Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.12.2019, Az.: 8 ME 92/19

Abschiebung; Duldung; Erkrankung; Gesundheit; Lebensgemeinschaft, familiäre; Volljährige; Volljähriger (Schutz der Familie)

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.12.2019
Aktenzeichen
8 ME 92/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69879
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 28.10.2019 - AZ: 13 B 5080/19

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Im Falle der Herleitung eines Abschiebungsverbots aus Art. 6 GG ist es regelmäßig erforderlich, dass das im Inland lebende Familienmitglied, zu dem eine Bindung geltend gemacht wird, über ein Aufenthaltsrecht verfügt und nicht selbst etwa nur geduldet ist. Ausnahmsweise ist die Abschiebung auch ohne berechtigten Aufenthalt unmöglich, wenn sie zu einer unabsehbar langen Trennung führen würde, die zu beheben nicht in der Macht der Familienmitglieder steht.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - 13. Kammer - vom 28. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens und unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Hannover - 13. Kammer - vom 28. Oktober 2019 der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens vorläufigen Rechtsschutzes werden auf jeweils 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der volljährige Antragsteller ist kosovarischer Staatsangehöriger. Nach einem erfolglosen Asylverfahren begehrt er die Aussetzung seiner Abschiebung. Er macht geltend, dass sich die Psychose seines im Bundesgebiet lebenden Vaters verschlimmern werde, falls der Antragsteller ausreisen müsse. Seinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 28. Oktober 2019 abgelehnt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seien Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhielten, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu berücksichtigen. Die Eltern des Antragstellers verfügten über keinen Aufenthaltstitel und hielten sich nicht berechtigterweise im Bundesgebiet auf. Im Übrigen sei mit den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht glaubhaft gemacht worden, dass die Ausreise des Antragstellers zu einer konkreten Gefahr erheblicher Gesundheitsverschlechterung beim Vater führen würde. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Aus den mit ihr dargelegten Gründen, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Unrecht abgelehnt hätte.

1. Allerdings macht die Beschwerde zu Recht sinngemäß geltend, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung könne nicht selbständig tragend allein deshalb abgelehnt werden, weil der Vater des Antragstellers sich nicht berechtigterweise im Bundesgebiet aufhält.

Das Bundesverfassungsgericht entnimmt Art. 6 Abs. 1 i.V.m Abs. 2 GG eine wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, und die die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren verpflichtet, die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen (BVerfG, Beschl. v. 17.5.2011 - 2 BvR 2625/10 -, FamFR 2011, 384, juris Rn. 13; ständige Rechtsprechung seit BVerfG, Beschl. v. 12.5.1987 - 2 BvR 1226/83 -, BVerfGE 76, 1, juris Rn. 95). Diese Rechtsprechung ist zunächst für Fälle entwickelt worden, in denen der Ausländer die Gewährung eines Aufenthaltsrechts begehrte. Daraus erklärt sich einerseits, dass das Grundrecht in seiner Funktion als wertentscheidende Grundsatznorm, die die Auslegung und Anwendung des einfachen Gesetzesrechts leitet, und nicht als Abwehrrecht gegen einen staatlichen Eingriff angewendet wurde. Andererseits liegt auf der Hand, dass das Grundrecht nicht gebieten kann, dem Ausländer, der seinen Aufenthalt von einem anderen im Bundesgebiet lebenden Familienmitglied ableiten will, einen besseren Aufenthaltsstatus zu gewähren als diesem Familienmitglied.

Damit ist eine abschließende Aussage über die rechtliche Möglichkeit der Abschiebung, die einen klassischen Grundrechtseingriff darstellt, nicht getroffen. Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere nicht ausgesprochen, dass das Grundrecht auf Schutz der Familie insoweit keine Wirkungen entfaltete, wenn es an einem berechtigten Aufenthalt fehlt. Es hat allerdings die Rechtsprechung zur Berücksichtigung der familiären Bindungen bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren auf die Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen erweitert und dabei die Formulierung „Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten“ übernommen (soweit ersichtlich, seit BVerfG, Beschl. v. 10.8.1994 - 2 BvR 1542/94 -, NJW 1994, 3155). In diesem Zusammenhang hatte es aber keinen Anlass, die Geltung des Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG in Fällen, in denen es an einem berechtigten Aufenthalt fehlt, zu beleuchten. Soweit ersichtlich, betrafen alle seither durch das Bundesverfassungsgericht entschiedenen und veröffentlichten Fälle Bindungen an deutsche Familienangehörige oder solche mit einem Aufenthaltsrecht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.5.1987 - 2 BvR 1226/83 -, BVerfGE 76, 1; v. 18.4.1989 - 2 BvR 1169/84 -, BVerfGE 80, 81; v. 1.10.1992 - 2 BvR 1365/92 -, InfAuslR 1993, 10; v. 10.8.1994 - 2 BvR 1542/94 -, NJW 1994, 3155; v. 30.1.2002 - 2 BvR 231/00 -, NVwZ 2002, 849; v. 5.5.2003 - 2 BvR 2042/02 -, DVBl. 2003, 1260; v. 22.12.2003 - 2 BvR 2108/00 -, NVwZ 2004, 606; v. 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04 - DVBl. 2006, 247; v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 -, NVwZ 2006, 682; v. 11.5.2007 - 2 BvR 2483/06 -, NVwZ 2007, 1302; v. 10.5.2008 - 2 BvR 588/08 -, InfAuslR 2008, 347; v. 1.12.2008 - 2 BvR 1830/08 -, juris; v. 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 -, NVwZ 2009, 387; v. 27.8.2010 - 2 BvR 130/10 -, NVwZ 2011, 35; v. 17.5.2011 - 2 BvR 1367/10 -, NVwZ-RR 2011, 585; v. 17.5.2011 - 2 BvR 2625/10 -, FamFR 2011, 384; wohl auch BVerfG, Beschl. v. 31.8.1999 - 2 BvR 1523/99 -, NVwZ 2000, 59; v.1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852; Aufenthaltsstatus nicht ersichtlich: BVerfG, Beschl. v. 1.8.1996 - 2 BvR 1119/96 -, NVwZ 1997, 479; v. 27.8.2003 - 2 BvR 1064/03 -, juris).

Dass das Grundrecht auf Schutz der Familie auch dann gegen Beeinträchtigungen der familiären Lebensgemeinschaft durch die Aufenthaltsbeendigung schützt, wenn es an einem berechtigten Aufenthalt fehlt, lässt sich jedoch mittelbar daran ablesen, dass das Bundesverfassungsgericht die Berücksichtigung der aus Art. 6 GG folgenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an staatliche Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung sogar in einem asylrechtlichen Fall gefordert hat, in dem die Rückkehr aller Familienmitglieder in den Heimatstaat im Raum stand, wobei eine Trennung der Familie durch eine Ansiedlung in unterschiedlichen Regionen in Betracht gezogen wurde (vgl. BVerfG, Beschl. v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 -, NVwZ 2013, 1207, juris Rn. 12, 15).

Ob überhaupt ein Grundrechtsschutz gegen aufenthaltsbeendende staatliche Maßnahmen besteht, hängt nicht vom Aufenthaltsstatus der betroffenen Familienmitglieder ab. Das Grundrecht schützt die tatsächlich bestehende familiäre Lebensgemeinschaft. Die Regelungen des einfachgesetzlichen Aufenthaltsrechts beeinflussen die Reichweite des verfassungsrechtlichen Schutzes dem Grunde nach nicht. Liegt eine Beeinträchtigung der grundrechtlich geschützten familiären Lebensgemeinschaft vor, so bedarf sie der Rechtfertigung. Für diese ist der Aufenthaltsstatus zwar mitbestimmend, aber nicht schon allein für sich ausschlaggebend.

Zutreffend ist zwar, dass Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG es regelmäßig nicht gebietet, dem Wunsch eines Ausländers nach familiärem Zusammenleben im Bundesgebiet zu entsprechen, wenn ein solches Zusammenleben auch im Heimatland des Ausländers oder eines Familienangehörigen zumutbar möglich ist. Ob es dem Ausländer oder Familienangehörigen zuzumuten ist, das Bundesgebiet zu verlassen und die familiäre Lebensgemeinschaft in einem anderen Land zu führen, hängt dabei maßgeblich von dem aufenthaltsrechtlichen Status des Ausländers oder Familienangehörigen im Bundesgebiet ab (Senatsbeschl. v. 2.2.2011 - 8 ME 305/10 -, InfAuslR 2011, 15, juris Rn. 8; vgl. BVerfG, Beschl. v. v. 27.8.2003 - 2 BvR 1064/03 -, juris Rn. 6). Gleichwohl kann es Fälle geben, in denen weder die freiwillige Ausreise noch die Abschiebung des einen Familienmitglieds möglich ist, so dass die Abschiebung des anderen Familienmitglieds die familiäre Lebensgemeinschaft für einen unzumutbar langen Zeitraum oder dauerhaft beendet. Diese staatliche veranlasste Beeinträchtigung der familiären Lebensgemeinschaft fällt in den Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG. Sie hat auch angesichts des fehlenden Aufenthaltsrechts der Betroffenen nicht von vornherein so geringes Gewicht, dass sich eine Güterabwägung im Einzelfall erübrigte. Vielmehr besteht ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Regelmäßig ist erforderlich, dass das im Inland lebende Familienmitglied, zu dem eine Bindung geltend gemacht wird, über ein Aufenthaltsrecht verfügt und nicht selbst etwa nur geduldet ist. Ausnahmsweise ist die Abschiebung auch ohne berechtigten Aufenthalt unmöglich, wenn sie zu einer unabsehbar langen Trennung führen würde, die zu beheben nicht in der Macht der Familienmitglieder steht (vgl. OVG des Saarlandes, Beschl. v. 14.2.2018 - 2 B 734/17 -, juris Rn. 12; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 60a Rn. 155 (März 2015)). Auch in den zuletzt genannten Fällen kann eine Aufenthaltsbeendigung selbstverständlich mit dem Grundrecht im Einklang stehen, wenn zu den allgemeinen einwanderungspolitischen Belangen weitere Gesichtspunkte hinzutreten, etwa die Abwehr der Gefahr von Straftaten.

2. Es ist jedoch weder eine aufenthaltsrechtlich schutzwürdige familiäre Lebensgemeinschaft noch eine zur Unmöglichkeit der Abschiebung führende Gesundheitsgefährdung des Vaters des Antragstellers dargetan.

a. Aus der familiären Verbundenheit des volljährigen Antragstellers mit seinen Eltern ergibt sich kein Abschiebungshindernis.

In den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG fallen auch die Beziehungen zwischen volljährigen Familienmitgliedern. Diesen kommt im Verhältnis zu den widerstreitenden einwanderungspolitischen Belangen aber in der Regel nur ein geringeres Gewicht zu. Allenfalls dann, wenn beispielsweise ein erwachsenes Familienmitglied zwingend auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist und diese Hilfe sich nur in der Bundesrepublik Deutschland erbringen lässt, kann dies einwanderungspolitische Belange zurückdrängen (Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 9.8.2017 - 13 ME 167/17 -, juris Rn. 18 m.w.N.; vgl. Senatsurt. v. 19.3.2012 - 8 LB 5/11 -, juris Rn. 48); die tatsächlich geleistete Hilfe muss eine wesentliche sein (ThürOVG, Beschl. v. 15.11.2002 - 3 EO 438/02 -, InfAuslR 2003, 144, juris Rn. 26).

Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, dass der Antragsteller seinem Vater Beistand leistete, auf den dieser angewiesen wäre. Die Beschwerdeschrift übernimmt die Behauptung aus der Stellungnahme des Dr. C. vom 7. November 2019, der Vater benötige eine regelmäßige Betreuung, die auch durch den Antragsteller übernommen werde. Es wird aber weder substantiiert ausgeführt, worin der Betreuungsbedarf bestehen soll, noch welche konkreten Hilfshandlungen der Antragsteller wie oft erbringen soll.

b. Die Behauptung, die Gesundheit des Vaters werde durch die Abschiebung des Antragstellers beeinträchtigt, ergibt nicht, dass diese rechtlich unmöglich wäre.

Die Stellungnahmen des Dr. C. - der kein Facharzt ist - vom 2. Januar 2019, 20. August 2019 und 7. November 2019 enthalten ungenügende Angaben zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation im Falle der Abschiebung des Antragstellers voraussichtlich ergeben. Die Stellungnahme vom 2. Januar 2019 erwähnt den Antragsteller nicht. In den Stellungnahmen vom 20. August 2019 und 7. November 2019 ist allgemein von einer Dekompensation die Rede. Soweit eine weitere Traumatisierung in den Raum gestellt wird, ist nicht nachvollziehbar, worin die bisher vorliegende Traumatisierung ärztlicherseits gesehen wird. Diagnostiziert wurde eine paranoide Schizophrenie und keine Gesundheitsstörung, bei der das Erleiden eines Traumas bereits zu den Diagnosekriterien gehört. Hinsichtlich der angenommenen Chronifizierung macht die Stellungnahme nicht deutlich, warum diese von der Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers abhängig sein sollte. Dessen Vater wird im Bundesgebiet spätestens seit Januar 2017 psychiatrisch behandelt. Im Asylverfahren war behauptet worden, er habe schon im Heimatland psychische Beschwerde gehabt. In der Stellungnahme vom 2. Januar 2019 wird hinsichtlich der Behandlung angegeben, ob und inwiefern sich eine weitere Symptomverbesserung erreichen lasse, sei unklar. Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf, ob das Leiden nicht längst chronifiziert ist. Darauf gehen die ärztlichen Stellungnahmen nicht ein.

Im Übrigen ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass einer etwaigen Verschlechterung des Gesundheitszustands nicht entgegengewirkt werden könnte. Insoweit ergeben sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG jedenfalls keine weitergehenderen Anforderungen für den Schutz eines nicht abzuschiebenden Dritten als für den Schutz der abzuschiebenden Person selbst. Dabei gilt:

Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehören das Aufsuchen und Abholen in der Wohnung, das Verbringen zum Abschiebeort sowie eine etwaige Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. In dem genannten Zeitraum haben die zuständigen deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (BVerfG, Beschl. v. 17.9.2014 – 2 BvR 939/14 –, NVwZ 2014, 1511, 1513 m.w.N.).

Solche notwendigen Vorkehrungen könnten getroffen werden, wenn die Gefahr bestünde, dass der Vater des Antragstellers auf dessen Abschiebung mit einer Destabilisierung seines Zustands reagiert, so dass eine Verschlimmerung seiner Erkrankung drohte. Diese könnten darin bestehen, dem Vater des Antragstellers frühzeitig ärztliche Hilfe in ambulanter oder stationärer Form zugänglich zu machen. Dass derartige Behandlungen wirkungslos sein müssten, geht aus den vorgelegten Attesten nicht hervor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung und -abänderung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Die Bedeutung der Sache bewertet der Senat bei Anträgen nach § 123 VwGO, im Wege der einstweiligen Anordnung die Ausländerbehörde zur Aussetzung der Abschiebung zu verpflichten, unter Anwendung von Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11) grundsätzlich mit 2.500,00 Euro

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).