Landgericht Osnabrück
Urt. v. 02.12.2005, Az.: 7 O 563/05
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 02.12.2005
- Aktenzeichen
- 7 O 563/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 42466
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2005:1202.7O563.05.0A
In dem Rechtsstreit
.........
hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück auf die mündliche Verhandlung vom 28.10.2005 durch ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei zu Händen eines von der Klagepartei zu beauftragenden Notars 60.746,59 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.2005 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe der in der Klageschrift zu Ziffer 1,2. bis 7. Absatz, angebotenen notariellen Erklärungen der klagenden Partei und des Drittwiderbeklagten vor dem beauftragten Notar.
Die Drittwiderklage wird als unzulässig abgewiesen.
- 2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte auch zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens verpflichtet ist, soweit die in Ziffer 1 dieses Urteils näher bezeichnete Wohnung betroffen ist und der Schaden mit dem Erwerb dieser Wohnung, ihren laufenden Unterhaltskosten und einer eventuell zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung zusammenhängt.
- 3.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet.
- 4.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
- 5.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
- 6.
Der Streitwert beträgt 70.746,59 Euro.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines finanzierten Eigentumswohnungskaufs.
Die 1978 gegründete und in Harsewinkel geschäftsansässige Beklagte kauft Altwohnbestände auf und veräußert diese nach Renovierung und Aufteilung in Wohnungseigentum weiter. Der Vertrieb der Wohnungen erfolgt u.a. über Filialdirektionen der Beklagten, welche im gesamten norddeutschen Raum verteilt sind. Auch die klagende Partei erwarb eine Eigentumswohnung von der Beklagten. Die Finanzierung der Wohnungskäufe lief u.a. über die XXX oder über die XXX. Die Klagepartei ließ sich hinsichtlich des streitgegenständlichen Wohnungskaufs zuvor von Vermittlern der Beklagten beraten. Sie und der Drittwiderbeklagte unterschrieben vor Kauf der Immobilie einen Darlehensantrag sowie einen Mietpool-Vertrag.
Die Klagepartei und der Drittwiderbeklagte schlössen am 16.12.2000 einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über die streitgegenständliche Eigentumswohnung in Neumünster mit der Beklagten zu einem Kaufpreis von 118. 810 DM ab.
Die klagende Partei nahm zur Kaufpreisfinanzierung ein Vorausdarlehen mit einer Bruttokreditsumme in Klagehöhe auf. Wegen der Einzelheiten wird auf den Darlehensvertrag (Band I, Blatt 102 ff d. A.) verwiesen. Für dieses Darlehen, das laut Darlehensvertrag durch zwei Bausparverträge abgesichert war, waren anfangs monatliche Zinsen von 602,17 DM und steigende Sparraten von anfangs 84,00 DM bis zu 207,20 DM nach
10 Jahren zu zahlen. Zur Absicherung der Finanzierung bestellte die klagende Partei an dem streitgegenständlichen Miteigentumsanteil eine Grundschuld über 111. 000 DM. Zur gemeinschaftlichen Verwaltung der Mieten bestand für das streitgegenständliche Wohnobjekt ein Mietpool, welchem auch die Klagepartei beitrat.
Mit Schreiben vom 05.09.2003 und 28.10.2003 verlangten die klagende Partei und der Drittwiderbeklagte erfolglos gegenüber der Beklagten die Rückabwicklung des streitgegenständlichen Wohnungskaufvertrages.
Laut Abtretungserklärung vom 14.12.2004 trat der Drittwiderbeklagte alle ihm im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Eigentumswohnung gegen die Beklagte zustehenden Ansprüche an die klagende Partei ab. Er erklärte diese Abtretung im Klageverfahren für unwiderruflich und unanfechtbar.
Mit der vorliegenden Klage verlangt die klagende Partei die Rückabwicklung des Kaufvertrages über die in Rede stehende Eigentumswohnung sowie den Ersatz des durch den Kauf entstandenen Schadens.
Sie macht in erster Linie geltend, falsch bzw. unzureichend beraten worden zu sein. Sie sei, so behauptet die klagende Partei, von dem in der Filialdirektion Osnabrück tätigen Vermittler XXX mit den Immobilien der Beklagten bekannt gemacht worden. Der Vermittler hätte ihr die Anlage als sicher und rentabel angepriesen, und insbesondere die besonderen Modalitäten der Finanzierung nicht erläutert. Auf die Möglichkeit, dass Nachzahlungen für den Mietpool und für die Instandhaltungsrücklage zu erbringen sein könnten, sei sie nicht hingewiesen worden.
Anlässlich eines Beratungsgespräches habe sie von dem Vermittler eine Beispielsrechnung erhalten, die einen Eigenaufwand von monatlich 142 DM ermittelt habe. Der steigende Aufwand der Bausparbeiträge sei nicht eingearbeitet worden. Schon zum Zeitpunkt der ersten Phase mit den geringsten Ansparraten habe sie statt der genannten 142 DM monatlich sogar 282,86 DM zu zahlen gehabt. Auch seien die Bausparzuteilungen nicht planbar. Es sei keine andere Finanzierungsalternative angeboten und ein Weiterverkauf der Wohnung mit Gewinn versprochen worden. Auch auf die Nachteile und Risiken des Mietpools sowie den bestehenden Leerstand sei nicht aufmerksam gemacht worden. Es seien Mieteinnahmen in bestimmter Höhe zugesichert worden. Die Klagepartei hätte dies als Mietgarantie verstanden. Die Instandhaltungsrücklage sei unseriös kalkuliert. Die Besuchsaufträge seien mit ihr nicht durchgesprochen worden.
Die klagende Partei habe von den Beratern auch keine weiteren erläuternden Unterlagen wie Kundeninformation der XXX oder einen Musterkaufvertrag erhalten.
Das Objekt in Neumünster sei in desolatem Zustand gewesen und habe erheblichen Reparaturbedarf gehabt, dies hätten ihr die Berater ebenfalls nicht mitgeteilt.
Die klagende Partei beantragt,
1.) die Beklagte, zu verurteilen, an die klagende Partei zu Händen eines von
der klagenden Partei zu beauftragenden Notars € 60.746,59 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe folgender notarieller Erklärung der klagenden Partei und ihres Ehemannes XXX, vor dem beauftragten Notar:
"Wir sind eingetragene Eigentümer des nachfolgend beschriebenen, im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Neumünster von Neumünster Blatt eingetragenen Wohnungseigentums und der im Teilungsgrundbuch von Neumünster Blatt XXX eingetragenen Garage, im Einzelnen bestehend aus
a) einem 45/10.000stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück im Rechtssinn, Gemarkung Neumünster, Flur, Flurstück sowie Flur C, Flurstück , verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Gebäude XXX-Strasse, im . Obergeschoss hinten rechts mit der Nr. XXX des Aufteilungsplanes sowie
b) einem 23/10.000stel Miteigentumsanteil an dem oben bezeichneten Grundstück im Rechtssinn verbunden mit dem Sondereigentum an dem Tiefgaragenstellplatz Nr. XXX des Aufteilungsplanes.
Wir verpflichten uns hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentumsrecht auf die XXX, vertreten durch ihren Geschäftsführer, zu übertragen, frei von der in Abteilung III des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der XXX in Höhe von DM 111.000,00.
Wir erteilen hierzu der XXX die unwiderrufliche Vollmacht, in unserem Namen unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Auflassung zu erklären.
Wir erteilen unser Einverständnis mit einer Weisung der an den unterzeichnenden Notar, den eingehenden Zahlungsbetrag zur Ablösung der in Abteilung III des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der XXX zu verwenden.
Wir bewilligen die Eintragung der XXX als Eigentümerin unter der aufschiebenden Bedingung, dass Zahlungseingang in Höhe des durch die Klage geforderten Betrages nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2004 auf dem Konto des unterzeichnenden Notars erfolgt und ein etwaig überschießender Betrag an uns auszukehren ist."
2.) Es wird festgestellt, dass die Beklagte auch zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens verpflichtet ist, soweit die im Klageantrag zu 1. näher bezeichnete Wohnung betroffen ist und der Schaden mit dem Erwerb dieser Wohnung, ihren laufenden Unterhaltskosten und einer eventuell zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung zusammenhängt.
3.) Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Drittwiderklagend beantragt die Beklagte:
Es wird festgestellt, dass dem Drittwiderbeklagten aus Anlass des notariellen Kaufvertrags vom 16.12.2000 vor dem Notar Dr. XXX aus Gütersloh (UR.Nr. XXX) und den im Zusammenhang damit geführten Vertragsanbahnungsgesprächen keine Ansprüche - insbesondere keine Schadensersatzansprüche - gegenüber der Beklagten zusteht.
Der Drittwiderbeklagte beantragt,
die Drittwiderklage abzuweisen.
Die Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts.
Sie behauptet, die Klagepartei ordnungsgemäß über alle Chancen und Risiken der Anlage aufgeklärt zu haben. Insbesondere sei die Funktionsweise der Finanzierung und des Mietpools erläutert worden. Jedem Kunden habe es freigestanden, welche Finanzierungsalternative er wähle und ob er dem Mietpool beitrete. Es seien von den Beratern mehrere Finanzierungsalternativen vorgestellt und erklärt worden. Mietgarantien seien nicht gegeben worden. Die Klagepartei sei weiter darauf hingewiesen worden, dass bei Weiterverkauf der Wohnung in den nächsten Jahren mit Verlusten zu rechnen sein würde. Es sei ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden, dass sich der monatliche Eigenaufwand der Klagepartei verändern könne.
Die Berater hätten auf die korrekt kalkulierte Instandhaltungsrücklage hingewiesen.
Der klagenden Partei seien weitere Unterlagen, wie eine Kundeninformation der XXX oder ein Musterkaufvertrag vor Abschluss des notariellen Wohnungskaufvertrages ausgehändigt worden, aus welchen sich sämtliche Konditionen des Kaufs und der Finanzierung ergeben hätten.
Das Objekt Neumünster habe sich in desolatem Zustand befunden. Es habe auch kein erheblicher Leerstand bestanden.
Die Klagepartei müsse sich im Wege des Vorteilsausgleichs auf ihren Schaden erzielte Steuervorteile anrechnen lassen.
Das Landgericht Kiel hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 11.02.2005 an das Landgericht Osnabrück verwiesen.
Mit Beschlüssen vom 02.03.2005 und 13.10.2005 hat das Gericht der klagenden Partei und dem Drittwiderbeklagten Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt.
Das Gericht hat Beweis erhoben, durch Vernehmung der Zeugen XXX und XXX. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 28.10.2005 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klagepartei hat gegen die Beklagte Anspruch auf Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung (pVV) eines selbständigen Beratungsvertrags in zuerkannter Höhe. Die Drittwiderklage war als unzulässig abzuweisen. Daneben ist sie auch unbegründet, weil ein Schadensersatzanspruch besteht.
Das Gericht ist gemäß § 29 ZPO örtlich für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig. Die Klagepartei stützt ihren Schadensersatzanspruch auf fehlerhafte Anlageberatung. Erfüllungsort der Pflicht zur ordnungsgemäßen Beratung war nach dem zur Beurteilung der Zuständigkeit maßgeblichen Klagevortrag der Wohnsitz der Klagepartei (BGH, Beschluss vom 06.04.2004 - X ARZ 384/03), welcher im hiesigen Gerichtsbezirk liegt.
Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW2003, 1811 ff., BGH Urteil vom 14.01.2005, - VZR 260/03) ist die Beratung selbständige Hauptpflicht des Verkäufers aus einem Beratungsvertrag, wenn der Verkäufer im Rahmen eingehender Vertragsverhandlungen und auf Befragen des Käufers einen ausdrücklichen Rat erteilt. Dabei steht es einem auf Befragen des Käufers erteilten Rat gleich, wenn der Verkäufer als Ergebnis intensiver Vertragsverhandlungen ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, oder sonst eine feststellbare Erwerbsempfehlung gibt, was zur Förderung des Geschäfts dienen soll (BGH Urteil vom 14.01.2005, -V ZR 260/03). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
Der klagenden Partei ist als Ergebnis eingehender Verhandlungen die Beispielsrechnung übergeben worden. Die Ankaufsberechnung ist zwar im Rahmen der Anbahnung der Finanzierungsverträge erstellt worden. Sie diente aber auch als Instrument zur Vermittlung des Vertragsschlusses über den Kauf der in Rede stehenden Eigentumswohnung. Denn die im Berechnungsbeispiel enthaltenen Informationen über die Finanzierungsbelastung wurden unstreitig als Anreiz für den Erwerb der Eigentumswohnung genutzt. Unter diesen Umständen wurde mit der Beratung der klagenden Partei anhand des Berechnungsbeispiels eine Tätigkeit im Pflichtenkreis der Beklagten als Verkäuferin wahrgenommen (vgl. BGH NJW 1996, 451, 452; BGH NJW 2003, 1811 ff., OLG Oldenburg, 8 U 152/03).
Die Beklagte muss sich bei der Zustandebringung des Beratungsvertrages und bei der Beratung das Verhalten ihrer Vermittler XXX und XXX nach § 278 BGB zurechnen lassen.
Die Beklagte bzw. die für sie tätig gewordenen Vermittler waren im Rahmen dieses stillschweigend abgeschlossenen Beratungsvertrages verpflichtet, die klagende Partei über solche Umstände aufzuklären, die den von ihr verfolgten Vertragszweck vereiteln konnten und daher für ihren Entschluss von wesentlicher Bedeutung waren. Der Verkäufer hat, wenn er auf eigene Initiative oder Nachfrage des Kaufinteressenten ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs, dass der Förderung der Vermittlung des Geschäfts dienen soll, vorlegt, für einen darin enthaltenen falschen Rat einzustehen. Dann obliegt es nämlich nicht dem Kauf Interessenten, sich selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten im eigenen Interesse Klarheit zu verschaffen.
Daran ändert die in dem Kaufvertragsangebot enthaltene Bestimmung, wonach eine Finanzierung des Kaufpreises nicht Bestandteil des Verkaufsangebots sei und ausschließlich in den Verantwortungsbereich des Käufers falle, nichts. Denn die Haftung der Beklagten beruht darauf, dass aus den Gesprächen betreffend die Finanzierbarkeit des Objekts ein Kaufanreiz hervorgerufen wurde, der den Entschluss zum Erwerb gefördert hat (so auch BGH, Urteil vom 14.03.2003, V ZR 308/02).
Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem der Finanzierung dienenden Berechnungsbeispiel eine Finanzierungsberatung oder eine Ankaufsberatung zugrunde lag. Denn die Gespräche lagen erkennbar in einer Hand und wurden zeitgleich geführt.
Die Beklagte hat diese sich aus dem Beratungsvertrag ergebenden Pflichten verletzt. Der klagenden Partei ist durch die dem Kaufanreiz dienende Beispielsrechnung, in die der Kaufpreis des konkret beworbenen Objekts und die Nebenkosten individuell eingearbeitet waren, suggeriert worden, die laufenden Belastungen beliefen sich auf monatlich 142,00 DM, so dass es ein Leichtes sei, das Objekt zu finanzieren. In Wirklichkeit lagen und liegen die Belastungen weit höher. Sie betragen ab dem 2. Erwerbsjahr monatlich mindestens 226,00 DM und werden ständig steigen. In dem Berechnungsbeispiel waren nämlich die aus den Bausparverträgen wegen der Tilgung erwachsenen Belastungen nicht aufgeführt sowie die lange Finanzierungsdauer nicht erkennbar.
Dem steht nicht entgegen, dass im Darlehensvertrag schon - überschlägig - eine Jahresgesamtbelastung (Zinsen und Sparraten) vom Vermittler eingesetzt war. In Anbetracht der detaillierten Berechnung konnte die klagende Partei nicht erkennen, ob und inwieweit dieser Betrag durch steuerliche Entlastung vermindert war. Zudem war darin die infolge der Bausparverträge vorgesehene Steigerung der Belastung nicht angegeben. Die Steigerung ergab sich erst aus den später abgeschlossenen Bausparverträgen.
Unerheblich ist weiter, ob die klagende Partei vor Abschluss des streitigen Kaufes weitere Unterlagen wie z. B. Kundeninformation der Badenia erhalten hat. Selbst wenn aus diesen Unterlagen, die durch die Finanzierung erwachsenen Belastungen sichtbar gewesen wären, ersetzt dies nicht das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Beratung. Denn aus der Ankaufsberechnung ergaben sich diese Mehrbelastungen nicht und es ist für einen Laien, wie die klagende Partei schwer nachvollziehbar und ausrechenbar, welche monatlichen Belastungen tatsächlich auf sie zukommen werden.
Hieran ändert ebenfalls nichts, dass die klagende Partei zwei Besuchsaufträge vom 15. und 16.12.2000 unterzeichnet hat, in welchen die steigenden Ansparraten aufgeführt waren. In den Besuchsberichten war ein Eigenaufwand vor Steuern von 272,00 DM ausgewiesen. Für den Kunden ausschlaggebend war aber die monatliche Belastung nach Steuern, weil unstreitig mit Steuervorteilen geworben worden ist. Diese für den Kunden maßgebliche monatliche Belastung war aus den Besuchsaufträgen nicht ohne weiteres ersichtlich. Sie ergab sich nur aus der Ankaufsberechnung. Zudem datieren die Besuchsaufträge sehr zeitnah zum Kaufvertragsabschluss. Die klagende Partei hatte wenig Zeit, ihren Kaufabschluss noch einmal zu überdenken. Außerdem hat die Ankaufsberechnung den Eindruck der Vollständigkeit und Richtigkeit erweckt. Dieser Widerspruch in den vorgelegten Unterlagen genügt nicht einer ordnungsgemäßen Beratung.
Die Beklagte hat auch nicht den ihr obliegenden Nachweis erbracht, dass die Berater der klagenden Partei entgegen dem Anschein der Ankaufsberechnung die Finanzierung und die auf die Klagepartei zukommenden monatlichen Belastungen korrekt erläutert haben. Vorliegend spricht nämlich der erste Anschein der bei der klagenden Partei befindlichen Unterlagen für eine unzureichende Beratung.
Die dazu vernommenen Zeugen XXX und XXX konnten sich nicht mehr genau an die mit der Klagepartei und den Drittwiderbeklagten geführten Gespräche erinnern. Die Zeugen schilderten den grundsätzlichen Verlauf der Beratungsgespräche, wobei beide Zeugen angaben, sich an wesentliche Abweichungen, wenn diese vorhanden gewesen wären, hätten erinnern können.
Der Zeuge XXX hat den üblichen Ablauf der Beratungsgespräche so geschildert, dass den Kunden detaillierte Informationen zum Ablauf der Käufe gegeben worden seien. Ihnen seien dazu weitere Unterlagen, wie z. B. die Kundeninformation der XXX ausgehändigt worden. Den Interessenten habe der Zeuge die Musterrentabilitätsberechnung übergeben und deren Aufbau erläutert. Der Zeuge XXX sei davon ausgegangen, dass durch die Erhöhung des Einkommens und die Ziehung der Steuervorteile sich die durch die Finanzierung entstehenden monatlichen Mehrbelastungen neutralisieren. Er habe den Kunden das auch so erklärt, dass sich durch die Steuervorteile und durch höhere Mieteinnahmen die monatliche Belastung sozusagen ausgleiche. Der Zeuge habe aufgrund der von der Beklagten erhaltenen Informationen nicht das Risiko gesehen, dass ein Leerstand bestehen würde. Bei den anschließenden Recherchegesprächen habe der Zeuge XXX dann die Zahlen mit den Kunden noch einmal durch gesprochen. Der Zeuge XXX hat weiter ausgesagt, dass mit einem bestimmten Eigenkapital eine bestimmte Finanzierung verbunden gewesen sei. Es sei nicht primär seine Aufgabe gewesen, den Kunden darauf hinzuweisen, dass er für die vorliegende lange Laufzeit der Finanzierung schon relativ alt sei. Das sei vielmehr Aufgabe der Bank, welche über die Darlehensgewährung entscheide.
Der Zeuge XXX, welcher die Recherchegespräche durchgeführt hat, hat bekundet, stets den Kunden nochmals alles wie Kauf, Finanzierung, Mietpool etc. erklärt zu haben. Die einzelnen Punkte der Besuchsaufträge seien erläutert worden. Es werde dem Kunden gesagt, dass die in der Ankaufsberechnung ausgewiesene monatliche Belastung für ihn zuträfe. Auf Nachfrage werde erläutert, dass die Steigerung der Mieten von der allgemeinen Marktlage abhinge und nicht vorhergesagt werden könne. Auf das Mietausfallrisiko sei hingewiesen worden.
Das Gericht hält die Zeugenaussagen für sich für glaubwürdig. Aufgrund des langen Zeitablaufs und der Vielzahl der geführten Gespräche ist nachvollziehbar, dass sich die Zeugen nicht genau an die mit der klagenden Partei durchgeführten Gespräche mehr erinnern. Zwar haben beide Zeugen übereinstimmend ausgeführt, dass bei den Rechercheterminen die Zahlen in den Besuchsaufträgen, und damit auch die Finanzierungsdaten, durchgesprochen worden seien. Das Gericht ist aber von der ordnungsgemäßen mündlichen Beratung deshalb nicht mit der erforderlichen Sicherheit überzeugt, weil der Zeuge XXX selbst ausgeführt hat, dass die monatlichen Belastungen quasi wegen der Steuervorteile und der steigenden Mieten ausgeglichen blieben und dies dem Kunden auch so gesagt werde. Daraus ist zu folgern, dass der Zeuge XXX als Berater die Gefahr des Ansteigens der monatlichen Belastungen über die in der Ankaufsberechnung ausgewiesenen 142 DM hinaus selbst nicht gesehen hat und deshalb die Klagepartei auch nicht darauf hinweisen konnte. Der Zeuge XXX hat zwar dem Kunden die Finanzierung erläutert, gleichzeitig aber erklärt, dass die in der Ankaufsberechnung ausgewiesene Belastung auf den Kunden zukäme. Lediglich auf Nachfrage weise man auf die Unsicherheiten bei der einbezogenen Mietsteigerung hin.
Das deckt sich mit den Aussagen des Drittwiderbeklagten und der Klägerin in ihrer persönlichen Anhörung im Termin vom 28.10.2005. Die Klagepartei hat nämlich angegeben, von der in der Ankaufsberechnung ausgewiesenen monatlichen Belastung von 142 DM ausgegangen zu sein. Etwaige Widersprüche in der Sachverhaltsschilderung des Drittwiderbeklagten sind geringfügig und aufgrund des Zeitablaufs und der vielen durchgeführten Beratungsgespräche noch nachvollziehbar. Der Drittwiderbeklagte hat ebenfalls erklärt, ihm sei gesagt worden, die Mieten würden ständig steigen, was sich mit den Einschätzungen des Zeugen XXX deckt. Die noch zweifelnde Klägerin ist ebenfalls durch die höchstenfalls mögliche monatliche Belastung von 142 DM laut Ankaufsberechnung überzeugt worden.
Der von der Beklagten noch benannte Zeuge XXX brauchte nicht mehr vernommen werden. Er hat nach dem Beklagtenvortrag lediglich das letzte Gespräch mit der Klagepartei unmittelbar beim Notar vor Abschluss des notariellen Kaufvertrags durchgeführt. Eine möglicherweise zu diesem Zeitpunkt noch erfolgte ordnungsgemäße mündliche Beratung kann die vorherigen Beratungsfehler nicht mehr ausgleichen. Der Kaufentschluss der Klagepartei war bereits getroffen und es wäre kaum denkbar, dass die Klagepartei diesen Entschluss noch beim Notar wieder ändert. Die ordnungsgemäße Anlageberatung muss rechtzeitig vor Tätigung der Anlage erfolgen und dem Interessenten genug Zeit lassen, alle Informationen zu verarbeiten und zu überdenken.
Die aufgezeigte Pflichtverletzung durch die Beklagte war auch ursächlich für den Kauf der Eigentumswohnung durch die klagende Partei. Bei Beratungspflichtverletzungen wird die Kausalität widerleglich vermutet. Die Beratung anhand der genannten Beispielsrechnung war überdies wesentlich für den erfolgreichen Abschluss der Verkaufsbemühungen. Durch diese Berechnung wurde der Eindruck vermittelt, dass es sich um ein rentierliches Geschäft handelt. Die Belastungen aus dem Kauf der Eigentumswohnung wurden als tragbar dargestellt und somit der Anreiz geschaffen, mit vermeintlich geringem Aufwand Wohnungseigentum zu erwerben.
Die Beklagte muss sich, wie oben bereits festgestellt, das Verhalten der für sie tätigen Vermittler XXX und XXX gemäß § 278 BGB zurechnen lassen.
Der Schadensersatzanspruch geht gemäß § 249 BGB auf Rückgängigmachung des Kaufvertrages. Zwar sind dabei grundsätzlich gezogene Nutzungen im Wege des Vorteilsausgleichs anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Dies gilt jedoch nicht für die von der klagenden Partei erzielten steuerlichen Vorteile. Hier besteht die Möglichkeit, dass ein zwischenzeitlich erzielter Steuergewinn wieder entfällt, wenn die auszuurteilende Schadensersatzleistung für die fehlerhafte Anlageberatung nachversteuert wird oder dass Steuerbescheide nach § 173 AO wegen neuer Tatsachen aufgehoben werden (zu einer dann eintretenden Kompensation auch BGH NJW2004, 1868). Einzelheiten dazu brauchen nicht schon jetzt festgestellt zu werden.
Der Klageantrag zu 3.) ist begründet. Die klagende Partei hat der Beklagten die Rückabwicklung des in Rede stehenden Wohnungskaufvertrages und damit die Rückübertragung der Eigentumswohnung bereits außergerichtlich angeboten. Die Beklagte wäre zur Rücknahme der Wohnung verpflichtet gewesen, was ihren Annahmeverzug begründet.
Darüber hinaus besteht ein Feststellungsanspruch wegen der noch nicht bezifferten und derzeit nicht bezifferbaren Finanzierungskosten und der weiteren durch die Rückgängigmachung der Verträge entstehenden Kosten.
Die Drittwiderklage ist unzulässig. Der Beklagten und Drittwiderklägerin fehlt das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO. Der Drittwiderbeklagte berühmt sich keines Anspruches gegen die Beklagte mehr. Er hat seine Schadensersatzansprüche wegen des streitgegenständlichen Wohnungskaufs an die klagende Partei abgetreten und diese Abtretung für unanfechtbar und unwiderruflich erklärt. Damit hat er seine Rechtsposition wirksam und endgültig zu Gunsten der Klagepartei aufgegeben und vertritt diese auch nicht mehr gegenüber der Beklagten.
Ob möglicherweise die Abtretungserklärung aus anderen Gründen, wie z. B. Geschäftsunfähigkeit unwirksam sein könnte, ist unbeachtlich. Denn solche Unwirksamkeitsgründe sind nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht vorgetragen (LG Essen Urteil vom 05.09.2005, Az. 18 O 142/05). Der Drittwiderbeklagte muss für die Aufgabe seiner Rechtsposition und des nicht mehr Berühmens eines Anspruchs gegen die Beklagte nicht den ihm nahezu unmöglichen Nachweis führen, dass die Abtretungserklärung aus keinem erdenklichen Grund unwirksam sein könnte. Diesbezüglich trifft nämlich die Beklagte zunächst die erweiterte Darlegungslast.
Im Übrigen wäre die Drittwiderklage auch unbegründet, wie bereits ausgeführt steht der klagenden Partei ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, welchen sie auf Grund der erfolgten Abtretung auch für den Drittwiderbeklagten mitverfolgt.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§91, 709, 108 ZPO.