Landgericht Hannover
Urt. v. 27.10.2004, Az.: 13 O 114/04
Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und einer Schmerzensgeldrente; Schadensersatz aus Deliktsrecht wegen pflichtwidriger und schuldhafter Verletzung von Verkehrssicherungspflichten bei der Vorbereitung und Durchführung einer vom Reiseveranstalter organisierten Veranstaltung; Möglichkeit einer Hinweispflicht auf das allgemeine Risiko von Anschlägen auch auf Tourismuszentren westlicher Touristen
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 27.10.2004
- Aktenzeichen
- 13 O 114/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 31363
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2004:1027.13O114.04.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG Celle - 22.09.2005 - AZ: 11 U 297/04
Rechtsgrundlagen
- § 651 f Abs. 1 BGB
- § 253 Abs. 2 BGB
- Art. 229 § 8 EGBGB
- § 823 Abs. 1 BGB
- § 847 BGB
Fundstellen
- JWO-VerbrR 2004, 370
- RRa 2004, 261-264 (Volltext mit amtl. LS)
- SBT 2005, 18
- VuR 2005, 27-29 (Volltext mit amtl. LS)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Ein Reiseveranstalter muss nicht auf das allgemeine Risiko von Terroranschlägen hinweisen.
- 2.
Der Reiseveranstalter muss die Reisenden über drohende terroristische Anschläge im Reisegebiet oder in der Nähe informieren, wenn er insoweit über konkrete Informationen verfügt. Verfügt er über keine konkreten Informationen, so darf er sich auf die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes verlassen, soweit danach keine Hinweise auf besondere Gefährdungen für Touristen im jeweiligen Reisegebiet vorliegen.
In dem Rechtsstreit
hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 01. September 2004
durch
die Vorsitzende Richterin am Landgericht ...
die Richterin am Landgericht ... und ...
die Richterin am Landgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Eltern des Klägers buchten für sich und den am 11. September 1998 geborenen Kläger über ein Reisebüro bei der Beklagten eine Flugpauschalreise nach Djerba für die Zeit vom 08.04.2002 bis 22.04.2002 zum Reisepreis von 1.886,- EUR. Bei Ankunft vor Ort buchten die Eltern des Klägers auf Empfehlung des Reiseleiters für den 11.04.2002 einen Halbtagesausflug auf der Insel unter der Bezeichnung "Land und Leute", den die Beklagte veranstaltete. Ziel diese Ausfluges war u.a. die Synagoge "La Ghriba".
Als der Kläger mit seinen Eltern am 11.04.2002 die Synagoge betreten hatte, kam es zu einer Explosion, weil Terroristen einen mit Flüssiggas gefüllten Tankwagen, der vor dem Eingang der Synagoge abgestellt war, entzündeten. Der Kläger erlitt hierdurch schwerste Verbrennungen 2. und 3. Grades an ca. 40 % seiner Körperoberfläche, die zu bleibenden Entstellungen und Beeinträchtigungen geführt haben.
In den bis zum 11.04.2002 gültigen Reise- bzw. Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes zu Tunesien hieß es u.a., dass außer der in touristisch stärker besuchten Orten zu beklagenden Kleinkriminalität derzeit keine Hinweise auf besondere Gefährdungen vorlägen.
Der Kläger meint, die Beklagte habe sich schadensersatzpflichtig gemacht, weil sie es entgegen ihrer Verpflichtung versäumt habe, den Kläger bzw. dessen Eltern vor Antritt der Reise bzw. des Ausfluges über eine konkrete Gefahrenlage in Tunesien zu informieren, und erforderliche Sicherheitsvorkehrungen nicht getroffen habe.
Der Kläger behauptet, in der Zeit vom 26.03.2002 bis 09.04.2002 sei es zu mehreren Übergriffen auf Touristen und Reisebusse gekommen, von denen die Beklagte aufgrund der Anzahl der Geschehnisse zwangsläufig Kenntnis erlangt haben müsse.
Am 03.04.2002 hätten Demonstranten Steine auf einen Touristenbus in Kairuan geworfen. Auch in den Städten Mahdia, Sfax, Medenine und Mareth sei es an diesem Tag zu Unruhen gekommen.
In der ersten Aprilwoche 2002 habe es antiwestliche Demonstrationen in Südtunesien gegeben. Der Tod dreier Islamisten habe in mehreren tunesischen Orten zu Protestdemonstrationen geführt.
Am 04.04.2002 sei die Synagoge auf Djerba geschlossen gewesen und von der Polizei bewacht worden.
Um den 07.04.2002 hätten nach den Erfahrungen einer Touristin keine Tagesausflüge durchgeführt werden können.
Am 09.04.2004 sei - unstreitig - ein Touristenbus in Mahdia von Demonstranten mit Steinen beworfen worden.
Am 10.04.2002 sei vom Gouverneur von Djerba eine Sicherheitskonferenz durchgeführt worden, weil man die Synagoge La Ghriba für gefährdet gehalten habe. Es sei beschlossen worden, eine Schutzmauer zu errichten, um ein Anfahren der Synagoge aus dem Hinterland unmöglich zu machen. Dies sei der Beklagten bekannt gewesen.
Wären seine Eltern über diese Vorfälle informiert worden, hätten sie die Reise nicht angetreten und an dem Ausflug auch nicht teilgenommen.
Der Kläger begehrt ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 100.000,- EUR, eine angemessene Schmerzensgeldrente von mindestens 500,- EUR monatlich sowie den Ausgleich eines verletzungsbedingten Mehraufwandes an Betreuungsleistungen von 300,- EUR monatlich.
Der Kläger beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu Händen seiner Eltern ... und ... ein angemessenes Schmerzensgeld - dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird - nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit (03.05.2004) zu zahlen,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu Händen seiner Eltern ... und ... eine angemessene Schmerzensgeldrente - deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird - seit dem 01.05.2002 bis auf weiteres zunächst bis zum 11.09.2016 jeweils monatlich im Voraus zu zahlen,
- 3.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu Händen seiner Eltern ... und ... zunächst für den Zeitraum vom 01.05.2002 bis zunächst einschließlich 30.09.2010 einen Betrag in Höhe von 300,- EUR als Betreuungsleistung i.S.d. § 843 I BGB zu zahlen,
- 4.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche zukünftigen materiellen wie immateriellen Schäden, die aus dem Schadenereignis/dem Brandanschlag vom 11.04.2002 auf die Synagoge La Ghriba auf der Insel Djerba/Tunesien resultieren, zu ersetzen, sofern Ersatzansprüche nicht auf den Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder abgetreten wurden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, die Gefahr von Terroranschlägen gehöre zum allgemeinen Lebensrisiko. Sie behauptet, Tunesien sei bis zu dem Anschlag vom 11.04.2002 ein ruhiges und sicheres Reiseland gewesen. Sie habe keinerlei Informationen über eine veränderte Sicherheitslage oder einen bevorstehenden Terroranschlag gehabt, es habe auch keine entsprechenden Gerüchte gegeben. Ihr seien keine konkreten Gefahren bekannt gewesen. Massive Überfälle und Angriffe auf Touristen habe es nicht gegeben. Der ihr bekannt gewordene Vorfall im 400 km von der Insel Djerba entfernten Mahdia habe ebenso wenig Anlass zur Annahme bevorstehender Terroranschläge gegeben wie vereinzelte pro-palästinensische Demonstrationen, die zwei Wochen vor den Anschlag stattgefunden hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und einer Schmerzensgeldrente gegen die Beklagte zu.
1.)
Vertragliche Schmerzensgeldansprüche gemäß §§ 651 f Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB sind nicht gegeben, weil § 253 Abs. 2 BGB gemäß Art. 229 § 8 EGBGB nur für nach dem 31.07.2002 eingetretene Schadensereignisse anzuwenden ist. Der Anschlag auf die Synagoge La Ghriba, bei dem der Kläger verletzt worden ist, ereignete sich bereits am 11.04.2002.
2.)
Ein Schmerzensgeldanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus unerlaubter Handlung gemäß §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB in der auf bis zum 31.07.2002 eingetretene Schadensereignisse anzuwendenden Fassung.
Voraussetzung für einen derartigen Anspruch ist, dass die Beklagte als Reiseveranstalter bei der Vorbereitung und Durchführung der von ihr veranstalteten Reise bzw. dem von ihr organisierten Ausflug ihr obliegende Verkehrssicherungspflichten pflichtwidrig und schuldhaft verletzt hat.
Der Reiseveranstalter muss die notwendigen und ihm zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen treffen, um Schaden von den Reisenden abzuwenden. Insoweit treffen ihn Obhuts- und Fürsorgepflichten, Gefahrenkontrollpflichten, Auswahl- und Aufsichtspflichten und Organisationspflichten. Hierzu gehört auch die Informationsbeschaffung (Erkundigungen) und/oder Informationsweitergabe (Erteilung von Hinweisen) über objektiv bestehende Gefahren im Zielgebiet der Reise (BGH, Urteil vom 15.10.2002, Az: X ZR 147/01, NJW 2002, 3700).
Grundsätzlich muss der Reiseveranstalter die Reisenden über drohende terroristische Anschläge im Reisegebiet oder in der Nähe informieren, wenn er insoweit über konkrete Informationen verfügt. Diese Hinweispflicht besteht nur bei konkreter Gefahrenlage, nicht aber bei allgemeiner politischer Instabilität des Reiselandes.
Die Beklagte hat die ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten nicht verletzt.
Auf das allgemeine Risiko von Anschlägen auch auf Tourismuszentren westlicher Touristen, musste die Beklagte nicht hinweisen. Dieses war nach den Terroranschlägen in New York und Washington vom 11.09.2001 jedem aus allgemein zugänglichen Quellen wie Presse, Rundfunk, Fernsehen, Internet - also auch den Eltern des Klägers - bekannt.
Terroristische Einzelakte, die nicht auf bürgerkriegsähnlichen Unruhen in einem Staat beruhen, sind Teil des von jedem Menschen selbst zu tragenden allgemeinen Lebensrisikos, und zwar auch dann, wenn hinter den Anschlägen Terrororganisationen stehen, die weltweit tätig sind.
Der Vortrag des Klägers, die Beklagte hätte über konkrete Informationen verfügt, aufgrund derer damit zu rechnen gewesen sei, dass es zu den Anschlägen auf die Synagoge La Ghriba kommen könne bzw. dass terroristische Angriffe auf westliche Touristen in Tunesien bevorstünden, stellt eine Behauptung "ins Blaue hinein" dar. Es liegen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte über die vom Kläger behaupteten Informationen verfügt habe. Auch wenn es einer Partei im Zivilprozess oftmals nicht erspart bleibt, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse haben kann, die sie nach Lage der Dinge aber für wahrscheinlich hält, darf sie keine Behauptungen aufstellen, für die jegliche tatsächlichen Anhaltspunkte fehlen (BGH, Urteil vom 13.12.2002, Az: V ZR 359/01 - Jurisdokument). Der Vortrag des Klägers ist insoweit - was die Beklagte beanstandet hat - ohne jede Substanz, weil nicht vorgetragen worden ist, wer auf Seiten der Beklagten von wem unter welchen Umständen welche Informationen, insbesondere auch über die behaupteten gewalttätigen Demonstrationen und die Übergriffe auf ausländische Touristen, erhalten haben soll. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil die Beklagte in Abrede gestellt hat, die seitens des Klägers nach dem Anschlag recherchierten Botschaftsbriefe, Geheimdienstberichte, Telefonabhörprotokolle etc. gekannt zu haben und Informationen über eine etwa veränderte Sicherheitslage oder einen bevorstehenden Terroranschlag in Tunesien und auch über die behaupteten Obergriffe auf ausländische Touristen, die Demonstrationen und Sicherheitskonferenz vom 10.04.2002 gehabt zu haben.
Verfügte die Beklagte aber nicht über anderweitige konkrete Informationen, durfte sie sich auf die Sicherhertshinweise des Auswärtigen Amtes verlassen, nach denen keine Hinweise auf besondere Gefährdungen für Touristen in Tunesien im Vorfeld des Attentats vom 11.04.2002 vorlagen. Sie musste ihre Reisenden weder vor Reisen nach Tunesien noch vor Ausflügen zur Synagoge La Ghriba warnen.
Selbst wenn es in der Woche vor dem 11.04.2002 entsprechend dem Vortrag des Klägers in einigen Städten zu Demonstrationen und dabei vereinzelt auch zu Übergriffen auf ausländische Touristen auf dem tunesischen Festland gekommen ist - die Beklagte räumt insoweit ein, dass in Mahdia ein Touristenbus bei einer Solidaritätsdemonstration für Palästina mit Steinen beworfen wurde und dass es zwei Wochen vor dem Anschlag ein oder zwei palästina-freundliche Demonstrationen gab - begründete dies keine gesonderte Aufklärungs- und Hinweispflicht der Beklagten gegenüber Reisenden auf die tunesische Ferieninsel Djerba bzw. - gegenüber - Teilnehmern an Ausflügen auf dieser Insel. Denn bei den behaupteten Demonstrationen bzw. Vorfällen handelt es sich um Einzelfälle, durch die zwar möglicherweise Touristen auf dem tunesischen Festland gefährdet worden sind. Daraus lässt sich aber weder der Schluss ziehen, dass es auch auf Djerba zu ähnlichen Übergriffen auf Touristen kommen werde, noch dass mit einem Attentat auf die Synagoge konkret zu rechnen gewesen sei.
Schließlich müsste die Beklagte, was im Rahmen der Ansprüche auf Ersatz seines immateriellen Schadens vom Kläger darzulegen ist, auch schuldhaft gehandelt haben, was bedeutet, dass die Beklagte die Sorgfaltsanforderungen außer Acht gelassen haben müsste, die an einen ordentlichen Reiseveranstalter zu stellen sind. Auch dafür liegen keinerlei konkrete Anhaltspunkte vor.
II.
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Ersatz des durch die Verletzungen bedingten Mehraufwandes an Betreuungsleistungen ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben.
1.)
Aus §§ 651 f Abs. 1, 249 ff, 843 BGB ergibt sich ein derartiger Anspruch nicht.
Die Reise nach Djerba bzw. der Ausflug zur Synagoge La Ghriba war zwar mit einem Mangel gemäß § 651 c BGB behaftet. Ein solcher liegt vor, wenn eine nach dem Vertrag geschuldete Leistung nicht in der gebotenen Art und Weise erbracht wird und dies aus dem Verantwortungsbereich des Reiseveranstalters stammt. Erfasst werden im Grundsatz alle nicht in der Person des Reisenden liegenden Umstände, die die Gesamtreise oder die Einzelleistungen stören, also auch Beeinträchtigungen durch vom Veranstalter nicht beeinflussbare Risiken, selbst aufgrund höherer Gewalt, soweit sie sich auf die geschuldete Leistung unmittelbar auswirken (Palandt-Sprau, BGB, 63. Aufl., § 651 c Rdnr. 2 m.w.N.) Dass der Terroranschlag vom 11.04.2002 zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise bzw. des Ausflugs führte, steht zweifelsfrei fest.
Gleichwohl haftet die Beklagte nicht. Die Beklagte hat den Mangel der Reise nicht zu vertreten.
Der Schadensersatzanspruch nach § 651 f Abs. 1 BGB setzt das Vertretenmüssen des Reiseveranstalters voraus. Dieses wird nach § 651 f Abs. 1 Halbsatz 2 BGB vermutet. Dem Reiseveranstalter steht der Entlastungsbeweis offen, indem er darlegt und beweist, dass der Mangel auf einem Umstand beruht, den er nicht zu vertreten hat. Außerhalb des übernommenen Gefahrenbereiches liegende, von ihm nicht beeinflussbare Umstände in der Sphäre des Reisenden oder Dritter, die nicht seine Erfüllungsgehilfen sind, sowie höhere Gewalt oder Vorfälle, bei denen sich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hat, hat der Reiseveranstalter nicht zu vertreten.
Dass der Terroranschlag vom 11.04.2002 außerhalb der von der Beklagten beeinflussbaren Umstände liegt, unterliegt keinem Zweifel. Anderes behauptet auch der Kläger nicht.
Die Beklagte hat den Reisemangel aber auch dann nicht zu vertreten, wenn sie nicht über konkrete Informationen verfügte, aus denen sich eine Gefährdung der Reisenden hätte ergeben können, etwa umlaufende ernstzunehmende Hinweise über konkret bevorstehende Terroranschläge oder Sicherheitsmängel.
Insoweit ist es aber zunächst Sache des Reisenden - hier also des Klägers - mit Substanz vorzutragen, wer auf Seiten des Reiseveranstalters - also der Beklagten - von wem unter welchen Umständen welche Informationen insbesondere über eine etwa veränderte Sicherheitslage, einen bevorstehenden Terroranschlag in Tunesien, die behaupteten gewalttätigen Demonstrationen, die Übergriffe auf ausländische Touristen, die seitens des Klägers nach dem Anschlag recherchierten Botschaftsbriefe, Geheimdienstberichte, Telefonabhörprotokolle etc. sowie die Sicherheitskonferenz vom 10.04.2002 erhalten haben soll. Erst dann wäre es Aufgabe der Beklagten, die Unrichtigkeit dieser Behauptungen nachzuweisen. Solange der Vortrag des Klägers hierzu aber ohne Substanz ist und sich auf vage Vermutungen und Unterstellungen beschränkt - worauf die Beklagte hingewiesen hat - reicht das einfache Bestreiten der Beklagten aus, weil sie ohne konkreten Vortrag dazu, welcher ihrer Mitarbeiter wann unter welchen Umständen welche Informationen erhalten hat, einen Negativbeweis nicht führen kann.
Konnte danach mit einem derartigen Terroranschlag und daher mit einer Gefährdung der Reisenden nicht gerechnet werden, hat sich in einer Zeit, in der Terror und Attentate eine wachsende Bedrohung darstellen, ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das die Beklagte als Reiseveranstalterin nicht zu vertreten hat.
2.)
Ein Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens gemäß § 843 BGB ist auch nicht aus positiver Vertragsverletzung gemäß §§ 241 Abs. 2, 280 BGB gegeben.
Verstöße des Reiseveranstalters gegen vertragliche Nebenpflichten wie z.B. Aufklärungspflichtverletzungen oder Verletzung von Organisationspflichten lösen die Rechtsfolgen der §§ 651 c ff. BGB aus, wenn sie zu einem Mangel der Reise führen. Nur dann, wenn Pflichtverletzungen des Reiseveranstalters sich nicht auf den Nutzen der Reise auswirken und deshalb nicht zu einem Mangel führen, können dem Reisenden ausnahmsweise Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung erwachsen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zum einen liegt - wie bereits ausgeführt - ein Mangel der Reise vor. Zum anderen hat die Beklagte - wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt - ihre Aufklärungspflichten nicht verletzt.
3.)
Ein Anspruch folgt auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zu Ziffer I. 2.) verwiesen.
III.
Der Feststellungsantrag ist zulässig, aber ebenfalls unbegründet. Ersatz seines zukünftigen Schadens kann der Kläger aus den Gründen zu Ziffer I. (immaterieller Schaden) und Ziffer II. (materieller Schaden) nicht verlangen.
IV.
Veranlassung zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung gemäß § 156 ZPO besteht nicht. Die Sach- und Rechtslage ist ausführlich erörtert worden, nachdem beide Parteien umfassend sowohl schriftlich als auch mündlich vorgetragen und alle Rechtsprobleme angesprochen haben. Eine Überraschungsentscheidung liegt nicht vor. In der mündlichen Verhandlung ist u.a. unter Hinweis auf das allgemeine Lebensrisiko und die Frage, ob die Beklagte konkrete Anhaltspunkte für eine drohende Gefahr gehabt habe, zum Ausdruck gebracht worden, dass die Klage wenig Aussicht auf Erfolg verspreche.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.