Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.12.2019, Az.: 13 LC 23/18

Aufstallung; Auslauf; Beschränkung; Ei; Freilandei; Freilandhaltung; Legehennen; Verbraucher; Vermarktung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.12.2019
Aktenzeichen
13 LC 23/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 70035
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 05.12.2017 - AZ: 7 A 1821/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die 12-Wochenfrist des Anhangs II Nr. 1 Buchst. a) Satz 3 der VO (EG) Nr. 589/2008 ist eine Höchstfrist und bezieht sich auf die Legeperiode einer Herde bzw. Gruppe von Hennen. Während dieser Legeperiode beginnt sie nicht mit jeder Beschränkung des Auslaufs erneut von Beginn an zu laufen.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 7. Kammer - vom 5. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger betreibt im Landkreis E. einen Betrieb zur Haltung von Legehennen. Seit Ende 2016 wurden in Niedersachsen mehrere Fälle bekannt, in denen bei Nutzgeflügel und Wildvögeln der „Vogelgrippe-Virus“ (u.a. H5N8) festgestellt wurde.

Aufgrund einer Allgemeinverfügung des Zweckverbandes Veterinäramt F. vom 16. November 2016 galt im gesamten Verbandsgebiet (Landkreise G., H., E., Stadt I.) ein Aufstallungsgebot für Geflügel jeglicher Art.

Der Kläger hielt seine Legehennen dementsprechend seitdem im Stall.

Mit Bescheid vom 7. Februar 2017 verfügte der Beklagte, dass der Kläger ab dem 8. Februar 2017 nur noch einen Eiererzeugercode verwenden dürfe, der dem Haltungssystem der „Bodenhaltung“ entspreche, und teilte mit, dass die Registrierung im Legehennenbetriebsregister bezüglich des verwendeten Haltungssystems von „Freilandhaltung“ in „Bodenhaltung“ geändert werde. Zur Begründung führte er aus, die 12-Wochen-Frist gemäß der Verordnung über die Vermarktung von Eiern (Anhang II Nr. 1 Buchst. a) Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008), die den Kläger berechtige, Eier im Fall eines Seuchengeschehens für längstens weitere 12 Wochen trotz Aufstallung als „Freilandeier“ vermarkten zu dürfen, sei seit dem 7. Februar 2017 ausgelaufen.

Mit Wirkung vom 16. Februar 2017 hob der Zweckverband Veterinäramt F. die mit Verfügung vom 16. November 2016 getroffene Stallpflicht aufgrund einer aktuellen Risikobewertung innerhalb seines Verbandsgebietes in Landkreisen mit einer Geflügeldichte von weniger als 1000 Stück Geflügel je km² auf, wovon u.a. der Landkreis E. betroffen war. Deshalb verfügte der Beklagte mit Bescheid vom 16. Februar 2017, dass der Kläger wieder den Erzeugercode verwenden könne, der einer Freilandhaltung entspreche. Im Übrigen blieben die kreisweit verfügten Aufstallungspflichten bestehen. Auch in Gebieten mit weniger als 1000 Stück Geflügel je km² galt die Aufstallungspflicht weiter, sofern es sich um avifaunistisch wertvolle Gebiete handelte.

Die vom Kläger gehaltenen Hennen hatten seitdem Zugang zum Freien für 22 Tage. Durch Allgemeinverfügung des Zweckverbandes Veterinäramt F. vom 9. März 2017 trat aufgrund eines erneuten Geflügelpest-Falles im Landkreis E. für den klägerischen Betrieb ab dem 10. März 2017 abermals eine Stallpflicht in Kraft.

Daraufhin änderte der Beklagte mit Bescheid vom 14. März 2017 den Erzeugercode bezüglich des im Betrieb des Klägers verwendeten Haltungssystems erneut in „Bodenhaltung“ und forderte den Kläger auf, nur noch diesen Code zu verwenden. Zur Begründung führte er aus, für den Betrieb des Klägers sei die 12-Wochenfrist der Verordnungsregelung bereits ausgelaufen.

Hiergegen hat der Kläger am 20. März 2017 Klage erhoben.

Seit dem 12. April 2017 gilt die Geflügelpest im Landkreis E. als beendet. Infolgedessen wurde das registrierte Haltungssystem des Klägers am 18. April 2017 wieder auf „Freilandhaltung“ umgestellt und ein entsprechender Erzeugercode vergeben.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, trotz des Geflügelpestgeschehens sei er berechtigt gewesen, seine Eier weiter als „Eier aus Freilandhaltung“ zu vermarkten. Die 12-Wochenfrist des Anhangs II Nr. 1 Buchst. a) der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 sei nicht am 7. Februar 2017 endgültig ausgelaufen, sondern habe am 9. März 2017 mit der Anordnung der erneuten Stallpflicht neuerlich zu laufen begonnen. Der mehrmaligen Anwendung der 12-Wochenfrist im Kalenderjahr stehe nichts im Wege, da sie ereignisbezogen sei und bereits vom Wortlaut her an die konkrete veterinärrechtliche Aufstallungsanordnung anknüpfe. Bei einem neuen Infektionsgeschehen beginne sie erneut. Dies müsse auch gelten, wenn die Auslaufmöglichkeiten der Tiere zwischen zwei behördlichen Beschränkungen nur für eine kurze Zeit bestanden hätten. Etwas Anderes könne nur bei ganz kurzen Zeiträumen bzw. in missbräuchlichen Fällen gelten. Angesichts der 22-tägigen Aufhebung der Stallpflicht zwischen dem 16. Februar und dem 9. März 2017 sei der Zeitraum lange genug unterbrochen gewesen. Die Verordnungsregelung lasse offen, wie lange die Hennen Zugang zum Freien haben müssten, um als „Eier aus Freilandhaltung“ deklariert werden zu können. Nach der Ansicht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft - BMEL - genüge für den Neubeginn der 12-Wochenfrist das Wiederaufleben des Seuchengeschehens. Bei der Berechnung der 12-Wochenfrist sei nicht auf die Legeperiode eines konkreten Legehennenbestandes oder die Dauer eines Kalenderjahres abzustellen. Zwar könne eine mehrfache Beschränkung bzw. Stallpflicht innerhalb eines Kalenderjahres theoretisch dazu führen, dass Hennen nur an wenigen Tagen im Jahr Auslauf zum Freien hätten, dies sei jedoch überaus unwahrscheinlich, und zudem widerspreche es einem angemessenen Interessenausgleich, einem Legehennenhalter die 12-Wochenfrist nur einmal jährlich zuzugestehen. Der Wortlaut der Verordnungsregelung „in keinem Fall länger als 12 Wochen“ stehe dem Neubeginn der Frist nicht entgegen, da er nicht mit einer Verlängerung gleichzusetzen sei. Bei einem 22-tägigen Auslauf im Freien würden die von den Verbrauchern erwarteten Qualitätsstandards eingehalten und eine Irreführung liege nicht vor. Es fehle, anders als im Fall ökologischer Hennenhaltung, an einer festgelegten Mindestauslaufdauer. Außer auf eine konkrete amtliche Beschränkung könne allenfalls auf den Ablauf eines Seuchengeschehens abgestellt werden. In räumlicher Hinsicht seien die einzelnen Landkreise und die dort vorherrschenden Gegebenheiten maßgeblich. Der erneute Fund infizierter Tiere mit anschließender Stallpflicht ab dem 9. März 2017 habe nicht gezeigt, dass das Seuchengeschehen fortgedauert habe. Vielmehr sei die erste Stallpflicht vom 16. November 2016 auf eine Risikoeinschätzung ohne Geflügelpest-Fall im Zuständigkeitsbereich des Zweckverbandes Veterinäramt Jade/Weser bzw. des Landkreises E. zurückzuführen, wohingegen die erneute Stallpflicht am 9. März 2017 auf einem Geflügelpest-Fall in einem erstmals dann amtlich festgelegten Restriktionsgebiet beruht habe. Das ursprüngliche Geflügelpestgeschehen sei zu diesem Zeitpunkt beendet gewesen. Dies gelte nicht nur in räumlicher, sondern auch in zeitlicher Hinsicht, da nach der Geflügelpestverordnung davon regelmäßig nach 21 Tagen auszugehen sei und der letzte Fund eines infizierten Tieres am 9. Februar 2017 erfolgt sei. Auch wenn sich der angefochtene Bescheid zwischenzeitlich erledigt habe, bestehe eine konkrete Wiederholungsgefahr, so dass er, der Kläger, das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse habe.

Der Kläger hat sein ursprünglich auf Aufhebung des Bescheides vom 14. März 2017 gerichtetes Begehren geändert und nunmehr beantragt,

festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 14. März 2017 rechtswidrig war.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ein Seuchengeschehen könne mehrere Aufstallungsanordnungen nach sich ziehen. Würde man für die Berechnung der 12-Wochenfrist auf Risikoeinschätzungen und Neuausbrüche abstellen, hinge die Etikettierung als Bodenhaltungs- oder Freilandei von Zufälligkeiten ab. Würde jede neue Auslaufbeschränkung eine neue 12-Wochenfrist in Gang setzen, könnten die Legehennen unter Umständen während einer ca. einjährigen Legeperiode nur an wenigen Tagen Auslauf bekommen, ohne dass das Haltungssystem die Bezeichnung „Freilandhaltung“ verlieren würde. Damit würden die Verbraucher getäuscht. Das Abstellen auf eine bestimmte Tagesanzahl zwischen zwei Aufstallungsanordnungen sei willkürlich. Die Regelung zur 12-Wochenfrist befinde sich nicht im Tierseuchenrecht, sondern im Regelungsbereich der Vermarktungsnormen und sei auch nach deren Zielsetzung zu bewerten. Der Ausnahmecharakter der 12-Wochenregelung lege es nahe, keine zweite 12-Wochenfrist zuzulassen und auf eine Legeperiode oder ein Kalenderjahr abzustellen. Aus den Vorgängerverordnungen und den entsprechenden Erwägungsgründen ergebe sich, dass die (einmalige) 12-Wochenfrist einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Erzeuger- und Verbraucherinteressen darstelle. Eine Legeperiode betrage regelmäßig 52 Wochen, so dass bei einmal gewährter 12-Wochenfrist bereits ein Viertel der Auslaufzeit entfalle. Die höheren Preise der Freilandeier seien im Verbraucherinteresse nur dann gerechtfertigt, wenn ein ausreichend langer Auslauf gewährleistet sei. Die Erzeuger könnten sich gegen die bestehenden Risiken versichern. Der Wortlaut der Verordnung „in keinem Fall länger als…“ zeige, dass eine absolute Obergrenze gewollt sei. Selbst wenn man auf das „Tierseuchengeschehen“ abstelle, ergebe sich vorliegend nicht der Lauf einer neuen 12-Wochenfrist. Verschiedenen Risikoeinschätzungen sei zu entnehmen, dass das Tierseuchengeschehen der Geflügelpest 2016/2017 nicht zwischen dem 16. Februar und dem 9. März 2017 unterbrochen worden sei. Dieses einheitliche Tierseuchengeschehen sei als Bezugspunkt für eine Beschränkung im Sinne der Verordnung heranzuziehen. In räumlicher Hinsicht sei für die Frage des Fortbestehens eines Tierseuchengeschehens wegen der Übertragungsrisiken nicht allein auf den Landkreis E. abzustellen.

Mit Urteil vom 5. Dezember 2017 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die wegen Wiederholungsgefahr als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässige Klage sei unbegründet. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid sei Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 gewesen. Die Legehennenhaltung im Betrieb des Klägers habe seit dem 8. Februar 2017 nicht mehr die Voraussetzungen für eine Vermarktung der Eier als „Eier aus Freilandhaltung“ erfüllt, so dass eine entsprechende Vermarktung einen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften bedeutet hätte. Die 12-Wochenfrist des Anhangs II Nr. 1 Buchst. a) Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 sei bereits mit Ablauf des 7. Februar 2017 ausgenutzt gewesen. Entgegen der Auffassung des Klägers sei aufgrund der zwischenzeitlichen Aufhebung der Aufstallungsanordnung mit der behördlichen Neuanordnung einer Stallpflicht keine neue 12-Wochenfrist in Gang gesetzt worden. Wortlaut, Sinn und Zweck geböten es, für die Frage des Neubeginns der 12-Wochenfrist auf eine konkrete Legeperiode einer bestimmten Herde bzw. Gruppe von Hennen abzustellen. Es komme insoweit weder auf das Kalenderjahr noch auf die Frage an, ob einer erneuten Aufstallungsanordnung ein neues Seuchengeschehen zugrundeliege. Letzteres verbiete sich schon im Hinblick auf eine rechtssichere und rechtsklare Normanwendung. Auch bestünde die Gefahr, dass Eier bestimmter Hennen, die aufgrund mehrerer in kurzen Zeitabständen aufeinander folgenden Aufstallungspflichten betroffen seien, als „Eier aus Freilandhaltung“ vermarktet würden, obwohl diese Hennen nur wenige Tage innerhalb einer Legeperiode Auslauf gehabt hätten. Nur durch ein Abstellen auf eine konkrete Legeperiode könne ein angemessener Ausgleich zwischen Betreiber- und Verbraucherinteressen erreicht und dem Verbraucher kein „rein fiktives Freilandei“ zugemutet werden. Dies entspreche auch dem Ausnahmecharakter der 12-Wochenfrist, der eine enge Auslegung gebiete. Der am 25. November 2017 in Kraft getretenen Änderungsverordnung (EU) 2017/2168, die nunmehr eine 16-Wochenfrist vorsehe, lasse sich ebenfalls ein entsprechender Wille des Verordnungsgebers - auch im Hinblick auf die Vorgängervorschrift - entnehmen. Aus den Bestimmungen über die biologische Haltung von Geflügel bzw. Legehennen könne der Kläger für den vorliegenden Fall nichts herleiten. Die Regelungen für Freiland- und Biohaltung unterschieden sich so vielfältig, dass sich aus den Regelungen Aussagen für die jeweils andere Haltungsart nicht ableiten ließen. Im Übrigen könne im vorliegenden Fall aufgrund der tatsächlichen Umstände auch nicht von einer maßgeblichen Unterbrechung des Seuchengeschehens zwischen den beiden Aufstallungsverpflichtungen ausgegangen werden. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 13. Dezember 2017 zugestellt worden ist, hat dieser am 11. Januar 2018 Berufung eingelegt.

Soweit das Verwaltungsgericht der Auffassung sei, der Wortlaut gebiete es, für die Berechnung und die Frage des Neubeginns der 12-Wochenfrist auf eine konkrete Legeperiode einer bestimmten Herde oder Gruppe abzustellen, könne dem nicht gefolgt werden. Anhang II Nr. 1 Buchst. a) Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 setze seinem Wortlaut nach lediglich voraus, dass den Legehennen vor Erlass der Beschränkung ein Auslauf im Freien zugänglich gewesen sein müsse und dieser Zugang beschränkt worden sei. Dies sei hier der Fall gewesen. Die Tiere des Klägers hätten vom 16. Februar 2017 bis zum 9. März 2017 tagsüber uneingeschränkten Zugang zu einem Auslauf im Freien gehabt. Auch die weiteren Anforderungen an die Auslauffläche und die Besatzdichte sowie die sonstigen Vorgaben der Richtlinie 1999/74/EG seien in dieser Zeit erfüllt worden. Die am 9. März 2017 angeordnete Aufstallungspflicht sei eine veterinärrechtliche Beschränkung zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier gewesen, die den Zugang der Hennen zu dem Auslauf im Freien beschränkt habe. Darüber hinausgehende Voraussetzungen seien der Verordnungsregelung nicht zu entnehmen. Die vom Verwaltungsgericht entwickelte Berechnung finde im Wortlaut der Verordnung keine Grundlage. Dessen Auslegung entspreche auch nicht dem Willen des Verordnungsgebers. Die ändernde Verordnung (EU) 2017/2168, die nunmehr eine 16-Wochenfrist festsetze, habe lediglich den Beginn der Frist klarstellen sollen. Ein Neubeginn der nunmehr geltenden 16-Wochenfrist innerhalb einer Legeperiode habe demgegenüber auch durch die Neuregelung wohl nicht ausgeschlossen werden sollen, denn auch diese Regelung enthalte keine ausdrückliche Aussage dazu, was im Falle einer Unterbrechung des Auslaufs während eines nicht zusammenhängenden Zeitraums von mehr als 16 Wochen geschehen solle. Es stehe auch mit dem Sinn und Zweck der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 in Einklang, auf die konkreten behördlichen Beschränkungen aufgrund eines unterbrochenen bzw. neuen Seuchengeschehens abzustellen. Der Erwartung des Verbrauchers an eine Freilandhaltung stehe es nicht entgegen, die 12-Wochenfrist während einer Legeperiode einer bestimmten Gruppe von Hennen gegebenenfalls mehrfach anzuwenden. Die Befürchtung des Verwaltungsgerichts, dem Verbraucher würde ein „rein fiktives Freilandei“ zugemutet, sei unbegründet, da die Geflügelpest allenfalls in den Herbst- und Wintermonaten und nicht während der vollen Legeperiode auftrete, die üblicherweise 12 bis 14 Monate andauere. Auch könnten die gelegten Eier schon am ersten Tage der Freilandhaltung wieder als solche aus Freilandhaltung vermarktet werden. Die Situation sei dann im Hinblick auf die Erwartungshaltung des Verbrauchers keine andere als nach dem Ende der 12- oder 16-Wochenfrist. Im vorliegenden Fall liege in der vorübergehenden Aufhebung der Aufstallungspflicht auch keine Umgehung der 12-Wochenfrist, da die Aufhebung immerhin 22 Tage angedauert und auf einer begründeten Risikobewertung des zuständigen Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz beruht habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 7. Kammer - vom 5. Dezember 2017 zu ändern und festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 14. März 2017 rechtswidrig gewesen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Aus dem Wortlaut des Anhangs II Nr. 1 Buchst. a) Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 ergebe sich, dass für die Vermarktung der „Eier aus Freilandhaltung“ die Beschränkung des Auslaufs der Legehennen maximal während der festgelegten Dauer der Beschränkung, in keinem Fall aber länger als zwölf Wochen andauern dürfe. Gegen die Annahme, jede veterinärrechtliche Auslaufbeschränkung löse eine neue 12-Wochenfrist aus, spreche, dass derartige Beschränkungsfälle in aller Regel weniger als 12 Wochen dauerten, der Anwendungsbereich der Vorschrift mithin sehr begrenzt wäre. Umgekehrt könne eine Tierseuche im Einzelfall durchaus länger als 12 oder 16 Wochen dauern und dabei insbesondere auch mehrfach erneut ausbrechen und mehrere aufeinanderfolgende Beschränkungen auslösen. Auch seien andere Gründe für eine Auslaufbeschränkung vorstellbar als der Ausbruch der Vogelgrippe. Würde jede neue veterinärrechtliche Auslaufbeschränkung eine neue 12-Wochenfrist in Gang setzen, so könnten im Extremfall Eier als solche aus Freilandhaltung vermarktet werden, obwohl die Legehennen während einer Legeperiode nur wenige Tage Auslauf gehabt hätten. Es sei insbesondere nicht geklärt, wie viele Tage Auslauf zwischen zwei Beschränkungen liegen müssten, um noch eine Vermarktung als Ei aus Freilandhaltung zu rechtfertigen. Auch sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der streitigen Höchstfrist um die Regelung zur Begrenzung einer Ausnahmevorschrift handele. Der Auslauf sei der einzige Unterschied zwischen Boden- und Freilandhaltung, für den die Verbraucher bereit seien, einen erheblichen Aufpreis zu zahlen. Ausweislich der Erwägungsgründe der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 sei es um einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Halter der Legehennen und der Verbraucher gegangen. Daneben sei auch die Bedeutung des Tierschutzes zu berücksichtigen. Um das Verbrauchervertrauen in die durch die Haltungsform garantierte artgerechte Tierhaltung nicht zu gefährden, sei sicherzustellen, dass eine Haltungsform nur ausgelobt werden dürfe, wenn deren Voraussetzungen auch erfüllt seien. Schon die 12-wöchige bzw. neuerdings 16-wöchige Ausnahmefrist in einer Legeperiode sei vor diesem Hintergrund von problematischer Länge. Auch die neue Verordnung (EU) 2017/2168 stütze den Ansatz einer herdenbasierten Auslegung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).

I. Die Klage ist nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage wegen fortbestehender Wiederholungsgefahr zulässig. Zwar ist die hier einschlägige Regelung des Anhangs II Nr. 1 Buchst. a) Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 zwischenzeitlich durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2168 der Kommission vom 20. September 2017 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 hinsichtlich der Vermarktungsnormen für Eier aus Freilandhaltung bei Beschränkungen des Zugangs der Hennen zu einem Auslauf im Freien (ABl. L 306 v. 22.11.2017, S. 6-8) geändert worden. Die Änderung hat in ihrer Substanz jedoch in erster Linie die Verlängerung der 12-Wochenfrist zu einer 16-Wochenfrist zum Gegenstand. Die Frage der wiederholten Anwendung dieser Frist bei mehreren aufeinander folgenden Aufstallungsverpflichtungen stellt sich auch bei dieser Neuregelung.

II. Die Klage ist aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 14. März 2017 ist rechtmäßig gewesen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und 4 VwGO).

1. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid vom 14. März 2017 war § 7 Abs. 2 Satz 1 Legehennenbetriebsregistergesetz (LegRegG) vom 12. September 2003 (BGBl. I, S. 1894), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. Juli 2014 (BGBl. I, S. 1308) i.V.m. Anhang II Nr. 1 Buchst. a) der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 der Kommission vom 23. Juni 2008 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007, vor Erlass der angefochtenen Verfügung zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 519/2013 (ABl. L 158 v. 10.6.2013, S. 74 ff.).

Nicht zur Anwendung gelangt hingegen der bei festgestellten Verstößen grundsätzlich vorrangige Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 v. 30.4.2004, S. 1ff.; zum unionsrechtlichen Anwendungsvorrang des Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004; vgl. Senatsbeschl. v. 12.12.2019 - 13 ME 320/19 -, juris Rn. 42 ff.; v. 28.10.2013 - 13 ME 132/13 -, juris Rn. 10, 12, 16 sowie v. 13.7.2015 - 13 ME 80/15 -, juris Rn. 17; VGH BW, Urt. v. 16.6.2014 - 9 S 1273/13 -, juris Rn. 22 f.; Sächs. OVG, Beschl. v. 12.6.2018 - 3 B 110/18 -, juris Rn. 3) in der zum Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung maßgeblichen Fassung der Änderungsverordnung vom 7. Februar 2017 (VO [EU] 2017/212, ABl. L 33 v. 8.2.2007, S. 27 ff.), da keiner der Tatbestände dieser Vorschrift eingreift, insbesondere kein lebensmittelrechtlicher Verstoß festgestellt worden ist, sondern ein drohender Verstoß verhütet werden soll.

Das LegRegG regelt die Registrierung von Betrieben zur Haltung von Legehennen zum Zweck der Kennzeichnung von Eiern. Es dient auch der Umsetzung und Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder Europäischen Union in diesem Bereich (vgl. § 1 Abs. 1 LegRegG). Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 LegRegG kann die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen treffen.

2. Ein Verstoß gegen die Vorschriften zur Kennzeichnung von Eiern drohte mit der Vermarktung der im Betrieb des Klägers produzierten Eier als „Eier aus Freilandhaltung“. Die Legehennenhaltung des Klägers erfüllte seit dem 8. Februar 2017 nicht mehr die Voraussetzungen für eine Vermarktung der Eier als „Eier aus Freilandhaltung“.

Neben den sonstigen für eine „Freilandhaltung“ zu erfüllenden Anforderungen müssen nach Anhang II Nr. 1 Buchst. a) Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 die Hennen, die in entsprechenden Produktionssystemen gehalten werden, tagsüber uneingeschränkten Zugang zu einem Auslauf im Freien haben. Diese Anforderung hindert einen Erzeuger nach Satz 2 dieser Bestimmung jedoch nicht daran, den Zugang für einen befristeten Zeitraum am Morgen gemäß der guten landwirtschaftlichen Praxis, einschließlich der guten Tierhaltungspraxis, zu beschränken. Daneben heißt es in Satz 3 des Anhangs II Nr. 1 Buchst. a) der Verordnung: „Im Fall anderer Beschränkungen, einschließlich auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts verhängter veterinärrechtlicher Beschränkungen zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier, die den Zugang der Hennen zu einem Auslauf im Freien beschränken, dürfen Eier für die Dauer der Beschränkung, in keinem Fall aber länger als zwölf Wochen, weiterhin als „Eier aus Freilandhaltung“ vermarktet werden“.

Eine derartige veterinärrechtliche Beschränkung ist im vorliegenden Fall durch das Aufstallungsgebot des Zweckverbandes Veterinäramt F. vom 16. November 2016 ausgesprochen worden, das am 16. Februar 2017 endete. Eine erneute Beschränkung des Auslaufs der Legehennen wurde durch die Allgemeinverfügung des Zweckverbandes vom 9. März 2017 ab dem 10. März 2017 ausgesprochen. Diese endete am 12. April 2017.

Die 12-Wochenfrist des Anhangs II Nr. 1 Buchst. a) Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 ist bereits mit Ablauf des 7. Februar 2017 ausgelaufen. Entgegen der Auffassung des Klägers wurde mit der Aufhebung der Aufstallungsanordnung am 16. Februar 2017 bis zum Erlass der neuen, eine Stallpflicht begründenden Allgemeinverfügung vom 9. März 2017, auch nicht der Lauf einer neuen 12-Wochenfrist in Gang gesetzt, obwohl die Hennen zwischenzeitlich für 22 Tage Auslauf im Freien hatten.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, lässt die neuerliche behördliche Anordnung einer Stallpflicht den Lauf der 12-Wochenfrist nicht erneut beginnen, wenn diese bereits aufgrund einer vorherigen Aufstallungsanordnung abgelaufen war.

Der Wortlaut des Anhangs II Nr. 1 Buchst. a) Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 ist für die Auslegung der Bestimmung unergiebig. Er lautet:

„Im Falle anderer Beschränkungen, einschließlich auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts verhängter veterinärrechtlicher Beschränkungen zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier, die den Zugang der Hennen zu einem Auslauf im Freien beschränken, dürfen Eier für die Dauer der Beschränkung, in keinem Fall aber länger als zwölf Wochen, weiterhin als „Eier aus Freilandhaltung“ vermarktet werden.“

Dieser Wortlaut ist offen. Er lässt die vom Verwaltungsgericht angenommene Anknüpfung an die Legeperiode einer bestimmten Herde bzw. Gruppe von Hennen zu. Die Formulierung, die Eier dürften „auf keinen Fall länger als 12 Wochen“ als „Eier aus Freilandhaltung“ vermarktet werden, deutet eher auf ein Verständnis der 12-Wochenfrist als Höchstfrist hin und legt eine restriktive Auslegung nahe. Der Wortlaut steht aber auch nicht der Auffassung des Klägers entgegen, nach Ablauf jeder Auslaufbeschränkung beginne die 12-Wochenfrist neu zu laufen. Für die Anknüpfung an ein bestimmtes Seuchengeschehen (mit ggf. mehreren aufeinander folgenden Auslaufbeschränkungen) finden sich indes keine Anhaltspunkte. Gleiches gilt für die Anknüpfung an das Kalenderjahr. Die Höchstgrenze von 12 Wochen lässt sich nach dem Wortlaut folglich sowohl absolut auf die Legeperiode einer bestimmten Herde bzw. Gruppe von Hennen als auch relativ auf die jeweilige Auslaufbeschränkung mit der Möglichkeit eines Neubeginns nach Ablauf der Beschränkung beziehen.

Sinn und Zweck des Anhangs II Nr. 1 Buchst. a) Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 sprechen aber für eine Auslegung der 12-Wochenfrist als Höchstfrist, die auf die Legeperiode einer bestimmten Herde bzw. Gruppe von Legehennen bezogen ist. Dies folgt auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift.

Sinn und Zweck der 12-Wochenfrist ist es, einen sachgerechten Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen des Verbrauchers an der Qualität der als „Eier aus Freilandhaltung“ vermarkteten Eier und den wirtschaftlichen Interessen der Legehennenhalter an einer Vermarktung der während eines Zeitraums produzierten Eier herzustellen, in dem die erwarteten und geforderten Qualitätsstandards aufgrund behördlicher Verfügungen ausnahmsweise nicht eingehalten werden konnten. Es besteht die berechtigte Erwartung des Verbrauchers, dass die Legehennen bei „Eiern aus Freilandhaltung“ hinreichend und weit überwiegend Zugang zu einem Auslauf im Freien hatten.

Bereits aus den Erwägungsgründen zu der Verordnung (EG) Nr. 89/2006 (ABl. L 15 v. 20.1.2006, S. 30-31) zur Änderung der der hier maßgeblichen Verordnung (EG) 589/2008 vorhergehenden Verordnung (EG) Nr. 2295/2003, mit der erstmalig eine 12-Wochenfrist eingeführt wurde, geht hervor, dass zum Schutz der Verbraucher der Zeitraum, in dem Eier trotz Aufstallung der Legehennen als Freilandeier vermarktet werden dürfen, im Interesse der berechtigten Erwartungen der Verbraucher zu begrenzen ist. In den dortigen Erwägungsgründen heißt es:

„(1) Mit der Verordnung (EG) Nr. 2295/2003 der Kommission (2) wurden die Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EWG) Nr. 1907/90 festgelegt.

(2) Mit der Richtlinie 2002/4/EG der Kommission vom 30. Januar 2002 über die Registrierung von Legehennenbetrieben gemäß der Richtlinie 1999/74/EG des Rates (3) wurden die Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen festgelegt.

(3) Zum Schutz der Verbraucher gegen irreführende Angaben, die sonst in betrügerischer Absicht gemacht werden könnten, um höhere Preise zu erzielen, als sie für Eier von Legehennen aus Käfigbatteriehaltung oder für „Standard“-Eier gelten, ist in der Verordnung (EG) Nr. 2295/2003 festgelegt, welche Mindestbedingungen für die Tierhaltung eingehalten werden müssen, damit eine besondere Haltungsart geltend gemacht werden darf. So dürfen nur die Bezeichnungen verwendet werden, die in Anhang II der genannten Verordnung vorgesehen sind, und in Anhang III derselben Verordnung sind die Anforderungen aufgeführt, die erfüllt sein müssen, damit diese Bezeichnungen verwenden werden dürfen.

(4) Der Zugang zu einem Auslauf im Freien ist eine wesentliche Bedingung dafür, dass Eier unter der Bezeichnung „Eier aus Freilandhaltung“ vermarktet werden dürfen.

(5) Zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier kann der Zugang des Geflügels zu Auslauf im Freien auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts Beschränkungen, einschließlich tierseuchenrechtlicher Beschränkungen, unterworfen werden.

(6) Kann der Erzeuger nicht mehr alle in Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 2295/2003 festgelegten Haltungsbedingungen einhalten, so darf er im Interesse der Verbraucher nicht länger von der obligatorischen Angabe der Haltungsart auf dem Etikett Gebrauch machen.

(7) Um den etwaigen wirtschaftlichen Auswirkungen der Beschränkungen Rechnung zu tragen und um zu berücksichtigen, dass die gesamte Branche nicht zuletzt für die Etikettierung eine angemessene Anpassungsfrist benötigt, ist ein Übergangszeitraum vorzusehen, in dem der Erzeuger weiterhin ein Etikett mit der Angabe der Haltungsart, d. h. mit der Angabe „aus Freilandhaltung“ verwenden darf, sofern die Produktqualität durch die Beschränkungen nicht wesentlich beeinträchtigt wird.

(8) In Anhang III Nummer 1 Buchstabe a erster Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 2295/2003 ist ausdrücklich vorgesehen, dass „bei von den Veterinärbehörden verhängten zeitweiligen Beschränkungen“ von der Anforderung abgewichen werden darf, dass die Hennen Zugang zu einem Auslauf im Freien haben müssen.

(9) Bislang ist nicht präzisiert worden, wie lange die Erzeuger weiterhin die Angabe „aus Freilandhaltung“ auf dem Etikett verwenden dürfen, wenn die Legehennen aufgrund einer solchen zeitweiligen Beschränkung nicht mehr Zugang zu Auslauf im Freien haben. Zum Schutz der Verbraucher ist der Zeitraum, für den die Ausnahmeregelung gilt, zu begrenzen.

(10) Die Verordnung (EG) Nr. 2295/2003 ist daher entsprechend zu ändern.“

Auch die hier einschlägige Verordnung (EG) Nr. 589/2008, die die Regelung der 12-Wochenfrist inhaltlich übernommen hat, fordert in ihrem Erwägungsgrund 6 die Festlegung von Qualitätsmerkmalen, die die Qualität der direkt an den Endverbraucher abgegebenen Eier gewährleisten.

Der Zugang zu einem Auslauf im Freien ist danach eine wesentliche Bedingung dafür, dass Eier unter der Bezeichnung „Eier aus Freilandhaltung“ vermarktet werden dürfen. Die 12-Wochenfrist des Anhangs II Nr. 1 Buchst. a) Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 ist als Ausnahme von dieser Regel eng auszulegen. Das führt zu der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Anknüpfung dieser Frist an die Legeperiode einer konkreten Herde bzw. Gruppe von Legehennen. Berücksichtigt man, dass diese Legeperiode üblicherweise lediglich 12 bis 14 Monate umfasst, so betrifft ein Zeitraum von 12 Wochen nahezu ein Viertel der Legeperiode und stellt damit bereits eine erhebliche Einschränkung der berechtigten Erwartung des Verbrauchers an die in dieser Haltungsform produzierten Eier dar. Wollte man hingegen die Frist mit jeder weiteren Aufstallungsverpflichtung neu beginnen lassen, so bestünde im Extremfall die Möglichkeit, dass wenige Tage oder gar nur einen Tag nach Auslaufen der vorangegangen Stallpflicht die nächste Aufstallungsverpflichtung erginge und die von den betreffenden Legehennen produzierten Eier dennoch weiter als solche aus „Freilandhaltung“ vermarktet werden dürften, obgleich die Legehennen nur an wenigen oder gar einzelnen Tagen der Legeperiode Auslauf hatten. Derartige vom Verwaltungsgericht treffend als „fiktive Freilandeier“ bezeichneten Produkte wären mit der berechtigten Erwartungshaltung des Verbrauchers nicht zu vereinbaren und begründeten die Gefahr eines völligen Vertrauensverlusts in die Qualitätsbezeichnung von Eiern.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die sog. Geflügelpest bislang regelmäßig nur in den Wintermonaten grassiert, denn die Beschränkung des Auslaufs ist nicht auf diese bestimmte Tierseuche begrenzt, sondern kann auch anlässlich anderer Umstände und Erkrankungen erfolgen, die nicht auf den Winter beschränkt sind. Diese anderen Ursachen der Beschränkung muss eine Auslegung des Anhangs II Nr. 1 Buchst. a) Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 im Blick behalten. Aus diesem Grunde führt auch die Anknüpfung der Frist an ein konkretes Seuchengeschehen, für das sich die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme vom 20. Februar 2017 (GA, Bl. 78 f.) auszusprechen scheint, zu keinen sachgerechten Ergebnissen. Unabhängig von der Problematik, auf diesem Wege zu einer rechtssicheren Abgrenzung zu gelangen, wofür der vorliegende Fall ein Beispiel ist, stehen dieser Betrachtungsweise die gleichen Bedenken entgegen wie der Anknüpfung an eine konkrete Auslaufbeschränkung. Bei mehreren aufeinander folgenden Seuchengeschehen würde die berechtigte Erwartung des Verbrauchers an die Bedingungen, unter denen ein „Ei aus Freilandhaltung“ produziert wird, ebenfalls in nicht mehr vertretbarem Umfang enttäuscht. Die genannte Stellungnahme der Bundesregierung befasst sich zudem in erster Linie mit einer Umgehung der 12-Wochenfrist durch eine kurzfristige (eintägige) Unterbrechung der Aufstallungspflicht bei fortbestehendem Seuchengeschehen.

Der Umstand, dass zu Beginn der Legeperiode oder nach Ablauf einer (maximal 12 Wochen andauernden) Aufstallungsverpflichtung bereits die ersten nach (erneuter) Gewährung des Auslaufs gelegten Eier als „Eier aus Freilandhaltung“ vermarktet werden dürfen, ist hingegen mit der Erwartungshaltung des Verbrauchers noch zu vereinbaren, da dieser nur das Bestehen einer Auslaufmöglichkeit während der weit überwiegenden Zeit der Legeperiode der Hennen erwarten kann. Jedenfalls bildet dieser letztlich unvermeidliche Umstand kein Argument für eine weitergehende Enttäuschung der berechtigten Erwartungshaltung des Verbrauchers. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht zudem darauf hin, dass anderenfalls der Unterschied der „Eier aus Freilandhaltung“ zu „Eiern aus Bodenhaltung“, der allein in der Auslaufmöglichkeit der Legehennen besteht (vgl. Anhang II Nr. 1 und Nr. 2 der VO (EG) Nr. 589/2008), minimiert würde, obwohl der Verbraucher bislang für diesen Unterschied zur Zahlung eines deutlichen Aufschlags bereit ist.

Für die Anknüpfung der 12-Wochenfrist an die Legeperiode einer konkreten Herde bzw. Gruppe von Legehennen spricht letztlich auch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2168 der Kommission vom 20. September 2017 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 hinsichtlich der Vermarktungsnormen für Eier aus Freilandhaltung bei Beschränkungen des Zugangs der Hennen zu einem Auslauf im Freien (ABl. L 306 v. 22.11.2017, S. 6-8). Anhang II Nr. 1 Buchst. a) Satz 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 lauten nunmehr:

„Sofern auf der Grundlage des Unionsrechts verhängte Maßnahmen eine Beschränkung des Zugangs der Hennen zu einem Auslauf im Freien zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier erforderlich machen, dürfen Eier unbeschadet dieser Beschränkung als „Eier aus Freilandhaltung“ vermarktet werden, sofern der Zugang der Legehennen zu einem Auslauf im Freien nicht während eines zusammenhängenden Zeitraums von mehr als 16 Wochen beschränkt worden ist. Dieser Höchstzeitraum beginnt an dem Tag, an dem für die betreffende Gruppe gleichzeitig eingestallter Legehennen der Zugang zu einem Auslauf im Freien tatsächlich eingeschränkt wurde; […]“

Den Erwägungsgründen dieser Änderungsverordnung lässt sich kein gegenüber der bisherigen Regelung grundsätzlich abweichender Regelungswille entnehmen. Lediglich der Ausnahmezeitraum sollte verlängert und dessen Beginn klargestellt werden (vgl. Erwägungsgrund 3). Unabhängig davon, ob dieser Wortlaut nunmehr endgültigen Aufschluss über die Anknüpfung der jetzigen 16-Wochenfrist gibt, spricht die Bezugnahme auf die „betreffende Gruppe gleichzeitig eingestallter Legehennen“ für eine Anknüpfung an die Legeperiode einer konkreten Herde. Entscheidend für die Annahme einer auf die jeweilige Legeperiode bezogenen Höchstfrist spricht jedoch der Umstand der Änderung selbst. Wären die Anknüpfung der Frist lediglich an die jeweilige Beschränkung und der jeweilige Neubeginn der Frist nach dem Ende der Beschränkung zutreffend, hätte es keiner Verlängerung der 12-Wochenfrist zu einer 16-Wochenfrist bedurft, da die nach Beendigung der Stallpflicht gelegten Eier ohne Berücksichtigung der Dauer dieser Stallpflicht wieder als „Eier aus Freilandhaltung“ vermarktet werden dürften. Es ist aber weiterhin nicht erkennbar, dass der Verordnungsgeber dem Verbraucher Eier als solche aus „Freilandhaltung“ zumuten wollte, bei denen die Legehennen im Extremfall während der gesamten Legeperiode nur wenige oder gar einzelne Tage Auslauf hatten. Schon die Verlängerung der Ausnahme auf nahezu ein Drittel der Legeperiode stellt ein deutliches Zugeständnis an die Halter der Legehennen zu Lasten der berechtigten Erwartungen der Verbraucher dar, das eine darüber hinausgehende erweiterte Auslegung nicht zulässt.

Aus den Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 (ABl. L 250 v. 18.9.2008, S. 1-84) lässt sich für die Auslegung der 12-Wochenfrist hingegen nichts herleiten, denn diese Verordnung enthält nach ihrem Art. 1 Nr. 1 spezifische Vorschriften für die ökologische/biologische Produktion sowie die Kennzeichnung und die Kontrolle in Bezug auf Erzeugnisse gemäß Artikel 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 (ABl. L 189 v. 20.7.2007, S. 1-23). Im Streit steht im vorliegenden Fall indes nicht die Vermarktung der von den Legehennen des Klägers produzierten Eier als aus ökologischer/biologischer Produktion stammend, sondern als „Eier aus Freilandhaltung“. Dazu treffen die vorgenannten Verordnungen keinerlei Regelung. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, unterscheiden sich die Haltungsbedingungen für Freiland- bzw. ökologische/biologische Haltung in vielfältiger Weise, so dass aus den Regelungen für die eine Haltungsart keine Rückschlüsse auf die jeweils andere Haltungsart gezogen werden können. Da der Kläger diesen Ansatz in der Berufung auch nicht weiter verfolgt hat, kann insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (S. 12 des Urteilsabdrucks) verwiesen werden.

3. Die mit Bescheid vom 14. März 2017 verfügte Änderung des Erzeugercodes und die Aufforderung an den Kläger, nur noch diesen Code zu verwenden, stellte eine geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme dar, um einen drohenden Verstoß gegen die Vorschriften zur Kennzeichnung von Eiern zu verhindern, zumal der Kläger der Auffassung war und ist, er könne die während der zweiten Aufstallung produzierten Eier ungeachtet des Ablaufs der 12-Monatsfrist als „Eier aus Freilandhaltung“ vermarkten.

Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass nach Ablauf der 12-Wochenfrist eine taggenaue Betrachtungsweise der tatsächlichen Legebedingungen greift. Eier, die während der Erfüllung der Bedingungen einer Freilandhaltung gelegt worden sind, dürfen als „Eier aus Freilandhaltung“ vermarktet werden, auch wenn sie von Legehennen stammen, die zuvor bereits länger als 12 Wochen aufgestallt waren. Lediglich im Falle einer erneuten Aufstallung greift hinsichtlich der von diesen Hennen produzierten Eier keine erneute Ausnahmefrist. Sie dürfen in einer derartigen Konstellation mithin vom ersten Tage an nicht mehr als „Eier aus Freilandhaltung“ etikettiert werden. Die Vorgehensweise des Beklagten im vorliegenden Fall entspricht diesen Anforderungen.

Anlass, gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV den Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung anzurufen, besteht nicht. Aus Sicht des Senats ergeben sich, was den durch Auslegung ermittelten Regelungsinhalt des Anhangs II Nr. 1 Buchst. a) Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 angeht, keine vernünftigen Zweifel.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.