Landgericht Osnabrück
Urt. v. 13.04.2005, Az.: 2 O 3181/02

Schmerzensgeld wegen Schwierigkeiten im Rahmen einer ambulanten Operation; Untersuchung der Durchführung einer Laparoskopie auf Behandlungsfehler

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
13.04.2005
Aktenzeichen
2 O 3181/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 32190
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2005:0413.2O3181.02.0A

Tenor:

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein Schmerzensgeld von 3.500,-- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2002 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 5/6 und der Beklagte zu 1/6.

Die außergerichtlichen Kosten der Streitverkündeten trägt der Beklagte zu 1/6 und im Übrigen die Streitverkündete selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages. Im Übrigen darf die Klägerin die Vollstreckung seitens des Beklagten und der Streitverkündeten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn diese nicht zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Tatbestand

1

Die Klägerin wurde von ihrer behandelnden Frauenärztin, Frau Dr. A..... , an den Beklagten, der ebenfalls niedergelassener Frauenarzt ist, mit Überweisungsschein vom 29.10.2001 überwiesen. Der Überweisungsschein enthielt die Diagnose: "Ovarialzyste rechts" und der Überweisungsauftrag lautete: "Zystenentfernung". Zusätzlich ist auf dem Überweisungsschein u.a. handschriftlich festgehalten: "Z.n. Ovarteilresektion rechts und Sterilisation, Laparotomie mit Bridenlösung."

2

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Behandlungsunterlagen Bezug genommen. Im November 2001 führte der Beklagte in seiner Praxis bei der Klägerin eine ambulante Laparoskopie durch, in deren Rahmen die Zyste entfernt werden sollte. Im Einzelnen wird auf den Operationsbericht Bezug genommen. Dort ist u.a. festgehalten: "Nach Einblick in den Bauch sieht man schließlich Darmschleimhaut. Sichere Perforation. Anforderung des Rettungswagens und Anmeldung der Darmperforation ins Krankenhaus. Nach Rücksprache mit dem dortigen Oberarzt wird das weitere Vorgehen abgesprochen. Übernahme der Patientin mit liegendem Trokar in Narkose."

3

Im Krankenhaus wurde notfallmäßig eine Laparotomie durchgeführt. Dabei fanden sich erhebliche Peritonaladhäsionen. Durch den eingebrachten Trokar war es zu einer durchspießenden Dünndarmverletzung gekommen, die übernäht wurde. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Krankenunterlagen Bezug genommen. Die Zyste ist im Rahmen der durchgeführten Laparotomie nicht entfernt worden.

4

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe die Laparoskopie fehlerhaft durchgeführt. Angesichts der Vielzahl der operativen Voreingriffe hätte der Beklagte die Bauchspiegelung keineswegs ohne Mini-Laparotomie durchführen dürfen. Denn bei der Klägerin habe ein ganz erhebliches individuelles Risiko von Verletzungen an Darm, Nerven und Gefäßen bezüglich der vom Beklagten geplanten und auch durchgeführten Laparoskopie bestanden. Wegen diverser Voroperationen seien massive Adhäsionen im Bauchraum zu erwarten gewesen.

5

1964 sei eine transabdominelle Appendektomie durchgeführt worden, 1995 sei eine IUP-Entfernung mittels fraktionierter Couretage, eine Ovarteilresektion rechts sowie eine Peritonallavage durchgeführt worden, weil rezidivierende Blutungsstörungen bei liegendem IUP und unklaren rechtsseitigen Unterbauchschmerzen und polizystischen, rechtsseitigem Ovar mit Verdacht auf Ovarialendometriose bzw. Follikelzyste vorlagen. 1996 sei die Klägerin stationär wegen starker Schmerzen bei deutlich geblähtem Abdomen im rechten und linken Oberbauch behandelt worden. Nach radiologisch gesichertem Bridenileus sei per Laparotomie die Bridenlösung mit Dünndarmdekompression und Gasabsaugen aus Zökum erfolgt. Ursache dieses Bridenileus seien Verwachsungen gewesen bei Zustand nach konventioneller Appendektomie im Jahre 1964. In dem von der Klägerin unterzeichneten Perimed-Aufklärungsbogen vom 05.11.2001 sei überdies durch den Beklagten handschriftlich festgehalten worden: "Zystenfunktion, Risiko Verwachsungsbauch mit folgender Darmverletzung bei Voreingriffen." Vor der Operation sei über die individuellen Risiken mit ihr nicht gesprochen worden.

6

Im Rahmen der Notfalllaparotomie sei festgestellt worden, dass bei ihr erhebliche Peritonaladhäsionen vorlagen. Der postoperative Verlauf sei bei zunächst parenteraler Ernährung und Flüssigkeitssubstitution und eingelegter Easy-flow-Drainage weitgehend komplikationslos gewesen. Sie habe wegen der drainagegeförderten bräunlich-trüben Sekretionen ab dem zweiten postoperativen Tag eine Kombinationsantibiose aus Baypen und Metronidazol sowie Somatostatin i.v. erhalten. Anhaltspunkte für eine floride Peritonitis hätten sich nicht gezeigt. Gleichwohl sei die Sekretion von Dünndarminhalt über die eingelegte Drainage nur sehr zögerlich abgeflossen und trotz intensiven Einsatzes der Antibiose sistierte diese Sekretion erst ab dem 06.12.2001. Danach habe mit vorsichtigem Kostaufbau begonnen werden können. Bei ihrer Entlassung sei die OP-Wunde reizlos gewesen. Schwere körperliche Belastungen habe sie bis einschließlich der 6. postoperativen Woche zur Vermeidung eines Narbenbruches strikt vermeiden sollen.

7

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.)

    den Beklagten zu verurteilen, ihr ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen;

  2. 2.)

    festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen zukünftigen Schaden zu ersetzen, der auf die fehlerhafte gynäkologische Beratung und Behandlung am 14.11.2001 zurückzuführen ist, soweit nicht Ansprüche auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind oder noch übergehen werden.

8

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Er trägt vor, die Klägerin sei über Umfang und Tragweite des Eingriffes anlässlich eines Termines am 05.11.2001 in seiner fachärztlichen Praxis umfassend informiert worden. Die Laparoskopie sei mit Hilfe einer durch die Bauchdecke geführten Spezialnadel erfolgt. Dabei werde nach dem ersten Einstich Kohlensäuregas in den Bauchraum eingeleitet, um die Bauchdecke zu heben. Danach werde ein Spezialinstrument eingeführt, das die Besichtigung der Bauchhöhle unter Beleuchtung ermögliche. Im vorliegenden Fall habe sich die Nadel zur Einführung des Kohlensäuregases komplikationslos einführen lassen. Als dann das etwas breitere Führungsrohr des Laparoskopes durch die Bauchdecke geleitet werden sollte, sei die Wand des Dünndarms durchstoßen worden. Da die Veress-Nadel relativ steil eingestochen werde, der Trokar hingegen in Z-Stichtechnik, könne sich ein geringfügig geänderter Einstichwinkel ergeben, wodurch sich die Perforation des Darmes in diesem Arbeitsvorgang erkläre. Die Darmperforation sei ein schicksalhafter Verlauf gewesen, der zu den allgemeinen Risiken der Laparoskopie gehöre.

10

Er habe das Eindringen des Laparoskopes in den Dünndarm sofort festgestellt, den Eingriff abgebrochen und die Klägerin sodann notfallmäßig ins Krankenhaus verbringen lassen, wo die Beschädigung der Darmwand im Wege der Laparotomie behandelt worden sei.

11

Auf die mit den Verwachsungen und Anwachsungen des Darmes (die relativ häufig vorkämen), verbundenen Risiken und Komplikationen sei die Klägerin ausdrücklich hingewiesen worden.

12

Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 13.02.2003 durch Einholung eines gynäkologischen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B..... vom 29.04.2003 Bezug genommen. Der Sachverständige hat sein Gutachten schriftlich am 28.07.2003 ergänzt. Diesbezüglich wird auf das ergänzende Gutachten Bezug genommen. Der Sachverständige wurde alsdann in der mündlichen Verhandlung vom 21.01.2004 angehört. Im Einzelnen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Sodann wurde weiter Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 25.02.2004 durch Vernehmung der behandelnden Gynäkologin der Klägerin, Frau Dr. A..... , als Zeugin. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift vom 28.04.2004 Bezug genommen. Schließlich hat der Sachverständige Prof. Dr. B..... auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 12.05.2004 sein Gutachten nochmals ergänzt. Insoweit wird auf die ergänzende Stellungnahme vom 19.07.2004 Bezug genommen. Schließlich hat der Sachverständige Prof. Dr. B..... sein Gutachten im Termin vom 09.03.2005 nebst Ergänzungen erläutert. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

13

Der Klägerin steht gemäß § 823 BGB i.V.m. § 847 BGB gegen den Beklagten ein Schmerzensgeld insoweit zu, als der Beklagte die Laparoskopie ambulant in seinen Räumen durchgeführt hat und alsdann infolge einer schicksalhaften Verletzung des Dünndarms eine Verlegung der Klägerin durchgeführt werden musste. Der Eingriff des Beklagten selbst war nicht fehlerhaft und der Klägerin ist auch die erforderliche Aufklärung zuteil geworden.

14

Der Feststellungsantrag ist unbegründet, weil in Bezug auf den dem Beklagten zur Last zu legenden Fehler in der Zukunft für die Klägerin keine Beeinträchtigungen zu erwarten sind.

15

Der Sachverständige Prof. Dr. B..... kommt in seinem schriftlichen Gutachten vom 29.04.2003 zu dem Ergebnis, dass hier wegen der Verwachsungen der Klägerin im Bauchbereich ein erhöhtes Risiko für eine Darmverletzung/Perforation bestand und fordert in diesem Zusammenhang, dass das sofortige Umsteigen auf einen Bauchschnitt (Laparotomie) mit chirurgischer Versorgung möglich sein solle. Dies gelte umso mehr, als die Indikation im vorliegenden Fall nicht als absolut, sondern als relativ angesehen werden müsse. Zum Verwachsungsrisiko der Klägerin hat der Sachverständige ausgeführt, aufgrund der Anamnese habe ein Verwachsungsrisiko unzweifelhaft bestanden. Dies sei dem Operateur, wie sich aus seiner handschriftlichen Eintragung im Aufklärungsbogen ergebe, auch bewusst gewesen. Deswegen sei eine Laparoskopie wegen des erhöhten Risikos einer Darmverletzung, die der Verwachsungsbauch nahe lege, nur bedingt geeignet für ein ambulantes Vorgehen. Sie sei insbesondere nicht geeignet in den Praxisräumlichkeiten, in welchen im Notfall keine Laparotomie möglich sei. Keinesfalls stelle die Verlegung einer Patientin in intubiertem Zustand und mit liegendem Trokar aus der Praxis in ein Krankenhaus eine optimale und dem heutigen Standard entsprechende Medizin dar. In seinem Ergänzungsgutachten vom 28.07.2003 hat der Sachverständige unter Bezugnahme auf sein Ursprungsgutachten erläutert, dass es keine eindeutige Richt- oder Leitlinie gebe, wann die so genannte offene Laparoskopie, bei der der erste operative Schritt, nämlich das Eindringen der Nadel bzw. des Trokars durch die Nabelgrube offen, d. h. unter Sicht, durchgeführt wird. Der Beklagte selbst hatte die so genannte geschlossene Laparoskopie durchgeführt. Der Sachverständige hat in seiner Ergänzung erläutert, dass es durchaus klinikspezifische "Schulen" gebe, in denen grundsätzlich die offene Laparoskopie vorgenommen werde und wiederum solche, die dieses überhaupt nicht im Repertoire hätten. Auch die offene Laparoskopie könne letztlich die Komplikationsgefahr einer Perforation nicht ausschließen. Auch bei einer offenen Laparoskopie träten Darmverletzungen auf. Der Sachverständige hat alsdann in seiner Ergänzung vom 28.07.2003 erneut zu der Frage Stellung genommen, ob die Laparoskopie bei der Klägerin ambulant in den Praxisräumen des Beklagten durchgeführt werden konnte. Er hat dazu erläutert, dass aufgrund der Anamnese der Patientin (z.B. aufgrund der vorausgegangenen größeren Operation/Laparotomie zur Verwachsungslösung) mit erneuten auch ausgedehnten Verwachsungen des Darmes gerechnet werden musste, die selbstverständlich auch mit Adhärenzen an der Bauchdecke einhergehen konnten. Deshalb habe ein erhöhtes Risiko einer Darmverletzung bei der Durchführung der Laparoskopie bestanden. Aus diesem Grunde hätte der Eingriff sinnvollerweise dort stattfinden sollen, wo im Falle einer derartigen Komplikation ein "Umsteigen" auf einen Bauchschnitt und eine viszeralchirurgische Versorgung gewährleistet gewesen wäre. Abschließend hat der Sachverständige sich dahin geäußert, dass aufgrund der Tatsache, dass im Falle des Eintretens dieser Komplikation keine Möglichkeit der chirurgischen Versorgung am offenen Bauch bestand, das Vorgehen des Beklagten als behandlungsfehlerhaft einzustufen sei, weil die Patientin einem unnötigen Risiko ausgesetzt wurde: Nämlich dem Risiko einer nicht optimalen medizinischen Versorgung im Fall des Auftretens einer typischen Komplikation, für die eine Prädisposition vorlag. Der Sachverständige Prof. Dr. B..... hat bei seiner Anhörung am 21.01.2004 verdeutlicht, dass der Beklagte eine Patientin im Rahmen einer Laparoskopie allenfalls bei Eintritt einer lebensgefährlichen Situation versorgen könne. Dies sei ohnehin zu fordern und normal, er fordere aber eine Behandlungsmöglichkeit in der Praxis, die dem klinischen Standard entspreche und demzufolge geeignet wäre, eine Darmverletzung an Ort und Stelle optimal, also so, wie in der Klinik der Streitverkündeten geschehen, zu versorgen. Eine Notfallversorgung entspreche dem nicht. Nach dieser Anhörung geht die Kammer jedenfalls weiter davon aus, dass die Durchführung der Laparoskopie in den Räumen des Beklagten angesichts der konkreten persönlichen Situation der Klägerin (Verwachsungen) behandlungsfehlerhaft war. Daraus folgt, dass die Verlegung der Klägerin in dem Zustand, wie er oben geschildert worden ist, in das Klinikum Osnabrück dem Beklagten anzulasten ist.

16

Der weitere Einwand der Klägerin, es sei fehlerhaft gewesen, keine Mini-Laparotomie durchzuführen, ist vom Sachverständigen Prof. Dr. B..... nicht bestätigt worden. Er hat dazu eindeutig ausgeführt, dieser Eingriff, der eine regelrechte Bauchdeckenöffnung beinhalte, sei zwar in bestimmten Fällen zu erwägen, hier unter Berücksichtigung der Indikation jedoch nicht als notwendig anzusehen.

17

Soweit der Sachverständige Prof. Dr. B..... bei seiner Anhörung am 21.01.2004 - deutlicher als in seinen vorherigen schriftlichen Ausführungen - ausgeführt hat, die Zyste, die bei der Klägerin festgestellt worden sei, sei aus seiner sachverständigen Sicht offensichtlich unproblematisch gewesen, die Operation sei gar nicht indiziert gewesen, weil schon der Zeitablauf zeige, dass die Zyste harmlos ist, ihr Zustand solle nicht angegangen werden, da es sich um eine glattwandige Zyste handele, deren Größe schon keinen Eingriff erfordere, ist dem Beklagten letztlich kein Vorwurf dahin zu machen, dass er eine Indikation als gegeben angesehen hat. Der Sachverständige hat dazu in einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 19.07.2004 schriftlich ausgeführt, dass keine zwingende Indikation zur Durchführung einer Operation bestand. Die Zyste sei klein und unverdächtig gewesen. Der Befund sei bei der Kontrolluntersuchung über mehrere Monate persistierend gewesen. Gerade weil sich innerhalb von 6 Monaten an der Größe des zystischen Befundes nichts geändert habe, habe man von der Harmlosigkeit dieser Eierstockveränderung ausgehen können. Da das Kriterium eines Verdachtes auf Bösartigkeit nicht gegeben gewesen sei, bleibe als einziges Kriterium der Notwendigkeit einer Operation im Hinblick auf den Befund eine relevante klinische Symptomatik. Die vernommene Zeugin Frau Dr. A..... habe die Indikation zur Laparoskopie mit Schmerzen der Patientin begründet. Dabei sei jedoch notwendig, dass man sich als behandelnder Arzt frage, ob die genannten Beschwerden auch unzweideutig auf einen derartig sonografisch gesehenen Befund zurückzuführen seien. Er selbst gehe eher davon aus, dass angesichts der Anamnese der zahlreichen vorausgegangenen Operationen von Adhäsionsbeschwerden, d. h. Schmerzen, die durch narbige Verwachsungen in der Bauchhöhle verursacht werden, ausgegangen werden müsse. Dieses habe letztlich auch die behandelnde Frauenärztin Frau Dr. A..... bei ihrer Vernehmung auf Nachfrage bestätigt, indem sie erklärte, es sei richtig, dass sie die von der Klägerin im Jahre 2001 beklagten Unterbauchbeschwerden nicht ausschließlich auf die Zyste zurückgeführt habe. Während der Sachverständige sich (vorsichtig) dahin ausdrückt, dass er die von der behandelnden Frauenärztin gestellte Indikation zur Operation eher als fragwürdig ansehe, hat er in Bezug auf den Beklagten ausgeführt, jeder Operateur sei verpflichtet, die Indikation zur Durchführung eines Eingriffs nochmals kritisch zu überprüfen. Der Sachverständige führt dann allerdings aus, dass der Beklagte dies durch eine Untersuchung und die persönliche Besprechung und Beratung mit der Patientin durchgeführt hat. Wenn der Operateur dann der Meinung sei, dass die Einweisungsdiagnose und die Operationsindikation stimmten, so sei er nicht verpflichtet, den Fall andersweitig abzuklären, d. h. andere diagnostische Verfahren einzuleiten. Dazu sei er nur verpflichtet, wenn er die Operationsindikation in Frage stelle oder negiere. In der mündlichen Verhandlung vom 09.03.2005 hat der Sachverständige diesbezüglich erläutert, dass die objektiven Kriterien sicherlich so gewesen seien, dass es sich um eine kleine Zyste gehandelt habe und die Klägerin noch nicht im Klimakterium gewesen sei. Auch die Frage der Malignität sei grundsätzlich unbedenklich gewesen. Ein weiterer Gesichtspunkt seien aber die Beschwerden der Patientin. Wenn derartige Beschwerden vorlägen, dann sei sicherlich auch ein aktives Vorgehen geboten. Letztlich habe die Behandlung der Klägerin in der Hand ihrer Gynäkologin, nämlich der Zeugin Dr. A..... , gelegen. Dort seien ihrerseits auch Beschwerden geäußert worden. Die Verantwortung zur Abklärung im Handlungsbereich sehe er bei dieser Gynäkologin. Wenn diese dann ihrerseits die Indikation stelle, dass die Patientin wegen der subjektiven Beschwerden und auch der objektiven Situation einen Eingriff vornehmen lassen wolle und solle, dann sei es sicher richtig, dass der Arzt, der den Eingriff vornehme, sich auf diese Vorabklärung verlasse, wenngleich er Kontraindikationen überprüfen müsse. Abgesehen von der Problematik der ambulanten Durchführung der Laparoskopie seien Kontraindikationen für den Beklagten nicht zu beachten gewesen. Vielmehr ergebe sich aus den Eintragungen in den Krankenunterlagen von Frau Dr. A..... vom 29.10.2001, dass das wesentliche Kriterium offenbar die dort vermerkten unklaren Unterbauchschmerzen rechts gewesen sei, die Klägerin an den Beklagten zu überweisen. Die Kammer geht demzufolge davon aus, dass dem Beklagten in Bezug auf die Indikation der Laparoskopie zur Entfernung der Zyste kein Vorwurf zu machen ist. Dies wird letztlich auch dadurch bestätigt, dass der Beklagte in seinem OP-Bericht unter dem Stichwort "präoperative Diagnose" angeführt hat "unklare Unterbauchschmerzen; V.a. Adhäsionsbauch bei Z. n. Ileus-OP., Cysten im Unterbauch".

18

Soweit die Klägerin rügt, der Beklagte habe ihr in Bezug auf die durchzuführende Laparoskopie das mit den Verwachsungen verbundene Risiko dieses Eingriffs nicht erläutert, gilt Folgendes:

19

Im Operationsbericht ist, wie soeben noch ausgeführt wurde, festgehalten, dass ein Verdacht auf Adhäsionsbauch bei Zustand nach Ileus-OP besteht. In den Behandlungsunterlagen des Beklagten ist für den 05.11.2001 ausdrücklich vermerkt, dass ein OP-Gespräch in Bezug auf die Laparoskopie durchgeführt worden ist. Nach dem anästhesistischen Aufklärungsprotokoll wird ausdrücklich festgehalten, dass sich die Klägerin bei ihrer Frauenärztin wegen einer Zyste am rechten Eierstock und wegen stechender Bauchschmerzen rechts in Behandlung befand. In dem Aufklärungsbogen, den die Klägerin am 05.11.2001 nach ihren eigenen Angaben unterschrieben hat, findet sich eine vereinfachte schematische Darstellung, die die Problematik des Eingriffs auch für Laien sichtbar verdeutlicht. Auf Seite 3 ist im zweiten Absatz dargestellt, dass Verletzungen an Nachbarorganen (z.B. Darm, Harnwege usw.) in Betracht kommen und die operative Versorgung mit Eröffnung der Bauchhöhle notwendig machen können. Es wird auch darauf hingewiesen, dass bei ausgedehnten Verwachsungen die notwendige Klärung des Befundes unmöglich sein könne. Handschriftlich enthält der Aufklärungsbogen auf Seite 4 den Zusatz "Risiko Verwachsungsbauch mit folgender Darmverletzung bei Voreingriffen".

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Die Zeugin Dr. A..... , die behandelnde Gynäkologin, hat bei ihrer Vernehmung bekundet, die Klägerin sei am 02.05.2001 zu ihr zur Kontrolle gekommen, habe zu diesem Zeitpunkt keine Schmerzen angegeben. Sie habe sich nach 4 Monaten wieder vorstellen sollen, sei aber schon nach 3 Monaten gekommen. Die Zeugin hat dazu erläutert, dass die Klägerin eine neue Arbeitsstelle in Aussicht hatte und ihr gegenüber dann äußerte, dass sie die Sache mit der Zyste geklärt haben wolle, damit sie wegen der Arbeitsstelle keine Probleme bekomme. Sie habe dann die Wiedervorstellung der Klägerin für November 2001 vorgesehen. Die Klägerin sei allerdings am 15.10.2001 bereits gekommen. Zu diesem Zeitpunkt habe sie denselben Befund erhoben wie zuvor. Sie habe die Klägerin dann zum Beklagten überwiesen, weil die Klägerin 1996 bei ihrem Aufenthalt im Krankenhaus eine schwierige Situation durchlebt hatte, so dass sowohl sie selbst als auch die Klägerin es für sinnvoll hielten, die Entfernung der Zyste in der Tagesklinik vornehmen zu lassen. Die Entscheidung sei dann in einem Untersuchungstermin am 29.10.2001 gefallen. Zu diesem Zeitpunkt habe sie auch Unterbauchbeschwerden in der Dokumentation festgehalten. Sie gehe davon aus, dass die Klägerin die Unterbauchschmerzen auch hatte, weil sie notfallmäßig zu ihr gekommen sei. Vor dem 29.10.2001 seien in den Terminen Unterbauchschmerzen allerdings nicht geäußert worden. Nach der Bekundung der Zeugin bleibt jedenfalls festzuhalten, dass die Klägerin die Entfernung der Zyste wünschte, und zwar einmal wegen ihrer Beschwerden und zum anderen auch wegen evtl. Probleme, die sie hinsichtlich ihrer in Aussicht stehenden Arbeitsstelle befürchtete. Des Weiteren bleibt festzuhalten, dass die Klägerin im Einvernehmen mit der behandelnden Gynäkologin sich für eine Tagesklinik entschieden hatte.

21

Der Beklagte hat bei seiner Anhörung am 21.01.2004 erläutert, dass er grundsätzlich mit den Patienten vor jeder Operation ein eingehendes Gespräch führt. Er habe der Klägerin anhand der Zeichnung im Aufklärungsbogen erklärt, wie der Eingriff im Einzelnen vorgenommen werde. Dabei habe sie ihm gleichzeitig Unterlagen von Vorbehandlungen aus der Klinik vorgelegt. Er habe ihr dann erklärt, wo das Gas eingeführt werde und ihr auch bedeutet, wo Verletzungen erfolgen könnten. Die Kammer hat keine Bedenken, dem Beklagten insoweit zu folgen. Der Beklagte, der an mehreren Terminen im Laufe des Rechtsstreits teilgenommen hat, hat sich durchweg ausgesprochen sachlich und zurückhaltend verhalten. Die Kammer hatte zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass er den Ablauf der Behandlung der Klägerin einseitig darstellen wollte. Während der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in einer früheren mündlichen Verhandlung noch erklärt hatte, der Beklagte habe von den Verwachsungsproblemen bei der Klägerin keine konkrete Kenntnis gehabt, hat der Beklagte seinerseits eindeutig eingeräumt, dass ihm entsprechende Unterlagen durch die Klägerin vorgelegt worden sind. Soweit die Klägerin ihrerseits am 21.01.2004 erklärte, ihr sei nichts weiter erläutert worden, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Immerhin hatte vor dem Termin, in dem der Eingriff durchgeführt wurde, am 05.11.2001, ein Vorbereitungstermin stattgefunden. Außerdem bestätigt die Skizze in dem Aufklärungsbogen deutlich, dass dort auch handschriftlich hineingearbeitet worden ist. Die Kammer hat insoweit den Eindruck, dass die Klägerin aufgrund der Problematik, die sich nach dem laparoskopischen Eingriff ergab, zu dem Ergebnis gelangt ist, dass sie nicht detailliert auf die konkret eingetretenen Folgen hingewiesen wurde und dass sie den Eingriff bei Kenntnis der Verwachsungsproblematik nie ambulant hätte durchführen lassen. Die Verwachsungsproblematik bestand. Sie war auch der Klägerin nicht unbekannt. Gleichwohl hat sie zusammen mit ihrer behandelnden Gynäkologin sich entschlossen, eine Tagesklinik aufzusuchen. Insoweit spricht alles dafür, dass die Klägerin ex post, nämlich nach Eintritt der für sie negativen Ereignisse, den Entschluss zur ambulanten Laparoskopie nicht mehr akzeptiert. Die Erklärung der Klägerin, sie habe ihre behandelnde Gynäkologin gefragt, ob der Eingriff nicht auch im Krankenhaus C.... gemacht werden könne, hat diese bei ihrer Vernehmung gerade nicht bestätigt. Überdies fiel in der mündlichen Verhandlung vom 21.01.2004 auf, dass die Klägerin sich erst im Verlauf der Erörterung der Aufklärungsproblematik darauf festlegte, dass der handschriftliche Zusatz im Aufklärungsbogen (dort Seite 4) nicht vorhanden gewesen sei. Dies hat sie weder bis dahin schriftsätzlich vorgetragen, noch zu Beginn der Verhandlung am 21.01.2004 ausgeführt. Es war vielmehr auffällig, dass die Klägerin zunächst (Seite 2 des Protokolls vom 21.01.2004) lediglich erklärte, dass das, was handschriftlich protokolliert worden sei, nicht besprochen worden sei. Als sie dann gefragt wurde, ob sie den Aufklärungsbogen unterzeichnet habe, hat sie dies bestätigt und auch angegeben, dass sie die Zeichnung auch bei der Besprechung gesehen habe. Erst auf die weitere Frage des Beklagtenvertreters erklärte sie dann, dass sie der festen Überzeugung sei, dass der handschriftliche Zusatz im Aufklärungsbogen nicht aufgeführt war, als sie unterschrieb. Das müsse nachträglich eingefügt worden sein. Als ihr ein Vorhalt durch das Gericht gemacht wurde, legte sie sich darauf fest, dass sie erklärte, sie sei sich ganz sicher, dass dieser handschriftliche Vermerk bei Unterzeichnung dort nicht gestanden habe. Die Kammer hat keine Bedenken, dem Beklagten, der dies sachlich bestätigte, dahin zu folgen, dass die handschriftlichen Vermerke bei der Unterzeichnung vorhanden waren, weil er sie eingefügt habe, als er mit der Klägerin im Sprechzimmer (05.11.2001) gesessen habe. Es gibt auch keinen plausiblen Grund dafür, dass der Beklagte diesen Vermerk nach Unterschriftsleistung durch die Klägerin eingetragen haben könnte.

22

Die Kammer hat aufgrund der erörterten Umstände in der Gesamtschau keine Bedenken, davon auszugehen, dass der Klägerin das Risiko einer Darmverletzung in Bezug auf ihre Verwachsungsproblematik erläutert worden ist und dass sie letztlich gleichwohl die Durchführung in einer Tagesklinik akzeptiert hat.

23

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes war im Kern lediglich zu berücksichtigen, dass die Klägerin im Rahmen der durchgeführten Laparoskopie notfallmäßig in das Klinikum Osnabrück verlegt wurde und dort dann die ohnehin bei einer schicksalhaften Darmverletzung notwendige Laparotomie durchgeführt werden musste. Dieser Umstand stellt sicher eine erhebliche Abweichung von einer Behandlung in einer Praxis mit klinischen Bedingungen bzw. von einem stationären Aufenthalt und einer dortigen Laparoskopie mit einem Übergang zur Laparotomie dar. Abgesehen davon, dass bereits der Sachverständige Prof. Dr. B..... darauf hingewiesen hat, dass es durchaus zu schätzen sei, dass der Beklagte umgehend die Notwendigkeit der Verlegung und Versorgung im Krankenhaus erkannt hat, bleibt immerhin festzuhalten, dass diese Situation für die Klägerin auch im Nachhinein im Rahmen der stationären Behandlung und auch durchaus noch nach ihrer Entlassung psychisch belastend war. Das ist für die Kammer ohne Weiteres nachzuvollziehen. Wenn das Entfernen der Zyste nach den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. B..... auch nicht indiziert war, so bleibt gleichwohl zu berücksichtigen, dass die Klägerin, jedenfalls bis zur Erstattung des Gutachtens durch den Sachverständigen, ihrerseits noch davon ausgehen konnte, dass eigentlich das Entfernen der Zyste geboten war und dass sie infolgedessen sich auch mit dem Gedanken abplagte, dass letztlich die Zyste gar nicht entfernt worden war. Wäre der geplante Eingriff aber sogleich stationär durchgeführt worden, so hätte dem Entfernen der Zyste jedenfalls trotz der Komplikation letztlich nichts im Wege gestanden.

24

Nach alledem hält die Kammer ein Schmerzensgeld von 3.500,-- Euro für angemessen, aber auch für ausreichend.

25

Der Feststellungsantrag der Klägerin ist unbegründet. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. B..... ist davon auszugehen, dass die Zyste nicht entfernt werden muss. Insoweit sind also nicht weitere Eingriffe zu erwarten. Außerdem war die Darmverletzung und demzufolge die durchgeführte Laparotomie letztlich schicksalhaft und sie ist nach dem eigenen Vortrag der Klägerin auch so durchgeführt worden, dass insoweit nicht mit Folgeproblemen zu rechnen ist.