Landgericht Osnabrück
Urt. v. 18.07.2005, Az.: 2 O 737/05

Verkehrssicherungspflichten für Treppenstufe in einem Restaurant; Allgemeine Rechtspflicht zur Rücksicht auf eine mögliche Gefährdung anderer im Verkehr; Schaffung einer Gefahrenquelle

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
18.07.2005
Aktenzeichen
2 O 737/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 32163
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2005:0718.2O737.05.0A

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des Autohofes ...... Am 23.06.2004 ging die (damals 66-jährige) Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann in den zu diesem Autohof gehörenden Restaurantbereich, um dort gemeinsam das Mittagessen einzunehmen. Die Klägerin hatte sich mit ihrem Ehemann an den Tisch Nr. 26 im Restaurantbereich gesetzt und eine Getränkebestellung aufgegeben. Der Essbereich des Restaurants, in dem die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann Platz genommen hatte, ist gegenüber dem übrigen Bereich etwas erhöht. Von dem weiteren Gastraum gelangt man über eine Stufe in den Essbereich. Ausweislich der von den Parteien vorgelegten Lichtbildern von dem Vorfallsbereich ist der untere Teil der Räumlichkeiten verfliest, während der auf einer Empore befindliche (weitere) Essbereich mit Holzdielen bzw. Parkett verlegt ist. Die Stufe selbst ist ebenfalls in Holz eingefasst und auf der Oberfläche der Stufe befindet sich ein Hinweisschild mit der Aufschrift "Vorsicht Stufe!", welches (zumindest) beim Betreten des Essbereichs lesbar ist. Auf der so genannten Empore befinden sich mehrere Tische. Die Klägerin hatte sich mit ihrem Ehemann an den unmittelbar an die Stufe links angrenzenden Tisch gesetzt. Nach der Getränkebestellung verließ die Klägerin ihren Platz, weil sie zur Toilette gehen wollte. Zu diesem Zweck musste sie zurück auf die untere Ebene gehen. Auf dem Weg zur Toilette musste die Klägerin die Stufe durch Hinuntergehen überwinden, dabei stürzte sie, fiel auf die rechte Seite und zog sich einen medialen Oberschenkelhalsbruch zu. In der Folgezeit wurde der Klägerin eine künstliche Hüfte implantiert.

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Mit der Klage begehrt die Klägerin u.a. die Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie die Leistung von Schadensersatz, den sie auf insgesamt 1.236,70 Euro beziffert.

3

Die Klägerin behauptet, sie habe die Stufe von oben aus dem Essbereich (Empore) heraus nicht sehen können. Die Stufe sei - insoweit unstreitig - durch eine (besondere) Beleuchtung nicht kenntlich gemacht, ferner habe die Stufe auch keine besondere Kennzeichnung aufgewiesen. Die auf der Stufe befindliche Aufschrift sei nicht zu erkennen, wenn man die Empore verlässt und über die Stufe in den etwas tiefer gelegenen Bereich hinuntergeht. Aus ihrem Sichtwinkel sei die Stufe nicht zu erkennen gewesen, da die Lichtverhältnisse eine Unterscheidung der Stufe zu den übrigen Bodenverhältnissen nicht ermöglicht hätten. Zudem sei die Stufe derart niedrig, dass sie dem Besucher nicht ins Auge falle, sie sei für sie selbst nicht wahrnehmbar gewesen. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Die Beklagte hätte notfalls ein Geländer im Bereich der Stufe anbringen müssen. Für die ihr entstandenen Schäden sei die Beklagte eintrittspflichtig.

4

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.)

    die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.236,70 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17.03.2005 zu zahlen;

  2. 2.)

    die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld (3.000,-- Euro) nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17.03.2005 zu zahlen;

  3. 3.)

    festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 23.06.2004 im Maxi Autohof ..., im ... in ..., zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstige Träger übergegangen sind.

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Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Sie ist der Ansicht, ihr könne eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht angelastet werden. Sie behauptet, die Klägerin habe sich den Sturz selbst anzulasten. Sie behauptet weiter, durch das auf der Stufe angebrachte Schild sei eine ausreichende Absicherung sowie ein ausreichend deutlicher Hinweis auf die Stufe erfolgt. Die Fußbodenbeläge würden zudem optisch deutliche Unterschiede aufweisen. Bei einiger Aufmerksamkeit auf dem Weg zur Toilette hätte die Klägerin das tiefere Niveau der mit Fliesen bedeckten Oberfläche erkennen können. Weiter meint die Beklagte, der Unfall stelle sich nicht als Unglück dar, für das niemand die Verantwortung trage.

7

Hinsichtlich der Schadenshöhe meint die Beklagte, die Klägerin müsse sich ersparte Aufwendungen in Höhe von 10,-- Euro täglich anrechnen lassen. Während der Krankenhausaufenthalte habe die Klägerin Kosten im eigenen Haushalt erspart.

8

Das Gericht hat die Klägerin sowie einen der Geschäftsführer der Beklagten gemäß § 141 ZPO angehört.

Entscheidungsgründe

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Die (zulässige) Klage ist unbegründet.

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Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe des vorgestellten Betrages (3.000,-- Euro) gemäß § 253 Abs. 2 BGB, des Weiteren steht der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB zu.

11

Auf den Schadensfall findet das seit dem 01.08.2002 geltende Schadensersatzrecht Anwendung.

12

Unabhängig davon, ob der Beklagten ein Unterlassen in Form der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht überhaupt angelastet werden kann, würde ein etwaiger Verstoß der Beklagten gegen die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht gegenüber dem Beitrag der Klägerin zu dem Unfallgeschehen (Unaufmerksamkeit und Unachtsamkeit) völlig zurücktreten.

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Die Beklagte hat für das von der Klägerin geschilderte Unfallereignis und die dabei von ihr erlittenen Verletzungen (Oberschenkelhalsbruch) sowie die materiellen Schäden haftungsrechtlich nicht einzustehen. Vielmehr rechtfertigt es das gravierende Eigenverschulden der Klägerin, dieser für die durch das Unfallereignis eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und nachteiligen Folgen sowie materiellen Schäden haftungsrechtlich selbst einstehen zu lassen, § 254 Abs. 1 BGB.

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Zunächst ist zu konstatieren, dass die objektive Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte, für die die Klägerin ebenso beweisbelastet ist wie für die Ursächlichkeit eines darauf beruhenden Sturzes und die von ihr infolge des Sturzes erlittenen Verletzungen, bereits zweifelhaft ist. Die allgemeine Rechtspflicht, im Verkehr Rücksicht auf die (mögliche) Gefährdung anderer zu nehmen, beruht auf dem Gedanken, dass jeder, der Gefahrenquellen schafft, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze Dritter zu treffen hat. Da eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, nicht erreichbar ist, muss nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Vielmehr sind nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten tunlichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer und nicht ganz fern liegender Benutzung drohen (Palandt, BGB, 64. Aufl.; § 823 Rn. 51 unter Hinweis auf BGH NJW 1985, 1076). Grundsätzlich muss sich aber der Benutzer eines Geländes oder eines Gebäudes den gegebenen Verhältnissen anpassen und den Zustand des betreffenden räumlichen Bereichs so hinnehmen, wie er sich ihm erkennbar darbietet. Dabei wird der Umfang der Verkehrssicherungspflicht von der Art und Häufigkeit der Benutzung des Verkehrsweges maßgebend mitbestimmt. Des Weiteren muss der Verkehrs -sicherungspflichtige in objektiv zumutbarer Weise alle, aber auch nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die sich dieser nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag.

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Unter Beachtung dieser Voraussetzungen, unter Berücksichtigung des Sachvortrags der Klägerin, dem Ergebnis der gemäß § 141 ZPO durchgeführten Anhörung sowie der überreichten und in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen sowie erörterten Lichtbilder von dem Unfallbereich ist eine (objektive) Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte schwerlich anzunehmen, zumindest aber sehr zweifelhaft.

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Der Stufenbereich stellt sich unter Berücksichtigung der von den Parteien vorgelegten (und teilweise in der mündlichen Verhandlung erörterten) Fotodokumentation sowie der weiteren äußeren Umstände nicht als wirkliche (und ernst zu nehmende) Gefahrenstelle dar, die ein über die getroffenen Maßnahmen hinaus notwendiges Eingreifen der Beklagten als Verkehrssicherungspflichtige erfordert hätte. Die überreichten Lichtbilder zeigen in anschaulicher Deutlichkeit, dass von dem gefliesten Bereich der weitere Restaurantbereich über eine Stufe zu erreichen ist und die Beklagte hatte auf diesen Stufenbereich durch ein auf der Stufe angebrachtes Schild (Vorsicht Stufe!) auf diese "Gefahrenstelle" hingewiesen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Geschäftsführers der Beklagten handelt es sich insgesamt bei dem Gaststättenbereich um einen großen - optisch unterteilten - Raum und in diesem Bereich sind die Lichter stets eingeschaltet. Die Lichtanlage wird über einen Stromkreis geschaltet. Weiter befindet sich in dem Raum auf der gesamten Länge eine Fensterfront, also sowohl in dem Bereich des mit Fliesen verlegten Bodens als auch im Bereich der Empore. Die Klägerin selbst hat anlässlich ihrer Anhörung angegeben, dass beim Betreten des Restaurantbereichs für eine Zeitdauer von ca. 30 Minuten Sonnenschein geherrscht habe und die Lichtverhältnisse im Außenbereich hell gewesen seien. Unter normalen Umständen war es deshalb einem Besucher ohne Weiteres möglich, das auf der Stufe angebrachte Warnschild sowie - unter Berücksichtigung der Lichtverhältnisse - die Stufe selbst zu erkennen. Weitere Maßnahmen waren durch die Beklagte als Verkehrssicherungspflichtige nicht zu ergreifen, um auf den Stufenbereich aufmerksam zu machen und eine Gefährdung von Benutzern zu verhindern. Die Forderung der Klägerin, in dem Bereich der Stufe einen so genannten Handlauf anzubringen, erscheint dem Gericht nicht gerechtfertigt. Nach dem Lichtbild (Bild 1 - Blatt 24 der Akten) befindet sich - wenn man auf die Empore in den weiteren Restaurantbereich gehen will - linksseitig eine Brüstung. Diese Brüstung konnte von einem Besucher ähnlich einem angebrachten Handlauf als Hilfsmittel zum Überwinden der Stufe benutzt werden. Die konkrete Gestaltung der Stufe stellt sich auch nicht als beanstandungswürdig dar.

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Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Anhörung erklärt, sie sei über den mit Bodenfliesen ausgestatteten Raum über die Stufe auf die Empore gelangt, wo sie sich gemeinsam mit ihrem Ehemann einen Tisch ausgesucht habe. Daraus ergibt sich, dass der Klägerin das Betreten der Empore ohne Schwierigkeiten und ohne jede Gefahr möglich war. Dabei hatte sie nach ihrer eigenen Erklärung auf das auf der Stufe angebrachte Schild (Vorsicht Stufe!) nicht geachtet bzw. dieses nicht bewusst wahrgenommen. Insgesamt befand sich der Stufenbereich in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügen- den Zustand, der eine möglichst gefahrlose Benutzung zuließ. Dies ergibt sich insbesondere auch noch daraus, dass sich die Bodenbereiche optisch voneinander deutlich unterschieden, und zwar sowohl nach der Farbgebung als auch nach den verwandten Materialien. Die unterschiedlichen Bodenmaterialien mit unterschiedlicher Farbgebung wiesen bereits darauf hin, dass die Bereiche der Raststätte optisch getrennt werden sollten. Der Klägerin war es nach ihrer eigenen Bekundung im Rahmen der Anhörung gemäß § 141 ZPO problemlos gelungen, die Stufe zum Aufsuchen der Empore gefahrlos zu überwinden. Die Annahme, der Stufenbereich entspreche einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand, der eine möglichst gefahrlose Benutzung zulasse, wird zudem eindrucksvoll belegt durch die Tatsache, dass es bisher in diesem Bereich zu einem Unfallgeschehen nicht gekommen ist, obwohl gerade dieser Bereich durch Besucher der Gaststätte stark frequentiert wird. Der Geschäftsführer der Beklagten hat im Rahmen der Anhörung - unwidersprochen - erklärt, dass es in dem betreffenden Bereich noch nie zu einem Unfallgeschehen gekommen sei. Dies ist ein Beleg dafür, dass zahlreichen Benutzern das Überwinden der Stufe keine Probleme bereitete und damit regelmäßig eine gefahrlose Begehung möglich war. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass ein Besucher einer Raststätte nicht davon ausgehen darf, dass sämtliche Räumlichkeiten ebenerdig ausgestattet sind, vielmehr ist stets damit zu rechnen, dass Raststättenbereiche über Stufen verfügen. Die Klägerin hatte im Übrigen auf die Stufe durch das aufgebrachte Schild besonders hingewiesen. Im Übrigen ist nochmals darauf hinzuweisen, dass der Verkehrsteilnehmer sich den gegebenen Verhältnissen anzupassen hat und diese so hinzunehmen hat, wie sie sich ihm erkennbar darbieten und deshalb auch mit typischen Gefahrenquellen zu rechnen ist. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - insoweit im Protokoll nicht festgehalten - gefordert hat, die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht würde gebieten, entsprechende Hinweisschilder zumindest in Augenhöhe anzubringen bzw. aufzustellen, kann dem nicht gefolgt werden. Er hat sogar weiter die Auffassung vertreten, dass mehrere Hinweisschilder angebracht werden müssten. Dies würde insgesamt eine Überspannung der Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht bedeuten.

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Unabhängig von der Frage, ob die Beklagte die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, ist jedenfalls festzustellen, dass das konkrete Handeln der Klägerin zumindest als schuldhafte Selbstgefährdung der Vorschrift des § 254 BGB unterfällt und eine Haftung bzw. Mithaftung der Beklagten nicht erlaubt. Die Bestimmung des § 254 BGB ist eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Verschulden im Sinne dieser Vorschrift ist der vorwerfbare Verstoß gegen Gebote des eigenen Interesses; es handelt um ein "Verschulden gegen sich selbst". Nach dem von der Rechtsprechung und Lehre entwickelten Tatbestand des Handelns auf eigene Gefahr ist eine Haftung unter Umständen dann ausgeschlossen, wenn sich jemand bewusst in eine Situation drohender Eigengefährdung begibt. Es ist anerkannt, dass Handeln auf eigene Gefahr als schuldhafte Selbstgefährdung unter die Bestimmung des § 254 BGB fällt (vgl. Palandt, a.a.O., § 254 Rn. 32 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).

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Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin den Stufenbereich beim Betreten des auf der Empore befindlichen Essbereiches problemlos überschritten hatte. Zudem war ihr der Stufenbereich nach dem Betreten der Empore bekannt. Als sie nach etwa 15 bis 20 Minuten Verweildauer in dem Restaurantbereich die Toilette aufsuchen wollte, hätte sie sich auf die ihr bekannte "Gefahrenstelle" einstellen müssen und bei der nötigen Achtsamkeit und Sorgfalt diese Stufe ohne Probleme und ohne größere Anstrengungen passieren können. Im Rahmen ihrer Anhörung hat die Klägerin eingeräumt, auf dem Weg zur Toilette habe sie sich durch Blick in den Raum im Hinblick auf die aufzusuchende Toilette zu orientieren versucht und sei dabei weitergegangen. Sie habe sich in diesem Moment mehr auf die Suche nach den Toilettenräumen konzentriert und nach entsprechenden Hinweisschildern Ausschau gehalten, obwohl ihr Ehemann zuvor ihr bereits gesagt hatte, wo sie die Toilette finden könne. Sie sei dann in dem Bereich, der aus ihrer Sicht rechts befindlichen Brüstung im Bereich der Stufe gestürzt, nachdem sie den Stuhl, auf dem ihr Ehemann Platz genommen hatte, umgangen habe.

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Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass ein Sturz ohnehin bereits den Schluss auf ein erhebliches Maß an Unaufmerksamkeit zulässt (vgl. Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss des 9. Zivilsenats vom 01.06.2002, 9 U 40/02). Der Sturz der Klägerin ist unter Berücksichtigung ihrer eigenen Angaben damit erklärlich, dass sie die in eigenen Angelegenheiten zu beachtende Sorgfalt außer Acht ließ. Letztlich hat sich für die Klägerin ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht. Bei gehöriger Aufmerksamkeit und Sorgfalt hätte die Klägerin - wie bereits auf dem Hinweg - die Stufe ohne eigene Gefährdung überwinden können. Möglicherweise war sie - wie sich ihrer Erklärung auch zwanglos entnehmen lässt - beim Begehen des konkreten Bereiches wegen der Suche nach entsprechenden Schildern, die den Weg zur Toilette auswiesen, nicht ausreichend konzentriert bzw. abgelenkt.

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Soweit die Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung darauf hingewiesen hat, beim Blick in den mit Bodenfliesen verlegten Raum habe sie es so empfunden, dass dieser Raum sehr dunkel gewesen sei - jedenfalls nicht so hell wie der von ihr und ihrem Ehemann aufgesuchte Bereich - und der vor ihr liegende an die Stufe anschließende Raum sei dunkler gewesen, kann sie dies nicht entlasten. Der Geschäftsführer der Beklagten hat unwidersprochen behauptet, dass in dem Restaurantbereich die Lichter stets komplett eingeschaltet seien. Auf den vorgelegten Lichtbildern ist zudem ohne Weiteren ersichtlich, dass die Sichtmöglichkeiten für die Klägerin nicht in relevanter Weise eingeschränkt waren. Insoweit mag es sich um eine subjektive Empfindung der Klägerin gehandelt haben, die aber mit den auf den überreichten Lichtbildern dargestellten objektiven Verhältnissen (sowie ihren weiteren Erklärungen anlässlich ihrer Anhörung) nicht in Einklang zu bringen sind. Wenn man zudem aber einmal unterstellt, dass die Sicht für die Klägerin infolge Dunkelheit eingeschränkt gewesen wäre, so hätte dies die Klägerin umso mehr zu besonderer Sorgfalt und Vorsicht veranlassen müssen. Sie durfte dann nicht ohne Weiteres ihren Weg fortsetzen und sich einer möglichen Gefahr aussetzen; vielmehr hätte sich die Klägerin in dieser Situation ggfls. der Hilfe ihres Ehemannes bedienen müssen, um eine Eigengefährdung auszuschließen. In diesem Falle wäre der Sturz mithin adäquat kausal (auch) dadurch verursacht, dass die Klägerin die von ihr aufzuwendende größtmögliche Sorgfalt nicht umsetzte.

22

Da die Klägerin selbst gegen eigene Schutzinteressen verstoßen hat, kann sie die Beklagte für das behauptete Schadensereignis nicht verantwortlich machen. Es handelt sich letztlich um einen bedauerlichen Unglücksfall, der eine Haftung der Beklagten nicht rechtfertigt.

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Aus den erfolgten Ausführungen erschließt sich ohne Weiteres, dass auch der Feststellungsantrag unbegründet ist.