Landgericht Osnabrück
Urt. v. 15.04.2005, Az.: 3 O 3405/04

Voraussetzungen des Anspruchs auf Rückabwicklung eines Kaufvertrages bezüglich eines Gebrauchtwagens und Rückzahlung des Kaufpreises; Anforderungen an die Substantiierung eines Sachmangels an einem gebrauchten Personenkraftwagen (Pkw)

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
15.04.2005
Aktenzeichen
3 O 3405/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 38669
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2005:0415.3O3405.04.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Oldenburg - 28.10.2005 - AZ: 6 U 106/05
BGH - 12.03.2008 - AZ: VIII ZR 253/05

...
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück
auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2005
durch
die Vorsitzende Richterin am Landgericht Dr. Scheer als Einzelrichterin
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.670,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.08.2004 Zug um Zug gegen Übergabe des Pkws Mercedes E 280 T Avantgarde, Fahrgestellnummer: ..., und des zu diesem Fahrzeug gehörenden Fahrzeugbriefes mit der Nummer ..., zu zahlen.

  2. 2.

    Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit im Übrigen erledigt ist.

  3. 3.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

  4. 4.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Am 24.05.2004 kaufte der Kläger von der Beklagten einen Mercedes E 280 T Avantgarde zum Preis von 24.990,00 EUR zuzüglich 80,00 EUR Zulassungsgebühr. Nach Übergabe des Pkws stellte der Kläger fest, dass der Pkw einen Unfall im Bereich der Heckklappe erlitten hatte und die Lackierung Mängel aufwies.

2

Der Kläger behauptet:

3

Der Unfallschaden sei nicht ordnungsgemäß repariert worden. Die Kosten der ordnungsgemäßen Reparatur beliefen sich auf 1.271,51 EUR brutto, unter Einbeziehung einer ordnungsgemäßen Lackierung sogar auf 2.693,67 EUR. Es verbleibe auch bei ordnungsgemäßer Reparatur des Heckschadens ein Minderwert von mindestens 100,00 EUR. Die Restlaufleistung des Pkws betrage 250.000 km.

4

Der Kläger hat bei Klageerhebung 750,00 EUR für gefahrene 9.000 km in Abzug gebracht und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 24.320,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.08.2004 Zug um Zug gegen Übergabe des Pkws Mercedes E 280 T Avantgarde, Fahrgestellnummer: ..., zu zahlen.

5

Er hat die Klage in Höhe von 149,64 EUR zurückgenommen und beantragt sodann, unter Abzug von 1.249,80 EUR für gefahrene 13.400 km,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 23.670,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.08.2004 Zug um Zug gegen Übergabe des Pkws Mercedes E 280 T Avantgarde, Fahrgestellnummer: ..., und des zu diesem Fahrzeug gehörenden Fahrzeugbriefes mit der Nummer ..., zu zahlen, imÜbrigen festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

6

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Sie behauptet, der Unfallschaden sei für 500,00 bis 600,00 EUR zu beseitigen. Die Gesamtlaufleistung des Pkws betrage 250.000 km.

8

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung der Akte des Landgerichts Osnabrück - 3 OH 104/04 - und Anhörung des Sachverständigen .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 11.03.2005 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

10

Der Kläger hat gemäß §§434, 437 Nr. 2, 323, 346 BGB Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und Rückzahlung des Kaufpreises. Der Kläger ist als Vertragspartner der Beklagten aktivlegitimiert. Zwischen ihm und der Beklagten ist der Kaufvertrag vom 24.05.2004 zustande gekommen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Pkw mangelhaft war. Denn er wies einen Unfallschaden im Bereich der Heckklappe auf. Dabei handelt es sich um einen Sachmangel i.S.v. §434, da der Kunde Unfallfreiheit eines Pkws erwarten darf und diese üblicherweise auch bei gebrauchten Pkws vorliegt. Voraussetzung für die Annahme eines Sachmangels ist allerdings, dass der Unfallschaden entweder unsachgemäß repariert ist oder trotz fachgerechter Reparatur ein Minderwert verbleibt (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Auflage, Rdz. 1264, 1270). Vorliegend hat der Sachverständige ... festgestellt und durch Lichtbilder dokumentiert, dass der Heckschaden nicht fachgerecht gespachtelt und geschliffen wurde. Zwar bietet die Beklagte die ordnungsgemäß Reparatur im Wege der Nachbesserung an. Das steht dem Anspruch auf Rückabwicklung jedoch nicht entgegen. Auch war nicht Voraussetzung des Rückabwicklungsanspruchs, dass der Kläger der Beklagten vergeblich eine Frist zur Nachbesserung setzte. Denn auch im Falle der ordnungsgemäßen Reparatur verbliebe ein Minderwert und könnte somit der Mangel nicht beseitigt werden. Der Sachverständige ... hat hierzu nachvollziehbar ausgeführt, dass der merkantile Minderwert - bedingt durch die Pflicht zur Aufklärung eines potentiellen Käufers im Falle des Verkaufs - sich nach dem Alter des Pkws und der Schadenshöhe richtet. Er hält vorliegend 8-10 % hiervon als Minderwert für angemessen. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, bei dem Unfallschaden handele es sich um einen Bagatellschaden, der gemäß §323 Abs. 5 BGB kein Recht zur Rückabwicklung begründe. Der Sachverständige hat anhand der Herstellerangaben die für die Behebung des Heckschadens erforderlichen Zeiten berechnet. Diese sind daher zugrundezulegen. Ferner hat er anhand der ihm vorliegenden Listen von Fachwerkstätten die Sätze für die Arbeitswerte ermittelt. Eine telefonische Auskunft der ... in ... ergab, dass dort sogar höhere Verrechnungssätze zugrunde gelegt werden und sich diese seit Mai 2004 nicht geändert haben. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Lohnkosten in einer Fachwerkstatt niedriger sind, als vom Sachverständigen angenommen. Der Kläger braucht sich auch nicht darauf verweisen zu lassen, eine andere als eine Fachwerkstatt aufzusuchen. Es steht ihm frei, die Werkstatt seines Vertrauens zu wählen. Bei Kosten in Höhe von mehr als 1.200,00 EUR kann von einem Bagatellschaden nicht mehr gesprochen werden. Daher hat der Kläger Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises.

11

Der Kläger muss sich jedoch die Nutzungsentschädigung in Abzug bringen lassen. Diese errechnet sich aus der Formel Kaufpreis: Restlaufleistung = Nutzungsentgelt: gefahrene Kilometer. Der Sachverständige ... geht bei dem Mercedes E 280 T Avantgarde von einer Laufleistung von insgesamt 500.000 km aus, da es sich um ein großvolumiges Fahrzeug handelt mit einer guten Qualität. Unter Zugrundelegung einer Restlaufleistung von 445.841 km hat der Kläger jedenfalls Anspruch auf Rückzahlung von 23.670,56 EUR.

12

Der Zinsanspruch ist aus §§286, 288 BGB begründet.

13

Im Übrigen ist der Rechtsstreit erledigt, da der Kläger den Pkw zwischenzeitlich weiter genutzt hat und seit Klageerhebung eine Nutzungsentschädigung für weitere gefahrene 4.400 km in Abzug zu bringen war.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf §92 Abs. 2 ZPO.

15

Die Zuvielforderung war nur geringfügig. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens sind Gegenstand der Kosten dieses Verfahrens, ohne dass es eines besonderen Ausspruchs bedarf. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf§709 ZPO.

Dr. Scheer