Landgericht Hannover
Urt. v. 06.02.2004, Az.: 16 O 84/03

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
06.02.2004
Aktenzeichen
16 O 84/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 42604
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2004:0206.16O84.03.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Celle - 07.10.2004 - AZ: 11 U 107/04

In dem Rechtsstreit

...

hat die 16. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 15.01.2004 durch ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen unterlassener Aufklärung.

2

Die Beklagte zu 1. betreibt eine Gesellschaft für Finanz- und Vermögensplanung, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist. Der Kläger, dem die Beklagten von Arbeitskollegen des NDR empfohlen worden waren, wollte gemeinsam mit seiner Ehefrau Geld investieren. Zu diesem Zeitpunkt war die Ehefrau bereits schwer krank und ist am 26.3.2000 verstorben. Im Januar/Februar 2000 zeichneten der Kläger und seine Ehefrau auf den Rat der Beklagten hin Anteile für insgesamt 60 000,00 DM an den Fonds "Euroswitch", "Eurostoxx 50" und "Investco GT Pan", ferner investierte der Kläger im Juni 2000 auf Anraten der Beklagten, nachdem er eine Lebensversicherung seiner verstorbenen Ehefrau ausgezahlt erhalten hatte, 200 000,00 DM in den Aktienfond "Gartmore Eurobloc". Im März 2003 belief sich der Wert der Anlagen insgesamt auf nur noch 53 195,20 €. Unstreitig hatten der Kläger und seine Ehefrau am 24.1.2000 ein Formular "Der Anlegertest", Bl. 14 d.A., unterzeichnet, in dem Angaben zu Anlagedauer, Risikobereitschaft, Einkommen, Erfahrungen mit Kapitalanlagen pp. angekreuzt waren.

3

Der Kläger, der Erbe seiner verstorbenen Ehefrau ist, behauptet, der Beklagte zu 2. habe ihn nicht näher beraten und auf die mit den einzelnen Fonds verbundenen Risiken hingewiesen. Er habe dem Beklagten zu 2. wegen seiner erheblichen belastenden persönlichen Situation voll vertraut und ihn insbesondere darauf hingewiesen, dass er eine sichere Geldanlage wollte, die auch - insbesondere der Betrag von 200 000,00 DM aus der Lebensversicherung - als Alterssicherung dienen sollte. Der Beklagten zu 2. habe auch die Vermögensverwaltung für ihn wahrgenommen und - unstreitig - seine sämtlichen Unterlagen ein Jahr in Händen gehalten. Hinsichtlich des Formulars "Der Anlegertest" habe der Beklagte zu 2. erklärt, das geschehe nur aus statistischen Gründen, eine Aufklärung sei im einzelnen nicht erfolgt.

4

Der Kläger beantragt,

  1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 132 935,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 11.9.2002 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte an 505,23 Anteilen Euro Stoxx (WKN 986379), 11 532,10 Anteilen Gartmore Eurobloc (WKN 926133), 274,87 Anteilen Investco GT Pan (WKN 973789), sowie der auf dem Depot Nr. 0130261101 der Fa. Investco des Klägers befindlichen Anteile des Fonds EuroSwitch AK4,

  2. ferner,

  3. die Beklagten weiter als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger weitere 8 660,26 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6.5.2003 zu zahlen.

5

Die Beklagten beantragen,

  1. die Klage abzuweisen.

6

Die Beklagten stellen in Abrede, den Kläger nicht hinreichend beraten zu haben. Sie behaupten, der Beklagte zu 2. habe dem Kläger die verschiedenen Anlageformen und Risikostufen ausführlich erklärt und habe ihm auch hinsichtlich der konkreten Empfehlungen die Anlagepolitik, Zusammensetzung und Risikostruktur ausführlich erläutert. Darüber hinaus habe der Beklagte zu 2. dem Kläger auch über die Fonds EuroSwitch, Investco und Gartmore Verkaufsprospekte und Geschäfts- und Rechenschaftsberichte übersandt, in denen auf die Risiken hingewiesen worden seien. Auch sei er die einzelnen Fragen in dem Formular "Der Anlegertest" im einzelnen mit dem Kläger durchgegangen und habe diese auch jeweils erläutert.

7

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

8

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

9

Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1. wegen schuldhafter Verletzung des Beratungsvertrages gemäß § 611 BGB a.F. in Verbindung mit positiver Vertragsverletzung. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte zu 1. ihre Aufklärungs- und Belehrungspflichten gegenüber dem Kläger verletzt hat, insbesondere nicht auf das mit Fondanlagen verbundene Risiko hingewiesen hat. Die Beklagten bestreiten, nicht ordnungsgemäß belehrt zu haben und haben vorgetragen, den Kläger jeweils umfassend beraten und über die Risiken aufgeklärt zu haben sowie dem Kläger darüber hinaus auch Prospekte über einzelne Fonds übersandt zu haben, in denen auch jeweils auf das mögliches Risiko eines Kursverfalls hingewiesen worden sei. Für letzteres spricht, dass der Kläger zumindest hinsichtlich der Anlage "Gartmore" schriftlich erklärt hat, Verkaufsprospekte erhalten zu haben. Auch ergibt sich aus dem von dem Kläger unterzeichneten Formular "Der Anlegertest", dass eine gewisse Risikobereitschaft des Klägers, der in sicheren Vermögensverhältnissen gelebt hat, bestanden hat.

10

Soweit der Kläger vorgetragen hat, eine Aufklärung sei hinsichtlich dieses Formulars nicht erfolgt und der Beklagte zu 2. habe erklärt, das geschehe nur aus statistischen Gründen, klingt dieses nicht plausibel. Denn die Angaben in dem Formular vom 24.1.2000 stimmen im Wesentlichen, auch konnte der Beklagte zu 2. diese nicht ohne nähere Angaben des Klägers angekreuzt haben, insbesondere die Angaben zur Frage der Risikobereitschaft, Notfallreserven, Einkommensentwicklung, vorgeplante Verfügungen und Erfahrungen mit Kapitalanlagen sowie Anteil am Gesamtvermögen konnten nur aufgrund von Äußerungen des Klägers gemacht werden. Dagegen hat der Kläger keinen Beweis dafür angetreten, dass die Beklagte zu 1. ihre Aufklärungspflichten verletzt hat. Sofern sich der Kläger auf seine Vernehmung als Partei beruft, brauchte das Gericht dem nicht nachzukommen. Denn da keine weiteren Anhaltspunkte für die Richtigkeit seines Vortrags sprechen, war eine Vernehmung des Klägers als Partei gemäß § 448 ZPO nicht durchzuführen. Die Vorschriften des § 31 WphG brauchte die Beklagte zu 1. nicht einzuhalten, da es sich bei der Beklagten zu 1. nicht um ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen handelt i.S. von § 2 WphG, so dass auch das Wertpapierhandelsgesetz keine Anwendung findet. Da es sich auch nicht um ein Warentermingeschäft gehandelt hat, war auch eine schriftliche Aufklärung nicht erforderlich.

11

Der Kläger hat auch keinen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten zu 2. Zwar kann ausnahmsweise der Vertreter bzw. Verhandlungsgehilfe persönlich aus culpa in contrahendo haftbar gemacht werden, wenn dieser ein eigenes wirtschaftliches Interesse oder ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und hierdurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst hat (vgl. Palandt, 62. Aufl., § 311 Rdnr. 60 - 65). Dabei begründet jedoch das allgemeine Interesse des Geschäftsführers oder Gesellschafters am Erfolg seines Unternehmens grundsätzlich keine Eigenhaftung (vgl. Palandt a.a.O., Rdnr. 65). Zwar hat der Kläger dem Beklagten zu 2. aufgrund seiner persönlichen Lebenssituation und der schweren Krankheit und dem Tod seiner Ehefrau ein besonderes Vertrauen entgegengebracht, dieses führt jedoch nicht zu einer Eigenhaftung des Beklagten zu 2. Denn nach der Rechtsprechung muss der Verhandelnde eine darüber hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Vertrages übernommen haben (vgl. Palandt a.a.O., Rdnr. 63). Das ist hier jedoch nicht der Fall, insbesondere war der Beklagte zu 2. auch nicht Vermögensverwalter des Klägers. Denn eine solche Tätigkeit wird üblicherweise nur gegen ein entsprechendes Honorar geleistet, da der Verwalter auch für die Folgen einstehen will. Ein entsprechender Vertrag ist hier aber nicht geschlossen worden, sondern der Kläger hatte die Beklagte zu 1. lediglich mit der Wahrnehmung seiner Versicherungsangelegenheiten beauftragt (vgl. Maklervertrag vom 9.8.2000). Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 2. auch keinen Anspruch gemäß § 826 BGB. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte für eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung vor. Insbesondere konnte der Beklagte zu 2. nicht wissen, dass der Aktienmarkt insbesondere nach dem 11. September 2001 völlig einbricht und die Fonds Verluste in erheblicher Höhe machen. Dass es sich bei den empfohlenen Anlagen um von vornherein riskante Vermögensanlagen gehandelt hat, ist nicht ersichtlich und auch vom Kläger nicht vorgetragen.

12

Die Klage war daher abzuweisen.

13

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.