Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.01.2017, Az.: 13 TaBV 109/15

Umfang der Mitbestimmung des Betriebsrats bei Bildschirmarbeit

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
11.01.2017
Aktenzeichen
13 TaBV 109/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
[keine Angabe]
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2017:0111.13TABV109.15.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Hannover - 07.10.2015 - AZ: 13 BV 5/15

Fundstellen

  • ArbR 2017, 285
  • AuA 2017, 306-307
  • AuUR 2017, 267
  • EzA-SD 14/2017, 15

Amtlicher Leitsatz

1. § 4 Abs. 1 BildscharbV ist eine Rahmenvorschrift zum Gesundheitsschutz, bei deren Ausfüllung der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen hat.

2. Die vorherige Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung (§§ 5 ArbSchG, 3 BildscharbV) ist keine zwingende Voraussetzung für die Ergreifung geeigneter Maßnahmen im Sinne des § 4 Abs. 1 BildscharbV, damit die Bildschirmarbeitsplätze den Anforderungen des Anhangs und sonstiger Rechtsvorschriften entsprechen.

3. Die Anzahl der am jeweiligen Bildschirmarbeitsplatz zur Verfügung zu stellenden Bildschirme gehört nicht zu den im Rahmen von Ziffern 1 bis 5 des Anhangs zur BildscharbV zu konkretisierenden Anforderungen an den Bildschirm bzw. das Bildschirmgerät.

4. Durch Spruch der Einigungsstelle kann der Arbeitgeber nicht wirksam verpflichtet werden, bei einem Einsatz seiner Arbeitnehmer in Kundenbetrieben sicherzustellen, dass die dortigen Arbeitsmittel und die dortige Arbeitsumgebung den Anforderungen entsprechen, die er mit dem Betriebsrat für seinen eigenen Betrieb vereinbart hat.

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 07.10.2015 (13 BV 5/15) teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass der Teilspruch der Einigungsstelle "Gestaltung der Arbeitsplätze" vom 19.12.2014 im Hinblick auf folgende weitere Regelungen unwirksam ist:

- Ziff. 3, Punkt 2 letzter Satz ("Auf Antrag des Mitarbeiters oder der Führungskraft nach Entscheidung von IHS erhält der Mitarbeiter zwei Monitore mit je 24".")

- Ziff. 3 Punkt 6, 2. Absatz ("Ergonomische Haltung", "körperliche Anforderungen" und "Funktionen der Stühle (Einstellbarkeit)" sowie das "Zusammenwirken mit den anderen Arbeitsmitteln" sind Gegenstände der Unterweisung nach § 12 ArbSchG).

- Ziff. 4, 1. Absatz ("Die Arbeitgeberin stellt sicher, dass Arbeitsmittel und Arbeitsumgebung auch bei der Tätigkeit von Beschäftigten in anderen Betrieben der IBM oder Drittunternehmen den Anforderungen der Ziff. 3 dieser Vereinbarung entsprechen.")

- Ziff. 4, 3. Absatz ("Für Kurzzeiteinsätze können die Betriebsparteien abweichende Regelungen treffen.")

Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 07.10.2015 (13 BV 5/15) wird zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Teilspruchs einer Einigungsstelle zum Gesundheitsschutz.

Die Antragstellerin erbringt mit 97 Arbeitnehmern IT-Dienstleistungen für Drittunternehmen (Einführung und Änderung bzw. Betrieb und Wartung von EDV-Anwendungen einschließlich der jeweiligen Leitungsfunktionen). Der Beteiligte zu 2 ist der für den Betrieb C-Stadt gebildete Betriebsrat.

Von den Arbeitnehmern der Antragstellerin arbeiten 94 in der Regel außerhalb des Betriebes bei den Kunden, teilweise auch von zu Hause aus und nur ausnahmsweise und unregelmäßig in den Betriebsräumlichkeiten in C-Stadt. Die Antragstellerin stellt ihnen für ihre Tätigkeit Laptops/Notebooks, externe Tastaturen und Mäuse zur Verfügung.

In den Betriebsräumlichkeiten in C-Stadt existieren 3 eingerichtete und bestimmten Arbeitnehmern zugeordnete Arbeitsplätze. Alle anderen Beschäftigten der Antragstellerin müssen sich dort einen freien Arbeitsplatz suchen, wenn sie nicht bei Kunden eingesetzt sind oder von zu Hause aus arbeiten. Es besteht im Grundsatz keine Anwesenheitspflicht im Betrieb. Durchschnittlich arbeiten ca. 3 bis 5 Beschäftigte der Antragstellerin zeitgleich im Betrieb. Im Durchschnitt arbeitet jeder Mitarbeiter mindestens einmal im Monat einen halben Tag dort. Wenn ein Mitarbeiter im Betrieb arbeitet, erfolgt dies allerdings oftmals für den ganzen betreffenden Arbeitstag.

Die Antragstellerin hat in ihrem Betrieb das sogenannte E-Place-Konzept eingeführt, dessen Bestandteil der sogenannte "clean desk" ist. Dies bedeutet, dass die betrieblichen Arbeitsplätze auch für Beschäftigte anderer Standorte der Antragstellerin und anderer (Konzern-) Gesellschaften verfügbar sind. Es gibt am Standort C-Stadt ca. 60 Büroarbeitsplätze bestehend aus jeweils einem leeren, 160 cm breiten und 80 cm tiefen, manuell höhenverstellbaren Arbeitstisch und einem Arbeitsstuhl. 30 von diesen Arbeitstischen sind der Antragstellerin zugeordnet, von denen wiederum 10 Tische mit einem Monitor der Bildschirmgröße von mindestens 23 bzw. 22 Zoll ausgestattet und höchstens neun Tische bis zur Stehhöhe verstellbar sind. Die im Betrieb arbeitenden Arbeitnehmer nutzen - falls gewünscht und nicht besetzt - die vorhandenen Monitore über ihr Notebook. Ansonsten arbeiten sie im Betrieb mit ihrem Notebook, dessen Monitor in der Regel 14,1 Zoll groß ist. Für diese Nutzung sind in der Höhe verstellbare dreh- und kippbare Auflagenflächen vorhanden. Die Beschäftigten der Antragstellerin sind verpflichtet, bei Arbeitsende alle Arbeitsmittel - neben Laptop/Notebook, zugehöriger Standardmaus und Tastatur im Wesentlichen Büromaterialien und sonstige Unterlagen - wegzuräumen. Bei Vorliegen einer medizinischen Indikation stellt die Antragstellerin den betreffenden Mitarbeiten einen personalisierten Arbeitsplatz mit einem bis zur Stehhöhe verstellbaren Arbeitstisch und/oder einen den medizinischen Erfordernissen entsprechenden Monitor zur Verfügung.

In den Kundenbetrieben finden die Arbeitnehmer der Antragstellerin unterschiedliche Einsatzbedingungen vor. Günstigstenfalls wird ihnen dort für ihre Arbeiten ein fester Raum mit Hardware zur Verfügung gestellt, teilweise muss bei Kunden aber auch ausschließlich mit mitgebrachter Hardware (Laptop/Notebook etc.) in wechselnden Räumlichkeiten gearbeitet werden. Die Arbeitnehmer der Antragstellerin sind im Regelfall zwischen mehreren Wochen und mehreren Jahren bei einem Kunden eingesetzt. Meistens sind sie dabei einem bestimmten Projekt zugeordnet, was auch bedeuten kann, dass sie in diesem Zeitraum an unterschiedlichen Standorten des betreffenden Kunden tätig werden müssen. Kurzzeiteinsätze von maximal 1 bis 2 Wochen sind die Ausnahme.

Mit arbeitsgerichtlichem Vergleich vom 11.09.2012 vereinbarten die Beteiligten die Einsetzung einer Einigungsstelle zum Thema Gesundheitsschutz. Diese sollte u. a. die Gefährdungsbeurteilung, die Unterweisung sowie die Gestaltung der Arbeitsbedingungen gemäß den gesetzlichen Vorgaben in § 4 ArbSchG und dem Anhang zur Bildschirmarbeitsverordnung regeln. Nach einer Arbeitsplatzbegehung fasste die Einigungsstelle in ihrer Sitzung vom 19.12.2014 einen Teilspruch "Gestaltung der Arbeitsplätze". Darin heißt es u.a.:

"3. Anforderungen an die Gestaltung der Arbeitsplätze

Aus §§ 3,4 ArbeitsSchG und § 4 BildschirmarbV ergibt sich die Verpflichtung der Arbeitgeberin, die Anforderungen bei der Gestaltung der Arbeitsplätze einschließlich der Arbeitsumgebung entsprechend den nachfolgenden Regelungen umzusetzen; hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich um die Einrichtung von Flex-Arbeitsplätzen handelt, die von unterschiedlichen Arbeitnehmern zu unterschiedlichen Zeiten genutzt werden:

- Zur Verfügungstellen von einfach (elektrisch oder hydraulisch) bis zur Stehhöhe höhenverstellbaren Arbeitstischen mit einer ausreichend großen (mind. 160 cm breit und 100 cm tief bei 2 Monitoren, bzw. mindestens 120 cm breit und 100 cm bei einem Monitor) Arbeitsfläche, auf der die Arbeitsmittel flexibel angeordnet werden können, und bei dem die Nutzer eine ergonomisch günstige Arbeitshaltung einnehmen können.

- Zur Verfügung stellen von Bildschirmgeräten, die frei und leicht drehbar und neigbar sind; bei Nutzung eines mobilen Endgerätes wird ein (zusätzlicher) Monitor bereitgestellt. Die Monitorgröße beträgt mindestens 24'' und ist auf die jeweilige Arbeitsaufgabe abgestimmt. Mitarbeitern, die in den Bereichen SAP -Basis oder BAO (Business Analytics & Optimization) arbeiten, wird ein 27'' Monitor zur Verfügung gestellt. Auf Antrag des Mitarbeiters oder der Führungskraft nach Entscheidung von IHS erhält der Mitarbeiter 2 Monitore mit je 24"".

- Zur Verfügung stellen von Tastaturen, die vom Bildschirmgerät getrennt und neigbar sind, sodass der Benutzer eine ergonomisch günstige Arbeitshaltung einnehmen kann. Dabei müssen Form und Anschlag der Tasten eine ergonomische Bedienung der Tastatur gemäß DIN EN ISO 9241 - 400 und 401 ermöglichen. Die Beschriftung der Tasten muss sich vom Untergrund deutlich abheben und bei normaler Arbeitshaltung lesbar sein; die Tastatur muss eine reflexionsarme Oberfläche haben.Hierfür geeignet sind

(...)

oder vergleichbare Modelle; die Auswahl erfolgt unter Berücksichtigung der jeweiligen Aufgabe und der körperlichen Anforderungen der Beschäftigten.

- Zur Verfügung stellen jeweils einer Maus, die durch ihre Gestaltung die körperlichen Anforderungen unterstützt, d.h. kein (Ver-)Drehen des Unterarms bzw. des Handgelenks erfordert und der Handgröße, der Aufgabe (zum Beispiel scrollen) und der Arbeitsweise (z. B. Rechts-, Linkshänder) angepasst ist.

Hierfür geeignet sind

(...)

oder vergleichbare Modelle; die Auswahl erfolgt unter Berücksichtigung der jeweiligen Aufgabe unter körperlichen Anforderungen der Beschäftigten.

- Für jeden Nutzer wird ausreichender Raum für wechselnde Arbeitshaltungen und störungsfreies Arbeiten eingeplant.

- Raum und Arbeitsplatz werden so beleuchtet, dass für den einzelnen Beschäftigten die Ziffern 3,4,15,16 des Anhangs BildschirmarbV erfüllt sind und damit die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten unterstützt wird.

4. Tätigkeit von Beschäftigten in anderen Betrieben

Die Arbeitgeberin stellt sicher, dass Arbeitsmittel und Arbeitsumgebung auch bei der Tätigkeit von Beschäftigten in anderen Betrieben der IBM oder Drittunternehmen den Anforderungen der Ziffer 3. dieser Vereinbarung entsprechen.

Soweit diese Beschäftigten zur Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben Arbeitsmittel der Arbeitgeberin mit sich führen, erhalten Sie geeignete Behältnisse (zum Beispiel Rucksack oder Rollkoffer) zum Transport ihrer Arbeitsmittel (zum Beispiel Laptop, Tastatur, Maus, Netzteil, Kabel, Unterlagen) unter Berücksichtigung der LasthandhabV.

Für Kurzzeiteinsätze können die Betriebsparteien abweichende Regelungen treffen."

Mit dem beim Arbeitsgericht am 20.01.2015 eingegangen Antrag hat die Antragstellerin die Feststellung der Unwirksamkeit des ihr am 06.01.2015 zugestellten Teilspruchs begehrt.

Die Antragstellerin hat vorgetragen, die Wirksamkeit des Einigungsstellenteilspruchs scheitere schon daran, dass die Gestaltung der Arbeitsplätze ohne vorherige Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung geregelt worden sei. Dies sei in ähnlicher Weise fehlerhaft wie die Durchführung einer Unterweisung nach dem Arbeitsschutzgesetz, ohne zuvor eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt zu haben. Im Übrigen seien die Arbeitsplätze bereits geeignet eingerichtet.

Zur Regelung des Themas "Arbeitstische" bestehe kein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 2. Die im Anhang zur Bildschirmarbeitsverordnung festgelegten Anforderungen seien so präzise gefasst, dass kein Spielraum offen bleibe und damit ein Mitbestimmungsrecht ausscheide. Die im Betrieb befindlichen Arbeitstische genügten den Anforderungen der Bildschirmarbeitsverordnung.

Eine Verpflichtung zur Bereitstellung zusätzlicher Monitore, zumal in den vorgegebenen Größen, lasse sich weder dem Anhang der Bildschirmarbeitsverordnung entnehmen noch entspreche dies gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen. Im Übrigen bestehe bei ihr die Möglichkeit, tätigkeitsbezogen besondere oder zusätzliche Monitore zu erhalten, sofern der Bedarf von der zuständigen Führungskraft bestätigt werde. Auch seien im Betrieb in C-Stadt bereits 12 nicht personalisierte Monitore mit einer Größe von 24 Zoll vorhanden. Sie verfüge über Bildschirmgeräte der Größe 22 bis 27 Zoll. In der Praxis legten die Mitarbeiter aber gar keinen Wert auf die Nutzung eines externen Monitors.

Eine Verpflichtung zur "Zurverfügungstellung von Transportbehältern" ergebe sich weder aus der Bildschirmarbeitsverordnung noch aus deren Anhang.

Das Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 2 erstrecke sich zudem nicht auf Arbeitsplätze außerhalb ihres Betriebs bei Kunden.

Die Antragstellerin hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass der Teilspruch "Gestaltung der Arbeitsplätze" der Einigungsstelle Gesundheitsschutz vom 19.12.2014 unwirksam ist.

Der Beteiligte zu 2 hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat den angefochtenen Teilspruch verteidigt und insbesondere geltend gemacht, die Verbesserung bestehender Arbeitsbedingungen erfolge zwar regelmäßig über die Gefährdungsbeurteilung. Darüber hinaus sei der Arbeitgeber aber verpflichtet, seine Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass diese den Anforderungen bestehender Rechtsnormen entsprächen. Die Einigungsstelle habe bei ihrer Entscheidung berücksichtigt, dass die sogenannten Arbeitsplätze bei der Antragstellerin eigentlich gar keine (Bildschirm-) Arbeitsplätze seien, da diese von Fall zu Fall durch Beschäftigte eingerichtet und ansonsten nur eine leere Bürotischplatte aufweisen würden, weshalb auch eine Gefährdungsbeurteilung keinerlei Erfolg haben könne. Dieser Umstand habe die Einigungsstelle bewogen, die Antragstellerin zu veranlassen, überhaupt Arbeitsplätze einzurichten.

Bei einer Arbeitstischtiefe von 80 cm sei der Sehabstand zum Monitor zu gering.

Ein 14,1 Zoll Notebookbildschirm entspreche hinsichtlich Zeichengröße, Schärfe und Zeilenabstand nicht den Anforderungen des Anhangs zur Bildschirmverordnung.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 07.10.2015 (Bl. 129 - 136 R d.A.), auf den bezüglich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens und seiner Würdigung durch das Arbeitsgericht verwiesen wird, festgestellt, dass der Teilspruch der Einigungsstelle hinsichtlich der Regelungen zu Maus, Raum für wechselnde Arbeitshaltungen, Beleuchtung und Transportbehältnissen unwirksam ist. Hiergegen richten sich die am 09.12.2015 eingelegten und fristgerecht begründeten Beschwerden beider Beteiligten.

Die Antragstellerin macht geltend, ohne eine Regelung über die Gefährdungsbeurteilung könne keine Regelung über die Gestaltung der Arbeitsplätze erfolgen, da sich erst aus der Gefährdungsbeurteilung die erforderlichen Maßnahmen nach der Bildschirmarbeitsverordnung und der Betriebssicherheitsverordnung ergäben.

Bezüglich der Arbeitstische besage der Anhang zur Bildschirmarbeitsverordnung nichts zur Höhenverstellbarkeit. Die Festlegung der Mindestgröße sei ermessensfehlerhaft, da sie ohne vorherige Sinnhaftigkeitsprüfung unter Berücksichtigung gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern lediglich "frei Schnauze" erfolgt sei.

Auch bestehe kein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf einen zweiten Bildschirm bzw. die Bildschirmgröße.

Hinsichtlich der Tastaturen enthalte der Anhang zur Bildschirmarbeitsverordnung keinen ausfüllungsbedürftigen Rahmen.

In Bezug auf die Regelungen zu Arbeitsstühlen wiederhole der Teilspruch nur den Wortlaut des Anhangs der Bildschirmarbeitsverordnung ohne nähere Konkretisierung. Für die geregelte Unterweisung nach § 12 ArbSchG bezüglich der Arbeitsstühle fehle eine ausfüllungsbedürftige Vorschrift zum Gesundheitsschutz. Eine unmittelbare Gesundheitsbeeinträchtigung sei insoweit nicht ersichtlich.

Die Annahme, sie könne die Ausstattung von Arbeitsplätzen bei Kunden im Rahmen von Vertragsgesprächen steuern, sei lebensfremd und realitätsfern. Die Verpflichtung berge die Gefahr, dass sie Aufträge verliere oder gar nicht erst erhalte.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hannover vom 07.10.2015 (13 BV 5/15) festzustellen, dass der Teilspruch "Gestaltung der Arbeitsplätze" der Einigungsstelle Gesundheitsschutz vom 19.12.2014 insgesamt unwirksam ist.

Der Beteiligte zu 2 beantragt,

1. die Beschwerde zurückzuweisen und

2. unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hannover vom 07.10.2015 (13 BV 5/15) den Antrag zurückzuweisen.

Er trägt vor, es habe keiner Gefährdungsbeurteilung bedurft, um festzustellen, dass normative Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze durch leere Tische nicht erfüllt worden seien.

Eine Höhenverstellbarkeit von Arbeitstischen vermindere entsprechend gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse eine Belastung der Wirbelsäule. Die Regelung sei erforderlich, weil den (meisten) Beschäftigten bei der Antragstellerin keine festen Arbeitsplätze zugewiesen seien. Die festgelegte Fläche der Arbeitstische ergebe sich aus der Art der Tätigkeit und den in diesem Zusammenhang zusätzlich benötigten Arbeitsmitteln.

Bei einer Monitorgröße von mindestens 24" handele es sich um eine mittlerweile normale Größe von Monitoren. Die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse über die Ausgestaltung der Hardware seien nicht lediglich dem Anhang der Bildschirmarbeitsverordnung zu entnehmen, sondern der ISO 9241. Mit der Bildschirmgröße von 27", wahlweise 2 Monitoren á 24" für die im SAP-Bereich beschäftigten Mitarbeiter habe die Einigungsstelle berücksichtigt, dass die Arbeitnehmer häufig Datenabgleiche aus unterschiedlichen Systemen vornehmen müssten.

Auch bezüglich der Tastaturen ergäben sich die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse aus der ISO 9241.

Die Arbeitsplatzbegehung durch die Einigungsstelle habe ergeben, dass die Arbeitsstühle nicht den Anforderungen des Anhangs der Bildschirmarbeitsverordnung entsprochen hätten.

Die Antragstellerin sei schließlich verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Anforderungen des Arbeitsschutzgesetzes und der Bildschirmarbeitsverordnung auch bei einem Einsatz ihrer Beschäftigten in Drittunternehmen erfüllt würden. Die Antragstellerin habe die Möglichkeit, dies durch eine entsprechende Vertragsgestaltung mit ihren Kunden sicherzustellen.

Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht einzelne Regelungen des Einigungsstellenspruchs für unwirksam erklärt. So entsprächen die tatsächlich von der Antragstellerin zur Verfügung gestellten Mäuse nicht den speziellen ergonomischen Anforderungen der Tätigkeit an einem Notebook bzw. an einem Bildschirmgerät.

Mit den Regelungen zu einem ausreichenden Raum für wechselnde Arbeitshaltungen konkretisiere der Einigungsstellenspruch den Planungsansatz des § 4 ArbSchG.

Zur Beleuchtung enthalte der Einigungsstellenspruch eine hinreichende Konkretisierung durch die in Bezug genommenen Ziffern des Anhangs zur Bildschirmarbeitsverordnung.

Arbeitnehmer der Antragstellerin müssten Notebook, Maus, Ladegerät, Tastatur, Unterlagen in Papier, Schreibgerät und Smartphone zum Kunden transportieren, weshalb Transportmittel arbeitsnotwendig seien. Der ausfüllungsbedürftige Rechtsrahmen ergebe sich aus der Betriebssicherheitsverordnung.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde des Beteiligten zu 2 zurückzuweisen.

Sie macht geltend, für die vom Arbeitsgericht für unwirksam erklärten Regelungen fehle es jeweils an einer ausfüllungsbedürftigen Rahmenvorschrift bzw. einer unmittelbar objektiven Gesundheitsgefahr aufgrund der tatsächlich gegebenen betrieblichen Verhältnisse.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 89, 87 Abs. 2, 66 ArbGG). Sie ist auch im Übrigen zulässig und teilweise begründet.

1.

Der Antrag der Antragstellerin ist gemäß § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG statthaft. Da eine gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs keine rechtsgestaltende Wirkung hat, ist der Feststellungsantrag gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.

2.

Der Antrag ist teilweise begründet.

a)

Die Antragstellerin hat die Anfechtungsfrist gemäß § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG gewahrt. Die Zustellung des Teilspruchs der Einigungsstelle an die Antragstellerin erfolgte am 06.01.2015. Der Antrag mit Begründung ist am 20.01.2015 bei dem Arbeitsgericht eingegangen.

b)

Die Einigungsstelle hat bezüglich einzelner Regelungen die Grenzen billigem Ermessens (§ 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG) überschritten. Dies führt zur teilweisen Unwirksamkeit des Einigungsstellenbeschlusses.

aa)

Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle des von der Einigungsstelle ausgeübten Ermessens ist, ob die Regelung im Verhältnis zwischen den Betriebsparteien untereinander einen billigen Ausgleich der Interessen von Arbeitgeber und Betriebsrat als Sachwalter der Belegschaft darstellt. Die gerichtliche Beurteilung bezieht sich allein auf die getroffene Regelung als solche. Eine Überschreitung der Grenze des Ermessens im Sinne von § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG muss in der Regelung selbst als Ergebnis des Abwägungsvorgangs liegen. Ein rechtlich erheblicher Fehler im Sinne dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn sich die von der Einigungsstelle getroffene Regelung nicht als angemessener Ausgleich der Belange des Betriebs und Unternehmens auf der einen und der betroffenen Arbeitnehmer auf der anderen Seite erweist (BAG, 24.08.2004 - 1 ABR 23/03 - juris, Rn. 23).

bb)

Danach liegt ein rechtlich erheblicher Fehler in einer teilweisen Überschreitung der materiell-rechtlichen Zuständigkeit der Einigungsstelle.

(1)

Die Einigungsstelle ist gemäß § 87 Abs. 2 BetrVG befugt, in den Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG eine Regelung zu treffen. Ihre Kompetenz reicht dabei soweit, wie das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (BAG, 08.06.2004 - 1 ABR 4/03 - juris, Rn. 18).

(2)

In Bezug auf das hier allein in Betracht kommende Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber betriebliche Regelungen über den Gesundheitsschutz aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen hat und ihm bei der Gestaltung Handlungsspielräume verbleiben. Das Mitbestimmungsrecht setzt ein, wenn eine gesetzliche Handlungspflicht objektiv besteht und wegen des Fehlens einer zwingenden Vorgabe betriebliche Regelungen verlangt, um das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen. Eine Rahmenvorschrift liegt vor, wenn die gesetzliche Regelung Maßnahmen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes erfordert, die zu treffenden Maßnahmen aber nicht selbst detailliert beschreibt, sondern dem Arbeitgeber lediglich ein zu erreichendes Schutzziel vorgibt. Ob die Rahmenvorschrift dem Gesundheitsschutz unmittelbar oder mittelbar dient, ist unerheblich (BAG, 11.12.2012 - 1 ABR 81/11 - juris, Rn. 17). Allerdings besteht bei sehr weit gefassten, dem Gesundheitsschutz dienenden Generalklauseln, ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG nur unter der Einschränkung, dass eine unmittelbare objektive Gesundheitsgefahr bestehen muss, da anderenfalls für freiwillige Betriebsvereinbarungen gemäß § 88 Nr. 1 BetrVG und für ein Verlangen des Betriebsrats nach § 91 BetrVG kein nennenswerter Raum mehr verbleibt (vgl. BAG, 08.06.2004 - 1 ABR 13/03 - juris, Rn. 46). Maßgeblich für die Beurteilung ist die Rechtslage zum Zeitpunkt des Spruchs der Einigungsstelle.

(3)

Eine ausfüllungsbedürftige Rahmenvorschrift in dem vorstehenden Sinne stellte § 4 Abs. 1 der Bildschirmarbeitsverordnung (im Folgenden kurz: BildscharbV) in Verbindung mit den Regelungen des Anhangs in der bis zum 03.12.2016 gültigen Fassung (nunmehr Anhang 6 zur Arbeitsstättenverordnung) dar. § 4 Abs. 1 BildscharbV verwendete den Begriff "geeignete Maßnahmen". Dies sind nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BR-Drucksache 656/96) solche, die die Gewähr dafür bieten, dass die Anforderungen des Anhangs eingehalten werden. Es können verschiedene Maßnahmen in gleicher Weise geeignet sein, um die Anforderungen des Anhangs zu erfüllen. § 4 Abs. 1 BildscharbV und der Anhang regeln nicht abschließend, welche Maßnahmen zu treffen sind. Insbesondere die Verwendung von Adjektiven wie "ausreichend groß" "ausreichender Raum", "geeignete Lichtschutzvorrichtung", "einfach einstellbar" etc. im Rahmen des Anhangs vermitteln, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, verbleibende Handlungsspielräume, die der Konkretisierung bedürfen (vgl. HK-ArbSchR-Feldhoff, 1. Aufl., BildscharbV, Rn. 34; vgl. auch Pieper, ArbSchR, 5. Aufl., § 4 Rn. 10).

(4)

Bei der Antragstellerin bestehen Bildschirmarbeitsplätze im Sinne von § 4 Abs. 1 BildscharbV.

(a)

Gemäß § 2 Abs. 2 BildscharbV ist ein Bildschirmarbeitsplatz ein Arbeitsplatz mit einem Bildschirm, der mit den in Abs. 2 Nr. 1 bis 4 genannten Elementen ausgestattet sein kann, sowie die unmittelbare Arbeitsumgebung.

(b)

Danach liegt ein Bildschirmarbeitsplatz jedenfalls bezüglich derjenigen Arbeitstische vor, die die Antragstellerin zur Erledigung von Arbeiten durch ihre Beschäftigten mit einem Bildschirm ausgestattet hat. Aufgrund des weit gefassten Schutzzwecks der Richtlinie 90/270/EWG, deren Umsetzung die Bildschirmarbeitsverordnung dient, ist es für die Einordnung als Bildschirmarbeitsplatz unerheblich, ob dieser Arbeitsplatz regelmäßig oder mit stets anderen Beschäftigten besetzt ist (vgl. EuGH vom 12.12.1996 - C 74/95 - und - C 129/95 -). Unerheblich ist auch, ob der Bildschirm - wie hier - nur über ein Notebook/Laptop genutzt wird. Zwar handelt es sich bei Notebooks/Laptops an sich selbst um Bildschirmgeräte für den ortsveränderlichen Gebrauch, die bei nicht regelmäßigem Einsatz an einem Arbeitsplatz nicht der Bildschirmverordnung unterfallen (§ 1 Abs. 2 BildscharbV). In Verbindung mit einem externen Bildschirm handelt es sich jedoch bei einem Notebook/Laptop um ein Zusatzgerät, das zum Betreiben oder Benutzen des Bildschirms im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 3 BildscharbV gehört.

(5)

Die vorherige Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung im Sinne der §§ 5 Abs. 1 ArbSchG, 3 BildscharbV ist keine notwendige Voraussetzung der Verpflichtung, geeignete Maßnahmen im Sinne von § 4 Abs. 1 BildscharbV zu treffen.

Der Wortlaut der Vorschrift gibt Entsprechendes nicht her.

Für eine entsprechende Annahme könnte zwar die Gesetzessystematik sprechen. Insoweit ist zum einen die § 5 ArbSchG konkretisierende Regelung zur Gefährdungsbeurteilung in § 3 BildscharbV der hier auszulegenden Vorschrift des § 4 Abs. 1 BildscharbV unmittelbar vorangestellt. Auch spricht § 4 Abs. 2 Nr. 2 BildscharbV für die Vorstellung des Gesetzgebers, dass eine Gefährdungsbeurteilung die Grundlage für das Ergreifen "geeigneter Maßnahmen" im Sinne des § 4 Abs. 1 BildscharbV ist. Dies ist aber letztlich nicht zwingend. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BildscharbV hat der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen nach Abs. 1 auch zu treffen, wenn der bisherige Bildschirmarbeitsplatz wesentlich geändert wurde. Insoweit ist eine vorherige Gefährdungsbeurteilung wiederum nicht erwähnt.

Entscheidend ist Sinn und Zweck der Regelung. § 4 Abs. 1 BildscharbV in Verbindung mit dem Anhang dient der Umsetzung der Artikel 4 und 5 der Richtlinie 90/270/EWG. Nach Artikel 4 und 5 der Richtlinie stellen die im Richtlinienanhang aufgeführten und vom deutschen Gesetzgeber in den Anhang zur BildscharbV übernommenen, zum Teil schon recht konkreten Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze Mindestvorschriften dar, die an jedem Bildschirmarbeitsplatz im Sinne des § 2 Abs. 2 BildscharbV zu erfüllen sind. Zwar ist die Gefährdungsbeurteilung nach §§ 5 ArbSchG, 3 BildscharbV das zentrale Element für Sicherheit und Gesundheitsschutz sowie notwendige Voraussetzung für die betriebliche Umsetzung der Arbeitsschutzpflichten des Arbeitgebers. Nach Artikel 3 Abs. 2 der Richtlinie 90/270/EWG muss der Arbeitgeber "auf der Grundlage der Analyse gemäß Abs. 1 zweckdienliche Maßnahmen zur Ausschaltung der festgestellten Gefahren treffen". Das schließt aber - jedenfalls soweit es um Anforderungen nach dem Katalog des Anhangs geht - nicht aus, dass der Arbeitgeber als Adressat der Handlungspflicht aufgrund anderweitig gewonnener Erkenntnisse (z.B. einfache Arbeitsplatzbegehung, Mitarbeiterbefragung etc.) die geeigneten Maßnahmen im Sinne des § 4 Abs. 1 BildscharbV ergreift (zutreffend etwa LAG Hamburg, 20.01.2015 - 2 TaBVGa 1/15 - juris, Rn. 113; HK-ArbSchR/Blume/Faber, § 3 ArbSchG, Rn. 15) oder unabhängig von konkreten Erkenntnissen auf technische Normen und Handlungshilfen zur Konkretisierung des Anhangs zurückgreift.

(6)

Ein grundsätzlicher Ermessensfehler ergibt sich im vorliegenden Fall nicht daraus, dass die Einigungsstelle angesichts der ihr gerade mitübertragenen Regelung der Gefährdungsbeurteilung die sich daraus ergebenden Erkenntnisse nicht abgewartet hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Auftrag der Einigungsstelle hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung mit der Regelung der Grundsätze, insbesondere der Auswahl des geeigneten Verfahrens, endet. Die anschließende Erstellung der Gefährdungsbeurteilung selbst kann demgegenüber noch geraume Zeit in Anspruch nehmen. Der Anhang zu § 4 Abs. 1 BildscharbV enthält aber gerade im Sinne von Mindeststandards zwingende Vorgaben für die Gestaltung der objektiven ergonomischen Anforderungen an allen Bildschirmarbeitsplätzen einschließlich Software und unmittelbarer Umgebung. Die Einigungsstelle hat insoweit Handlungsbedarf aufgrund einer Arbeitsplatzbegehung erkannt. Den von der Antragstellerin geäußerten Bedenken kann hinreichend dadurch Rechnung getragen werden, dass bei den einzelnen Regelungen zur Gestaltung der Arbeitsplätze jeweils eine Ermessensüberschreitung insbesondere in Bezug auf das Merkmal "Erforderlichkeit" im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG zu prüfen ist.

(7)

Die Überprüfung der von der Antragstellerin mit der Beschwerde beanstandeten Regelungen im Einzelnen anhand der vorstehenden rechtlichen Vorgaben führt zu einer teilweisen Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

(a)

Zutreffend hat das Arbeitsgericht bei den Regelungen der Einigungsstelle zu den Arbeitstischen keinen Ermessensfehler festgestellt. Eine Regelungsbefugnis ergibt sich aus § 4 Abs. 1 in Verbindung mit Nr. 10 des Anhangs. Danach ist die Größe des Arbeitstisches ebenso ausfüllungsbedürftig, wie der Raum für ergonomisch günstige Arbeitshaltung. Der Begriff des "Raums" betrifft nicht nur die Arbeitsumgebung, die gemäß Nr. 14 des Anhangs ausreichend Raum für wechselnde Arbeitshaltungen bieten muss, sondern gemäß Nr. 10 des Anhangs auch den Tisch als solchen und damit nach Auffassung der Kammer auch die Frage der Höhenverstellbarkeit (ebenso LAG Berlin Brandenburg, 25.03.2015 - 23 TaBV 1448/14 - juris, Rn. 77). Die Konkretisierung ist von der Einigungsstelle unter Angabe der Maße, des Spielraums und der Art und Weise der Höhenverstellbarkeit hinreichend erfolgt. Die Antragstellerin hat nicht aufgezeigt, dass die festgelegte Größe der Arbeitstische und die Höhenverstellbarkeit Rechtsvorschriften oder gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen. Sie hat auch nichts dafür dargetan, dass die bisherige Tischgröße solchen Erkenntnissen entspricht. Selbst wenn man Letzteres zu Gunsten der Antragstellerin unterstellen wollte, bleibt zu berücksichtigen, dass unstreitig nicht für sämtliche Bildschirmarbeitsplätze bis zur Stehhöhe verstellbare Tische zur Verfügung standen. Zwar ist nicht erkennbar, dass von den vorhandenen Tischen eine unmittelbare Gesundheitsgefahr ausgegangen ist. Auch mag die Anschaffung der vorgesehenen Tische mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sein. Andererseits sind jedoch keine Tatsachen dafür erkennbar, dass in Folge einer Gefährdungsbeurteilung alsbald weitere Änderungen bezüglich Tischgröße und Höhenverstellbarkeit zu erwarten wären. Letztlich setzt die Antragstellerin mit ihren Ausführungen also lediglich ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens der Einigungsstelle.

(b)

Die Kammer macht sich die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Größe der Bildschirme auf Seite 11 f unter b. des angefochtenen Beschlusses zu Eigen und vermag insoweit unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze keine Ermessensüberschreitung zu erkennen. In dem Maße, in dem bereits Monitore der festgelegten Größe betrieblich vorhanden sind, ergeben sich für die Antragstellerin keine weiteren Belastungen. Hingegen gehört die Anzahl der am einzelnen Bildschirmarbeitsplatz zur Verfügung zu stellenden Monitore nicht zu den Anforderungen gemäß Ziffer 1 bis 5 des Anhangs zu § 4 Abs. 1 BildscharbV. Die Ziffer 1 bis 5 regeln nur die objektiven Anforderungen an den einzelnen Bildschirm. Sie gelten für alle Bildschirmarbeitsplätze unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsschutzes. Sie gelten auch für einen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten zweiten Bildschirm an dem betreffenden Arbeitsplatz. Die Frage, ob für einen Arbeitsplatz überhaupt ein zweiter Bildschirm zur Verfügung zu stellen ist, betrifft demgegenüber die Art und Weise der Aufgabenerledigung und ist vom Arbeitgeber im Einzelfall unter Berücksichtigung der Art der dort zu erledigenden Arbeiten festzulegen. Sie betrifft damit nicht mehr die Ausfüllung der Standards, die nach § 4 Abs. 1 in Verbindung mit dem Anhang zur BildscharbV für sämtliche Bildschirmarbeitsplätze gelten.

(c)

Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die Regelungen des Einigungsstellenbeschlusses zu den Tastaturen von Nr. 6 bis 9 des Anhangs zu § 4 Abs. 1 BildscharbV umfasst sind und eine hinreichende Konkretisierung durch Verweis auf Normen der DIN EN ISO in Verbindung mit der beispielhaften Aufzählung von 5 geeigneten Modellen darstellen.

(d)

Die Kammer macht sich auch die auf Ziffer 11 des Anhangs zu § 4 Abs. 1 BildscharbV gestützten zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Bereitstellung von ergonomischen Arbeitsstühlen zu Eigen. Soweit der letzte Absatz des 6. Spiegelpunktes Regelungen zu Gegenständen der Unterweisung nach § 12 ArbSchG enthält, betrifft dies allerdings nicht Mindestanforderungen nach dem Anhang zu § 4 Abs. 1 BildScharbV, sondern einen nicht abgrenzbaren Teil der noch offenen Regelungsmaterie "Unterweisungen nach § 12 ArbSchG" (hierzu BAG, 08.11.2011 - 1 ABR 42/10 - juris, Rn. 28 f), und ist deshalb unwirksam.

(e)

Schließlich fehlt für die Regelung unter 4. der Betriebsvereinbarung ein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 2, weshalb die Einigungsstelle sie nicht wirksam beschließen konnte. Die Rahmenvorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit dem Anhang zu BildscharbV knüpft an den Bildschirmarbeitsplatz an. Sie verpflichtet den jeweiligen Arbeitgeber in Bezug auf die bei ihm eingerichteten Bildschirmarbeitsplätze zur Ergreifung geeigneter Maßnahmen. Bildschirmarbeitsplätze, die in Kundenbetrieben eingerichtet sind, fallen nicht unter § 4 Abs. 1 BildscharbV. Insoweit ist der Arbeitgeber des jeweiligen Kundenbetriebs selbständig aus dieser Vorschrift verpflichtet. § 8 Abs. 1 ArbSchG verpflichtet die Antragstellerin, unter den dort genannten Voraussetzungen mit dem jeweiligen Kundenbetrieb bei der Durchführung von Sicherheits- und Gesundheitsbestimmungen zusammenzuarbeiten. Dies betrifft insbesondere eine wechselseitige Information und Abstimmung. Eine weitergehende gesetzliche Verpflichtung ist diesbezüglich aber nicht ersichtlich. Dabei ist auch zu beachten, dass die Festlegung eines Kundenbetriebes auf die unter 3. der Betriebsvereinbarung geregelte Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitsumgebung durch die Antragstellerin je nach Lage der Dinge Mitbestimmungsrechte eines dort gebildeten Betriebsrats berühren und erhebliche Zusatzkosten für den Kundenbetrieb bedeuten kann. Die von dem Arbeitsgericht angezogene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 27.01.2004 - 1 ABR 7/03 -) hält die Kammer deshalb für nicht einschlägig. Sie betrifft auch andere Regelungsmaterien, wie etwa das Ordnungsverhalten der dorthin entsandten Arbeitnehmer (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG), die mit dem Auftraggeber nicht vertraglich verbunden sind.

Mit der Unwirksamkeit von Ziffer 4 Abs. 1 Satz 1 und der bereits vom Arbeitsgericht festgestellten Unwirksamkeit von Ziffer 4 Abs. 1 Satz 2 der Betriebsvereinbarung ist auch Ziffer 4 Abs. 2 gemäß § 139 BGB unwirksam. E verbleiben zu Ziffer 4 keine Regelungen mehr, von denen gemäß Abs. 2 für Kurzzeiteinsätze abgewichen werden könnte.

c)

Auch unter Berücksichtigung der weiteren unwirksamen Regelungen zur Anzahl der Bildschirme an bestimmten Arbeitsplätzen, zu dem Gegenstand der Unterweisungen nach § 12 ArbSchG sowie zu den Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze in Kundenbetrieben verbleibt jedoch im Übrigen eine sinnvolle Regelung zu einzelnen Arbeitsmitteln mit der Folge, dass keine Nichtigkeit der gesamten Betriebsvereinbarung gemäß § 139 BGB gegeben ist.

III.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 ist statthaft sowie form- und fristgerecht begründet worden. Eine hinreichende Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses (§ 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG) kann insbesondere mit Blick auf die Ausführungen des Beteiligten zu 2 zu § 4 BetrSiV und § 4 ArbSchG noch akzeptiert werden. Eine schlüssige Begründung kann nicht verlangt werden. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 ist jedoch unbegründet.

1.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht die Regelung zur Bereitstellung jeweils einer Maus für unwirksam erachtet. § 4 Abs. 1 BildscharbV in Verbindung mit dem Anhang scheidet als ausfüllungsbedürftige Rahmenvorschrift aus. Der Anhang erfasst neben Bildschirm und Tastatur als sonstige Arbeitsmittel nur den Arbeitstisch, den Arbeitsstuhl, den Vorlagenhalter und eine Fußstütze.

Soweit der Beteiligte zu 2 auf § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrSiV in der zum Zeitpunkt des Einigungsstellenspruchs gültigen Fassung vom 18.12.2008 verweist, kann dahinstehen, ob es sich angesichts des dortigen Verweises auf die allgemeinen Grundsätze des § 4 ArbSchG um eine weitgefasste Generalklausel handelt. § 4 Abs. 2 Satz 2 BetrSiV besagt, dass die Maßnahmen nach Abs. 1 dem Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung nach § 3 BetrSiV entsprechen müssen. Eine Gefährdungsbeurteilung, deren Regelung der Einigungsstelle nach ihrem Auftrag ebenfalls oblag, ist bisher nicht durchgeführt worden. Für eine unmittelbare objektive Gesundheitsgefahr in Folge der Verwendung der bisherigen Mäuse ist von den Betriebsparteien nichts vorgetragen. Eine solche ergibt sich auch nicht aus dem Einigungsstellenspruch.

2.

Mit Ziffer 3 Punkt 7 des Einigungsstellenspruchs (ausreichender Raum für Arbeitshaltungen) wird lediglich Ziffer 14 des Anhangs zur BildscharbV inhaltlich wiederholt. Mit einer bloßen Wiederholung der Rahmenvorschrift ohne Konkretisierung der Handlungspflicht kommt die Einigungsstelle ihrem Regelungsauftrag nicht nach.

3.

Mit Recht hat das Arbeitsgericht auch die Regelungen unter Ziffer 3 Punkt 8 für unwirksam gehalten. Enthalten die dort erwähnten Ziffern 3, 4, 15 und 16 des Anhangs zur BildscharbV ausfüllungsbedürftige Handlungsspielräume, dann wurden sie von der Einigungsstelle nicht ausgefüllt und Letztgenannte ist auch insoweit ihrem Regelungsauftrag nicht nachgekommen. Enthalten die genannten Ziffern des Anhangs hingegen keine ausfüllungsbedürftigen Handlungsspielräume, besteht schon kein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 2, dessen Ausübung von der Einigungsstelle geregelt werden konnte.

4.

Hinsichtlich der Transportbehältnisse (Ziffer 4 Abs. 1 Satz 2 der Betriebsvereinbarung) scheidet der Anhang zu § 4 Abs. 1 BildscharbV als ausfüllungsbedürftige Rahmenvorschrift ersichtlich aus.

Ob § 2 Abs. 1 LasthandhabV eine weitgefasste Generalklausel darstellt (so LAG Berlin Brandenburg, 25.03.2015 - 23 TaBV 1448/14 - juris, Rn. 63), kann dahinstehen. Jedenfalls ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Satz 2 LasthandhabV, dass der Antragsteller verpflichtet ist, aufgrund einer Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG geeignete Maßnahmen zu treffen. Eine Gefährdungsbeurteilung, deren Regelung der Einigungsstelle ebenfalls oblag, ist jedoch vor dem Teilspruch nicht durchgeführt worden. Für eine zum Zeitpunkt des Einigungsstellenspruchs bestehende unmittelbare objektive Gesundheitsgefahr in Folge des Fehlens geeigneter Transportbehältnisse lassen weder der Vortrag der Beteiligten noch der Teilspruch der Einigungsstelle Anhaltspunkte erkennen.

Ob § 4 Abs. 1 BetrSiV angesichts der Regelung in § 2 Abs. 1 LasthandhabV als ausfüllungsbedürftige Rahmenvorschrift noch einschlägig sein kann, wie der Beteiligte zu 2 meint, kann dahinstehen. Aus den unter III.1. genannten Gründen ergäbe sich auch insoweit derzeit keine Regelungskompetenz.

IV.

Die Rechtsbeschwerde war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.