Landgericht Hannover
Urt. v. 09.01.2004, Az.: 4 S 81/03

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
09.01.2004
Aktenzeichen
4 S 81/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 42607
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2004:0109.4S81.03.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - AZ: 504 C 18397/02

Fundstelle

  • JWO-VerkehrsR 2004, 305

In dem Rechtsstreit

...

wegen Schadensersatzes aus Verkehrsunfall

hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom

19. Dezember 2003 durch ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 11. September 2003 - 504 C 18397/02 - wird abgeändert.

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Entscheidungsgründe

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Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht dem Kläger Differenzkosten zugesprochen, die sich daraus errechnet haben, dass der Kläger sein bei einem Unfall beschädigtes Fahrzeug hat reparieren lassen und sich die Reparaturkosten noch innerhalb der Spanne bewegt haben, die die Rechtsprechung einem Geschädigten für eine ordnungsgemäße Instandsetzung seines Kraftfahrzeuges zubilligt. Dabei hat das Amtsgericht nach vorangegangener Beweisaufnahme im Ergebnis festgestellt, dass die durchgeführte Reparatur ordnungsgemäß war. Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Berufung hat Erfolg. Das Amtsgericht ist bei seiner Überlegung im Ausgangspunkt davon ausgegangen, dass es im Rahmen des Integritätsinteresses eines Geschädigten nicht zu beanstanden sei, wenn dieser sich - unter Verwendung von Gebrauchtteilen - zu einer ordnungsgemäßen Wiederherstellung seines Fahrzeuges entschließt und dabei Kosten verursacht, die bei 130 % des festgestellten Zeitwertes des Fahrzeuges liegen. Die Kammer teilt die Ausgangsüberlegung des Amtsgerichts indessen nicht. Stellt sich - wie hier - nach einem Verkehrsunfall heraus, dass die Kosten einer ordnungsgemäßen Reparatur eines Kraftfahrzeuges den Zeitwert deutlich überschreiten - im vorliegenden Falle waren dies 153 % - dann ist alleine die Gegenüberstellung zwischen dem festgestellten Zeitwert und dem durch Gutachten ermittelten Wert der Reparaturkosten erwiesen, dass die Wiederherstellung eines Fahrzeugs wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. In einem solchen Falle kann dem Geschädigten nicht zugebilligt werden, sein Integritätsinteresse in einer Weise durchzusetzen, dass von vornherein ein Schadensbeseitigungsrahmen von

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130 % zugrundegelegt und mit einem Reparatur-Unternehmen vereinbart wird, um das Fahrzeug wiederherzustellen. Grundsätzlich hat der Geschädigte Anspruch darauf, dass ihm der Zeitwert des Fahrzeugs erstattet wird, wenn die Reparaturkosten den Zeitwert übersteigen. Ausnahmsweise kann dann, wenn Zeitwert und Reparaturkosten sich in etwa die Waage halten und sich bei der Reparatur herausstellt, dass die Reparaturkosten höher sind als ursprünglich angenommen, mit der Rechtsprechung ein Zuschlag von 30 % gemacht werden, innerhalb dessen es dem Geschädigten noch zuzubilligen ist, eine Reparatur seines Fahrzeugs durchzuführen. Das kann nun allerdings nicht dazu führen, dass schematisch grundsätzlich 130 % zugrundegelegt werden und sich daraus ein Anspruch herleitet, auch wirtschaftlich an sich unsinnige Reparaturen in jedem Falle unter Zugrundelegung dieser 130 %-Grenze durchführen zu lassen, weil dann das, was als Ausnahmefall gedacht war, zum Regelfall würde. Darüber hinaus liegt hier die Besonderheit vor, dass die 130 %-Grenze nach dem Gutachten im Rahmen einer ordnungsgemäßen Wiederherstellung des Fahrzeugs nur einzuhalten war unter Verwendung von Gebrauchtteilen. Würde es deshalb ermöglicht, derartige

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Reparaturen unter Verwendung von Gebrauchtteilen, was an sich nicht zu beanstanden ist, und einer Begrenzung auf 130 % zuzugestehen, ließe sich die Abwicklung von Verkehrsunfällen, die die Justiz massenhaft zu bewältigen hat, kaum noch durchführen. Durchgeführte Reparaturen wären dem Einwand ausgesetzt, dass das Reparaturunternehmen aus versicherungsrechtlichen Gründen die Reparatur unter Verwendung von Gebrauchtteilen auf eben jenen Betrag von 130 % begrenzt hätte, gleichwohl aber weitergehende Reparaturmaßnahmen durchgeführt worden sind. Darüber hinaus müßte in jedem Falle, wenn Gebrauchtteile zur Verwendung gekommen sind, in all diesen Fällen gutachterlich geklärt werden, ob die durchgeführte Reparatur ordnungsgemäß erfolgt ist oder nicht, weil nur so das Integritätsinteresse des Geschädigten festgestellt werden kann. Die Kammer bleibt deshalb bei der Auffassung, dass allein die Gegenüberstellung von Zeitwert und Reparaturkosten die Grundlage dafür bilden kann, ob dem Geschädigten ein Recht zur Durchführung der Reparatur zusteht oder vielmehr auf Zeitwertbasis abgerechnet werden muss oder nicht.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.