Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.04.2017, Az.: 7 Sa 944/16

Arbeitsvertragliche Bezugnahme auf nur einen Teil der kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien; Unbegründete Zahlungsklage einer Alltagsbegleiterin im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
27.04.2017
Aktenzeichen
7 Sa 944/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 20312
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 24.05.2018 - AZ: 6 AZR 308/17

Fundstelle

  • EzA-SD 24/2017, 12

Amtlicher Leitsatz

1. Kirchliche Arbeitsvertragsregelungen entfalten keine normative Wirkung, sondern können als vom jeweiligen Arbeitgeber gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen lediglich kraft einzelvertraglicher Einbeziehung auf ein Arbeitsverhältnis anzuwenden sein.

2. Es obliegt allein dem Diakonischen Werk in Niedersachsen e.V., auf ihre Mitglieder dahin einzuwirken, die AVR im Verhältnis zu den Mitarbeitern anzuwenden. Die staatlichen Gerichte sind hierzu nicht berechtigt.

3. Die Bezugnahme auf nur einen Teil der AVR-EKD ist wirksam. Weder die Vergütungsregelung in dem Arbeitsvertrag vom 23.01.2014 noch deren Änderung durch die am gleichen Tag abgeschlossene Zusatzvereinbarung sind überraschend im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB oder unklar, unverständlich und damit intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

4. Es ist nicht sittenwidrig im Sinne von § 138 BGB, wenn die Beklagte ihren Mitarbeitern von den Arbeitsvertragsrichtlinien abweichende Lohnerhöhungen zusagt.

5. Die Regelungen des ARRG-D und ARGG-EKD sind keine Schutznormen im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 05.07.2016, 2 Ca 53/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin ein Vergütungsanspruch auf der Basis der AVR.DD zusteht.

Die am 0.0.1963 geborene, verheiratete Klägerin war vom 17.02.2014 bis zum 31.01.2016 bei der Beklagten als Alltagsbegleiterin tätig. Die Beklagte beschäftigt etwa 130 Mitarbeiter und betreibt eine stationäre Altenhilfe, ambulante Pflege, Tagespflege sowie betreutes Wohnen. Sie ist eine privatrechtliche gemeinnützige GmbH und Mitglied im Diakonischen Werk in Niedersachsen e.V.. Bei der Beklagten besteht eine Mitarbeitervertretung.

Dem Arbeitsverhältnis liegt der ursprünglich bis zum 28.02.2015 befristete Arbeitsvertrag vom 23.01.2014 (Bl. 25-26 d.A.) zugrunde. Dieser enthält u.a. folgende Regelungen:

4. Höhe und Zusammensetzung der Vergütung richten sich nach:

Im Einzelnen gilt:

Das Arbeitsentgelt erfolgt nach Entgeltgruppe 3 des AVR-EKD in der Stufe

Einarbeitungsstufe

16. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.

Lehnt die Gegenseite den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich erhoben wird.

Ebenfalls unter dem 23.01.2014 trafen die Parteien eine Vereinbarung über die "Änderung der Arbeitsbedingungen mit Wirkung ab Juli 2011 bis Dezember 2015" (Bl. 29 d.A.) mit folgendem Inhalt:

1. In der Zeit vom 01.07.2011 bis 31.12.2015 erhöht sich mein monatliches Entgelt um jeweils 1,25 % jeweils zum 01.07. dieser Jahre. Weitere Erhöhungen des monatlichen Entgeltes finden nicht statt.

2. Einen Anspruch auf Jahressonderzuwendung besteht nur zur Hälfte; die zweite Hälfte kann für 2011 bis 2015 auch dann nicht beansprucht werden, wenn das Betriebsergebnis positiv sein sollte.

Die damit nicht zur Auszahlung an mich gelangenden Gehaltsanteile stelle ich meinem Arbeitgeber, der C gGmbH, uneingeschränkt zur Verfügung.

Ich erkläre hiermit ausdrücklich, dass ich diese Vereinbarung freiwillig und ohne Zwang unterschreibe.

Alle sonstigen Punkte des Arbeitsvertrages sowie bereits getroffene Zusatzvereinbarungen behalten ihre Gültigkeit, sofern diese hiermit nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurden.

Bis zum 31.07.2014 arbeitete die Klägerin mit einer wöchentlichen Stundenzahl von 11. Durch Vereinbarung vom 25.07.2014 (Bl. 27 d.A.) wurde die durchschnittliche Wochenarbeitszeit auf 25 Stunden erhöht.

Durch Zusatzvereinbarung vom 16.02.2015 wurde die Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.01.2016 verlängert.

Die Klägerin wurde von der Beklagten in der Entgeltgruppe 3 der AVR-EKD (nunmehr AVR.DD - Arbeitsvertragsrichtlinien für Einrichtungen, die der Diakonie Deutschland angeschlossen sind) eingruppiert. Entgelterhöhungen nahm die Beklagte entsprechend der Änderung der Arbeitsbedingungen vom 23.01.2014 zum jeweils 01.07. eines Jahres vor. Die Entgeltentwicklung nach den AVR.DD war höher; Bezug genommen wird auf die Darstellung in der Klageschrift vom 12.02.2016, S. 6 (Bl. 18 d. A.).

Zuschläge zahlte die Beklagte berechnet nach dem von ihr aufgrund des Änderungsvertrages gezahlten Entgelts. Die Jahressonderzahlung für die Jahre 2014 und 2015 leistete die Beklagte zunächst nicht.

Die Klägerin war seit dem 27.08.2015 arbeitsunfähig erkrankt und bezog ab 08.10.2015 Krankengeld.

Mit Schreiben vom 29.10.2015 (Bl. 30-32 d.A.) forderte die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigte die Beklagte auf, auf das Arbeitsverhältnis die AVR.DD vollumfänglich anzuwenden und die sich daraus ergebenden Begünstigungen der Klägerin zukommen zu lassen. Zu zahlen seien die Entgeltdifferenzen zwischen dem nach dem AVR.DD zu zahlenden Entgelt und dem tatsächlich gezahlten Entgelt sowie die Jahressonderzahlungen. Die Klägerin bezifferte dabei ihren Anspruch auf insgesamt 3.899,16 € brutto.

Die AVR.DD enthalten u.a. folgende Regelungen:

§ 15 Grundentgelt für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

(1) Das Grundentgelt der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bemisst sich gemäß der Entgelttabelle der Anlage 2 nach Stufen (Einarbeitungsstufe, Basisstufe, Erfahrungsstufe 1 und Erfahrungsstufe 2).

§ 20 a Zeitzuschläge, Überstundenentgelt

(1) Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter erhält neben ihrem bzw. seinem Entgelt (§ 14 Abs. 1) Zeitzuschläge. Sie betragen je Stunde

a) für Überstunden in den Entgeltgruppen

EG 1 bis EG 3 30 v. H.

b) Für Arbeit an Sonntagen

EG 1 bis EG 3 30 v. H.,

EG 4 bis EG 13 25 v. H.

c) für Arbeit an

aa) Wochenfeiertagen sowie am Ostersonntag und am Pfingstsonntag 35 v. H.

bb) Wochenfeiertagen, die auf einen Sonntag fallen 50 v. H.

§ 45 Ausschlussfristen

(1) Ansprüche auf Leistungen, die auf die Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit nach den §§ 12 und 13 bzw. § 16 der Anlage 8 a gestützt sind, sowie die allmonatlich entstehenden Ansprüche auf Entgelt (§§ 14 bis 19 a bzw. §§ 17 bis 19 der Anlage 8 a) müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von 12 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

(2) Andere Ansprüche aus dem Dienstverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, soweit die AVR nichts anderes bestimmen.

(3) Für den gleichen Tatbestand reicht die einmalige Geltendmachung der Ansprüche aus, um die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Ansprüche unwirksam zu machen.

Die Anlage 14 zu den AVR. DD regelt u.a. Folgendes:

JAHRESSONDERZAHLUNG

(1) Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter, die oder der sich am 01. November eines Jahres in einem Beschäftigungsverhältnis befindet, das mindestens bis zum 31. Dezember des Jahres besteht, erhält eine Jahressonderzahlung.

(2) Die Höhe der Jahressonderzahlung errechnet sich aus der Summe der Bezüge gemäß Unterabsatz 3 der Monate Januar bis einschließlich Oktober des Jahres, dividiert durch zehn.

Beginnt das Beschäftigungsverhältnis nach dem 1. Oktober, wird die Jahressonderzahlung auf der Basis der Bezüge für den Monat November, dividiert durch zehn, berechnet.

Zu den Bezügen zählt das monatliche Tabellenentgelt, die Kinderzulage, ggf. die Besitzstandszulage, die in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen sowie die Zeitzuschläge gemäß § 20 a AVR.

(3) Die Jahressonderzahlung wird zur Hälfte im November des laufenden Jahres, die zweite Hälfte im Juni des Folgejahres gezahlt. Sofern das betriebliche Ergebnis des Vorjahres nach Absatz 5 negativ ist, beträgt abweichend von Satz 1 in Einrichtungen der Altenhilfe, Rehabilitation, Jugendhilfe sowie ambulanten Diensten und Beratungsstellen der im November fällige Teil der Jahressonderzahlung 25 v. H. und der im Juni des Folgejahres fällige Teil 75 v. H.. Die Höhe der Zahlung im Juni ist vom betrieblichen Ergebnis der Einrichtung abhängig. Dies gilt auch für die wirtschaftlich selbstständig arbeitenden Teile der Einrichtung, wenn der zuständigen Mitarbeitervertretung eine Liste der wirtschaftlich selbstständigen Teile von der Dienststellenleitung vorgelegt wird.

(4) Weist die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber nach, dass bei voller Juni-Zahlung der anteiligen Bruttopersonalkosten der Jahressonderzahlung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein negatives betriebliches Ergebnis im Vorjahr (Wirtschaftsjahr der geleisteten Novemberzahlung) vorliegen würde, entfällt der Anspruch auch teilweise in dem Maße, in dem die Reduzierung in Summe zu einem ausgeglichenen Ergebnis führt. "

Das Arbeitsgericht hat durch ein der Klägerin am 01.08.2016 zugestelltes Urteil vom 05.07.2016, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 127-145 d.A.), die zuletzt noch auf Zahlung von 4.714,44 € brutto gerichtete Klage abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die am 01.09.2016 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 01.11.2016 am 01.11.2016 begründete Berufung der Klägerin.

Die Klägerin ist der Auffassung, die AVR.DD seien auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar. Die Verpflichtung der Beklagten zur Anwendung der AVR.DD ergebe sich dabei aus dem Kirchengesetz. Die Beklagte sei nach § 2 Abs. 1 ARRG-D verpflichtet, den Tarifvertrag Diakonie oder die AVR.DD anzuwenden. Eine Ausnahmeregelung existiere vorliegend nicht. Arbeitsverträge dürften zudem nach § 4 ARGG-EKD nur auf der Grundlage des Kirchengesetzes geschlossen werden.

Das ursprüngliche Begehren der Klägerin habe sich in einen Schadensersatzanspruch gewandelt. Da die Beklagte die AVR.DD nicht in vollem Umfange anwende, ergebe sich ein entsprechender Anspruch der Klägerin aus §§ 286 Abs. 1, 284 Abs. 2, 249 BGB. Die Klägerin müsse so gestellt werden, als habe der Vergütungsanspruch in voller Höhe bestanden.

Ein Schadensersatzanspruch bestehe zudem aus § 823 Abs. 2 BGB.

Die Regelungen des ARRG-D und ARGG-EKD seien Schutznormen im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Denn diese Rechtsnormen dienten dem Schutz Einzelner oder einzelner Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts, hier das Vermögen. Sinn und Zweck des ARRG sei es, faire Arbeits- und Vergütungsbedingungen aufzustellen, die im gesamten Bereich der Diakonie Anwendung finden. Es sollte sichergestellt sein, dass kein Mitarbeiter schlechter vergütet werde als von dem kirchlichen Normgeber beabsichtigt.

Die von den Parteien vereinbarte Entgelthöhe sei zudem sittenwidrig. Die Kirchen könnten gemäß Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136, 137 Weimarer Reichsverfassung im Rahmen der geltenden Gesetze ihre Angelegenheiten selbst regeln. Die Beklagte profitiere von der Sonderstellung der Kirche, in dem sie nach außen suggeriere, einem kirchlichen/diakonischen Auftrag nachzugehen. Das Wesen der Diakonie sei geprägt von Nächstenliebe und der Gleichheit aller Menschen, und zwar auch im Rahmen der Vergütung für geleistete Arbeit. Daher würden den Mitgliedern des diakonischen Werkes konkret vorgeschrieben, welche Arbeitsbedingungen einschließlich der Entgelte sie anzuwenden habe.

Die bei der Beklagten lebenden Menschen und deren Angehörige müssten und dürften davon ausgehen, dass die Beklagte als Arbeitgeberin selbst auch gegenüber ihren Mitarbeitern den kirchlichen und diakonischen Grundgedanken zum Ausdruck bringe. Dies sei nur der Fall, wenn sie die Arbeitsrechtsregelungen vollumfänglich anwenden würde.

Der Anspruch ergebe sich wenigstens aus § 242 BGB. Das Mitarbeitervertretungsgesetz und die Arbeitsvertragsrichtlinien verdeutlichten, wie wichtig den Normgebern die Verpflichtung sei, den Grundgedanken der Diakonie, also gemeinsames christliches Handeln, welches von Nächstenliebe geprägt ist, als zwingende Voraussetzung für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zu machen. Eine Besonderheit des kirchlichen Arbeitsrechts sei, dass die Mitarbeiter mit der Arbeitgeberin eine Dienstgemeinschaft bildeten und gemeinsam die Verantwortung für die Dienststelle und die Vermittlung der Werte übernehmen. Mit ihrem Verhalten widerspreche die Beklagte den Grundgedanken des kirchlichen Arbeitsrechts.

Die Bezugnahmeklausel hinsichtlich der Vergütung im Arbeitsvertrag sowie die gleichzeitige abgeschlossene Änderung der Arbeitsbedingungen seien schließlich überraschend im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB. Es stelle sich die Frage, warum die geänderten Arbeitsbedingungen nicht gleich in den Arbeitsvertrag aufgenommen worden seien. Die Beklagte suggeriere in der Änderungsvereinbarung sichere Entgelterhöhungen jeweils zum 01.07. des Jahres, die Entgelterhöhungen nach AVR.DD seien jedoch wesentlich höher gewesen. Die Klägerin habe nicht erkennen können, dass sie durch die Änderung der Arbeitsbedingungen benachteiligt werde. Die Regelung sei deshalb nicht transparent.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Klägerin im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf den Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 01.11.2016.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 05.07.2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.714,44 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Schriftsatzes ihrer Prozessbevollmächtigten vom 05.12.2016.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Klägerin ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 519, 520 ZPO, 64, 66 ArbGG.

II.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht ist zu Recht und mit zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Klägerin kein Anspruch auf eine Vergütungsdifferenz in Höhe von 4.714,44 € brutto zusteht. Das Landesarbeitsgericht macht sich die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils zu Eigen und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug.

Die Berufungsbegründung gibt Anlass zu folgenden ergänzenden und zusammenfassenden Ausführungen:

1. Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die in den AVR.DD geregelten Entgelterhöhungen nicht anwendbar sind. Denn nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entfalten kirchliche Arbeitsvertragsregelungen keine normative Wirkung, sondern können als vom jeweiligen Arbeitgeber gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen lediglich kraft einzelvertraglicher Einbeziehung auf ein Arbeitsverhältnis anzuwenden sein (BAG vom 19.04.2012, 6 AZR 677/10, Rn. 23).

Die Parteien haben jedoch in dem Arbeitsvertrag vom 23.01.2014 die AVR.DD nicht in vollem Umfang in Bezug genommen. Sie habe vielmehr mit der Vereinbarung vom 23.01.2014 zur "Änderung der Arbeitsbedingungen mit Wirkung ab Juli 2011 bis Dezember 2015" eine eigenständige Vergütungsregelung getroffen.

2. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Beklagte nach innerkirchlichem Recht verpflichtet ist, die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien anzuwenden. Denn es gehört zu den Wesensmerkmalen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Kirchenautonomie, dass Anlass und Intensität der Kontrolle und Einflussnahme auf die Einrichtungen der Kirche in eigener Verantwortung bestimmt werden (BAG vom 05.12.2005, 7 ABR 72/06, Rn. 32). Es obliegt deshalb allein dem Diakonischen Werk in Niedersachsen e.V., auf die Beklagte dahin einzuwirken, die AVR im Verhältnis zu den Mitarbeitern der Beklagten anzuwenden. Die staatlichen Gerichte sind hierzu nicht berechtigt.

Denn die in den Gesetzen zur Regelung der Arbeitsrechtsgrundsätze der Diakonie enthaltene Verpflichtung der Beklagten, die Arbeitsvertragsrichtlinien zu übernehmen, kann als vereinsinterne Verfassung nach § 25 BGB nur die Mitglieder des Vereins binden und nicht unmittelbar ohne vertragliche Umsetzung die arbeitsvertraglichen Regelungen der Parteien bestimmen (LAG Berlin-Brandenburg vom 21.04.2009, 7 Sa 1821/08, Rn. 37).

3. Die von den Parteien vereinbarte Vergütungsregelung ist nicht unwirksam.

Das Arbeitsgericht ist mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass die Bezugnahme auf nur einen Teil der AVR-EKD wirksam ist und dass weder die Vergütungsregelung in dem Arbeitsvertrag vom 23.01.2014 noch deren Änderung durch die am gleichen Tag abgeschlossene Zusatzvereinbarung überraschend im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB oder unklar, unverständlich und damit intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die ausführliche Begründung in dem arbeitsgerichtlichen Urteil unter 1. cc) Bezug genommen.

Insbesondere ist es entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung nicht überraschend, dass die in einer Zusatzvereinbarung getroffene Regelung über die Vergütungserhöhungen bis Dezember 2015 nicht direkt in den Arbeitsvertrag aufgenommen worden ist. Vielmehr folgt aus der zeitlichen Begrenzung der Entgelterhöhungen ab Juli 2011 bis Dezember 2015, dass es sich hier um eine Sonderregelung handelt, die nach dem genannten Zeitraum nicht mehr maßgeblich sein soll. Dies konnte die Klägerin den getroffenen vertraglichen Regelungen zweifelsfrei entnehmen.

Unerheblich ist, ob die Klägerin eine Vorstellung davon hatte, in welcher Höhe mögliche Entgelterhöhungen nach den AVR.DD künftig stattfinden würden. Denn die getroffenen Vereinbarungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners und nicht die subjektiven Vorstellungen einer Partei zugrunde zu legen (BAG vom 21.02.2017, 3 AZR 297/15, Rn. 21).

4. Die von den Parteien getroffene Vergütungsregelung ist auch nicht gemäß § 138 BGB sittenwidrig.

Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung ist die von den Parteien getroffene Entgeltvereinbarung nicht nach § 138 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig.

Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Zweck und Beweggrund zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist. Dies ist aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegenden relevanten Umstände zu beurteilen (BAG vom 21.04.2016, 8 AZR 474/14, Rn. 31). Der Inhalt der guten Sitten wird dabei auch durch die Wertungen des Grundgesetzes und gesetzlichen Regelungen konkretisiert (BAG vom 26.04.2006, 5 AZR 549/05, Rn. 16).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar ist der Gedanke der Klägerin zutreffend, dass die bei der Beklagten lebenden Menschen und deren Angehörige in der Regel davon ausgehen, dass die Beklagte als Arbeitgeberin auch gegenüber ihren Mitarbeitern den kirchlichen und diakonischen Grundgedanken zum Ausdruck bringt. Dieser diakonische Grundgedanke des gemeinsamen christlichen Handelns wird jedoch nicht verletzt, wenn die Beklagte ihren Mitarbeitern von den Arbeitsvertragsrichtlinien abweichende Lohnerhöhungen zusagt.

Auch die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das sich jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit oder des Mangels an Urteilsvermögen eines anderen für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen. Hinsichtlich der Arbeitsvergütung ist anerkannt, dass diese Voraussetzungen vorliegen, wenn nicht einmal 2/3 eines in dem Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tarifentgeltes erreicht wird. Dass dies vorliegend der Fall ist, wird von der Klägerin nicht behauptet.

5. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 242 BGB.

Nach § 242 BGB ist der Schuldner verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. "Treue" meint dabei primär, dass der Schuldner redlich zu seiner Leistungspflicht steht. Sie beinhaltet zugleich einen gerechten Interessenausgleich. Mit dem Begriff "Glauben" wird das Vertrauensverhältnis der Parteien zueinander angesprochen. Es verlangt die Berücksichtigung schutzwürdigen Vertrauens.

Allein der Umstand, dass von der Beklagten erwartet wird, die kirchlichen Arbeitsbedingungen anzuwenden, vermag einen Verstoß gegen Treu und Glauben in diesem Sinne nicht zu rechtfertigen. Denn auch wenn die Beklagte eine geringere Vergütung an die Klägerin zahlt als andere dem Diakonischen Werk angehörige Arbeitgeber folgt daraus nicht, dass ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin verletzt wurde. Vielmehr haben die Parteien durch die Änderungsvereinbarung vom 23.01.2014 eine eindeutige Regelung bezüglich der künftigen Lohnerhöhungen getroffen. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin dahin, dass eine Anwendung der AVR nicht zu einem günstigeren Ergebnis führen würde, besteht unter diesen Umständen nicht.

Dass die Klägerin gegenüber den anderen Mitarbeitern der Beklagten schlechter behandelt wird, was unter Umständen zu einem Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 GG führen könnte, ist nicht vorgetragen.

6. Die Klägerin hat entgegen der von ihr vertretenen Auffassung keinen vertraglichen Anspruch gegen die Beklagte auf Schadensersatz.

Ein Anspruch aus §§ 286 Abs. 1, 284 Abs. 2, 249 BGB scheitert bereits daran, dass sich die Beklagte nicht mit einer Leistung in Verzug befunden hat. Denn die Beklagte schuldet, wie dargelegt, keine Vergütung auf der Basis der Entgeltregelungen der AVR.DD.

Es besteht auch kein Anspruch aus § 280 BGB. Voraussetzung eines derartigen Anspruchs ist, dass die Beklagte eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt hat. Dies kann nicht festgestellt werden. Die gegenüber der Klägerin vertraglich eingegangenen Verpflichtungen hat die Beklagte erfüllt.

7. Es besteht auch kein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB.

Die Regelungen des ARRG-D und ARGG-EKD sind keine Schutznormen im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Dies folgt bereits daraus, dass diese Normen dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterliegen. Wie bereits dargelegt gehört es zu den Wesensmerkmalen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Kirchenautonomie, Anlass und Intensität ihrer Kontrolle und Einflussnahme auf ihre Einrichtungen in eigener Verantwortung zu bestimmen (BAG vom 05.12.2007, 7 ABR 62/06, Rn. 32). Dieser Grundsatz kann nicht dadurch ausgehöhlt werden, dass die genannten Regelungen als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB angesehen werden.

8. Die Klägerin hat schließlich auch keinen Anspruch auf Zahlung der Jahressonderzahlung für das Jahr 2014.

Das Arbeitsgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass dieser Anspruch aufgrund der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist verfallen ist. Auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts unter 1b) der Entscheidungsgründe wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Hiergegen werden Einwendungen in der Berufung auch nicht erhoben.

Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung hinsichtlich dieses Anspruchs einwendet, es bestehe ein Schadensersatzanspruch, weil die Beklagte die AVR.DD nicht in vollem Umfang angewandt habe, kann auf vorstehende Ausführungen verwiesen werden. Eine Verpflichtung der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin, die AVR.DD vollständig anzuwenden, besteht nicht. Eine schuldhafte Pflichtverletzung, die zu einem Schadensersatzanspruch führt, ist deshalb ebenfalls nicht gegeben.

III.

Die Berufung der Klägerin war mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.