Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 08.02.2011, Az.: 7 LA 99/10
Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Entscheidung über die Klage auf Aufhebung einer Widerrufsverfügung; Prüfungsumfang im Anfechtungsverfahren im Hinblick auf die erneute Erteilung einer Gaststättenerlaubnis
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 08.02.2011
- Aktenzeichen
- 7 LA 99/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 10465
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2011:0208.7LA99.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 18.11.2010 - AZ: 11 A 6058/09
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG
- § 15 Abs. 2 GastG
- § 35 Abs. 6 GewO
Fundstellen
- DVBl 2011, 581
- GewArch 2011, 263
- NordÖR 2011, 300
Amtlicher Leitsatz
Bei der gerichtlichen Entscheidung über die Klage auf Aufhebung der Widerrufsverfügung ist allein auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen. Im Anfechtungsverfahren ist nicht darüber zu befinden, ob bei geänderter Sachlage ein Anspruch auf erneute Erteilung der Gaststättenerlaubnis besteht.
Gründe
I.
Mit dem inor bezeichneten Urteil hat das Verwaltungsgericht die Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Bescheid vom 6. November 2009 abgewiesen, mit welchem die Beklagte die ihr am 28. Mai 2002 erteilte Erlaubnis zum Betrieb einer Gaststätte am B. widerrufen hat, weil sie sich durch ihr steuerliches Verhalten als unzuverlässig erwiesen habe. Das Verwaltungsgericht hat bestätigt, dass zum Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung die Unzuverlässigkeitsprognose zutreffend gewesen sei.
Mit ihrem Berufungszulassungsantrag äußert die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Gericht habe nicht berücksichtigt, dass sie zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits keine Steuerschulden mehr gehabt habe. Das hätte in die Betrachtung einbezogen werden müssen. Die angefochtene Entscheidung sei deshalb unverhältnismäßig.
II.
Die Darlegungen der Klägerin begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils,§§ 124a Abs. 5 S. 2, 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Das Verwaltungsgericht hat für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 15 Abs. 2 GastG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG zutreffend allein auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier also des Erlasses des Widerrufsbescheides, abgestellt (BVerwG, Urt. v. 28. Juli 1978 - 1 C 43.75 -, BVerwGE 56, 205 <208>; NdsOVG, Urt. v. 15. Oktober 1997 - 7 L 871/97 -, [...] Rn. 22; BayVGH, Beschl. v. 15. Dezember 2010 - 22 ZB 10.2293 -, [...] Rn. 3). Dass zu diesem Zeitpunkt die Widerrufsvoraussetzungen vorlagen, stellt die Klägerin mit ihrem Zulassungsantrag nicht in Frage. Das Verhalten eines Gastwirtes nach diesem Zeitpunkt bzw. während des gerichtlichen Verfahrens ist insoweit ohne rechtliche Relevanz.
Hierauf hat bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen, ohne dass die Klägerin dem rechtlich etwas entgegenzusetzen hat. Wenn sie meint, einem Antrag auf Wiedererteilung der Gaststättenerlaubnis müsse aktuell stattgegeben werden, mag sie einen solchen - der von ihr in diesem Zusammenhang angeführte § 35 Abs. 6 GewO wäre dafür allerdings nicht einschlägig - stellen. Die Ablehnung eines Erlaubnisantrages war nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils, so dass dieses insoweit auch nicht "unverhältnismäßig" sein kann. § 15 Abs. 2 GastG, auf dem der Widerruf beruht, ist keine Ermessensentscheidung, sondern sieht den Widerruf bei Vorliegen der Voraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung bindend vor. Die Entscheidung wird auch nicht rechtswidrig, wenn ihre Voraussetzungen nachträglich entfallen (sollten).