Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 25.04.2005, Az.: 11 T 311/05
Rechtswidrigkeit der einem Abschiebehaftanordnungsbeschluss vorangegangenen Freiheitsentziehung; Fehlende notwendige nachträgliche richterliche Entscheidung unverzüglich nach Inhaftierung ; Gewährleistung der täglichen Erreichbarkeit eines Richters bis 21 Uhr
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 25.04.2005
- Aktenzeichen
- 11 T 311/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 34129
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2005:0425.11T311.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Osnabrück - 17.03.2005 - AZ: 3 XIV 2288 B
Rechtsgrundlage
- § 11 FEVG
Fundstelle
- ANA-ZAR 2005, 26 (Kurzinformation)
Verfahrensgegenstand
Algerischer Staatsangehöriger ... geboren am 11.05.1979 in Algier
In der Abschiebehaftsache
hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück
am 25.04.2005
durch
die unterzeichneten Richter
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen vom 5.04.2005 wird der Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 17.03.05 - Aktz: 3 XIV 2288 B - aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass die Inhaftierung des Betroffenen in der Zeit vom 18.01.2004, 14.00 Uhr bis zum Erlass des Abschiebungshaftbeschlusses am 19.04.2004(1) rechtswidrig war.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen werden der Landeskasse auferlegt.
Dem Betroffenen wird für das Feststellungsverfahren einschließlich des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... bewilligt.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
Wegen des dem Feststellungsantrag zu Grunde liegenden Sachverhalts wird auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Die dem Abschiebehaftanordnungsbeschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 19.01. 2004 vorangegangene Freiheitsentziehung des Betroffenen war spätestens ab dem 18.01.2004, 14.00 Uhr rechtswidrig, weil zwar die ohne vorherige richterliche Anordnung erfolgte Inhaftnahme zunächst als Eilmaßnahme zulässig war, die notwendige nachträgliche richterliche Entscheidung aber nicht unverzüglich nach Inhaftierung getroffen wurde, bzw. die am 18.01.2004 vom Richter getroffene telefonische Anordnung keine hinreichende rechtliche Grundlage hatte.
Nach der in seinem Vermerk vom 3.12.2004 niedergelegten Äußerung des am 18.01.2004 diensthabenden Bereitschaftsrichters will er am 18.01.2004 bei einem Telefonat mit dem BGS die weitere Freiheitsentziehung und die Vorführung des Betroffenen für den 19.01.2004 angeordnet haben. Soweit der Amtsrichter hiermit eine einstweilige Anordnung nach § 11 FEVG, eine andere Maßnahme ist für die Kammer nicht erkennbar, erlassen wollte, was allerdings nach den Umständen zweifelhaft erscheint, wäre eine derartige Entscheidung nicht rechtswirksam, jedenfalls rechtswidrig, gewesen, da gemäß § 3 FEVG ein Antrag notwendig gewesen wäre, dieser lag aber nach dem Inhalt des angefochtenen Beschlusses noch nicht vor; der per Fax gestellte Antrag war dem Richter nicht bekannt, da an ein anderes Faxgerät gesendet. Außerdem wäre gemäß §§ 11 Abs.2 i.V.m. 6 FEVG ein mit Gründen versehener Beschluss erforderlich gewesen.
Nach dem am 18.01.2004 um 10.54 Uhr per Fax beim Amtsgericht eingegangenen Antrag auf Anordnung von Abschiebungshaft ist der Betroffene nicht rechtzeitig angehört worden. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15.05.2002 ( 2 BvR 2292/00) haben die Gerichte tagsüber, d.h. bis 21.00 Uhr, § 104 Abs.3 StPO, grundsätzlich eine Erreichbarkeit des Richters zu gewährleisten, also auch am Sonntag. Bei ordnungsgemäßer Organisation bzw. Absprache zwischen Ausländerbehörde und Amtsgericht, hätte der am 18.01.2004 um 10.54 Uhr per Fax beim Amtsgericht eingegangene Antrag auf Anordnung von Abschiebungshaft binnen kurzer Zeit dem Bereitschaftsrichter vorliegen müssen. Unter Zubilligung einer Bearbeitungszeit für das Lesen der Akte und der Vorbereitung einer Anhörung mit Ladung eines Dolmetschers hätte nach Einschätzung der Kammer bis 14.00 Uhr des gleichen Tages die notwendige richterliche Anhörung des Betroffenen mit anschließender richterlicher Entscheidung stattfinden können. Die Inhaftierung des Betroffenen war deshalb in der Zeit vom 18.01.2004, 14.00 Uhr bis zum Erlass des Abschiebungshaftbeschlusses am 19.01.2004 ohne hinreichende Rechtsgrundlage und damit rechtswidrig.
Dem Betroffenen war auf seinen Antrag hin für das von Anfang an Erfolg versprechende Feststellungsverfahren einschließlich des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 14,15,16 FEVG.