Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.10.2014, Az.: 11 TaBV 51/14

Kostentragungspflicht des Arbeitgebers für Rechtsanwaltskosten des Betriebsrats; Stundensätze für ein angemessenes Rechtsanwaltshonorar

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
14.10.2014
Aktenzeichen
11 TaBV 51/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 41888
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 14.12.2016 - AZ: 7 ABR 8/15

Redaktioneller Leitsatz

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an einer Begrenzung der Kostentragungspflicht Rechnung zu tragen. Es besteht aber kein Erfahrungssatz dafür, dass ein mit dem Rechtsanwalt vereinbartes Zeithonorar teurer ist als das gesetzliche Rechtsanwaltshonorar. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Umstand, dass die gesetzlichen Gebührenvorschriften keinen Raum lassen für eine angemessene Berücksichtigung einer besonderen fachlichen Heraushebung und Erfahrung des Rechtsanwalts.

2. Es ist üblich und bekannt, dass Rechtsanwaltsbüros, die in einem Spezialgebiet über besondere Expertise verfügen, auf der Grundlage von Stundenhonoraren tätig werden. Denn die "Schwankungsbreite" einer angemessenen Wertfestsetzung ist bei außergerichtlichen Verhandlungen erheblich. Die Festlegung von Stundensätzen bietet demgegenüber sowohl dem beauftragten Rechtsanwalt als auch dem kostentragenden Arbeitgeber Transparenz und Rechtssicherheit. Zwar ist richtig, dass auch bei einer Abrechnung nach Stundensätzen die endgültige Höhe des Honorars nicht zuverlässig einschätzbar ist. Der Zeitaufwand wird aber maßgeblich beeinflusst durch die vom Unternehmen verfolgten Verhandlungsgegenstände. Wenn sich aus der Kompliziertheit der Verhandlungen aber ein entsprechender Zeitaufwand ergibt, so ist es auch als angemessen zu bewerten, dies in der Honorierung des Rechtsanwaltes abzubilden.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Celle vom 01.04.2014 - 1 BV 5/13 - abgeändert.

Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, über den bereits zugesprochenen Betrag in Höhe von 13.126,98 Euro den Beteiligten zu 1 von den gegen ihn gerichteten Kostenansprüchen des Rechtsanwalts Dr. K. B. für dessen anwaltliche Vertretung als Verfahrensbevollmächtigter im Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen den Beteiligten zum "Projekt Zukunftssicherung" in Höhe von 22.869,51 Euro gegenüber dem Rechtsanwaltsbüro B. und G. freizustellen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Rechtsanwaltskosten, die aus Anlass außergerichtlicher Verhandlungen des Arbeitgebers mit dem Gesamtbetriebsrat über umfangreiche betriebliche Umstrukturierungsmaßnahmen entstanden sind.

Die Beteiligte zu 2 gehört einem bundesweit tätigen Konzern an, dessen Muttergesellschaft in D. ansässig ist. Bei dem Beteiligten zu 1 und Antragsteller handelt es sich um den aus acht Mitgliedern bestehenden Gesamtbetriebsrat. Im Jahr 2012 fanden zwischen den Beteiligten zu einem "Projekt Zukunftssicherung" umfangreiche Verhandlungen statt. Gegenstand waren erhebliche Strukturveränderungen an den vorhandenen 4 Standorten, darunter eine völlige Schließung des Standortes G. Von den ursprünglich deutlich über 1000 Arbeitnehmern waren nach den abgeschlossenen Vereinbarungen 667 durch Kündigung, Versetzung oder auf andere Weise betroffen.

Rechtsanwalt Dr. B. aus H. berät und vertritt den Beteiligten zu 1 seit mehreren Jahren. Im Jahr 2009 hatten ebenfalls Verhandlungen über eine Betriebsänderung stattgefunden. Vertreter der Muttergesellschaft hatten ihm zunächst ein Pauschalhonorar in Höhe von 20.000 € angeboten (Bl. 15 d.A.). Letztlich einigte man sich auf eine Abrechnung von 290,00 € netto je Stunde anwaltlicher Tätigkeit sowie 75,00 € netto je Reisestunde, die Rechnung über insgesamt 39.222,74 wurde bezahlt. Für eine Tätigkeit in einer Einigungsstelle von März 2011 bis Juni 2012 (Rechnung von 04.09.2012, Bl. 21 ff. d.A.) lehnte die Beteiligte zu 2 eine Vergütung nach diesen Sätzen ab; ein Beschlussverfahren blieb insoweit erfolglos.

Mit Beschluss vom 28.06.2012 (Bl. 28 d.A.) sagte der Beteiligte zu 1 dem Rechtsanwalt Dr. B. für seine Tätigkeit beim Projekt Zukunftssicherung 290,00 € je Tätigkeitsstunde und 100,00 € je Reisestunde zzgl. Reiseauslagen zu. Daneben war ein wirtschaftlicher Berater für den Beteiligten zu 1 tätig.

Im September/Oktober 2012 verhandelte die Beteiligte zu 2 mit der IG Metall über einen Tarifsozialplan. Den heute personalstärksten Standort A-Stadt konnte die IG Metall dabei nicht vertreten, da bei diesem eine Zuständigkeit der IG BCE besteht. Ein Tarifsozialplan kam letztlich nicht zustande. Am 21.11.2012 schlossen die Beteiligten einen "Sozialplan Zukunftssicherung" (Bl. 96 ff.), eine "Freiwillige Betriebsvereinbarung im Projekt Zukunftssicherung" (Bl. 113 ff.), am 28. 11. eine "Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich Zukunftssicherung" (Bl. 87 ff.) und eine "Betriebsvereinbarung über Auswahlrichtlinien bei betriebsbedingten Kündigungen" (Bl. 109 ff.).

Rechtsanwalt Dr. B. erstellte ein Abrechnung vom 05.12.2012 über insgesamt 90:55 Arbeitsstunden = 26.365, 83 €, 30:50 Reisestunden = 3.050, 00 € und Fahrt-/Hotelkosten von 649, 20 + 219,00 € (Bl. 29 - 34 d.A.), insgesamt 35.996, 40 €. Nachdem die Beteiligte zu 2 die Bezahlung ablehnte, erstellte Rechtsanwalt Dr. B. eine weitere Abrechnung mit Datum 21.02.2013 auf Basis von Gegenstandswerten für insgesamt 4 Betriebsvereinbarungen, die sich auf insgesamt 382,774, 49 € belief (Bl. 35 ff.).

Die Beteiligte zu 2 hat die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Beteiligten zu 1 bestritten. Inhaltlich geht sie davon aus, dass eine Kostentragungspflicht lediglich im Rahmen des § 111 Satz 2 BetrVG, § 80 Abs. 3 BetrVG bestehe. Der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, die Kosten eines Stundenhonorars zu tragen; im Rahmen der Erforderlichkeit sei eine Vergütung des Rechtsanwalts nach den gesetzlichen Gebührenvorschriften ausreichend.

Das Arbeitsgericht Celle hat mit Beschluss vom 01.04.2014 den Arbeitgeber verpflichtet, den Gesamtbetriebsrat von Kostenansprüchen des Rechtsanwalts in Höhe von 13.126,89 Euro freizustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei zulässig, es liege ein wirksamer Beschluss über die Einleitung des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens vor. Der antragstellende Gesamtbetriebsrat habe auch einen Anspruch auf Freistellung von Kosten im Umfang von 13.126,89 Euro aus § 40 Abs. 1 BetrVG. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts Dr. B. habe sich nicht auf reine Beratung im Sinne des § 80 Abs. 3 BetrVG beschränkt, er sei vielmehr als Verfahrensbevollmächtigter in den Verhandlungen aufgetreten.

Die Hinzuziehung von Rechtsanwalt Dr. B. zu den Verhandlungen im Rahmen des Projektes Zukunftssicherung sei erforderlich gewesen. Ein wirksamer Beschluss über die entsprechende Beauftragung des Rechtsanwaltes liege vor. Die Beteiligte zu 2 habe zum damaligen Zeitpunkt an vier Standorten mehr als 1.000 Mitarbeiter beschäftigt, personelle Maßnahmen seien an drei Standorten für insgesamt 667 Arbeitnehmer geplant gewesen. Bei dieser Sachlage könne die Erforderlichkeit der Beauftragung eines Rechtsanwalts bei den Verhandlungen über die Umstrukturierungsmaßnahmen nicht verneint werden. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Gesamtbetriebsrat bereits einen wirtschaftlichen Sachverständigen hinzugezogen hatte. Auch der Einwand, dass der Arbeitgeber bereits mit der zuständigen Gewerkschaft über einen Tarifsozialplan verhandelt habe, greife nicht durch. Die Erforderlichkeit in dem vom Rechtsanwalt Dr. B. dargelegten Umfang von knapp 91 Stunden sei jedenfalls nicht zu beanstanden.

Der Gesamtbetriebsrat sei allerdings nicht berechtigt gewesen, mit dem Rechtsanwalt eine Vereinbarung des Inhalts zu treffen, dass für jede Stunde ein Betrag von 290,00 Euro und für jede Reisestunde ein Betrag von 100,00 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer und Kosten für das Reisemittel zu zahlen sind. Ein solcher Kostenaufwand sei nicht erforderlich. Ein Betriebsrat dürfe eine Honorarzusage, die zu einer höheren als der sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ergebende Vergütung führe, regelmäßig nicht für erforderlich halten. Dies könne nur dann der Fall sein, wenn ausnahmsweise ganz besondere Umstände vorlägen. Das sei hier nicht der Fall. Der Gesamtbetriebsrat könne sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf Abrechnungsmodalitäten im Jahr 2009 berufen. Es sei auch nicht vorgetragen, dass kein anderer qualifizierter Rechtsanwalt für die gesetzlich vorgesehenen Gebühren tätig werden wollte.

Die gesetzliche Vergütung des Rechtsanwalts bestimme sich nach dem Gegenstandswert. Das Arbeitsgericht hat insoweit für je fünf Arbeitnehmer den Regelwert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG in Höhe der damals geltenden Fassung von 4.000,00 Euro angesetzt. Insgesamt errechnet es daraus einen Gegenstandswert von 532.000,00 Euro. Nach diesem Gegenstandswert sei eine Rahmengebühr nach Ziffer 2300 des Vergütungsverzeichnisses in der Höhe von 2,0 angefangen, ferner eine Einigungsgebühr nach Ziffer 1000 des Vergütungsverzeichnisses in Höhe von 1,5. Daraus ergebe sich ein Betrag von 11.011,00 Euro zuzüglich Kostenpauschale und Mehrwertsteuer.

Gegen diesen ihm am 02.05.2014 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 1 am 02.06.2014 Beschwerde eingelegt und diese am 01.08.2014 begründet.

Die vom Arbeitsgericht im Sachverhalt zwar aufgeführten Kraftfahrzeugkosten und Reisekosten seien in der weiteren Entscheidung dann übergangen worden, es handele sich dabei um 649,20 Euro Kfz-Kosten und Reise- und Übernachtungskosten in Höhe von 219,00 Euro brutto.

Die entscheidende Fragestellung sei ausschließlich, ob der Gesamtbetriebsrat berechtigt gewesen sei, mit Rechtsanwalt Dr. B. eine Vergütung auf Stundenbasis zu vereinbaren, wie sie zwei Jahr früher bei ähnlichen Verhandlungen bereits vereinbart worden war. Die Rechtsprechung habe bisher Entscheidungen zu vier Problembereichen getroffen, nämlich der Vertretung im Beschlussverfahren von den Arbeitsgerichten, für die Tätigkeit als Beisitzer in einer Einigungsstelle, für eine Tätigkeit als Verfahrensbevollmächtigter in einer Einigungsstelle und für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts als Sachverständiger im Rahmen des § 111 Satz 2 BetrVG. Hier seien an ein Stundenentgelt anknüpfende Honorarzusagen im Regelfall als zulässig, konkret für den Einzelfall aber als nicht erforderlich bewertet worden. Hinsichtlich einer Vertretung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren sei die Grundlinie des Bundesarbeitsgerichts nachvollziehbar, dass Gegenstandswerte die Arbeit des Rechtsanwalts angemessen berücksichtigen und deshalb wegen der gerade auf den Einzelfall bezogenen Höhe des festzusetzenden Gegenstandswertes kein Zeithonorar erfordere. Für die Tätigkeit als Beisitzer in einer Einigungsstelle stehe dem Rechtsanwalt nach der Rechtsprechung des BAG ein Honorar von 7/10 des Honorars des Einigungsstellenvorsitzenden zu, wie jedem anderen Beisitzer. Hinsichtlich einer Tätigkeit als Verfahrensbevollmächtigter in einer Einigungsstelle habe das Bundesarbeitsgericht jedenfalls ein Honorar von 7/10 des Einigungsstellenvorsitzenden bei einem Beisitzer für angemessen erachtet. In der Begründung der Entscheidung vom 21.06.1989 (7 ABR 78/87) habe es jedoch ausgeführt, dass Maßstäbe zur wertmäßigen Konkretisierung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit vor der Einigungsstelle in der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte nicht enthalten sei. Dies führe in der Praxis oft zu unterschiedlichen Wertfestsetzungen. Bei einem nicht bezifferbaren Gegenstandswert sei der Betriebsrat daher berechtigt, unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Arbeitsaufwandes sowie des Schwierigkeitsgrades eine Streitwertvereinbarung mit den Verfahrensbevollmächtigten zu treffen. Stattdessen könne aber auch die Zahlung eines Honorars in Höhe des Honorars eines betriebsfremden Beisitzers vereinbart werden.

Bezüglich der Bemessung des Gegenstandswertes habe das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung vom 14.02.1996 (7 ABR 25/95) nach § 65 BRAGO die Differenz der jeweils vorgeschlagenen Sozialplanvolumina, in dem Fall 1,5 Millionen DM zugrunde gelegt.

Bezüglich der Tätigkeit eines Rechtsanwalts in einem Interessenausgleichsverfahren lägen sowohl Entscheidungen vor, die eine Abrechnung nach einem Gegenstandswert vornehmen (Hess. LAG vom 18.11.09, 9 TaBV 39/09), als auch eine Anerkennung von Tagessätzen, etwa 1.650,00 Euro im Jahr 2011(LAG Rheinland-Pfalz vom 07.11.11, 7 TaBV 22/11).

Bei der Bewertung der vorhandenen Rechtsprechung müsse weiter berücksichtigt werden, dass in dem Wortlaut des § 34 RVG gerade auch die Möglichkeit des Stundenhonorars enthalten sei.

Der Gesamtbetriebsrat habe dem Rechtsanwalt eine entsprechende Zusage jedenfalls in der konkreten Situation machen dürfen. Der Rechtsanwalt sei seit Jahren mit den Problematiken bei der Beteiligten zu 2 vertraut, habe sowohl den Konzernbetriebsrat als auch den Gesamtbetriebsrat als auch örtliche Betriebsräte vertreten. Ein anderer Rechtsanwalt hätte sich erst einmal in das gesamte Umfeld einarbeiten müssen. Auf Grund der langen Zusammenarbeit habe ein enges Vertrauensverhältnis bestanden, das mit einem anderen Rechtsanwalt erst hätte erarbeitet werden müssen. Die Kostenvereinbarung selbst sei moderat, es sei nicht ersichtlich, dass vergleichbare Betriebsräte vertretende Rechtsanwälte zu anderen niedrigeren Sätzen bereit gewesen wären, tätig zu werden. Die Kostenvereinbarung berücksichtige, dass in den zu behandelnden Sachverhalten eine Abrechnung nach Gegenstandswert unverhältnismäßig hoch werden könne.

Der Beteiligte zu 1 beantragt,

in Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Celle vom 01.04.2014 die Beteiligte zu 2 zu verpflichten, über den bereits zugesprochenen Betrag in Höhe von 13.126,98 Euro den Beteiligten zu 1 von den gegen ihn gerichteten Kostenansprüchen des Rechtsanwaltes Dr. B. für dessen anwaltliche Vertretung als Verfahrensbevollmächtigter im Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen den Beteiligten zum "Projekt Zukunftssicherung" in Höhe von weiteren 22.869,51 Euro gegenüber dem Rechtsanwaltsbüro B. und G. freizustellen.

Die Beteiligte zu 2 beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht habe zutreffend angenommen, dass der Freistellungsanspruch des Gesamtbetriebsrats sich nach den Bestimmungen des RVG bemesse und nicht nach einer getroffenen Honorarvereinbarung. Das Arbeitsgericht habe zutreffend angenommen, dass ganz besondere Umstände, die eine höhere Vergütung als die gesetzliche rechtfertigen würden, insbesondere durch Vereinbarung eines Zeithonorars, nicht vorlägen. Das gelte umso mehr, als anders als im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, in freien Verhandlungen zwischen den Betriebsparteien der Verhandlungsumfang und die Verhandlungsdauer kaum verlässlich vorherzusagen und die Kostenbelastung des Arbeitgebers durch einen vom Betriebsrat beauftragten Rechtsanwalt unüberschaubar wären. Dies könne dem strengen Erforderlichkeitsmaßstab des § 40 Abs. 1 BetrVG nur widersprechen.

Auch die Festlegung des Gegenstandswertes durch das Arbeitsgericht sei rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sei das Arbeitsgericht ohne weiteres befugt gewesen, einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen, dem unterschiedliche nicht vermögensrechtliche Ansprüche innewohnten. Bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise stellten sich die Verhandlungsgegenstände als einem Lebenssachverhalt zugehörig dar.

Den Beteiligten zu 1 sei zuzugestehen, dass Reisekosten abrechnungsfähig seien. Diese dürften dem aus seiner Sicht zu hoch angesetzten Gegenstandswert aufgehen, jedenfalls dann, wenn man nicht jede der notierten Beratungsstunden auch als erforderlich im Sinne von § 40 BetrVG bewerte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Protokollerklärungen sowie die Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Der Beteiligte zu 1 kann Freistellung von rechtsanwaltlichen Kosten in voller Höhe der erteilten Rechnung vom 05.12.2012 verlangen.

1.

Der Anspruch folgt aus § 40 Abs. 1 BetrVG. Die Beteiligte zu 2 hat in der Beschwerde nicht mehr die Würdigung durch das Arbeitsgericht angegriffen, wonach Rechtsanwalt Dr. B. als Verfahrensbevollmächtigter tätig geworden ist. Die Tätigkeit ging jedenfalls über eine Beratung nach § 80 Abs. 3 BetrVG hinaus. Auch bei einem Tätigwerden nach § 111 Satz 2 BetrVG richtet sich die Erstattung der entstandenen Kosten aus § 40 Abs. 1 BetrVG.

2.

Auch die erforderlichen Beschlussfassungen durch den Gesamtbetriebsrat, nämlich der Honorarzusage an den Rechtsanwalt sowie über die Einleitung des Beschlussverfahrens, sind in der Beschwerde nicht mehr streitig.

3.

Die vom Beteiligten zu 1 an den Rechtsanwalt Dr. B. gemachte Honorarzusage überschreitet nicht den Rahmen der Erforderlichkeit gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG. Die geltend gemachte Kostenrechnung ist daher von der Beteiligten zu 2 zu erstatten.

Selbst wenn man zugrunde legt, dass grundsätzlich auch ein außergerichtliches Tätigwerden als Verfahrensbevollmächtigter in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf der Grundlage eines festzusetzenden Gegenstandswertes nach den gesetzlich vorgesehenen Gebührentatbeständen ausreichend vergütet ist (etwa BAG Beschluss vom 20.10.99, 7 ABR 25/98, AP Nr. 67 zu § 40 BetrVG 1972), liegt vorliegend nach den Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts jedenfalls ein besonders gelagerter Ausnahmefall vor, der die Zusage eines Stundenhonorars zuließ. Diese Besonderheiten folgen nicht nur aus einem einzelnen Gesichtspunkt heraus, sondern aus der Summe recht unterschiedlicher Gesichtspunkte, die untereinander in Wechselwirkung stehen.

Ausgangspunkt ist zunächst, dass zu Beginn der Verhandlungen der Arbeitgeber an vier Standorten in vier Bundesländern Betriebe unterhielt. Ein Standort wurde gänzlich geschlossen, an zwei weiteren Standorten erhebliche Personalreduzierungen vorgenommen und die verbleibenden Beschäftigten teilweise zwischen den verbleibenden Standorten versetzt. Von den ursprünglich mehr als tausend Beschäftigten war letztlich mehr als jeder zweite von einer personellen Einzelmaßnahme betroffen. Dieses unternehmerische Vorhaben einer umfassenden Restrukturierung wies unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten ein hohes Maß an Komplexität der Fragestellungen auf. Dies drückt sich schon betriebsverfassungsrechtlich in der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats aus, der nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 50 BetrVG überhaupt verhandlungszuständig war. Schon im Ansatz unterscheidet sich die Anforderung an die anwaltliche Tätigkeit erheblich von der "Grundsituation", dass ein örtlicher Betriebsrat mit dem Arbeitgeber über einen Interessenausgleich zu verhandeln hat. Hinzukommt, dass die Beteiligte zu 2 ihrerseits eingebunden ist in einen bundesweit tätigen Konzern, so dass betroffene Verhandlungspositionen im erheblichen Maße auch durch die Konzernmuttergesellschaft mit Sitz in Düsseldorf beeinflusst wurden. So war etwa auch der Arbeitgeberseite in den Verhandlungen durch ein Rechtsanwaltsbüro aus D. vertreten. Angesichts dieser besonderen fachlichen Anforderungen durfte der Gesamtbetriebsrat berechtigt seine Vertretung einem Anwaltsbüro übertragen, das für die Vertretung von Belangen der Arbeitnehmer und Betriebsräte als überdurchschnittlich qualifiziert bekannt ist. Im Hinblick auf die geografische Verteilung der drei verbleibenden Betriebsstandorte in Ki-Stadt, A-Stadt und Ka-Stadt ist der Sitz des Rechtsanwaltsbüros in H-Stadt sogar als günstig zu bewerten. Ferner konnte der Gesamtbetriebsrat berechtigt in die Erwägungen einbeziehen, dass dem beauftragten Rechtsanwalt aus vorangegangener Tätigkeit sowohl der Unternehmensgegenstand, die Konzernstrukturen sowie die handelnden Personen vertraut waren.

Der zwischenzeitliche Versuch, mit der IG Metall über einen Tarifsozialplan zu verhandeln, hat die fachlichen Anforderungen für die Verhandlungen des Gesamtbetriebsrates eher erhöht als erleichtert. Denn unstreitig erstreckte sich die gewerkschaftliche Zuständigkeit der IG Metall lediglich auf drei der vier ursprünglichen Standorte, während gerade der verbleibende Standort in A-Stadt nicht in die Verhandlungen über einen Tarifsozialplan einbezogen werden konnte. Auf der anderen Seite war es Aufgabe des Gesamtbetriebsrates, die berechtigten Interessen der betroffenen Beschäftigten an allen vier Standort ausgewogen sicherzustellen. Nach der gesetzlichen Regelung der § 111 ff. BetrVG betreffen Interessenausgleich und Sozial auch unterschiedliche Gegenstände.

Es ist üblich und bekannt, dass Rechtsanwaltsbüros, die in einem Spezialgebiet über besondere Expertise verfügen, auf der Grundlage von Stundenhonoraren tätig werden. In publizierten gerichtlichen Entscheidungen zwischen den Jahren 2004 und 2009 werden Stundenhonorare zwischen 200,00 und 250,00 Euro in der Stunde genannt (etwa: Hess. LAG 19.02.04, 9 TaBV 95/03, LAGE § 40 BetrVG 2001 Nr. 5; Hess. LAG 18.11.09, 9 TaBV 39/09, LAGE § 111 BetrVG 2001 Nr. 9). In der Kommentarliteratur werden Stundenhonorare zwischen 250,00 und 500,00 Euro als nicht unangemessen bezeichnet (Gerold/Schmidt RVG 20. Aufl. § 3a Rn. 26). Soweit etwa der Beteiligte zu 1 mit erstinstanzlichen Schriftsatz vom 30.07.2013 (Bl. 125 d.A.) den Rechtsanwalt Dr. V. angesprochen hat, der in den Verhandlungen für die Arbeitgeberseite tätig geworden ist, hat die Beteiligte zu 2 selbst nicht behauptet, dass dieser zu einem geringeren Honorar bereit war, tätig zu werden.

Erhebliche Aussagekraft kommt insoweit auch dem Schreiben der Muttergesellschaft der Beteiligten zu 2 vom 30.09.2009 (Bl. 15 d. A.) zu, wonach sich ein pauschaler Satz von 250,00 Euro netto "im oberen Bereich vergleichbarer, bei Firma R. in der Vergangenheit geschlossener Honorarvereinbarungen" bewege. Wenn aber im Konzern jedenfalls bei entsprechend gebotener Sachlage die Abrechnung auf Stundenbasis in dieser Größenordnung durchaus nicht unüblich ist, durfte der Gesamtbetriebsrat auch berechtigt, einen entsprechenden Beschluss im vorliegenden Fall für vertretbar halten.

Ein weiterer Aspekt ergibt sich aus der Schwierigkeit der Vergütungsbemessung nach Gegenstandswerten. Auf diesen Gesichtspunkt hat bereits das Bundesarbeitsgericht mit Entscheidung vom 21.06.1989 hingewiesen (7 ABR 78/87, AP Nr. 34 zu § 76 BetrVG 1972: Verfahrensbevollmächtigter in der Einigungsstelle). Ohne dass im Einzelnen die in der Rechnung vom 21.02.2013 des Rechtsanwalts Dr. B. alternativ vorgenommenen Wertansätze im Einzelnen nachvollzogen und bestätigt werden müssen, ergibt sich jedenfalls der Befund, dass eine Abrechnung nach Gegenstandswert im Abrechnungsverfahren erhebliche Streitigkeiten über eine angemessene Wertbemessung nach sich ziehen kann. Die "Schwankungsbreite" einer angemessenen Wertfestsetzung ist bei außergerichtlichen Verhandlungen, wie sich aus den schriftsätzlich dargestellten Berechnungsmethoden der Beteiligten ergibt, erheblich. Die Festlegung von Stundensätzen bietet demgegenüber sowohl den beauftragten Rechtsanwalt als auch den kostentragenden Arbeitgeber Transparenz und Rechtssicherheit. Zwar ist richtig, dass auch bei einer Abrechnung nach Stundensätzen die endgültige Höhe des Honorars nicht zuverlässig einschätzbar ist. Der Zeitaufwand wird aber maßgeblich beeinflusst durch die vom Unternehmen verfolgten Verhandlungsgegenstände. Wenn sich aus der Kompliziertheit der Verhandlungen aber ein entsprechender Zeitaufwand ergibt, so ist es auch als angemessen zu bewerten, dies in der Honorierung des Rechtsanwaltes abzubilden. Dabei kommt es nicht darauf an, einen "messbaren" Anteil des Rechtsanwaltes an den einzelnen Verhandlungsergebnissen festzustellen; vergütet wird das Tätigwerden als solches.

Zwar hat der Betriebsrat bei seiner Beurteilung im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens auch die Kostenbelastung des Arbeitgebers mit zu berücksichtigen (BAG 14.2.96, 7 ABR 25/95, AP Nr. 5 zu § 76a BetrVG 1972). Hier hat die Beteiligte zu 2 für ein umfangreiches Umstrukturierungsprogramm einen jedenfalls zweistelligen Millionenbetrag investiert. Der dem Rechtsanwalt vom Gesamtbetriebsrat zugesagte Vergütungsanspruch ist auch in diesem Gesamtzusammenhang nicht als unverhältnismäßig zu beurteilen.

Auch was die konkrete Höhe der Gebührenrechnung angeht, ergeben sich keine Bedenken. Wie bereits dargestellt, bewegt sich ein Stundensatz von 290,00 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer im Rahmen des Angemessenen. Der Zeitaufwand ist von dem Rechtsanwalt minutengenau dargestellt worden. Am Wochenende 7. bis 9. November 2012 hat offenbar ein umfangreiches Tagungswochenende in Ka-Stadt stattgefunden, bei dem neben der Geschäftsleitung und dem Gesamtbetriebsrat auch Verhandlungsführer der IG Metall anwesend waren. Das oben geschilderte Erfordernis, die Verhandlungen für alle vier Standort zu koordinieren, rechtfertigt es, den Zeitaufwand auch für diesen Teil der Verhandlungen als erforderlich anzuerkennen (ähnlich LAG Hamm vom 26.08.05, 10 TaBV152/04, ZIP 05, 2269).

Die Abrechnung von Reisezeiten mit einem - reduzierten - Stundensatz ist zumindest nicht unüblich. Auch in der Abrechnung des Jahres 2009 ist dies so gehandhabt worden.

5.

Die eigentlichen Reisekosten und Reiseauslagen, die das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung übergangen hat, sind ebenfalls als erforderlich zu erstatten.

Ein Grund, die Rechtsbeschwerde zuzulassen bestand nicht (§ 92 Abs. 1, § 72 Abs. 2 ArbGG).

Dr. Voigt
Wesskamp
Bull