Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.06.2017, Az.: 6 Sa 577/16
Umfang der Geltung einer dynamischen Bezugnahmeklausel auf den TVöD-B-VKA und die "im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge"
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 29.06.2017
- Aktenzeichen
- 6 Sa 577/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 16823
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE::2017:0629.6Sa577.16.00
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BAG - 11.07.2018 - AZ: 4 AZR 372/17
Rechtsgrundlagen
- Anwendungstarifvertrag § 3
- BGB § 305c Abs. 2
- TVöD-B § 20
Amtlicher Leitsatz
1. Eine dynamische arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel auf den TVöD-B-VKA erfasst einen später vom Arbeitgeber und der Gewerkschaft abgeschlossenen Haustarifvertrag nicht, wenn an dessen Abschluss der kommunale Arbeitgeberverband nicht beteiligt war.
2. Eine arbeitsvertragliche Klausel, wonach neben dem TVöD-B-VKA "außerdem die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung" finden, erfasst nur Tarifverträge, deren inhaltliche Regelungsbereiche sich nicht mit dem TVöD-B-VKA überschneiden.
3. Die Auflösung einer Tarifkonkurrenz im Wege der Sachnähe und/oder Spezialität als tarifrechtliche Kollisionsregeln gelangt nicht zur Anwendung, wenn die Tarifverträge nicht normativ, sondern kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Hildesheim vom 28.04.2016 - 3 Ca 395/15 - abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.847,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.04.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um restliche Jahressonderzahlungen für die Jahre 2012 und 2013.
Die Klägerin ist seit dem 20.01.1993 bei dem Beklagten, einem Träger für Einrichtungen auf dem Gebiet der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch XI, als Mitarbeiterin in der Assistenz tätig. Sie ist nicht Mitglied einer Gewerkschaft.
Am 25.04.2007 schloss der Beklagte mit der in seinem Haus gewählten Mitarbeitervertretung eine Sanierungsvereinbarung, die u. a. die Überleitung der Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten zum 01.07.2007 in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und zum Zwecke der Konsolidierung den Ausschluss der in § 20 TVöD-B gewährten Sonderzahlung für die befristete Laufzeit der Sanierungsvereinbarung bis zum 30.06.2012 vorsah. Wegen der Einzelheiten dieser Sanierungsvereinbarung wird auf Blatt 196 bis 201 der Akte Bezug genommen.
Mit Änderungskündigung vom 28.12.2007 (Bl. 75 d. A.) kündigte der Beklagte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.06.2008 und bot dessen Fortsetzung zu den Bedingungen der beigefügten Neufassung des Arbeitsvertrages mit Datum vom 30.05.2007 an. Die Klägerin nahm dieses Angebot zunächst nur unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an. Im Rahmen des Änderungskündigungsschutzverfahrens wurde am 20.02.2012 ein Vergleich geschlossen, in dem die Klägerin die mit der Änderungskündigung erklärten Änderungen letztlich akzeptierte.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich daraufhin ab dem 01.07.2008 nach den in der Änderungskündigung am 28.12.2007 erklärten Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 30.05. 2007. Dieser lautet u. a. wörtlich wie folgt:
§ 2 Geltung des TVöD
Ab dem 1. Juli 2007 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Pflege- und Betreuungseinrichtungen (TVöD-B) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung, soweit in diesem Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung. Der gekündigte Beihilfevertrag findet keine Anwendung.
§ 3 Mitarbeiterbeiträge für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung
(1) Jahressonderzahlung
Der Anspruch auf die in § 20 TVöD-B tariflich gewährte Jahressonderzahlung wird für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung vom 25. April 2007 ausgeschlossen.
...
§ 13 Schlussbestimmungen
(1) Arbeitgeber und MAV sind bei Abschluss der Sanierungsvereinbarung vom 25.
April 2007 davon ausgegangen, dass der erforderliche Prozess der Sanierung der A mit Ablauf der fünfjährigen Laufzeit der Sanierungsvereinbarung abgeschlossen ist. Sie haben sich jedoch verpflichtet, bereits vor Ablauf der Vereinbarung Verhandlungen mit dem Ziel aufzunehmen, die Laufzeit dieser Vereinbarung zu verlängern, wenn dies aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich ist. Erforderlich ist eine Verlängerung der Laufzeit, wenn ein nach Vorschlag der Mitarbeitervertretung bestellter Wirtschaftsprüfer oder eine sonstige von der Mitarbeitervertretung aufgrund ihrer Eignung vorgeschlagene Person feststellt, dass ein ausgeglichenes Wirtschaftsergebnis deshalb nicht erreicht werden kann, weil von außen kommende Ursachen den Erfolg der Sanierungsbemühungen aufzehren.
Bei der Ermittlung des Wirtschaftsergebnisses sind analog diejenigen Kriterien zugrunde zu legen, die bei der Ermittlung der Erfolgsbeteiligung anzuwenden sind.
Sollte eine Verlängerung der Sanierungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und MAV zustande kommen, werden die A ein entsprechendes Änderungsangebot unterbreiten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Blatt 76 bis 82 der Akte Bezug genommen.
Im September 2011 erklärte das Bundesarbeitsgericht Änderungskündigungen zur Durchsetzung der Regelungen der Sanierungsvereinbarung vom 25.04.2007 für unwirksam (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 523/10).
Am 28.08.2012 schloss u. a. der Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di einen Anwendungstarifvertrag, dessen § 3 unter der Überschrift Jahressonderzahlung nachstehende Regelung beinhaltet:
(1) Die Beschäftigten, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, haben Anspruch auf eine Jahressonderzahlung. Diese bestimmt sich nach § 20 TVöD-B, sofern nachfolgend nichts Abweichendes vereinbart wird.
(2) Abweichend von den in § 20 Abs. 2 TVöD-B genannten Beträgen gelten für die Beschäftigten des jeweiligen Unternehmens die nachfolgend genannten Prozentsätze für die Ermittlung der Jahressonderzahlung. Berechnungsgrundlage ist der für die jeweilige Entgeltgruppe tarifvertraglich festgeschriebene Prozentsatz (derzeit: 90/80/60 %). Dieser stellt die kalkulatorische Ausgangsbasis (100 %) dar; die in Absatz 3 ausgewiesenen Prozentsätze werden von dieser Ausgangsbasis berechnet.
(3) Für die Beschäftigten der jeweiligen Unternehmen der B gelten ausschließlich die in den nachfolgenden Unterabschnitten ausgewiesenen Prozentsätze.
a) Die Beschäftigten der A erhalten einen Sockelbetrag in Höhe von 30 % der in § 20 Abs. 2 TVöD-B ausgewiesenen Prozentsätze. Dieser Sockelbetrag wird in den Jahren 2013 bis 2016 jährlich um jeweils 7,5 % gesteigert.
Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Anwendungstarifvertrages wird auf Blatt 70 bis 74 der Akte verwiesen.
Der Beklagte zahlte an die Klägerin im Jahr 2012 eine Jahressonderzahlung in Höhe von 870,95 € brutto und für das Jahr 2013 in Höhe von 954,54 € brutto.
Mit außergerichtlichem Schreiben vom 11.12.2012 machte die Klägerin für das Jahr 2012 die Differenz zwischen der gezahlten zu einer Jahressonderzahlung auf Grundlage des TVöD-B in Höhe von 80 % eines Bruttogehaltes geltend. Dem widersprach der Beklagte mit Schreiben vom 13.02.2013.
Mit der am 03.04.2014 beim Arbeitsgericht Hildesheim eingegangenen Klage nimmt die Klägerin den Beklagten gerichtlich auf Zahlung der Differenz zwischen den in den Jahren 2012 und 2013 geleisteten zu den sich nach dem TVöD-B ergebenden Jahressonderzahlungen in Anspruch.
Sie hat die Auffassung vertreten, für die Jahressonderzahlung sei allein § 20 Abs. 2 TVöD maßgeblich. Der Anwendungstarifvertrag finde auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Dieser stelle keine den TVöD ersetzende oder diesen abändernde Regelung dar. Es handele sich dabei zwar um eine Nachfolgeregelung zur Sanierungsvereinbarung vom 25.04.2007. Insoweit sei im Arbeitsvertrag jedoch bestimmt, dass der Beklagte mit der MAV eine Sanierungsvereinbarung zu treffen habe. Diese Kompetenzen habe die MAV nicht auf die Gewerkschaft übertragen dürfen. Entsprechende Änderungen hätten mit dem jeweiligen Mitarbeiter vereinbart werden müssen. Der Klägerin stehe deshalb für das Jahr 2012 eine Jahressonderzahlung von 2.569,87 € brutto zu. Hierauf habe der Beklagte bereits 870,95 € gezahlt, so dass für das Jahr 2012 1.441,93 € brutto offen seien. Für das Jahr 2013 habe die Klägerin einen Anspruch auf die Jahreszuwendung von 2.622,79 €. Hierauf habe der Beklagte 954,54 € brutto gezahlt, so dass 1.405,97 € zur Auszahlung offen seien. Insgesamt belaufe sich der Anspruch der Klägerin auf rückständige Jahressonderzahlungen für die Jahre 2012 und 2013 auf 2.847,90 €.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2.847,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die Parteien hätten im Arbeitsvertrag mit der Verweisungsklausel vereinbart, dass sie stets an all diejenigen Tarifverträge gebunden seien, die den TVöD-B modifizieren würden und für den Beklagten einschlägig seien. Gerade die Zusammenschau der Regelungen in §§ 2 und 13 des Arbeitsvertrages habe für die Klägerin bereits bei Vertragsabschluss erkennen lassen, dass es in Abhängigkeit von den Feststellungen des externen Gutachters zu einer über den 30.06.2012 hinausgehenden Absenkung des TVöD-B mittels kollektiv-rechtlicher Vereinbarung kommen könne. Der Beklagte habe das in der Sanierungsvereinbarung vom 25.04.2007 sowie in den Einzelverträgen beschriebene Verfahren zur Festlegung der Verlängerungsnotwendigkeit der Sanierungsvereinbarung durchlaufen. Nachdem ein externer Gutachter im ersten Quartal 2012 festgestellt habe, dass die in der Sanierungsvereinbarung für die Aufnahme von Verhandlungen niedergelegten Voraussetzungen erfüllt seien, habe die gemeinsame MAV des Beklagten entschieden, die Verhandlungen über die Fortführung der Sanierungsvereinbarung vom 25.04.2007 nicht mehr hausintern, d. h. durch die Betriebsparteien, sondern durch die Tarifvertragsparteien, d. h. durch den Arbeitgeber und die Gewerkschaft, vorzunehmen. Die MAV habe ihr Verhandlungsmandat für die Nachfolgeregelung in die Hände der Gewerkschaft gelegt. Mit dieser habe u. a. der Beklagte unter dem 28.08.2012 den Anwendungstarifvertrag geschlossen, in dessen Präambel diese Vorgehensweise nochmals ausdrücklich wiedergegeben worden sei. Die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Klägerin sei dahin auszulegen, dass der mit ver.di abgeschlossene Haustarifvertrag die Bestimmungen des TVöD-B für die Dauer seines Geltungszeitraumes abändere und damit verdränge.
Mit Urteil vom 28.04.2016 hat das Arbeitsgericht Hildesheim die Klage abgewiesen. Wegen der rechtlichen Würdigung wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils (Seiten 5 und 6 desselben, Bl. 111 und 112 d. A.) Bezug genommen.
Dieses Urteil ist der Klägerin am 06.05.2016 zugestellt worden. Mit am 06.06.2016 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenem Schriftsatz hat sie hiergegen Berufung eingelegt und diese unter dem 21.06.2016 begründet.
Sie ist weiterhin der Auffassung, für die Jahre 2012 und 2013 jeweils einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf eine Jahressonderzuwendung in Höhe von 80 % nach Maßgabe des § 20 Abs. 2 TVöD-B zu haben. Nach der in § 13 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelung zum Abschluss einer Sanierungsvereinbarung sei auf betrieblicher Ebene allein die MAV verhandlungszuständig. Zwar stehe es dem Arbeitgeber grundsätzlich frei, mit der beteiligten Gewerkschaft ggf. auch Haustarife abzuschließen. Eine Berechtigung der MAV, die im Arbeitsvertrag eindeutig geregelte Zuständigkeit auf die Gewerkschaft zu übertragen, habe jedoch nicht bestanden. Unabhängig davon erstrecke sich die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel nicht auf den Anwendungstarifvertrag.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichtes Hildesheim vom 28.04.2016 - 3 Ca 395/15 - abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2.847,90 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.04.2014 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Die Auslegung der arbeitsvertraglich in § 2 Satz 1 vereinbarten Verweisungsklausel ergebe, dass auch für den Betrieb des Beklagten geltende Firmentarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollten. Der Anwendungstarifvertrag modifiziere den TVöD-B in wirtschaftlicher Hinsicht und verfolge damit klassische Ziele eines Haustarifvertrages. Dass es dem Beklagten gerade auf die Vereinbarung für den Betrieb bzw. das Unternehmen einschlägiger Rechtsnormen angekommen sei, ergebe sich aus dem Hinweis auf die Geltung etwaiger Dienstvereinbarungen zur Verlängerung der Laufzeit der Sanierungsvereinbarung in § 13 des Arbeitsvertrages. Da es sich bei § 2 um eine sog. dynamische Bezugnahmeklausel handele, erstrecke sich diese nicht nur auf die bei Zeichnung des Arbeitsvertrages geltenden Tarifverträge, sondern auch auf später von der Gewerkschaft abgeschlossene Tarifverträge. Da der Haustarifvertrag als der für das Unternehmen speziellere Tarifvertrag dem Verbandstarifvertrag nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz vorgehe, verdränge er diesen. Entscheidend sei, dass sich sowohl der Verbandstarifvertrag als auch der Haustarifvertrag in derselben Branche bewegen würden, beide von der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen worden seien und es sich bei dem Anwendungstarifvertrag um den spezielleren Tarifvertrag handele. Der Anwendungstarifvertrag sei die kollektiv-rechtliche Nachfolgeregelung zur Sanierungsvereinbarung vom 25.04.2007 und nicht irgendein Haustarifvertrag, den ein tarifgebundener Arbeitgeber zwecks Abänderung des Verbandstarifvertrages ohne Beteiligung des Arbeitgeberverbandes geschlossen habe. Die Gewerkschaft habe zur Aufnahme der Verhandlungen über den Abschluss des Anwendungstarifvertrages nicht erst durch einen förmlichen Mehrheitsbeschluss der gemeinsamen Mitarbeitervertretung beauftragt werden müssen, um legitimiert zu sein. Die Gewerkschaft habe vielmehr aus ihrem eigenen grundrechtlich verbürgten Koalitionsrecht gehandelt. Dieses könne durch den Arbeitsvertrag nicht beschränkt werden. Unter Berücksichtigung des spezifischen kirchenarbeitsrechtlichen Hintergrundes beim Beklagten, der in der Präambel des Anwendungstarifvertrages beschrieben werde, sei der Kontext der zeitdynamischen Verweisung auf den TVöD-B vergleichbar mit dem einer sog. Tarifwechselklausel. Eine weitere selbständig die arbeitsvertragliche Inbezugnahme des Anwendungstarifvertrages tragende Klausel sei § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages. Danach fänden "außerdem" die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden "sonstigen" einschlägigen Tarifverträge Anwendung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufung wird auf ihre Schriftsätze vom 21.06.2016, 31.08.2016, 28.10.2016, 04.11.2016 und 07.11.2016 sowie auf die in der mündlichen Verhandlung am 10.11.2016 wechselseitig abgegebenen Erklärungen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.
A
Sie ist zulässig. Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden, §§ 64, 66 ArbGG und 519, 520 ZPO.
B
Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin hat für die Jahre 2012 und 2013 Anspruch auf rückständige Jahressonderzahlung in Höhe von 2.847,90 € brutto nebst Zinsen. Das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichtes Hildesheim war auf die Berufung der Klägerin abzuändern und der Beklagte antragsgemäß zu verurteilen.
I.
Der Anspruch der Klägerin hat seine Grundlage in § 20 Abs. 2 TVöD-B in Verbindung mit § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom 30.05.2007.
1.
Nach § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom 30.05.2007 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Pflege und Betreuungseinrichtungen (TVöD-B) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung, soweit in diesem Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist.
2.
Der TVöD-B sieht in § 20 eine Jahressonderzahlung für Beschäftigte vor, die am 1. Dezember in einem Arbeitsverhältnis stehen. Die Klägerin stand sowohl im Dezember 2012 als auch im Dezember 2013 in einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten.
3.
Im Arbeitsvertrag ist für die Jahre 2012 und 2013 im Hinblick auf die Jahressonderzahlung nicht "etwas anderes vereinbart" worden im Sinne von § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom 30.05.2007. Der Arbeitsvertrag enthält unter § 3 Abs. 1 einen Ausschluss des Anspruches auf die Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD-B allein für die Laufzeit der Sanierungsvereinbarung vom 25.04.2007. Diese endete am 30.06.2012 und steht deshalb den vorliegend nach § 20 Abs. 1 TVöD-B jeweils am 1. Dezember 2012 bzw. 2013 entstandenen Ansprüchen nicht entgegen.
II.
Der Anspruch auf die volle Jahressonderzahlung für die Jahre 2012 und 2013 nach § 20 TVöD-B ist nicht auf das in § 2 Abs. 3 a) und d) des Anwendungstarifvertrages vom 28.08.2012 reduzierte Maß, welches der Beklagte bereits gezahlt hat, abgeändert worden. Die Bestimmungen des Anwendungstarifvertrages finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.
1.
Eine normative Wirkung des Anwendungstarifvertrages gemäß § 4 Abs. 1 TVG scheitert an der fehlenden beiderseitigen Tarifgebundenheit. Die Klägerin ist nicht Mitglied der Gewerkschaft ver.di.
2.
Der Anwendungstarifvertrag vom 28.08.2012 ist nicht für allgemein-verbindlich erklärt worden, § 5 TVG.
3.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Anwendungstarifvertrag vom 28.08.2012 auch nicht über § 2 des Arbeitsvertrages vom 30.05.2007 zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden. Die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages erfasst den Anwendungstarifvertrag vom 28.08.2012 nicht. Das ergibt deren Auslegung.
a)
Bei dem Arbeitsvertrag vom 30.05.2007 handelt es sich schon nach seinem äußeren Erscheinungsbild um ein vervielfältigtes Klauselwerk des Beklagten, bei dem prima facie anzunehmen ist, dass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt (BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 13). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierenden Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist. Dabei muss der Wille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Das setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt, von denen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen "erhebliche Zweifel" an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Unklarheitenregelung nicht (BAG 3. August 2016 - 10 AZR 710/14 - Rn. 16).
b)
Bei der gebotenen Zugrundelegung dieser Vorgaben erfasst § 2 des Arbeitsvertrages vom 30.05.2007 die Regelungen des Anwendungstarifvertrages vom 28.08.2012 nicht.
aa)
Zunächst ist der Anwendungstarifvertrag kein den TVöD-B ergänzender, ändernder oder ersetzender Tarifvertrag im Sinne von § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Bezugnahmeklausel ist das Arbeitsverhältnis der Parteien den Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes "in der für den Bereich der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung" unterstellt worden. Damit sollen erkennbar nur die von den Tarifvertragsparteien des TVöD/VKA abgeschlossenen Verbandstarifverträge in Bezug genommen werden. Dabei kann es sich zwar auch um Firmenverbandstarifverträge handeln (vgl. hierzu nur: BAG 11. Oktober 2006 - 4 AZR 486/05 - Rn. 16 ff.), aber nur dann, wenn sie unter Beteiligung des Kommunalen Arbeitgeberverbandes abgeschlossen worden sind. Nicht von der Bezugnahme erfasst sind dagegen Haustarifverträge des einzelnen Arbeitgebers ohne Beteiligung des Kommunalen Arbeitgeberverbandes. Diese sind - jedenfalls arbeitgeberseitig - eben nicht von den Tarifvertragsparteien des TVöD/VKA abgeschlossen worden (BAG 26. August 2015 - 4 AZR 719/13 - Rn. 15; BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 290/10 - Rn. 28; BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 503/12 - Rn. 30). Der Anwendungstarifvertrag vom 28.08.2012 ist auf Arbeitgeberseite vom Beklagten, der C und D und damit von anderen Tarifvertragsparteien als denjenigen, die auf Arbeitgeberseite den TVöD/VKA vereinbart haben, abgeschlossen worden. Es handelt sich dabei schon nach dem Wortlaut um keinen Tarifvertrag, der den in Bezug genommenen TVöD-B ersetzen kann.
bb)
Eine Inbezugnahme des Anwendungstarifvertrages ergibt sich zudem nicht aus § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages, wonach "außerdem" die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden "sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung" finden. Aus dem Begriff "außerdem" folgt, dass mit dieser ergänzenden Bezugnahmeregelung Tarifverträge erfasst werden sollten, die "neben" oder "zusätzlich" zum TVöD-B zur Anwendung gelangen können. Das ist nur zu bejahen im Hinblick auf Tarifverträge, deren inhaltliche Regelungsbereiche sich nicht mit denen des TVöD überschneiden. Ansonsten wären sie nicht neben diesen, sondern "anstelle" des TVöD maßgeblich (BAG 26. August 2015 - 4 AZR 719/13 - Rn. 17; BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 290/10 - Rn. 30; BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 20). Diese Sichtweise wird unterstützt dadurch, dass in § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages zudem auf die jeweils geltenden "sonstigen" einschlägigen Tarifverträge Bezug genommen wird. Ein verständiger und redlicher Vertragspartner des Arbeitgebers als Verwender der Klausel darf diese Formulierung als inhaltliche Einschränkung der Verweisung dahingehend verstehen, dass es sich nur um Tarifverträge handeln kann, die sich in ihrem inhaltlichen Regelungsbereich von dem des TVöD-B unterscheiden und diesen nicht "verdrängen" (BAG 26. August 2015 - 4 AZR 719/13 - Rn. 18).
cc)
§ 2 des Arbeitsvertrages kann in Verbindung mit § 13 des Arbeitsvertrages nicht als sog. Tarifwechselklausel ausgelegt werden.
(1)
Eine Tarifwechselklausel ist grundsätzlich in den Fallgestaltungen erforderlich, in denen nicht nur die in einer Bezugnahmeklausel genannten Tarifverträge erfasst werden sollen, sondern - vorsorglich - auch ein Tarifwerk, das andere Tarifvertragsparteien abgeschlossen haben. U. a. für den Fall des Abschlusses eines Firmentarifvertrages mit anderen Parteien soll so erreicht werden, dass sich die Bezugnahme auch auf vom einzelnen Arbeitgeber abgeschlossene Haustarifverträge erstreckt (vgl. hierzu: BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 27). Dabei kann eine kleine dynamische Verweisung über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung im Sinne einer Tarifwechselklausel ausgelegt werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen ergibt und hinreichend bestimmt ist (BAG 26. August 2015 - 4 AZR 719/13 - Rn. 18).
(2)
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Etwaige Haustarifverträge werden in § 2 des Arbeitsvertrages nicht ausdrücklich genannt. Es waren für die Klägerin und für jeden durchschnittlichen Arbeitnehmer aus damaliger Sicht keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte als Arbeitsvertragspartei andere und sogar mit dem TVöD-B konkurrierende Haustarifverträge einbeziehen wollte. Dafür spricht insbesondere § 13 des Arbeitsvertrages nicht. Danach musste die Klägerin zwar ohne Frage damit rechnen, dass auf kollektiv-rechtlicher Ebene Sanierungsvereinbarungen getroffen werden, die Auswirkungen auf ihre Jahressonderzahlung haben konnten. Als Parteien der Sanierungsvereinbarung werden in § 13 des Arbeitsvertrages aber ausdrücklich nur der Beklagte und die in seinem Betrieb gewählte MAV genannt. Des Weiteren ist hervorzuheben, dass etwaige Sanierungsvereinbarungen zwischen der MAV und dem Beklagten nach § 13 des Arbeitsvertrages keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin haben sollten und konnten, sondern es insoweit jeweils einer individual-rechtlichen Transformation bedurft hätte. Das wird ersichtlich aus der Bestimmung in § 13 Abs. 1 letzter Satz des Arbeitsvertrages. Danach sollte dann, wenn eine Verlängerung der Sanierungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und MAV zustande kommt, die "A ein entsprechendes Änderungsangebot unterbreiten". Über die Sanierungsvereinbarung als solche konnte mithin kein unmittelbarer Einfluss auf das Arbeitsverhältnis der Parteien erfolgen. Vielmehr musste auf deren Basis ein Änderungsangebot unterbreitet werden, welches zur Umsetzung in das Arbeitsverhältnis einer Annahme vonseiten der Klägerin bedurfte. Dieser vorgesehene Ablauf ist nicht mit dem Automatismus einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme auf ein Tarifwerk zu vergleichen. Hier erfolgt die Einigung über die Einbeziehung bereits durch die Vereinbarung der Bezugnahmeklausel als solche. Die davon erfassten Tarifverträge werden Inhalt des Arbeitsvertrages, ohne dass es einer weiteren Einigung zwischen den Arbeitsvertragsparteien bedarf. Einen solchen Automatismus haben die Parteien gerade nicht vereinbart. In diesem Zusammenhang rechtfertigt auch der Hinweis des Beklagten auf das für ihn maßgebliche kirchengemäße Arbeitsrecht als Ausfluss seiner Mitgliedschaft im E keine andere Auslegung. Dabei kann zu seinen Gunsten davon ausgegangen werden, dass die historisch gewachsene Orientierung des Beklagten an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes und die durch die BAG-Entscheidungen aus September 2011 resultierende Notwendigkeit, für die Nachfolgeregelungen zur Sanierungsvereinbarung eine andere Rechtsqualität zu finden, es ihm in Abkehr vom sog. dritten Weg ermöglicht haben, den Anwendungstarifvertrag unmittelbar mit ver.di abzuschließen. Das ändert nichts daran, dass dieses Tarifwerk angesichts der fehlenden beiderseitigen Mitgliedschaft in den den Tarifvertrag abschließenden Parteien und mangels Allgemeinverbindlichkeitserklärung nur mittels einer wirksamen Inbezugnahme oder aufgrund vertraglicher Vereinbarung zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses gemacht werden kann. Eine ausdrückliche Vereinbarung zur Maßgeblichkeit des Anwendungstarifvertrages haben die Parteien nicht getroffen. Dass bei Abschluss des Vertrages vom 30.05.2007 schon vorhersehbar war, dass der Beklagte am 28.08.2012 eine Folgesanierungsvereinbarung in Gestalt eines Haustarifvertrages mit der Gewerkschaft abschließen würde, ist weder ersichtlich noch vom Beklagten vorgetragen worden. § 13 des Arbeitsvertrages trägt erkennbar dem sog. dritten Weg Rechnung.
dd)
Die Maßgeblichkeit des u. a. vom Beklagten mit der Gewerkschaft ver.di vereinbarten Anwendungstarifvertrages vom 28.08.2012 in Bezug auf die streitige Jahressonderzahlung folgt auch nicht aus § 3 Abs. 1 des Anwendungstarifvertrages selbst. Danach richtet sich die Jahressonderzahlung der Beschäftigten, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, nur dann nach § 20 TVöD-B, wenn im Anwendungstarifvertrag nichts Abweichendes genannt wird. Die danach vorgesehene partielle Verdrängung des TVöD-B ist bereits deshalb rechtlich ohne Belang, weil die Tarifvertragsparteien des Haustarifvertrages in ihrem Tarifwerk nicht die Ersetzung von Tarifverträgen bestimmen können, die von anderen Tarifvertragsparteien abgeschlossen worden sind. Zudem ist für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel eine von nicht am Arbeitsvertrag Beteiligten vereinbarte "Tarifregelung" und ein sich etwaiger daraus ableitbarer Wille der Tarifvertragsparteien grundsätzlich nicht von Bedeutung (BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 290/10 - Rn. 31). Ein "abgestimmtes Verhalten" von Tarifvertragsparteien hat keinen Einfluss auf die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Deren eventueller Gestaltungswille ist für die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel unerheblich (BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 43). Deshalb sind auch die Ausführungen der Tarifvertragsparteien in der Präambel des Anwendungstarifvertrages für die Auslegung von § 2 des Arbeitsvertrages irrelevant.
c)
Die Maßgeblichkeit des Anwendungstarifvertrages ergibt sich schließlich nicht aus dem Grundsatz der Tarifspezialität. Voraussetzung für die Auflösung einer Tarifkonkurrenz im Wege der Sachnähe und/oder der Spezialität als tarifrechtlichen Kollisionsregeln ist die beiderseitige Tarifgebundenheit der Arbeitsvertragsparteien an die betreffenden Tarifverträge. Das ist vorliegend schon deshalb nicht gegeben, weil die Klägerin nicht Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist. Zudem handelt es sich bei dem Prinzip der Sachnähe oder Spezialität um eine tarifrechtliche Kollisionsregelung, die bei einer bloß arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag nicht entstehen kann (BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 290/10 - Rn. 33). Die individual-vertragliche Inbezugnahme führt nicht zur tarifrechtlichen Geltung des Tarifvertrages mit der Folge, dass seine Bestimmungen im Wege der Auflösung einer Tarifpluralität nach dem tarifrechtlichen Spezialitätsprinzip verdrängt werden könnten. Es handelt sich schlicht um eine einzelvertragliche Regelung von Arbeitsbedingungen und nicht um die Konkurrenz zweier Normenverträge (BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 34).
3.
Selbst wenn man entgegen des hier gefundenen Ergebnisses in Übereinstimmung mit dem Beklagten zu dem Ergebnis gelangen wollte, dass die vorliegend relevante arbeitsvertragliche Bezugnahme auch den Anwendungstarifvertrag vom 28.08.2012 erfasst, könnte sich der Beklagte hierauf gleichwohl nicht berufen. Die Auslegung des § 2 des Arbeitsvertrages vom 30.05.2007 ließe dann zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen, von denen keines den klaren Vorzug verdient. Das ginge gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Beklagten als Verwender mit der Konsequenz, dass er keine Einschränkung der Jahressonderzahlung in Abänderung von § 20 TVöD-B für die Jahre 2012 und 2013 aufgrund der Regelungen in § 3 des Anwendungstarifvertrages vom 28.08.2012 vornehmen könnte.
III.
Die Klägerin hat ihren damit gegebenen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Zahlung einer Jahressonderzahlung gemäß § 20 Abs. 2 TVöD-B innerhalb der sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 37 TVöD-B mit Schreiben vom 11.12.2012 fristgemäß geltend gemacht. Dabei bedurfte es einer nochmaligen Geltendmachung der Sonderzahlung für das Jahr 2013 gemäß § 37 Satz 2 TVöD-B nicht, weil es sich hierbei um den gleichen Sachverhalt handelt wie bei der Sonderzahlung 2012, nämlich um die Frage, ob der Beklagte dazu berechtigt ist, die Jahressonderzahlung der Klägerin nach § 20 TVöD-B unter Berufung auf den Anwendungstarifvertrag vom 28.08.2012 zu reduzieren.
IV.
Die Klägerin kann von dem Beklagten rückständige Jahressonderzahlungen für die Jahre 2012 und 2013 verlangen. Deren Höhe beläuft sich nach § 20 Abs. 2 in den vorliegend relevanten Entgeltgruppen 1 bis 8 (die Klägerin ist in EG 5) auf 90 % des dem Beschäftigten in den Kalendermonaten Juli bis August und September durchschnittlich gezahlten monatlichen Entgelts. Demgegenüber hat die Klägerin eine Berechnung auf Basis von lediglich 80 % des Tarifentgeltes vorgenommen. Hieran ist die Kammer gebunden und kann der Klägerin gemäß § 308 ZPO nicht mehr zusprechen, als sie beantragt hat. Die Jahressonderzahlung auf der Basis von 80% des Tarifentgeltes hat die Klägerin, von dem Beklagten unwidersprochen, für das Jahr 2012 auf 2.569,87 € und für das Jahr 2013 auf 2.622,70 € beziffert. Ausgehend von den unstreitig gezahlten 870,95 € und 954,54 ergibt sich ein offener Restanspruch von jedenfalls insgesamt 2.847,90 €. Der hierauf bezogene Zinsanspruch hat seine Grundlage in §§ 288, 291 BGB.
C
Der Beklagte hat die Kosten des gesamten Rechtsstreites gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen.
D
Die Zulassung der Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG wegen der anderslautenden rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 10.01.2014 - 14 Sa 318/13 - veranlasst.