Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.09.2017, Az.: 11 Sa 437/17 E

Eingruppierung einer Gleichstellungsbeauftragten

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
26.09.2017
Aktenzeichen
11 Sa 437/17 E
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 48133
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 20.03.2019 - AZ: 4 AZR 595/17

Amtlicher Leitsatz

Auch wenn eine Gleichstellungsbeauftragte nach dem BGleiG zu 100 % von der Arbeitsleistung freigestellt ist, stellt die Tätigkeit in Ausübung ihres Amtes nicht die übertragene Tätigkeit im Sinn des § 12 TVöD dar.

Redaktioneller Leitsatz

1. Die Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte ist für die tarifliche Eingruppierung nicht rechtserheblich.

2. Die Vergütung einer Gleichstellungsbeauftragten ist in § 28 Abs. 1 BGleiG ausdrücklich erwähnt; insoweit liegt eine deutliche gesetzgeberische Entscheidung vor, das Amt der Gleichstellungsbeauftragten gerade nicht als dienstliche Aufgabe zu übertragen und eine entsprechende Vergütung zu zahlen.

3. Bezüglich des beruflichen Aufstieges sieht § 28 Abs. 1 Satz 2 BGleiG ausdrücklich eine Anknüpfung an die berufliche Entwicklung vor, wie diese ohne die Übernahme des Amtes erfolgt wäre.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg - 4 Ca 486/16 E - vom 13.03.2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Eingruppierung der Klägerin, die seit dem Jahr 2006 als Gleichstellungsbeauftragte zu 100 % von der Arbeitsleistung freigestellt ist.

Die am 00.1953 geborene Klägerin hat ursprünglich eine Ausbildung zur Kinderpflegerin absolviert. Seit dem 10. Mai 1977 war sie bei der Beklagten beschäftigt (Arbeitsverträge Bl. 14 ff.d.A.), bis zum 10. August 1989 bei der Bundesanstalt für Arbeit. Ab dem 11. September 1989 wurde ein neues Arbeitsverhältnis wiederum bei der Bundesanstalt für Arbeit begründet (Bl. 19 d.A.). Zum 1. Januar 2004 wechselte die Klägerin in den Bereich der Zollverwaltung. Die Geltung der jeweils maßgeblichen Tarifverträge für den öffentlichen Dienst ist vereinbart. Zum 01.11.2001 wurde die Klägerin hochgestuft von der Vergütungsgruppe IX a in Vergütungsgruppe VIII MTA (Bl. 21 d.A.). Zum 1. September 2004 wurde sie eingruppiert in die Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1a BRT - entsprechend EG 5 TVöD. Zu diesem Termin wurden ihr die Aufgaben einer Mitarbeiterin im Geschäftszimmer Bereich der Finanzkontrolle Schwarzarbeit - heute Sachgebiet E - beim Hauptzollamt A-Stadt übertragen (Tätigkeitsdarstellung Bl. 23 - 30 d. A.). Die Klägerin wurde zur Gleichstellungsbeauftragten beim Hauptzollamt A-Stadt gewählt und trat dieses Amt zum 1. September 2006 an. Die Klägerin ist zu 100% von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt (Bl. 108 d.A.). Sie ist nach entsprechenden Wiederwahlen weiterhin als Gleichstellungsbeauftragte tätig. Die aktuelle Amtszeit der Klägerin läuft bis zum 31. August 2018. Im Wege des Bewährungsaufstieges wurde die Klägerin zum 1. September 2010 in die Entgeltgruppe 6 höher gruppiert (Bl. 31 d.A.). Als Ergebnis eines Bewerbungsverfahrens wurde die Klägerin ab dem 1. Juni 2016 auf einen Dienstposten nach Entgeltgruppe 9b Entgeltstufe 5 TVöD umgesetzt (Bl. 42 - 47 und 106 - 107 d.A.). Mit der am 27. Dezember 2016 beim Arbeitsgericht Oldenburg eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe EG 11 TVöD.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe Aufgaben zu erfüllen, welche mit gründlichen, umfassenden Fachkenntnissen allein nicht mehr zu bewältigen seien, sondern ein beträchtlich gesteigertes fachliches Wissen und Können verlangten. Sie hat als Anlage K 11 (Bl. 32 - 38 d. A.) eine standardisierte Tätigkeitsdarstellung- und -bewertung vorgelegt. Sie hat dazu erläutert, diese sei von der Gleichstellungsbeauftragten der Bundesfinanzverwaltung erstellt und spiegele die von allen 74 Gleichstellungsbeauftragten der Finanzverwaltung, somit auch der Klägerin, entfalteten Tätigkeiten in bewerteter Art und Weise wieder. Soweit sich die Beklagte auf die Tätigkeitsdarstellung und -bewertung vom 20. Juni 2015 berufe (Blatt 73 bis 83 der Akten) handle es sich um eine rein theoretische Darstellung angesichts des Umstandes, dass sie die dort niedergelegten Tätigkeiten schon seit dem 1. September 2006 gar nicht mehr wahrgenommen habe. Die Klägerin ist der Auffassung, soweit dort eine fiktive Nachzeichnung ihres beruflichen Werdeganges zu Grunde gelegt werde, sei dies der rechtlich unzutreffende Ansatzpunkt.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 1. Dezember 2013 in die Vergütungsgruppe EG 11 TVöD einzugruppieren und ihr ab diesem Zeitpunkt eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe EG 11 TVöD zu zahlen und den Nettodifferenzbetrag zwischen tatsächlich gezahlter und beantragter Vergütung ab jeweiliger Fälligkeit mit 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, für die Eingruppierung der Klägerin sei nicht die Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte maßgebend. Denn mit der Bestellung als Gleichstellungsbeauftragte aufgrund Wahl der wahlberechtigten Beschäftigten sei ihr keine Tätigkeit zugewiesen worden, welche sie aufgrund ihres Arbeitsverhältnisses auszuüben haben. In diesem Sinne handle es sich lediglich um eine vorübergehende Tätigkeit im Tarifsinne. Insbesondere sei die Klägerin nicht mit Arbeitnehmern in den Bundesländern zu vergleichen, welche hauptamtlich als Gleichstellungsbeauftragte eingestellt würden. Dementsprechend sei hinsichtlich der Vergütung der Klägerin die berufliche Entwicklung fiktiv nachzuzeichnen.

Das Arbeitsgericht Oldenburg hat mit Urteil vom 13.03.2017 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zwar zulässig, aber unbegründet. Nach § 28 Abs. 1 BGleiG übe die Gleichstellungsbeauftragte ihr Amt ohne Minderung ihrer bisherigen Bezüge oder ihres bisherigen Arbeitsentgeltes aus und nehme am beruflichen Aufstieg teil, wie dieser ohne die Übernahme des Amtes erfolgt. Nach dem Wortlaut dieser Norm sei bei der Eingruppierung der Klägerin dementsprechend gerade nicht auf ihre Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte abzustellen. Wenn die Klägerin an einem beruflichen Aufstieg aufgrund Übernahme des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten teilhaben wolle, verstoße das gegen das Begünstigungsverbot im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 BGleiG. Zwar hätten gemäß § 28 Abs. 3 Satz 5 BGleiG die Dienststellen der Gleichstellungsbeauftragten auf deren Antrag hin eine Aufgabenbeschreibung als Nachweis über ihre Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte zu erteilen. § 28 Abs. 3 Satz 1 bis 3 BGleiG sehe vor, dass die berufliche Entwicklung der Gleichstellungsbeauftragten von Amts wegen fiktiv nachzuzeichnen sei. Diese fiktive Nachzeichnung diene als Grundlage für Personalauswahlentscheidungen.

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 28 BGleiG bestünden nicht und würden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.

Mithin komme es auch nicht auf die Frage an, ob von einer vorübergehenden anderen Tätigkeit im tariflichen Sinne auszugehen sei.

Gegen dieses ihr am 23.03.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am Montag, 24.04.2017 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist fristgemäß am 22.06.2017 begründet.

Im Gesetzgebungsverfahren zum aktuell geltenden Bundesgleichstellungsgesetz habe Einigkeit bestanden, dass die Tätigkeit einer Gleichstellungsbeauftragten typischerweise mit einem Qualifikationszuwachs verbunden sei, wie schon das Instrument der Aufgabenbeschreibung in § 28 Abs. 3 Satz 5 BGleiG deutlich mache. Es habe gegolten, den dahinterstehenden gesetzlichen Gedanken zugunsten der das Amt ausübenden Beschäftigten unter Steigerung der Attraktivität des Amtes für die Qualifikationsfeststellung nutzbar zu machen, da die fiktive Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs dies alleine nicht leisten könne. Das vom Arbeitsgericht genannte Begünstigungsverbot verhindere gerade nicht eine Anhebung der Bezüge entsprechend der Bewertung der Position als Gleichstellungsbeauftragte. Von einer Begünstigung könne dann nicht gesprochen werden, wenn eine Gleichstellungsbeauftragte entsprechend der Bewertung ihrer Tätigkeit vergütet werde. Die von der Klägerin vorgetragenen Tätigkeiten seien von der Beklagten auch nicht bestritten worden.

Die Klägerin habe sehr umfangreich erstinstanzlich unter Beweisantritt dazu vorgetragen, dass ihre in dem Arbeitsvorgang zusammengefassten Tätigkeiten die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 11 TVöD, aufbauend auf den Entgeltgruppen 9 b Fallgruppe 1 sowie Fallgruppen 2 und 3 TVöD, erfülle. Das Arbeitsgericht sei diesem Vortrag fehlerhaft nicht nachgegangen.

Dem stehe die fiktive Nachzeichnungspflicht nicht entgegen. Dieser im Gesetz gewählte Begriff sei insofern irreführend, als nicht die Nachzeichnung, sondern die berufliche Entwicklung fingiert werde. Dies beziehe sich auf den Fall, dass eine Gleichstellungsbeauftragte von dieser Funktion entbunden werde und möglicherweise nach vielen Jahren ihre bisher innegehabte Stelle wieder einzunehmen hätte. Bei der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen 7 Sa 105/06 E habe es sich um eine andere Sachverhaltskonstellation gehandelt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 13.03.2017 - 4 Ca 486/16 E - abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 01.12.2013 in die Vergütungsgruppe EG 11 TVöD einzugruppieren und ihr ab diesem Zeitpunkt eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe EG 11 TVöD zu zahlen und den Nettodifferenzbetrag zwischen tatsächlich gezahlter und beantragter Vergütung ab jeweiliger Fälligkeit mit fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Es bestünden schon Bedenken an der Zulässigkeit der Klage.

Wenn die Berufung meine, eine Begünstigung nach § 28 Abs. 1 Satz 1 BGleiG läge dann nicht vor, wenn die Gleichstellungsbeauftragte entsprechend der tariflichen Bewertung ihrer gesetzlichen Aufgabenstellung vergütet werde, verkenne sie die Rechtsstellung einer Gleichstellungsbeauftragten. Die Beklagte habe bereits darauf hingewiesen, dass die Bundesländer und der Bund verschiedene Modelle der Einrichtung von Gleichstellungsbeauftragten gewählt hätten. Jedenfalls stelle das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 21.02.2011 fest, dass die mit der Bestellung zur Gleichstellungsbeauftragten einhergehenden Rechte nicht zu einer inhaltlichen Änderung, Umgestaltung, Konkretisierung des Anstellungsverhältnisses in dem Sinne führten, dass sie nunmehr arbeitsvertraglich eine Beschäftigung als Beauftragte und/oder eine entsprechende Vergütung aufgrund veränderter Eingruppierung mit Erfolg verlangen könne. Bei einem "Verwaltungsmodell" werde gemäß §§ 19 Abs. 1 Satz 5, 28 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 BGleiG mit der Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte fingiert, dass gleichzeitig der Arbeitsvertrag erfüllt werde. Bei einer ehrenamtlichen Interessenvertretung bleibe der Inhalt des Arbeitsvertrages notwendigerweise unberührt. Die Vergleichbarkeit der Gleichstellungsbeauftragten mit Mitgliedern der Personalvertretung unterstreiche § 28 Abs. 4 BGleiG. Deshalb könne das Begünstigungsverbot des § 28 Abs. 1 Satz 1 BGleiG durchaus verglichen werden mit dem Begünstigungsverbot des § 78 Abs. 2 BetrVG.

Weshalb die Klägerin meine, vom 01.12.2013 an einen entsprechenden Anspruch begründen zu können, bleibe unklar.

Selbst wenn all das unberücksichtigt bleibe, müsse der Berufung der Erfolg versagt bleiben. Maßgeblich für die Eingruppierung im Sinne des TVöD seien die übertragenden Tätigkeiten. Übertragen im Sinne des TVöD seien aber nicht die Tätigkeiten der Gleichstellungsbeauftragten. Mit der Bestellung gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 BGleiG werde lediglich das Wahlergebnis nach § 19 Abs. 1 Satz 5 BGleiG umgesetzt. Als Gleichstellungsbeauftragte sei die Klägerin weisungsfrei und unterliege nicht dem Direktionsrecht ihrer Dienststelle, § 24 Abs. 2 Satz 1 BGleiG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Protokollerklärungen der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig gemäß §§ 519, 520 ZPO, §§ 64, 66 ArbGG.

Sie bleibt aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zutreffend abgewiesen.

1.

Die Klage ist als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig.

2.

Sie ist aber unbegründet.

a)

Wieweit die Klägerin Ansprüche auf Entgelt aus der Entgeltgruppe 11 TVöD, die vor dem 29.06.2016 fällig waren, gem. § 37 Abs. 1 TVöD rechtzeitig geltend gemacht hat, kann nicht abschließend festgestellt werden. Die Klageschrift ist der Beklagten am 29.12.2016 zugestellt worden. Die Klägerin trägt vor, den Anspruch auch bereits mit der Klage Arbeitsgericht Oldenburg 3 Ca 706/12 E geltend gemacht zu haben; die Akte ist nicht beigezogen worden.

b)

Die Voraussetzungen für eine Eingruppierung nach § 12 TVöD liegen schon deshalb nicht vor, weil das Amt einer Gleichstellungsbeauftragten der Klägerin unstreitig nicht dauerhaft übertragen worden ist. Auch die mehrfache Wiederwahl und -bestellung ändert daran nichts. In Betracht käme allenfalls die Gewährung einer persönlichen Zulage gem. § 14 TVöD in Höhe des Differenzbetrages aufgrund einer nur vorübergehenden Übertragung eines höherwertigen Amtes; dies hat die Klägerin in der mündlichen Berufungsverhandlung ausdrücklich mit einbezogen. Ob insoweit ein einheitlicher Streitgegenstand vorliegt oder ein eigenständiger weiterer Streitgegenstand, der mit dem Berufungsantrag nicht wirksam geltend gemacht worden ist, mag dahinstehen.

c)

Es mag auch dahingestellt sein, ob die Voraussetzungen einer Eingruppierung nach Entgeltgruppe 11 TVöD im ersten Rechtszug ausreichend schlüssig vorgetragen sind. Die maßgeblichen Tarifvorschriften lauten insoweit:

Entgeltgruppe 11

Beschäftigte der Entgeltgruppe 9 b Fallgruppe1,

deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9 b Fallgruppe 1 heraushebt.

...

Entgeltgruppe 9 b

1. Beschäftigte der Fallgruppe 2 oder 3, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Fallgruppe 2 oder 3 heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.

2. Beschäftigte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit abgeschlossener Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

(Hierzu Protokollerklärung Nr. 2)

3. Beschäftigte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst,

deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

Soweit der TVöD auf der Technik von Heraushebungsmerkmalen aufbaut, wonach eine höherwertige Tätigkeit sich aus der Beschreibung einer niedrigeren Entgeltgruppe heraushebt, verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, dass die Klägerin zur Anspruchsbegründung auch den wertenden Vergleich zwischen den verschiedenen Entgeltgruppen bzw. Heraushebungsmerkmalen anhand von konkreten Tatsachenvortrag darstellt. Soweit allerdings der Arbeitgeber selbst eine bestimmte Eingruppierung für zutreffend hält, ist insoweit seitens des Gerichts eine lediglich kursorische Prüfung ausreichend (vgl. zu diesen Grundsätzen etwa BAG 21.1.15, 4 AZR 253/13, AP Nr. 44 zu §§ 22, 23 BAT-O; 9.12.15, 4 AZR 11/13, juris). Vorliegend ist im Wege der Änderungsvereinbarung mit Wirkung vom 01.06.2016 eine Vergütung nach Entgeltgruppe 9 b festgelegt worden, ohne dass eine Fallgruppe angegeben ist. Auch die zugrunde liegende Tätigkeitsdarstellung vom 07.06.2016 weist keine Fallgruppe aus. Da die Fallgruppe 2 als Regelfall eine abgeschlossene Hochschulbildung voraussetzt, ist eher davon auszugehen, dass der Arbeitgeber die Fallgruppe 3 zugrunde gelegt hat. Dann wären allerdings komplizierte weitere Heraushebungen nachzuvollziehen. Grundstufe der Eingruppierung für den allgemeinen Innendienst bei abgeschlossener Berufsausbildung ist die Entgeltgruppe 5. Entgeltgruppe 9 b Fallgruppe 3 erfasst Tätigkeiten im Innendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert. Darüber hinaus erfordert die Entgeltgruppe 9 b Fallgruppe 1 besonders verantwortungsvolle Tätigkeit. Erst Tätigkeiten, die sich davon wiederum durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung herausheben, erreichen die Entgeltgruppe 11.

Selbst wenn man den Sachvortrag der Klägerin zu der von ihr ausgeübten Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte im ersten Rechtszug heranzieht, können Zweifel bestehen, ob alleine die gesetzliche Aufgabenstellung einer Gleichstellungsbeauftragten geeignet ist, in jedem Fall eine besondere Schwierigkeit und Bedeutung anzunehmen, oder ob insoweit die konkreten Umstände in der jeweiligen Dienststelle zu bewerten wären, die nicht konkret vorgetragen sind. Die von ihr vorgelegte Anlage K 11 - die aber nicht von der Beklagten autorisiert ist - weist eine Bewertung nach E 11 bzw. E 12 aus. Diese Fragen brauchen jedoch nicht abschließend beantwortet zu werden.

d)

Denn das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte für die tarifliche Eingruppierung nicht rechtserheblich ist.

Es fällt in den Kompetenzbereich des Gesetzgebers, die rechtliche Ausgestaltung und Bewertung der Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten zu bestimmen. Der Bund und die Bundesländer haben insoweit unterschiedliche Regelungen getroffen. Was die Regelungen durch den Bundesgesetzgeber angeht, enthält das Bundesgleichstellungsgesetz in der Fassung des Jahres 2015 eine Mischung aus verschiedenen Elementen. Einerseits ist die Stellung einer Gleichstellungsbeauftragten organisatorisch der Behördenleitung zugeordnet (§ 24 Abs. 1 Satz1 BGleiG). Damit wird deutlich gemacht, dass die Thematik der Gleichstellung für die Leitung eine Dienstaufgabe darstellt (auch § 4 Abs. 1 BGleiG). Andererseits ist die persönliche Rechtstellung der Gleichstellungsbeauftragten in § 28 BGleiG in deutlicher Parallele zu den Mitgliedern der Personalvertretung ausgebildet. In § 28 Abs. 4 BGleiG ist ausdrücklich auf die Mitglieder der Personalvertretung Bezug genommen worden. Gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BGleiG wird die Gleichstellungsbeauftragte von anderweitigen Tätigkeiten in dem Ausmaß entlastet, wie dies zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Gleichstellungsbeauftragte erforderlich ist, d.h. nicht notwendig zu 100%. Auch dies entspricht dem Mechanismus in Personalvertretungs- und Betriebsverfassungsrecht. Danach hat die Ausübung eines Wahlamtes ehrenamtlichen Charakter. Es erfolgt lediglich eine Freistellung aus der bisherigen Tätigkeit. Die rechtliche Ausgestaltung des zugrunde liegenden Anstellungsverhältnisses wird aber in keiner Weise berührt oder verändert. Im Übrigen ist die Gleichstellungsbeauftragte in ihrer Tätigkeit auch nicht weisungsgebunden (§ 24 Abs. 2 Satz 1 BGleiG).

Die Frage der Vergütung ist in § 28 Abs. 1 BGleiG vom Gesetzgeber ausdrücklich angesprochen. Insoweit liegt eine deutliche gesetzgeberische Entscheidung darin, dass gerade nicht die Aussage getroffen wird, wonach das Amt der Gleichstellungsbeauftragten als dienstliche Aufgabe übertragen und eine entsprechende Vergütung zu zahlen ist. Als Schutzvorschrift geregelt ist lediglich, dass das Amt ohne Minderung der bisherigen Bezüge ausgeübt wird. Allerdings ist damit nur ein sehr spezieller Fall geregelt, dass nämlich die Amtsinhaberin bereits zuvor ein höheres Leitungsamt innegehabt hat, das nach dem TVöD oder Beamtenbesoldung überdurchschnittlich gut bewertet war. Zugleich kommt darin allerdings zum Ausdruck, dass die Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten vom Gesetzgeber in der Wertigkeit einem Leitungsamt nicht ohne Weiteres gleichgestellt wird. Bezüglich des beruflichen Aufstieges sieht das Gesetz in § 28 Abs. 1 Satz 2 BGleiG ausdrücklich eine Anknüpfung an die berufliche Entwicklung vor, so wie diese ohne die Übernahme des Amtes erfolgt wäre.

Getrennt davon ist im 3. Absatz des § 28 BGleiG die Verpflichtung der Dienststelle enthalten, die berufliche Entwicklung der Gleichstellungsbeauftragten fiktiv nachzuzeichnen. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung dient diese als Grundlage für weitere Personalauswahlentscheidungen. Diese Nachzeichnungspflicht betrifft unzweifelhaft eine Anknüpfung an die zuvor ausgeübte berufliche Tätigkeit. Da die Klägerin aller Voraussicht nach aus ihrem Amt unmittelbar im Jahr 2018 in den Ruhestand eintreten wird, spielt dieser Aspekt rechtlich vorliegend aber keine Rolle.

Im Ergebnis ist jedenfalls festzustellen, dass der Gesetzgeber in § 28 Abs. 1 und Abs. 3 BGleiG sowohl für die Entwicklung des konkreten Arbeitsentgelts als auch die weitere laufbahnmäßige Entwicklung einer Gleichstellungsbeauftragten an die zuvor ausgeübte Tätigkeit anknüpft. Dies entspricht nach wie vor den Grundsätzen, die das Bundesarbeitsgericht mit Entscheidung vom 21.02.2001 - 4 AZR 700/99, BAGE 97, 135 [BAG 21.02.2001 - 4 AZR 700/99] - formuliert hat. Danach ist die Bestellung zur Gleichstellungsbeauftragten jedenfalls keine Übertragung einer entsprechenden Tätigkeit im Sinne des § 12 TVöD.

e)

Von Roetteken vertritt in der neuesten Auflage seines Kommentars zum Bundesgleichstellungsgesetz (dort § 28 Rn. 83 ff.) den Ansatz, dass sich ein höherer Vergütungsanspruch aus Art. 157 AEUV ergeben könne. Soweit ersichtlich, findet dieser Ansatz in Literatur und Rechtsprechung aber bisher keine weitere Stütze. Zumindest bedürfte es dann aber ganz erheblicher argumentativer Auseinandersetzung, an welche Maßstäbe und Kriterien für die Begründung einer "gleichwertigen" Vergütung im Sinne des Art. 157 AEUV anzuknüpfen wäre. Im Übrigen hat die Klägerin selbst in der Berufungsbegründung nicht zu erkennen gegeben, sich unmittelbar auf eine europarechtliche Anspruchsgrundlage stützen zu wollen, und sich dementsprechend auch nicht dazu geäußert, wie sie die dazu zu stellenden Anforderungen beschreiben würde. Auch dieser Aspekt kann deshalb dahinstehen.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision ist gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen worden.