Landgericht Osnabrück
Urt. v. 30.11.2005, Az.: 2 O 3380/03
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 30.11.2005
- Aktenzeichen
- 2 O 3380/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 42470
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2005:1130.2O3380.03.0A
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3.
Das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung von Schmerzensgeld sowie um die Feststellung von immateriellen und materiellen Schadensersatzansprüchen.
Der Beklagte zu 1) ist Facharzt für Allgemeinmedizin und betreibt mit der Beklagten zu 2) eine ärztliche Gemeinschaftspraxis. Der am 30.06.1966 geborene Kläger stellte sich im Rahmen des Sonntagsnotdienstes am 24.09.2000 dem Beklagten zu 1) wegen einer ca. 10 x 5 cm großen Rötung im Bereich seiner rechten Thoraxwand nach einer Insektenbissverletzung vor. Der Beklagte zu 1) äußerte den Verdacht auf eine Erythema migrans und verordnete dem Kläger das Medikament Doxicyclin 200 mg für 10 Tage. Eine Untersuchung des Blutes des Klägers wurde am 24.09.2000 nicht veranlasst. Der Kläger nahm sodann das Medikament vorschriftsmäßig ein. Eine Wiedervorstellung erfolgte zunächst nicht. Am 20.11.2000 suchte der Kläger den Beklagten zu 1) wegen einer asthmatischen Bronchitis auf. Eine Behandlung im Zusammenhang mit dem am 24.09.2000 geäußerten Verdacht einer Erythema migrans wurde nicht durchgeführt. Nach einer weiteren Vorstellung am 05.01.2001 begab sich der Kläger am 31.01.2001 wiederum in die ärztliche Behandlung des Beklagten zu 1). An diesem Tag diagnostizierte der Beklagte zu 1) bei dem Kläger eine Thoraxprellung mit Verdacht auf geschlossenem Rippenbruch und nebenbefundlich eine Bronchitis mit leisem Atemgeräusch und Spastik. Bei seiner nächsten Wiedervorstellung bei den Beklagten am 21.02.2001 klagte der Kläger über einen seit dem Zeckenbiss immer wieder auftretenden Drehschwindel mit Umfalltendenz. Der Beklagte zu 1) führte bei dem Kläger einen Bluttest durch, der einen schwach positiven Borrelien-AK IgM ergab. Weiter überwies der Beklagte zu 1) den Kläger zur Abklärung des Drehschwindels mit Umfalltendenz an einen HNO-Arzt. In der Folgezeit stellte der Kläger sich mehrmals bei den Beklagten zu 1) und 2) sowie anderen Ärzten vor, um die Ursache der von ihm geklagten Beschwerden - insbesondere des Drehschwindels mit Umfalltendenz, Verschwommensehen, Hypertonie und Kopfschmerzen - abklären zu lassen. Mehrfach wurden bei dem Kläger Blutuntersuchungen durchgeführt, um einen Verdacht auf eine Borrelieninfektion abzuklären. Hinsichtlich der Untersuchungen der einzelnen Ärzte und der Ergebnisse der Borrelienserologien wird auf die zur Akte gereichten Behandlungsunterlagen und auf die zusammenfassende Darstellung im schriftlichen Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. Högemann vom 18.11.2004 verwiesen.
Der Kläger wirft den Beklagten Behandlungsfehler vor. Dazu behauptet der Kläger, nachdem der Beklagte zu 1) bei ihm anlässlich der Untersuchung vom 24.09.2000 einen Zeckenbiss festgestellt und einen Borrelieoseverdacht geäußert habe, hätte der Beklagte zu 1) eine Blutuntersuchung durchführen müssen. Dies sei jedoch behandlungsfehlerhaft unterlassen worden. Die von dem Beklagten zu 1) gewählte Therapie mit dem Antibiotikum Doxycyclin 200 mg für die Dauer von 10 Tagen sei ebenfalls behandlungsfehlerhaft gewesen, da die Therapiedauer zu kurz gewesen sei. In der Regel werde eine Einnahmedauer des Medikaments Doxycyclin bei dem bei ihm vorliegenden Krankheitsbild von mindestens 3 Wochen empfohlen, um die Borrelioseerkrankung wirksam bekämpfen zu können. Des Weiteren hätte der Beklagte zu 1) nach dem Ende der 10-tägigen Behandlung mit dem Antibiotikum Doxycyclin bei ihm eine Blutuntersuchung durchführen müssen, um feststellen zu können, ob durch das Medikament Doxycyclin seine Borrelioseerkrankung wirksam bekämpft worden sei. Die weitere Blutuntersuchung sei in diesem Fall auch deshalb notwendig gewesen, weil das von dem Beklagten zu 1) verordnete Medikament Doxycyclin lediglich für die Dauer von 10 Tagen verabreicht worden sei. Die bei ihm nach dem 24.09.2000 aufgetretenen Erkrankungen und Beschwerden - u. a. ein Drehschwindel mit Umfalltendenz - seien auf den von dem Beklagten zu 1) nicht ausreichend behandelten Zeckenbiss zurückzuführen. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass ein von ihm erlittener Fieberanfall im Oktober 2000 unmittelbar nach dem Zeckenbiss und der Beendigung der Antibiose aufgetreten sei. Auch seine späteren Beschwerden hätten zeitlich genau in das Bild der verschiedenen Krankheitsstadien nach einem Zeckenbiss gepasst. Auf Grund der bei ihm nach dem 24.09.2000 eingetretenen Beschwerden und Erkrankungen, deren Symptome sich im Verlauf der Zeit immer mehr verschlechtert hätten sowie der Ergebnisse der im Rahmen seiner Erkrankung durchgeführten Blutuntersuchungen hätte es sich für den Beklagten zu 1) aufdrängen müssen, dass er - der Kläger - an einer Borrelioseerkrankung leide. Der Beklagte zu 1) hätte sodann weitere Untersuchungen bei ihm durchführen oder ihn an einen Spezialisten überweisen müssen. Dies sei behandlungsfehlerhaft jedoch nicht erfolgt. Auch heute noch leide er unter schweren Symptomen einer fortgeschrittenen Borreliose, insbesondere unter Schwindelgefühlen, Konzentrationsbeschwerden, Augenzucken, steifem Nacken, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Taubheitsgefühlen im Gesicht rechts, Lichtscheuheit, Ohrensausen und Sprachstörungen. Diese Erkrankungen und Beschwerden seien ursächlich auf die oben dargestellten Behandlungsfehler des Beklagten zu 1) und der ihn ebenfalls behandelnden Beklagten zu 2) zurückzuführen. Für die Zukunft könne nicht ausgeschlossen werden, dass er aufgrund seiner Erkrankung dauerhaft in seiner Erwerbsfähigkeit eingeschränkt sei. Weiterhin wirft der Kläger dem Beklagten zu 1) anlässlich der Behandlung vom 24.09.2000 einen Aufklärungsfehler vor. Dazu behauptet der Kläger, dass der Beklagte zu 1) ihn bei dieser Behandlung lediglich auf die Gefahr von Langzeitschäden bei einem Abbruch der verordneten Antibiotikatherapie hingewiesen habe. Es sei jedoch eine Aufklärung dahingehend unterblieben, dass auch bei einer bis zum Ende durchgeführten Antibiose die Infektion noch nicht vollständig beseitigt sein könne. Es sei auch eine Aufklärung über spätere Symptome, bei deren Auftreten er sofort wieder einen Arzt hätte aufsuchen müssen, unterlassen worden. Wegen seiner auf die Behandlungs- und Aufklärungsfehler zurückzuführenden Leiden, Erkrankungen und Beschwerden und der damit verbundenen entgangenen Lebensfreude halte er ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 € für angemessen und erforderlich.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch in Höhe von 15.000,00 €, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm jeden weiteren zukünftig aus diesem Rechtsstreit zu Grunde liegenden Vorfall entstehenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.
Die Beklagten beantragten,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 1) habe bei dem Kläger nach der Untersuchung am 24.09.2000 eine dem damaligen gültigen ärztlichen Standard entsprechende Behandlung mit dem Medikament Doxycyclin über 10 Tage durchgeführt, da die deutsche Gesellschaft für Neurologie bei einem Borrelioseverdacht eine 7 - 10-tägige Behandlung mit Doxycyclin 200 mg empfehle. An diese Empfehlung habe sich der Beklagte zu 1) gehalten. Dem Beklagten zu 1) könne nicht vorgeworfen werden, dass er keine Kontrolluntersuchung des Titers nach der 10-tägigen Behandlung im September 2000 angeordnet habe. Eine Abnahme des Borreliose-Titers zu einem solch frühen Zeitpunkt sei nämlich nicht sinnvoll und dementsprechend medizinisch nicht indiziert gewesen, da bei einer bestehenden Borreliose-Infektion der Titer durchaus negativ sein könne. Umgekehrt könne ein positiver Titer vorliegen, ohne dass eine behandlungsbedürftige Borreliose bestehe. Insgesamt habe daher ohne klinische Anzeichen für eine Erkrankung nicht die Notwendigkeit bestanden, bei dem Kläger eine Blutuntersuchung durchzuführen. Auf die vom Kläger nach dem 24.09.2000 ihm gegenüber geäußerten Beschwerden habe der Beklagte zu 1) ordnungsgemäß reagiert. So habe der Beklagte zu 1) den Kläger, nachdem dieser über einen Drehschwindel mit Umfalltendenz geklagt habe, nach einer groben neurologischen Untersuchung an einen HNO-Arzt überwiesen. Darüber hinaus habe der Beklagte zu 1) dem Kläger Blut entnommen, um den IgG- und IgM- Antititer überprüfen zu lassen. Die Laboruntersuchung habe zwar den Verdacht auf eine frische Borrelieninfektion ergeben. Bei einer Nachkontrolle ein halbes Jahr später sei jedoch festgestellt worden, dass keine wesentlichen Änderungen zum Vorbefund vom 22.02.2001 bestanden hätten. Es habe mithin kein Anhalt für eine zurückliegende Borrelieninfektion vorgelegen. Im Krankenhaus ......... sei sodann bei dem Kläger eine Liquoruntersuchung durchgeführt und ausgeschlossen worden, dass bei ihm eine Neuroborreliose vorliege. Diese Untersuchung sei auch ordnungsgemäß durchgeführt worden. Bei dem vom Kläger angegebenen Symptomen Schwindel, Konzentrationsbeschwerden, Augenzucken, Taubheitsgefühl im Gesicht rechts, Lichtscheue, phasenweises Ohrensausen und an machen Tagen Sprachstörungen handele es sich vielmehr um Symptome, die eindeutig nicht borreliosetypisch seien. Die Angaben über einen steifen Nacken, Müdigkeit und Abgeschlagenheit seien zu unspezifisch, als dass diese als Diagnosesicherung für eine Borreliose verwertet werden könnten. Auch der positive Nachweis auf borrelienspezifische Antikörper allein weise keine aktive Infektion mit Borrelia burgdorferie nach. Einerseits könnten Borrelien-Infektionen auch mit asymptomatischer Serokonversion vorkommen. Andererseits könnten auch über Jahre anhaltende erhöhte IgG- und IgM-Antikörper-Titer im Serum oder Liquor nach ausreichend behandelter Borreliose bei gesunden Menschen auftreten. Es müsse in diesem Zusammenhang ebenfalls an die Möglichkeit gedacht werden, dass der Kläger bereits zuvor unerkannt oder unbestätigt mit Borreliose infiziert worden sei. Es sei nämlich von den objektivierbaren Befunden her nicht auszuschließen, dass bereits zuvor eine Infektion bestanden habe, deren Spuren sich bis heute noch im Blut des Klägers fänden. Ebenso könne eine intrathekale Borrelia-burgdorferie-spezifische Antikörperproduktion viele Jahre oder Jahrzehnte persistieren. Umgekehrt könne in der frühen Phase einer Borrelien-Infektion - insbesondere bei frühzeitiger antibiotischer Behandlung - die Borrelien-Serologie negativ sein. Schließlich sei, gestützt auf die Angaben der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Neuroborreliose, zu berücksichtigen, dass falsch-positive Borrelienserologien bei Epstein-Barr-Infektionen, Zytomegalie-Viruserkrankungen, Lues und Hepatitis vorkommen könnten. Hinsichtlich des von dem Kläger erhobenen Vorwurfs einer Aufklärungspflichtverletzung behaupten die Beklagten, bei der Behandlung am 24.09.2000 sei der Kläger durch den Beklagten zu 1) über die Gefährlichkeit eines möglichen Zeckenbisses aufgeklärt und auf die Gefahr von Langzeitschäden hingewiesen worden. Durch diesen Hinweis habe die Bereitschaft, die verordnete Antibiose wie vorgeschrieben bis zum Schluss durchzuführen, gesteigert werden sollen. Der Kläger sei darüber hinaus auch darauf aufmerksam gemacht worden, dass er sich im Fall von Komplikationen sofort wieder vorstellen solle.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Gemäß Artikel 229 §§ 5, 8 EGBGB findet auf den Rechtsstreit das vor dem 01.01.2002 geltende Recht Anwendung.
II.
Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld und auf die begehrten Feststellungen. Solche Ansprüche ergeben sich weder aus §§ 823, 840, 847 BGB noch - soweit es die Geltendmachung von materiellen Schadensersatzansprüchen anbelangt - aus einer positiven Vertragsverletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Behandlungsvertrages.
1. Der Kläger hat nicht beweisen können, dass den Beklagten bei seiner Behandlung ab dem 24.09.2000 ein Fehler unterlaufen ist. Ein solcher Fehler ergibt sich nicht aus den schriftlichen Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. ...... vom 18.11.2004, 03.02.2005 und 29.08.2005 in Verbindung mit seinen Erläuterungen in den mündlichen Verhandlungen vom 25.05.2005 und 09.11.2005.
Der Sachverständige hat zunächst zum klinischen Verlauf und zur wissenschaftlichen Datenlage einer Borreliose ausgeführt, dass diese durch verschiedene Spezies des Genus Borrelia verursacht werde, die zum sogenannten Komplex Borrelia burgdorferie sensu lato gehörten. Sie sei die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung in Europa. Je nach Endemiegebiet seien 5 - 35 % der Zecken mit Borrelien befallen. In Deutschland sei nach bisherigen Erkenntnissen nach einem Zeckenstich bei 3 - 6 % der Betroffenen mit einer Infektion im Sinne einer Serokonversion und bei 0,3 - 1,4 % mit einer manifesten Erkrankung zu rechnen. Der Stich einer borrelienhaltigen Zecke führe bei 20 - 30 % zu einer Serokonversion. Die Infektion könne von März bis Oktober eines Jahres erfolgen. Die frühe Borrelieninfektion manifestiere sich bei 40 - 60 % der Patienten als Erythema migrans, welches auch als Stadium I der Erkrankung bezeichnet werde. Im Stadium I der Erkrankung entstehe Tage bis Wochen nach einem Zeckenstich an der Einstichstelle eine scharf begrenzte schmerzlose, sich zentrifugal ausbreitende Rötung (Erythem), die im Zentrum oft eine Aufhellung aufweise. Dieses Stadium könne von unspezifischen Allgemeinerscheinungen wie Fieber, Augenbindehautentzündung, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Lymphknotenschwellungen begleitet sein. Tage bis Wochen nach der Erstmanifestation könne eine disseminierte Infektion folgen, die als Stadium II der Borreliose überwiegend das Nervensystem, die Gelenke und das Herz betreffe. Leitsymptom sei die Meningopolyneuritis Garin-Bujadoux-Bannwarth. Wochen bis Monate nach dem Zeckenstich träten brennende segmental zugeordnete Schmerzen auf, die häufig in lokaler Beziehung zur Stichstelle stünden, nachts verstärkt seien und nur wenig auf Schmerzmittel ansprächen. In 75 % der Fälle entwickelten sich nach einer bis vier Wochen neurologische Ausfälle, meist als asymmetrische und unsystematisch verteilte schlaffe Lähmungen. In 60 % der Fälle träten zusätzlich sensible Ausfälle auf. Die neurologischen Ausfälle beträfen zu 60 % Hirnnerven und hier insbesondere ein- oder beidseitige Fazialisparesen. Selten würden aufsteigende Lähmungen beschrieben, die sich auf eine Antibiotikagabe rasch besserten. Meningitische und enzephalitische Verläufe seien bei Erwachsenen selten und die wenig spezifischen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Fieber und Nackensteifigkeit ließen sich durch die Liquorbefunde bestätigen. Ebenfalls selten sei eine Herzbeteiligung im Sinne einer Myo-, Peri- oder Pankarditis. Eine seltene Hautbeteiligung sei die Lymphadenosis cutis benigna Bäfverstedt, ein rötlich livider Tumor, welcher bevorzugt am Ohrläppchen, Brustwarzen und am Hodensack auftrete. Im Stadium III der Borreliose-Erkrankung komme es Monate bis Jahre nach der Infektion zur Lyme-Arthritis mit schubweise oder chronisch verlaufenden Entzündungen eines oder mehrerer Gelenke. Am häufigsten seien die Kniegelenke betroffen, dann die Sprung-, Ellenbogen-, Finger-, Zehen- und Handwurzelgelenke sowie Kiefergelenke. Eine weitere Manifestation des Stadiums III sei die Acrodermatitis chronica atrophicans Herxheimer mit zunächst infiltrativem Stadium, welches später zur Hautatrophie mit livide verfärbter und zigarettenpapierdünner Haut führe und besonders an den Akren und Streckseiten von Armen und Beinen auftrete. Begleitend könne es zu Polyneuritiden kommen mit Parästhesien als Leitsymptom. Eine sehr seltene Spätmanifestation sei die chronische Enzephalomyelitis mit Para- und Tetraparesen, spastisch-ataktischem Gang oder Blasenstörungen, Krampfanfällen, Aphasie und Dysarthrie, Koordinationsstörungen, choreatische, athetotische, hypokinetische oder dystone Bewegungsstörungen. Eine Borrelien-induzierte Vaskulitis könne sich durch Infarkte vor allem im Hirnstamm und Thalamus bemerkbar machen. Ebenfalls könne eine Myositis auftreten.
Zur Diagnostik einer Lyme-Borreliose legte der Sachverständige dar, dass diese primär eine klinische Verdachtsdiagnose sei, welche durch die Anamnese und die Labordiagnostik gestützt werde. In der Labordiagnostik stehe der Nachweis spezifischer Antikörper im Serum und im Liquor an erster Stelle. Bei der Serodiagnostik solle nach dem Prinzip der Stufendiagnostik verfahren werden. Die 1. Stufe sei der ELISA oder Immunfluoreszenztest. Falls dieser Test positiv sei, folge als Test der 2. Stufe der Immunblot. Beim Immunblot als Bestätigungstest seien besondere Anforderungen an die Qualität zu stellen. Zu einer Diagnostik einer Neuroborreliose sei der Nachweis intrathekal gebildeter Antikörper in Liquor-/Serumpaaren vom selben Tag erforderlich. Die Bestimmung des Liquor-Serum-Index ermögliche den Nachweis der intrathekalen Antikörperbildung. Grundsätzlich gelte, dass ein positiver Antikörperbefund ausschließlich im Zusammenhang mit entsprechenden klinischen Befunden für eine Lyme-Borreliose spreche. Die Kultivierung von Borrelien aus Patientenmaterial sei ätiologisch beweisend. Es handele sich jedoch um ein zeit- und arbeitsaufwendiges Verfahren, das nur in wenigen Speziallabors durchgeführt werde. Häufig ließen sich die Erreger erst nach mehrwöchiger Bebrütung und mehrfacher Blindpassage nachweisen. Für die Anzucht von Untersuchungsmaterialien seien Liquor und Biopsiematerial geeignet. Die besten Ergebnisse würden erzielt, wenn das Untersuchungsmaterial sofort nach der Entnahme in das Medium verimpft werde. Die Sensitivität der Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) entspreche etwa der Kultur. Eine wichtige Spezialindikation für die PCR sei die Untersuchung von Gelenkpunktaten. Hier sei die PCR der Kultur überlegen. Die angeführten mikrobiologischen Untersuchungen könnten eine umfangreiche klinische Differentialdiagnostik jedoch nicht ersetzen. So schließe eine negative Serologie - besonders im Frühstadium - eine Lyme-Borreliose nicht aus. Das Erythema migrans sei sogar in 50 % der Fälle seronegativ. Andererseits könnten hohe IgG-Antikörper-Titer nach einer früheren - möglicherweise klinisch inapparenten - Infektion über Jahre persistieren. Außerdem bestehe die Möglichkeit des Auftretens falsch-positiver Reaktionen auch bei anderen Krankheiten wie z. B. Autoimmunerkrankungen, bakteriell bedingten Erkrankungen wie Syphilis und viral bedingten Krankheiten wie Epstein-Barr- und anderen Herpes-Virus-Infektionen. Da die serologischen Verfahren vorläufig nicht standardisiert seien, müsse mit diskrepanten Befunden verschiedener Untersucher gerechnet werden. Früher durchgemachte Infektionen oder erhöhte Antikörper-Titer im Serum stellten in der Regel keinen Schutz gegen eine erneute Infektion dar.
Hinsichtlich der Therapie einer Lyme-Borreliose gebe es derzeit kein durch randomisierte kontrollierte Studien gesichertes und allgemein akzeptiertes Therapierregime. Mittel der Wahl für die Behandlung der Borreliose im Stadium I seien Tetracycline, z. B . Doxycyclin oder Amoxicillin. Auch die Wirksamkeit von Penicillin G sei bereits Anfang der 80er Jahre belegt worden. Bei Penicillinallergien oder Tetracyclinunverträglichkeit werde die Gabe von Erythromycin empfohlen. Die Behandlung des Stadium I der Borreliose mit Doxycyclin werde in der Regel mit 200 mg täglich empfohlen. Für die Therapiedauer lägen variierende Angaben zwischen 7 und 21 Tagen vor. Einen Konsens über die initiale Therapiedauer gebe es nicht. Jedoch belege eine neuere randomisierte plazebokontrollierte Studie aus dem Jahr 2003, dass die Wirksamkeit einer 10-tätigen Doxycyclintherapie mit der einer 20-tägigen Behandlungsphase ebenso wie die Kombination mit einer 1 x Dosis Ceftriaxon iv. vergleichbar sei bei weniger Nebenwirkungen. Für eine persistierende Symptomatik bei einigen Patienten nach Antibiotikatherapie einer Lyme-Borreliose könnten vielmehr immunologische Mechanismen verantwortlich sein, die auf eine Antibiotikabehandlung nicht ansprächen. Zur Behandlung einer Neuroborreliose würden üblicherweise Ceftriaxon uund Cefotaxim empfohlen, die gleich wirksam seien. Angesichts der ausreichenden Liquorgängigkeit des Ceftriaxons und der langen Serum-Halbwertzeit, die eine intravenöse Einmalgabe ermögliche, werde diese Substanz derzeit am häufigsten zur Behandlung der Neuroborreliose eingesetzt. Zu der notwendigen Therapiedauer mit Ceftriaxon oder Cefotaxim gebe es derzeit keine kontrollierten Studien. Anhaltspunkte ergäben, dass eine 10-tätige Behandlung in manchen Fällen zu kurz sein könnte. Bei der akuten Neuroborreliose werde meist eine Therapiedauer von 2 Wochen, bei der chronischen Neuroborreliose von 3 Wochen empfohlen. Allerdings gebe es keine Studie, die zeige, dass bei der Neuroborreliose eine Therapiedauer von mehr als 2 Wochen bessere Ergebnisse bringe. Es gebe auch immer wieder Berichte über eine Therapiedauer von vielen Wochen, sogar Monaten bis Jahren, obwohl vereinzelt schwere Nebenwirkungen wie pseudomembranöse Kolitis bis hin zu Todesfällen bekannt seien. Mehrere Studien hätten ebenfalls die Wirksamkeit von Doxycyclin bei der Behandlung der akuten Neuroborreliose belegt. Dabei seien tägliche Dosierungen von 200 - 400 mg oral über 7 - 28 Tage eingesetzt worden. Kontrollierte Untersuchungen zur optimalen Dosierung und Therapiedauer des Doxycyclins lägen nicht vor. Sofern der Patient auch nach 6 Monaten nicht beschwerdefrei sei, sei eine Kontrolle des Liquor zu empfehlen. Finde sich noch eine erhöhte Zellzahl im Liquor, sei ein erneuter Antibiotikatherapiezyklus anzuraten. Oligoklonale IgG-Banden im Liquor und eine intrathekale Borrelien-spezifische Antikörperproduktion könnten viele Monate bis Jahre nach der Antibiotikatherapie nachweisbar sein und gälten nicht als Nachweis für eine aktive, behandlungsbedürftige Erkrankung. Der Nachweis von unverändert erhöhten Serum-IgG-Antikörpertitern nach Antibiotikatherapie belege nicht eine persistierende Infektion. Der Therapieerfolg sollte daher nach der Besserung der neurologischen Symptome und der Normalisierung der Liquorpleozytose beurteilt werden.
Unter Zugrundelegung der obigen allgemeinen Ausführungen zur Diagnose und Therapie einer Lyme-Borreliose hat der Sachverständige sodann ausgeführt, dass anlässlich der Untersuchung am 24.09.2000 durch den Beklagten zu 1) eine Blutentnahme zur Bestätigung des Borrelioseverdachtes nicht zwingend notwendig gewesen sei, da die Borreliose im Wesentlichen durch typische klinische Symptome diagnostiziert und bei Unsicherheiten durch Labortestungen bestätigt werden könne. Bei dem Kläger hätten pathognomonische Befunde für das Vorliegen einer Borreliose im Stadium I im Sinne eines Erythema migrans der rechten Thoraxhälfte vorgelegen. Eine Labordiagnostik hätte in diesem Fall keine zusätzlichen Erkenntnisse geliefert, da insbesondere im Frühstadium der Erkrankung die Borrelienserologie in 50 % der Fälle negativ sei. Allein die klinisch gestellte Diagnose eines Borrelienverdachtes rechtfertige bereits die anschließende Behandlung ohne labordiagnostische Ergänzung.
Hinsichtlich der Dosierung und Dauer der Behandlung einer Borreliose habe der Beklagte zu 1) sich sowohl hinsichtlich der Auswahl des Antibiotikums als auch in der Dosierung und Therapiedauer an die zum Zeitpunkt der Behandlung gängigen Empfehlungen gehalten. Zur Dosierung und Dauer der Behandlung einer Borreliose im Stadium I mit Doxycyclin gebe es - wie oben bereits ausgeführt - derzeit keine einheitlichen Therapiestandards; die Empfehlungen verschiedener medizinischer Gesellschaften und Autoren schwankten in der Therapiedauer zwischen 7 und 21 Tagen und bevorzugten meist eine Dosis von 200 mg täglich, selten bis 400 mg täglich. Da der Beklagte zu 1) dem Kläger eine 10-tägige Antibiotikatherapie mit dem Medikament Doxycyclin 200 mg verordnet habe, liege auch insofern kein Behandlungsfehler vor.
Des Weiteren sei eine Blutentnahme nach Beendigung der 10-tägigen Antibiotikabehandlung zur Kontrolle des Therapieerfolges medizinisch ebenfalls nicht indiziert gewesen. Der Therapieerfolg einer Antibiose lasse sich bei einer Borreliose durch eine Labordiagnostik inklusive Borrelienserologie nicht kontrollieren. Wie bereits in den allgemeinen Ausführungen dargestellt, sei die Borrelienserologie im Stadium I häufig negativ. Positiv Borrelien-IgM-Antikörper bestätigten lediglich die Diagnose, sofern klinische Zweifel an ihr bestehen würden, sie sagten aber nichts über den Therapieerfolg aus, da eine Serokonversion auch nach erfolgreicher Behandlung einer Borreliose erst nach Wochen bis Monaten eintrete und Antikörper auch nach erfolgreicher Therapie Monate bis Jahre im Blut nachweisbar bleiben könnten. Aus diesem Grund wäre eine Blutentnahme ohne therapeutsiche Konsequenzen geblieben und sei damit verzichtbar gewesen.
Hinsichtlich der Behandlung des Klägers nach dem 24.09.2000 hat der Sachverständige festgestellt, dass der Beklagte adäquat auf die von dem Kläger geäußerten Schmerzen und Beschwerden reagiert habe und diese in einer Zusammenschau der bei dem Kläger durchgeführten eingehenden Differenzialdiagnosen und erhobenen Untersuchungsbefunde mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf eine Borreliose zurückzuführen seien. Insofern legt der Sachverständige dar, dass der Kläger bei seiner Vorstellung bei dem Beklagten zu 1) am 31.01.2001 erstmals über Schwindel mit Umfalltendenz, die kurz nach dem Zeckenstich im September 2000 aufgetreten sei, berichtet habe. Die angegebene Symptomatik könne tatsächlich Ausdruck einer akuten Borreliose sein und trete wenige Wochen bis einige Monate nach der Infektion auf. Insofern passe das Beschwerdebild ungefähr in den zeitlichen Verlauf der Borreliose. Folgerichtig habe daraufhin der Beklagte zu 1) eine orientierende neurologische Untersuchung durchgeführt, die unauffällig gewesen sei und habe eine Borrelienserologie abgenommen, die schwach positive IgM-Antikörper ergeben habe. Außerdem habe der Beklagte zu 1) eine Überweisung zum HNO-Arzt ausgestellt zur Klärung einer möglichen Störung des Gleichgewichtsorgans, welche bei einer Hirnnervenbeteiligung im Rahmen einer Borreliose vorliegen könne. In der HNO-ärztlichen Untersuchung habe aber dann kein Anhalt für einen zentralen Schwindel bestanden. Es sei vielmehr eine durch die zuvor diagnostizierte Hypertonie bedingte unsystematische Schwindelform vermutet worden, welche der Beklagte zu 1) sodann mit Antihypertensiva behandelt habe. Erwähnenswert sei, dass der Beklagte zu 1) zu dem Zeitpunkt über keinerlei anderen Beschwerden wie Muskel-, Gelenk- oder Rückschmerzen oder weitere neurologische Ausfälle geklagt habe, die für eine Borreliose typisch seien. Als weitere Erkrankung habe bei dem Kläger ein Asthma bronchiale bestanden, woraufhin der Beklagte zu 1) regelmäßig Bronchospasmolytika verordnet habe. Auch diese Substanzen könnten über eine Pulsbeschleunigung neben dem bereits erwähnten Hypertonus ein Schwindelereignis auslösen, der gleichfalls therapiert worden sei. Obwohl zwischenzeitlich Konsultationen stattfanden, habe der Kläger ausweislich der Behandlungsunterlagen erst am 07.08.2001 erneut über gelegentliche Schwindel und Kopfschmerzen bei Luftnot geklagt, die mit dem symptomatischen Asthma bronchiale ausreichend erklärbar gewesen sei. Der Beklagte zu 1) habe daraufhin eine Anpassung der antiobstruktiven Therapie vorgenommen. Kurze Zeit später habe der Kläger erneut über Schwindel und zusätzlich über Konzentrationsstörungen und Sehstörungen im Sinne von Verschwommensehen berichtet. Auch diese Sehstörungen könnten zum Beschwerdebild einer Borreliose passen, sofern es sich um eine Lähmung der Hirnnerven, welche die Augenmuskeln innervieren würden, handele. Eine Überweisung zum Augenarzt sei durch den Beklagten zu 1) ausgestellt worden; der Augenarzt habe jedoch einen Normalbefund erhoben. Somit habe auch für diese Symptomatik kein eindeutiger Zusammenhang zur Borreliose hergestellt werden können. Das Symptom Verschwommensehen sei keinesfalls pathognomonisch für die Borreliose oder für Hirnnervenausfälle. Es könne beispielsweise neben einer hypertensiven Krise bei der bekannten arteriellen Hypertonie Ausdruck einer Hypoglykämie sein und in diesem Zusammenhang auch mit Schwindel und Konzentrationsstörungen auftreten, wobei eine vorübergehende, eher kurz anhaltende Symptomatik typisch sei. In der Dokumentation hinsichtlich des stationären Aufenthaltes des Klägers im ....... im April 2002 finde sich ein erhöhter Blutglukosewert nach dem Frühstück von 222 mg/dl, was formal einem Diabetes mellitus entspreche. Vor der Manifestation eines Diabetes mellitus könnten auch Hypoglykämien auftreten. In den weiteren Gelegenheitskontrollen seien zwar normale Blutglukosewerte dokumentiert; diese schlössen jedoch eine pathologische Glukosetoleranz nicht aus. Der Beklagte zu 1) habe trotz der Normalbefunde des Augenarztes differentialdiagnostisch die Borrelienserologie kontrolliert, welche unverändert zum Vorbefund ein halbes Jahr zuvor gewesen sei und somit am ehesten einer unspezifischen IgM-Reaktion und keiner akuten Erkrankung zuzuordnen sei. Zur ergänzenden Beurteilung sei der Patient einem Augenarzt und einem Neurologen vorgestellt worden. Auch hierbei hätten sich inklusive CCT keinerlei Hinweise auf eine neurologische Erkrankung ergeben. Auf die trotzdem fortbestehende Symptomatik hin habe der Beklagte zu 1) den Kläger am 16.10.2001 einem erneuten HNO-Konsil vorgestellt, welches wiederum einen zentralen Schwindel ausgeschlossen und stattdessen einen phobisch situativen Schwindel bescheinigt habe. Darüber hinaus habe der Beklagte zu 1) eine Überweisung zum Orthopäden veranlasst. Dieser habe ein HWS- Syndrom, durch welches eine Schwindelsymptomatik ebenfalls erklärbar sei, diagnostiziert. Als Therapie sei eine krankengymnastische Behandlung verordnet worden. Zur weiteren Differentialdiagnostik sei auch ein Belastungs-EKG mit unauffälligem Ergebnis durchgeführt und später ein 24-Stunden-Urin zum Ausschluss eines Phäochromozytoms gesammelt worden. Der 24-Stunden-Urin habe ebenfalls einen Normalbefund ergeben. Nachdem der Kläger am 11.04.2002 zusätzlich über Kopfschmerzen und ein Ohrgeräusch in Ruhe geklagt habe, habe der Beklagte zu 1) ihn zum Ausschluss einer Neuroborreliose ins .................. eingewiesen. Dort sei eine Neuroborreliose ausgeschlossen worden. Auch Kopfschmerzen könnten Anzeichen einer bei Erwachsenen seltenen meningitischen Verlaufsform sein, die jedoch in der Regel Wochen bis Monate nach der Infektion auftrete und nicht erst rund 1 1/2 Jahre danach. Sie lasse sich außerdem mit hoher Wahrscheinlichkeit im Liquor bestätigen, der eine erhöhte Zellzahl aufweise und in der Regel Borrelienantikörper enthalte. Der bei dem Kläger entnommene Liquor habe jedoch eine normale Zellzahl und keine nachweisbaren Borrelienantikörper ausgewiesen. Somit seien die Beschwerden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf eine Neuroborreliose zurückzuführen. Ein Ohrgeräusch sei auch nicht typisch für eine Borreliose, sondern sei ein häufig geklagtes Symptom bei Hypertonikern. Kopfschmerzen seien ebenfalls weit verbreitet und würden wie Schwindelattacken häufig durch ein HWS-Syndrom oder durch einen Bluthochdruck verursacht. Weitere als die aufgeführten Symptome seien laut Praxisdokumentation des Beklagten zu 1) seitens des Klägers nicht angegeben worden. Die von dem Kläger behaupteten Beschwerden könnten in Kombination mit anderen pathologischen Anzeichen wie nachvollziehbaren neurologischen Ausfällen Ausdruck einer Borreliose sein. Sie seien ohne weitere Symptome jedoch nicht pathognomonisch für die Erkrankung und könnten vielfältige Ursachen haben, für die bei dem Kläger in der ausführlichen differentialdiagnostischen Abklärung einige Befunde vorgelegen hätten, während die Liquordiagnostik hinsichtlich des Borrelioseverdachtes unauffällig gewesen sei. Daher spreche die Aktenlage eher gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Beschwerden und Zeckenstich. Dem Beklagten zu 1) als behandelndem Arzt sei demnach eine unzureichende Behandlung des Klägers nicht vorzuwerfen, da die von ihm geklagten Beschwerden, die in der Bevölkerung häufig vorkämen, kein hinreichender Anhalt für eine Borreliose gewesen seien und darüber hinaus im .............. diese ausgeschlossen worden sei. Für die von anderen Ärzten oder dem Beklagten zu 1) erhobenen Befunde habe sich keine Indikation für eine weitere Diagnostik oder weitere fachärztliche Überweisungen ergeben, da die angegebenen Beschwerden des Klägers durch die Untersuchungsbefunde hinreichend erklärt worden seien. Auch die von dem Kläger behaupteten Symptome wie Schwindel, Konzentrationsstörungen, Augenzucken oder Nackensteifigkeit seien nicht auf einen Behandlungsfehler des Beklagten zu 1) zurückzuführen. Es hätten, wie oben bereits dargelegt, keine konkreten Hinweise auf das Vorliegen einer Neuroborreliose vorgelegen. Vielmehr seien die fachärztlichen Überweisungen inklusive stationärer neurologischer Diagnostik zeitgerecht erfolgt. Insgesamt sei dem Beklagten zu 1) kein Behandlungsfehler vorzuwerfen; er habe vielmehr im Gegenteil eine umfassende differentialdiagnostische Klärung und Therapie eingeleitet.
Das Gericht folgt den gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. .................... vollem Umfang und macht diese zur Grundlage seiner Entscheidung. Der Sachverständige hat den Sachvortrag und die zur Akte gereichten Behandlungsunterlagen vollständig zur Kenntnis genommen, die dokumentierten Befunde umfassend ausgewertet und auf Grund dieser Daten die Beweisfragen erschöpfend beantwortet. Dabei hat der Sachverständige auch die zu einer Borrelioseerkrankung erschienene Literatur umfassend ausgewertet und zu den in der Literatur vertretenen Positionen umfangreich Stellung genommen. Dies zeigt, dass der Sachverständige nicht lediglich seine eigene Meinung, sondern ein breites Spektrum wissenschaftlicher Literatur in sein Gutachten hat einfließen lassen. Dabei hat sich der Sachverständige auch intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, ob im September 2000 in der Praxis eines Allgemeinmediziners bei einem Verdacht auf eine Borreliose eine 10-tägige Behandlung mit dem Medikament Doxycyclin 200 mg ausreichend gewesen ist. In diesem Zusammenhang konnte der Sachverständige überzeugend darstellen, dass zum damaligen Zeitpunkt und auch heute noch keine einheitlichen Therapiestandards bestehen und demgemäss die Empfehlungen zur Dauer der Therapie zwischen 7 Tagen und mehreren Wochen schwanken. Im Einzelnen hat der Sachverständige dazu ausgeführt, es gebe in Deutschland die Tendenz, bei einem Borrelioseverdacht über eine Dauer von 2 bis 3 Wochen antibiotisch zu behandeln. Der Sachverständige konnte der Kammer jedoch nachvollziehbar erläutern, dass eine Therapiedauer mit dem Medikament Doxycyclin für die Dauer von 10 Tagen medizinisch vertretbar ist. Insofern hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 25.05.2005 eine Ausgabe der Zeitschrift "Der Arzneimittelbrief" (Seite 3200 ff.) überreicht, in der von einer randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudie berichtet wird. Danach sind 180 Patienten mit EM in 3 Gruppen randomisiert worden. Die erste Gruppe erhielt eine Dosis Ceftriaxon i.v. am ersten Tag, gefolgt von 2 x 100 mg Doxycyclin für 10 Tage. Die zweite Gruppe erhielt 2 x 100 mg Doxycyclin/D für 10 Tage und die dritte Gruppe 2 x 100 mg Doxycyclin/D für 20 Tage. Zwischen den Gruppen konnte zu keinem Zeitpunkt der Nachbeobachtung (nach 20 Tagen sowie nach 3, 12 und 30 Monaten) ein Unterschied im Therapieerfolg festgestellt werden. Es gab insgesamt nur einen Patienten, der nicht auf die Therapie ansprach. Dieser war aus der 10-Tage-Doxycyclin-Gruppe und entwickelte am 18. Tag eine Meningitis. In der Studie wird die Schlussfolgerung gezogen, dass im Stadium I der Lyme-Borreliose (EM) eine 10-tägige orale Behandlung mit 2 x 100 mg Doxycyclin/D oral ausreichend ist. Die von dem Kläger zur Akte gereichten Aufsätze und Berichte zur Diagnose und Therapie einer Borrelioseerkrankung bestätigen zunächst das von dem Sachverständigen gezeichnete Bild, dass es keine einheitlichen Therapiestandards in der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Dauer der Behandlung einer Borreliose gibt. Der Sachverständige hatte bereits in seinem Erstgutachten darauf hingewiesen, dass Auffassungen vertreten werden, wonach eine Therapiedauer von mehr als 10 Tagen zur Behandlung einer Borrelioseerkrankung für erforderlich gehalten wird. Insofern bestehen zwischen den Ausführungen des Sachverständigen und den von dem Kläger zur Akte gereichten Unterlagen keine Unterschiede. Aus den von dem Kläger zur Akte gereichten Unterlagen ergibt sich jedoch nicht, dass die von dem Sachverständigen vertretene Auffassung, eine 10-Tagesbehandlung mit Doxycyclin sei im Jahr 2000 medizinisch vertretbar gewesen, unzutreffend ist. So wird in der Dokumentation eines Fachgespräches zur Borreliose im Niedersächsischen Landtag eine Mindestbehandlungsdauer von 21 Tagen als sicher angesehen. Aus diesen Ausführungen folgt jedoch nicht, dass eine Antibiotikatherapie von 10 Tagen im Jahr 2000 nicht als vertretbarer medizinischer Standard anzusehen war. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Ergebnisse des Fachgespräches im Niedersächsischen Landtag im Jahr 2004 überzeugender sein sollen als die von dem gerichtlich bestellten Sachverständigen zitierte Studie. Der Dokumentation des Fachgespräches im Niedersächsischen Landtag kann nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, auf Grund welcher Datenlage die Dauer der Therapie mit Doxycyclin ermittelt worden ist. Auch der Auszug aus dem Buch "Antibiotika-Therapien Klinik und Praxis", 10. Auflage, 2000, kann die von dem Sachverständigen getroffenen Feststellungen nicht widerlegen. Dort ist ausgeführt, dass "am besten praktikabel" eine 21-Tage dauernde Behandlung mit Doxycyclin oral sei. Auch dadurch wird kein Therapiestandard begründet, da sich die Buchautoren durch die Verwendung der Begriffe "am besten praktikabel" auf eine bestimmte Therapiedauer nicht festlegen und für sich keinen Therapiestandard definieren. Auch dadurch wird vielmehr die Einschätzung des Sachverständigen bestätigt, dass ein Therapiestandard hinsichtlich der Dauer der Behandlung mit Borrelien nicht vorliegt. Insgesamt hat sich der Sachverständige mit sämtlichen von dem Kläger gegen seine im Gutachten getroffenen Feststellungen, insbesondere zur Therapiedauer, hinreichend auseinandergesetzt. Sowohl seine schriftlichen als auch mündlichen Ausführungen und Stellungnahmen zu den von dem Kläger zur Akte gereichten medizinischen Aufsätzen waren überzeugend, in sich schlüssig und frei von Widersprüchen. Dabei ist auch nachvollziehbar, dass der Sachverständige sich bei seiner Bewertung auf einen Ermessensspielraum berufen hat. Denn es lagen nach Überzeugung des Sachverständigen und der Kammer im Jahr 2000 gerade keine einheitlichen Therapiestandards für die Dauer der Behandlung einer Borrelioseerkrankung mit Antibiotika vor. In diesem Fall muss sich der Sachverständige unter Auswertung der ihm zur Verfügung stehenden Literatur und Studien entscheiden, welche Therapiedauer vertretbar ist. Diese Entscheidung hat der Sachverständige, wie oben ausgeführt, überzeugend getroffen. Aus diesem Grund war auch nicht die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 Abs. 1 ZPO erforderlich. Ein weiteres Gutachten gemäß § 412 ZPO kommt in Betracht, wenn entweder das erste Gutachten auf Grund von Unvollständigkeit, Widersprüchlichkeit oder fehlender Überzeugungskraft widersprüchlich ist, das erste Gutachten von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, der Sachverständige erkennbar oder erklärtermaßen nicht die notwendige Sachkunde hat, die Anschlusstatsachen sich durch einen neuen Sachvortrag geändert haben oder ein anderer Sachverständiger über überlegenere Forschungsmittel oder Erfahrungen verfügt (vgl. Zöller-Greger, § 412, Rn. 1). Diese Voraussetzungen liegen sämtlich nicht vor; vielmehr hat der Sachverständige - wie oben ausgeführt - sein Gutachten überzeugend erläutert. Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverständige von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen ist oder erkennbar bzw. erklärtermaßen nicht die notwendige Sachkunde hat, liegen nicht vor. Ebenfalls ist nicht ersichtlich, dass ein anderer Sachverständiger über überlegenere Forschungsmittel oder Erfahrung verfügt.
Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen sind den Beklagten bei der Behandlung des Klägers seit dem 24.09.2000 auch aus rechtlicher Sicht keine Behandlungsfehler vorzuwerfen. Als Behandlungsfehler in der konkreten Therapie kommen Behandlungsmaßnahmen oder Unterlassungen in Betracht, die gegen anerkannte und gesicherte medizinische Sollstandards verstoßen (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, Teil B, Rn. 75). Dabei ist der Arzt auch nicht stets auf den jeweils sichersten therapeutischen Weg festgelegt (vgl. Steffen/Dressler, Arzthaftungsrecht, Rn. 157 a). Ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. .............. hat der Beklagte zu 1) bei der Behandlung des Klägers, insbesondere bei der Frage der Dauer der Therapie, nicht gegen anerkannte und gesicherte medizinische Sollstandards verstoßen. Ein Verstoß hätte nur dann vorgelegen, wenn die in der Literatur im Jahr 2000 diskutierte Bandbreite einer Therapiedauer von 7 bis 21 Tagen von dem Beklagten zu 1) bei der Behandlung des Klägers unterschritten worden wäre. Dies ist angesichts der verordneten Therapiedauer von 10 Tagen jedoch nicht der Fall. Der Arzt ist auch nicht verpflichtet, Antibiotika für einen sehr langen Zeitraum einem Patienten zu verabreichen, um durch einen "Sicherheitszuschlag" jede - auch theoretische - Möglichkeit auszuschließen, dass Erreger im Körper überleben. Denn insofern ist zu berücksichtigen, dass die längerfristige Gabe von Antibiotika auch Nebenwirkungen mit sich bringt, so dass bei der Verordnung von Antibiotika die Dauer der Verabreichung nicht ausschließlich im Hinblick auf die Beseitigung des Erregers getroffen werden kann.
Darüber hinaus steht für das Gericht fest, dass den Beklagten bei der Behandlung des Klägers nach dem 24.09.2000 ebenfalls keine Fehler unterlaufen sind. Auch insoweit wird auf das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. ........... Bezug genommen. Herr Prof. Dr. .................. hat ausgeführt, dass die Beklagten auf die von dem Kläger geäußerten Beschwerden adäquat reagiert und eine umfassende Differentialdiagnostik eingeleitet haben. Den Beklagten kann auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie weder am 24.09.2000 noch nach Ende der Antibiotikatherapie mit Doxycyclin eine Blutuntersuchung bei dem Kläger durchgeführt haben, da diese nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht indiziert war.
Letztlich ist darauf zu verweisen, selbst wenn den Beklagten bei der Behandlung des Klägers Fehler unterlaufen sein sollten, hat der Kläger nicht nachweisen können, dass diese Fehler bei ihm zu einer Manifestation einer Borreliose und anschließend zu den von ihm geklagten Beschwerden geführt haben. Denn nach den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht nicht fest, dass die von dem Kläger vorgebrachten Beschwerden überhaupt auf einer Borreliose beruhen. Für die Ursächlichkeit zwischen einem Behandlungsfehler des Arztes und den behaupteten Schäden ist jedoch der Patient beweispflichtig (vgl. Geiß/Greiner, a.a.O., Rn. 200). Beweiserleichterungen, z. B. aufgrund eines groben Behandlungsfehlers oder eines Fehlers wegen Nichterhebens von Diagnose- und Kontrollbefunden, stehen dem Kläger nicht zur Seite.
2. Der Kläger kann seine Ansprüche gegen die Beklagten auch nicht auf eine etwaige Verletzung der Sicherungsaufklärung stützen. Denn der Kläger hat den ihm obliegenden Nachweis, dass der Beklagte zu 1) bei der ärztlichen Behandlung am 24.09.2000 diese Pflicht verletzt hat, nicht geführt. Der Kläger hat insofern behauptet, dass ihn der Beklagte zu 1) bei der Behandlung vom 24.09.2000 lediglich auf die Gefahr von Langzeitschäden bei Abbruch einer Antibiotikatherapie hingewiesen habe. Es sei jedoch eine Aufklärung dahingehend, dass auch bei einer bis zum Ende durchgeführten Antibiose die Infektion noch nicht vollständig bekämpft sein könnte, unterblieben. Weiterhin sei auch eine Aufklärung über spätere Symptome, bei deren Auftreten sofort wieder ein Arzt hätte aufgesucht werden müssen, unterlassen worden. Dieses haben die Beklagten in Abrede gestellt. Der Kläger hat für seine Behauptung keinen Beweis angeboten, so dass diesbezüglich eine Beweisaufnahme nicht durchzuführen war. In den Anhörungen der Parteien zu dieser Frage in der mündlichen Verhandlung vom 25.05.2005 haben diese ihren Vortrag beibehalten und vertieft. Das Gericht hatte aufgrund der Erklärungen der Parteien und der übrigen Umstände, die Gegenstand des Rechtsstreits geworden sind, keine Veranlassung, den Kläger gemäß § 448 ZPO als Partei zu dieser Frage zu vernehmen. Der Kläger trägt als Patient hinsichtlich des Nachweises einer fehlerhaften Sicherungsaufklärung auch die Beweislast, da diese notwendiger Bestandteil bei der ordnungsgemäßen Behandlung, jedoch als Nebenpflicht, einzustufen ist; ihre nichtgehörige Erfüllung stellt deshalb einen vom Patienten zu beweisenden Behandlungsfehler dar (Geiß/Greiner, a.a.O., Rn. 98). Im übrigen hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung, bezugnehmend auf die Anhörung des Beklagten zu 1) hinsichtlich einer Sicherungsaufklärung festgestellt, dass die von dem Beklagten zu 1) vorgetragene Aufklärung ausreichend gewesen ist.
Nach alledem hat der Kläger gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld sowie auf Feststellung der begehrten Ansprüche.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.