Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.03.2017, Az.: 13 Sa 396/16

Umfang des Anspruchs von Mitgliedern des Schulpersonalrats auf Arbeitsbefreiung für die Teilnahme an Sitzungen; Parallelentscheidung zu LAG Niedersachsen; 13 Sa 395/16 v. 01.03.2017

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
01.03.2017
Aktenzeichen
13 Sa 396/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 13489
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2017:0301.13SA396.16.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Osnabrück - 17.02.2016 - AZ: 2 Ca 254/15 Ö

Fundstelle

  • AE 2017, 119-120

Redaktioneller Leitsatz

Nach § 99 Abs. 4 S. 2 NPersVG i.d.F. vom 22.01.2007 können Mitglieder des Schulpersonalrats, die bei der Verteilung der Freistellungsstunden unberücksichtigt geblieben sind, unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 NPersVG Arbeitsbefreiung für die Teilnahme an Sitzungen des Schulpersonalrats erhalten, und zwar in der Regel von solchen Tätigkeiten, die ihnen außerhalb der Unterrichtsverpflichtung obliegen.

Tenor:

1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 17.02.2016 (2 Ca 254/15 Ö) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine Zeitgutschrift für ihre Teilnahme an Personalratssitzungen.

Die Klägerin trat als pädagogische Mitarbeiterin in unterrichtsbegleitender Funktion auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages (Anlage K1 = Bl. 8 - 10 d.A), in die Dienste des beklagten Landes. Auf das Arbeitsverhältnis sind inzwischen die Bestimmungen des TV-L anwendbar.

Aufgrund eines Änderungsvertrages (Anlage K1 = Bl. 11 d.A.) ist die Klägerin seit 1989 vollbeschäftigt. Ihre durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit betrug zuletzt 38,5 Stunden wöchentlich. Zum Ausgleich des sogenannten Schulferienüberhangs waren von ihr während des Schulbetriebs 44 Stunden je Arbeitswoche zu erbringen. Davon waren 36 Stunden als Arbeitszeit "am Kind" und 8 Stunden für weitere Tätigkeiten (Teilnahme an Dienstbesprechungen, Konferenzen, Vor- und Nacharbeit etc.) vorgesehen. Die Ableistung der weiteren Tätigkeiten ist nicht stundenplanmäßig festgelegt und wird auch nicht im Wege der Zeiterfassung kontrolliert.

Das beklagte Land setzte die Klägerin an der M.-Schule A-Stadt ein, einer Förderschule, an welcher die Lehrtätigkeit vollständig durch die ca. 60 verbeamteten Förderschullehrer durchgeführt wird. Die pädagogischen Mitarbeiter sind in unterrichtsbegleitender und therapeutischer Funktion eingesetzt. Neben den Lehrern werden ca. 50 Angestellte an der Schule beschäftigt.

Die Klägerin war im streitbefangenen Zeitraum Mitglied des 5-köpfigen, ausschließlich aus Angestellten (nicht lehrendes Personal) bestehenden Schulpersonalrats. Das diesem gesetzlich zustehende Freistellungskontingent von 5 Unterrichtsstunden pro Woche war gemäß Personalratsbeschluss zu 4 Stunden auf den Vorsitzenden und zu 1 Stunde auf die stellvertretende Vorsitzende verteilt.

In der Zeit vom 12.08.2013 bis 04.03.2015 nahm die Klägerin nach näherer Maßgabe der auf Seite 3 der Klageschrift (Bl. 3 d.A.) dargestellten Daten und Uhrzeiten an 17 Sitzungen des Schulpersonalrats teil. Diese finden regelmäßig außerhalb der Unterrichtszeit statt. Innerhalb dieses Zeitraums wurde an der M.-Schule A-Stadt unter Beteiligung des Schulpersonalrats bis zum Sommer 2014 ein Leitfaden für die Arbeitszeitrhythmisierung und Besprechungskultur erarbeitet, der eine Entlastung von Teilzeitkräften und eine bessere Planbarkeit der Arbeit bewirkte. In diesem Zusammenhang befreite das beklagte Land zwei Personalratsmitglieder für 2 Tage zur Mitarbeit an einer Klausurtagung von der Arbeit. Ferner erfolgten in diesem Zusammenhang Arbeitsbefreiungen für 2 Mitglieder aufgrund von Besprechungen im erweiterten Schulvorstand.

Ab 27.05.2015 machte die Klägerin wiederholt und erfolglos Freizeitausgleich für außerhalb der Arbeitszeit angefallene Personalratsarbeit schriftlich geltend.

Mit der Klage hat sie ihr Begehren weiterverfolgt und die Gutschrift von insgesamt 16,30 Stunden nach näherer Maßgabe ihrer Berechnung auf Seite 4 der Klageschrift (Bl. 4 d.A.) auf ihr Zeitkonto begehrt.

Die Klägerin hat geltend gemacht, außerhalb der Arbeitszeit geleistete Personalratsarbeit sei vergütungspflichtige Arbeitszeit.

Das Freistellungskontingent von 5 Unterrichtsstunden pro Woche reiche nicht zur Abdeckung sämtlicher Personalratsarbeit aus.

Zur Vermeidung einer Benachteiligung wegen ihrer Personalratsarbeit müsse die geleistete Mehrarbeit ihrem Stundenkonto gutgeschrieben werden.

Die Klägerin hat beantragt,

das beklagte Land zu verpflichten, dem Stundenkonto der Klägerin 16,30 Stunden gutzuschreiben.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat gemeint, für die geltend gemachten Zeiten der Teilnahme an Personalratssitzungen könne keine Arbeitsbefreiung nach § 99 Abs. 4 S. 2 i.V.m. § 39 Abs. 2 NPersVG gewährt werden. In dem Freistellungskontingent nach § 99 Abs. 2 NPersVG sei auch der Zeitaufwand für die Sitzungstätigkeit des Schulpersonalrats enthalten. Dieses müsse vom Schulpersonalrat so verteilt werden, dass alle Personalratsmitglieder ihre Aufgaben wahrnehmen könnten. § 99 Abs. 2 und 3 NPersVG enthielten abschließende, von § 39 NPersVG abweichende Regelungen. Allenfalls für anlassbezogene, von Fall zu Fall auftretende, nach Umfang und Zeitaufwand nicht im Voraus einschätzbare Aufgaben des Personalrats könne noch eine Arbeitsbefreiung gewährt werden.

Es bestehe zudem die Möglichkeit, dass die Klägerin ihre Zusatzstunden zum Ausgleich des Schulferienüberhangs tatsächlich nicht vollständig abgeleistet und somit faktisch bereits einen Arbeitszeitausgleich herbeigeführt habe.

Ansprüche wegen der Personalratssitzungen in der Zeit vom 12.08. bis 21.10.2013 und vom 17. bis 29.09.2014 seien verfallen.

Das Arbeitsgericht hat mit einem dem beklagten Land am 04.03.2016 zugestellten Urteil vom 17.02.2016 (Bl. 56 bis 60 d.A.), auf das wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und seiner Würdigung durch das Arbeitsgericht verwiesen wird, der Klage im Umfang von 11 Stunden stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage wegen Anspruchsverfalls abgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 04.04.2016 eingelegte und am 03.06.2016 innerhalb verlängerter Frist begründete Berufung des beklagten Landes.

Das beklagte Land trägt vor, bereits die Verteilung der Freistellungsstunden durch den Schulpersonalrat sei rechtsmissbräuchlich erfolgt. Das Freistellungskontingent sei abschließend und decke auch die Sitzungstätigkeit des Schulpersonalrats ab. Nach dem gesetzlichen Leitbild entfalle grundsätzlich eine Freistellungsstunde auf ein Mitglied. Nur in eng umgrenzten, anlassbezogenen Ausnahmefällen könne darüber hinaus Arbeitsbefreiung verlangt werden. Im Rahmen der von der Klägerin genannten Sitzungen seien aber auch die regelmäßig anfallenden Personalratstätigkeiten erledigt worden.

Zur Erforderlichkeit der Personalratssitzungen, insbesondere nach der Fertigstellung des Leitfadens Mitte 2014, habe die Klägerin nichts vorgetragen.

Auch sei es Aufgabe des Schulpersonalratsvorsitzenden gewesen, vorrangig vollbeschäftigte Schulpersonalratsmitglieder, die ihre Arbeitszeit noch nicht voll ausgeschöpft hätten, zur Personalratstätigkeit heranzuziehen.

Ungeachtet dessen habe die Klägerin von ihrer Arbeitszeit "am Kind" tatsächlich nur 30 Stunden und 35 Minuten wöchentlich ausgeschöpft. Die Differenzzeit von 5 Stunden und 25 Minuten müsse sie sich anrechnen lassen.

Für die sonstigen Tätigkeiten sei an der Schule für Vollzeitbeschäftigte ein Richtwert von 4,9 Stunden festgelegt worden. Das Arbeitsgericht hätte aufklären müssen, ob die Klägerin dieses Stundenkontingent tatsächlich ausgeschöpft habe. Jedenfalls habe die Klägerin von den insgesamt 8 für weitere Tätigkeiten zu Verfügung gestellten Stunden je Woche weitere 3,1 Stunden nicht ausgeschöpft.

Das beklagte Land beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 17.02.2016 (2 Ca 254/15 Ö) die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen unter Verteidigung des angefochtenen Urteils als zutreffend und macht geltend, es könne nicht zu ihren Lasten gehen, wenn das beklagte Land sein Weisungsrecht nur für einen Teil der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit ausübe. Sie habe auch die über die Präsenzzeit hinaus zur Verfügung stehende Arbeitszeit vollständig genutzt. Ein Nachweis hierüber sei ihr infolge des Zeitablaufs unmöglich.

Die aktuelle Verteilung der Freistellungsstunden auf die Personalratsmitglieder sei erfolgt, nachdem sich herausgestellt habe, dass eine gleichmäßige Verteilung der Freistellungsstunden auf alle Personalratsmitglieder keine ordnungsgemäße Personalratsarbeit zugelassen habe.

Der Anlass der jeweiligen Personalratssitzung ergebe sich aus ihrer Aufstellung im Schriftsatz vom 16.01.2017 (Bl. 158 f d.A.). Zu diesen Sitzungen sei sie jeweils rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnungspunkte eingeladen worden.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die aufgrund der Zulassung durch das Arbeitsgericht gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 a ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden. Sie ist auch im Übrigen zulässig, jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit zutreffend entschieden.

1.

Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin hat das Bestehen eines Stundenkontos behauptet und die Anzahl der diesem Konto insgesamt gutzuschreibenden Stunden im Antrag bezeichnet. Aus der Klagebegründung ergibt sich, zu welchen Zeitpunkten bzw. für welche nach Datum und Uhrzeit bezeichneten Personalratssitzungen sie jeweils in welchem Umfang Gutschrift begehrt.

2.

Der Anspruch ist gemäß § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag, § 10 TV-L, §§ 99 Abs. 4 Satz 2, 39 Abs. 2 Sätze 3 und 4 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes in der Fassung vom 22.01.2007 (im Folgenden kurz: NPersVG 07) begründet.

a)

Zutreffend hat das Arbeitsgericht das Bestehen eines gemäß § 10 TV-L grundsätzlich zulässigen Arbeitszeitkontos als unstreitig gewertet. Anderes haben die Parteien auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen. Mangels abweichender Angaben besteht das Stundenkonto fort. Eine Gutschrift auf dem Zeitkonto ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil § 99 Abs. 4, Satz 2 NPersVG 07 die Arbeitsbefreiung gemäß § 39 Abs. 2 NPersVG 07 im Regelfall nur von solchen dienstlichen Tätigkeiten ermöglicht, "die außerhalb der Unterrichtsverpflichtung zu erbringen sind". Es ist nicht ausgeschlossen, dass Gutstunden, bei deren Ausgleich das Gesetz besondere Regelungen vorsieht, vom Arbeitgeber im Rahmen des Stundenkontos gesondert erfasst werden.

b)

Unstreitig war die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum Mitglied des Schulpersonalrats, das bei der Verteilung der Freistellungsstunden (§ 99 Abs. 1 S. 3 NPersVG 07) unberücksichtigt geblieben ist. Damit ist nach dem Wortlaut des § 99 Abs. 4 Satz 2 NPersVG 07 der Anwendungsbereich des § 39 Abs. 2 NPersVG 07 eröffnet. Die letztgenannte Vorschrift erfasst auch Arbeitsbefreiungen für die Teilnahme an Personalratssitzungen. Für eine einschränkende Auslegung des § 99 Abs. 4 Satz 2 NPersVG 07 ist kein Raum.

aa)

Personalratssitzungen sind Aufgaben, für die dem Personalratsmitglied gemäß § 39 Abs. 2 NPersVG 07 im Einzelfall Dienstbefreiung erteilt werden kann. In der Gesetzesbegründung zu § 39 NPersVG 07 (LT-Drucksache 12/4370, S. 122) heißt es): "Freistellung im Sinne des Personalvertretungsrechts bedeutet die gänzliche oder teilweise generelle Freistellung von dienstlicher Tätigkeit, die zur Erledigung regelmäßig anfallender personalvertretungsrechtlicher Aufgaben eingeräumt wird. Hierzu zählen die laufenden Geschäfte, die auf die Vorbereitung von Personalratssitzungen und Beschlüsse sowie deren spätere Durchführung bezogen sind." Daraus ist zu schließen, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers die für die Teilnahme an der Personalratssitzung selbst erforderliche Zeit von der Freistellung im Sinne des § 39 Abs. 3 NPersVG 07 nicht umfasst sein soll (vgl. Dembowski/Ladwig/Sellmann, Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen, § 39 Rnr. 41; Bieler/Müller-Fritsche, NPersVG, 16. Aufl., § 39 Rn. 19). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Freistellung von Mitgliedern des Personalrats dazu dient, dass die außerhalb von Sitzungen der Personalvertretung anfallenden Geschäfte ordnungsgemäß und sachgemäß wahrgenommen werden und dadurch eine wirksame Erfüllung der dem Personalrat zustehenden Aufgaben und Befugnisse sichergestellt wird (etwa BVerwG, 26.10.1977 - VII P 21.75 - juris Rn. 29). Demgegenüber gehören Personalratssitzungen zu den Aufgaben, die nur gelegentlich anfallen, eine im Voraus nicht bestimmbare Zeit in Anspruch nehmen und deshalb lediglich Dienstbefreiungen im Einzelfall rechtfertigen können (BVerwG 22.04.1987 - 6 P 29/84 -, Rn. 23, juris, m.w.N.).

bb)

Es kann dahinstehen, ob die in § 99 Abs. 2 NPersVG 07 abweichend von § 39 Abs. 3 NPersVG 07 geregelten Freistellungen für Schulpersonalräte die Zeiten der Teilnahme an der Personalratssitzungen mitumfassen (verneinend: VG Braunschweig 14.03.2000 - 12 A 6/99 -; bejahend: OVG Lüneburg 29.08.2001 - 18 L 2101/99 -). Einerseits ist in beiden Normen der Begriff "Freistellung" bzw. "Freistellungen" verwendet, was den gleichen Bedeutungsgehalt nahelegt. Andererseits wird Mitgliedern der Schulpersonalvertretung, denen eine Teilfreistellung nach § 99 Abs. 2 NPersVG 07 zuteil geworden ist, gemäß § 99 Abs. 4 Satz 1 NPersVG 07 eine Befreiung nach § 39 Abs. 2 NPersVG 07 "in der Regel" nicht erteilt. Sollten die Zeiten der Sitzung des Schulpersonalrats grundsätzlich von dem Freistellungskontingent des § 99 Abs. 2 NPersVG 07 mitumfasst sein, kann das beklagte Land dies jedenfalls der Klägerin als nicht teilfreigestelltem Mitglied des Schulpersonalrats nach dem Wortlaut des § 99 Abs. 4 Satz 2 NPersVG 07 nicht entgegenhalten. Für eine einschränkende Auslegung der Vorschrift bleibt kein Raum.

(1)

Bei der Auslegung ist zunächst vom Gesetzeswortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille des Gesetzgebers zu berücksichtigen, soweit er in den Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen liefern und nur so der Sinn und Zweck der Norm zutreffend ermittelt werden kann. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen.

(2)

Danach kann eine einschränkende Auslegung nicht auf die Gesetzesbegründung zu § 99 Abs. 4 Satz 2 NPersVG 07 gestützt werden. Dort (LT-Drucksache 13/2140, S. 12) heißt es: "Die bisherige Vorschrift (...) wird ergänzt durch eine Regelung zur Befreiung der nicht freigestellten Mitglieder von Personalvertretungen. Dies betrifft die Schulpersonalräte in Schulen mit 5 bis 10 wahlberechtigten und die Schulpersonalräte mit 3, 5 und 7 Mitgliedern, die weniger als 1 Freistellungsstunde pro Mitglied erhalten". Dadurch sollen "auch die nicht freigestellten Mitglieder - wenn auch im geringeren Umfang als die freigestellten - Entlastungsmöglichkeiten erhalten". Wollte der Landesgesetzgeber damit die Anwendung des § 39 Abs. 2 NPersVG nur für die nicht teilfreigestellten Schulpersonalräte solcher Gremien ermöglichen, auf die bei (fiktiver) gleichmäßiger Verteilung rechnerisch jeweils weniger als 1 Freistellungsstunde entfällt, hat dies im Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden. Nach § 99 Abs. 4 S. 2 NPersVG 07 genügt, dass Mitglieder bei der Verteilung der Freistellungsstunden unberücksichtigt geblieben sind. § 99 Abs. 1 S. 3 NPersVG 07 macht dem Schulpersonalrat hinsichtlich der Verteilung der Freistellungsstunden keine Vorgaben. Zwar wird allgemein angenommen, dass die Verteilung der Freistellungsstunden auf die Mitglieder der Aufgabenverteilung innerhalb der Personalvertretung anzupassen ist (vgl. OVG Lüneburg 29.08.2001 - 18 L 2101/99 -). Dies wird aber oftmals eine stärkere Berücksichtigung des Vorsitzenden und seines Stellvertreters gegenüber anderen Mitgliedern rechtfertigen und dazu führen, dass einzelne Mitglieder keine Freistellungen erhalten. Die von dem beklagten Land vertretene Auslegung führt dazu, dass jedenfalls nicht teilfreigestellte Mitglieder eines Schulpersonalrats, bei dem die Zahl der Mitglieder der Anzahl der Freistellungsstunden nach der Staffel des § 99 Abs. 2 NPersVG 07 entspricht, Arbeitsbefreiung nur noch unter den engen Voraussetzungen des § 99 Abs. 4 Satz 1 NPersVG 07, d.h. in der Regel nicht gewährt wird. Insgesamt stünde damit den Schulpersonalratsmitgliedern gegenüber Personalratsmitglieder im allgemeinen Verwaltungsbereich nur ein stark limitierter Zeitraum für die Wahrnehmung der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben zur Verfügung, was gegen Art. 3 Abs. 1 GG und die rahmenrechtliche Vorgabe des § 100 Abs. 2 BPersVG verstößt (vgl. Fricke/Dierßen/Otte/Sommer/Thommes, NPersVG, 4. Aufl., § 99 Rn. 3; ebenfalls kritisch aber i.Erg. a.A. OVG Lüneburg 29.08.2001 - 18 L 2101/99 -). Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits 1987 entschieden, dass die besonderen Verhältnisse des schulischen Bereichs im Vergleich zu anderen Dienststellen es nicht rechtfertigten, den Zeitaufwand für die Sitzungen des Personalrates bei der Berechnung der Freistellung von der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung zu berücksichtigen. Häufigkeit und Dauer der Sitzungen haben sich auch hier nach den vorliegenden Beratungsgegenständen zu richten und könnten deshalb nicht im Voraus für jede Unterrichtswoche festgelegt werden (vgl. BVerwG, 22.04.1987 - 6 P 29/84 - juris Rnr. 23 zum LPersVG Rheinland-Pfalz).

c)

Die Teilnahme der Klägerin an den streitgegenständlichen Personalratssitzungen war zur Wahrnehmung ihrer personalvertretungsrechtlichen Aufgaben erforderlich (§§ 99 Abs. 4 Satz 2, 39 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 NPersVG 07). Bei der Ladung zu einer Schulpersonalratssitzung darf das Schulpersonalratsmitglied regelmäßig von der Erforderlichkeit seiner Teilnahme ausgehen. Aus den §§ 29, 30, 100 NPersVG 07 ergibt sich, dass die Teilnahme an Schulpersonalratssitzungen zu den gesetzlichen Aufgaben eines Personalratsmitglieds gehört. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin aufgrund der in den Ladungen angegebenen Tagesordnungspunkte bzw. den im Schriftsatz vom 16.01.2017 angegebenen Anlässen von einer fehlenden Erforderlichkeit ausgehen musste, sind nicht ersichtlich. Aufgrund der dortigen Angaben hätte das beklagte Land gegebenenfalls näher darlegen müssen, aus welchen Gründen sich doch Zweifel an der Erforderlichkeit der Tätigkeit ergeben (vgl. Fricke/Dierßen/Otte/Sommer/Thommes, NPersVG, 4. Aufl., § 39 Rn. 2). Hinsichtlich der Länge einer Personalratssitzung steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Schulpersonalrats, wie ausführlich die einzelnen Tagesordnungspunkte diskutiert werden, so dass in der Regel die gesamte Sitzungsdauer erforderliche Schulpersonalratstätigkeit ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Schulpersonalrat der M.-Schule A-Stadt die hier streitgegenständlichen Personalratssitzungen etwa zu personalratsfremden Zwecken umfunktioniert hat, sind nicht vorgebracht. Solche Anhaltspunkte ergeben sich auch nicht aus der Häufigkeit der Personalratssitzungen im streitbefangenen Zeitraum.

d)

Die Klägerin ist durch die unstreitige Sitzungsteilnahme über ihre regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht worden (§ 39 Abs. 2 Satz 3 NPersVG 07). Unstreitig ist die Personalratstätigkeit, für welche die Klägerin Zeitgutschrift begehrt, außerhalb ihrer stundenplanmäßig festgelegten Arbeitszeit "am Kind" erfolgt.

Die Klägerin hat auch schlüssig behauptet, außerhalb der zusätzlich zu erbringenden Arbeitsleistung an den Personalratssitzungen teilgenommen zu haben. Dem ist das beklagte Land nicht hinreichend entgegengetreten. Der Katalog weiterer Tätigkeiten pädagogischer Mitarbeiter (Anlage zur Berufungsbegründung Bl. 117 d.A.) mit dem hierfür ermittelten, mehr oder weniger grob pauschalen und jahresbezogenen Zeitansatz ist zwischen den Parteien nicht streitig. Die dort aufgeführten Tätigkeiten fallen unregelmäßig und mit unterschiedlicher zeitlicher Dauer an, ohne dass die pädagogischen Mitarbeiter gehalten sind, die dafür aufgewendete Arbeitszeit zu erfassen. Das beklagte Land hat nicht dargelegt, dass und inwieweit auf Anordnung der Schulleitung zu den Zeiten der streitgegenständlichen Personalratssitzungen für die Klägerin Arbeitszeit in Form der Teilnahme etwa an Konferenzen, Dienstbesprechungen, Elternsprechtagen, Teambesprechungen, Schulveranstaltungen etc. angesetzt war. Das beklagte Land hat auch keine Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass die Klägerin einen Teil der zusätzlich von ihr zu erbringenden Arbeitsleistungen selbst nach Umfang und zeitlicher Lage bestimmen konnte, dies aber gleichwohl nicht in dem sich aus dem pauschalierten Ansatz ergebenden Umfang getan hat. Mangels solcher Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Klägerin neben der "Arbeit am Kind" auch die zusätzlichen Arbeitsleistungen mindestens in dem Umfang des von dem beklagten Land vorgetragenen Pauschalansatzes erfüllt und somit Zeiten für die Teilnahme an den Personalratssitzungen zusätzlich aufgewendet hat. Müsste die Klägerin dies dem beklagten Land bei dieser Sachlage durch Aufzeichnungen etc. belegen, läge hierin gegenüber Mitarbeitern, die nicht Mitglied des Personalrats sind, eine Benachteiligung im Sinne des § 41 Abs. 1 NPersVG 07.

e)

Die Klägerin muss sich schließlich nicht entgegenhalten lassen, der Pauschalansatz für zusätzliche Arbeitsleistungen an der M.-Schule A-Stadt liege für Vollbeschäftigte mit tatsächlich lediglich bei 4,9 Stunden in der Woche und damit unterhalb der arbeitsvertraglich vorgesehenen Zeit von 8 Stunden, weshalb die Differenzzeit auf den geltend gemachten Anspruch der Klägerin anzurechnen sei. Entsprechendes gilt für die geltend gemachte Differenzzeit hinsichtlich der Arbeit "am Kind". Das Schreiben der Schulleiterin G. vom 12.05.2016 (Bl. 100 - 102 d.A.), die Berechnung des Pauschalansatzes (Bl. 107 d.A.) und die Erörterungen in der Berufungsverhandlung haben verdeutlicht, dass diese "Unterbeschäftigung" nicht nur bei der Klägerin, sondern in gleichem Umfang bei allen an der betreffenden Schule vergleichbar vollzeitbeschäftigten pädagogischen Mitarbeiter/innen der Fall ist. Es kann jedoch nicht zu Lasten der Klägerin gehen, dass das beklagte Land im Umfang der Differenz die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit der pädagogischen Mitarbeiter an der M.-Schule A-Stadt nicht voll ausgeschöpft hat. Müsste sich die Klägerin dies ihrer Personalratstätigkeit entgegenhalten lassen, läge auch hierin gegenüber Mitarbeitern, die nicht Mitglied des Personalrats sind, eine Benachteiligung im Sinne des § 41 Abs. 1 NPersVG 07.

f)

Die nicht verfallenen Ansprüche hat das Arbeitsgericht mit 11 Stunden zutreffend errechnet.

g)

Bei dem Ausgleich der gutzuschreibenden Stunden werden die Parteien § 99 Abs. 4 Satz 3 NPersVG 07 zu berücksichtigen haben, wonach eine Freistellung der Klägerin in der Regel nur von solchen Tätigkeiten erfolgen kann, die außerhalb der Unterrichtsverpflichtung liegen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.