Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 03.03.2020, Az.: 12 ME 6/20

Fahreignungs-Bewertungssystem; Fahreignungsregister; Kenntniserlangung; Kenntnisverschaffung; Kraftfahrt-Bundesamt; Punkte; Punkte für Zuwiderhandlungen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
03.03.2020
Aktenzeichen
12 ME 6/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71644
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 23.12.2019 - AZ: 1 B 39/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

§ 4 Abs. 6 Satz 4 StVG ist dahin auszulegen, dass Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis durch das Kraftfahrt-Bundesamt erhält, den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand erhöhen.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 1. Kammer - vom 23. Dezember 2019 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsteller dagegen, dass es die Vorinstanz mit dem angegriffenen Beschluss abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung seiner Anfechtungsklage vom 11. November 2019 anzuordnen, die sich gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 8. November 2019 (Bl. 12 ff. der Gerichtsakte – GA –) richtet. Durch diesen Bescheid entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis (alte Klassen 3, 4 und 5 – vgl. Bl. 15 der Beiakte – BA – 1), da er davon ausging, dass sich dieser bei einem Stand von acht Punkten nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG).

Zur Begründung ihrer Entscheidung hat die Vorinstanz im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers überwiege dessen Interesse, hiervon verschont zu bleiben, weil der angefochtene Bescheid rechtmäßig ergangen sei. Der Antragsgegner habe dem Antragsteller zu Recht die Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG entzogen. Er stütze seine Entscheidung zutreffend auf die im angefochtenen Bescheid benannten, rechtskräftig geahndeten Verkehrsordnungswidrigkeiten und habe das Gebot des stufenweisen Vorgehens (§ 4 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 4 Abs. 6 Satz 1 StVG) beachtet. Er habe den Antragsteller nämlich mit Schreiben vom 8. Juni 2017 bei einem Stand von vier Punkten ermahnt [Bl. 15 ff. GA] und ihn nachfolgend nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG verwarnt [unter dem 16.9.2019 – Bl. 19 ff. GA]. Letzteres sei mit dem Verweis darauf geschehen, dass nach einer Mitteilung [vom 11.9.2019 – Bl. 67 ff. BA 1] des Kraftfahrt-Bundesamtes im Fahreignungsregister rechtskräftige Verkehrsverstöße eingetragen seien, die nach dem bundeseinheitlichen Punktesystem insgesamt mit sechs Punkten zu bewerten seien.

(1) Nicht durchgreifend sei der Einwand des Antragstellers, ihm sei eine Punkteverringerung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG zu gewähren, weil er bereits vor der Verwarnung den Antragsgegner durch das Schreiben seines Bevollmächtigten vom 22. August 2019 [Bl. 28 ff. BA 1] davon in Kenntnis gesetzt habe, dass gegen ihn drei weitere Entscheidungen über Verkehrsordnungswidrigkeiten vorlägen, die rechtskräftig gewesen seien und zu einem Punktestand im Fahreignungsregister von neun Punkten geführt hätten.

(a) Denn maßgebend für die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG und eine Verringerung des Punktestandes nach § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG seien [nur] die im Fahrerlaubnisregister eingetragenen und der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt des Ergreifens der Maßnahme nach § 4 Abs. 8 StVG [bereits] übermittelten Zuwiderhandlungen. Die Mittlungen des Kraftfahrt-Bundesamtes dienten gemäß § 4 Abs. 8 Satz 1 StVG zur Vorbereitung der Maßnahmen gemäß § 4 Abs. 5 StVG und seien daher auch Voraussetzung dafür, dass die vom Gesetz vorgesehenen Maßnahmen ergriffen werden könnten. Im Fahreignungs-Bewertungssystem entscheide die Fahrerlaubnisbehörde mithin auf der Grundlage der ihr gemäß § 4 Abs. 8 StVG vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Eintragungen im Fahreignungsregister. Angesichts eines bestehenden und, soweit ersichtlich, funktionierenden Systems der Informationsübermittlung zum Fahreignungs-Bewertungssystem spreche weit Überwiegendes gegen die rechtlich bindende Berücksichtigung sonstiger Informationsquellen.

(b) Der Wortlaut des § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG stehe dem vorstehenden Verständnis, wonach die Fahrerlaubnisbehörde die erforderliche Kenntnis nur durch Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamtes erlangen könne, nicht entgegen. Nach der Vorschrift sei zwar auf die „Kenntnis“ der Fahrerlaubnisbehörde über „Punkte für Zuwiderhandlungen“ abzustellen. Damit sei aber nicht ausdrücklich festgelegt, aus welcher Quelle die Behörde die erforderlichen Kenntnisse erhalten müsse.

(c) Dafür, dass der Gesetzgeber dem Betroffenen die Möglichkeit habe einräumen wollen, die Kenntnisverschaffung der Fahrerlaubnisbehörde an dem Kraftfahrt-Bundesamt vorbei und außerhalb des in § 4 Abs. 8 StVG geregelten Verfahrens selbst in die Hand zu nehmen, sei nichts ersichtlich. Nur auf dem vom Gesetz vorgegebenen Weg sei es nämlich möglich, ein manipulatives Vorgehen des Betroffenen auszuschließen, der es sonst in der Hand hätte, durch eine gezielte Kenntnisverschaffung die für ihn günstigen Rechtsfolgen des § 4 Abs. 6 Satz 1 StVG auszulösen. Eine solche Steuerung des Punktestandes stünde jedoch im Widerspruch zum Gesetzeszweck, die Gefahren im Straßenverkehr zu minimieren, die insbesondere von Intensivtätern ausgingen. Denn sie böte die Möglichkeit, innerhalb bestimmter Zeiträume weitere Verkehrsübertretungen ohne das (zusätzliche) Risiko einer Fahrerlaubnisentziehung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG zu begehen.

(d) Auf die Unkenntnis einer rechtskräftig geahndeten Zuwiderhandlung könne sich die Fahrerlaubnisbehörde nur dann nicht berufen, wenn dieser Umstand als rechtsmissbräuchlich anzusehen wäre, etwa weil die Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes oder die Eintragung im Fahreignungsregister willkürlich verzögert worden sei. Für ein solches missbräuchliches Handeln fehlten aber Anhaltspunkte.

(2) Ebenso wenig sei die Fahrerlaubnisbehörde verpflichtet, nach einer Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes über den Punktestand und unmittelbar vor dem Ergreifen der Maßnahme (hier der Verwarnung) nochmals den aktuellen Stand im Fahreignungsregister zu ermitteln. Dies werde auch nicht anders zu beurteilen sein, wenn der Betroffene – wie hier der Antragsteller – der Behörde Belege über die eintragungsfähigen Verkehrszuwiderhandlungen und deren Rechtskraft vorgelegt habe.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 23. Dezember 2019 hat keinen Erfolg.

Die fristgerecht dargelegten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss aufzuheben oder abzuändern. Teilweise genügt die Beschwerdebegrün-dung bereits nicht den an die Darlegung der Beschwerdegründe unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) zu stellenden Anforderungen. Im Übrigen vermögen die Beschwerdegründe des Antragstellers in der Sache nicht zu überzeugen.

Um sich im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO mit der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen, muss ein Beschwerdeführer von der Begründungsstruktur dieser Entscheidung ausgehen und das Entscheidungsergebnis in Frage stellen (Stuhlfauth, in: Bader u. a., VwGO, 7. Aufl. 2018, § 146 Rn. 31). Die erforderliche Dichte seiner eigenen Ausführungen hat sich dabei an der Dichte der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu orientieren (Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn. 22a). Je intensiver diese Entscheidung begründet ist, umso eingehender muss der Beschwerdeführer die sie tragende Argumentation entkräften. Es reicht deshalb grundsätzlich nicht aus, wenn er lediglich eine eigene Würdigung der Sach- und Rechtslage vorträgt, die im Ergebnis von derjenigen des Verwaltungsgerichts abweicht. Vielmehr muss er in der Regel den einzelnen tragenden Begründungselementen der angefochtenen Entscheidung geeignete Gegenargumente konkret gegenüberstellen und – soweit möglich – deren Vorzugswürdigkeit darlegen (Nds. OVG, Beschl. v. 16.11.2016 - 12 ME 132/16 -, ZNER 2017, 70 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 56, und Beschl. v. 10.2.2014 - 7 ME 105/13 -, juris, Rn. 26). Hieraus folgt, dass es regelmäßig nicht genügt, wenn er pauschal auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug nimmt oder dieses unverändert wiederholt (vgl. Stuhlfauth, in: Bader u. a., VwGO, 7. Aufl. 2018, § 146 Rn. 31, m. w. N.). Nach dem Ablauf der Beschwerdebegründungfrist kann er seine Beschwerdebegründung nur noch ergänzen, soweit der konkrete zu ergänzende Beschwerdegrund bereits innerhalb offener Frist ausreichend, insbesondere also unter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts, ausgeführt worden ist (Nds. OVG, Beschl. v. 7.1.2014 - 7 ME 90/13 -, ZfWG 2014, 115 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 34).

1. Die pauschale Bezugnahme des Antragstellers auf sein bisheriges Vorbringen eingangs der Beschwerdebegründungsschrift ist zur Begründung seiner Darlegungsbeschwerde nicht statthaft.

2. Der Antragsteller wendet sich gegen die oben unter I. 1. a) wiedergegebene Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts.

Er meint, entgegen den unter I. 1. b) wiedergegebenen Gründen der Vorinstanz könne er sich auf den Wortlaut des Gesetzes berufen. Da in § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG nicht ausdrücklich festgelegt sei, aus welcher Quelle die Fahrerlaubnisbehörde die erforderlichen Kenntnisse über Punkte für Zuwiderhandlungen erhalten müsse, sei eine anderweitige Kenntniserlangung als durch das Kraftfahrt-Bundesamt nicht ausgeschlossen. Um eine rechtliche Relevanz der Kenntnisverschaffung durch den Betroffenen auszuschließen, müsste deshalb zunächst der Gesetzgeber § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG entsprechend anpassen.

Diese Kritik des Antragstellers greift zu kurz. Denn für die Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift ist nicht allein deren Wortlaut im umgangssprachlichen Sinne maßgeblich, der für die Erreichung des gesetzlichen Zweckes zu weit oder zu eng sein kann (vgl. Wank, Juristische Methodenlehre, München 2020, § 11 Rnrn. 128 und 132). Insbesondere kommt es unter Heranziehung anderer Auslegungskriterien, wie der Systematik, der Entstehungsgeschichte und des Zwecks der Regelung, in Betracht, eine Norm erweiternd auszulegen, sodass sich die Zahl ihrer Anwendungsfälle vergrößert. Das ist hier der Fall, wenn man das die Berücksichtigung von Punkten einschränkende Tatbestandmerkmal in § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG „von denen die … Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält“ im Auslegungswege auf eine durch das Kraftfahrt-Bundesamt vermittelte Kenntnis reduziert. Dass dies in Betracht zu ziehen ist, räumt der Antragsteller im Grunde selbst ein, indem er geltend macht, er habe lediglich „von einer von dem Gesetzgeber nicht bedachten“ Möglichkeit Gebrauch gemacht. Denn dies wirft die Frage auf, wie der Gesetzgeber die in Rede stehende Sachverhaltsvariante (Kenntnisverschaffung durch den Betroffenen) ausdrücklich geregelt hätte, wäre sie bedacht worden, und ob dem im Auslegungswege Rechnung getragen werden kann. Dementsprechend kommt es – entgegen den weiteren Darlegungen des Antragstellers – sehr wohl auf die Beantwortung der oben unter I. 1. c) von dem Verwaltungsgericht aufgeworfenen Frage an, ob der Gesetzgeber dem Betroffenen die Möglichkeit einräumen wollte, selbst der Fahrerlaubnisbehörde eine maßgebliche Kenntnis von Punkten für Zuwiderhandlungen zu verschaffen. Denn wäre Letzteres der Fall, käme eine einschränkende Auslegung des Tatbestandsmerkmals der „Kenntnis“ nicht in Betracht. Der Antragsteller wendet sich zwar hilfsweise gegen die Verneinung der von ihm für unerheblich gehaltenen Frage mit dem Argument, die Kenntnisverschaffung durch den Betroffenen sei keineswegs manipulativ. Zur weiteren Begründung folgen dann aber lediglich jene Ausführungen, mit denen er der Sache nach einräumt, dass der Gesetzgeber die Sachverhaltsvariante der Kenntnisverschaffung durch den Betroffenen nicht bedachte. Diese Ausführungen sind nicht geeignet, den potentiell manipulativen Charakter einer Kenntnisverschaffung durch den Betroffenen zu widerlegen.

Dagegen knüpft das Verwaltungsgericht bei seiner rechtlichen Bewertung einer solchen Kenntnisverschaffung (als unerheblich) zutreffend an den Gesetzeszweck an. Die Rechtsaufassung der Vorinstanz, dass die Kenntnisverschaffung durch den Betroffenen nicht genüge, findet zudem eine Stütze in den Gesetzesmaterialien zu § 4 Abs. 6 StVG. Denn in dem Bericht des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 8. Oktober 2014 zu dem Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und der Gewerbeordnung (BT-Drucks. 18/2775, S. 10 zu Buchst. a [§ 4 Abs. 5 und 6 StVG]) heißt es unter anderem: „Für das Ergreifen von Maßnahmen hat das Tattagsprinzip aber keine Relevanz, denn Maßnahmen können erst nach Rechtskraft (und Registrierung) der Entscheidung über die Tat und damit deutlich später an die Tat geknüpft werden.“ Können aber Maßnahmen erst nach Registrierung der Entscheidung (scil. im Fahreignungsregister) an eine Tat geknüpft werden, so reicht die vorgezogene Mitteilung einer Entscheidung und ihrer Rechtskraft durch den Betroffenen selbst – hier am 22. August 2019 hinsichtlich u. a. der Tat vom 31. Juli 2018 (Bl. 28 ff. [33 ff.] BA 1) – nicht aus, um die Einbeziehung dieser Entscheidung in eine Maßnahme nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem – hier die Verwarnung vom 16. September 2019 (Bl. 19 ff. GA) – zu rechtfertigen. Denn die vorgezogene Mitteilung des Betroffenen gibt keine verlässliche Auskunft über eine bereits erfolgte – hier noch bis zum 17. September 2019 ausstehende (vgl. Bl. 92 BA 1) – Eintragung im Fahreignungsregister (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 20.7.2016 - 16 B 382/16 -, DAR 2017, 99 ff., hier zitiert nach juris, Rnrn. 15 ff.).

3. Soweit der Antragsteller rügt, die beteiligten Behörden seien ihren aus § 28 Abs. 4 Satz 1 StVG folgenden Pflichten zu unverzüglicher Mitteilung nicht nachgekommen, gilt Folgendes:

a) Zwar beanstandet der Antragsteller, es sei nicht nachzuvollziehen, wieso zum Zeitpunkt der Verwarnung vom 16. September 2019 die rechtskräftige Ahndung seiner Tat vom 17. Juli [gemeint ist wohl: Juni] 2018 dem Antragsgegner noch nicht von dem Kraftfahrt-Bundesamt übermittelt worden sei. Er legt aber nicht dar, weshalb dies hier erheblich sein soll, obwohl die angefochtene Entziehung der Fahrerlaubnis nicht auf eine Punktebewertung gestützt ist, die an diese Tat anknüpft. Dementsprechend ist auch keine Relevanz der These dargetan, die lange Verzögerung einer Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes, die gerade die Ahndung dieser Tat betreffe, deute auf Willkür hin. Denn es fehlt an der Darlegung einer Kausalität des insoweit als willkürlich kritisierten Verhaltens.

b) Der Antragsteller rügt allerdings auch, dass die Übermittlung der seit dem 2. August 2019 rechtskräftigen Entscheidung über seine Tat vom 31. Juli 2018 nicht bis zum 16. September 2019 an das Kraftfahrt-Bundesamt, und damit nicht unverzüglich, erfolgt sei. Dabei versäumt er es jedoch, zum einen darzulegen, warum die Verzögerung der Mitteilung des Amtsgerichts schuldhaft (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) gewesen sei, obwohl die Rechtskraft durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Celle während der sommerlichen Haupturlaubszeit herbeigeführt wurde und sich die Akten des Bußgeldverfahrens dementsprechend zunächst in Celle befanden. Zum anderen widerlegt er nicht die Auffassung der Vorinstanz (oben unter I. 1 d), dass es nur bei missbräuchlichem, insbesondere willkürlichem, Verhalten der übermittelnden Behörde in Betracht komme, der Fahrerlaubnisbehörde die Berufung auf mangelnde [speziell durch Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamtes begründete] Kenntnis der rechtskräftig geahndeten Zuwiderhandlung zu versagen.

Dies ist bedeutsam, weil allein die Zeitspanne von rund 11/2 Monaten zwischen der Rechtskraft der obergerichtlichen Rechtsmittelentscheidung in Celle und der Mitteilung der rechtskräftigen erstinstanzlichen Entscheidung an das Fahreignungsregister durch das Untergericht in B-Stadt hier noch keinen zureichenden Anhaltspunkt für eine willkürliche Verzögerung dieser Mitteilung darstellt.

4. Das Vorbringen des Antragstellers mit Schriftsatz vom 21. Februar 2020, dass die angefochtene Fahrerlaubnisentziehung als Folge der Rechtswidrigkeit der ergriffenen Verwarnung ihrerseits nicht rechtmäßig wäre, wenn man mit dem Verwaltungsgericht annehme, die Fahrerlaubnisbehörde habe nur auf der Grundlage von Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamtes gemäß § 4 Abs. 8 StVG zu entscheiden, ist in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen. Denn dieses Vorbringen ist weder innerhalb der mit dem 27. Januar 2020 abgelaufenen Darlegungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bei dem Beschwerdegericht eingegangen noch stellt es eine zulässige Vertiefung der tendenziell gegenläufigen Argumentation des Antragstellers in der Beschwerdebegründungsschrift dar.

Es sei daher hier nur angemerkt, dass dieser Gedankenführung des Antragstellers ebenfalls nicht zu folgen wäre. Dem Verwaltungsgericht dürfte nämlich lediglich darin zuzustimmen sein, dass (unter anderem aufgrund erweiternder Auslegung des § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG unter Einschränkung des Merkmals der Kenntnis) die In-Kenntnis-Setzung der Fahrerlaubnisbehörde durch den Betroffenen für das Ergreifen von entsprechenden Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nicht ausreicht. Die Vorschrift ist also dahin zu lesen, dass Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis durch das Kraftfahrt-Bundesamt erhält, den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand erhöhen. Dagegen dürfte es für die Relevanz der Kenntnis der Fahrerlaubnisbehörde unerheblich sein, ob sie auf einer Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes von Amts wegen (§ 4 Abs. 8 StVG) beruht oder auf einer von der Behörde – etwa in Anknüpfung an fahreignungsrelevante Mitteilungen nach Nr. 45 MiStra – selbst eingeholten Auskunft des Kraft-Bundesamtes aus dem Fahreignungsregister (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 2 Abs. 7 Satz 2 Alt. 1 StVG). Denn entscheidend dürfte sein, dass in beiden Fällen die Erkenntnisse unmittelbar von dem Kraftfahrt-Bundesamt selbst herrühren (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 20.7.2016 - 16 B 382/16 -, DAR 2017, 99 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 20).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an den Vorschlägen unter Nr. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).

III.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).