitteilung dieses Beschlusses an den Kläger als Verwaltungsakt zu qualifizieren wäre. Es gehe hier nicht um den Streit innerhalb oder zwischen Organen des Beklagten. Zwar stritten die Beteiligten um eines seiner Organe, nämlich den Schulausschuss. Es gehe aber um Rechte eines Außenstehenden hieran. Die "Kreiselternschaft" sei auf Kreisebene verfasstes Institut der Mitwirkung in schulrechtlichen Entscheidungen. Der Schulträger sei einer der Hauptansprechpartner bei deren Tätigkeit. Dies mache sie aber nicht "zu seinem Teil". Eine Entscheidung über die Entsendung eines "Vertreters der Kreiselternschaft" in den Schulausschuss habe danach "wohl Außenwirkung". Damit sei zugleich geklärt, dass es sich bei dem vorliegenden Begehren nicht um ein sog. Kommunalverfassungsstreitverfahren handele. Dem Kläger stehe zumindest der gewählte Weg über eine Feststellungsklage zu Gebote, denn jedenfalls bliebe ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen dem vorschlagsberechtigten Kläger und dem zur Beschlussfassung über die Bestellung "berufenen Kreistag bzw. dem zu dessen Umsetzung berufenen Beklagten" erhalten. Im Übrigen greife der Subsidiaritätsgrundsatz aus § 43 (Abs. 2) VwGO dann nicht uneingeschränkt, wenn auf der Beklagtenseite ein Träger öffentlicher Gewalt stehe, bei dem vermutet werden könne, dass er sich rechtmäßig verhalten werde. Diese Vorschrift erfasse nur Fälle, in denen das mit der Feststellungsklage erstrebte Ziel sich gleichermaßen oder gar besser mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage erreichen lasse. Danach sei die gewählte Feststellungsklage zumindest eine zulässige Klageart, die Verletzung eines Rechts, dessen sich der Kläger berühme, gerichtlich geltend zu machen.
Sofern man § 42 Abs. 2 VwGO für ein Feststellungsbegehren entsprechend anwenden wollte, fehlte es nicht an der Klagebefugnis, weil die "Kreiselternschaft" geltend machen könne, in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt zu sein. § 110 Abs. 4 NSchG verleihe nämlich als öffentlich-rechtliche Regelung dem Kläger die Rechtsmacht, vom Kreistag als Organ des Beklagten zur Verfolgung eigener Interessen ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen fordern zu können. Durch die "Bindungswirkung an die Vorschläge aus § 110 Abs. 4 Satz 2 NSchG" entstehe eine Rechtsposition, die sich durch § 4 Berufungsverfahrensverordnung verdichte. Damit sei ein verfahrensmäßiger Anspruch ausgeformt, der nicht als "bloßer Nebeneffekt einer internen Verfahrensregel" daher komme, sondern das Beteiligungsrecht der "verfassten Elternschaft" manifestiere.
Die Klage sei auch begründet. Die Bindung des Berufungsvorschlags des Klägers sei nicht beseitigt. Eine Rechtswidrigkeit des Vorschlags folgere der Beklagte aus § 47 Abs. 7 Satz 1 NLO. Diese Regelung sei nicht unmittelbar, sondern nur über § 47b NLO anwendbar. Die Verweisung des § 47b NLO gelte aber nur, soweit die besonderen Rechtsvorschriften die Zusammensetzung, die Form der Bildung, die Auflösung, den Vorsitz oder das Verfahren nicht im Einzelnen regelten. Eine solche besondere Regelung bestehe in der Berufungsverfahrensverordnung. Während § 110 Abs. 2 und 3 NSchG nur abstrakte und nicht abschließende Bestimmungen über die Zusammensetzung der zu bildenden Schulausschüsse vorsähen, enthalte die Berufungsverfahrensverordnung eine Regelung über die Form der Bildung des Ausschusses und über das Berufungsverfahren im Falle des Ausscheidens entsandter Vertreter. Die Regelung des § 110 Abs. 2, 3, 4 Satz 2 NSchG und die Berufungsverfahrensverordnung seien danach als Rechtsvorschriften anzusehen, welche die Zusammensetzung und die Form der Bildung des Schulausschusses im Einzelnen regelten. Dies hindere die Anwendung des § 47 Abs. 7 Satz 1 NLO auf den Schulausschuss kraft Verweisung aus § 47b NLO. Die Norm gelte hier nicht nur neben, sondern anstelle der allgemeinen Benennungshindernisse für Ausschüsse. Für eine abschließende Regelung der Benennungshindernisse aus § 4 Satz 4 Berufungsverfahrensverordnung spreche, dass der Wortlaut keinen Verweis auf die allgemeinen Hinderungsgründe enthalte. Hätte der Verordnungsgeber die Berufungshindernisse für "allgemeine Ausschüsse" lediglich ergänzen wollen, hätte es nahe gelegen, darauf zu verweisen und weitere Berufungshindernisse vorzusehen. Die Möglichkeit der Verweisung hätte sich zudem aus der Chronologie der Rechtssätze heraus angeboten. Bereits zu Zeiten der bis 31. Oktober 1996 geltenden Berufungsverfahrensverordnung habe die inhaltsgleiche Fassung des § 47b NLO gegolten und § 47 NLO in dieser Fassung habe das jetzt als Abs. 7 Satz 1 vorgesehene Berufungshindernis enthalten. Wenn der Verordnungsgeber gleichwohl davon abgesehen habe, die kommunalverfassungsrechtlichen Hinderungsgründe in die Neuordnung der Berufungsverfahrensverordnung aufzunehmen, spreche dies dafür, dass er sie nicht angewendet wissen wolle. Auch teleologisch lasse sich nicht eine bloße Erweiterung der Benennungshindernisse durch § 4 Satz 4 Berufungsverfahrensverordnung über die daneben geltenden aus § 47 Abs. 7 Satz 1 NLO hinaus herleiten. Eine Interessenkollision sei im Fall der Berufung der Mitglieder des Schulausschusses nicht zu besorgen. § 4 Satz 4 Berufungsverfahrensverordnung mache deutlich, dass ein anderer Interessenkonflikt die Benennungsmöglichkeit beschränken solle in Bezug auf Personen, die an einer Schule des Schulträgers tätig seien oder die Aufsicht über eine Schule führten. In der Gesamtschau ergebe sich, dass § 4 Satz 4 Berufungsverfahrensverordnung nicht neben § 47 Abs. 7 Satz 1 NLO trete, sondern an dessen Stelle, soweit er Regelungen treffe.
Gegen das Urteil führt der Beklagte die vom Senat durch Beschluss vom 20. Mai 2010 (10 LA 57/09) wegen besonderer rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zugelassene Berufung. Der Kläger hat auf Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2011 seine Klage dahin geändert, dass sein Begehren sich (wieder) gegen den Kreistag des vormaligen Beklagten richtet; der jetzige und der vormalige Beklagte haben dem zugestimmt.
Der Beklagte nimmt zur Begründung seiner Berufung Bezug auf sein Vorbringen im Verfahren erster Instanz und vertieft dieses: Die Klage sei unzulässig, weil der Kläger weder beteiligtenfähig noch klagebefugt sei. Die Klage sei auch unbegründet. Der angegriffene Beschluss des Beklagten sei rechtmäßig. Die Regelung des § 4 Berufungsverfahrensverordnung verdränge nicht § 47 Abs. 7 Satz 1 NLO, sondern regele nur weitere Berufungshindernisse.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage in der nunmehr gestellten Fassung abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts, nimmt auf dessen Entscheidungsgründe Bezug und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt er aus: Die Ablehnung der von ihm benannten Kandidatin für den Schulausschuss des Beklagten sei rechtswidrig. Der Hinweis des Beklagten, eine Einordnung des § 4 Berufungsverfahrensverordnung als speziellere Regelung zu § 47 Abs. 7 NLO verböte sich aufgrund des unterschiedlichen Wortlauts beider Vorschriften, könne nicht durchgreifen. Sein Benennungsrecht und das Berufungsrecht des Kreistages des Beklagten müssten im untrennbaren Zusammenhang gesehen werden. Auch der Einwand des Beklagten hinsichtlich der unterschiedlichen Kompetenzen von Kreistag und Kreiselternrat greife nicht durch. Der Hinweis des Beklagten, das Nds. Kultusministerium habe die Auskunft gegeben, die Regelung des § 4 Berufungsverfahrensverordnung sei nicht abschließend, sei völlig unsubstantiiert. In der Begründung der Berufungsverfahrensverordnung finde sich kein entsprechender Hinweis. Eine konkrete Gefährdungslage im Hinblick auf einen "bösen" Schein (einer Interessenkollision) sei hier nicht gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger kann nicht gegenüber dem Beklagten die Feststellung beanspruchen, dessen Beschluss vom 15. Dezember 2008 betreffend die Besetzung des beratenden Ausschusses für Bildung, Kultur und Sport sei rechtswidrig.
1.
Die nach §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 91 Abs. 1 VwGO in zulässiger Weise geänderte Klage ist in Gestalt einer Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) zulässig.
Der Kläger kann seine Rechte aus § 110 Abs. 4 Sätze 1 und 2 Niedersächsisches Schulgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 1998 (Nds. GVBl. S. 137) in Verbindung mit § 4 Verordnung über das Berufungsverfahren für kommunale Schulausschüsse vom 17. Oktober 1996 (Nds. GVBl. S. 432) - Berufungsverfahrensverordnung - allein nach den Grundsätzen des Kommunalverfassungsstreits geltend machen.
Zwischen dem Kläger und dem Beklagten besteht im Hinblick auf die Besetzung des Schulausschusses nach § 110 NSchG ein kommunalverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis; insoweit ist die Funktion des Klägers mit der einer Fraktion oder Gruppe eines Kreistages zu vergleichen, denen bei der Bildung der beratenden Ausschüsse des Kreistages (§ 47 Niedersächsische Landkreisordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Oktober 2006, Nds. GVBl. S. 510 - NLO -) die Benennung der Mitglieder für ihre Fraktion oder Gruppe obliegt (§ 47 Abs. 2 Sätze 1 und 2 NLO).
In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass es sich bei der Klage der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens in ihrer Gesamtheit gegen die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsausschusses über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens (§ 22b Abs. 7 Satz 1 NGO) um eine Streitigkeit im Innenrechtskreis der Gemeinde handelt, auf welche die zum so genannten Kommunalverfassungsstreitverfahren entwickelten Grundsätze Anwendung finden. Bei dieser Entscheidung handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt, weil ihr keine Außenwirkung zukommt. Bei der Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens geht es nicht um eine Auseinandersetzung im Staat-Bürger-Verhältnis. Mit der Entscheidung des Verwaltungsausschusses werden keine Rechte und Pflichten der Bürger in einer rechtsverbindlichen Weise festgestellt, sondern es wird geprüft, ob die kommunalverfassungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, um einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Im Streit um die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens geht es nicht um personale individuelle Rechtspositionen der Bürger, sondern um deren Recht auf Teilhabe an der innergemeindlichen Willensbildung und Entscheidungsfindung, das ihnen nicht um ihrer selbst willen, sondern zum Wohl der Gemeinde übertragen worden ist (Senatsbeschluss vom 8. Dezember 1997 - 10 M 5396/97 -, Nds.VBl. 1998, 96; Senatsbeschluss vom 27. Mai 1998 - 10 M 1723/98 -, Nds.VBl. 1998, 240; VG Oldenburg, Beschluss vom 19. April 2005 - 2 B 901/05 -, [...]; vgl. für das jeweilige Landesrecht auch OVG Sachsen, Beschluss vom 6. Februar 1997 - 3 S 680/96 -, NVwZ-RR 1998, 253 [254]; OVG Saarland, Urteil vom 12. Juni 2008 - 1 A 3/08 -, LKRZ 2008, 356; OVG Bremen, Beschluss vom 2. März 2004 - 1 B 79/04 -, NVwZ-RR 2005, 54 [55]; Wefelmeier, in: KVR-NGO, § 22b Rdnr. 131 f. mit weiteren Nachweisen; nach anderer Auffassung sei statthafte Klageart die Verpflichtungsklage: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Dezember 1997 - 15 A 974/97 -, OVGE 46, 230; Hess. VGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 - 8 UE 3683/97 -, ESVGH 50, 115, Beschluss vom 17. November 2008 - 8 B 1805/08 -, NVwZ-RR 2009, 440; OVG Land Brandenburg, Beschluss vom 1. November 2002 - 1 B 209/02 -, LKV 2003, 229; Thiele, Niedersächsische Gemeindeordnung - Kommentar -, 8. Aufl. 2007, § 22b Anm. 7). Hieran hält der Senat fest.
Diese Grundsätze sind auch bei der Bildung kommunaler Schulausschüsse nach § 110 NSchG anzuwenden. Bei kommunalen Schulausschüssen nach § 110 NSchG handelt es sich um (beratende) Ausschüsse, auf welche die kommunalrechtlichen Vorschriften über die Zusammensetzung, die Form der Bildung, die Auflösung, den Vorsitz oder das Verfahren anzuwenden sind, soweit besondere Rechtsvorschriften dies nicht im Einzelnen regeln (§§ 51, 52 NGO und §§ 47, 47a NLO). Grundsätzlich können die Räte der Gemeinden und Kreistage aus der Mitte ihrer Mitglieder beratende Ausschüsse bilden (§§ 51 Abs. 1 NGO, 47 Abs. 1 NLO). Beratende Ausschüsse sind Einrichtungen der Vertretungskörperschaft und dienen der Vorbereitung ihrer Beschlüsse. Hierdurch kann eine wirksame Entlastung der Vertretungskörperschaft erreicht werden, etwa um entbehrliche Erörterungen und Erläuterungen in den Sitzungen der Vertretungskörperschaft zu vermeiden. Nach §§ 51 Abs. 7 Satz 1 NGO, 47 Abs. 7 Satz 1 NLO kann die Vertretungskörperschaft beschließen, dass neben ihren Mitgliedern andere Personen, nicht jedoch Bedienstete der betreffenden Kommune, Mitglieder der Ausschüsse nach § 51 Abs. 1 NGO bzw. § 47 Abs. 1 NLO werden. Mithin handelt es sich um ein Unterorgan der Vertretungskörperschaft, das allein an der internen Willensbildung und Entscheidungsfindung mitwirkt; eine Funktion außerhalb dieses Innenrechtskreises der Körperschaft kommt den beratenden Ausschüssen nicht zu.
Da die beratenden Ausschüsse lediglich Einrichtungen der Vertretungskörperschaft selbst sind, berührt ihre Bildung allein den Innenrechtskreis der Kommune. Dementsprechend bedürfen Entscheidungen der Vertretungskörperschaft, die ihre originären Befugnisse wie die Konstituierung ihrer Organe und Ausschüsse sowie die Organisation ihrer Arbeit betreffen, keiner Beteiligung des Verwaltungs- bzw. Kreisausschusses (vgl. Senatsurteil vom 22. April 1986 - 2 A 117/85 -, NVwZ-RR 1989, 94 [96]). Außerdem bedürfen derartige organisatorische Entscheidungen der Vertretungskörperschaft keiner Umsetzung oder Vollziehung durch den Hauptverwaltungsbeamten; auch dies bestätigt, dass diese Entscheidungen allein im Innenrechtskreis der Kommune verbleiben und nicht darauf gerichtet sind, eine Regelung mit Wirkung nach außen zu treffen. Dass der Landrat den Kläger über den Beschluss des Beklagten vom 15. Dezember 2008 bezüglich der Besetzung des Schulausschusses mit Schreiben vom 23. Dezember 2008 informiert hat, vermag deshalb auch nicht zu rechtfertigen, dieser Entscheidung Außenwirkung beizumessen. Der Landrat wollte mit diesem Schreiben eine verbindliche, etwa in Bestandskraft erwachsende Regelung gegenüber dem Kläger erkennbar nicht treffen.
Die beratenden Ausschüsse werden in der Weise gebildet, dass die von der Vertretungskörperschaft festgelegte Zahl der Sitze auf die Benennungen der Fraktionen und Gruppen der Vertretungskörperschaft entsprechend dem Verhältnis der Mitgliederzahl der einzelnen Fraktionen und Gruppen zur Mitgliederzahl aller Fraktionen und Gruppen verteilt werden (§§ 51 Abs. 1 NGO, 47 Abs. 1 NLO). Dieses Benennungsrecht der Fraktionen und Gruppen entspricht inhaltlich einem Vorschlagsrecht, das für die Vertretungskörperschaft rechtlich verbindlich ist. Dem Beschluss der Vertretungskörperschaft über die sich ergebende Sitzverteilung und die Ausschussbesetzung (§§ 51 Abs. 5 NGO, 47 Abs. 5 NLO) kommt lediglich eine feststellende Bedeutung zu. Es handelt sich um einen rechtlich gebundenen Beschluss. Die Vertretungskörperschaft hat lediglich über die korrekte Durchführung des Verteilungs- und Besetzungsverfahrens zu befinden. Die Vertretungskörperschaft hat keine Möglichkeit, auf die personellen Entscheidungen der Fraktionen und Gruppen einzuwirken (OVG Lüneburg, Urteil vom 3. Dezember 1985 - 2 OVG A 41/82 -, NSt-N 1986, 80 [82]; Menzel, in: KVR-NGO § 51 Rdnr. 70).
Bei dem Schulausschuss nach § 110 NSchG handelt es sich zwar um einen Ausschuss, der auf besonderen Rechtsvorschriften beruht. Dies rechtfertigt aber nicht die Annahme, dass diesem Ausschuss im kommunalverfassungsrechtlichen Gefüge eine Sonderstellung zukommt. Ebenso wie beratende Ausschüsse, die von der Vertretungskörperschaft nach §§ 51 Abs. 1 NGO, 47 Abs. 1 NLO gebildet worden sind, haben Schulausschüsse die Aufgabe, Beschlüsse der Vertretungskörperschaft vorzubereiten; sie sind Teil des Systems der kommunalen Vertretungen (vgl. Schippmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, Niedersächsisches Schulgesetz - Kommentar -, Stand: Dez. 2010, § 110 Anm. 2 und 4; Bräth, in: Bräth/Eickmann/Galas, Niedersächsisches Schulgesetz - Kommentar -, 6. Aufl. 2009; Habermalz, in: Galas/Habermalz/Schmidt, Niedersächsisches Schulgesetz - Kommentar -, 4. Aufl. 2001, § 110 Anm. 1). Weitergehende Befugnisse kommen den Schulausschüssen nicht zu. Dieser rechtlichen Einordnung steht nicht entgegen, dass nach dem Wortlaut des § 110 NSchG "die Schulträger mit Ausnahme des Landes" Schulausschüsse bilden. Hieraus könnte abgeleitet werden, es handele sich bei einem Schulausschuss nicht um eine Einrichtung der Vertretungskörperschaft selbst, sondern um die der Kommune. Da den Schulausschüssen durch Gesetz aber keine besondere Aufgaben oder Befugnisse zugewiesen werden, besteht kein Grund, sie insoweit nicht als beratende Ausschüsse im Sinne der §§ 51 Abs. 1 NGO, 47 Abs. 1 NLO anzusehen, §§ 53 NGO, 47b NLO (vgl. Schippmann, a.a.O., § 110 Anm. 2 und 4).
Die vorstehenden Grundsätze gelten entsprechend für die Schulausschüsse der Samtgemeinden (§ 71 Abs. 2 NGO).
Durch § 110 Abs. 2 Sätze 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 NSchG wird die Besetzung um Vertreterinnen und Vertreter der Gruppen der Lehrkräfte, der Eltern sowie der Schülerinnen und Schüler sowie in Angelegenheiten, die berufsbildende Schulen betreffen, um Vertreterinnen und Vertreter der Organisationen der Arbeitsgeber- und Arbeitnehmerverbände erweitert. Das Vorschlagsrecht obliegt insoweit nicht den in der Vertretungskörperschaft vertretenen Fraktionen und Gruppen, sondern den jeweiligen Gruppen der Lehrkräfte, Eltern und Schülerinnen und Schülern sowie den jeweiligen Organisationen der Arbeitsgeber- und Arbeitsnehmerverbände, wobei die Vertretungskörperschaft an die Vorschläge gebunden ist (§ 110 Abs. 4 Sätze 1 und 2 NSchG). Hiernach nehmen die genannten Gruppen und Organisationen mit ihrem Vorschlagsrecht betreffend die Besetzung des Schulausschusses Funktionen wahr, die den Fraktionen und Gruppen der Vertretungskörperschaften als deren Unterorgane bei der Bildung beratender Ausschüsse nach §§ 51 Abs. 1 NGO, 47 Abs. 1 NLO obliegen. Hierbei handeln die in § 110 Abs. 2 und 3 NSchG genannten Gruppen und Organisationen nicht in ihrem Individualinteresse oder dem ihrer Mitglieder, sondern allein im Interesse der Kommune (als Gesamtorganisation). Nehmen die genannten Gruppen und Organisationen damit keine personalen Individualrechte des Außenrechtsbereichs, sondern eine innerorganisatorische Zuständigkeit im Innenrechtskreis wahr, so können sich diese Gruppen und Organisationen allein auf organschaftliche Rechte berufen. Andernfalls käme es hinsichtlich der Ausschussbesetzung zu einer weder nach der Niedersächsischen Gemeindeordnung, der Niedersächsischen Landkreisordnung noch nach dem Niedersächsischen Schulgesetz gerechtfertigen Besserstellung vorschlagsberechtigter Gruppen und Organisationen gegenüber Fraktionen und Gruppen der Vertretungskörperschaften, wofür kein Grund ersichtlich ist.
Es bestehen keine rechtlichen Bedenken, dass der Kläger seine (organschaftlichen) Rechte im Wege der Feststellungsklage geltend macht. Die Sachurteilsvoraussetzungen einer Feststellungsklage sind gegeben. Die Klage ist auch darauf gerichtet, das Bestehen eines (organschaftlichen) Rechtsverhältnisses festzustellen, nämlich dass der Beklagte verpflichtet ist, die vom Kläger Vorgeschlagene als Mitglied des Schulausschusses zu berufen.
Die Beteiligtenfähigkeit des Klägers ergibt sich aus § 61 Nr. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist eine (nicht rechtsfähige) Vereinigung fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, soweit ihr ein Recht zustehen kann. Als ein solches Recht ist das Vorschlagsrecht der Gruppe der Eltern nach § 110 Abs. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 NSchG anzusehen, weil die Vertretungskörperschaft hieran gebunden ist (§ 110 Abs. 4 Satz 2 NSchG). Der Kläger ist nach § 4 Satz 1 2. Halbsatz Berufungsverfahrensverordnung berufen, die Vertreterinnen und Vertreter der Eltern in den Landkreisen vorzuschlagen; insoweit handelt es sich um eine zulässige Regelung des Berufungsverfahrens im Sinne des § 104 Abs. 4 Satz 3 NSchG.
Der Kläger ist auch klagebefugt. Er kann in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen, durch die beanstandete Maßnahme in seinen (organschaftlichen) Rechten verletzt zu sein. Da es sich bei solchen Rechten nicht um subjektiv-öffentliche Rechte im eigentlichen Sinne handeln kann, muss dem Kläger über Funktionen und Kompetenzen hinaus eine eigene "wehrfähige Innenrechtsposition" eingeräumt sein. In diesem Sinne gelten Innenrechtspositionen als wehrfähig, die das betreffende Organ ggf. auch gerichtlich soll durchsetzen können (vgl. Schenke, in Kopp/Schenke, VwGO - Kommentar -, 16. Aufl. 2010, § 42 Rdnr. 80). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Das Vorschlagsrecht für die Vertreterinnen und Vertreter der Eltern der Schulausschüsse der Landkreise ist allein den Kreiselternräten zugewiesen (§ 110 Abs. 4 Satz 1 NSchG in Verbindung mit § 4 Satz 1 2. Halbsatz Berufungsverfahrensverordnung); insoweit macht der Kläger auch eigene (organschaftliche) Rechte geltend. Aus der in § 110 Abs. 4 Satz 2 NSchG normierten Verbindlichkeit des Vorschlags der Kreiselternräte wird deutlich, dass das Vorschlagsrecht zur Wahrung der insoweit organschaftlichen Interessen der betreffenden Elternräte vorgesehen worden ist. Dem kann der Beklagte nicht entgegenhalten, dem Kläger stünden nach § 99 Abs. 1 Sätze 2 und 3 NSchG lediglich Informations- und Anhörungsrechte im Rahmen des verwaltungsinternen Willenbildungsprozesses zu. Die hierzu angeführte Rechtsprechung (VG Hannover, Beschluss vom 10. Mai 2005 - 6 B 1584/05 - und nachfolgend Beschluss des 13. Senat des erkennenden Gerichts vom 29. Juli 2005 - 13 ME 160/05 -, NVwZ-RR 2006, 327) rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. In diesen Entscheidungen wird tragend darauf abgestellt, dass § 99 Abs. 1 NSchG dem zu beteiligenden Elternrat - auch bei schulorganisatorischen Maßnahmen nach § 106 Abs. 1 Satz 1 NSchG - kein Recht auf Mitbestimmung, sondern nur Auskunfts- und Informationsrechte einräume. Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass den betreffenden Elternräten keine wehrfähigen Innenrechtspositionen mit Blick auf ihr Vorschlagsrecht bei der Besetzung von kommunalen Schulausschüssen nach § 110 NSchG zustünden. Dies wird schon daraus deutlich, dass das Vorschlagsrecht der Gruppe der Eltern nach § 110 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 NSchG mit für die Vertretungskörperschaft bindender Wirkung bestimmt worden ist, während den Beteiligungsrechten nach § 99 Abs. 1 NSchG eine solche Verbindlichkeit fehlt.
Des Weiteren hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung, damit die von ihm Vorgeschlagene an der internen Willensbildung des Beklagten mitwirken kann. Der Zulässigkeit der Klage steht § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Eine Umgehung der besonderen Sachurteilsvoraussetzungen von Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist nicht zu befürchten, weil diese Klagearten nicht in Betracht kommen; bei der vom Kläger beanstandeten Maßnahme handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 35 Satz 1 VwVfG. Wie bereits aufgezeigt, trifft der Beschluss des Beklagten vom 15. Dezember 2008 über die Besetzung des Ausschusses für Bildung, Kultur und Sport keine Regelung, die unmittelbar auf Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Dem Kläger kann ein Rechtsschutzinteresse auch nicht mit der Begründung abgesprochen werden, er habe sein Begehren gegen den unrichtigen Beklagten geltend gemacht (vgl. hierzu Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 15). Der Kläger hat zu Recht Klage gegen den Beklagten selbst und nicht gegen den Landkreis als Rechtsträger des Beklagten erhoben. Nach den hier entsprechend anzuwendenden Grundsätzen des Kommunalverfassungsstreitverfahrens ist richtiger Klagegegner nicht der Rechtsträger der betroffenen Organe, sondern das Organ oder der Organteil, demgegenüber die geltend gemachte Innenrechtsposition bestehen soll oder dem die behauptete Rechtsverletzung anzulasten ist (vgl. Wefelmeier, a.a.O., § 39 Rdnr. 33 mit weiteren Nachweisen).
2.
Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Der Kläger kann nicht gegenüber dem Beklagten die Feststellung beanspruchen, dessen Beschluss vom 15. Dezember 2008 betreffend die Besetzung des Ausschusses für Bildung, Kultur und Sport sei rechtwidrig, als er seinem Vorschlag, Frau H. I. als Mitglied dieses Ausschusses zu benennen, nicht zugestimmt hat. Der vorgenannte Beschluss des Beklagten erweist sich als nicht rechtswidrig. Der Beklagte war nicht an diesen Vorschlag des Klägers gebunden. Denn dieser Vorschlag steht mit den Regelungen der §§ 47b, 47 Abs. 7 Satz 1 NLO nicht im Einklang, weil die Vorgeschlagene als Kreisbedienstete nicht Mitglied des genannten Ausschusses werden kann.
Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht in § 110 Abs. 4 Sätze 1 und 2 NSchG in Verbindung mit § 4 Sätze 1 und 3 Berufungsverfahrensverordnung eine abschließende Regelung über die Besetzung der kommunalen Schulausschüsse mit Vertreterinnen und Vertretern der Gruppe der Eltern gesehen und die Vorschrift des § 47 Abs. 7 Satz 1 NLO als nicht über § 47b NLO anwendbar erachtet.
Zunächst bestimmt § 47b Satz 1 NLO, dass die §§ 47 und 47a NLO auf die Ausschüsse des Landkreises anzuwenden sind, die auf besonderen Rechtsvorschriften beruhen, soweit diese die Zusammensetzung, die Form der Bildung, die Auflösung, den Vorsitz oder das Verfahren im Einzelnen regeln. Zu den Ausschüssen, die auf besonderen Rechtsvorschriften beruhen, zählen u.a. die kommunalen Schulausschüsse, welche die Schulträger mit Ausnahme des Landes zu bilden haben (§ 110 Abs. 1 NSchG).
Die Zusammensetzung der kommunalen Schulausschüsse ist in § 110 Abs. 2, 3 NSchG näher geregelt. U.a. müssen die Schulausschüsse mindestens eine Vertreterin oder ein Vertreter der Eltern angehören (§ 110 Abs. 2 Satz 2 NSchG). Das Berufungsverfahren wird in § 110 Abs. 4 NSchG bestimmt. Hiernach beruft die Vertretungskörperschaft des Schulträgers die Mitglieder auf Vorschlag der jeweiligen Gruppen und Organisationen, wobei die Vorschläge bindend sind (§ 110 Abs. 4 Sätze 1 und 2 NSchG). Das Kultusministerium wird ermächtigt, durch Verordnung das Berufungsverfahren näher zu regeln (§ 110 Abs. 4 Satz 3 NSchG).
Das Verbot des § 47 Abs. 7 Satz 1 NLO, Kreisbedienstete als Mitglied eines beratenden Ausschusses des Kreistages zu berufen, betrifft die in § 47b Satz 1 NLO angesprochene Zusammensetzung des Ausschusses. Im Hinblick auf die Zusammensetzung der kommunalen Schulausschüsse trifft § 110 Abs. 2 und 3 NSchG eine von § 47 Abs. 1 NLO abweichende Regelung in der Weise, dass nicht ausschließlich Kreistagsabgeordnete, sondern auch andere, näher bestimmte Personen zu Mitgliedern des Ausschusses zu berufen sind. Weiter wird vorausgesetzt, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Schülerinnen und Schüler mindestens 14 Jahre alt sein müssen (§ 110 Abs. 2 Satz 5 NSchG). Berufungshindernisse, die trotz Vorliegens der genannten Voraussetzungen einer Berufung als Mitglied des Schulausschusses entgegenstünden, finden sich in § 110 NSchG nicht.
Eine abschließende Regelung von Berufungshindernissen für die Vertreterinnen und Vertreter der Gruppe der Eltern kann § 4 Berufungsverfahrensverordnung nicht entnommen werden. Dies folgt schon daraus, dass die Berufungsverfahrensverordnung die Zusammensetzung des Schulausschusses nicht (wirksam) regeln kann.
Bei der Berufungsverfahrensverordnung handelt es sich um eine Verordnung im Sinne des Art. 43 Abs. 1 Niedersächsische Verfassung. Nach dieser Vorschrift können Gesetze die Landesregierung, Ministerien und andere Behörden ermächtigen, Vorschriften im Sinne des Art. 41 Niedersächsische Verfassung als Verordnungen zu erlassen, wobei die Gesetze Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung zu bestimmen haben. Die Ermächtigung des Kultusministeriums zum Erlass einer Verordnung in § 110 Abs. 4 Satz 3 NSchG beschränkt sich inhaltlich darauf, das Berufungsverfahren näher zu regeln. Damit ist das Kultusministerium nicht ermächtigt, durch Verordnung Vorschriften zu erlassen, die sich nicht auf das Berufungsverfahren beschränken. Vorschriften über die Zusammensetzung der kommunalen Schulausschüsse, etwa die Anzahl der Vertreterinnen und Vertreter der in § 110 Abs. 2 und 3 genannten Gruppen und Organisationen, aber auch bestimmte Berufungshindernisse, stellen jedoch keine näheren Regelungen über das Berufungsverfahren dar. Durch Berufungshindernisse wird inhaltlich die Zusammensetzung des Ausschusses bestimmt; es handelt sich deshalb um materiell-rechtliche Regelungen, nicht lediglich um solche, die das Verfahren zur Berufung der Mitglieder des Ausschusses in formeller Hinsicht näher regeln. Unabhängig davon, ob Berufungshindernisse für kommunale Ausschüsse mit Blick auf ihre Bedeutung überhaupt durch Verordnung geregelt werden können, hätte es hier mangels einer gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung im Hinblick auf die Zusammensetzung kommunaler Schulausschüsse ohnehin einer gesetzlichen Regelung bedurft.
Die Vorschriften des § 110 Abs. 2 und 3 NSchG regeln die Zusammensetzung der kommunalen Schulausschüsse mit Blick auf Berufungshindernisse nicht abschließend. Bereits der Wortlaut des § 110 NSchG spricht nicht für eine abschließende Regelung. Berufungshindernisse, die trotz Vorliegens der vorstehenden Voraussetzungen einer Berufung als Mitglied eines kommunalen Schulausschusses entgegenstünden, finden sich hierin nicht. Das Fehlen von Berufungshindernissen in § 110 NSchG ist nicht als "beredtes Schweigen" dahin auszulegen, die allgemeinen kommunalrechtlichen Berufungshindernisse nach §§ 47 Abs. 7 Satz 1, 51 Abs. 7 Satz 1 NGO gleichwohl nicht gelten zu lassen. Anhaltspunkte für ein solches "beredtes Schweigen" finden sich nicht.
Auch die systematische Interpretation spricht dagegen, dass die Vorschrift des § 110 NSchG etwaige Berufungshindernisse abschließend regelt. Sowohl § 47b Satz 1 NLO als auch die inhaltsgleiche Regelung des § 53 NGO sehen im Regelfall eine ergänzende Anwendung der Bestimmungen über die beratenden Ausschüsse (§§ 47 NLO, 51 NGO) vor. Denn die Bestimmungen der beratenden Ausschüsse (§§ 47, 47a NLO, 51, 52 NGO) sind anzuwenden, soweit die besonderen Rechtsvorschriften die Zusammensetzung, die Form der Bildung, die Auflösung, den Vorsitz oder das Verfahren nicht im Einzelnen regeln. Soll von diesem Regelfall abgewichen werden, bedarf dies insoweit einer eindeutigen Regelung, an der es hier aber mangelt.
Die historische Auslegung der Regelungen über die Bildung kommunaler Schulausschüsse bestätigt, dass die kommunalverfassungsrechtlichen Grundsätze bei der Zusammensetzung der beratenden Ausschüsse ergänzende Anwendung finden. Bereits das Schulverwaltungsgesetz vom 28. März 1962 (Nds. GVBl. S. 37) sah in § 21 Abs. 1 vor, dass die Schulträger mit Ausnahme des Landes einen oder mehrere Schulausschüsse "nach ihrem Verfassungsrecht" bilden, die sich aus Mitgliedern ihrer Vertretung und aus hinzugewählten Mitgliedern zusammensetzten. Aus der Formulierung "nach ihrem Verfassungsrecht" wird deutlich, dass die kommunalverfassungsrechtlichen Bestimmungen bei der Bildung der Schulausschüsse und damit das Berufungshindernis für Bedienstete der betreffenden Kommunen zu beachten waren. Die Vorschrift des § 21 Abs. 1 Schulverwaltungsgesetz über kommunale Schulausschüsse ist durch § 90 Niedersächsisches Schulgesetz vom 30. Mai 1974 (Nds. GVBl. S. 289) - NSchG 1974 - ersetzt worden. Diese Vorschrift stimmt in seinen wesentlichen Inhalten mit § 110 NSchG in der Neufassung vom 27. September 1993 (Nds. GVBl. S. 383) überein. In der Gesetzesbegründung des späteren § 90 NSchG 1974 (§ 83 des Entwurfs) wird hervorgehoben, dass die Absätze 1 und 2 (des Entwurfs) der Bestimmung des § 21 Abs. 1 Schulverwaltungsgesetz entsprechen (Lt-Drs. 7/2190 S. 96). Dass eine Änderung in Bezug auf die Anwendung der bis zum Inkrafttreten des NSchG 1974 am 1. August 1974 geltenden Berufungshindernisse nach §§ 44 Abs. 4 Satz 1, 47 Abs. 6 Satz 2 NLO in der Neufassung vom 7. Januar 1974, Nds. GVBl. S. 26 und §§ 53, 51 Abs. 3 Satz 1 NGO in der Neufassung vom 7. Januar 1974, Nds. GVBl. S. 1 beabsichtigt gewesen sein soll, lässt sich dem gesamten Gesetzgebungsverfahren nicht entnehmen.
Schließlich spricht zudem die teleologische Auslegung für eine Anwendbarkeit der Berufungshindernisse nach §§ 47b Satz 1, 47 Abs. 7 Satz 1 NLO sowie §§ 53, 51 Abs. 7 Satz 1 NGO. Durch die Vorschriften über die Unvereinbarkeit (Inkompatibilität) von beruflicher Tätigkeit und Mandat in §§ 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 NLO, 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 NGO für die Mitglieder der Kreistage und der Räte der Gemeinden einerseits und §§ 47b Satz 1, 47 Abs. 7 Satz 1 NLO, 53, 51 Abs. 7 Satz 1 NGO für die Mitglieder der beratenden Ausschüsse andererseits soll die "organisatorische Gewaltenteilung" vor Gefahren geschützt werden, die aus dem Zusammentreffen von beruflicher Stellung (Wahrnehmung exekutiver Aufgaben) und Mandatswahrnehmung (Wahrnehmung legislativer Aufgaben) resultieren. Es soll verhindert werden, dass sich durch "Personalunion" die Kontrolleure der Verwaltung selbst kontrollieren. Ferner soll der Gefahr von Entscheidungskonflikten und Verfilzungen entgegengewirkt werden (vgl. Wefelmeier, a.a.O., § 35a Rdnr 3; Wehmann, in: Lüersen-Neuffer, Niedersächsische Gemeindeordnung - Kommentar -, Stand: Mai 1994, § 35a Anm. 2). Diese Einschränkungen in der Wählbarkeit finden ihre rechtliche Grundlage in Art. 137 Abs. 1 Grundgesetz und Art. 61 Niedersächsische Verfassung. Hat der Landesgesetzgeber die Unvereinbarkeit von beruflicher Tätigkeit und Mandat durch die vorstehenden Vorschriften ausdrücklich und in verschiedenen Bereichen (sowohl auf Gemeinde- als auch Kreisebene einerseits und für die Räte der Gemeinden und Kreistage sowie deren beratenden Ausschüsse andererseits) angeordnet, besteht kein sachlicher Grund, die beratenden Ausschüsse aufgrund besonderer Rechtsvorschriften hiervon auszunehmen, sofern die besonderen Rechtsvorschriften keine hiervon abweichende Regelung treffen. Auch in der Literatur wird deshalb einheitlich das Berufungshindernis der §§ 47b Satz 1, 47 Abs. 7 Satz 1 NLO, 53 Satz 1, 51 Abs. 7 Satz 1 NGO bei der Besetzung von kommunalen Schulausschüssen für anwendbar erachtet (vgl. Schippmann, a.a.O., § 110 Anm. 2; Bräth, a.a.O., § 110 Rdnr. 4; Woltering/Bräth, Niedersächsisches Schulgesetz - Kommentar -, 4. Aufl. 1998, § 110 Rdnr. 6; Thiele, Niedersächsische Gemeindeordnung - Kommentar -, 8. Aufl. 2007, § 53 Anm. 2).