Landgericht Osnabrück
Urt. v. 22.02.2005, Az.: 5 O 3326/04

Anspruch gegen das Land als Träger der Straßenbaulast auf Grund eines Verkehrsunfalls; Erforderlichkeit der Kausalität zwischen Verkehrsunfall und Verletzung von Verkehrssicherungspflichten; Ausschluss des Anspruchs bei überwiegendem Mitverschulden des Verletzten; Ausscheiden der Haftung wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten bei Erkennbarkeit der Gefahr bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit; Zumutbarkeit der Einstellung auf die Gefahr; Erkennbarkeit durch das Vorhandensein von Hinweisschildern

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
22.02.2005
Aktenzeichen
5 O 3326/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 29504
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2005:0222.5O3326.04.0A

Verfahrensgegenstand

Schadensersatz

In dem Rechtsstreit
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück
auf die mündliche Verhandlung vom 22.02.2005
durch
den Richter am Landgericht ... Einzelrichter
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.)

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.)

    Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  3. 3.)

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt das beklagte Land als Träger der Straßenbaulast auf Grund eines Verkehrsunfalls in Anspruch, der sich am 1. September 2003 in Badbergen auf der zum Unfallzeitpunkt noch zumindest feuchten B 68 in Höhe km 22,2 ereignete. Dabei standen in Fahrtrichtung des Klägers vor der Unfallstelle bei km 15,130, 17,742, 18,437, 18,935 und 20,067 jeweils Verkehrszeichen VZ 101 "Fahrbahnschäden".

2

Der Kläger trägt vor, er sei beim Durchfahren einer lang gezogenen Rechtskurve mit seinem Krad der Marke Honda ausgangs der Kurve auf sog. "schwarzem Eis" zu Fall gekommen und gegen einen Baum geschleudert worden. Die B 68 sei über eine Strecke von 2,1km sporadisch in einem Abstand von teilweise ca. 500 - 600m lediglich mit Bitumen geflickt worden. Die gewählte Reparaturart habe dazu geführt, dass er trotz angepasster Geschwindigkeit sein Zweirad nicht habe auf der Bahn halten können. Die durch die Beklagte durchgeführte bzw. in Auftrag gegebene Reparatur sei fehlerhaft und stelle eine Verkehrssicherungspflichtverletzung dar, für die das beklagte Land einzustehen habe. Es sei fehlerhaft, derartige Flicken schlicht mit Bitumen auszufüllen, da dies zu gefährlicher Straßenglätte führe. Derartige Flächen seien bei Motorradfahrern wegen ihrer besonderen Gefahr berüchtigt. Die ihm entstandenen Schäden in Höhe von 17.120 Euro zuzüglich eines Schmerzensgeldes von 5.000 Euro habe das beklagte Land mit einer Haftungsquote von 2/3 einzustehen.

3

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 14.746,67 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.

4

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

5

Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger auf Grund des sog. schwarzen Eises zu Fall gekommen sei. Im Übrigen sei die B 68 zwischen Bersenbrück und Badbergen deutlich fühlbar und sichtbar nicht in hervorragendem Zustand. Sie bestehe bis zu 30% aus Flicken in Form von Oberflächenbehandlungen, woraus sich für jeden Kradfahrer ergebe, dass hier besondere Vorsicht geboten sei. Dies habe auch der Kläger angesichts der deutlichen Beschilderung erkennen können. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung der Akte der Staatsanwaltschaft Osnabrück (Az. 44. Js 61605/03).

Entscheidungsgründe

6

Die Klage ist unbegründet.

7

Der Kläger hat gegen das beklagte Land keinen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Eine Haftung des beklagten Landes käme nur in Betracht, wenn der streitgegenständliche Verkehrsunfall ursächlich und zurechenbar auf eine schuldhafte Verkehrssicherungspflichtverletzung zurückzuführen wäre. Das kann aber nicht angenommen werden.

8

Dabei braucht nicht geklärt zu werden, ob es als Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht qualifiziert werden kann, dass das beklagte Land die auf der B 68 augenscheinlich vorliegenden Straßenschäden mit Bitumen oder Splitt wieder hergestellt hat. Zum einen hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass er überhaupt auf einer solchen schadhaften Stelle zu Sturz gekommen ist und die Verletzung einer etwaigen Verkehrssicherungspflicht damit überhaupt unfallursächlich geworden ist. Zum anderen wäre das dem Kläger selbst vorzuwerfende Mitverschulden als derart schwer zu qualifizieren, dass ein etwaiges Verschulden des beklagten Landes dahinter zurücktreten würde.

9

Der Kläger hat die Ursächlichkeit einer etwaigen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nicht nachgewiesen. Zum Unfallzeitpunkt war die Fahrbahn ausweislich der zu Beweiszwecken beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft Osnabrück (Az. 44 Js 61905/03) zumindest feucht, wenn nicht nass. Es erscheint - auch wenn der Kläger dies selbst in seiner Anhörung ausgeschlossen hat - nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen, dass schlicht ein Fahrfehler oder unangepasste Geschwindigkeit unfallursächlich waren und die auf der Straße vorhandenen Straßenschäden keinen Einfluss auf den Unfall hatten. Auch ein Sachverständigengutachten könnte hier heute keinen Aufschluss mehr zur Unfallursache bringen. Aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich keine Anknüpfungstatsachen oder objektiv greifbaren Hinweise, die Rückschlüsse auf die Fahrweise des Klägers zuließen und die ein Sachverständiger zum Ausgangspunkt gutachterlicher Überlegungen machen könnte.

10

Im Übrigen wäre das Mitverschulden des Klägers als derart hoch zu qualifizieren, dass ein etwaiges Verschulden des beklagten Landes zurücktreten würde. Es ist anerkannt, dass eine Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen ausscheidet, wenn derjenige, der zu Fall gekommen ist, auf Grund des konkreten Zustandes des Weges eine Gefahr bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit ohne weiteres hätte erkennen können. In diesem Fall ist es dem Benutzer der Straße zuzumuten, sich auf die Gefahr einzustellen. So liegt es hier. Vor der Unfallstelle befinden sich fünf Verkehrszeichen 101 "Straßenschäden". Die Straßenschäden sind - dass ergab die Inaugenscheinnahme der mit der Klageschrift überreichten Lichtbilder(vgl. insbesondere auch Blatt 17, 18 und 19 der Gerichtsakte) - auch durchweg gut zu erkennen und in Anzahl und Ausmaß so gravierend, dass insbesondere ein Motorradfahrer hier mit besonderer Vorsicht zu fahren hat, damit ein Ausgleiten auf glatten Stellen ausgeschlossen ist. Dies gilt umso mehr, wenn er durch wiederholte Beschilderung auf Straßenschäden hingewiesen wurde. Eines besonderen Hinweises gerade für Motorradfahrer, der über die Warnfunktion des Verkehrszeichens 101 hinausgeht, bedarf es nicht, da es jedermann einleuchten muss, dass Straßenschäden gerade für Motorräder besondere Gefahren bedeuten, die eine hieran angepasste Geschwindigkeit verlangen.

11

Alles in allem war die Klage daher mit den prozessualen Nebenentscheidungen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO abzuweisen.

Streitwertbeschluss:

Streitwert: 14.767,67 Euro

Der Streitwert wurde gem. § 3 ZPO festgesetzt.

Dr. Veen