Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.12.2019, Az.: 13 LB 135/19

Arzneimittel; Berufung; CE-Kennzeichen; Europäischer Wirtschaftsraum; Medizinprodukt; Schutzklauselverfahren; Territorialprinzip; transnationaler Verwaltungsakt; Umdeutung; Untersagung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.12.2019
Aktenzeichen
13 LB 135/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 70034
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 08.12.2017 - AZ: 3 A 102/16

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Befugnis zum Einschreiten nach § 27 Abs. 2 MPG besteht auch dann, wenn der Anwendungsbereich des Medizinproduktegesetzes nach § 2 Abs. 1 bis 3 und 4a MPG nicht eröffnet oder die Anwendung des Medizinproduktegesetzes nach § 2 Abs. 5 MPG ausgeschlossen ist.

2. § 27 Abs. 2 MPG bietet keine taugliche Rechtsgrundlage für die Untersagungsanordnung einer deutschen Behörde mit transnationaler Wirkung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum. Der räumliche Geltungsbereich des § 27 MPG ist auf das Bundesgebiet beschränkt.

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 3. Kammer - vom 8. Dezember 2017 geändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 18. September 2015 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung, zwei Produkte als Medizinprodukte innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr zu bringen.

Die von der Untersagung betroffenen Produkte "D. Infektblocker Tabletten" und E. Gurgellösung" wurden von der Klägerin ursprünglich als Medizinprodukte im Bundesgebiet in Verkehr gebracht. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stufte diese Produkte mit Bescheid vom 7. Februar 2008 als zulassungspflichtige Arzneimittel ein. Eine hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht Köln mit Urteil vom 14. Oktober 2009 - 24 K 4394/08 - ab. Einen Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 15. März 2010 - 13 A 2612/09 - ab.

Mit Bescheid vom 12. März 2008 untersagte daraufhin der Beklagte der Klägerin auf der Grundlage von § 69 Abs. 1 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes das Inverkehrbringen dieser Produkte mit sofortiger Wirkung und ordnete zugleich den Rückruf aller noch im Einzelhandel befindlichen Chargen der bereits ausgelieferten Produkte an. Eine hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht Osnabrück mit Urteil vom 8. Oktober 2010 - 6 A 89/09 - ab. Einen Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der Senat mit Beschluss vom 25. Mai 2011 - 13 LA 213/10 - ab. Am 12. September 2011 informierte der Beklagte die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, dass das Inverkehrbringen der streitrelevanten Produkte in Deutschland untersagt wurde.

Der Beklagte stellte in der Folgezeit fest, dass die Klägerin ausweislich der Internetseite der C. (www. … .de) die genannten Produkte außerhalb von Deutschland weiterhin als Medizinprodukte und mit einer CE-Kennzeichnung versehen in den Verkehr brachte. Der Produktanzeige war die Mitteilung beigefügt, dass diese nur in Deutschland nicht erhältlich seien.

Nach Anhörung untersagte der Beklagte mit Bescheid vom 18. September 2015 der Klägerin das Inverkehrbringen der Produkte "D. Infektblocker Tabletten" (Pharmazentralnummer …) und "E. Gurgellösung" (Pharmazentralnummer …) als Medizinprodukte innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes. Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass beide Produkte mit ihrer bestandskräftigen Einstufung als Arzneimittel die Berechtigung, eine CE-Kennzeichnung nach dem Medizinproduktegesetz zu führen, und die Verkehrsfähigkeit als Medizinprodukt verloren hätten. Auf der Grundlage von § 27 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes sei daher das Inverkehrbringen beider Produkte innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes zu untersagen. Denn wenn die Anbringung der CE-Kennzeichnung eine europaweite Verkehrsfähigkeit zur Folge habe, müsse im Umkehrschluss bei der Feststellung, dass eine CE-Kennzeichnung unrechtmäßig angebracht worden sei, auch der Verlust der Verkehrsfähigkeit für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum einbezogen werden dürfen. Der Anwendbarkeit von § 27 Abs. 2 des Medizinproduktgesetzes stehe die bestandskräftigte Einstufung der Produkte als Arzneimittel und der darauf bezogene Anwendungsausschluss nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 des Medizinproduktegesetzes nicht entgegen. § 27 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes setze vielmehr voraus, dass ein Produkt kein Medizinprodukt sei. Für die Untersagung des Inverkehrbringens im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum seien die Behörden des Mitgliedstaates zuständig, in dem der Hersteller der Produkte seinen Sitz habe. Dies sei hier Deutschland.

Gegen diesen - den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 22. September 2015 zugestellten - Bescheid hat die Klägerin am 21. Oktober 2015 bei dem Verwaltungsgericht Minden Klage erhoben, welches sich mit Beschluss vom 9. November 2015 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Osnabrück verwiesen hat.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, es fehle bereits an einer Rechtsgrundlage für die Untersagung. § 27 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes gelte nicht für Arzneimittel, da die Regelungen des Arzneimittelgesetzes insoweit spezieller seien. Schon der Wortlaut des § 27 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes legitimiere keine Maßnahmen in Bezug auf Produkte, die nicht Medizinprodukte seien. Jedenfalls dürfe § 27 des Medizinproduktegesetzes für solche Produkte nicht angewandt werden, die nach § 2 Abs. 5 des Medizinproduktegesetzes ausdrücklich von dessen Geltungsbereich ausgenommen seien. Dies betreffe insbesondere Arzneimittel. Ein gegenteiliges Verständnis verstoße gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gewaltenteilung und könne auch nicht durch eine europarichtlinienkonforme Auslegung erreicht werden. Denn die vom Beklagten vorgenommene Auslegung des § 27 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes widerspreche dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 5 Nr. 1 des Medizinproduktegesetzes. Es sei auch irrelevant, dass sie die streitrelevanten Produkte ursprünglich als Medizinprodukte in den Verkehr gebracht habe, da die Arzneimitteleigenschaft nunmehr rechtskräftig festgestellt worden sei. Die danach für eine Untersagung allein in Betracht zu ziehende Rechtsgrundlage der § 69 Abs. 1 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes trage die räumliche Erstreckung der angefochtenen Verfügung auf alle Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes nicht. Denn die Möglichkeit der Erteilung einer zentralen Genehmigung für das Inverkehrbringen durch die Europäische Arzneimittelagentur nach den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 bestehe für die streitrelevanten Produkte nicht. Allein die nationale Zulassung der Produkte als Arzneimittel komme in Betracht, welche aber auf den Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland beschränkt sei. Die arzneimittelrechtliche Zulassung müsse folglich in jedem Mitgliedstaat einzeln erwirkt werden. Es bestehe gerade kein Vertrauen der Behörden anderer Mitgliedsstaaten in die von den deutschen Behörden durch eine Zulassung erklärte Verkehrsfähigkeit des Produktes. Auch die Erforderlichkeit der Untersagung, die eine zwingende Tatbestandsvoraussetzung sei, fehle, da sie sich zum einen selbst verpflichtet habe, die Produkte in Form von Medizinprodukten in Deutschland nicht weiter in den Verkehr zu bringen und ihr zudem rechtskräftig gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes das Inverkehrbringen der als Arzneimittel eingestuften Produkte in Deutschland ohne Zulassung untersagt worden sei. Für den darüberhinausgehenden Bereich der anderen Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes dürfe der Beklagte aber keine Verwaltungsentscheidungen treffen. Die Geltungsbereiche des Medizinproduktegesetzes und auch des Arzneimittelgesetzes seien räumlich auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Es bestehe auch kein Vertrauen ausländischer Behörden in die CE-Kennzeichnung. Sie dürften lediglich darauf vertrauen, dass sie entsprechend der medizinprodukterechtlichen Vorgaben über die rein nationalen Maßnahmen der für den Sitz des Herstellers zuständigen Aufsichtsbehörde informiert würden und dadurch Gelegenheit erhielten, den Sachverhalt in eigener Kompetenz zu prüfen und gegebenenfalls in eigener Zuständigkeit selbst tätig zu werden. Das Medizinproduktegesetz sehe zur Umsetzung des in Art. 8 der Medizinprodukte-Richtlinie vorgegebenen sogenannten Schutzklauselverfahrens bestimmte Unterrichtungspflichten vor. Diese Pflichten habe der Beklagte durch seine Meldung vom 12. September 2011 auch erfüllt. Danach wären allein die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten für eine etwaige Untersagung des Inverkehrbringens der streitrelevanten Produkte zuständig gewesen. Diese ausländischen Behörden hätten aber keine Maßnahmen ergriffen. Dies zeige, dass dort die tatsächlich nur physikalische Wirkung der Produkte erkannt worden seien. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei es durchaus möglich, dass identische Produkte in verschiedenen Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes unterschiedlich kategorisiert würden. Diese Kategorisierung gelte nur für den Hoheits- und Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Mitgliedstaates. Als solche und mit dieser Gebietsbeschränkung müsse sie von den anderen Mitgliedstaaten respektiert werden.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 18. September 2015 (Aktenzeichen: …) aufzuheben und die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten bereits für das Anhörungsverfahren gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO analog für notwendig zu erklären.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass § 2 Abs. 5 Nr. 1 des Medizinproduktegesetzes der Anwendbarkeit des § 27 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes auf Arzneimittel nicht entgegenstehe. Schon der Wortlaut letztgenannter Bestimmung lege nahe, dass das Inverkehrbringen von solchen Produkten untersagt werden dürfe, die gerade keine Medizinprodukte seien. Ein anderes Verständnis würde die Bestimmung leerlaufen lassen. Die Untersagungsverfügung sei auch zu Recht auf den gesamten Bereich des Europäischen Wirtschaftsraumes erstreckt worden. Die Unterrichtungspflichten nach dem Medizinproduktegesetz stünden einer solchen Erstreckung nicht entgegen. Die CE-Kennzeichnung mache deutlich, dass das Medizinprodukt mit den Vorschriften der Medizinprodukte-Richtlinie übereinstimme. Die Kennzeichnung werde durch den Hersteller angebracht und sei Voraussetzung für den freien Verkehr der Medizinprodukte im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum. Dessen Mitgliedstaaten gingen davon aus und dürften davon ausgehen, dass das Produkt den harmonisierten Vorschriften über Medizinprodukte entspreche. Um den Anschein einer zu Unrecht geführten Zertifizierung als Medizinprodukt zu beseitigen, bleibe nur die Untersagung des weiteren Inverkehrbringens der fraglichen Produkte durch die zuständige Behörde am Sitz des Herstellers. Es komme daher nicht darauf an, ob das Produkt nach dem Recht der übrigen Mitgliedstaaten möglicherweise anders zu beurteilen sei. Auf die Ausführungen der Klägerin zu § 69 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes komme es nicht an, da er die Untersagungsverfügung nicht auf diesen Tatbestand gestützt habe.

Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat die Klage mit Urteil vom 8. Dezember 2017 abgewiesen. Es hat den Bescheid des Beklagten vom 18. September 2015 für rechtmäßig erachtet. Rechtsgrundlage der Untersagungsanordnung, die sich nur auf den Europäischen Wirtschaftsraum ohne das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstrecke, sei § 27 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes. Die Anwendung dieser Bestimmung sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil die streitrelevanten Produkte als Arzneimittel eingestuft seien. Denn der Ausschlussgrund nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 des Medizinproduktegesetzes gelte nicht für § 27 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes. Diese Bestimmung setze nach der Regelungssystematik des Medizinproduktegesetzes und der zugrundeliegenden Medizinprodukte-Richtlinie gerade voraus, dass ein Produkt, das kein Medizinprodukt sei, unzulässigerweise eine CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt trage. Ein solches Produkt könne auch ein Arzneimittel sein. § 27 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes gestatte auch eine auf den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum bezogene Untersagungsanordnung. Trage ein Produkt die CE-Kennzeichnung, obwohl es die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfülle oder gar kein Medizinprodukt sei, dürfe es ohne weitere Überprüfung in den anderen Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums in den Verkehr gebracht werden. Nach der Medizinprodukte-Richtlinie behinderten die Mitgliedstaaten in ihrem Hoheitsgebiet nicht das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Produkten, die die CE-Kennzeichnung nach Art. 16 der Medizinprodukte-Richtlinie trügen, wenn diese einer Konformitätsbewertung nach Art. 9 der Medizinprodukte-Richtlinie unterzogen worden seien. Die CE-Kennzeichnung sei insoweit Anknüpfungspunkt für den freien Warenverkehr von Medizinprodukten. Die Mitgliedstaaten vertrauten aufgrund der CE-Kennzeichnung darauf und dürften auch darauf vertrauen, dass das Produkt mit den einschlägigen Richtlinien übereinstimme. Das Medizinproduktegesetz setze diese unionsrechtlichen Vorgaben in das nationale Recht um, so dass auch die Untersagung im Hinblick auf den Europäischen Wirtschaftsraum auf das Medizinproduktegesetz gestützt werden könne. Hieran ändere auch das in der Medizinprodukte-Richtlinie vorgesehene Schutzklauselverfahren nichts. Dieses berechtige zum einen jeden Mitgliedstaat zu vorläufigen Maßnahmen, wenn Gefahren von einem zulässigerweise aufgrund einer zulässig angebrachten CE-Kennzeichnung in den Verkehr gebrachten Produkt ausgingen. Die von der Klägerin vertriebenen Produkte trügen jedoch unzulässigerweise die CE-Kennzeichnung. Zum anderen sehe selbst das Schutzklauselverfahren für den Fall, dass ein mit der Medizinprodukte-Richtlinie nicht übereinstimmendes Produkt mit einer CE-Kennzeichnung versehen sei, vor, dass der für den Sitz des Herstellers zuständige Mitgliedstaat tätig werden dürfe. Auch eine mögliche unterschiedliche Kategorisierung von Produkten durch verschiedene Mitgliedstaaten stehe einer Untersagung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum nicht entgegen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des danach anzuwendenden § 27 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes seien erfüllt. Die Produkte der Klägerin trügen unzulässigerweise eine CE-Kennzeichnung. Denn gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Medizinproduktegesetzes sei die CE-Kennzeichnung den Medizinprodukten sowie In-vitro-Diagnostika vorbehalten. Die Produkte der Klägerin seien aber Arzneimittel. Der weitere Antrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten bereits für das Anhörungsverfahren analog § 162 Abs. 2 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung für notwendig zu erklären, bleibe ebenfalls ohne Erfolg. Eine analoge Anwendung der genannten Bestimmung über Vorverfahren hinaus auf bloße Anhörungsverfahren sei von vorneherein ausgeschlossen. Zudem sei die Klägerin unterlegen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die der Senat mit Beschluss vom 29. April 2019 zugelassen hat.

Zur Begründung der Berufung erneuert und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das Verwaltungsgericht habe den Bescheid vom 18. September 2015 zu Unrecht für rechtmäßig erklärt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts biete § 27 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes keine Rechtsgrundlage für die Untersagung des Inverkehrbringens von Produkten als Medizinprodukte innerhalb des gesamten Europäischen Wirtschaftsraumes durch eine deutsche Behörde. Der Geltungsbereich des Medizinproduktegesetzes sei gemäß dem Territorialprinzip auf das Bundesgebiet beschränkt. Der Bundesgesetzgeber habe die Medizinprodukte-Richtlinie mit dem Medizinproduktegesetz nur in deutsches Recht umgesetzt, ohne damit den Geltungsbereich des Medizinproduktegesetzes auf den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum erweitert zu haben oder zu einer solchen Erweiterung überhaupt befugt gewesen zu sein. Die für eine transnationale Wirkung von Verwaltungsakten erforderliche Geltungsanordnung im Unionsrecht oder im nationalen Recht anderer Mitgliedstaaten fehle. Die Europäische Union eröffne deutschen Behörden gerade nicht die Möglichkeit, für andere europäische Mitgliedstaaten tätig zu werden. Dies zeigten die Regelungen zur europäischen Verwaltungszusammenarbeit in §§ 8a ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Vielmehr sehe § 36 des Medizinproduktegesetzes nur die vom Beklagten mit der COEN 2-Mitteilung vom 12. September 2011 auch genutzte Möglichkeit vor, die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten zu informieren, um eine einheitliche Anwendung der Vorgaben der unionsrechtlichen Medizinprodukte-Richtlinie zu erreichen. Die vom Beklagten erstmals im Berufungsverfahren hervorgehobenen Aspekte des Patientenschutzes rechtfertigten schon deshalb keine abweichende Betrachtung, weil es keine Anhaltspunkte dafür gebe und auch der Beklagte während des gesamten mehrjährigen Verwaltungsverfahrens zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht habe, dass die streitrelevanten Produkte für die Patienten unsicher seien. Auch die vom Beklagten befürchteten Umgehungshandlungen von Herstellern seien bloße Mutmaßungen. Daher könne allenfalls das Schutzklauselverfahren nach Art. 18 der Medizinprodukte-Richtlinie zur Anwendung gelangen. Dieses Verfahren habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht völlig unbeachtet gelassen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts folge aus den Regeln zum Inverkehrbringen und dem mit der CE-Kennzeichnung gesetzten Vertrauen in allen Mitgliedstaaten auch nicht spiegelbildlich im Sinne eines actus contrarius die Befugnis einer nationalen Behörde, das Inverkehrbringen mit Wirkung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum zu untersagen. Die CE-Kennzeichnung stelle schon keine behördliche Zulassung oder behördliche Bestätigung der Verkehrsfähigkeit dar. Dementsprechend gestatteten §§ 26 ff. des Medizinproduktegesetzes keine Erlaubnisentscheidungen im präventiven Bereich, sondern stellten allein repressive nationale Marktüberwachungsregeln zur Verfügung. Durch repressive Maßnahmen könne aber kein Rechtsschein gesetzt werden, auf den sich andere Mitgliedstaaten verlassen würden. Vielmehr sei im Medizinprodukterecht auch unionsrechtlich allein eine nationale Marktüberwachung etabliert, die auf europäischer Ebene nur über das Schutzklauselverfahren nach Art. 8 der Medizinprodukte-Richtlinie koordiniert werde. Auch der Prämisse der erstinstanzlichen Entscheidung, die Anbringung der CE-Kennzeichnung auf den streitrelevanten Produkten sei schon deshalb im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum nicht zulässig, weil diese nach den bestandskräftigten Feststellungsbescheiden des BfArM als Arzneimittel anzusehen seien, müsse widersprochen werden. Denn bei der Abgrenzung von Arzneimitteln und Medizinprodukten zu anderen Produktarten könnten und dürften die nationalen Behörden für ihr Territorium bei einer nicht vollständigen Harmonisierung und Asymmetrien bei wissenschaftlichen Informationen und Entwicklungen zu unterschiedlichen Einstufungen der Produktarten kommen, ohne dabei an die Einstufung eines anderen Mitgliedstaats gebunden zu sein. Dem widerspreche es, eine auf die Einstufung als Arzneimittel durch eine nationale Behörde gestützte Untersagung des Inverkehrbringens als Medizinprodukt für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum zuzulassen. Gerade für eine solche Fallkonstellation seien die Verfahrensvorschriften in Art. 18 und nötigenfalls in Art. 8 der Medizinprodukte-Richtlinie geschaffen worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 3. Kammer - vom 8. Dezember 2017 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 18. September 2015 (Aktenzeichen: …) aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht angenommen, dass § 27 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes die Untersagung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum gestatte. Das Medizinprodukterecht beruhe auf einem europäischen und nicht nur nationalen Ansatz. Aufgrund der einschlägigen unionsrechtlichen Richtlinien dürften die Hersteller ihre Medizinprodukte nach einem einheitlichen Verfahren und nach denselben Standards europaweit in Verkehr bringen. Die Behörden der Mitgliedstaaten, die Anwender der CE-Kennzeichen und auch die Patienten vertrauten darauf und dürften auch darauf vertrauen, dass ein CE-gekennzeichnetes Produkt mit den medizinproduktrechtlichen Vorgaben übereinstimme. Die einheitliche CE-Kennzeichnung solle dabei zu einer gleichbleibenden Sicherung des Patientenschutzes führen. Dieser Zweck des Medizinprodukterechts würde verfehlt, wenn die Untersagungsbefugnis an den Grenzen der Mitgliedsstaaten ende. Auch wenn die für eine transnationale Wirkung der Untersagung erforderliche Geltungsanordnung im Unionsrecht und im Recht der Mitgliedstaaten derzeit fehle, sei es zur effektiven Verwirklichung des Patientenschutzes notwendig, dass eine nationale Behörde, in deren Überwachungsbereich sich der Sitz des Herstellers befinde, bei Kenntnis von einem vorschriftswidrigen Verhalten einschreite und die erforderlichen Maßnahmen treffe. Die nationale Behörde handele dabei nicht für einen anderen Mitgliedstaat, sondern ausschließlich in eigener Kompetenz, aber mit Wirkung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum. Ein solches Handeln sei zur Verwirklichung der Ziele der Europäischen Union erforderlich und in verschiedenen Rechtsmaterien des Unionsrechts, aber auch des nationalen Rechts vorgesehen. Es umfasse auch die unionsweite Untersagung des Inverkehrbringens von Produkten, die unzulässigerweise die CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt trügen. Nur so könnten das Vertrauen der anderen Anwender von CE-Kennzeichen und der Patienten sowie der Patientenschutz gewährleistet werden. Anderenfalls seien Umgehungshandlungen von Herstellern zu befürchten, indem diese bei möglichen Schwierigkeiten mit nationalen Behörden oder bei einer schlichten Nichterfüllung der Anforderungen an die ordnungsgemäße Konformitätsbewertung in einen anderen Mitgliedstaat auswichen und dort das Produkt als CE-gekennzeichnetes Medizinprodukt in Verkehr brächten. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus dem sogenannten Schutzklauselverfahren. Der Anwendung des § 27 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes stehe schließlich der Ausschlussgrund nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 des Medizinproduktegesetzes nicht entgegen, denn § 27 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes setze gerade voraus, dass es sich nicht um ein Medizinprodukt handele.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 30. September 2019 und vom 14. Oktober 2019 einer Entscheidung durch den Senat ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 18. September 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des mit der Anfechtungsklage angegriffenen Bescheides ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.1.2017 - BVerwG 1 C 10.16 -, BVerwGE 157, 208, 212 - juris Rn. 17; Senatsbeschl. v. 29.9.2017 - 13 LA 4/16 -, juris Rn. 9 jeweils m.w.N.). Eine von diesem Grundsatz abweichende normative Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts ist den einschlägigen medizinprodukterechtlichen Regelungen zwar nicht zu entnehmen. Der hier angefochtene Bescheid erweist sich aber als Dauerverwaltungsakt, dessen Rechtmäßigkeit ausnahmsweise anhand der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage zu beurteilen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2003 - BVerwG 3 C 47.02 -, Buchholz 418.32 AMG Nr. 39 - juris Rn. 11; Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 58 m.w.N.). Denn der Bescheid des Beklagten vom 18. September 2015 trifft nicht nur eine einmalige, stichtagsbezogene Regelung. Er untersagt das Inverkehrbringen der streitrelevanten Produkte als Medizinprodukte vielmehr für den Zeitraum seiner Wirksamkeit (a.A.OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 14.8.2003 - 13 A 5022/00 -, juris Rn. 25).

Die Rechtslage ist danach maßgeblich anhand des Gesetzes über Medizinprodukte (Medizinproduktegesetz - MPG) vom 2. August 1994 (BGBl. I S. 1963) in der zuletzt durch das Zweite Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626) geänderten Fassung zu beurteilen. Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass relevante Änderungen der hier anzuwendenden §§ 2, 3, 27 und 36 MPG seit Erlass des angefochtenen Bescheides vom 18. September 2015 nicht eingetreten sind.

II. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 MPG trifft die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen, wenn ein Produkt unzulässigerweise die CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt trägt. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 MPG kann eine solche erforderliche Maßnahme sein, das Inverkehrbringen des Medizinproduktes einzuschränken, von der Einhaltung bestimmter Auflagen abhängig zu machen, zu untersagen oder zu veranlassen, dass das Medizinprodukt vom Markt genommen wird. Mit den Bestimmungen in Absatz 1 und 2 des § 27 MPG zielte der Bundesgesetzgeber auf eine Umsetzung auch der Regelungen in Art. 18 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. Nr. L 169 v. 12.7.1993, S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2007/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 (ABl. Nr. L 247 v. 21.9.2007, S. 21) - Medizinprodukte-Richtlinie - (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Medizinproduktegesetzes (2. MPG-ÄndG), BT-Drs. 14/6281, S. 35).

Die von dem Beklagten im Bescheid vom 18. September 2015 getroffene Verfügung, die der Klägerin das Inverkehrbringen der Produkte "D. Infektblocker Tabletten" und "E. Gurgellösung" als Medizinprodukte nur für den Europäischen Wirtschaftsraum ohne das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland untersagt (1.), ist zwar nicht schon deshalb rechtswidrig, weil die Anwendung des § 27 Abs. 2 Satz 1 MPG auf die als Arzneimittel eingestuften streitrelevanten Produkte gemäß § 2 Abs. 5 Nr. 1 MPG von vorneherein ausgeschlossen ist (2.). § 27 Abs. 2 Satz 1 MPG bietet aber keine taugliche Rechtsgrundlage für die Untersagungsanordnung einer deutschen Behörde mit transnationaler Wirkung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (3.).

1. Der Senat geht mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass der Bescheid des Beklagten vom 18. September 2015 der Klägerin das Inverkehrbringen der Produkte "D. Infektblocker Tabletten" und "E.Gurgellösung" als Medizinprodukte nur für den Europäischen Wirtschaftsraum ohne das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland untersagt.

Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts im Sinne des § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 35 Abs. 1 VwVfG ist entsprechend den zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Regeln zu ermitteln. Danach ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Zu berücksichtigen sind alle dem Empfänger bei Zugang der Willenserklärung bekannten oder jedenfalls erkennbaren Umstände, insbesondere die von der Behörde gegebene Begründung und auch deren Interesse am Erlass des Verwaltungsakts (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.5.2012 - BVerwG 3 C 12.11 -, juris Rn. 16; Beschl. v. 4.12.2008 - BVerwG 2 B 60.08 -, juris Rn. 2; Urt. v. 21.6.2006 - BVerwG 6 C 19.06 -, BVerwGE 126, 149, 160 - juris Rn. 52; Senatsbeschl. v. 4.7.2019 - 13 LA 337/17 -, V.n.b. Umdruck S. 3 ff.; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 76 ff. jeweils m.w.N.).

Der Regelungsausspruch in Nr. 1 des Bescheides vom 18. September 2015 untersagt der Klägerin, die streitrelevanten "Produkte als Medizinprodukte innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes in den Verkehr zu bringen". Hiernach scheint die Untersagungsanordnung auch das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu umfassen. Die Begründung des Bescheides vom 18. September 2015 und andere für die Klägerin erkennbare Umstände geben indes deutlich zu erkennen, dass die Untersagung nur für den Europäischen Wirtschaftsraum ohne das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelten soll. So hatte der Beklagte der Klägerin bereits mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 12. März 2008 auf der Grundlage von § 69 Abs. 1 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes das Inverkehrbringen der streitrelevanten Produkte im Bundesgebiet untersagt. Nach der unwidersprochenen Feststellung in der erstinstanzlichen Entscheidung (Urt. v. 8.12.2017, Umdruck S. 2) gab die Klägerin am 16. März 2010 zudem eine Erklärung ab, mit der sie sich selbst verpflichtete, die streitrelevanten Produkte in Deutschland nicht weiter in den Verkehr zu bringen. Vielmehr vertrieb sie die Produkte ausweislich der Internetseite der C. nur noch außerhalb von Deutschland. Ihrer Produktanzeige war die Mitteilung beigefügt, dass die Produkte nur in Deutschland nicht erhältlich seien. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 18. September 2015 stellt sich als Reaktion auf dieses geänderte Vertriebsverhalten der Klägerin dar. Angesichts dessen und auch mangels Erforderlichkeit, eine Regelung erneut für das Bundesgebiet zu erlassen, konnte die Klägerin den Bescheid des Beklagten vom 18. September 2015 daher nur so verstehen, dass ihr das Inverkehrbringen der Produkte "D. Infektblocker Tabletten" und "E. Gurgellösung" als Medizinprodukte nur für den Europäischen Wirtschaftsraum ohne das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland untersagt wird. Die Klägerin hat, ohne dass es nach der gebotenen objektiven Würdigung hierauf noch entscheidungserheblich ankommt, den Bescheid des Beklagten auch selbst so verstanden (vgl. zuletzt den Berufungsbegründungsschriftsatz v. 27.6.2019, dort S. 2 = Blatt 149 der Gerichtsakte).

2. Der Anwendung des § 27 Abs. 2 Satz 1 MPG steht nicht entgegen, dass die streitrelevanten Produkte vom BfArM als Arzneimittel eingestuft worden sind.

Die Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass nach der ausdrücklichen Anordnung des § 2 Abs. 5 Nr. 1 MPG das Medizinproduktegesetz für Arzneimittel im Sinne des § 2 des Arzneimittelgesetzes nicht gilt. In gleicher Weise ist die Geltung des Medizinproduktegesetzes durch § 2 Abs. 5 Nrn. 2 bis 5 MPG auch für die dort genannten weiteren Produkte, etwa kosmetische Mittel, menschliches Blut und Produkte aus menschlichem Blut, Transplantate, Gewebe oder Zellen menschlichen Ursprungs sowie Transplantate, Gewebe oder Zellen tierischen Ursprungs, ausgeschlossen. Dieser Negativabgrenzung steht in § 2 Abs. 1 bis 3 und 4a MPG eine positive Bestimmung des Anwendungsbereichs gegenüber, wonach das Medizinproduktegesetz im Wesentlichen nur für Medizinprodukte und Zubehör, fiktive Medizinprodukte, Arzneimittelapplikationsprodukte und persönliche Schutzausrüstungen gilt (vgl. im Einzelnen: Lücker, in: Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, MPG, § 2 Rn. 2 ff.).

Der allein so bestimmte Anwendungsbereich des Medizinproduktegesetzes hätte zur Folge, dass § 27 Abs. 2 Satz 1 MPG in keinem Fall zur Anwendung gelangen könnte. § 27 Abs. 2 Satz 1 MPG räumt den zuständigen Behörden die Befugnis ein, das Inverkehrbringen eines Produktes einzuschränken, von der Einhaltung bestimmter Auflagen abhängig zu machen, zu untersagen oder zu veranlassen, dass das Produkt vom Markt genommen wird, wenn dieses Produkt "unzulässigerweise" die CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt trägt. In Abgrenzung zum "unrechtmäßig" angebrachten CE-Kennzeichen im Sinne des § 27 Abs. 1 MPG (und des Art. 18 Abs. 1 Medizinprodukte-Richtlinie) trägt ein Produkt im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 1 MPG (und Art. 18 Abs. 2 Medizinprodukte-Richtlinie) "unzulässigerweise" die CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt, wenn es gar kein Medizinprodukt im Sinne des § 3 MPG (und des Art. 1 Abs. 2 der Medizinprodukte-Richtlinie) ist (vgl. EuGH, Urt. v. 3.10.2013 - C-109/12 -, Rn. 50 ff. (Laboratoires Lyocentre); Schlussanträge der Generalanwältin v. 30.5.2013 in der Rechtssache C-109/12 (Laboratoires Lyocentre), Rn. 78 ff.). Ein Produkt, das kein Medizinprodukt ist, unterfällt aber von vorneherein nicht dem von § 2 MPG bestimmten Anwendungsbereich.

Der Bestimmung des § 27 Abs. 2 Satz 1 MPG ist anhand der aufgezeigten Regelungssystematik und des gesetzgeberischen Willens (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Medizinproduktegesetzes, BT-Drs. 14/6281, S. 35; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 14/7331, S. 26) aber unzweifelhaft zu entnehmen, dass eine behördliche Befugnis zum Einschreiten gegen Produkte begründet werden soll, die zwar keine Medizinprodukte sind, aber "unzulässigerweise" die CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt tragen (vgl. Lücker, in: Spickhoff, a.a.O., § 27 Rn. 4). In gleicher Weise bestimmt der dieser nationalen Regelung zugrundeliegende Art. 18 Abs. 2 Medizinprodukte-Richtlinie, dass die behördliche Befugnis zum Einschreiten auch in den Fällen gelten soll, "in denen die CE-Kennzeichnung nach den Verfahren dieser Richtlinie unzulässigerweise an Erzeugnissen angebracht wurde, die nicht unter diese Richtlinie fallen". Aus diesen gesetzgeberischen Anordnungen muss geschlossen werden, dass die Befugnis zum Einschreiten nach § 27 Abs. 2 MPG auch dann besteht, wenn der Anwendungsbereich des Medizinproduktegesetzes nach § 2 Abs. 1 bis 3 und 4a MPG nicht eröffnet oder die Anwendung des Medizinproduktegesetzes nach § 2 Abs. 5 MPG ausgeschlossen ist (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 14.8.2003, a.a.O., Rn. 37 (zu einem kosmetischen Mittel im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 MPG: "§ 27 Abs. 2 MPG ist eine an sich systemwidrige, aber durch Spezialnorm begründete Ausnahme.")).

3.§ 27 Abs. 2 MPG bietet dem Beklagten aber keine taugliche Rechtsgrundlage, der Klägerin das Inverkehrbringen der Produkte "D. Infektblocker Tabletten" und "E. Gurgellösung" als Medizinprodukte für den Europäischen Wirtschaftsraum ohne das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu untersagen.

a. Das nach Art. 25 Satz 1 GG als Bestandteil des Bundesrechts geltende und nach Art. 25 Satz 2 GG für die Bewohner des Bundesgebiets unmittelbar Rechte und Pflichten erzeugende völkerrechtliche Territorial- oder Territorialitätsprinzip (vgl. BFH, Urt. v. 16.11.2016 - II R 29/13 -, BStBl. II 2017, 413 - juris Rn. 50 ff.; BVerwG, Urt. v. 25.11.2009 - BVerwG 8 C 12.08 -, BVerwGE 135, 272, 278 - juris Rn. 33; Bayerischer VGH, Beschl. v. 24.1.2012 - 10 CS 11.1290 -, juris Rn. 15; Ruffert, Rechtsquellen und Rechtsschichten des Verwaltungsrechts, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlage des Verwaltungsrechts, 2006, Band 1, S. 1085, 1141) beschränkt den räumlichen Geltungsbereich auch der Bestimmung in § 27 Abs. 2 MPG grundsätzlich auf den Zuständigkeitsbereich des normsetzenden Hoheitsträgers, mithin das Bundesgebiet (vgl. Webel, in: Bergmann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, MPG, § 2 Rn. 2; Lücker, in: Spickhoff, a.a.O., MPG, § 2 Rn. 15b; Rehmann, in: Rehmann/Wagner, MPG, 3. Aufl. 2018, § 2 Rn. 1). § 27 Abs. 2 MPG bietet daher grundsätzlich nur dann eine Rechtsgrundlage für erforderliche Maßnahmen der nach nationalem Recht zuständigen Behörde, wenn sich das zu regelnde Geschehen - ganz oder wenigstens teilweise - im Bundesgebiet vollzieht oder wenn es um den Status von Personen oder Sachen im Bundesgebiet geht. Daran fehlt es, wenn - wie hier - ausschließlich ein Geschehen im Europäischen Wirtschaftsraum ohne das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland behördlich geregelt werden soll. Allein der Sitz der Klägerin im Bundesgebiet ist kein hinreichender Anknüpfungspunkt dafür, ihr auf der Grundlage nationalen Rechts ein Verhalten für den Europäischen Wirtschaftsraum ohne das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu untersagen.

b. Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass deutsche Behörden (auch) auf der Grundlage des § 27 Abs. 2 MPG das Inverkehrbringen von Medizinprodukten ausnahmsweise mit transnationaler Wirkung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum untersagen dürfen. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass ein Verwaltungsakt einer nationalen Behörde über deren Zuständigkeitsbereich und auch über staatliche Grenzen hinaus unmittelbare (Bindungs-)Wirkung auch für Behörden und Gerichte anderer Staaten entfalten kann. Ein solcher sogenannter unmittelbarer transnationaler Verwaltungsakt (vgl. zum Begriff: Senatsurt. v. 7.6.2012 - 13 LB 56/10 -, juris Rn. 39; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 35 Rn. 34 ff.; Kahl, Der Europäische Verwaltungsverbund - Strukturen - Typen - Phänomene, in: Der Staat 50 (2011), 352, 366 f.; Sydow, Vollzug des EU-Rechts im Wege der Kooperation nationaler und europäischer Behörden, in: DÖV 2006, 66, 69 f.; Becker, Der transnationale Verwaltungsakt - Übergreifendes Europäisches Rechtsinstitut oder Anstoß zur Entwicklung mitgliedstaatlicher Verwaltungskooperationsgesetze?, in: DVBl. 2001, 855, 856 f.; Schmidt-Aßmann, Deutsches und Europäisches Verwaltungsrecht - Wechselseitige Einwirkungen -, in: DVBl. 1993, 924, 935 f. jeweils m.w.N.) überwindet die durch das völkerrechtliche Territorial- oder Territorialitätsprinzip gesetzten Grenzen aber nur ausnahmsweise dann, wenn supranationales Recht, insbesondere Unionsrecht, oder die Rechtsordnung der wirkungsbetroffenen Staaten diese transnationale Wirkung anordnet (vgl. mit eingehender Begründung: Becker, a.a.O., S. 857 ff.; Kahl, a.a.O., S. 366 f.; Sasse, Transnationaler Verwaltungsakt, in: VR 2018, 272, 274 jeweils m.w.N.).

Eine danach erforderliche Geltungsanordnung im Unionsrecht oder in den Rechtsordnungen der Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums, die der Untersagungsanordnung einer deutschen Behörde nach § 27 Abs. 2 MPG eine transnationale Wirkung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum einräumt, ist für den Senat nicht zu erkennen.

(1) Art. 18 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und b, 8 Abs. 3 der Medizinprodukte-Richtlinie ist - deren unmittelbare Anwendbarkeit nach Ablauf der Umsetzungsfrist unterstellt - weder selbst noch eine an die Mitgliedstaaten adressierte Verpflichtung zur Regelung in den nationalen Rechtsordnungen zu entnehmen, dass die Behörde des für den Hersteller zuständigen Mitgliedstaats zur Untersagung des Inverkehrbringens eines Produkts als Medizinprodukt mit transnationaler Wirkung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum befugt ist oder befugt werden soll.

Absatz 2 des Art. 18 der Medizinprodukte-Richtlinie ordnet an, dass die Bestimmungen in dessen Absatz 1 auch in den Fällen gelten, in denen die CE-Kennzeichnung nach den Verfahren der Richtlinie unzulässigerweise an Erzeugnissen angebracht wurde, die nicht unter die Richtlinie fallen. Nach dem damit zunächst in Bezug genommenen Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Medizinprodukte-Richtlinie ist, wenn "ein Mitgliedstaat" feststellt, dass die CE-Kennzeichnung unberechtigterweise angebracht wurde oder unter Verletzung der Richtlinie fehlt, der Hersteller oder sein Bevollmächtigter verpflichtet, den weiteren Verstoß unter den vom Mitgliedstaat festgelegten Bedingungen zu verhindern. Falls der Verstoß weiterbesteht, muss der Mitgliedstaat sodann gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Medizinprodukte-Richtlinie nach dem Verfahren des Art. 8 der Medizinprodukte-Richtlinie alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um das Inverkehrbringen des betreffenden Produkts einzuschränken oder zu untersagen oder um zu gewährleisten, dass es vom Markt genommen wird. Das damit angesprochene Verfahren des Art. 8 der Medizinprodukte-Richtlinie erfordert nach dessen Absatz 3, dass der handelnde Mitgliedstaat die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten von seinem Vorgehen unterrichtet.

Art. 18 Abs. 2 der Medizinprodukte-Richtlinie ist danach nicht ausschließlich an die zuständigen Behörden des Mitgliedstaates gerichtet, in dem der Hersteller des Produkts seinen Sitz hat. Nach der Bestimmung ist vielmehr "ein Mitgliedstaat" angesprochen, mithin jeder Mitgliedstaat, der feststellt, dass eine CE-Kennzeichnung nach den Verfahren der Richtlinie unzulässigerweise an Erzeugnissen angebracht wurde. Zudem ist für den Senat nicht zu erkennen, dass diesem Mitgliedstaat eine Befugnis eingeräumt werden soll, mit transnationaler Wirkung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum das Inverkehrbringen eines Produkts als Medizinprodukt zu untersagen. Vielmehr ist er darauf verwiesen, im Schutzklauselverfahren nach Art. 18 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 der Medizinprodukte-Richtlinie (im deutschen Recht umgesetzt in § 27 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 3 MPG) die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten von seinem Vorgehen zu unterrichten. In der Folge hat die Kommission das Verfahren nach Art. 18 in Verbindung Art. 8 Abs. 2 der Medizinprodukte-Richtlinie zu betreiben. Die anderen Mitgliedstaaten werden durch die Information in die Lage versetzt, für ihren Zuständigkeitsbereich eigenständig Maßnahmen zu ergreifen (und bejahendenfalls diese im Verfahren nach Art. 18 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 der Medizinprodukte-Richtlinie einer Überprüfung durch die Kommission zuzuführen).

Dieses Verständnis findet auch eine gewisse Bestätigung darin, dass der Bundesgesetzgeber bei der (erstmaligen) Umsetzung der Bestimmungen der Art. 8 Abs. 3 und Art. 18 der Medizinprodukte-Richtlinie in nationales Recht durch das Medizinproduktegesetz vom 2. August 1994 (BGBl. I S. 1963; vgl. hierzu den Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes über den Verkehr mit Medizinprodukten, BT-Drs. 12/6991, S. 36) in § 27 Abs. 2 Satz 2 MPG a.F. die Maßnahmen der zuständigen deutschen Behörden noch ausdrücklich auf den "Geltungsbereich dieses Gesetzes" beschränkt hat. Zwar enthält § 27 MPG in der durch Zweite Gesetz zur Änderung des Medizinproduktegesetzes vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3586) geänderten Fassung diese ausdrückliche Beschränkung nicht mehr. Dem kann ein Wille des Bundesgesetzgebers, die durch das völkerrechtliche Territorial- oder Territorialitätsprinzip gesetzten Grenzen ausnahmsweise überwinden und eine transnationale Geltungsanordnung für Entscheidungen anderer Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums nach Art. 18 der Medizinprodukte-Richtlinie im nationalen Recht implementieren zu wollen oder auch nur hierzu unionsrechtlich verpflichtet zu sein, aber nicht entnommen werden (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Medizinproduktegesetzes, BT-Drs. 14/6281, S. 35; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 14/7331).

Schließlich hat die Klägerin zu Recht darauf hingewiesen, dass die Befugnis einer nationalen Behörde, mit transnationaler Wirkung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum das Inverkehrbringen eines Produkts als Medizinprodukt zu untersagen, dann mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Konflikt geraten kann, wenn die Untersagung - wie im vorliegenden Fall - auf der Einstufung des Produkts als Arzneimittel durch eine nationale Behörde beruht. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs darf ein Mitgliedstaat angesichts des gegenwärtigen Standes der Harmonisierung der nationalen Regelungen ein Erzeugnis, das ein anderer Mitgliedstaat als Arzneimittel ansieht, durchaus (fehlerfrei) als Medizinprodukt einstufen (vgl. EuGH, Urt. v. 3.10.2013, a.a.O., Rn. 48; Urt. v. 5.3.2009 - C-88/07 -, juris Rn. 69; Urt. v. 15.1.2009 - C-140/07 -, juris Rn. 28 (Red Rice); siehe hierzu auch Senatsurt. v. 2.11.2017 - 13 LB 31/14 -, juris Rn. 109). Dem widerspräche es, wenn eine nationale Behörde aufgrund einer nationalen Einstufung eines Produkts als Arzneimittel dessen Inverkehrbringen als Medizinprodukt für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum mit transnationaler Wirkung auch gegenüber allen anderen Mitgliedstaaten untersagen dürfte.

(2) Der Senat teilt auch nicht die vom Verwaltungsgericht in der erstinstanzlichen Entscheidung vertretene Auffassung, dass die nur im für den Hersteller zuständigen Mitgliedstaat durchgeführte Überprüfung der Berechtigung, die CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt anzubringen, und die daraus folgende unionsrechtliche Befugnis des Herstellers, das Medizinprodukt mit der CE-Kennzeichnung im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr zu bringen, gleichsam Maßnahmen des für den Hersteller zuständigen Mitgliedstaats bei einer unzulässigen CE-Kennzeichnung mit Wirkung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum gestattet (Urt. v. 8.12.2017, Umdruck S. 11 f.).

Einer derart im Sinne eines actus contrarius angenommenen transnationalen Regelungsbefugnis steht schon entgegen, dass es an einer positiven behördlichen Zulassungsentscheidung zur Führung der CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt des für den Hersteller zuständigen Mitgliedstaats mit Wirkung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum fehlt, die (negativ) wirkungsgleich durch eine transnationale Untersagungsanordnung wieder beseitigt werden müsste und dürfte. Denn anders als etwa die arzneimittelrechtliche Zulassung setzt die vom Hersteller vorzunehmende CE-Kennzeichnung gerade kein staatliches behördliches Zulassungsverfahren voraus (vgl. nur Rehmann, in: Rehmann/Wagner, a.a.O., Einführung Rn. 27 ff.). Selbst wenn das Konformitätsbewertungsverfahren nicht vom Hersteller in Eigenverantwortung (§ 7 Abs. 4 der deutschen Medizinprodukte-Verordnung - MPV -: Medizinprodukte der Klasse I), sondern von einer Benannten Stelle (§ 7 Abs. 1 bis 3 MPV: Medizinprodukte der Klassen IIa, IIb und III) durchgeführt worden ist, trifft diese Benannte Stelle nicht aufgrund hoheitlicher Befugnisse eine Zulassungsentscheidung. Ihr kommt im Rahmen des Konformitätsverfahrens nur die Funktion eines privaten Sachverständigen zu (vgl. BPatG, Beschl. v. 23.3.2010 - 15 W (pat) 25/08 -, juris Rn. 12; Hessischer VGH, Beschl. v. 2.2.2017 - 6 B 2740/16 -, juris Rn. 9 ff.; Merten, Benannte Stellen: Private Vollzugsinstanzen eines Europäischen Verwaltungsrechts, in: DVBl. 2004, 1211 ff.; Rehmann, in: Rehmann/Wagner, a.a.O., Einführung Rn. 28 und 31 m.w.N.; a.A.von Czettritz, in: Anhalt/Dieners, Medizinprodukterecht, 2. Aufl. 2017, § 14 Rn. 17 ff.).

(3) Sonstige Geltungsanordnungen in den nationalen Bestimmungen der Rechtsordnungen der Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums, die der Untersagungsanordnung einer deutschen Behörde nach § 27 Abs. 2 MPG eine transnationale Wirkung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (oder für das Gebiet einzelner Vertragsstaaten) einräumen, sind für den Senat nicht ersichtlich.

(4) Ob sich im Hinblick auf die erforderliche Geltungsanordnung etwas Anderes aus den Bestimmungen etwa in Art. 10 Abs. 14, 95 Abs. 4 und 7, 97 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates - MP-VO - ergeben könnte, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn diese Bestimmungen gelten gemäß Art. 123 Abs. 2 der Medizinprodukte-Verordnung erst ab dem 26. Mai 2020 und vermögen daher die hier maßgebliche Rechtslage (siehe oben (I.)) und daher die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides nicht zu beeinflussen.

III. Der Senat sieht auch keine Möglichkeit die danach rechtswidrige Untersagungsanordnung im streitgegenständlichen Bescheid vom 18. September 2015 aufrechtzuerhalten. Denn die Anordnung erweist sich weder bei gleichbleibendem Regelungsgegenstand aus anderen Gründen im Ergebnis als rechtmäßig (1.) noch kann sie im Wege der Umdeutung durch eine andere - rechtmäßige - Regelung ersetzt werden (2.).

1. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unterliegt ein Verwaltungsakt nur der gerichtlichen Aufhebung, soweit er rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Darin kommt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte zum Ausdruck zu prüfen, ob ein angefochtener Verwaltungsakt mit dem objektiven Recht in Einklang steht und, falls nicht, ob er den Kläger in seinen Rechten verletzt. Bei dieser Prüfung haben die Verwaltungsgerichte alle einschlägigen Rechtsvorschriften und - nach Maßgabe der Sachaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO - alle rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, gleichgültig, ob die Normen und Tatsachen von der erlassenden Behörde zur Begründung des Verwaltungsaktes angeführt worden sind oder nicht. Dies gilt aber nur, wenn und soweit der angefochtene Verwaltungsakt hierdurch nicht in seinem Wesen verändert wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.7.2019 - BVerwG 2 B 19.18 -, juris Rn. 24; Urt. v. 16.11.2015 - BVerwG 1 C 4.15 -, BVerwGE 153, 234, 243 f. - juris Rn. 28 m.w.N.).

Dies zugrunde gelegt kann die Untersagungsanordnung im streitgegenständlichen Bescheid vom 18. September 2015 nicht durch den Senat aufrechterhalten werden. Eine Unterlegung mit der insoweit allein in Betracht zu ziehenden Rechtsgrundlage des § 69 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz - AMG -) in der hier maßgeblichen, zuletzt durch das Zweite Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626) geänderten Fassung wäre nicht ohne Änderung des Regelungsausspruchs möglich und würde den streitgegenständlichen Bescheid daher in seinem Wesen verändern. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße gegen das Arzneimittelrecht notwendigen Anordnungen. Sie können gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 AMG insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, wenn die in dieser Bestimmung genannten weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der streitgegenständliche Bescheid untersagt der Klägerin in seinem Regelungsausspruch Nr. 1, "folgende Produkte als Medizinprodukte innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes in den Verkehr zu bringen: …". Ungeachtet der Frage, ob nicht auch der Geltungsbereich des § 69 Abs. 1 AMG auf das Bundesgebiet beschränkt ist, bietet die genannte Bestimmung von vorneherein keine taugliche Rechtsgrundlage für eine Untersagung des Inverkehrbringens von Produkten als Medizinprodukte. Um eine Untersagung auf diese Rechtsgrundlage stützen zu können, müsste mithin der Regelungsausspruch geändert und der Klägerin das Inverkehrbringen der streitrelevanten Produkte als Arzneimittel, als die sie vom BfArM rechtskräftig eingestuft worden sind, untersagt werden. Dies würde den streitgegenständlichen Bescheid in seinem Wesen verändern. Im Übrigen müsste der Senat das nach § 69 Abs. 1 Satz 1 und 2 AMG eröffnete Ermessen erstmals selbst ausüben, was ihm verwehrt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.1.1982 - BVerwG 8 C 12.81 -, BVerwGE 64, 356, 359 - juris Rn. 14).

2. Die auf § 27 Abs. 2 MPG gestützte Untersagungsanordnung kann auch nicht nach § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 47 VwVfG in eine Untersagungsanordnung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 und 2 AMG umgedeutet werden. Bei der Umdeutung (Konversion) wird die im Verwaltungsakt getroffene Regelung nicht lediglich auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt, sondern durch eine andere (rechtmäßige) Regelung ersetzt. Hierzu sind - bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 47 VwVfG - nicht nur die Behörden, sondern auch die Verwaltungsgerichte ermächtigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.11.2015, a.a.O., S. 244 f. - juris Rn. 30 m.w.N.).

Einer solchen Umdeutung steht hier schon § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG entgegen. Danach ist eine Umdeutung auch ausgeschlossen, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche. Die Voraussetzungen dieses Ausschlussgrundes (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 21.10.1987 - BVerwG 5 C 39.85 -, BVerwGE 78, 165, 171 - juris Rn. 12; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 47 Rn. 47 m.w.N.) sind hier erfüllt, da der Beklagte die Untersagungsanordnung absichtlich nur auf § 27 Abs. 2 MPG gestützt hat und § 69 Abs. 1 AMG ausdrücklich nicht als Rechtsgrundlage heranziehen wollte (vgl. etwa den Schriftsatz des Beklagten v. 17.2.2016, dort S. 3 = Blatt 53 der Gerichtsakte).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.