Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 25.07.2017, Az.: 11 TaBV 34/17

Kostentragungspflicht des Arbeitgebers für Rechtsanwaltskosten des Betriebsrats; Gegenstandswert bei Interessenausgleich und Sozialplanverhandlungen

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
25.07.2017
Aktenzeichen
11 TaBV 34/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 51698
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Celle - 01.04.2014 - AZ: 1 BV 5/13

Redaktioneller Leitsatz

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an einer Begrenzung der Kostentragungspflicht Rechnung zu tragen. Es besteht aber kein Erfahrungssatz dafür, dass ein mit dem Rechtsanwalt vereinbartes Zeithonorar teurer ist als das gesetzliche Rechtsanwaltshonorar. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Umstand, dass die gesetzlichen Gebührenvorschriften keinen Raum lassen für eine angemessene Berücksichtigung einer besonderen fachlichen Heraushebung und Erfahrung des Rechtsanwalts.

2. Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan und eine Auswahlrichtlinie betreffend etwaige Kündigungen sind nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, die mit jeweils 500.000 € zu bewerten sind (Kappungsgrenze). Allerdings ist gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 RVG der Gegenstandswert für Verhandlungen über einen Sozialplan nach freiem Ermessen zu schätzen. Liegen ausreichende Anhaltspunkte für eine solche Schätzung vor, kann der Gegenstandswert von Sozialplanverhandlungen auch die Kappungsgrenze von 500.000 € überschreiten.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Celle vom 01.04.2014 - 1 BV 5/13 - abgeändert.

Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, über den bereits zugesprochenen Betrag in Höhe von 13.126,98 € den Beteiligten zu 1) von den gegen ihn gerichteten Kostenansprüchen des Rechtsanwalts Dr. B. für dessen anwaltliche Vertretung als Verfahrensbevollmächtigter im Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen den Beteiligten zum "Projekt Zukunftssicherung" in Höhe von 22.869,51 Euro gegenüber dem Rechtsanwaltsbüro B. pp. freizustellen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Rechtsanwaltskosten, die aus Anlass außergerichtlicher Verhandlungen des Arbeitgebers mit dem Gesamtbetriebsrat über umfangreiche überbetriebliche Umstrukturierungsmaßnahmen entstanden sind.

Die Beteiligte zu 2 gehört einem bundesweit tätigen Konzern an, dessen Muttergesellschaft in D. ansässig ist. Im Jahr 2012 bestanden Betriebe an 4 Standorten, nämlich K., A-Stadt, Ka. und G. . Bei dem Beteiligten zu 1 und Antragsteller handelt es sich um den aus acht Mitgliedern bestehenden Gesamtbetriebsrat. Im Jahr 2012 fanden zwischen den Beteiligten zu einem "Projekt Zukunftssicherung" umfangreiche Verhandlungen statt. Gegenstand waren erhebliche Strukturveränderungen an den vorhandenen 4 Standorten, darunter eine völlige Schließung des Standortes G. . Von den ursprünglich deutlich über 1000 Arbeitnehmern waren nach den abgeschlossenen Vereinbarungen 667 durch Kündigung, Versetzung oder auf andere Weise betroffen.

Rechtsanwalt Dr. B. aus H. berät und vertritt den Beteiligten zu 1 seit mehreren Jahren. Im Jahr 2009 hatten ebenfalls Verhandlungen über eine Betriebsänderung stattgefunden. Vertreter der Muttergesellschaft hatten ihm zunächst ein Pauschalhonorar in Höhe von 20.000 € angeboten (Bl. 15 d.A.). Letztlich einigte man sich auf eine Abrechnung von 290,00 € netto je Stunde anwaltlicher Tätigkeit sowie 75,00 € netto je Reisestunde, die Rechnung über insgesamt 39.222,74 wurde bezahlt. Für eine Tätigkeit in einer Einigungsstelle von März 2011 bis Juni 2012 (Rechnung von 04.09.2012, Bl. 21 ff. d.A.) lehnte die Beteiligte zu 2 eine Vergütung nach diesen Sätzen ab; ein Beschlussverfahren blieb insoweit erfolglos.

Mit Beschluss vom 28.06.2012 (Bl. 28 d.A.) sagte der Beteiligte zu 1 dem Rechtsanwalt Dr. B. für seine Tätigkeit beim Projekt Zukunftssicherung 290,00 € je Tätigkeitsstunde und 100,00 € je Reisestunde zzgl. Reiseauslagen zu. Daneben war ein wirtschaftlicher Berater für den Beteiligten zu 1 tätig.

Im September/Oktober 2012 verhandelte die Beteiligte zu 2 mit der IG Metall über einen Tarifsozialplan. Den heute personalstärksten Standort A-Stadt konnte die IG Metall dabei nicht vertreten, da bei diesem eine Zuständigkeit der IG BCE besteht. Ein Tarifsozialplan kam letztlich nicht zustande. Am 21.11.2012 schlossen die Beteiligten einen "Sozialplan Zukunftssicherung" (Bl. 96 ff.), eine "Freiwillige Betriebsvereinbarung im Projekt Zukunftssicherung" (Bl. 113 ff.), am 28. 11. eine "Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich Zukunftssicherung" (Bl. 87 ff.) und eine "Betriebsvereinbarung über Auswahlrichtlinien bei betriebsbedingten Kündigungen" (Bl. 109 ff.).

Rechtsanwalt Dr. B. erstellte ein Abrechnung vom 05.12.2012 über insgesamt 90:55 Arbeitsstunden = 26.365, 83 €, 30:50 Reisestunden = 3.050, 00 € und Fahrt-/Hotelkosten von 649, 20 + 219,00 € (Bl. 29 - 34 d.A.), insgesamt 35.996, 40 €. Nachdem die Beteiligte zu 2 die Bezahlung ablehnte, erstellte Rechtsanwalt Dr. B. eine weitere Abrechnung mit Datum 21.02.2013 auf Basis von Gegenstandswerten für insgesamt 4 Betriebsvereinbarungen, die sich auf insgesamt 382.774, 49 € belief (Bl. 35 ff.).

Die Beteiligte zu 2 geht davon aus, dass eine Kostentragungspflicht lediglich im Rahmen des § 111 Satz 2 BetrVG, § 80 Abs. 3 BetrVG bestehe. Der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, die Kosten eines Stundenhonorars zu tragen; im Rahmen der Erforderlichkeit sei eine Vergütung des Rechtsanwalts nach den gesetzlichen Gebührenvorschriften ausreichend.

Das Arbeitsgericht Celle hat mit Beschluss vom 01.04.2014 den Arbeitgeber verpflichtet, den Gesamtbetriebsrat von Kostenansprüchen des Rechtsanwalts in Höhe von 13.126,89 Euro freizustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei zulässig, es liege ein wirksamer Beschluss über die Einleitung des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens vor. Der antragstellende Gesamtbetriebsrat habe auch einen Anspruch auf Freistellung von Kosten im Umfang von 13.126,89 Euro aus § 40 Abs. 1 BetrVG. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts Dr. B. habe sich nicht auf reine Beratung im Sinne des § 80 Abs. 3 BetrVG beschränkt, er sei vielmehr als Verfahrensbevollmächtigter in den Verhandlungen aufgetreten.

Die Hinzuziehung von Rechtsanwalt Dr. B. zu den Verhandlungen im Rahmen des Projektes Zukunftssicherung sei erforderlich gewesen. Ein wirksamer Beschluss über die entsprechende Beauftragung des Rechtsanwaltes liege vor. Die Beteiligte zu 2 habe zum damaligen Zeitpunkt an vier Standorten mehr als 1.000 Mitarbeiter beschäftigt, personelle Maßnahmen seien an drei Standorten für insgesamt 667 Arbeitnehmer geplant gewesen. Bei dieser Sachlage könne die Erforderlichkeit der Beauftragung eines Rechtsanwalts bei den Verhandlungen über die Umstrukturierungsmaßnahmen nicht verneint werden. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Gesamtbetriebsrat bereits einen wirtschaftlichen Sachverständigen hinzugezogen hatte. Auch der Einwand, dass der Arbeitgeber bereits mit der zuständigen Gewerkschaft über einen Tarifsozialplan verhandelt habe, greife nicht durch. Die Erforderlichkeit in dem vom Rechtsanwalt Dr. B. dargelegten Umfang von knapp 91 Stunden sei jedenfalls nicht zu beanstanden.

Der Gesamtbetriebsrat sei allerdings nicht berechtigt gewesen, mit dem Rechtsanwalt eine Vereinbarung des Inhalts zu treffen, dass für jede Stunde ein Betrag von 290,00 Euro und für jede Reisestunde ein Betrag von 100,00 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer und Kosten für das Reisemittel zu zahlen sind. Ein solcher Kostenaufwand sei nicht erforderlich. Ein Betriebsrat dürfe eine Honorarzusage, die zu einer höheren als der sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ergebende Vergütung führe, regelmäßig nicht für erforderlich halten. Dies könne nur dann der Fall sein, wenn ausnahmsweise ganz besondere Umstände vorlägen. Das sei hier nicht der Fall. Der Gesamtbetriebsrat könne sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf Abrechnungsmodalitäten im Jahr 2009 berufen. Es sei auch nicht vorgetragen, dass kein anderer qualifizierter Rechtsanwalt für die gesetzlich vorgesehenen Gebühren tätig werden wollte.

Die gesetzliche Vergütung des Rechtsanwalts bestimme sich nach dem Gegenstandswert. Das Arbeitsgericht hat insoweit für je fünf Arbeitnehmer den Regelwert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG in Höhe der damals geltenden Fassung von 4.000,00 Euro angesetzt. Insgesamt errechnet es daraus einen Gegenstandswert von 532.000,00 Euro. Nach diesem Gegenstandswert sei eine Rahmengebühr nach Ziffer 2300 des Vergütungsverzeichnisses in der Höhe von 2,0 angefangen, ferner eine Einigungsgebühr nach Ziffer 1000 des Vergütungsverzeichnisses in Höhe von 1,5. Daraus ergebe sich ein Betrag von 11.011,00 Euro zuzüglich Kostenpauschale und Mehrwertsteuer.

Gegen diesen ihm am 02.05.2014 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 1 am 02.06.2014 Beschwerde eingelegt und diese am 01.08.2014 begründet.

Die vom Arbeitsgericht im Sachverhalt zwar aufgeführten Kraftfahrzeugkosten und Reisekosten seien in der weiteren Entscheidung dann übergangen worden, es handele sich dabei um 649,20 Euro Kfz-Kosten und Reise- und Übernachtungskosten in Höhe von 219,00 Euro brutto.

Die entscheidende Fragestellung sei ausschließlich, ob der Gesamtbetriebsrat berechtigt gewesen sei, mit Rechtsanwalt Dr. B. eine Vergütung auf Stundenbasis zu vereinbaren, wie sie zwei Jahr früher bei ähnlichen Verhandlungen bereits vereinbart worden war. Die Rechtsprechung habe bisher Entscheidungen zu vier Problembereichen getroffen, nämlich der Vertretung im Beschlussverfahren von den Arbeitsgerichten, für die Tätigkeit als Beisitzer in einer Einigungsstelle, für eine Tätigkeit als Verfahrensbevollmächtigter in einer Einigungsstelle und für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts als Sachverständiger im Rahmen des § 111 Satz 2 BetrVG. Hier seien an ein Stundenentgelt anknüpfende Honorarzusagen im Regelfall als zulässig, konkret für den Einzelfall aber als nicht erforderlich bewertet worden. Hinsichtlich einer Vertretung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren sei die Grundlinie des Bundesarbeitsgerichts nachvollziehbar, dass Gegenstandswerte die Arbeit des Rechtsanwalts angemessen berücksichtigen und deshalb wegen der gerade auf den Einzelfall bezogenen Höhe des festzusetzenden Gegenstandswertes kein Zeithonorar erfordere. Für die Tätigkeit als Beisitzer in einer Einigungsstelle stehe dem Rechtsanwalt nach der Rechtsprechung des BAG ein Honorar von 7/10 des Honorars des Einigungsstellenvorsitzenden zu, wie jedem anderen Beisitzer. Hinsichtlich einer Tätigkeit als Verfahrensbevollmächtigter in einer Einigungsstelle habe das Bundesarbeitsgericht jedenfalls ein Honorar von 7/10 des Einigungsstellenvorsitzenden bei einem Beisitzer für angemessen erachtet. In der Begründung der Entscheidung vom 21.06.1989 (7 ABR 78/87) habe es jedoch ausgeführt, dass Maßstäbe zur wertmäßigen Konkretisierung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit vor der Einigungsstelle in der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte nicht enthalten sei. Dies führe in der Praxis oft zu unterschiedlichen Wertfestsetzungen. Bei einem nicht bezifferbaren Gegenstandswert sei der Betriebsrat daher berechtigt, unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Arbeitsaufwandes sowie des Schwierigkeitsgrades eine Streitwertvereinbarung mit den Verfahrensbevollmächtigten zu treffen. Stattdessen könne aber auch die Zahlung eines Honorars in Höhe des Honorars eines betriebsfremden Beisitzers vereinbart werden.

Bezüglich der Bemessung des Gegenstandswertes habe das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung vom 14.02.1996 (7 ABR 25/95) nach § 65 BRAGO die Differenz der jeweils vorgeschlagenen Sozialplanvolumina, in dem Fall 1,5 Millionen DM zugrunde gelegt.

Bezüglich der Tätigkeit eines Rechtsanwalts in einem Interessenausgleichsverfahren lägen sowohl Entscheidungen vor, die eine Abrechnung nach einem Gegenstandswert vornehmen (Hess. LAG vom 18.11.09, 9 TaBV 39/09), als auch eine Anerkennung von Tagessätzen, etwa 1.650,00 Euro im Jahr 2011(LAG Rheinland-Pfalz vom 07.11.11, 7 TaBV 22/11).

Bei der Bewertung der vorhandenen Rechtsprechung müsse weiter berücksichtigt werden, dass in dem Wortlaut des § 34 RVG gerade auch die Möglichkeit des Stundenhonorars enthalten sei.

Der Gesamtbetriebsrat habe dem Rechtsanwalt eine entsprechende Zusage jedenfalls in der konkreten Situation machen dürfen. Der Rechtsanwalt sei seit Jahren mit den Problematiken bei der Beteiligten zu 2 vertraut, habe sowohl den Konzernbetriebsrat als auch den Gesamtbetriebsrat als auch örtliche Betriebsräte vertreten. Ein anderer Rechtsanwalt hätte sich erst einmal in das gesamte Umfeld einarbeiten müssen. Auf Grund der langen Zusammenarbeit habe ein enges Vertrauensverhältnis bestanden, das mit einem anderen Rechtsanwalt erst hätte erarbeitet werden müssen. Die Kostenvereinbarung selbst sei moderat, es sei nicht ersichtlich, dass vergleichbare Betriebsräte vertretende Rechtsanwälte zu anderen niedrigeren Sätzen bereit gewesen wären, tätig zu werden. Die Kostenvereinbarung berücksichtige, dass in den zu behandelnden Sachverhalten eine Abrechnung nach Gegenstandswert unverhältnismäßig hoch werden könne.

Der Beteiligte zu 1 hat beantragt,

in Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Celle vom 01.04.2014 die Beteiligte zu 2 zu verpflichten, über den bereits zugesprochenen Betrag in Höhe von 13.126,98 Euro den Beteiligten zu 1 von den gegen ihn gerichteten Kostenansprüchen des Rechtsanwaltes Dr. B. für dessen anwaltliche Vertretung als Verfahrensbevollmächtigter im Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen den Beteiligten zum "Projekt Zukunftssicherung" in Höhe von weiteren 22.869,51 Euro gegenüber dem Rechtsanwaltsbüro B. pp. freizustellen.

Die Beteiligte zu 2 hat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht habe zutreffend angenommen, dass der Freistellungsanspruch des Gesamtbetriebsrats sich nach den Bestimmungen des RVG bemesse und nicht nach einer getroffenen Honorarvereinbarung. Das Arbeitsgericht habe zutreffend angenommen, dass ganz besondere Umstände, die eine höhere Vergütung als die gesetzliche rechtfertigen würden, insbesondere durch Vereinbarung eines Zeithonorars, nicht vorlägen. Das gelte umso mehr, als anders als im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, in freien Verhandlungen zwischen den Betriebsparteien der Verhandlungsumfang und die Verhandlungsdauer kaum verlässlich vorherzusagen und die Kostenbelastung des Arbeitgebers durch einen vom Betriebsrat beauftragten Rechtsanwalt unüberschaubar wären. Dies könne dem strengen Erforderlichkeitsmaßstab des § 40 Abs. 1 BetrVG nur widersprechen.

Auch die Festlegung des Gegenstandswertes durch das Arbeitsgericht sei rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sei das Arbeitsgericht ohne weiteres befugt gewesen, einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen, dem unterschiedliche nicht vermögensrechtliche Ansprüche innewohnten. Bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise stellten sich die Verhandlungsgegenstände als einem Lebenssachverhalt zugehörig dar.

Den Beteiligten zu 1 sei zuzugestehen, dass Reisekosten abrechnungsfähig seien. Diese dürften dem aus seiner Sicht zu hoch angesetzten Gegenstandswert aufgehen, jedenfalls dann, wenn man nicht jede der notierten Beratungsstunden auch als erforderlich im Sinne von § 40 BetrVG bewerte.

Das Landesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 14.10.2014 unter dem Aktenzeichen 1 TaBV 51/14 der Beschwerde stattgeben und die Beteiligte zu 2 zu Erstattung der vollen Rechnungssumme verpflichtet. Der Betriebsrat habe die Zusage des Stundenhonorars aufgrund der konkreten Umstände für erforderlich halten dürfen.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 14.12.2016 (7 ABR 8/15) den Beschluss vom 14.10.2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat es zusammengefasst ausgeführt, Rechtsanwalt Dr. B. sei damit beauftragt gewesen, für den Gesamtbetriebsrat die Verhandlungen über die Restrukturierungsmaßnahme "Projekt Zukunftssicherung" zu führen. Die Beauftragung von Rechtsanwalt Dr. B. habe der Beteiligte zu 1 für erforderlich halten dürfen. Das gelte aber nicht für die Erteilung der Honorarzusage. Das Landesarbeitsgericht habe bei seiner Würdigung das Kosteninteresse des Arbeitgebers nicht hinreichend berücksichtigt. Der Grundsatz, dass unter mehreren gleich geeigneten Möglichkeiten die kostengünstigere auszuwählen sei, gelte auch für die Erteilung einer Honorarzusage. Etwaige Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit rechtfertigten in der Regel nicht die Erteilung einer Honorarzusage. Das Landesarbeitsgericht werde daher den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit zu ermitteln haben.

Der Beteiligte zu 1 führt zur Höhe eines gesetzlichen Gebührenanspruchs jetzt aus:

Das Bundesarbeitsgericht gehe davon aus, dass es sich um vier gesonderte Streitgegenstände handele. Allerdings sei gem. § 22 Abs. 1 RVG ein Gesamtgegenstandswert zu bilden. Hinsichtlich des Umfangs, der Schwierigkeiten und der Bedeutung der Angelegenheit sei darauf zu verweisen, dass von den ursprünglich über 1000 Arbeitnehmern 667 durch Kündigung, Versetzung oder auf andere Weise betroffen waren.

Denkbar sei, beim Gegenstandswert an den Umfang der geplanten Kostenverbesserung anzuknüpfen. Ursprünglich habe die Beteiligte zu 2 geplante Kostenreduzierungen von 52,8 Mio. € im Jahr mitgeteilt und in der von ihr vorgelegten "Prozessvereinbarung" Anlage A 10 mit ca. 42 Mio. € im Jahr geschätzt. Ein Anknüpfen an diesen Wert würde zu einer Beschränkung auf die Höchstsumme des Gesamtstreitwertes von 30 Mio. € führen.

Die Werte der einzelnen Bereiche seien wie folgt zu berechnen:

Der Interessenausgleich Zukunftssicherung sei als nichtvermögensrechtliche Streitigkeit zu behandeln. Darin werde das Ob und Wie einer Umstrukturierung zugrunde gelegt, nämlich eine Standortschließung in G. mit 49 Arbeitnehmern, eine Reduzierung in K. mit 132 Entlassungen und 189 Versetzungen, eine Reduzierung in Ka. durch 151 Entlassungen und 146 Versetzungen. Hier sei der Kappungswert von 500.000 € nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zugrunde zu legen.

Der Sozialplan sei als vermögensrechtliche Angelegenheit zu bewerten. Der Sozialplanentwurf aus September 2012 habe als Berechnungsmodell für 150 Kündigungen Leistungen von 8. 2 Mio. € vorgesehen. Real sollten aber mindestens 330 Arbeitnehmer entlassen und zudem noch eine Vielzahl versetzt werden. Der Beteiligte zu 1 habe Forderungen von 3 Bruttomonatseinkommen pro Beschäftigungsjahr aufgestellt mit dem Ziel, dass die dann recht teuren Kündigungen möglichst vermieden würden. Bei mehr als 300 Beendigungen hätten sich die Forderungen ca. 80 Mio. € belaufen. Auch hier greife der Höchstbetrag von 30 Mio. € ein.

Die "Freiwillige Betriebsvereinbarung" habe Zusatzleistungen bei Aufhebungsverträgen und Klagverzicht vorgesehen und sei ebenfalls vermögensrechtliche Angelegenheit. Strittig sei insbesondere gewesen, dass die Beteiligte zu 2 diese Leistungen mit dem Gesamtvolumen des Sozialplans verrechnen wollte. Letztlich habe man sich geeinigt, dass keine Anrechnung erfolgt. Bei 300 Beendigungen und einem mittleren Monatseinkommen von 3.000 € ergebe sich ein Gesamtbetrag von 2,7 Mio €.

Die Betriebsvereinbarung Auswahlrichtlinien sei als nichtvermögensrechtliche Angelegenheit zu bewerten. Sie sei aufgrund Delegation von 3 der örtlichen Betriebsräte verhandelt worden. Bei mindestens 300 geplanten Kündigungen habe dies der Arbeitgeberseite erheblich erleichtert, gerichtsfeste Kündigungen auszusprechen. Es komme ebenfalls der Kappungsbetrag von 500.000 € zur Anwendung. Bei einer Zusammenrechnung nach § 22 Abs. 1 RVG ergebe sich ebenfalls ein Gesamtwert von 30 Mio €.

Es sei ferner auszugehen von einer Geschäftsgebühr in Höhe von 2,5, der höchsten Geschäftsgebühr. Der zeitliche Aufwand sei durch die vorliegende Abrechnung nach Stunden ersichtlich. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sei als besonders hoch an zusetzen, da es sich um eine Vielzahl von rechtlichen Fragestellungen mit massiven Auswirkungen gehandelt habe. Die tatsächlichen Schwierigkeiten sowohl bei der Ermittlung des Bestandes als auch der Planungen der zukünftigen Struktur seien zu berücksichtigen. Nach der VV 100 Abs. 2 sei für das Mitwirken an Vertragsverhandlungen auch eine Einigungsgebühr von 1,5 anzusetzen. Daraus ergebe sich eine Geschäftsgebühr von 229.282, 50 €, eine Einigungsgebühr von 137.569,50 €, incl. Nebenkosten und MWSt. 439.199,29 €. Eine Berechnung nach Streitwert läge somit etwa beim 12-fachen des geltend gemachten Honorars nach Stundensätzen.

Der Beteiligte zu 1 beantragt,

in Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Celle vom 01.04.2014 die Beteiligte zu 2 zu verpflichten, über den bereits zugesprochenen Betrag in Höhe von 13.126,98 Euro den Beteiligten zu 1 von den gegen ihn gerichteten Kostenansprüchen des Rechtsanwaltes Dr. B. für dessen anwaltliche Vertretung als Verfahrensbevollmächtigter im Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen den Beteiligten zum "Projekt Zukunftssicherung" in Höhe von weiteren 22.869,51 Euro gegenüber dem Rechtsanwaltsbüro B. pp. freizustellen.

Die Beteiligte zu 2 beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie meint, eine Abrechnung nach RVG liege unter der gemäß Honorarvereinbarung ausgewiesene Summe.

Der Interessenausgleich könne entsprechend der Entscheidung LAG Hessen 9 TaBV 59/10 bewertet werden: Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer : 5 x Auffangwert des § 23 Abs. 3 RVG a.F. = 4.000 €. Bei 375 betroffenen Arbeitnehmern ergebe sich ein Wert von 300.000 €. Aus § 3 der abgeschlossenen Betriebsvereinbarung ergebe sich: K. 80 entfallende Arbeitsplätze und 124 Versetzungen, Ka. 81 entfallende Arbeitsplätze und 46 Versetzungen, A-Stadt 10 entfallende Arbeitsplätze, G. 34 Versetzungen. Die Zahl der betriebsbedingten Kündigungen sie auf 194 begrenzt gewesen, letztlich habe sogar nur eine ausgesprochen werden müssen.

Die Betriebsvereinbarung Auswahlrichtlinien sei entsprechend zu bewerten. Von ihr seien potentiell 171 Arbeitnehmer betroffen gewesen: 80 in Kiel, 81 in Ka. und 10 in A-Stadt. Dies führe zu einem Wert von 136.800,00 €.

Auch der Sozialplan sie mit 136.800 €, höchstens aber 500.000 € zu bemessen. Dies gelte auch, wenn man eine vermögensrechtliche Angelegenheit annehme. Für eine Schätzung bestünden keine hinreichende Anhaltspunkte so dass die Grenze von 500.000 € zur Anwendung komme. Die vom Beteiligten zu 1 gewählten Ansätze mündeten in Beliebigkeit. Der geplanten Kostenentlastung hätten zugleich erhebliche Investitionen gegenüber gestanden. Mitunter zielte eine Umstrukturierung nicht so sehr auf direkte Kosteneinsparungen, sondern auf eine strategische Neuausrichtung. Eine Schätzung des Sozialplanvolumens setzte eine genaue Kenntnis der Sozialauswahl und der einschlägigen Daten zu den Abfindungsparametern voraus. Sonst hätte es jede der verhandelnden Parteien frei in der Hand, durch Forderungen in absurder Höhe den Wert des Gegenstandes in die Höhe zu treiben. Dieser Gedanke liege auch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Unterdotierung zugrunde. Beide Konstellationen seien vergleichbar.

Was Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeit von Rechtsanwalt Dr. B. betreffe, werde auf die bisherigen Ausführungen verwiesen.

Auch für die Betriebsvereinbarung Zukunftssicherung ergebe sich ein Wert von 136.8000 €.

Nach der VV 2300 könne eine Verfahrensgebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich und schwierig war. Es liege in der Natur eines Interessenausgleichsverfahrens, dass der Aufwand ganz überwiegend auf Seiten des Arbeitgebers liege, der die Darlegungs- und Begründungslast habe. Bezüglich der Sozialplangestaltung habe sich der Beteiligte zu 1 schlicht der Forderung der Gewerkschaft für den Standort Ka. angeschlossen. Der abgeschlossene Sozialplan könne auch nicht als von üblichen Standards an Komplexität abweichend angesehen werden. Die Auswahlrichtlinien seien nicht im Detail verhandelt worden und wiesen im Wesentlichen die Merkmale der Rechtsprechung auf. Dies könne nur in eine Gebühr von 0,5 münden. Gleiches müsse für die Betriebsvereinbarung Zukunftssicherung gelten.

Der Tatbestand einer Einigungsgebühr sei nicht erfüllt.

Die Höhe der Nebenkosten sei ebenfalls streitig. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Beteiligte zu 1 nicht einen Rechtsanwalt aus dem Großraum H., sondern aus Ha. mandatiert habe.

Die Beteiligte zu 2 errechnet daraus insgesamt einen erstattungsfähigen Betrag von 10.032,17 €.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Protokollerklärungen sowie die Schriftsätze Bezug genommen.

II.

1. Nachdem das Bundesarbeitsgericht den Beschluss der Kammer vom 14.10.2014 zum Aktenzeichen 11 TaBV 51/14 aufgehoben und das Verfahren zurückverwiesen hat, ist erneut vollständig über die gestellten Beschwerdeanträge zu entscheiden. Prozessual unklar ist allerdings die Lage hinsichtlich der Reisekosten. In der ursprünglichen Kostenrechnung hat der Rechtsanwalt Dr. B. Kfz-Kosten von 649,20 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer sowie weitere Reisekostenauslagen von 219,00 Euro geltend gemacht. Nachdem das Arbeitsgericht diese nicht behandelt hat, hat das Landesarbeitsgericht unter Ziffer 5 des Beschlusses vom 14.10.2014 diese Beträge ausdrücklich zugesprochen. Das Bundesarbeitsgericht hat den Beschluss des Landesarbeitsgerichts in vollem Umfang aufgehoben, sich in den Gründen aber mit der Frage der Reisekosten nicht beschäftigt. Es ist insoweit auch nicht ersichtlich, ob dieser Punkt mit der Rechtsbeschwerde überhaupt angegriffen worden ist. In der vom Bundesarbeitsgericht genannten Gesamtsumme von 35.996,40 Euro sind diese Kosten jedoch mit enthalten.

Jedenfalls bleibt es im Ergebnis dabei, dass die von der Beteiligten zu 2 erhobenen Einwendungen gegen die geltend gemachten Reisekosten so wenig konkret sind, dass diese als notwendige Kosten zu erstatten sind. Angesichts der bundesweiten Verteilung der Standorte fielen in jedem Fall Fahrtkosten an; im Gesamtvolumen spielen - selbst nach Berechnung des Arbeitgebers - die evtl. Differenzen der Fahrtkosten allenfalls eine geringe Rolle.

2. Die Beteiligte zu 2) hat dem Rechtsanwalt Dr. B. einen Honoraranspruch in Höhe von 29.415,84 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer zu erstatten, einschl. Mwst. und Nebenkosten insgesamt 35.996,40 €. Davon ist mit rechtskräftiger Entscheidung des Arbeitsgerichts bereits ein Betrag von 13.126,89 Euro (incl. Mehrwertsteuer) zugesprochen.

a) Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 14.12.2016 angenommen, dass der Gesamtbetriebsrat die Beauftragung des Rechtsanwalts Dr. B. als Verfahrensbevollmächtigten für die Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan für erforderlich gem. § 40 Abs. 1 BetrVG halten durfte (Rn. 17 u. 25 der Gründe).

b) Das Bundesarbeitsgericht hat das Verfahren zurückverwiesen mit der Maßgabe, dass das Landesarbeitsgericht die gesetzlichen Gebührenansprüche des Rechtsanwalts Dr. B. zu ermitteln habe. Höhere als die gesetzlichen Gebühren könne der Betriebsrat nicht zusagen.

Die Kammer hält die vom Bundesarbeitsgericht gegebene Begründung zumindest im konkreten vorliegenden Fall für nicht vollständig überzeugend. Ein wesentlicher Gesichtspunkt der Begründung des Bundesarbeitsgerichts liegt darin, dass der Betriebsrat das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an einer Begrenzung der Kostentragungspflicht Rechnung zu tragen habe (Rn. 22 der Gründe). Gerade diesem Interesse kann aber bei umfangreichen Verhandlungsgegenständen mittels Anwendung der gesetzlichen Gebührenregelungen nicht entsprochen werden. Die "kostengünstigere" Möglichkeit auszuwählen (Rn. 30 der Gründe) ist dem Betriebsrat gerade nicht möglich, da ihm die Möglichkeit einer annähernd zutreffenden Bewertung der Gegenstandswerte faktisch nicht gegeben ist; auch der beauftragte Rechtsanwalt selbst kann dies im Vorfeld kaum verlässlich prognostizieren. Problematisch ist in diesem Zusammenhang die durchscheinende Grundannahme des Bundesarbeitsgerichts, dass die gesetzlichen Honorare im Regelfall "günstiger" (Rn. 31) als ein Zeithonorar seien. Im Übrigen ist der Aspekt der Kostenbegrenzung nur einer von mehreren Aspekten, die der Betriebsrat bei der Beschlussfassung zu berücksichtigen hat.

Der vorliegende Sachverhalt zeigt auch - wie in dem angefochtenen Beschluss vom 14.10.2014 bereits angesprochen -, dass die Ungewissheit bezüglich einer Abrechnung der Gebühren nach dem RVG auch für den Arbeitgeber deutlich höher ist, als bei der Zusage eines Stundenhonorars. Bei der Abrechnung der gesetzlichen Gebühren nach dem RVG ergeben sich nämlich sogar zwei bestimmungsbedürftige Berechnungsfaktoren: Zum einen der Gegenstandswert, zum anderen die Ausfüllung der Rahmengebühr VV 2300 zwischen 0,5 und 2,5. Auch nach Zurückverweisung bemessen die Beteiligten den Gegenstandswert auf Summen zwischen ca. 700.000,00 Euro und 30 Millionen Euro. Die sich daraus ergebende Spannbreite und Ungewissheit der tatsächlichen Höhe des Gebührenanspruchs ist deutlich höher, als bei einem feststehenden Stundenhonorar. Etwa in der Praxis des Einigungsstellenverfahrens ist auch eine Abrechnung nach Stundenhonoraren üblich, die Ungewissheit des zeitlichen Verlaufes ist als in der Sache liegend hinzunehmen. Im Übrigen wird der zeitliche Bedarf an Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan zugleich auch maßgeblich durch das Verhandlungsverhalten des Arbeitgebers und nicht nur durch das des Betriebsrates bestimmt.

In der Konsequenz muss die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts so verstanden werden, dass die Zusage eines Stundenhonorars an den Rechtsanwalt allenfalls dann zulässig sein kann, wenn damit im Ergebnis der gesetzliche Honoraranspruch unterschritten wird. Dasselbe Argument müsste auch etwa für die - alternativ erwogene - vorherige Festlegung eines Gegenstandswertes gelten. Eine Verpflichtung des Betriebsrats, seinem Rechtsanwalt weniger als die gesetzlichen Gebühren zuzusagen, wird jedoch unter keinem Gesichtspunkt begründbar sein. Folglich ist eine Abrechnung nach Stundensätzen faktisch vollständig ausgeschlossen, es bliebe zukünftig als Einziges der Weg einer Abrechnung ausschließlich nach den gesetzlichen Gebührenvorschriften. Für eine angemessene Berücksichtigung einer besonderen fachlichen Heraushebung und Erfahrung des Rechtsanwalts lässt das keinen Raum.

c) Die Kammer sieht sich aber die Rechtsauffassung des Bundesarbeitsgerichts gebunden (§ 96 Abs.1 Satz 2 ArbGG, § 563 Abs.2 ZPO).

Für die Bestimmung der Gegenstandswerte in außergerichtlichen Verhandlungen über arbeitsrechtliche, insbesondere betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheiten liegen in Rechtsprechung und Literatur kaum systematische Berechnungsansätze vor. Eine gewisse innere Verbindung besteht zu der Frage, ob bei Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan eine Einigungsgebühr nach Ziff.1000 VV zu § 2 Abs. 2 RVG (Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages bzw. bei Vertragsverhandlungen) entstehen kann. Lehnt man dies ab mit der Begründung, dass ein Streit über ein Rechtsverhältnis nicht vorliegt (BAG 13.5.98, 7 ABR 65/96, AP Nr. 55 zu § 80 BetrVG 1972 noch zur alten Rechtslage; vgl. Gerold/Schmidt RVG 22. Aufl. VV 1000 Rn. 96 ff.), dann können andererseits auch nicht die Strukturen über die Bestimmung gerichtlicher Gegenstandswerte herangezogen werden.

Für die Ermittlung des gesetzlichen Honoraranspruchs ergibt sich vorliegend:

(1) Die Verhandlungen über den Interessenausgleich und die Auswahlrichtlinie betreffen nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 RVG. Sie sind mit jeweils 500.000 € zu bewerten.

Die Beteiligte zu 1 hat für den Interessenausgleich darauf abgestellt, dass von Verlust bzw. von Verlagerung von Arbeitsplätzen insgesamt 667 Arbeitnehmer an drei Standorten betroffen wurden und für beide Gegenstände eine Kappung bei jeweils 500.000,00 Euro angenommen. Demgegenüber hat die Beteiligte zu 2. auf Grundlage der früheren Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Hessen (Hess. LAG 17.3.11, 9 TaBV 59/10, juris) eine gestaffelte Bemessung im Umfang von je einem "Auffangwert" des § 23 RVG für je 5 Arbeitnehmer vorgenommen. Nach dem bereits im Jahr 2012 geltenden Auffangwert von 5.000,00 Euro ergäbe sich daraus je betroffenen Arbeitnehmer ein Betrag von 1.000,00 Euro. Bezüglich der Zahl der betroffenen Arbeitnehmer des Interessenausgleiches hat die Beteiligte zu 2. aus den letztlich abgeschlossenen Texten eine Zahl von 375 Arbeitnehmern errechnet, die infolge des Zusammenspiels von Personalabbau und Versetzungen nur schwierig nachvollziehbar ist. Allerdings trifft auch der Ansatzpunkt nicht zu, vom Ergebnis der Verhandlungen auszugehen. Vielmehr ist für die Bewertung des Gegenstandswertes der Streitgegenstand und dessen wirtschaftliche und sonstige Bedeutung zugrunde zu legen, der tatsächlich in den Verhandlungen zugrunde gelegen hat. Dieser wird vorliegend definiert durch die ursprünglichen Planentwürfe, die die Beteiligte zu 2. dem Betriebsrat vorgelegt hat. Danach waren wenigstens 667 Arbeitnehmer von einer der unterschiedlichen Maßnahmen betroffen. Wenn man dies pro Kopf mit 1.000,00 Euro bewertet, wird der Kappungsbetrag von 500.000,00 Euro ebenfalls deutlich überschritten.

Zwar hat das Bundesarbeitsgericht formuliert, dass das Interesse bei Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan sich regelmäßig nach dem Sozialplan richten dürfte (...). Im vorliegenden Fall ist aber deutlich, dass gerade die Frage, ob und welche Organisationsveränderungen und daraus resultierende personelle Maßnahmen an welchen Standorten mit welchen Mitteln durchzuführen wären, eine ganz eigenständige Bedeutung hatten, die eine eigenständige Bewertung rechtfertigen.

Ebenso gilt bezüglich der Auswahlrichtlinien, dass nicht vom Ergebnis von der Zahl der Arbeitnehmer ausgegangen werden darf, die tatsächlich ihren Arbeitsplatz verloren haben. Vielmehr betreffen Auswahlrichtlinien zugleich auch die Arbeitnehmer, die als Ergebnis des Auswahlprozesses ihren Arbeitsplatz behalten. Es wird hier deshalb ebenfalls die Kappungsgrenze von 500.000,00 Euro erreicht.

(2) Der Sozialplan und die weitere freiwillige Betriebsvereinbarung über eine weitere Abfindungszahlung bei Aufhebungsvertrag/Klagverzicht sind als vermögensrechtliche Streitigkeiten mit 4 Mio. und 670.000 € zu bewerten.

Für die Bewertung gerichtlicher Anfechtungsverfahren unterscheidet das Bundesarbeitsgericht danach, welche Seite den Einigungsstellenspruch angefochten hat. Im Fall der Überdotierung (Anfechtung durch den Arbeitgeber) soll die Differenz maßgeblich sein zwischen dem Volumen des Sozialplans und dem vom Arbeitgeber als äußerstenfalls akzeptabel bezifferten Betrag. Bei der Unterdotierung (Anfechtung durch den Betriebsrat) soll hingegen das subjektive Dotierungsverlangen des Betriebsrats nicht als "feststehend" maßgeblich sein. Der Verfahrenswert sei in diesem Fall durch Schätzung oder nach billigem Ermessen zu bestimmen (etwa BAG 20.7.05, 1 ABR 23/03, AP Nr. 2 zu § 8 BRAGO).

Allerdings ist die Situation der Verhandlungen über einen Sozialplan strukturell grundlegend anders zu bewerten, als ein gerichtliches Anfechtungsverfahren. Im gerichtlichen Anfechtungsverfahren liegt ein geschlossenes und insoweit bestimmtes Regelwerk zugrunde, von dem rechnerische Bewertungen ausgehen können. Bei paritätischen Verhandlungen, wie sie nach §§ 111, 112 BetrVG vorgesehen sind, ist der Rahmen der Verhandlungen und somit auch der einzubeziehenden Beurteilungskriterien erheblich größer. Planungen des Arbeitgebers und von den Verhandlungspartnern einbezogene Gegenstände können sich im Verlauf des Verhandlungsverfahrens verändern. Vorliegend ist festzustellen, dass der Arbeitgeber in seinem ersten Entwurf für 150 abzubauende Arbeitsplätze ein Sozialplanvolumen von 8,1 Millionen Euro vorgesehen hatte. Tatsächlich hat sich die Zahl der abzubauenden Arbeitsplätze in der Schlussfassung sodann mehr als verdoppelt, so dass schon ein Gesamtvolumen von über 16 Millionen Euro zugrunde zu legen wäre. Andererseits ist es nicht zu einer rechnerisch einfach nachzuvollziehenden "reinen" Abfindungslösung gekommen, vielmehr wurde eine Transfergesellschaft vereinbart. Gerade dies zeigt jedoch, dass letztlich als Verhandlungsvolumen der rechnerisch sich ergebende Gesamtbetrag zur Disposition stand. Überschlägige Auswertungen, welche Beträge auf Grund der vereinbarten Schlussfassung tatsächlich an Leistungen für die Transfergesellschaft und echte Abfindungszahlungen aufgewendet wurden, liegen nicht vor. Obwohl der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2016 das nahe legte, hat die Beteiligte zu 2 keine Zahlen dazu vorgelegt. Dies ist jedoch auch nicht notwendig erforderlich. Als weitere wirtschaftliche Größe ist heranzuziehen, dass der Arbeitgeber selbst die wirtschaftliche Kostenersparnis in seinen ursprünglichen Papieren allein für ein Jahr mit 46 Millionen Euro beziffert hat.

Gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs.1, 2. Alt. RVG ist der Gegenstandswert für die Verhandlungen über den Sozialplan als vermögensrechtlicher Streitigkeit nach freiem Ermessen zu schätzen. Selbst bei zurückhaltender Bewertung hält es die Kammer für angemessen, angesichts der dargestellten wirtschaftlichen Rahmendaten den Gegenstandswert der Sozialplanverhandlungen wenigstens mit einem Viertel der vom Arbeitgeber ursprünglich bezifferten Leistungen zu bewerten, dies sind rund 4 Millionen Euro. Eine Begrenzung auf den Betrag von 500.000 € gem. § 23 Abs.3 Satz 2, Halbsatz 2 RVG ist nicht vorzunehmen, weil es nicht gänzlich an Anhaltspunkten für eine Schätzung fehlt (Gerold/Schmidt RVG § 23 Rn. 42, 43).

Bezüglich der weiteren Abfindungszahlungen bei Klagverzicht hat der Beteiligte zu 1 bei einem durchschnittlichem Monatseinkommen von 3.000,00 Euro allein ein Leistungsvolumen in zusätzlicher Höhe von 2,7 Millionen Euro errechnet. Er hat auch dargestellt, dass gerade ernstlich umstritten war, ob dieser Betrag noch zusätzlich zum Sozialplanvolumen zur Verfügung gestellt werden sollte oder nicht. Beidem ist die Beteiligte zu 2. nicht konkret entgegengetreten. Legt man hiervon ebenfalls nur ein Viertel als Gegenstandswert der Verhandlungen zugrunde, sind dies weitere 670.000,00 Euro.

(3) Die einzelnen Gegenstandswerte sind zusammenzurechnen, da es um bei der standortübergreifenden Umstrukturierung um "dieselbe Angelegenheit" (§ 15, § 22 Abs. 1 RVG) gehandelt hat. "Dieselbe Angelegenheit" meint einen einheitlichen Lebensvorgang, den Rahmen, innerhalb dessen sich die anwaltliche Tätigkeit abspielt (Gerold/Schmidt RVG 22. Aufl. § 15 Rn. 5, 7), hier das "Projekt Zukunftssicherung". Insgesamt ergibt sich danach ein Gegenstandswert von 5.670.000,00 Euro.

(4) Nach § 15 Abs. 3 RVG ist für jeden Teil des Gegenstands ein gesonderter Gebührensatz zu ermitteln. Die Summe darf aber insgesamt nicht die Gebühren nach dem Gesamtwert nach dem höchsten Gebührensatz überstiegen.

Die Geschäftsgebühr für Interessenausgleich und Sozialplan nach VV 2300 ist mit 2,0 zu bewerten. Dies hat auch das Arbeitsgericht ohne weiteres angenommen. Eine Erhöhung über die "Regelgebühr" von 1,3 hinaus ist möglich, wenn die Sache umfangreich oder schwierig war. Vorliegend ist beides gleichermaßen der Fall. Es waren Personalabbau und Personalverlagerungen über vier Standorte in vier Bundesländern zu planen und zu beraten. Einschließlich komplizierter Versetzungsmaßnahmen waren letztlich etwa 2/3 der Gesamtbelegschaft, ca.667 Arbeitnehmer von einer der Maßnahmen betroffen. Ein Standort wurde ganz geschlossen. Die Verhandlungen über den Sozialplan sind zwischenzeitlich von der IG Metall im Rahmen von Tarifvertragsverhandlungen geführt worden. Unstreitig war darin aber der verbleibende Standort A-Stadt nicht einbezogen. Gleichwohl war es Aufgabe des Gesamtbetriebsrats, die Interessen aller vier betroffenen Standorte angemessen einzubinden. Die Darstellung der Beteiligten zu 2, der Beteiligte zu 1 habe die wesentlichen Forderungen der Gewerkschaft für den Standort Kassel "übernommen", ist nicht substantiiert belegt. Der Verhandlungen mit der Gewerkschaft fanden in den Monaten September/Oktober 2012 statt, endeten aber auch nicht mit einem förmlichen Abschluss. Bereits im Juli hatte aber der Rechtsanwalt Dr. Bertelsmann seine Tätigkeit in Verhandlungen nach §§ 111, 112 BetrVG aufgenommen.

Auch aus der großen, in der Rechnung vom 5.12.2012 (Bl. 30 - 31 d.A.) dargestellten Zahl der Termine, nämlich an insgesamt 31 Kalendertagen sowohl für Verhandlungen mit dem Arbeitgeber als auch interne Gremienberatungen machen den erheblichen Schwierigkeitsgrad der Verhandlungen deutlich. Nachdem die separate Besprechungsgebühr entfallen ist, sind zumindest umfangreiche Besprechungen bei der Beurteilung als umfangreich oder schwierig mit heranzuziehen (Gerold/Schmidt RVG 22. Aufl. VV 2300 Rn. 37). Das Landesarbeitsgericht Hessen hat im dortigen Sachverhalt einer Geschäftsgebühr in Höhe von 1,5 angenommen, allerdings mit der Begründung der Interessenausgleich gelte für alle 522 betroffenen Arbeitnehmer gleichförmig. Gerade diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.

Bezüglich Auswahlrichtlinien und "Freiwilliger Betriebsvereinbarung" ist weder dargelegt, dass der Schwierigkeitsgrad die Mittelgebühr von 1,3 übersteigt noch ihn unterschreitet. Soweit die Beteiligte zu 2 eine Bewertung am untersten Ende mit 0,5 annimmt, hätte der inhaltliche Verlauf dieser Verhandlungsteile erheblich detaillierter aufgearbeitet werden müssen.

Danach sind entstanden (Gebühren Stand 2012):

Wert 4 Mio:

1,0 Gebühr = 13.496,00

2,0 Gebühr = 26.992,00

Wert 670.000:

1,0 Gebühr = 3.596,00

2,0 Gebühr = 7.192,00

Wert 500.000

1,3 Gebühr

= 3.894,80

Wert 500.000

1,3 Gebühr

= 3.894,80

insgesamt

41.973,60 €

Vergleichswert:

Wert 5.670.000,00: 1,0 Gebühr = 18.596,00 2,0 Gebühr = 37.192,00

Entstanden ist somit ein Gebührenanspruch von 37.192,00 €. Dieser Betrag übersteigt das vom Rechtsanwalt Dr. B. geltend gemachte (Zeit-) Honorar von 29.415,84 € (jeweils zzgl. MWSt.).

(5) Ob daneben noch eine Einigungsgebühr nach VV 1000 anfällt, wie das Arbeitsgericht angenommen hat (bejahend Landesarbeitsgericht Hessen vom 17.03.2011 aaO., verneinend ArbG Berlin 15.03.2006, 9 BV 21646/05 NZR-RR 06, 543), kann danach offen bleiben.

3.

Ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde lag nicht vor (§ 92 Abs. 1, § 72 Abs. 2 ArbGG). Es ist nicht ersichtlich, dass mit dieser Entscheidung erneut grundlegende Rechtsfragen betroffen sind.

Dr. Voigt
Struß
Tönjes