Landgericht Osnabrück
Urt. v. 22.02.2005, Az.: 5 O 3922/04
Anspruch auf Schmerzensgeld gegen die Stadt wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflicht; Erhebliche Verletzungen durch Sturz über eine 5cm herausragende Gehwegplatte; Ausschluss der Haftung bei Erkennbarkeit der Gefahr bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 22.02.2005
- Aktenzeichen
- 5 O 3922/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 29791
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2005:0222.5O3922.04.0A
Rechtsgrundlage
- § 247 BGB
Die 5. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück hat
auf die mündliche Verhandlung vom 22.02.2005
durch
den Richter am Landgericht xxx als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Streitwert: 1.500,00 Euro
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die beklagte Stadt auf Schmerzensgeld wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Anspruch, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 11. Oktober 2004 eine Haftung abgelehnt hat.
Sie behauptet, sie sei am 1. August 2004 gegen 19:00 Uhr bei Tageslicht auf dem Gehweg vor dem Haus in Meppen gestürzt. Ursache sei gewesen, dass eine Gehwegplatte ca. 5cm über die übrigen Platten hervorgeragt habe. Dabei sei sie erheblich verletzt worden. Sie habe Prellungen, Schürfwunden und einen Nasenbeinbruch erlitten. Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe deshalb ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von etwa 1.500,- EUR zu.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 11. Oktober 2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin am Kameradschaftsweg über eine fünf Zentimeter herausragende Gehwegplatte gestürzt sei. Richtig sei zwar, dass es an der Unfallstelle eine solche 5cm herausragende Platte gegeben habe. Über diese Platte sei die Klägerin jedoch nicht gestürzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Verweisungen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld aufgrund einer Verletzung einer Verkehrssicherungspflichtverletzung.
Dabei braucht nicht geklärt zu werden, ob die Klägerin tatsächlich aufgrund einer 5cm herausragenden Gehwegplatte gestürzt ist. In jedem Fall wäre eine Haftung der Beklagten ausgeschlossen.
Zwar wird in der Rechtsprechung gelegentlich vertreten, bei scharfkantig gegeneinander abgesetzten Niveauunterschieden auf asphaltierten, plattierten oder gepflasterten Gehwegen ab 2 bis 2,5 cm beginne grundsätzlich der Bereich von Unebenheiten, der wegen seines Höhenunterschieds nicht mehr hingenommen werden könne und eine Pflicht zur Gefahrbeseitigung für den Verkehrssicherungspflichtigen auslöse. Bei einem derartigen scharfkantigen Niveauunterschied bestehe die Gefahr, dass Fußgänger hierdurch zu Fall kommen könnten (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1987, 412, 413) [OLG Hamm 18.07.1986 - 9 U 328/85]. Es ist aber gleichsam anerkannt, dass eine Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen ausscheidet, wenn derjenige, der an einer solchen Kante zu Fall gekommen ist, aufgrund des konkreten Zustandes eines Weges die Gefahr bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit ohne weiteres hätte erkennen können (OLG Hamm, a.a.O. sowie VersR 1991, 1415). In diesem Fall ist es dem Benutzer des Weges zuzumuten, sich auf die Gefahr einzustellen.
So liegt es hier. Ein Niveauunterschied von 5cm ist bereits derart groß, dass er zumindest bei Tageslicht unschwer durch Fußgänger erkennbar ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Fußgänger - wie hier - nicht durch Schaufenster oder sonstige Gegebenheiten abgelenkt werden. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte die Klägerin den behaupteten Sturz ohne weiteres vermeiden können. Ihr Verschulden ist im Rahmen einer Abwägung mit einer etwaigen Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten als derart überwiegend zu qualifizieren, das die Verantwortlichkeit der Beklagten demgegenüber zurücktritt.
Die Klage war nach alledem mit den prozessualen Nebenentscheidungen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO abzuweisen.
Streitwertbeschluss:
Streitwert: 1.500,00 Euro
Die Streitwertentscheidung stützt sich auf § 3 ZPO.