Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.12.2019, Az.: 13 LB 323/18

abzulehnen; Angaben, unrichtige; Angaben, unvollständige; atypischer Fall; Aufhebung; Bestand; Ehegatten; Einbürgerung; Einbürgerungsurkunde; Ermessen; erwirkt; Getrenntleben; Herausgabe; Katzenallergie; Lebensgemeinschaft, eheliche; möbliertes Zimmer; Nichterwarten der Wiederherstellung; non liquet; objektiv; räumliche; Regeleinbürgerung; Rücknahme; Scheidungsbeschluss; Scheitern der Ehe; subjektiv; Trennung; Unterbrechung; Untermietvertrag; vorübergehend; Zeugenvernehmung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.12.2019
Aktenzeichen
13 LB 323/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69896
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 11.05.2016 - AZ: 10 A 4372/13

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein atypischer Fall im Sinne der Sollvorschrift des § 9 Abs. 1 StAG, der ausnahmsweise zu einem Ablehnungsermessen der Einbürgerungsbehörde führt, liegt bei der Regeleinbürgerung von Ehegatten Deutscher nicht bereits bei einer Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft (Trennung der Eheleute), sondern erst bei einem Scheitern der Ehe vor, das sich nach familienrechtlichen Vorschriften (§§ 1565 ff. BGB) bestimmt (hier verneint).

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 10. Kammer - vom 11. Mai 2016 geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 26. April 2013 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am x.x.1982 in F. /Marokko geborene Kläger wendet sich gegen die Rücknahme seiner Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.

Er ist marokkanischer Staatsangehöriger und reiste am 1. September 2004 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 19. November 2004 erhielt er zum Zwecke des Studiums (Gasthörerschaft an der Universität A-Stadt und Studienkolleg für ausländische Studierende der Universität G.) eine befristete Aufenthaltsgenehmigung (Aufenthaltsbewilligung). Diese wurde - nach der Eheschließung mit der am x.x.1963 in H. geborenen deutschen Staatsangehörigen C. in I. /Dänemark am x.x.2005 - unter dem 21. Juli 2005 befristet als Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG verlängert. Die Eheleute lebten schon vor der Eheschließung gemeinsam in der Wohnung der Ehefrau, J. Straße x. in A-Stadt. Nachdem der Kläger am 15. September 2008 eine Niederlassungserlaubnis (§ 28 Abs. 2 AufenthG) erhalten hatte, beantragte er am 30. Dezember 2008 seine Einbürgerung. Am 29. Mai 2009 schloss er mit Frau K. einen Untermietvertrag für ein (möbliertes) Zimmer im L. x. in A-Stadt ab. Dorthin wurden jedenfalls von Juni bis September 2009 Schreiben seines Arbeitgebers sowie Bescheide der Bundesagentur für Arbeit geschickt. Der Kläger hielt sich jedoch weiterhin in der ehelichen Wohnung auf. Dort verblieb ein Teil seiner Besitztümer. Am 1. August 2009 verstarb die Mutter der Ehefrau des Klägers. Auf deren Beerdigung war der Kläger nicht zugegen.

Im Rahmen seines Einbürgerungsverfahrens gab der Kläger eine auf den 8. September 2009 datierte schriftliche Erklärung ab, dass er unverändert mit seiner Ehefrau zusammenlebe und keine Trennung (auch keine Trennung in der gemeinsamen Wohnung) vollzogen worden sei. Hierbei bestätigte er, dass diese Angaben wahrheitsgemäß seien. Ihm sei bekannt, dass die Einbürgerung auf Grundlage des § 9 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) erfolge, was u.a. eine fortbestehende eheliche Lebensgemeinschaft voraussetze. Am 14. September 2009 bürgerte die Beklagte den Kläger in den deutschen Staatsverband ein. Seine marokkanische Staatsangehörigkeit verlor der Kläger dabei nicht.

Am 12. November 2009 meldete sich der Kläger rückwirkend zum 1. November 2009 unter der M. Anschrift „L. x.“ an. Jeweils am 30. November 2009 und am 31. Mai 2010 ließen die Eheleute einen Wechsel der Steuerklassen eintragen. Im September 2010 bezog der Kläger eine neue Wohnung im A-Straße in A-Stadt. In den Jahren 2010 und 2011 schickte die Ehefrau des Klägers diesem noch Kurznachrichten (SMS) mit Zuneigungsbekundungen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 31. August 2011 beschuldigte der Kläger - entgegen dem Rat seines Rechtsbeistandes - seine Ehefrau, am 18. Juli 2011 in seine Wohnung eingedrungen und dort etwas gestohlen zu haben. Ferner forderte er sie zur Herausgabe der Gegenstände auf. Am 27. Oktober 2011 wurde die Ehe - auf Antrag der Ehefrau - geschieden.

Nachdem am 16. August 2011 bei der Beklagten eine anonyme E-Mail eingegangen war, in welcher der Kläger der Scheinehe bezichtigt wurde, zeigte die Beklagte den Kläger am 25. Oktober 2011 wegen Erschleichens einer Einbürgerung (§ 42 StAG) an. Mit Strafbefehl vom N. - O. -, rechtskräftig seit dem 24. Februar 2012, verurteilte ihn das Amtsgericht A-Stadt- Strafrichter - wegen Erschleichens einer Einbürgerung zu einer Geldstrafe von neunzig Tagessätzen zu je 10,00 EUR. In der Konkretisierung des Strafbefehls heißt es, der Kläger habe mit unrichtigen oder unvollständigen Angaben zu wesentlichen Voraussetzungen der Einbürgerung gegen §§ 9, 42 StAG verstoßen. In seinem Einbürgerungsantrag habe der Kläger noch die gemeinsam bewohnte Ehewohnung (J. Straße x. in A-Stadt) als Adresse angegeben, obwohl er bereits Ende Mai 2009 aus der Ehewohnung ausgezogen sei und sich ein Zimmer zur Untermiete im L. x. genommen habe. Dieses Zimmer habe der Kläger durchgängig bis September 2009 bewohnt. Seit seinem Auszug hätten die Eheleute nur sporadisch Kontakt zueinander gehabt.

Mit Bescheid vom 26. April 2013, zugestellt am 2. Mai 2013, nahm die Beklagte - nach vorheriger Anhörung - die Einbürgerung des Klägers rückwirkend zum 14. September 2009 zurück, forderte diesen unter Verweis auf § 52 Satz 1 VwVfG zur Herausgabe der Einbürgerungsurkunde nach Ablauf eines Monats nach Zustellung des Bescheides bzw. nach Bestandskraft der Rücknahme auf und erlegte dem Kläger mit Bezug auf § 38 Abs. 1 StAG festgesetzte Verfahrenskosten in Höhe von 127 EUR auf. Die Voraussetzungen einer Rücknahme gemäß § 35 Abs. 1 StAG seien gegeben. Die Einbürgerung vom 14. September 2009 sei rechtswidrig erfolgt. Die Voraussetzungen einer Einbürgerung nach § 9 StAG hätten nicht vorgelegen, da die eheliche Lebensgemeinschaft im Zeitpunkt der Einbürgerung nicht mehr bestanden habe. Der Kläger habe vorsätzlich unrichtige Angaben dahingehend gemacht, dass er unverändert mit seiner Ehefrau zusammenlebe, obwohl das Ehepaar zu diesem Zeitpunkt bereits - nicht nur vorübergehend - getrennt gelebt habe. Eine privilegierte Einbürgerung nach § 9 StAG hätte bei Kenntnis dieser Umstände nicht erfolgen können. Eine Einbürgerung gemäß § 10 StAG oder § 8 StAG wäre ebenfalls nicht in Betracht gekommen. Hierfür habe es jeweils an der zeitlichen Voraussetzung eines achtjährigen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts im Inland gefehlt. Da sich die zuvor innegehabte Niederlassungserlaubnis mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erledigt habe und durch die Rücknahme der Einbürgerung auch nicht wiederauflebe, fehle es an dieser zeitlichen Voraussetzung auch noch im Zeitpunkt der Rücknahme der Einbürgerung. Besondere schutzwürdige Belange an dem Fortbestand der Einbürgerung seien nicht gegeben. Gründe, die einer Rückkehr des Klägers in sein Heimatland entgegenstünden, seien nicht ersichtlich. Auch bestehe nach der Scheidung von seiner deutschen Ehefrau keine familiäre Bindung mehr in der Bundesrepublik Deutschland. Aus diesem Grunde überwiege im Rahmen einer Ermessensentscheidung das öffentliche Interesse an der Rücknahme der Einbürgerung das Interesse des Klägers an deren Fortbestand.

Der Kläger hat gegen diesen Bescheid am 30. Mai 2013 Klage vor dem Verwaltungsgericht Hannover erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass zum Zeitpunkt der Einbürgerung am 14. September 2009 noch eine eheliche Lebensgemeinschaft zwischen ihm und seiner damaligen Ehefrau bestanden habe und lediglich - für eine Ehe nicht unübliche - Streitigkeiten, bei denen es um Vorwürfe des Fremdgehens gegangen sei, zwischen ihnen vorgelegen hätten. Seine Erklärung vom 8. September 2009 sei daher zutreffend gewesen. Zwar habe er zu dieser Zeit unstreitig bereits einen Untermietvertrag für eine andere Wohnung gehabt. Dies sei jedoch - neben den bestehenden Streitigkeiten - auf seine Katzenhaarallergie zurückzuführen. Seine Frau habe zum damaligen Zeitpunkt zwei Katzen („Lilly“ und „Charly“) besessen, auf die er stark allergisch reagiert habe. Der Umstand, dass der Allergologie-/Pricktest vom 27. Februar 2009 - unstreitig - keine Reaktion auf „eigene Katzenhaare“ ausweise, sei darauf zurückzuführen, dass diese Katzenhaare nur von einer der beiden Katzen seiner damaligen Ehefrau gestammt hätten und zudem zuvor von dieser - als gelernter Arzthelferin - desinfiziert worden seien. Ferner lösten nicht die Haare einer Katze allergische Reaktionen aus, sondern eine bestimmte Form von Eiweiß in Speichel, Hautdrüsen und Urin der Tiere. Die räumliche Trennung sei daher zum einen erfolgt, um an der Beziehung zu arbeiten, zum anderen aber, um die Gesundheit des Klägers zu schonen. Als die Mutter seiner Ehefrau und wenig später eine ihrer Katzen (der Kater „Charly“) verstorben seien und er seiner Ehefrau beigestanden habe, habe sich die Beziehung der Eheleute deutlich gebessert. Man habe sich in dieser Zeit noch sehr oft, vielleicht vier bis fünf Tage in der Woche, gesehen. Es sei klar gewesen, dass er die Untermiete seines zusätzlichen Zimmers bald beenden würde. Erst Ende Oktober 2009 habe sich seine Ehefrau eine neue Katze („Jeanny“) angeschafft, worüber es zu einem heftigen Streit und letztlich zur endgültigen Trennung gekommen sei. Aus seiner Sicht sei die Ehe daher am 1. November 2009 gescheitert gewesen. Der Strafbefehl sei deshalb zu Unrecht ergangen. Er sei jedoch in dieser Phase zeitlich stark durch sein Studium beansprucht gewesen. Zudem habe er kein Geld für einen Anwalt gehabt. Schließlich sei er davon ausgegangen, ohnehin von seiner Ehefrau „fertiggemacht werden zu sollen“, und habe geglaubt, mit der Bezahlung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl habe dies sein Bewenden. Aus diesen Gründen habe er, der Kläger, keine rechtlichen Schritte gegen den Strafbefehl ergriffen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2013 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die Gründe ihres Bescheides verwiesen. Der Umstand, dass der Kläger gegenüber seinem Arbeitgeber, nicht jedoch ihr gegenüber seine neue Adresse angegeben habe, zeige, dass er tatsächlich in der neuen Wohnung gelebt und diese Information zudem bewusst nicht mitgeteilt habe.

Die Kammer des Verwaltungsgerichts hat in der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2016 den Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin C. gesch. A..

Mit Urteil vom 11. Mai 2016 hat das Verwaltungsgericht Hannover die Klage als unbegründet abgewiesen. Die durch Bescheid der Beklagten vom 26. April 2013 verfügte Rücknahme der Einbürgerung des Klägers und die begleitende Rückforderung der Einbürgerungsurkunde seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Diese Verfügungen ließen sich auf § 35 Abs. 1 StAG, § 52 Satz 1 VwVfG stützen. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Normen seien erfüllt, und die Verfügungen seien auch nicht ermessensfehlerhaft. Die am 14. September 2009 vorgenommene Einbürgerung des Klägers sei wegen eines Ermessensfehlers rechtswidrig im Sinne des § 35 Abs. 1 StAG gewesen, weil die Ehe des Klägers mit Frau C. gesch. A. zu diesem Zeitpunkt bereits gescheitert gewesen sei und damit ein atypischer Fall im Sinne der Sollensvorschrift des § 9 Abs. 1 StAG vorgelegen habe, der - abweichend von der danach für den Regelfall vorgesehenen gebundenen Entscheidung - ein Ablehnungsermessen der Beklagten eröffnet habe, von dem die Beklagte aufgrund schuldhaft fehlerhafter Angaben des Klägers mangels Kenntnis des ein Scheitern begründenden Sachverhalts jedoch nichts gewusst und sich daher irrtümlich für gebunden gehalten habe. Für das Scheitern der Ehe sei auch im Staatsangehörigkeitsrecht die familienrechtliche Legaldefinition aus § 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB heranzuziehen, wonach ein Scheitern voraussetze, dass die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr bestehe (Diagnose) und nicht erwartet werden könne, dass die Ehegatten sie wiederherstellen (Prognose). Beides sei erfüllt gewesen. Zur Zeit der Einbürgerung habe die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr bestanden, und zwar seit dem Auszug des Klägers im Mai 2009 nicht mehr. Zwar sei eine häusliche Gemeinschaft kein notwendiges Element der ehelichen Lebensgemeinschaft, dennoch werde die Aufhebung ersterer meist ein wesentliches Indiz für den Nichtfortbestand letzterer sein. Als Maßstab sei nicht eine „vertypte“ Ehe, sondern seien die bisherigen Lebensformen der Ehegatten in den Jahren 2005 bis 2009 anzulegen. Weil sich nach diesen Lebensformen - wie die glaubhafte Zeugenaussage der geschiedenen Ehefrau C. sowie der Eindruck der Persönlichkeit des Klägers ergeben hätten - die eheliche Lebensgemeinschaft hier abweichend von einer typischen partnerschaftlichen Gemeinschaft (im Sinne des gesetzlichen Leitbildes einer Partnerschaft gleichen Rechts und gleicher Pflichten mit besonderen Anforderungen auf gegenseitige Rücksichtnahme und Selbstdisziplin, auf Mitsprache und Mitentscheidung) insbesondere in äußerlichen Gemeinsamkeiten wie der häuslichen Gemeinschaft und der gegenseitigen körperlichen Anziehung der Eheleute realisiert habe und gegenseitige Rücksichtnahme, gemeinsame Interessen und Unternehmungen der Eheleute gefehlt hätten, so dass allgemein eine nur sehr gering ausgeprägte Gemeinschaftlichkeit in der Beziehung der Ehegatten bestanden habe, komme dem Indiz der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft im Mai 2009 durchschlagende Wirkung zugunsten der Annahme einer Aufgabe der ehelichen Lebensgemeinschaft zu. Im Zeitpunkt der Einbürgerung habe mit der Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft auch nicht mehr gerechnet werden können, weil jedenfalls der Kläger die häusliche Lebensgemeinschaft erkennbar nicht mehr herzustellen gewollt habe, während eine damalige Versöhnungsbereitschaft der Ehefrau, wie die SMS belegten, nicht verneint werden könne. Die vorliegende einseitige endgültige Abwendung nur eines Ehegatten reiche aus. Dass die körperliche Beziehung der Ehegatten auch nach dem endgültigen Auszug wohl noch in gewissem Umfang fortgeführt worden sei, habe die Erwartung der Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht rechtfertigen können, weil es für eine beiderseitig fortbestehende Versöhnungsbereitschaft an regelmäßigem Besuchskontakt sowie an der Erörterung gemeinsamer Probleme gefehlt habe und sich die Ehegatten daher ein Mindestmaß an Gemeinsamkeiten nicht erhalten hätten. Das hat das Verwaltungsgericht aus dem persönlichen Eindruck des Klägers, maßgeblich jedoch aus den - wenngleich von ihm inhaltlich und chronologisch nicht als widerspruchsfrei gewerteten, so doch von ihm als glaubhaft angesehenen - Zeugenaussagen der ehemaligen Ehefrau geschlossen. Danach habe der Kläger nach seinem Auszug aus der Ehewohnung im L. x. gewohnt und gelebt und sei zu ihr nur zur Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse gekommen; nach dem Tod der Mutter der Zeugin am 1. August 2009 hätten sie sich nur noch zufällig getroffen bzw. dann, wenn der Kläger ihr „aufgelauert“ habe, wobei eine gezielte Kontaktaufnahme jedoch ebenfalls nicht auszuschließen sei. Sex hätten sie nicht mehr gehabt bzw. nur noch einmal. Der Kläger habe nach alledem bereits mit seinem Auszug eine eheliche Gesinnung völlig aufgegeben und nur noch zum Zwecke der Erfüllung der Einbürgerungsvoraussetzungen bzw. zur Befriedigung seiner körperlichen Bedürfnisse an der ehelichen Lebensgemeinschaft festgehalten. Dies werde auch durch den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Einbürgerung am 14. September 2009 und dem vom Kläger benannten Zeitpunkt des endgültigen Scheiterns der Ehe am 1. November 2009 sowie der zeitgleich vorgenommenen Ummeldung seines Wohnsitzes indiziert. Von Bedeutung sei ferner das Verschweigen der neuen Adresse im L. x. entgegen der am 8. September 2009 abgegebenen Erklärung, noch mit seiner Ehefrau zusammenzuleben. Auch die Hinnahme des Strafbefehls wegen erschlichener Einbürgerung durch den Kläger deute darauf hin, dass ihm der darin enthaltene Vorwurf auch nach seinem eigenen Empfinden nicht zu Unrecht gemacht worden sei. Die vorgetragenen Gründe für die Nichtinanspruchnahme von Rechtsschutz gegen den Strafbefehl seien Schutzbehauptungen. Die angebliche Motivation „hinzunehmen“, von seiner Ehefrau „fertiggemacht zu werden“, stehe im Widerspruch zu den vom Kläger gegen die Ehefrau wegen eines Diebstahls eingeleiteten rechtlichen Schritten. Unverständlich sei auch eine angebliche Zeit- und Geldknappheit für die Beauftragung eines Rechtsanwalts im Januar 2012, weil der Kläger kurz zuvor (am 31. August 2011) noch Zeit und Geld für ein Anwaltsschreiben wegen des Diebstahlsvorwurfs gehabt habe. Der erstmals im Klageverfahren vorgebrachte klägerische Vortrag zu einer Katzenhaarallergie sei angesichts des negativen Ergebnisses des Allergologie-/Pricktests vom 27. Februar 2009 ebenfalls als Schutzbehauptung zu werten. Dass die Initiative zur endgültigen Trennung vom Kläger ausgegangen sei, werde auch dadurch indiziert, dass der Kläger eigeninitiativ und ohne Rücksprache mit der Ehefrau die von ihm in der gemeinsamen Wohnung verbliebenen Gegenstände von dort entfernt habe. Schließlich indiziere auch der Umstand, dass der Kläger unstreitig nicht bei der Beerdigung der Mutter der Zeugin zugegen gewesen sei, dass eine Versöhnungsbereitschaft von seiner Seite nicht mehr vorgelegen habe. Vor diesem Hintergrund sei die klägerische Einlassung, man habe sich besonders nach dem Tod der Schwiegermutter noch sehr oft, vielleicht vier bis fünf Tage in der Woche, gesehen, nicht überzeugend. Die rechtswidrige Einbürgerung des Klägers habe auch im Sinne des § 35 Abs. 1, 2. HS. StAG auf schuldhaft fehlerhaften (unrichtigen und unvollständigen) Angaben des Klägers zu dem - für diesen aufgrund der beklagtenseitig verlangten Erklärung vom 8. September 2009 erkennbar - entscheidungserheblichen Umstand des Umzugs in eine andere Wohnung beruht. Ein Ausschluss der Rücknahme nach § 35 Abs. 3 StAG (a.F.) greife nicht ein, da zwischen Einbürgerung und Rücknahme nicht mehr als fünf Jahre lägen. Die Ermessensentscheidung sei nicht zu beanstanden.

Gegen dieses der Klägerseite am 31. Mai 2016 zugestellte Urteil ist vom Kläger am 23. Juni 2016 ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt worden, der wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel Erfolg gehabt hat (vgl. Senatsbeschl. v. 9.8.2018 - 13 LA 137/16 -, V.n.b.).

Der Kläger hat am 13. September 2018 die vom Senat zugelassene Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil begründet. Er verweist auf seinen Vortrag im Klage- und Zulassungsverfahren, schließt sich den ernstlichen Zweifeln an, die der Senat im Zulassungsbeschluss gegen die Tragfähigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil gehegt hat, und betont zusammenfassend, seine eheliche Lebensgemeinschaft mit Frau C. habe bis Ende Oktober 2009 bestanden, so dass seine Einbürgerung nach § 9 Abs. 1 StAG am 14. September 2009 nicht rechtswidrig gewesen sei und daher nach § 35 Abs. 1 StAG nicht zurückgenommen werden könne. Der Umzug in das möblierte Zimmer im L. x. in A-Stadt bei Frau K. im Mai 2009 sei nur als vorübergehend gedachte Unterbrechung der häuslichen Gemeinschaft der Eheleute zu verstehen gewesen, nicht jedoch als Ende der ehelichen Lebensgemeinschaft. Diese Anmietung sei von den Eheleuten einvernehmlich entschieden und das Zimmer gemeinsam besichtigt worden. Die persönlichen und körperlichen Kontakte habe man danach fortgeführt. Seine restlichen ihm gehörenden Gegenstände habe er nicht bereits vor der Einbürgerung aus der Ehewohnung entfernt. Das möblierte Zimmer sei nur 12 m² groß gewesen, und er sei dort nur mit wenigen Dingen wie Anziehsachen und Unterlagen für seine Ausbildung (u.a. einem Computer) eingezogen. Weil noch keine „Trennung“ vorgelegen habe, komme es entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht auf eine „erfolgreiche Versöhnung“ an. Er, der Kläger, habe erst Ende Oktober 2009 die zunächst vorübergehende räumliche Trennung als endgültig angesehen, weil dann erst festgestanden habe, dass seine Ehefrau nicht von der Katzenhaltung in der Ehewohnung absehen werde, die ihm zuvor aufgrund einer Katzenallergie gesundheitliche Probleme bereitet habe und wieder bereiten würde. Darin liege keine Schutzbehauptung. Den Umständen, dass er sich Unterlagen seines Arbeitgebers an seine Untermietadresse habe schicken lassen und dass er nicht an der Beerdigung seiner Schwiegermutter teilgenommen habe, komme kein Aussagewert zu. Erst nachdem er am 1. September 2010 eine eigene komplette Wohnung im A-Straße in A-Stadt angemietet habe, habe er sich die restlichen Gegenstände aus der Ehewohnung geholt. Zum Beleg dafür, dass die Ehefrau auch in den Jahren 2010 und 2011 noch an der Liebesbeziehung zu ihm habe festhalten wollen, reicht er aus dieser Zeit stammende Nachrichten (SMS) an ihn, die von Frau C. verschickt worden sein sollen und sich noch auf seinem Mobiltelefon befänden, in Abschrift zur Gerichtsakte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 10. Kammer - vom 11. Mai 2016 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil sowie ihren Bescheid und wiederholt ihre Einschätzung, die Ehe des Klägers mit C. sei im Zeitpunkt der Einbürgerung am 14. September 2009 - von ihr, der Beklagten, unerkannt - bereits gescheitert gewesen, so dass die als Regel-Einbürgerung behandelte Einbürgerung des Klägers infolge eines atypischen Sachverhalts rechtswidrig (ermessenfehlerbehaftet) gewesen sei und habe zurückgenommen werden dürfen. Die Ehepartner seien zu diesem Zeitpunkt schon getrennt gewesen, weil die Ehe bereits gescheitert gewesen sei, als der Kläger im Mai 2009 das Zimmer im L. x. bezogen habe, auch wenn die Ehefrau sich insoweit nicht widerspruchsfrei geäußert habe. Denn schon durch die Bitte seiner Ehefrau, ein eigenes Zimmer zu beziehen, der der Kläger nachgekommen sei, habe sich diese gegen ihn (bzw. gegen die eheliche Lebensgemeinschaft mit ihm) und für die Katzen entschieden. Ob die Ehefrau damals Katzenhaare für den Allergietest desinfiziert habe, um im vermeintlichen Interesse einer Fortsetzbarkeit der ehelichen Lebensgemeinschaft die ärztliche Feststellung einer Allergie gerade gegen Haare der von ihr gehaltenen Katzen zu verhindern, sei unaufklärbar. Nicht erwiesen sei die klägerische Behauptung, der Auszug sei nur auf vorübergehende Zeit ausgelegt gewesen. Dass der Kläger insoweit nur ein kleines möbliertes Zimmer untergemietet habe, könne auch auf dessen damaligen begrenzten finanziellen Spielraum zurückgegangen sein, da er noch seine Ausbildung absolviert habe und finanziell von seiner Ehefrau abhängig gewesen sei. Inhalt und Vollständigkeit der vom Kläger eingereichten Abschriften der ihm gewogenen SMS der Ehefrau könnten nur durch Vernehmung der Frau C. authentifiziert und verifiziert werden. Die Indizien des Verschweigens der getrennten Wohnungen gegenüber der Einbürgerungsbehörde sowie des akzeptierten Strafbefehls wegen einer erschlichenen Einbürgerung (§ 42 StAG) stützten die Annahme, dass die Ehe schon mit Auszug des Klägers aus der Ehewohnung und damit jedenfalls bereits zum Zeitpunkt der Einbürgerung gescheitert gewesen sei. Von einer erfolgreichen Versöhnung während des Getrenntlebens (durch Aussprache über einen wohl unzutreffenden Fremdgehensvorwurf an die Ehefrau, durch erneuten sexuellen Kontakt und durch die Versicherung der Ehefrau, in der ehelichen Wohnung künftig keine Katzen mehr zu halten) könne nicht ausgegangen werden, weil eine derartige Versöhnung grundsätzlich die Wiederaufnahme der häuslichen Gemeinschaft erfordert hätte, die nicht erfolgt sei. Zwar wäre eine Aufhebung des Getrenntlebens auch denkbar gewesen, wenn beide ihre selbständigen Haushalte behalten hätten. Dafür hätten die Ehepartner jedoch einen Willen zur Fortführung der Ehe gehabt haben müssen, wofür keine Anhaltspunkte ersichtlich seien. Der genaue Zeitpunkt der Entfernung der restlichen Gegenstände des Klägers aus der Ehewohnung sei noch nicht geklärt. Es komme jedoch ohnehin nicht darauf an, wann der Kläger alle Sachen entfernt habe, da er diese sowieso nicht vollständig in dem nur 12 m² großen untergemieteten Zimmer habe unterbringen können.

Im vorbereitenden Berufungsverfahren hat sich die betagte ehemalige Untervermieterin des Klägers, Frau K., mit Billigung der Beteiligten und des Senats mehrfach schriftlich zur Gerichtsakte geäußert. In der mündlichen Berufungsverhandlung am 17. Dezember 2019 hat der Senat den Kläger persönlich informatorisch angehört und die geschiedene Ehefrau des Klägers, Frau C. gesch. A., als Zeugin vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten sowie des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Beiakten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem Senat gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 11. Mai 2016 hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Urteil dessen Klage gegen den Rücknahmebescheid der Beklagten vom 26. April 2013 abgewiesen. Dieser Bescheid ist aufzuheben, weil er insgesamt rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Auf § 35 Abs. 1 StAG kann die mit ihm hauptsächlich verfügte Rücknahme der als Regeleinbürgerung des Ehegatten einer Deutschen gemäß § 9 Abs. 1 StAG behandelten Einbürgerung des Klägers vom 14. September 2009 nicht gestützt werden.

Nach dieser Norm kann eine rechtswidrige Einbürgerung oder eine rechtswidrige Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit nur zurückgenommen werden, wenn der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung (1. Alt., Var. 1 bis 3) oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für seinen Erlass gewesen sind (2. Alt.), erwirkt worden ist. In Betracht kommt im vorliegenden Fall nach Lage der Dinge nur eine rechtswidrige Einbürgerung (a)), die durch eine vorsätzliche Handlung des Klägers nach der 2. Alternative erwirkt wurde (b)). Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt.

a) Zum einen ist die Einbürgerung des Klägers vom 14. September 2009 bereits nicht rechtswidrig gewesen (objektive Voraussetzung).

Wie der Senat bereits auf Seiten 2 f. seines Zulassungsbeschlusses vom 9. August 2018 - 13 LA 137/16 -, V.n.b., ausgeführt hat, ist eine (materielle) Rechtswidrigkeit dieser Einbürgerung - in Gestalt eines Ermessensfehlers (Ermessensunterschreitung, -ausfall, -nichtgebrauch) im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO, § 40 VwVfG, § 1 Abs. 1 NVwVfG nämlich nur dann anzunehmen, wenn im Zeitpunkt ihrer Vornahme die Ehe zwischen dem Kläger und seiner damaligen deutschen Ehefrau C. gesch. A. gescheitert war und damit ein atypischer Fall im Sinne der Sollvorschrift des § 9 Abs. 1 StAG vorlag, welcher zu einem der Beklagten unerkannt gebliebenen und daher von ihr nicht betätigten Ermessen geführt hat, den Kläger unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls dennoch einzubürgern oder aber dessen Einbürgerung abzulehnen (vgl. zu diesem Zusammenhang BVerwG, Urt. v. 9.9.2003 - BVerwG 1 C 6.03 -, BVerwGE 119, 17, juris Rn. 19, und v. 16.5.1983 - BVerwG 1 C 28.81 -, juris Rn. 33).

Der Senat hat jedoch aufgrund der mündlichen Berufungsverhandlung vom 17. Dezember 2019 und unter Berücksichtigung aller vorliegenden sonstigen Erkenntnisse und Unterlagen nicht die notwendige Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 VwGO) davon gewinnen können, dass ein Scheitern der Ehe im Sinne des § 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB (Nichtbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft (aa)) und Nichterwartung ihrer Wiederherstellung (bb)) vorgelegen hat, als der Kläger eingebürgert wurde. Die Nichterweislichkeit einzelner Tatsachen, die zur Ausfüllung dieser Merkmale erforderlich sind, geht zu Lasten der Beklagten. Denn sie trägt als Behörde, die sich auf einen für sie günstigen Ausnahmefall zu der regelhaft vorgesehenen gebundenen Einbürgerung von Ehegatten Deutscher aufgrund des § 9 Abs. 1 StAG beruft, nach der sog. Normentheorie die objektive bzw. materielle Beweislast dafür, dass die tatsächlichen Voraussetzungen eines derartigen Ausnahmefalls erfüllt sind.

aa) Bereits eine Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Zeitpunkt der Einbürgerung am 14. September 2009 hat sich nicht zweifelsfrei erwiesen.

(1) Der Scheidungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - A-Stadt vom 27. Oktober 2011 - P. - (Bl. 108 ff. der BA 001) enthält keine Angabe eines konkreten Trennungszeitpunkts, der grundsätzlich als Orientierung dienen könnte (vgl. hierzu und zu den Konsequenzen abweichender Angaben nach dem Scheidungsverfahren OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 20.6.2013, juris Rn. 10). Dort wird nur erwähnt, die Ehegatten hätten übereinstimmend und glaubhaft dargelegt, dass sie seit mindestens einem Jahr getrennt lebten. Dem Sitzungsprotokoll des Scheidungstermins vom 27. Oktober 2011 (Bl. 105 ff. der BA 001) ist eine konkretere zeitliche Angabe nicht zu entnehmen. Bei einer „Rückrechnung“ ab dem Scheidungstermin ergäbe sich mithin hieraus allenfalls als (spätester) Trennungszeitpunkt der 26. Oktober 2010.

(2) Der Senat hat im Zulassungsbeschluss vom 9. August 2018 (a.a.O., S. 4 bis 8 des Beschlussabdrucks) eingehend dargelegt, weshalb sich aus den bis zu diesem Zeitpunkt zu den Akten gelangten Erkenntnissen und Unterlagen erhebliche Bedenken gegen die Annahme der Beklagten und des Verwaltungsgerichts im Tatsächlichen ergeben, die eheliche Lebensgemeinschaft sei durch die räumliche Trennung der Ehegatten ab Mai 2009 nicht nur gelockert, sondern vollständig aufgehoben worden. Er hat insbesondere die häusliche Gemeinschaft nicht als notwendiges Element einer ehelichen Lebensgemeinschaft angesehen, die Anmietung des möblierten Zimmers bei der Untervermieterin Frau K. als einvernehmlich entschieden und gemeinsam organisiert bewertet und die Motivation zum Umzug des Klägers in ein gesondertes Zimmer auch infolge einer ausgeprägten Katzenallergie und gesundheitlicher Folgen in einer belastenden Prüfungsvorbereitungsphase nicht als Schutzbehauptung zurückgewiesen. Ferner hat er einer Entfernung der restlichen Gegenstände des Klägers aus der Ehewohnung zwar Indizwirkung für die Annahme der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft und zugleich eines endgültig fehlenden Wiederherstellungswillens beigemessen, jedoch den genauen Zeitpunkt einer solchen Entfernung durch den Kläger nicht für geklärt erachtet. Schließlich hat er sich dagegen gewandt, für ein Fortbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft im vorliegenden individuellen Fall über den hier mit unbekannter Frequenz praktizierten körperlichen Kontakt des Klägers und seiner Ehefrau, einen regelmäßigen Besuchskontakt sowie den Beistand nach den Toden der Schwiegermutter und einer Katze im Sommer 2009 hinausgehend noch die „Erörterung gemeinsamer Probleme“ oder einen weiteren Ausdruck von „Versöhnungsbereitschaft“ des Klägers in Gestalt einer Teilnahme an der Beerdigung der Schwiegermutter zu fordern. Der Akzeptanz des Strafbefehls vom 25. Januar 2012 sowie dem Verschweigen der räumlichen Trennung der Eheleute ab Mai 2009 durch den Kläger hat der Senat vor diesem Hintergrund keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die Ausführungen und Nachweise im Zulassungsbeschluss Bezug genommen werden.

(3) Die zwischen der Zulassung der Berufung und der mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2019 zur Gerichtsakte gereichten bzw. hierzu eingeholten Unterlagen haben die unter (2) geschilderten Bedenken nicht ausräumen können. Im Gegenteil stützen diese Unterlagen eher die Annahme, ungeachtet der häuslichen Trennung im Mai 2009 sei ein nennenswerter Rest an ehelicher Gemeinschaft verblieben. Insbesondere der eigeninitiativ eingesandte Brief der ehemaligen Untervermieterin Frau K. vom 5. September 2019 (Bl. 158 ff. der GA) sowie deren Antwort vom 18. Oktober 2019 (Bl. 169 der GA) auf die durch gerichtliche Verfügung vom 15. Oktober 2019 (Bl. 168 der GA) gestellte Frage nach den vom Kläger bei Einzug in das nur 12 m² große, vollmöblierte Zimmer im L. x. in A-Stadt mitgeführten Sachen („nur mit wenigen Anziehsachen und einem Computer dort eingezogen“, a.a.O.) sprechen tendenziell für die Richtigkeit der vom Kläger vorgetragenen Version, es habe eine einvernehmliche Entscheidung der Eheleute gegeben, vorübergehend eine häusliche Trennung durchzuführen, jedoch weiterhin im Kontakt-, Beistands- und Besuchsverhältnis zu bleiben, und erst später (ab Ende Oktober 2009) habe sich daran Nennenswertes geändert. Die zur Akte gereichten Abschriften der Kurznachrichten („Liebes-SMS“), die die Ehefrau des Klägers im Zeitraum von April 2010 bis Juli 2011 an den Kläger gerichtet haben soll (Bl. 141 f. der GA), weisen zumindest einen bis Juli 2011 bestanden habenden Zuneigungswillen der Ehefrau gegenüber dem Kläger aus und lassen den Schluss, schon am 14. September 2009 habe eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestanden, in keiner Weise zu.

(4) Schließlich hat auch die mündliche Berufungsverhandlung vom 17. Dezember 2019 nach Ablauf und Inhalt dem Senat nicht die Überzeugung vermitteln können, die eheliche Lebensgemeinschaft sei am 14. September 2009 bereits aufgehoben gewesen.

(a) Der Kläger hat im Rahmen seiner informatorischen Befragung nachvollziehbar, widerspruchsfrei und damit nicht per se unglaubhaft geschildert und auf Nachfrage im Einzelnen angegeben, dass es sich in der Zeit von Mai 2009 bis Ende Oktober 2009 um eine auf Initiative seiner damals noch lebenden Schwägerin (der Schwester Q. der Ehefrau) sowie der Ehefrau gestaltete, letztlich einvernehmlich geplante vorübergehende räumliche Trennung gehandelt habe, die ihren Ursprung in Auseinandersetzungen, aber auch in gesundheitlichen Problemen infolge einer allmählich entwickelten und in Phasen längerer täglicher Aufenthaltszeiten in der Ehewohnung sich verstärkt habenden Katzenallergie sowie in der Belastungssituation wegen einer anstehenden Prüfung im Rahmen seiner Ausbildung gefunden habe. Während dieses Zeitraums habe es aber weiterhin regelmäßige Begegnungen der Eheleute, Besuche und Aufenthalte in der Ehewohnung sowie gemeinsame Verrichtungen gegeben; auch die sexuelle Beziehung sei weitergeführt worden. Erst Ende Oktober 2009 sei es für ihn zunächst „aus“ gewesen, was jedoch wiederum durch spätere Versöhnungstendenzen für einen Übergangszeitraum bis Frühjahr 2010 wieder infrage gestellt worden sei; dann habe sich herausgestellt, „dass es so nicht funktioniere“, womit die endgültige Trennung gemeint war. Dies alles zugrunde gelegt, verbliebe am 14. September 2009 eine räumliche Trennung der Ehegatten, die jedoch nicht dem Ende der ehelichen Lebensgemeinschaft gleichgekommen wäre. Der Senat muss nicht abschließend dazu Stellung nehmen, ob er von der Richtigkeit der zur Stützung dieses Ergebnisses im Einzelnen gemachten Angaben des Klägers im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO vollends überzeugt ist.

(b) Denn jedenfalls eine gegenteilige Annahme lässt sich auf der Basis der Zeugenaussagen der ehemaligen Ehefrau des Klägers C. in der Berufungsverhandlung vom 17. Dezember 2019 nicht zur Überzeugung des Senats gewinnen.

Allgemein zeigte die Zeugin, die sich nach Belehrung ungeachtet ihres Zeugnisverweigerungsrechts als geschiedene Ehefrau nach § 98 VwGO in Verbindung mit § 383 Abs. 1 Nr. 2 a.E. ZPO zu einer Aussage zur Sache bereiterklärt hatte, nach dem beim Senat hinterlassenen persönlichen Eindruck einen erheblichen Belastungseifer. Deutlich war ihr die fortwirkende Enttäuschung über das Ende der Beziehung zum Kläger anzumerken. Wiederholt betonte sie ein angebliches „Nutznießertum“ des Klägers während ihrer Beziehung, obwohl danach nicht gefragt worden war. Ferner räumte sie ein, dass ihre Erinnerung an die Ehezeit „weitgehend verschwunden“ sei und sie „nur noch schwierige Eckpunkte“ erinnere. Auffällig häufig machte sie die dezidierte, zu dem Vorbringen des Klägers diametral entgegengesetzte Aussage, aus ihrer Sicht sei die eheliche Lebensgemeinschaft schon mit dem Auszug des Klägers im Mai 2009 - und zwar endgültig - beendet gewesen; wobei sie damit aber erkennbar keinen eigenen Trennungswillen meinte (das Vorliegen eines solchen kann angesichts der „Liebes-SMS“ (Bl. 141 f. der GA), die sie bis in das Jahr 2011 hinein an den Kläger versandte, was sie auf Nachfrage des Senats nicht geleugnet hat, nicht überzeugend behauptet werden; dies hat bereits das Verwaltungsgericht so gesehen), sondern vielmehr einen solchen einseitig gebildeten Willen des Klägers anhand dessen damaligen Verhaltens zu begründen versuchte. Diese Generalaussage ist jedoch nach Würdigung durch den Senat deshalb nicht glaubhaft, weil sich die Zeugin zu den diese Bewertung begründenden Indizien im Einzelnen mit auf Nachfrage gegebenen Antworten gegen eigene frühere Aussagen bei der Polizeiinspektion A-Stadt-Süd am 14. Dezember 2011 (vgl. Bl. 34 ff. der BA 002) stellte (vgl. unten (aa)) - ohne dies zu bemerken und diese Widersprüche durch hinzugefügte Erklärungen aufzulösen - oder sich nicht an Einzelheiten erinnern konnte, die jedoch ausschlaggebend für eine im Vergleich zu den bisherigen Erkenntnissen gegenteilige Annahme wären (vgl. unten (bb)).

(aa) Unaufgelöste Widersprüche im Aussageverhalten der Zeugin sind insbesondere hinsichtlich der zentralen Frage aufgetreten, ob dem Auszug des Klägers im Mai 2009 eine von diesem einseitig gebildete und nach außen kommunizierte Absicht zu einer (sogar endgültigen) Trennung im familienrechtlichen Sinne einer Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft („Getrenntleben“, vgl. §§ 1565 Abs. 2, Abs. 1 Satz 2, 1566, 1567 BGB) zugrunde lag oder dieser Auszug - damals - als bloße einvernehmlich entschiedene, vorübergehende räumliche Trennung im Sinne einer Unterbrechung der häuslichen Gemeinschaft der Eheleute A. zu deuten ist.

Bei der Polizei in A-Stadt hat die Zeugin am 14. Dezember 2011 - mit zeitlicher Nähe zum betreffenden Geschehen - den Eindruck vermittelt, der Umzug des Klägers in das möblierte Zimmer im L. x., welches sie unstreitig mit ihm zusammen besichtigt hat, sei gemeinsam als vorübergehende räumliche Trennung geplant worden (vgl. Bl. 38 der BA 002: „vorübergehend“ und Bl. 39 der BA 002: „quasi mit meinem Einverständnis, jedoch […] nur zeitlich begrenzt“), und auch danach habe es im Wege einer „beiderseitigen Verfahrensweise“ (Bl. 39 der BA 002) regelmäßige Besuche des Klägers bei ihr auch unter Fortführung der sexuellen Beziehung in der Ehewohnung gegeben (Bl. 38 der BA 002), welcher der Senat bereits im Zulassungsbeschluss vom 9. August 2018 (a.a.O., S. 7 f. des Beschlussabdrucks) wegen der Umstände des Einzelfalls prägenden Charakter zugemessen hat.

In ihrer Zeugenvernehmung vor dem Senat am 17. Dezember 2019 hingegen gab sie ohne nähere Erläuterung und ohne Erinnerung an ihre diesbezüglichen früheren, bei der Polizei getätigten Aussagen an, die Ehe sei bereits mit dem Auszug des Klägers im Mai 2009 „gescheitert“, die „räumliche Trennung [sei] endgültig“ gewesen, und es habe danach nur noch „unregelmäßige“ Begegnungen mit dem Kläger in der Ehewohnung „in Einzelfällen“ und „nur noch einmal“ sexuellen Kontakt zwischen ihnen gegeben. Das vermag den Senat nicht zu überzeugen.

(bb) Auch im Übrigen kann der Zeugenaussage vom 17. Dezember 2019 mangels ausreichend erinnerter Einzelheiten kein Anhaltspunkt entnommen werden, der die Schilderung des Klägers zu den Motivationen und zeitlichen Abläufen nachhaltig erschüttert.

(aaa) Das gilt insbesondere für die Angaben des Klägers, der Auszug in das möblierte Zimmer im Mai 2009 sei auch auf gesundheitliche Probleme infolge einer - ärztlich attestierten (vgl. Zulassungsbeschl. v. 9.8.2018, a.a.O., S. 6 des Beschlussabdrucks) - Katzenallergie zurückgegangen. Dass der früheren Ehefrau des Klägers nach ihrer Erinnerung, wie in ihrer Vernehmung vor dem Senat angegeben, „in den ersten Jahren“ ihres Zusammenlebens mit dem Kläger „von einer Katzenallergie nichts bekannt geworden“ sein soll, steht dazu nicht im Widerspruch. Denn der Kläger hat in seiner informatorischen Anhörung vor dem Senat - umfassender als bisher schildernd - nachvollziehbar ausgeführt, er habe zunächst „lange Zeit nur geringe Allergiebeschwerden gehabt“, diese allenfalls am Wochenende (das heißt bei längerer Aufenthaltszeit in der Ehewohnung) bemerkt und die starke Allergie erst im Laufe der Zeit in einem „schleichenden Prozess“ entwickelt, vor allem nach häufigerer und längerer Anwesenheit tagsüber in der Ehewohnung seit Beginn seiner damaligen Arbeitslosigkeit. Das ist mit den Angaben der Zeugin vereinbar.

(bbb) Dass der Kläger alle seine restlichen Gegenstände schon zu einem vor der Einbürgerung am 14. September 2009 liegenden Zeitpunkt aus der Ehewohnung entfernt und damit seinen Willen zur (endgültigen) Aufgabe der ehelichen Lebensgemeinschaft dokumentiert hätte (vgl. Zulassungsbeschl. v. 9.8.2018, a.a.O., S. 7 des Beschlussabdrucks), konnte auch im Rahmen der Zeugenvernehmung vor dem Senat nicht geklärt werden. Die Zeugin hat vielmehr hierzu auf Nachfrage nur angeben können, sie wisse dies nicht mehr.

In der Gesamtwürdigung hinterließ die Zeugin beim Senat damit einen weithin unglaubwürdigen Eindruck, war weder zeitlich noch sachlich zureichend zu dem betreffenden Geschehen orientiert oder konnte zu den entscheidenden Punkten nichts Verlässliches erinnern, zeigte jedoch einen nicht nachvollziehbaren Belastungseifer. Diese Umstände schließen es nach Ansicht des Senats aus, die gegenüber dem unter (1) bis (3) zusammengefassten Sachstand gegenteilige Überzeugung zu gewinnen, die Eheleute A. hätten schon am 14. September 2009 eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr geführt.

bb) Selbst wenn man unabhängig von der Zeugenaussage der geschiedenen Ehefrau jedoch auf der Basis der verfügbaren Erkenntnisse davon ausginge, die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau sei in der Zeit ab Mai 2009 allein durch die häusliche Trennung objektiv im Sinne eines echten Getrenntlebens „unterbrochen“ gewesen, so vermochte der Senat gleichwohl nicht die Überzeugung davon zu gewinnen, dass im Zeitraum bis zur Einbürgerung am 14. September 2009 die Erwartung einer Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft ausgeschlossen gewesen ist, wie dies für ein „Scheitern der Ehe“ gemäß § 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB aber zusätzlich erforderlich wäre, weil wegen des dann unterstellten nur kurzen Getrenntlebens seit Mai 2009 im September 2009 die unwiderleglichen Vermutungen für ein Scheitern der Ehe aus § 1566 Abs. 1 (nach einem Jahr) oder Abs. 2 (nach drei Jahren) BGB noch nicht eingetreten sein konnten. Die geforderte negative Prognose ließ sich damals nicht stellen. Denn die Entwicklung der Beziehung zwischen den Eheleuten war dann noch derart „im Fluss“ bzw. „in der Schwebe“, dass in diesem Zeitraum noch nicht vom Ausschluss einer Versöhnungsmöglichkeit ausgegangen werden konnte. Dass mindestens einer der beiden Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft absehbar nicht mehr habe wiederherstellen wollen, lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen.

(1) Auf Seiten der Ehefrau hat es jedenfalls bis in das Jahr 2011 hinein keinen endgültigen Trennungswillen gegeben; hiervon ist auch das Verwaltungsgericht auf Seite 8 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgegangen. Das belegen schon deren bis zum 13. Juli 2011 dokumentierte „Liebes-SMS“, die sie an den Kläger auch nach der Einbürgerung gerichtet hat und die eine weiterhin vorhanden gewesene starke Zuneigung gegenüber dem Kläger ausdrücken, wenngleich diese Kurznachrichten spätestens ab dem 12. Mai 2011 das deutlich resignativ anmutende Bedauern der Zeugin darüber zum Ausdruck bringen, dass der Kläger ihr nicht mehr zugetan sei (vgl. Bl. 141 f. der GA). Vor diesem Hintergrund teilt der Senat die Auffassung der Beklagten, die Ehefrau habe die eheliche Lebensgemeinschaft bereits sehr früh nach außen dokumentiert endgültig nicht fortführen wollen, weil diese sich schon im Mai 2009 gegen den Kläger und für ihre Katzen entschieden habe, indem sie den Kläger - wie von diesem bestätigt - gebeten habe, in das möblierte Zimmer zu ziehen, ausdrücklich nicht.

(2) Ein endgültiger Trennungswille des Klägers bereits am 14. September 2009 hat sich auch bei Zugrundelegung einer objektiven Unterbrechung der ehelichen Lebensgemeinschaft seit Mai 2009 nicht erwiesen.

Dass der Umzug in das vollmöblierte, nur 12 m² große Zimmer, in welches der Kläger nur wenige Anziehsachen und einen Computer mitgenommen hat, aus seiner Sicht selbst bei einer Qualifizierung der damit verbundenen häuslichen Trennung als echtes Getrenntleben nicht nur vorübergehend gewesen wäre, ließ sich nicht zweifelsfrei feststellen (vgl. oben aa)(4)). Die im zweitinstanzlichen Verfahren geäußerten Annahmen der Beklagten zu einem finanziellen Zwang des Klägers, aus der Ehewohnung „nur“ in eine solche Unterkunft ohne seine in der Ehewohnung verbliebenen restlichen Sachen umzuziehen gekonnt zu haben, sind spekulativ.

Dass der Kläger seine restlichen Sachen - entgegen seiner Darstellung - vor der Einbürgerung am 14. September 2009 aus der Ehewohnung entfernt und damit einen endgültigen Trennungswillen zu einem relevanten früheren Zeitpunkt manifestiert hätte, hat sich ebenfalls nicht erwiesen (vgl. oben aa)(4)(b)(bb)(bbb)). Soweit die Beklagte demgegenüber mutmaßt, in dem nur 12 m² großen Zimmer hätte der Kläger ohnehin nicht alle restlichen Gegenstände unterbringen können, trifft dies zwar zu, jedoch wäre nach Einschätzung des Senats zu erwarten gewesen, dass der Kläger diese persönlichen Gegenstände bei einem echten endgültigen Trennungswillen im Mai 2009 oder zeitnah danach aus der Ehewohnung herausholt und anderweitig unterbringt (z.B. im Wege einer Einlagerung); dies ist jedoch damals nicht geschehen.

Schließlich spricht ein weiterer vom Kläger in seiner informatorischen Anhörung vor dem Senat betonter, aktenkundiger Umstand deutlich dagegen, eine bereits vor dem 14. September 2009 eingetretene, seitens des Klägers beabsichtigte „Endgültigkeit“ eines unterstellten Getrenntlebenszustandes zwischen den Eheleuten A. anzunehmen. Der Kläger hat angegeben, nach dem Zerwürfnis wegen der erneuten Katzenanschaffung Ende Oktober 2009 und sodann erfolgter Versöhnung noch im November 2009 zusammen mit seiner Ehefrau einen (erst im Mai 2010 aufgrund eines erneuten, diesmal aber endgültigen Zerwürfnisses rückgängig gemachten) Wechsel der Lohnsteuerklassen ab dem 1. Januar 2010 beantragt zu haben, die zwischenzeitlich zu einer Verminderung der monatlichen finanziellen Belastung beider Eheleute geführt habe, und zwar dahin, dass seine Ehefrau (mit ihrem höheren Einkommen) die Lohnsteuerklasse 3 übernommen habe und er selbst die (auf wesentlich stärkere Abzüge hinauslaufende) Lohnsteuerklasse 5. Dieser Vorgang vom 30. November 2009 kann anhand der Bescheinigung des Bürgeramts R. der Beklagten vom 3. Mai 2012 auf Bl. 114 der BA 001 nachvollzogen werden. Der betreffende Antrag lässt sich nur auf der Basis eines optimierten gemeinsamen Wirtschaftens der Eheleute verstehen und steht damit der Annahme eines Fehlens jeglichen Versöhnungswillens in dieser Phase oder davor - zumal auf Seiten des durch diese Steuerklassenwahl bei monatlicher Betrachtung deutlich benachteiligten Klägers - entgegen.

Vor diesem Hintergrund sieht der Senat in der Gesamtschau eine Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft in der Zeit bis zur Einbürgerung am 14. September 2009 nicht als erwiesen an. Dieses non liquet wirkt sich - wie ausgeführt - zu Lasten der Beklagten aus.

b) Zum anderen scheidet nach alledem das zusätzlich von § 35 Abs. 1, 2. Alt. StAG vorausgesetzte subjektive Element aus. Vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben zum Bestand oder zur Erwartung einer Wiederherstellung seiner ehelichen Lebensgemeinschaft mit C. gesch. A., die für die Einbürgerung wesentlich (rechtserheblich) gewesen sind, hat der Kläger angesichts der oben zu a) getroffenen Feststellungen nicht zweifelsfrei gemacht.

Insbesondere war seine Erklärung vom 8. September 2009 (Bl. 79 der BA 001) nicht unrichtig, mit der Ehefrau unverändert „zusammenzuleben“, da ungeachtet der häuslichen Trennung in dieser Phase von einem Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft auszugehen war und damit eine „Trennung“ im familienrechtlichen Sinne (Getrenntleben) schon nicht vorlag (vgl. oben a)aa)). Selbst wenn sie unrichtig gewesen sein sollte, weil eine solche Trennung - unterstellt - doch gegeben war (vgl. oben a)bb)), bezog sich diese Unrichtigkeit nicht - wie aber von § 35 Abs. 1, 2. Alt. StAG verlangt - auf für die Einbürgerung wesentliche Umstände, weil die Trennung allein an einer gebundenen Einbürgerungsentscheidung nach § 9 Abs. 1 StAG nichts geändert hätte, da die Ehe mangels Nichterwartens einer Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft in dieser Phase noch nicht gescheitert war, worauf es aber nach dem oben Ausgeführten angekommen wäre.

Ohne Erfolg bleibt vor diesem Hintergrund auch die Argumentation der Beklagten, der Kläger habe ihr die räumliche Trennung ab Mai 2009 verschwiegen, sich an die neue Adresse jedoch unter anderem Unterlagen seines Arbeitgebers (sowie der Bundesagentur für Arbeit) schicken lassen. Der Nichtangabe der Adresse des möblierten Zimmers kommt dann gerade kein einbürgerungserheblicher Aussagewert zu, wenn wie hier die eheliche Lebensgemeinschaft durch die bloße räumliche Trennung nicht aufgehoben wurde oder jedenfalls ein Nichterwarten ihrer Wiederherstellung, das heißt die Endgültigkeit der Trennung, noch nicht festgestellt werden konnte.

Die rechtswidrige und rechtsverletzende Rücknahme der Einbürgerung war nach alledem gerichtlich aufzuheben.

2. Die Herausgabe der Einbürgerungsurkunde konnte vor dem Hintergrund, dass der Kläger angesichts der Ausführungen zu 1. seine deutsche Staatsangehörigkeit behält und die Urkunde damit nicht unrichtig geworden ist, nach § 52 Satz 1 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 NVwVfG ebenfalls nicht rechtmäßig verfügt werden. Dieser den Kläger in seinen Rechten verletzende Nebenverwaltungsakt aus dem Bescheid der Beklagten vom 26. April 2013 unterliegt nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ebenfalls der Aufhebung.

3. Das gleiche gilt für die dem Rücknahmebescheid beigegebenen Kostenentscheidungen. Ist die Rücknahme der Einbürgerung (als „Amtshandlung“ im Sinne des Verwaltungskostenrechts) rechtswidrig, durften dem Kläger für den Erlass dieses Verwaltungsakts unter Verweis auf § 38 Abs. 1 StAG in Verbindung mit §§ 9, 11, 13, 14, 15 Abs. 2 VwKostG a.F., §§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 3a Nr. 1 StAGebV dem Grunde nach Verfahrenskosten nicht auferlegt werden und diese auch nicht in Höhe von 127 EUR festgesetzt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.