Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.12.2019, Az.: 10 LC 154/18

Außenwirkung; Betrieb; Bindung; eigener Wirkungskreis; Eigentum; GmbH; Hauptausschuss; ihre Angelegenheiten; Innenrechtskreis; Leistungsklage; Verwaltungsakt; Veräußerung; Vorabentscheidung; vorbehalten; Weisung; wirtschaftliche Betätigung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
04.12.2019
Aktenzeichen
10 LC 154/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69878
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 13.02.2018 - AZ: 1 A 868/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Zuständigkeit der kommunalen Organe für nach § 138 Abs. 1 Satz 2 NKomVG bindende Beschlüsse richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 58, 76 Abs. 2 NKomVG.

2. Das Abstimmungsverhalten von Vertreterinnen und Vertretern der Kommune in der Gesellschafterversammlung einer kommunalen Eigengesellschaft kann grundsätzlich Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein.

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 1. Kammer - vom 13. Februar 2018 geändert und die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Erklärung der teilweisen Zulässigkeit ihres am 27. September 2017 angezeigten Bürgerbegehrens durch den Beklagten.

Die A-Stadt Tourismus GmbH (BTG), deren alleinige Gesellschafterin die Stadt A-Stadt ist und deren Anteile über den Eigenbetrieb „Städtische Betriebe A-Stadt“ (SBB) der Stadt A-Stadt gehalten werden, bereitete im Jahr 2017 einen Verkauf von Grundstücken des oberen Kurparks der Stadt A-Stadt an private Investoren vor. Die BTG hat das Eigentum an den entsprechenden Grundstücken von der Landesforstverwaltung erworben. Der Gesellschaftsvertrag der BTG sieht vor, dass Verfügungen über Grundeigentum der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung unterliegen.

Mit Schreiben vom 28. Juni 2017 zeigte der Kläger zu 1. der Stadt A-Stadt das Bürgerbegehren „Rettet den oberen Kurpark“ sowie dessen drei Vertreter, unter anderem den Kläger zu 2., an und beantragte auf telefonische Nachfrage die Entscheidung des Beklagten über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 und Abs. 3 Sätze 1 bis 3 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz. Zur Begründung des Bürgerbegehrens wird in der Anzeige Folgendes ausgeführt: „Wir sind der Auffassung, dass die gesamte wahlberechtigte Bevölkerung A. über einen Teil-Verkauf von 4 ha im oberen Kurpark entscheiden soll.“

Mit Schreiben vom 10. Juli 2017 teilte die Stadt A-Stadt dem Kläger zu 2. mit, dass der Beklagte beschlossen habe, das von dem Kläger zu 1. eingereichte Bürgerbegehren als unzulässig zurückzuweisen. Zur Begründung wird darin ausgeführt, dass die Angelegenheit nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein könne, weil Eigentümerin der Grundstücke die BTG sei und damit der Rat der Stadt A-Stadt weder für den Verkauf zuständig sei noch sich die Beschlussfassung vorbehalten habe. Zudem sei die begehrte Sachentscheidung nicht genau bezeichnet und sie sei auch nicht so formuliert, dass sie mit Ja oder Nein beantwortet werden könne. Letztlich richte sich die Begründung des Bürgerbegehrens auch nicht für oder gegen eine Sachentscheidung.

Mit Schreiben vom 3. August 2017 teilten die Prozessbevollmächtigten der Kläger gegenüber der Stadt A-Stadt unter anderem mit, dass das Bürgerbegehren - wie folgend - „neu formuliert“ werde:

„Sind Sie dafür, dass die Stadt A-Stadt als Alleingesellschafterin der BTG in der Gesellschafterversammlung festlegt, dass der obere Kurpark (I.) der Stadt A-Stadt erhalten bleibt und nicht an private Investoren verkauft wird, um auf dieser Fläche Ferienhäuser zu errichten?“

Zur Begründung des Bürgerbegehrens machten sie in dem Schreiben weitere Ausführungen.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17. August 2017 zeigten die Kläger erneut die „Durchführung eines Bürgerbegehrens […] mit folgender Frage“ an:

„Sind Sie dafür, dass die Stadt A-Stadt als Alleingesellschafterin der BTG dafür Sorge trägt, dass der obere Kurpark (I.) der Stadt A-Stadt in seinem Bestand erhalten bleibt?“

In dem Schreiben wird die Begründung des Bürgerbegehrens neu formuliert und kurz auf die bislang geäußerte Rechtsauffassung der Stadt A-Stadt zu der Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens eingegangen. Abschließend forderten die Kläger die Stadt auf, „ihre rechtsfehlerlastige Auffassung zu überdenken und unsere erneute Anzeige zu beantworten.“

Mit Schreiben vom 23. August 2017 wiesen die Kläger darauf hin, dass ihr Schreiben vom 3. August 2017 als Widerspruch zu behandeln sei. Die Stadt A-Stadt erklärte über ihre anwaltlichen Vertreter mit Schreiben vom 13. September 2017, dass es in Niedersachsen kein Widerspruchsverfahren gebe und sie die Entscheidung des Beklagten mit dem Inhalt der Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens für rechtmäßig halte. Auch die Erteilung einer Weisung könne nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. Zudem sei die Bezeichnung des Bürgerbegehrens in der Formulierung des Schreibens vom 3. August 2017 zu unbestimmt.

Mit Schreiben vom 27. September 2017 zeigten die Prozessbevollmächtigten der Kläger „erneut die Durchführung eines Bürgerbegehrens zu folgender Frage“ an:

„Soll die Stadt A-Stadt als Alleingesellschafterin der A-Stadt Tourismus GmbH (BTG) im Wege des Gesellschafterbeschlusses die Geschäftsleitung der BTG anweisen, bis auf weiteres alle Bemühungen um den Verkauf des oberen Kurparks A-Stadt (I.) an private Investoren einzustellen?“

Die in dem Schreiben enthaltene Begründung des Bürgerbegehrens entspricht inhaltlich der in der Anzeige vom 17. August 2017 und die Kläger werden erneut als Vertreter des Bürgerbegehrens benannt.

Die Kläger haben am 29. September 2017 Klage erhoben. Zur Begründung ihrer Klage haben sie Folgendes ausgeführt: Der beabsichtigte Verkauf der Grundstücke könne Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. Denn dabei handele es sich, wie von § 32 Abs. 2 Satz 1 NKomVG vorausgesetzt, um eine Angelegenheit der Kommune im eigenen Wirkungskreis, für die die Vertretung nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 14 NKomVG zuständig sei. Dass das Eigentum an den Liegenschaften bei einer Tochter der Kommune liege, ändere hieran nichts. Sie könne ihre Zuständigkeit nicht vollständig in das Privatrecht auslagern und die Finanzverantwortung liege auch weiter bei ihr. So hätten auch gemäß § 138 Abs. 1 NKomVG die Vertreterinnen und Vertreter der Kommune in der Gesellschafterversammlung die Interessen der Kommune zu verfolgen und seien an die Beschlüsse der Vertretung und des Hauptausschusses gebunden. Es sei daher ein Beschluss des Gemeinderats herbeizuführen, der von den Vertretern der Kommune in der Gesellschafterversammlung umzusetzen sei, insbesondere, wenn Entscheidungen im eigenen Wirkungskreis lägen. In Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Kommune und ihrer Eigenbetriebe seien Bürgerbegehren zulässig. Nach § 138 Abs. 1 Satz 2 NKomVG habe der Rat der Stadt über den Verkauf des oberen Kurparks einen Grundlagenbeschluss zu fassen, an dessen Ergebnis dann der entsendete Vertreter in der Gesellschafterversammlung gebunden sei. Dass die Möglichkeit der Weisung in § 138 NKomVG und nicht in § 58 NKomVG geregelt sei, könne nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Zwischen den beiden Normen bestünde eine Wechselwirkung. Der Verkauf von Grundstücken sei in § 58 Abs. 1 Nr. 1 und 14 NKomVG ausdrücklich als eine Angelegenheit der Gemeinde ausgewiesen.

Hinsichtlich der Frage der Zuständigkeit der Vertretung, die hauptsächlich Gegenstand der vorliegenden Klage sei, habe der Beklagte bereits mit Schreiben vom 10. Juli 2017 abschließend entschieden, so dass ein erneuter Antrag auf Vorabentscheidung nicht zweckdienlich und überflüssig gewesen wäre. Der Beklagte hätte über diese Frage nicht erneut entscheiden dürfen und hätte auch nicht abweichend entschieden. Letztlich sei das Bürgerbegehren vom 27. September 2017 auch mit der Klageerwiderung zurückgewiesen worden.

Die Kläger haben beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, festzustellen, dass für das am 27. September 2017 angezeigte Bürgerbegehren die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 und Abs. 3 Sätze 1 bis 3 NKomVG vorliegen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Da der Anzeige ein Antrag auf unverzügliche Entscheidung des Verwaltungsausschusses über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht beigefügt gewesen sei, habe der Beklagte darüber nicht entschieden und könne dies auch erst, wenn das Bürgerbegehren innerhalb der Frist von sechs Monaten nach Anzeigenerstattung vorgelegt worden sei. Der Hinweis des Prozessbevollmächtigten in der gerichtlichen Korrespondenz ersetze nicht eine Entscheidung des Verwaltungsausschusses.

Das Bürgerbegehren sei auf eine Weisung der Vertretung der Stadt A-Stadt an ihre Vertreter in der Gesellschafterversammlung der BTG gerichtet, was nach § 138 NKomVG möglich, aber keine eigene Angelegenheit gemäß § 58 NKomVG sei. Das Ziel könne daher mit einem Bürgerbegehren und einem Bürgerentscheid nicht erreicht werden. Dementsprechend könne ein Bürgerbegehren nicht auf einen Anweisungsbeschluss der Vertretung gerichtet sein. § 58 Abs. 1 Nr. 14 NKomVG erfasse nur das unmittelbare Vermögen der Kommune.

Das Verwaltungsgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung den Beklagten verurteilt, festzustellen, dass für das am 27. September 2017 angezeigte Bürgerbegehren die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 und Abs. 3 Sätze 1 bis 3 NKomVG vorliegen. Die Klage sei als Leistungsklage zulässig, weil die Entscheidung des Hauptausschusses über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens mangels Außenwirkung kein Verwaltungsakt sei. Die Klage sei auch begründet, weil das Bürgerbegehren in der Fassung vom 27. September 2017 die formellen Voraussetzungen erfülle. Insbesondere sei der Gegenstand der Fragestellung des Bürgerbegehrens zulässig. Bei dem Verkauf von Grundstücken handele es sich um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises, weil er ausschließlich die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft betreffe. Auch die Veräußerung durch eine kommunale GmbH enthebe die Angelegenheit nicht dem eigenen Wirkungskreis, weil die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen gem. § 136 Abs. 1 NKomVG nur zur Erledigung ihrer Angelegenheiten zulässig sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die BTG und nicht die Gemeinde Eigentümerin der Grundstücke sei, weil diese sämtliche Anteile an der BTG halte. Die Zuständigkeit der Vertretung ergebe sich zwar nicht aus § 58 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 14 NKomVG und § 138 NKomVG regele nicht die Organzuständigkeit für die Erteilung entsprechender Weisungen. Die Zuständigkeit folge jedoch aus § 58 Abs. 3 Satz 1 NKomVG. Denn der Rat könne sich, wie von § 32 Abs. 2 Satz 1 NKomVG vorausgesetzt, die Beschlussfassung für eine entsprechende Weisung gegenüber Vertretern der Gemeinde bei der BTG, für die eigentlich der Verwaltungsausschuss gem. § 76 Abs. 2 Satz 1 NKomVG zuständig sei, vorbehalten.

Gegen das ihm am 26. Februar 2018 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte am 16. März 2018 die vom Verwaltungsgericht gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt.

Zur Begründung wiederholt er seine Auffassung, dass ein Antrag für eine Vorabentscheidung des Verwaltungsausschusses über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 32 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 und Abs. 2 NKomVG für das am 27. September 2017 angezeigte Bürgerbegehren von den Klägern nicht gestellt worden sei. Auch in einer früheren schriftlichen Anzeige sei ein solcher Antrag nicht enthalten gewesen.

Die Weisungsgebundenheit des Vertreters der Stadt A-Stadt in der Gesellschafterversammlung ergebe sich nicht aus § 58 NKomVG, sondern ausschließlich aus § 138 NKomVG. Die Möglichkeit einer Weisung bedeute nicht, dass die Entscheidung eines zuständigen Organs der GmbH an sich gezogen werden könne. Die Wertung des Verwaltungsgerichts würde dazu führen, dass alle Angelegenheiten, die vom Hauptausschuss zu entscheiden wären und die die Vertretung an sich ziehen könnte, gemäß § 58 Abs. 3 NKomVG soweit sie zum eigenen Wirkungskreis gehörten, einem Bürgerbegehren zugänglich wären, unabhängig davon, ob die Vertretung von einem Vorbehaltsbeschluss Gebrauch gemacht habe. Das Verwaltungsgericht gehe auch zu Unrecht davon aus, dass die Zuständigkeit der Vertretung für die Erteilung einer Weisung nicht durch § 138 Abs. 1 Satz 2 NKomVG begründet, sondern von dieser vorausgesetzt werde. Gemäß § 138 Abs. 1 Satz 1 NKomVG würden die Vertreter der Kommune in der Gesellschafterversammlung von der Vertretung gewählt, was eindeutig eine Zuständigkeitsregelung darstelle. Es sei nur folgerichtig, wenn für Beschlüsse an die die Vertreter gebunden seien, primär die Vertretung zuständig sei. Die Annahme einer vorrangigen Zuständigkeit des Hauptausschusses aufgrund der Auffangzuständigkeit des § 76 Abs. 2 Satz 1 NKomVG, die erst durch einen Vorbehaltsbeschluss auf die Vertretung übergeleitet werden müsste, erscheine sachfremd. Der Verkauf der Grundstücke sei eine unmittelbare Maßnahme der BTG, als rechtlich selbständige juristische Person, so dass es sich nicht um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises der Stadt A-Stadt handele.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 13. Februar 2018 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Zwar enthalte die Anzeige auf Durchführung eines Bürgerbegehrens vom 27. September 2017 ausdrücklich keinen Antrag gem. § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG, ein Antrag sei jedoch bei einer früheren Anzeige telefonisch gestellt worden. Auch sei ein solcher in der Anzeige vom 17. August 2017 enthalten. Die Beklagte habe über die Vorfragen, insbesondere die Zuständigkeitsfrage bereits mit dem Schreiben vom 10. Juli 2017 abschließend entschieden, so dass ein erneuter Antrag auf Vorabentscheidung entbehrlich gewesen sei, weil die Antwort schon längst bekannt gewesen sei. Über die angepasste Fragestellung sowie die Begründung habe die Beklagte dann mit Schreiben vom 13. September 2017 und im gerichtlichen Verfahren entschieden.

Nach dem Wortlaut des § 138 Abs. 1 Satz 2 NKomVG seien sowohl die Vertretung als auch der Hauptausschuss für die Erteilung von Weisungen zuständig. Die Abgrenzung der Zuständigkeit ergebe sich nicht aus § 138 NKomVG, sondern folge den allgemeinen Regeln. Anderenfalls bestünde eine nicht weiter präzisierte Parallelzuständigkeit. Daher greife die Auffangzuständigkeit des Hauptausschusses nach § 76 Abs. 2 Satz 1 NKomVG. § 138 Abs. 1 Satz 2 NKomVG begründe damit keine Zuständigkeit der Vertretung, sondern zeige einmal mehr die Möglichkeit der Vorbehaltsbeschlussfassung auf.

Mit an die Stadt A-Stadt gerichtetem Schreiben vom 21. März 2018 beantragten die Kläger die Durchführung eines Bürgerentscheids. Die von ihnen beigefügten Unterschriften befinden sich auf zwei unterschiedlichen Blättern, von denen eines die Begründung des Bürgerbegehrens sowie die Benennung der Vertreter enthält (Blatt 1), und das andere (Blatt 2) insoweit auf eine „Seite 1“ Bezug nimmt. Am 17. Mai 2018 beschloss der Beklagte, dass das Bürgerbegehren gemäß der Anzeige vom 27. September 2017, welches am 21. März 2018 schriftlich unter Vorlage von 89 Unterschriftenlisten eingereicht worden sei, nicht die formellen Voraussetzungen gemäß § 32 Abs. 5 NKomVG erfülle und als unzulässig zurückzuweisen sei. Mit Schreiben vom 10. Juli 2018 teilte die Stadt A-Stadt dem Kläger zu 1. mit, dass der Beklagte das Bürgerbegehren als unzulässig zurückgewiesen habe, weil die Unterschriftenlisten nicht den formellen Anforderungen genügten. Die Begründung des Bürgerbegehrens und die Vertretungsberechtigten seien nicht auf allen Blättern vorhanden, sondern lediglich auf dem Blatt 1, das mit den Folgeblättern nicht fest verbunden sei. Hiergegen haben die Kläger am 13. August 2018 Klage erhoben, die im Berufungsverfahren durch Senatsurteil vom heutigen Tag (Az. 10 LC 43/19, juris) abgewiesen wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die Akte des Verfahrens 10 LC 43/19 und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat Erfolg. Denn die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf eine Erklärung des Vorliegens der in § 32 Abs. 2 und Abs. 3 Sätze 1 bis 3 NKomVG normierten Voraussetzungen des Bürgerbegehrens durch den Beklagten. Maßgeblich für die Prüfung des Vorliegens der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens ist insoweit der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (Senatsbeschluss vom 21.05.2012 – 10 LA 3/11 –, juris Rn. 17).

Gegenstand der Klage ist nach dem ausdrücklichen Antrag der Kläger in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts das mit Schreiben vom 27. September 2017 angezeigte Bürgerbegehren. Für dieses begehren die Kläger eine Entscheidung des Beklagten über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 und Abs. 3 Sätze 1 bis 3 NKomVG.

1. Nachdem die Kläger die Klage zunächst gegen die Stadt A-Stadt gerichtet hatten, haben sie den Klagegegner gemäß § 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO jedenfalls aufgrund der Sachdienlichkeit des Parteiwechsels wirksam geändert.

Auch können die Kläger als Vertretungsberechtigte des Bürgerbegehrens (§ 32 Abs. 3 Satz 3 NKomVG) hinsichtlich der Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens Klage erheben (vgl. Senatsbeschluss vom 07.05.2009 – 10 ME 277/08 –, juris Rn. 16 zu § 22b NGO; vgl. auch zur hessischen Gemeindeordnung BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 22.02.2019 – 2 BvR 2203/18 –, juris Rn. 22 bis 24; krit. BeckOK, Kommunalrecht Nds., Stand: 01.08.2019, NKomVG, § 32 Rn. 31; a.A. Ipsen, NKomVG, 2011, § 32 Rn. 56).

Die Klage ist als Leistungsklage, gerichtet auf die Erklärung der teilweisen Zulässigkeit des mit Schreiben vom 27. September 2017 angezeigten Bürgerbegehrens durch den Beklagten zulässig. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargestellt hat, handelt es sich bei der Entscheidung des Hauptausschusses über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 35 VwVfG, weil ihr keine Außenwirkung zukommt. Bei der Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens geht es nicht um eine Auseinandersetzung im Staat-Bürger-Verhältnis. Denn mit der Entscheidung des Hauptausschusses werden keine Rechte und Pflichten der Bürger in einer rechtsverbindlichen Weise festgestellt, sondern es wird geprüft, ob die kommunalverfassungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, um einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Hierbei handelt es sich um eine Streitigkeit im Innenrechtskreis der Gemeinde (Senatsurteil vom 15.02.2011 – 10 LB 79/10 –, juris Rn. 30 m.w.N.; so auch zur hessischen Gemeindeordnung BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 22.02.2019 – 2 BvR 2203/18 –, juris Rn. 22, 24).

2. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil die Kläger keinen Anspruch haben, dass der Beklagte das mit Schreiben vom 27. September 2017 angezeigte Bürgerbegehren hinsichtlich der in § 32 Abs. 2 und 3 Sätze 1 bis 3 NKomVG normierten Voraussetzungen für zulässig erklärt.

Der Hauptausschuss hat gemäß § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG die Entscheidung, ob die Voraussetzungen des Bürgerbegehrens nach § 32 Abs. 2 und Abs. 3 Sätze 1 bis 3 NKomVG vorliegen, unverzüglich zu treffen, wenn dies in der Anzeige beantragt wird. Die Anzeige des Bürgerbegehrens hat gegenüber der Kommune in schriftlicher Form zu erfolgen (§ 32 Abs. 3 Satz 4 NKomVG). Wird eine solche Vorabentscheidung in der Anzeige des Bürgerbegehrens – wie vorliegend – nicht beantragt, entscheidet der Hauptausschuss gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 NKomVG über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens unverzüglich nach dessen fristgerechter Einreichung mit den zu seiner Unterstützung erforderlichen Unterschriften in schriftlicher Form bei der Kommune (§ 32 Abs. 5 Satz 1 NKomVG).

a) Ein Anspruch auf eine Vorabentscheidung des Beklagten nach § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG besteht bereits deshalb nicht, weil die Kläger einen entsprechenden Antrag in der schriftlichen Anzeige des Bürgerbegehrens nicht gestellt haben, wie es die Vorschrift jedoch ausdrücklich voraussetzt. Die Kläger haben zwar mit Schreiben vom 3. August 2017 das Bürgerbegehren neu formuliert und den Beklagten aufgefordert, das Bürgerbegehren zuzulassen. Dieses Schreiben ist jedoch, ebenso wie das vorhergehende Schreiben vom 28. Juni 2017, überholt durch das Schreiben vom 17. August 2017, mit dem die Kläger das Bürgerbegehren ausdrücklich neu angezeigt haben. Darin wird der Beklagte aufgefordert, „unsere erneute Anzeige zu beantworten,“ worin möglicherweise ein solcher Antrag auf eine Vorabentscheidung zu sehen sein könnte. Die erneute schriftliche Anzeige vom 27. September 2017 enthält aber keine solche Aufforderung beziehungsweise eine ähnlich auslegungsbedürftige Formulierung oder einen eindeutigen Antrag auf eine Vorabentscheidung. Davon gehen letztlich auch die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 13. November 2017 aus, wenn sie ausführen, dass „unter dem 27.09.2017 kein erneuter Antrag zu stellen“ gewesen sei.

Ein Fortwirken eines möglichen Antrags in der Anzeige vom 17. August 2017 kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der Anzeige vom 27. September 2017 um eine neue, eigenständige Anzeige eines (weiteren) Bürgerbegehrens handelt. Dies folgt für den Senat aus den folgenden Umständen: Das Schreiben vom 27. September 2017 wird, ohne Bezugnahme auf die bisher angezeigten Bürgerbegehren, eingeleitet durch die Formulierung „hiermit zeigen wir erneut die Durchführung eines Bürgerbegehrens […] an.“ Insbesondere ist nicht, wie noch in dem Schreiben vom 3. August 2017 etwa davon die Rede, dass „die genaue Bezeichnung des Bürgerbegehrens […] neu formuliert“ werde. Hinzu kommt, dass obwohl gegenüber der Anzeige vom 17. August 2017 lediglich die Fragestellung geändert wurde, die Anzeige der Durchführung eines Bürgerbegehrens vom 27. September 2017 erneut die vollständige (identische) Begründung und die Benennung der drei Vertreter des Bürgerbegehrens enthält.

Ein Antrag war auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagte über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 Satz 1 NKomVG - wie die Kläger meinen - nicht noch einmal hätte entscheiden dürfen. § 32 Abs. 6 Satz 2 NKomVG schließt eine erneute Entscheidung des Hauptausschusses über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 und Abs. 3 Sätze 1 bis 3 NKomVG nur für den Fall aus, dass dieser zuvor für dieses konkrete Bürgerbegehren eine Vorabentscheidung nach § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG getroffen hat und beschränkt die Prüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auf die noch ungeprüften Anforderungen nach § 32 Abs. 4 und Abs. 5 NKomVG. Lediglich insoweit ist die vorgezogene Entscheidung des Hauptausschusses im Hinblick auf die zu prüfenden Zulässigkeitsvoraussetzungen abschließend (vgl. Wefelmeier in KVR Nds., Stand: Juni 2019, NKomVG § 32 Rn. 80). Unabhängig davon, ob überhaupt auch eine negative Vorabentscheidung unter § 32 Abs. 6 Satz 2 NKomVG fällt, hat der Beklagte hinsichtlich des mit Schreiben vom 27. September 2017 angezeigten Bürgerbegehrens allerdings eine Vorabentscheidung nach § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG gerade noch nicht getroffen. Eine solche ist auch nicht - wie die Kläger meinen - in den Ausführungen der Prozessbevollmächtigten des Beklagten im gerichtlichen Verfahren oder in ihrem Schreiben vom 13. September 2017 zu sehen, da die Prozessbevollmächtigten darin bereits nicht im Namen des Beklagten, sondern der Stadt A-Stadt Stellung nehmen, darin keine Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens getroffen wird und die Kläger ohnehin erst nach diesem Schreiben das Bürgerbegehren mit dem Schreiben vom 27. September 2017 (neu) angezeigt haben. Für dieses Bürgerbegehren haben die Kläger eine Vorabentscheidung nach § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG nicht beantragt. Auch hatte der Beklagte lediglich hinsichtlich des mit Schreiben vom 28. Juni 2017 angezeigten Bürgerbegehrens das Vorliegen der Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 und Abs. 3 Sätze 1 bis 3 NKomVG geprüft und bezüglich § 32 Abs. 2 und Abs. 3 Sätze 1 und 2 NKomVG verneint. Die Kläger beachten bei ihrer Argumentation nicht hinreichend, dass es sich bei den mit Schreiben von 28. Juni 2017 und 27. September 2017 angezeigten Bürgerbegehren um zwei jeweils eigenständige Bürgerbegehren handelt. Allein, dass der Beklagte am 6. Juli 2017, zudem ohne einen entsprechenden Antrag in der schriftlichen Anzeige, bei der Prüfung des Bürgerbegehrens vom 28. Juni 2017 auch über solche rechtlichen Aspekte entschieden hat, die auch bei der Prüfung des Bürgerbegehrens vom 27. September 2017 eine Rolle spielen können, hindert ihn nicht an einer weiteren Vorabentscheidung hinsichtlich des weiteren Bürgerbegehrens vom 27. September 2017. Dies wird vorliegend auch bereits daraus deutlich, dass die beiden Bürgerbegehren unterschiedliche Sachentscheidungen begehren sowie verschiedene Begründungen und Vertreter enthalten. Auch soweit sich die rechtlichen Fragestellungen überschneiden, ist der Beklagte - entgegen der Auffassung der Kläger - nicht an einer Vorabentscheidung betreffend ein weiteres Bürgerbegehren gehindert. Die Bindungswirkung des § 32 Abs. 6 Satz 2 NKomVG bezieht sich nur auf das jeweilige konkrete Bürgerbegehren.

Die Kläger hätten gegen die negative Vorabentscheidung des Beklagten vom 6. Juli 2017 hinsichtlich des Bürgerbegehrens vom 28. Juni 2017 Rechtsschutz in Anspruch nehmen können. Alternativ hätten sie auch - die Annahme eines entsprechenden Antrags auf Vorabentscheidung in der Anzeige vorausgesetzt - eine Vorabentscheidung hinsichtlich des mit Schreiben vom 17. August 2017 angezeigten Bürgerbegehrens gerichtlich durchzusetzen versuchen können. Letztlich blieb den Klägern nach Einreichung des mit Schreiben vom 27. September 2017 angezeigten Bürgerbegehrens mit den Unterschriftenlisten die Möglichkeit, gegen die abschließende Unzulässigkeitsentscheidung des Beklagten vorzugehen, was sie auch in dem weiteren gerichtlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig (Az. 1 A 223/18; Az. des Senats 10 LC 43/19), allerdings begrenzt auf den Teilaspekt der an die Unterschriftenlisten zu stellenden Anforderungen, gemacht haben.

b) Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf eine Erklärung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens durch den Beklagten in Hinblick auf die in § 32 Abs. 2 und Abs. 3 Sätze 1 bis 3 NKomVG normierten Voraussetzungen nach § 32 Abs. 6 Satz 1 NKomVG.

Der Klageantrag der Kläger umfasst nicht die Erklärung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens (insgesamt) nach § 32 Abs. 6 Satz 1 NKomVG, sondern ist auf die Erklärung über das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen beschränkt. Insoweit wurde der Klage durch das Verwaltungsgericht stattgegeben und hat der Beklagte Berufung eingelegt, mit dem Ziel, die Klage abzuweisen. Eine Klageänderung durch die in erster Instanz obsiegenden Kläger kommt im Berufungsverfahren nicht mehr in Betracht, weil sie keine Anschlussberufung eingelegt haben.

Außerdem sieht § 32 Abs. 6 NKomVG, außer in den Fällen der vorangegangenen Vorabentscheidung (§ 32 Abs. 6 Satz 2 NKomVG), eine lediglich teilweise Erklärung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens grundsätzlich nicht vor.

Jedenfalls besteht ein Anspruch auf eine entsprechende Erklärung des Beklagten nach § 32 Abs. 6 Satz 1 NKomVG auch bereits deshalb nicht, weil das zwischenzeitlich eingereichte Bürgerbegehren entgegen § 32 Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 NKomVG nicht mit den zu seiner Unterstützung erforderlichen Unterschriften eingereicht wurde. Denn entgegen § 32 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 31 Abs. 3 Satz 1 NKomVG enthalten die Unterschriftenlisten (bis auf drei Seiten mit jeweils einer Unterschrift) nicht den vollen Wortlaut des Bürgerbegehrens, der gemäß § 32 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 NKomVG neben der Bezeichnung der begehrten Sachentscheidung auch die Begründung sowie die vertretungsberechtigten Personen enthalten muss. Auch ist insoweit die - wie vorliegend - Bezugnahme auf ein anderes Schriftstück, das mit der Unterschriftenliste nicht oder nur lose verbunden ist, nicht ausreichend (Senatsurteil vom 04.12.2019 – 10 LC 43/19 –, juris).

c) Zu der in dem erstinstanzlichen Verfahren aufgekommenen Rechtsfrage, ob eine Weisung an die Vertreterinnen und Vertreter der Kommune in der Gesellschafterversammlung einer Eigengesellschaft, an der die Kommune beteiligt ist, Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein bzw. ob ein Bürgerbegehren die Beeinflussung der Willensbildung in privatwirtschaftlich organisierten Betrieben der Gemeinde zum Gegenstand haben kann, ist, ohne dass es darauf im vorliegenden Verfahren ankommen würde, Folgendes auszuführen:

Gemäß § 32 Abs. 1 NKomVG kann mit einem Bürgerbegehren beantragt werden, dass Bürgerinnen und Bürger über eine Angelegenheit ihrer Kommune entscheiden. Gegenstand eines Bürgerbegehrens können nach § 32 Abs. 2 Sätze 1 und 2 NKomVG nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Kommune sein, für die die Vertretung nach § 58 Abs. 1 oder 2 NKomVG zuständig ist oder für die sie sich die Beschlussfassung nach § 58 Abs. 3 Sätze 1 und 2 NKomVG vorbehalten kann und für die § 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 8 NKomVG ein Bürgerbegehren nicht für unzulässig erklärt. Hinsichtlich § 58 Abs. 3 Sätze 1 und 2 NKomVG bringt der Wortlaut des § 32 Abs. 2 Satz 1 NKomVG klar zum Ausdruck, dass sich die Vertretung die Beschlussfassung nicht vorbehalten haben muss, sondern die Möglichkeit ausreichend ist (so auch Wefelmeier in KVR Nds., Stand: Juni 2019, NKomVG § 32 Rn. 14).

Zur Erledigung ihrer Angelegenheiten dürfen sich die Kommunen wirtschaftlich betätigen (§ 136 Abs. 1 Satz 1 NKomVG). Durch die Beschränkung auf „ihre Angelegenheiten“ kommt zum Ausdruck, dass es sich um eine gebietsbezogene Begrenzung der Handlungsbefugnisse handelt (Wefelmeier in KVR Nds., Stand: Juni 2019, NKomVG § 136 Rn. 7; Klaß in BeckOK, Stand: 01.08.2018, NKomVG § 136 Rn. 23; LT-Drs. 16/3147, S. 22). Dabei können Unternehmen der Kommunen auch als Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts, deren sämtliche Anteile den Kommunen gehören (Eigengesellschaften) geführt werden (§ 136 Abs. 2 Nr. 2 NKomVG). Voraussetzung hierfür ist unter anderem, dass durch Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung sichergestellt ist, dass der öffentliche Zweck des Unternehmens erfüllt wird (§ 137 Abs. 1 Nr. 5 NKomVG) und die Kommune einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan, erhält und dieser durch Gesellschaftsvertrag, durch Satzung oder in anderer Weise gesichert wird (§ 137 Abs. 1 Nr. 6 NKomVG). Bei der wirtschaftlichen Betätigung der Kommune in Privatrechtsform handelt es sich weiterhin materiell um öffentliche Verwaltung, weshalb eine Bindung an die kommunalen Organe erforderlich ist (Wefelmeier in KVR Nds., Stand: Juni 2019, NKomVG § 138 Rn. 1; vgl. auch Weber, Die Vorabprüfungspflicht gem. § 22b Abs. 3 Satz 5 NGO bei Bürgerbegehren, NdsVBl. 2011, 65 [70]). So müssen sich auch die Entscheidungen der Gesellschaft durch eine ununterbrochene Legitimationskette auf die gewählte Volksvertretung zurückführen lassen (Wefelmeier in KVR Nds., Stand: Juni 2019, NKomVG § 138 Rn. 1). Oberstes Organ einer GmbH ist die aus den Gesellschaftern bestehende Gesellschafterversammlung, die ihre Beschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen fasst (Wefelmeier in KVR Nds., Stand: Juni 2019, NKomVG § 137 Rn. 47). Die Kommune selbst ist Mitglied der Gesellschafterversammlung und handelt dort als juristische Person durch ihre gewählten Vertreterinnen und Vertreter (Wefelmeier in KVR Nds., Stand: Juni 2019, NKomVG § 137 Rn. 47, § 138 Rn. 5). Die grundsätzliche Zuständigkeit des Hauptverwaltungsbeamten nach § 86 Abs. 1 Satz 2 NKomVG wird hierdurch verdrängt (Wefelmeier in KVR Nds., Stand: Juni 2019, NKomVG § 138 Rn. 5). Die Vertreterinnen und Vertreter werden gemäß § 138 Abs. 1 Satz 1 NKomVG von der Vertretung gewählt und sind gemäß § 138 Abs. 1 Satz 2 NKomVG an die Beschlüsse der Vertretung und des Hauptausschusses gebunden. Die Zuständigkeit der kommunalen Organe, also welches Organ im konkreten Fall für den Beschluss über die Weisung an die Vertreter zuständig ist, richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 58, 76 Abs. 2 NKomVG (Wefelmeier in KVR Nds., Stand: Juni 2019, NKomVG § 138 Rn. 16; Klaß in BeckOK, Stand 01.08.2019, NKomVG § 138 Rn. 11; vgl. auch Ipsen, NKomVG, 2011, § 138 Rn. 5).

Die nach § 32 Abs. 2 Satz 1 NKomVG grundlegende Voraussetzung, dass Gegenstand des Bürgerbegehrens eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises ist, ist hier erfüllt.

Nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der BTG ist Gegenstand des Unternehmens die Verwaltung der Tourismus- und Kureinrichtungen in der Stadt A-Stadt, der Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken sowie Einrichtung, Betrieb, Verpachtung, Vermietung und Veräußerung von mit dem Tourismus- und Kurbetrieb in Zusammenhang stehenden Anlagen aller Art, ferner alle dazugehörigen und ähnlichen Geschäfte. Organe der Gesellschaft sind der oder die Geschäftsführer sowie die Gesellschafterversammlung (§ 5 des Gesellschaftsvertrags). Alleinige Gesellschafterin ist die Stadt A-Stadt. Die Anteile werden über den Eigenbetrieb SBB der Stadt A-Stadt gehalten (§ 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags). Gemäß § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags bedürfen der / die Geschäftsführer der vorherigen Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss für alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb der Gesellschaft hinausgehen. Nach § 12 Abs. 2 Buchst. d) des Gesellschaftsvertrags unterliegen der Erwerb und die Verfügung von Grundeigentum und Grundstücksrechten der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung.

Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben hat über die Veräußerung von Grundstücken des oberen Kurparks die Gesellschafterversammlung zu entscheiden. Einzige Gesellschafterin der BTG ist die Stadt A-Stadt, die in der Gesellschafterversammlung Beschlüsse durch ihre Vertreterinnen und Vertreter fasst. Ihr Abstimmungsverhalten kann durch den hierfür vorliegend gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NKomVG zuständigen beklagten Verwaltungsausschuss (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 NKomVG) bindend vorgeben werden. Die Vertretung, hier der Rat (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 NKomVG), ist nicht nach § 58 Abs. 1 Nr. 14 NKomVG zuständig, weil die Grundstücke nicht im Vermögen der Stadt A-Stadt, sondern der BTG als rechtlich eigenständiger juristischer Person sind. Dass die Stadt A-Stadt Alleingesellschafterin der Eigengesellschaft ist, ändert nichts daran, dass es sich um zwei getrennte Vermögen unterschiedlicher Rechtspersönlichkeiten handelt. Die Gesellschafterstellung räumt der Stadt A-Stadt „lediglich“ maßgebliche Einflussmöglichkeiten bei der Entscheidung über das Vermögen der BTG ein. Der Rat hätte sich aber nach § 58 Abs. 3 Satz 1 NKomVG die Beschlussfassung über das Abstimmungsverhalten der Vertreterinnen und Vertreter vorbehalten können.

Im vorliegenden Fall bestimmt daher der Beklagte als kommunales Organ über das Abstimmungsverhalten der Vertreterinnen und Vertreter der Stadt A-Stadt in der Gesellschafterversammlung und damit faktisch auch über die Veräußerung der Grundstücke des oberen Kurparks.

Diese Entscheidung kann nach § 32 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 NKomVG grundsätzlich Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein (so auch Wefelmeier in KVR Nds., Stand: Juni 2019, NKomVG § 32 Rn. 12; Weber, Die Vorabprüfungspflicht gem. § 22b Abs. 3 Satz 5 NGO bei Bürgerbegehren, NdsVBl. 2011, 65 [69 f.]; a.A. Thiele, NKomVG, 2. Auflage 2017, § 32 Rn. 2; unklar: VG Oldenburg, Beschluss vom 11.10.2005 – 2 B 3707/05 –, juris Rn. 12; offengelassen: Senatsbeschluss vom 10.09.2004 – 10 ME 76/04 –, juris Rn. 11).

Die Stadt A-Stadt führt die BTG unter Berücksichtigung des Unternehmensgegenstands - Verwaltung der Tourismus- und Kureinrichtungen der Stadt A-Stadt - als ihre Angelegenheit und in ihrem eigenen Wirkungskreis und der Rat kann sich für die Vertreterinnen oder Vertreter bindende Beschlüsse (§ 138 Abs. 1 Satz 2 NKomVG) die Beschlussfassung nach § 58 Abs. 3 Satz 1 NKomVG vorbehalten (vgl. § 32 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 NKomVG). Allein, dass sich die Stadt A-Stadt über die BTG in der Form einer GmbH wirtschaftlich betätigt, führt vorliegend, jedenfalls im Hinblick auf die Stellung der Stadt als Alleingesellschafterin und die konkrete Ausgestaltung der Gesellschaft bzw. des Gesellschaftsvertrags, nicht dazu, dass es sich bei dem Beschluss über das Abstimmungsverhalten der Vertreterinnen und Vertreter bezüglich der Entscheidung über die Veräußerung der Grundstücke durch die BTG, nicht mehr um eine Angelegenheit der Stadt A-Stadt in ihrem Wirkungskreis handeln würde (für die Erteilung einer Weisung ebenso: Thiele, Rathaus & Recht 2018, 12 [15]). Würde sich die Stadt A-Stadt zur Verwaltung ihrer Tourismus- und Kureinrichtungen nicht der BTG bedienen, hätte sie statt der BTG Eigentum an den zu veräußernden Grundstücken erworben. Jedenfalls sprechen vorliegend keine Umstände gegen diese Annahme. Dann könnte die Veräußerung der Grundstücke Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. Dieser kommunalrechtlichen Bindung kann sich die Stadt A-Stadt vorliegend nicht dadurch entziehen, dass sie sich zur Erledigung ihrer Angelegenheiten eines Unternehmens in einer Rechtsform des privaten Rechts im Sinne des § 136 Abs. 2 Nr. 2 NKomVG bedient, der zudem auch voraussetzt, dass sämtliche Anteile des Unternehmens der Kommune gehören. Dies zeigt sich vorliegend auch gerade daran, dass letztlich, wie bereits ausgeführt, mit dem beklagten Verwaltungsausschuss ein kommunales Organ über die Veräußerung der Grundstücke entscheidet, wenn auch formal die Gesellschafterversammlung hierüber beschließt und nach außen hin auch anders entscheiden könnte. Demzufolge kann der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auch nicht entgegenstehen, dass nicht die Stadt A-Stadt Eigentümerin der Grundstücke ist, sondern ein Unternehmen im Sinne des § 136 Abs. 2 Nr. 2 NKomVG, das von der Stadt zur Erledigung ihrer Angelegenheiten durch wirtschaftliche Betätigung geführt wird.

Unabhängig davon ist Gegenstand des mit Schreiben vom 27. September 2017 angezeigten Bürgerbegehrens ohnehin nicht der Verkauf von Grundstücken, sondern die Weisung an die Vertreter in der Gesellschafterversammlung einer Eigengesellschaft der Stadt A-Stadt, die mit der Verwaltung der Tourismus- und Kureinrichtungen der Stadt und hier konkret mit der Entscheidung über den Verkauf der Kurparkgrundstücke im eigenen Wirkungskreis tätig ist (vgl. dazu auch Thiele, Rathaus & Recht 2018, 12 [15]). Hierfür kann sich der Rat nach § 58 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 76 Abs. 2 Satz 1 NKomVG die Beschlussfassung vorbehalten. Damit ist die für eine Zulässigkeit des Gegenstands des Bürgerbegehrens nach § 32 Abs. 2 Satz 1 NKomVG erforderliche Zuständigkeit der Vertretung gegeben.

Soweit der Beklagte in seiner Berufungserwiderung ausführt, dass die Wertung des Verwaltungsgerichts dazu führen würde, das alle Angelegenheiten, die vom Beklagten zu entscheiden wären und die der Rat gemäß § 58 Abs. 3 NKomVG an sich ziehen könnte, soweit sie zum eigenen Wirkungskreis gehörten, einem Bürgerbegehren zugänglich wären, und zwar auch dann, wenn die Vertretung von der Möglichkeit eines Vorbehaltsbeschlusses gar nicht Gebrauch machen würde, ist dem entgegenzuhalten, dass genau das dem Wortlaut des § 32 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 NKomVG entspricht. Dies ist die Konsequenz daraus, dass das Bürgerbegehren mit der Vertretung auf eine Stufe gestellt wird (vgl. Wefelmeier in KVR Nds., Stand: Juni 2019, NKomVG § 32 Rn. 15).

Auch führt dies nicht dazu, dass - wie der Beklagte meint - der Rat oder der Beklagte eine Entscheidung des zuständigen Organs der GmbH an sich ziehen würde. Denn der kommunale Beschluss ist lediglich Grundlage der Bindung der Vertreterinnen oder Vertreter der Kommune in der Gesellschafterversammlung und ersetzt nicht den von ihr zu fassenden Beschluss über die Veräußerung der Grundstücke. Diese Bindung ist auch im Gesetz mit § 138 Abs. 1 Satz 2 NKomVG ausdrücklich vorgesehen.

Diese gesetzliche Regelung ändert entgegen der Auffassung des Beklagten auch nichts daran, dass sich die Zuständigkeit für solche bindenden Beschlüsse - wie oben bereits dargelegt - aus den allgemeinen Vorschriften der §§ 58, 76 Abs. 2 NKomVG ergibt und nicht aus § 138 Abs. 1 Satz 2 NKomVG selbst, der die Zuständigkeitsverteilung zwischen Vertretung und Hauptausschuss ja gerade offenlässt. Die Zuständigkeit des Rats folgt auch nicht, wie der Beklagte meint, aus § 138 Abs. 1 Satz 1 NKomVG. Dies widerspräche bereits dem eindeutigen Wortlaut des § 138 Abs. 1 Sätze 1 und 2 NKomVG. So bestimmt § 138 Abs. 1 Satz 1 NKomVG, dass „die Vertreterinnen und Vertreter der Kommune […] von der Vertretung gewählt“ werden. Demgegenüber ist in § 138 Abs. 1 Satz 2 NKomVG normiert, dass sie „an die Beschlüsse der Vertretung und des Hauptausschusses gebunden“ sind. § 138 Abs. 1 Satz 2 NKomVG ist eine alleinige Zuständigkeit oder ein Vorrang der Vertretung gerade nicht zu entnehmen, vielmehr nennt die Vorschrift die kommunalen Organe Vertretung und Hauptausschuss - gerade im Gegensatz zu § 138 Abs. 1 Satz 1 NKomVG - parallel nebeneinander. Auch folgt eine primäre Zuständigkeit der Vertretung nicht daraus, dass sie gemäß § 138 Abs. 1 Satz 1 NKomVG für die Wahl der Vertreter zuständig ist und die Weisungszuständigkeit deshalb konsequent wäre (so Thiele, Rathaus & Recht 2018, 12 [15 f.]). Abgesehen davon, dass eine solche Annahme in § 138 Abs. 1 NKomVG keine Stütze findet, unterscheiden sich die Wahl der Vertreterinnen und Vertreter einerseits und die Beschlüsse über eine Anweisung andererseits deutlich in ihrer Bedeutung. Schließlich folgt der Senat angesichts der differenzierten Zuständigkeitsverteilung zwischen Vertretung und Hauptausschuss in den §§ 58, 76 NKomVG nicht der Auffassung des Beklagten, dass eine Zuständigkeit des Hauptausschusses nach § 76 Abs. 2 Satz 1 NKomVG sachfremd sei.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.